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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 114. Köln, 12. Oktober 1848. Beilage.

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Beilage zu Nr. 114 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Donnerstag, 12. Oktober 1848.
[Deutschland]

[Fortsetzung] Art. VIII. wird nach der Zählung mit 159 Stimmen gegen 185 Stimmen angenommen.

Er besorgt, daß diese Bestimmungen auch für die Beamten der Centralgewalt Geltung haben. -

Von allen Zusatzartikeln, welche verlangen, daß Untersuchung, Anklage und Strafe nur auf Antrag und Beschluß der Nationalversammlung resp. der betheiligten Mitglieder erhoben und dekretirt werden darf, wird nur ad VI. ein Zusatz von Dietsch aus Saarbrücken genehmigt. Derselbe lautet: "Wegen öffentlicher Beleidigungen wie ad VI. findet eine Verfolgung nur auf Antrag der Beleidigten statt."

Als Zusatz wird ein Antrag von Mittermeier: "Das Reichsministerium aufzufordern, daß ungesäumt die Einleitung getroffen werde, daß wenigstens die im Artikel I., II., III., IV. bezeichneten Verbrechen auf den Grund der mündlichen öffentlichen Verhandlung durch Geschworene abgeurtheilt werden", angenommen.

Bei den letzten Abstimmungen beobachtete die Linke die Taktik gar nicht mehr Antheil zu nehmen, und nur ihr Urtheil über die Abstimmung durch wiederholte höhnische Bravo's zu erkennen zu geben.

Die Humanität der Rechten mögen Sie und Ihre Leser daraus beurtheilen, daß dieselbe sogar gegen die Aburtheilung der resp. zu Bestrafenden durch Geschworenengerichte - und bei dem Artikel über die Zusammenrottungen auch gegen alle vorherigen Warnungen stimmte. -

Auch der Mittermeier'sche Zusatz (S. unten) wurde nach der Meinung vieler Abgeordneten verworfen, und ich habe sagen gehört, daß er als angenommen vom Präsidenten wohl nur in Folge von leicht zu errathenden Gründen erklärt worden sei. -

Zimmermann von Stuttgart:Wir sind es unsern Wählern schuldig zu Protokoll eine Erklärung abzugeben, worin wir sagen, warum wir gegen den heut angenommenen Gesetzentwurf gestimmt haben. (Gelächter und Unruhe.)

Rösler: Im Verfolg der Erklärung des Herrn von Stavenhagen (S. oben) erkläre ich, daß ich die beleidigenden Worte gegen den Herrn Präsidenten (selbst frech!) in der Leidenschaft ausgestoßen, und daß es mir leid thut, sie gebraucht zu haben. (Bravo im Centrum und rechts.)

von Gagern macht eine dito rührende Erklärung, daß der nicht motivirte Ordnungsruf an Stavenhagen auch nur seiner durch die Unterbrechungen bei von Vinke's Rede erregten Leidenschaftlichkeit zuzuschreiben sei. (Bravo im Centrum.)

Beseler schlägt vor, den Antrag in der Injurien-Angelegenheit, eine Untersuchungscommission niederzusetzen, in Folge der ebengehörten Erklärungen zurückzunehmen.

Das Gesetz nach seinen bedeutenden Veränderungen zufolge der heutigen Abstimmung lautet also:

Gesetz betreffend den Schutz der konstituirenden Reichsversammlung und der Beamten der Centralgewalt. - Der Reichsverweser in Ausführung des Beschlusses der Reichsversammlung vom 7. Oktober 1848 verkündet als Gesetz:

Art. I. Ein gewaltsamer Angriff auf die Reichsversammlung in der Absicht, dieselbe auseinanderzutreiben, oder Mitglieder aus ihr zu entfernen, oder die Versammlung zur Fassung oder Unterlassung eines Beschlusses zu zwingen, ist Hochverrath und wird mit Gefängnißstrafe und nach Verhältniß der Umstände mit Zuchthausstrafe bis zu 20 Jahren bestraft. Wer zu solchen Handlungen öffentlich auffordert, wird nach richterlichem Ermessen bestraft. -

Art. II Die Theilnahme an einer Zusammenrottung, welche während der zu einer Sitzung anberaumten Zeit in der Nähe des Sitzungslokales stattfindet und sich nicht auf dreimalige Aufforderung der zuständigen Behörde oder auf den Befehl des Vorsitzenden der Nationalversammlung auflößt, wird bei Anstiftern oder mit Waffen versehenen Theilnehmern mit Gefängniß bis zu einem Jahr, bei andern Theilnehmern bis zu drei Monaten bestraft. - Die Aufforderung muß von allgemein wahrnehmbaren Zeichen, z. B. Aufpflanzung einer Fahne oder weißen Tuches, Trommelschlag oder dgl. begleitet sein.

Art. III. Es ist während der ganzen Dauer der Reichsversammlung verboten, eine Volksversammlung unter freiem Himmel innerhalb einer Entfernung von 5 Meilen von dem Sitze der Vetsammlung zu halten. Die öffentliche Anfforderung zur Abhaltung einer solchen Versammlung, die Führung des Vorsitzes oder das öffentliche Auftreten als Redner in derselben, wird mit Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft.

Art. IV. Ein gewaltsames Eindringen Nichtberechtigter in das Sitzungslokal der Reichsversammlung, oder thätliche Widersetzlichkeit gegen die mit Ausweisung dort befindlicher Personen Beauftragten, endlich eine im Sitzungslokal von Nichtmitgliedern der Versammlung ausgeübte Bedrohung oder Beleidigung der Versammlung, eines ihrer Mitglieder, Beamten oder Diener, wird mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft. Thätlichkeiten im Sitzungslokal an einem Mitgliede, Beamten oder Diener der Versammlung vrrübt, werden außer der gesetzlichen Bestrafung der Handlung an sich, mit Gefängniß bis zu 5 Jahren belegt.

Art. V. Oeffentliche Beleidigungen der Reichsversammlung, auch außerhalb des Sitzungslokales verübt, unterliegen einer Gefängnißstrafe bis zu zwei Jahren.

Art. VI. Eine an einem Mitgliede der Reichsversammlung in Beziehung auf seine Eigenschaft oder sein Verhalten als Abgeordneter verubte Thätlichkeit wird, außer der gesetzlichen Strafe der Handlung, mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft. Bei gefährlichen Bedrohungen oder öffentlichen Beleidigungen dieser Art, tritt eine Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten ein. Wegen solchen öffentlichen Beleidigungen findet eine Verfolgung nur auf Antrag der Beleidigten Statt.

Art. VII. Als eine öffentliche wird jede Beleidigung betrachtet, welche an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Versammlungen stattgefunden hat, oder in gedruckten oder ungedruckten Schriften, welche verkauft, vertheilt oder umhergetragen, oder zur Ansicht des Publikums angeschlagen oder ausgestellt werden, enthalten ist.

Art. VIII. Die Bestimmungen des Art. IV. finden auch Anwendung auf Bedrohungen, Beleidigungen und Thätlichkeiten gegen Beamte der provisorischen Centralgewalt.

Art. IX. Vorstehendes Gesetz tritt in dem Gebiete der freien Stadt Frankfurt mit dem dritten Tage, im Churfürstenthum Hessen, in dem Großherzogthum Hessen, im Herzogthum Nassau, in der Landgrafschaft Hessen-Homburg, in dem Königlich Preußischen Kreise Wetzlar mit dem zehnten Tage, in allen übrigen Theilen Deutschlands mit dem zwanzigsten Tage nach dem Tage der Ausgabe des betreffenden Reichsgesetz-Blattes in Frankfurt, in Kraft.

Zusätzlicher genehmigter Antrag von Mittermaier:

Das Reichsministerium ist aufzufordern, daß ungesäumt die Einleitung getroffen werde, daß wenigstens die im Artikel I, II., III. und IV. bezeichneten Verbrechen auf den Grund der mündlichen öffentlichen Verhandlung durch Geschworenen abgeurtheilt werden.

(Schluß der Sitzung um 2 Uhr. Tagesordnung für Morgen: Grundrechte.)

45 Berlin, 9. Oktober.

Es kommt jetzt an's Licht, daß im Ministerium Hansemann verschiedene Abgeordnete von der Rechten ein neues "besoldetes Staatsamt" bekleitet haben, daß sie nämlich gegen Diäten von 5, 6 und mehr Thaler täglich im Ministerium gearbeitet haben. Bei einigen soll dies Verhältniß auch im gegenwärtigen Ministerium noch stattfinden. Man wird diesen traurigen unerlaubten Mitteln, wodurch das Ministerium seine Absichten durchzusetzen versucht, näher nachforschen.

45 Berlin, 8 Oktober.

In einer gestrigen Conferenz der Abtheilungs-Dirigenten und der Präsidenten ist beschlossen worden, die National-Versammlung zur Beglückwünschung Sr. Majestät des Königs am 15. Oktober aufzufordern. Es soll dies unter den Vortritt des Präsidenten, von einer aus 24 Mitgliedern bestehenden Deputation geschehen, jedoch nur für den Fall, wenn der König an seinem Geburtstage anwesend sein würde. Wird dies beschlossen, so liegt darin indirekt der Ausdruck des Wunsches der Netional-Versammlung, der König möge seine Residenz wieder nach Berlin verlegen.

Berlin, (National-Versammlung. Sitzung vom 10. Oktober.)

Die Sitzung, auf welche wir später zurückkommen werden, ist größtentheils mit der Berathung des Jagdgesetzes ausgefüllt. Von den ersten 11. §§. werden die §§. 1. 2. angenommen. Das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden ist darnach ohne Entschädigung abgeschafft. Die §§. 3. 4. 5. 6. 9. und 10. werden ersetzt durch das Amendement Bornemann, welches dem Eigenthümer auch die Jagdberechtigung auf seinem Eigenthum einräumt. Eine königliche Botschaft, betreffend die Abänderung der Gesetze über "die Verrbrechen der Erregung von Mißvergnügen gegen die Regierung" geht an die Fachkommission, eben so ein Gesetzesvorschlag von Jakobi-Temme wegen Aufhebung der gesetzlichen Ehehindernisse welche auf Religions- und Standesverschiedenheit beruhen. Die schließliche Redaktion des Bürgerwehrgesetzes ruft eine unfruchtbare Debatte hervor. Vermuthlich wird das Gesetz - wenn überhaupt - doch nicht sobald zu Stande kommen.

* Eisenach.

Hier werden fortwährend Truppen zusammengezogen, nach Weimar 1900, um Jena 2100. Die Führer der demokratischen Partei sind virhaftet oder flüchtig.

Ungarn.
Pesth, 4. Oktbr.

Eine allgemeine Mißbilligung spricht sich hier gegen unsere Generale deshalb aus, daß sie den Jellachich entkommen ließen. Denn wenn es dem Jellachich gelänge, sich über Raab in die slowakischen Comitate zu werfen oder ins Oestreichische zu entkommen, so könnte der Krieg noch in die Länge gezogen werden, obgleich Ungarn in den letzten Tagen gezeigt hat, daß es auch dem furchtbarsten Feinde widerstehen kann und will. An 20,000 Mann, welche Jellachich in seinem Lager zurückgelassen, wollen kapituliren. Einzelne Transporte von Gefangenen, Geschütz und Munition werden hier stündlich eingebracht.

1 1/2 Uhr Nachmittag. Die heutige Mittagssitzung ward durch einen Kurier unterbrochen, welcher aus dem Lager eintraf. Wir erfahren aber, daß dieser Kurier die erfreuliche Nachricht von der gänzlichen Niederlage des feindlichen Heeres bei Stuhlweißenburg überbrachte. Heute werden 1500 Gefangene hier eingebracht, welche in der heutigen Schlacht gemacht worden. Der feindliche General Roth wird morgen in seinen Positionen angegriffen werden.

Belgien.
* Brüssel, 8. Oktober.

"La Nation" beginnt ihre gestrige Nummer mit folgendem Artikel über zwei der Redakteure der "Neuen Rheinischen Zeitung," die Hrn. Fried. Engels und Ernst Dronke:

"Die Ausweisungen folgen einander und gleichen sich unglücklicherweise nur zu sehr. Während wir noch einige Worte der Aufklärung über die Ausweisung des Hrn. Adam erwarten trifft schon eine gleiche Maßregel zwei deutsche Bürger, die so thöricht gewesen sind, sich auf den Schutz zu verlassen, den die belgische Konstitution jedem Ausländer zuerkennt. Ja, dieser Schutz existirt in dem Text der Konstitution; er strahlte sogar noch vor wenigen Tagen von einer der Facaden jenes charmanten kleinen constitutionellen Monumentes, mit dem man den Hof des Palastes der Nation geschmückt hatte; aber so wie der Rausch der nationalen Feste vorüber ist, beeilen sich die uns regierenden Lieberalen, die Devise welche sie den Neugierigen der Stadt und der Provinz so galant aufgetischt hatten, auch schon wieder in die Tasche zu stecken. Brüssel ist zu seinem Normal-Zustand zurückgekehrt und die Polizei erfüllt ganz wie früher die schöne Mission, durch ihre brutalen Manieren die Generosität unsrer unklugen constitutionellen Theorien wieder gut zu machen.

Die Hrn. Engels und Dronke verweilten seit einigen Tagen in unsrer Stadt. Alle beide Redakteure eines demokratischen Journales, der "Neuen Rheinischen Zeitung" verließen sie Köln um den Folgen von Verhaftsbefehlen zu entgehen, die einige bei öffentlichen Versammlungen gehaltenen Reden hervorgerufen hatten. Sie begaben sich nach Belgien, nicht um jene belgische Gastfreiheit, die der Seltenheit wegen werthvoll werden kann, zu mißbrauchen, nein, sondern nur um die nöthigen Gelder zur Fortsetzung ihrer Reise bis Paris abzuwarten. Die unglücklichen Ereignisse, die in Köln nach ihrer Reise vorfielen, bestärkten sie in ihrer Absicht. Das preußische Gouvernement hat Chance, seit es nach belgischem Beispiel den breiten constitutionellen Weg betreten hat - - nachdem es einen General fand, der den Belagerungszustand und die Suspension der Zeitungen a la Cavaignac dekretirte, konnte es auch einen Generalprokurator finden, der darauf einging die moralische Mitschuld a la Hebert und a la de Bavay anzuwenden. Aber die Hrn. Engels und Dronke hatten vergessen, daß die Polizei lenkt, wenn der Reisende denkt.

Kaum wurde vorgestern ihre Ankunft in Brüssel bekannt, als sich auch schon ein Kommissair mit seinem Gefolge in ihrem Hotel einfand. Sie waren gerade am Diner. Der Kommissair führt sie nach dem Stadthause und von da nach dem Gefängniß der Petits-Carmes, von wo man sie nach einigen Stunden in einem Zellenwagen nach der Süd-Station der Eisenbahn weiter befördert. Die Polizei hat hierdurch nur von ihrer Erlaubniß "Vagabunden" gegenüber Gebrauch gemacht, und in der That waren unsre politischen Flüchtlinge auch nicht im Besitz von geregelten Papieren. Sie führten zwar eine Sicherheitskarte der kölnischen Behörden bei sich, welche darthat daß sie Mitglieder der Bürgerwehr jener Stadt seien; auch hatten sie durch ihren Aufenthalt in Brüssel, vor dem Monat März, Freunde die ihre Identität nachweisen konnten - die Polizei, nur zu sehr über sie unterrichtet, zog es aber vor, sie als Vagabunden zu behandeln, ehe man sich die Beweise vom Gegentheile verschaffen konnte.

Wenn man dies Hartnäckigkeit nennen kann, so ist es wenigstens keine blinde Hartnäckigkeit.

Wie die Ausweisungen jetzt vor sich gehen, glauben wir, daß dieser Artikel wohl noch in den nächsten Nummern seine Fortsetzungen haben wird, wenn nicht die Freunde der Freiheit aller Länder sich davon überzeugen, daß es besser ist: "auf ihrem Zuge durch die Welt, lieber in keinem Falle bei uns vorzusprechen." -

Man sieht hieraus, wie das belgische Gouvernement seine Stellung immer mehr begreifen lernt. Die Belgier werden mit der Zeit die Polizeidiener ihrer sämmtlichen Nachbarn und frohlockend nehmen sie die Komplimente über ihre ruhige und devote Haltung entgegen. Der gute belgische Polizeidiener hat aber nichts desto weniger etwas sehr lächerliches. Selbst die ernste Times erkennt die belgische Gefälligkeit nur scherzhaft an. Neulich rieth sie der belgischen Nation, wenn sie alle Klubs abgeschafft habe, sich in einen einzigen großen Klub umzugestalten, und zwar mit der Devise: "Ne risquez rien!"

Es versteht sich von selbst, daß die offizielle belgische Presse diese Schmeichelei in ihrem Cretinismus ebenfalls wieder abdruckte und frohlockend begrüßte. Daß das belgische Gouvernement zwei Redakteure der Neuen Rheinischen Zeitung so brutal behandelte, läßt sich übrigens noch eher begreifen. a die N. R. Z. schon in ihrer ersten Nummer die Illusionen über den belgischen Musterstaat nach Verdienst ridikulisirte.

Wie das belgische Gouvernement diese Illusionen aber fortwährend aufrecht zu erhalten sucht, das zeigt uns die belgische Presse selbst. Der Messager de Gand berichtet nämlich das Folgende wörtlich:

"Wir wissen jetzt woraus dieses Deutschland besteht, welches so große Bewunderung für uns hegt. Dieses Deutschland besteht aus Herrn Wolfers von Louvain, den Herr Nogier bezahlt um belgischen Enthusiasmus in deutscher Sprache für die Kölnische Zeitung zu redigiren. Da man alle Mittel aufsucht, um Dekonomieen zu machen, so scheint es uns, daß wir das Budget der Bewunderung welches wir allen Journalisten Europas bezahlen, wohl abschaffen könnten. In Brüssel, in der Provinz, in Paris, in London, ja, bis nach Bucharest kaufen wir die Komplimente sehr theuer. Diese Dekonomieen könnten eine Summe ausmachen, welche nicht zu verschmähen wäre. So muß z. B. in London, der Belgier, der in der Times, im Neuen England, die Bewunderung für Belgien redigirt, von den 80,000 Franks unsrer Gesandschaft bezahlt werden. Sobald der Prince Ligne installirt ist, werden wir auch für die Bewunderung eines römischen Journalisten bezahlen müssen."

Sind diese Eröffnungen nicht allerliebst? Aber ich bin noch nicht zu Ende. La Nation hat in ihrer Nummer vom 10. Oktober folgende kleine Notitz. "Wir haben häufig bemerkt, daß die "Privat-Korrespondenzen" der Independance, datirt von Frankfurt und Berlin wie zwei schmutzige Tropfen Wasser den Artikeln der "Kölnischen Zeitung" (Mitarbeiter Wolfers) ähnlich sehen. Besagte "Zeitung" erscheint aber nicht am Sonntag; auch die Independance hat am Montag keine Privatkorrespondenzen." -

Wir brauchen nicht viel mehr hinzuzufügen. Zum Dank, daß die Independance ihre deutschen Nachrichten aus der Kölnischen Zeitung abschreibt, schöpft die Kölnische Zeitung ihre Ansichten über Belgien und Frankreich wieder aus den Independance.

Die Independance ist aber wie bekannt das Organ desselben Herr Rogier der Belgien für Geld bewundern die belgischen Patrioten von 1830, einen 80jährigen General Mellinet, zum Tode verurtheilen und politische Flüchtlinge in Zellenwagen über die Gränze schaffen läßt.

Französische Republik.
* Paris, 9. Oktbr.

Unter der Ueberschrift: "Zwei neue Bülletins der Republik" bringt die "Reforme" folgende Zusammenstellung:

Erstes Bülletin. Die Salons des Herrn Armand Marrast haben sich gestern von Neuem einer zahlreichen Menge geöffnet. Ein doppelter Reiz lockte in die wollustathmenden Gemächer des Hrn. Marrast; die Einladungskarten besagten, daß ein Concert dem Balle vorangehen würde und die elegante Welt findet in diesem Augenblick zu wenig Gelegenheit, sich dem Vergnügen zu widmen, um lange einem Amphitryon zu grollen, der so delikat seine Feste ausstattet, wie Hr. Marrast. Die Litteratur, die Künste, der Adel schickten einen beträchtlichen Kontingent zum Feste des Präsidenten. Ein sorglich organisirtes Konzert, wo die ersten gegenwärtig in Paris befindlichen Künstler sich hören ließen, bereitete auf das angenehmste die Versammlung zu einem minder passiven Vergnügen vor. Nach Erschöpfung aller in dem Programme angezeigten Themate, eröffnete Hr. Armand Marrast den Ball mit Mad. Lamoriciere. Die Tänze verlängerten sich bis 3 Uhr des Morgens und die zahlreichen Besucher ließen Hrn. Marrast sich durch die nöthige Ruhe auf die heutige Sitzung vorbereiten. (Estafette.)

Zweites Bülletin. Der letzte Zug von Transportirten gab Veranlassung zu einer herzzerreißenden Episode, die uns von einem Augenzeugen berichtet wird und die wir hier wiedergeben. Peter B. wurde einige Tage nach den Juniereignissen verhaftet und mit mehren seiner Unglücksgefäheten in die Kasematten des Forts von Ivry eingesperrt. B. war seit Kurzem verheirathet und seine unglückliche junge Frau, in Folge einer sehr vorgeschrittenen Schwangerschaft unfähig, sich selbst zu ernähren, sah jeden Tag mit Schrecken den Termin mehr herannahen, wo ihr Gatte vielleicht für immer von ihr getrennt würde. Die physischen Schmerzen einer vorzeitigen Entbindung vermehrten noch die Verzweiflung, worin sie die Idee einer ewigen Trennung stürzte. Die Unglückliche erfuhr durch die Frau eines der Verhafteten, daß ein baldiger Transport Stattfinden würde; sie setzte alles ins Werk, um zu wissen, ob ihr Mann daran Theil nehmen würde; aber ihre Anstrengungen waren vergeblich und sie konnte nichts erfahren. Nach einer schmerzlichen Niederkunft kaum hergestellt, vertraut sie den Händen einer Freundin ihr Kind. Durch den Verkauf ihrer bescheidenen Möbel gelingt es ihr, sich eine Summe von 70 Fr. zu verschaffen. Nachdem sie sich Nachweisungen verschafft hatte über den Ort der Einschiffung der Verhafteten und nach zahllosen Anstrengungen gelangt sie zu Fuß zu Rouen an und fährt von da mit der Eisenbahn nach Havre. In dieser Stadt angelangt miethet die arme Frau eine Kammer, von deren Fenstern sie den Einschiffungsort der Deportirten sehen kann. Drei Tage vergehen, ohne daß ihre Hoffnung sich verwirklicht; endlich am Morgen des vierten Tages bedeckt eine ungewöhnliche Menge die Quais, eine beträchtliche Masse bewaffneter Macht beschützt mit ihren Bayonetten eine andere Masse, die langsam und mit gesenktem Haupt einherschreitet; es ist nicht einer unter denen, die sie bilden, über dessen Wangen nicht bittere Thränen rollten. Mitten in diese zahlreiche Versammlung schlägt plötzlich wie ein Blitz ein zerreißender Schrei, dem ein gellendes Lachen folgt. Die unglückliche B. hatte ihren Gatten herausgefunden; sie dringt ungestüm durch die dreifache Reihe von Soldaten, die sie von ihm trennen und stürzt zu seinen Füßen nieder. Man drängt sich um sie, man verschwendet jede Hülfsleistung an sie; aber zu bald bemerkt man an ihrem verirrten Blick und dem unaufhörlichen gellen Lachen, daß die Unglückliche dem Wahnsinn verfallen ist. (Courrier francais.)

* Paris, 9. Oktober.

E. Girardin's Angriff auf Cavaignac in der "Presse" vom 8. Oktober lautet im Wesentlichen also:

Am 22. Juni publizirte die Presse folgenden kurzen Dialog:

"Es muß noch schlechter werden." Warum? "Weil wir nur noch ein Mittel besitzen, die Macht zu behaupten, die uns zu entschlüpfen droht." Welches Mittel? "Die Diktatur des General Cavaignac nothwendig zu machen." Aber Cavaignac ist ein unentschiedener Charakter, ein schwacher Kopf. "Was liegt daran, man weiß es nicht, und diese Schwäche besitzt ein Korrektiv in den 60,000 Mann Truppen in Paris und seinen Umgebungen. Wir warten nur noch die Gelegenheit ab; sie wird nicht lange auf sich warten lassen."

Beilage zu Nr. 114 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Donnerstag, 12. Oktober 1848.
[Deutschland]

[Fortsetzung] Art. VIII. wird nach der Zählung mit 159 Stimmen gegen 185 Stimmen angenommen.

Er besorgt, daß diese Bestimmungen auch für die Beamten der Centralgewalt Geltung haben. ‒

Von allen Zusatzartikeln, welche verlangen, daß Untersuchung, Anklage und Strafe nur auf Antrag und Beschluß der Nationalversammlung resp. der betheiligten Mitglieder erhoben und dekretirt werden darf, wird nur ad VI. ein Zusatz von Dietsch aus Saarbrücken genehmigt. Derselbe lautet: „Wegen öffentlicher Beleidigungen wie ad VI. findet eine Verfolgung nur auf Antrag der Beleidigten statt.“

Als Zusatz wird ein Antrag von Mittermeier: „Das Reichsministerium aufzufordern, daß ungesäumt die Einleitung getroffen werde, daß wenigstens die im Artikel I., II., III., IV. bezeichneten Verbrechen auf den Grund der mündlichen öffentlichen Verhandlung durch Geschworene abgeurtheilt werden“, angenommen.

Bei den letzten Abstimmungen beobachtete die Linke die Taktik gar nicht mehr Antheil zu nehmen, und nur ihr Urtheil über die Abstimmung durch wiederholte höhnische Bravo's zu erkennen zu geben.

Die Humanität der Rechten mögen Sie und Ihre Leser daraus beurtheilen, daß dieselbe sogar gegen die Aburtheilung der resp. zu Bestrafenden durch Geschworenengerichte ‒ und bei dem Artikel über die Zusammenrottungen auch gegen alle vorherigen Warnungen stimmte. ‒

Auch der Mittermeier'sche Zusatz (S. unten) wurde nach der Meinung vieler Abgeordneten verworfen, und ich habe sagen gehört, daß er als angenommen vom Präsidenten wohl nur in Folge von leicht zu errathenden Gründen erklärt worden sei. ‒

Zimmermann von Stuttgart:Wir sind es unsern Wählern schuldig zu Protokoll eine Erklärung abzugeben, worin wir sagen, warum wir gegen den heut angenommenen Gesetzentwurf gestimmt haben. (Gelächter und Unruhe.)

Rösler: Im Verfolg der Erklärung des Herrn von Stavenhagen (S. oben) erkläre ich, daß ich die beleidigenden Worte gegen den Herrn Präsidenten (selbst frech!) in der Leidenschaft ausgestoßen, und daß es mir leid thut, sie gebraucht zu haben. (Bravo im Centrum und rechts.)

von Gagern macht eine dito rührende Erklärung, daß der nicht motivirte Ordnungsruf an Stavenhagen auch nur seiner durch die Unterbrechungen bei von Vinke's Rede erregten Leidenschaftlichkeit zuzuschreiben sei. (Bravo im Centrum.)

Beseler schlägt vor, den Antrag in der Injurien-Angelegenheit, eine Untersuchungscommission niederzusetzen, in Folge der ebengehörten Erklärungen zurückzunehmen.

Das Gesetz nach seinen bedeutenden Veränderungen zufolge der heutigen Abstimmung lautet also:

Gesetz betreffend den Schutz der konstituirenden Reichsversammlung und der Beamten der Centralgewalt. ‒ Der Reichsverweser in Ausführung des Beschlusses der Reichsversammlung vom 7. Oktober 1848 verkündet als Gesetz:

Art. I. Ein gewaltsamer Angriff auf die Reichsversammlung in der Absicht, dieselbe auseinanderzutreiben, oder Mitglieder aus ihr zu entfernen, oder die Versammlung zur Fassung oder Unterlassung eines Beschlusses zu zwingen, ist Hochverrath und wird mit Gefängnißstrafe und nach Verhältniß der Umstände mit Zuchthausstrafe bis zu 20 Jahren bestraft. Wer zu solchen Handlungen öffentlich auffordert, wird nach richterlichem Ermessen bestraft. ‒

Art. II Die Theilnahme an einer Zusammenrottung, welche während der zu einer Sitzung anberaumten Zeit in der Nähe des Sitzungslokales stattfindet und sich nicht auf dreimalige Aufforderung der zuständigen Behörde oder auf den Befehl des Vorsitzenden der Nationalversammlung auflößt, wird bei Anstiftern oder mit Waffen versehenen Theilnehmern mit Gefängniß bis zu einem Jahr, bei andern Theilnehmern bis zu drei Monaten bestraft. ‒ Die Aufforderung muß von allgemein wahrnehmbaren Zeichen, z. B. Aufpflanzung einer Fahne oder weißen Tuches, Trommelschlag oder dgl. begleitet sein.

Art. III. Es ist während der ganzen Dauer der Reichsversammlung verboten, eine Volksversammlung unter freiem Himmel innerhalb einer Entfernung von 5 Meilen von dem Sitze der Vetsammlung zu halten. Die öffentliche Anfforderung zur Abhaltung einer solchen Versammlung, die Führung des Vorsitzes oder das öffentliche Auftreten als Redner in derselben, wird mit Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft.

Art. IV. Ein gewaltsames Eindringen Nichtberechtigter in das Sitzungslokal der Reichsversammlung, oder thätliche Widersetzlichkeit gegen die mit Ausweisung dort befindlicher Personen Beauftragten, endlich eine im Sitzungslokal von Nichtmitgliedern der Versammlung ausgeübte Bedrohung oder Beleidigung der Versammlung, eines ihrer Mitglieder, Beamten oder Diener, wird mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft. Thätlichkeiten im Sitzungslokal an einem Mitgliede, Beamten oder Diener der Versammlung vrrübt, werden außer der gesetzlichen Bestrafung der Handlung an sich, mit Gefängniß bis zu 5 Jahren belegt.

Art. V. Oeffentliche Beleidigungen der Reichsversammlung, auch außerhalb des Sitzungslokales verübt, unterliegen einer Gefängnißstrafe bis zu zwei Jahren.

Art. VI. Eine an einem Mitgliede der Reichsversammlung in Beziehung auf seine Eigenschaft oder sein Verhalten als Abgeordneter verubte Thätlichkeit wird, außer der gesetzlichen Strafe der Handlung, mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft. Bei gefährlichen Bedrohungen oder öffentlichen Beleidigungen dieser Art, tritt eine Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten ein. Wegen solchen öffentlichen Beleidigungen findet eine Verfolgung nur auf Antrag der Beleidigten Statt.

Art. VII. Als eine öffentliche wird jede Beleidigung betrachtet, welche an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Versammlungen stattgefunden hat, oder in gedruckten oder ungedruckten Schriften, welche verkauft, vertheilt oder umhergetragen, oder zur Ansicht des Publikums angeschlagen oder ausgestellt werden, enthalten ist.

Art. VIII. Die Bestimmungen des Art. IV. finden auch Anwendung auf Bedrohungen, Beleidigungen und Thätlichkeiten gegen Beamte der provisorischen Centralgewalt.

Art. IX. Vorstehendes Gesetz tritt in dem Gebiete der freien Stadt Frankfurt mit dem dritten Tage, im Churfürstenthum Hessen, in dem Großherzogthum Hessen, im Herzogthum Nassau, in der Landgrafschaft Hessen-Homburg, in dem Königlich Preußischen Kreise Wetzlar mit dem zehnten Tage, in allen übrigen Theilen Deutschlands mit dem zwanzigsten Tage nach dem Tage der Ausgabe des betreffenden Reichsgesetz-Blattes in Frankfurt, in Kraft.

Zusätzlicher genehmigter Antrag von Mittermaier:

Das Reichsministerium ist aufzufordern, daß ungesäumt die Einleitung getroffen werde, daß wenigstens die im Artikel I, II., III. und IV. bezeichneten Verbrechen auf den Grund der mündlichen öffentlichen Verhandlung durch Geschworenen abgeurtheilt werden.

(Schluß der Sitzung um 2 Uhr. Tagesordnung für Morgen: Grundrechte.)

45 Berlin, 9. Oktober.

Es kommt jetzt an's Licht, daß im Ministerium Hansemann verschiedene Abgeordnete von der Rechten ein neues „besoldetes Staatsamt“ bekleitet haben, daß sie nämlich gegen Diäten von 5, 6 und mehr Thaler täglich im Ministerium gearbeitet haben. Bei einigen soll dies Verhältniß auch im gegenwärtigen Ministerium noch stattfinden. Man wird diesen traurigen unerlaubten Mitteln, wodurch das Ministerium seine Absichten durchzusetzen versucht, näher nachforschen.

45 Berlin, 8 Oktober.

In einer gestrigen Conferenz der Abtheilungs-Dirigenten und der Präsidenten ist beschlossen worden, die National-Versammlung zur Beglückwünschung Sr. Majestät des Königs am 15. Oktober aufzufordern. Es soll dies unter den Vortritt des Präsidenten, von einer aus 24 Mitgliedern bestehenden Deputation geschehen, jedoch nur für den Fall, wenn der König an seinem Geburtstage anwesend sein würde. Wird dies beschlossen, so liegt darin indirekt der Ausdruck des Wunsches der Netional-Versammlung, der König möge seine Residenz wieder nach Berlin verlegen.

Berlin, (National-Versammlung. Sitzung vom 10. Oktober.)

Die Sitzung, auf welche wir später zurückkommen werden, ist größtentheils mit der Berathung des Jagdgesetzes ausgefüllt. Von den ersten 11. §§. werden die §§. 1. 2. angenommen. Das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden ist darnach ohne Entschädigung abgeschafft. Die §§. 3. 4. 5. 6. 9. und 10. werden ersetzt durch das Amendement Bornemann, welches dem Eigenthümer auch die Jagdberechtigung auf seinem Eigenthum einräumt. Eine königliche Botschaft, betreffend die Abänderung der Gesetze über „die Verrbrechen der Erregung von Mißvergnügen gegen die Regierung“ geht an die Fachkommission, eben so ein Gesetzesvorschlag von Jakobi-Temme wegen Aufhebung der gesetzlichen Ehehindernisse welche auf Religions- und Standesverschiedenheit beruhen. Die schließliche Redaktion des Bürgerwehrgesetzes ruft eine unfruchtbare Debatte hervor. Vermuthlich wird das Gesetz ‒ wenn überhaupt ‒ doch nicht sobald zu Stande kommen.

* Eisenach.

Hier werden fortwährend Truppen zusammengezogen, nach Weimar 1900, um Jena 2100. Die Führer der demokratischen Partei sind virhaftet oder flüchtig.

Ungarn.
Pesth, 4. Oktbr.

Eine allgemeine Mißbilligung spricht sich hier gegen unsere Generale deshalb aus, daß sie den Jellachich entkommen ließen. Denn wenn es dem Jellachich gelänge, sich über Raab in die slowakischen Comitate zu werfen oder ins Oestreichische zu entkommen, so könnte der Krieg noch in die Länge gezogen werden, obgleich Ungarn in den letzten Tagen gezeigt hat, daß es auch dem furchtbarsten Feinde widerstehen kann und will. An 20,000 Mann, welche Jellachich in seinem Lager zurückgelassen, wollen kapituliren. Einzelne Transporte von Gefangenen, Geschütz und Munition werden hier stündlich eingebracht.

1 1/2 Uhr Nachmittag. Die heutige Mittagssitzung ward durch einen Kurier unterbrochen, welcher aus dem Lager eintraf. Wir erfahren aber, daß dieser Kurier die erfreuliche Nachricht von der gänzlichen Niederlage des feindlichen Heeres bei Stuhlweißenburg überbrachte. Heute werden 1500 Gefangene hier eingebracht, welche in der heutigen Schlacht gemacht worden. Der feindliche General Roth wird morgen in seinen Positionen angegriffen werden.

Belgien.
* Brüssel, 8. Oktober.

„La Nation“ beginnt ihre gestrige Nummer mit folgendem Artikel über zwei der Redakteure der „Neuen Rheinischen Zeitung,“ die Hrn. Fried. Engels und Ernst Dronke:

„Die Ausweisungen folgen einander und gleichen sich unglücklicherweise nur zu sehr. Während wir noch einige Worte der Aufklärung über die Ausweisung des Hrn. Adam erwarten trifft schon eine gleiche Maßregel zwei deutsche Bürger, die so thöricht gewesen sind, sich auf den Schutz zu verlassen, den die belgische Konstitution jedem Ausländer zuerkennt. Ja, dieser Schutz existirt in dem Text der Konstitution; er strahlte sogar noch vor wenigen Tagen von einer der Facaden jenes charmanten kleinen constitutionellen Monumentes, mit dem man den Hof des Palastes der Nation geschmückt hatte; aber so wie der Rausch der nationalen Feste vorüber ist, beeilen sich die uns regierenden Lieberalen, die Devise welche sie den Neugierigen der Stadt und der Provinz so galant aufgetischt hatten, auch schon wieder in die Tasche zu stecken. Brüssel ist zu seinem Normal-Zustand zurückgekehrt und die Polizei erfüllt ganz wie früher die schöne Mission, durch ihre brutalen Manieren die Generosität unsrer unklugen constitutionellen Theorien wieder gut zu machen.

Die Hrn. Engels und Dronke verweilten seit einigen Tagen in unsrer Stadt. Alle beide Redakteure eines demokratischen Journales, der „Neuen Rheinischen Zeitung“ verließen sie Köln um den Folgen von Verhaftsbefehlen zu entgehen, die einige bei öffentlichen Versammlungen gehaltenen Reden hervorgerufen hatten. Sie begaben sich nach Belgien, nicht um jene belgische Gastfreiheit, die der Seltenheit wegen werthvoll werden kann, zu mißbrauchen, nein, sondern nur um die nöthigen Gelder zur Fortsetzung ihrer Reise bis Paris abzuwarten. Die unglücklichen Ereignisse, die in Köln nach ihrer Reise vorfielen, bestärkten sie in ihrer Absicht. Das preußische Gouvernement hat Chance, seit es nach belgischem Beispiel den breiten constitutionellen Weg betreten hat ‒ ‒ nachdem es einen General fand, der den Belagerungszustand und die Suspension der Zeitungen à la Cavaignac dekretirte, konnte es auch einen Generalprokurator finden, der darauf einging die moralische Mitschuld à la Hébert und à la de Bavay anzuwenden. Aber die Hrn. Engels und Dronke hatten vergessen, daß die Polizei lenkt, wenn der Reisende denkt.

Kaum wurde vorgestern ihre Ankunft in Brüssel bekannt, als sich auch schon ein Kommissair mit seinem Gefolge in ihrem Hotel einfand. Sie waren gerade am Diner. Der Kommissair führt sie nach dem Stadthause und von da nach dem Gefängniß der Petits-Carmes, von wo man sie nach einigen Stunden in einem Zellenwagen nach der Süd-Station der Eisenbahn weiter befördert. Die Polizei hat hierdurch nur von ihrer Erlaubniß „Vagabunden“ gegenüber Gebrauch gemacht, und in der That waren unsre politischen Flüchtlinge auch nicht im Besitz von geregelten Papieren. Sie führten zwar eine Sicherheitskarte der kölnischen Behörden bei sich, welche darthat daß sie Mitglieder der Bürgerwehr jener Stadt seien; auch hatten sie durch ihren Aufenthalt in Brüssel, vor dem Monat März, Freunde die ihre Identität nachweisen konnten ‒ die Polizei, nur zu sehr über sie unterrichtet, zog es aber vor, sie als Vagabunden zu behandeln, ehe man sich die Beweise vom Gegentheile verschaffen konnte.

Wenn man dies Hartnäckigkeit nennen kann, so ist es wenigstens keine blinde Hartnäckigkeit.

Wie die Ausweisungen jetzt vor sich gehen, glauben wir, daß dieser Artikel wohl noch in den nächsten Nummern seine Fortsetzungen haben wird, wenn nicht die Freunde der Freiheit aller Länder sich davon überzeugen, daß es besser ist: „auf ihrem Zuge durch die Welt, lieber in keinem Falle bei uns vorzusprechen.“ ‒

Man sieht hieraus, wie das belgische Gouvernement seine Stellung immer mehr begreifen lernt. Die Belgier werden mit der Zeit die Polizeidiener ihrer sämmtlichen Nachbarn und frohlockend nehmen sie die Komplimente über ihre ruhige und devote Haltung entgegen. Der gute belgische Polizeidiener hat aber nichts desto weniger etwas sehr lächerliches. Selbst die ernste Times erkennt die belgische Gefälligkeit nur scherzhaft an. Neulich rieth sie der belgischen Nation, wenn sie alle Klubs abgeschafft habe, sich in einen einzigen großen Klub umzugestalten, und zwar mit der Devise: „Ne risquez rien!“

Es versteht sich von selbst, daß die offizielle belgische Presse diese Schmeichelei in ihrem Cretinismus ebenfalls wieder abdruckte und frohlockend begrüßte. Daß das belgische Gouvernement zwei Redakteure der Neuen Rheinischen Zeitung so brutal behandelte, läßt sich übrigens noch eher begreifen. a die N. R. Z. schon in ihrer ersten Nummer die Illusionen über den belgischen Musterstaat nach Verdienst ridikulisirte.

Wie das belgische Gouvernement diese Illusionen aber fortwährend aufrecht zu erhalten sucht, das zeigt uns die belgische Presse selbst. Der Messager de Gand berichtet nämlich das Folgende wörtlich:

„Wir wissen jetzt woraus dieses Deutschland besteht, welches so große Bewunderung für uns hegt. Dieses Deutschland besteht aus Herrn Wolfers von Louvain, den Herr Nogier bezahlt um belgischen Enthusiasmus in deutscher Sprache für die Kölnische Zeitung zu redigiren. Da man alle Mittel aufsucht, um Dekonomieen zu machen, so scheint es uns, daß wir das Budget der Bewunderung welches wir allen Journalisten Europas bezahlen, wohl abschaffen könnten. In Brüssel, in der Provinz, in Paris, in London, ja, bis nach Bucharest kaufen wir die Komplimente sehr theuer. Diese Dekonomieen könnten eine Summe ausmachen, welche nicht zu verschmähen wäre. So muß z. B. in London, der Belgier, der in der Times, im Neuen England, die Bewunderung für Belgien redigirt, von den 80,000 Franks unsrer Gesandschaft bezahlt werden. Sobald der Prince Ligne installirt ist, werden wir auch für die Bewunderung eines römischen Journalisten bezahlen müssen.“

Sind diese Eröffnungen nicht allerliebst? Aber ich bin noch nicht zu Ende. La Nation hat in ihrer Nummer vom 10. Oktober folgende kleine Notitz. „Wir haben häufig bemerkt, daß die „Privat-Korrespondenzen“ der Indépendance, datirt von Frankfurt und Berlin wie zwei schmutzige Tropfen Wasser den Artikeln der „Kölnischen Zeitung“ (Mitarbeiter Wolfers) ähnlich sehen. Besagte „Zeitung“ erscheint aber nicht am Sonntag; auch die Indépendance hat am Montag keine Privatkorrespondenzen.“ ‒

Wir brauchen nicht viel mehr hinzuzufügen. Zum Dank, daß die Indépendance ihre deutschen Nachrichten aus der Kölnischen Zeitung abschreibt, schöpft die Kölnische Zeitung ihre Ansichten über Belgien und Frankreich wieder aus den Indépendance.

Die Indépendance ist aber wie bekannt das Organ desselben Herr Rogier der Belgien für Geld bewundern die belgischen Patrioten von 1830, einen 80jährigen General Mellinet, zum Tode verurtheilen und politische Flüchtlinge in Zellenwagen über die Gränze schaffen läßt.

Französische Republik.
* Paris, 9. Oktbr.

Unter der Ueberschrift: „Zwei neue Bülletins der Republik“ bringt die „Reforme“ folgende Zusammenstellung:

Erstes Bülletin. Die Salons des Herrn Armand Marrast haben sich gestern von Neuem einer zahlreichen Menge geöffnet. Ein doppelter Reiz lockte in die wollustathmenden Gemächer des Hrn. Marrast; die Einladungskarten besagten, daß ein Concert dem Balle vorangehen würde und die elegante Welt findet in diesem Augenblick zu wenig Gelegenheit, sich dem Vergnügen zu widmen, um lange einem Amphitryon zu grollen, der so delikat seine Feste ausstattet, wie Hr. Marrast. Die Litteratur, die Künste, der Adel schickten einen beträchtlichen Kontingent zum Feste des Präsidenten. Ein sorglich organisirtes Konzert, wo die ersten gegenwärtig in Paris befindlichen Künstler sich hören ließen, bereitete auf das angenehmste die Versammlung zu einem minder passiven Vergnügen vor. Nach Erschöpfung aller in dem Programme angezeigten Themate, eröffnete Hr. Armand Marrast den Ball mit Mad. Lamoriciere. Die Tänze verlängerten sich bis 3 Uhr des Morgens und die zahlreichen Besucher ließen Hrn. Marrast sich durch die nöthige Ruhe auf die heutige Sitzung vorbereiten. (Estafette.)

Zweites Bülletin. Der letzte Zug von Transportirten gab Veranlassung zu einer herzzerreißenden Episode, die uns von einem Augenzeugen berichtet wird und die wir hier wiedergeben. Peter B. wurde einige Tage nach den Juniereignissen verhaftet und mit mehren seiner Unglücksgefäheten in die Kasematten des Forts von Ivry eingesperrt. B. war seit Kurzem verheirathet und seine unglückliche junge Frau, in Folge einer sehr vorgeschrittenen Schwangerschaft unfähig, sich selbst zu ernähren, sah jeden Tag mit Schrecken den Termin mehr herannahen, wo ihr Gatte vielleicht für immer von ihr getrennt würde. Die physischen Schmerzen einer vorzeitigen Entbindung vermehrten noch die Verzweiflung, worin sie die Idee einer ewigen Trennung stürzte. Die Unglückliche erfuhr durch die Frau eines der Verhafteten, daß ein baldiger Transport Stattfinden würde; sie setzte alles ins Werk, um zu wissen, ob ihr Mann daran Theil nehmen würde; aber ihre Anstrengungen waren vergeblich und sie konnte nichts erfahren. Nach einer schmerzlichen Niederkunft kaum hergestellt, vertraut sie den Händen einer Freundin ihr Kind. Durch den Verkauf ihrer bescheidenen Möbel gelingt es ihr, sich eine Summe von 70 Fr. zu verschaffen. Nachdem sie sich Nachweisungen verschafft hatte über den Ort der Einschiffung der Verhafteten und nach zahllosen Anstrengungen gelangt sie zu Fuß zu Rouen an und fährt von da mit der Eisenbahn nach Havre. In dieser Stadt angelangt miethet die arme Frau eine Kammer, von deren Fenstern sie den Einschiffungsort der Deportirten sehen kann. Drei Tage vergehen, ohne daß ihre Hoffnung sich verwirklicht; endlich am Morgen des vierten Tages bedeckt eine ungewöhnliche Menge die Quais, eine beträchtliche Masse bewaffneter Macht beschützt mit ihren Bayonetten eine andere Masse, die langsam und mit gesenktem Haupt einherschreitet; es ist nicht einer unter denen, die sie bilden, über dessen Wangen nicht bittere Thränen rollten. Mitten in diese zahlreiche Versammlung schlägt plötzlich wie ein Blitz ein zerreißender Schrei, dem ein gellendes Lachen folgt. Die unglückliche B. hatte ihren Gatten herausgefunden; sie dringt ungestüm durch die dreifache Reihe von Soldaten, die sie von ihm trennen und stürzt zu seinen Füßen nieder. Man drängt sich um sie, man verschwendet jede Hülfsleistung an sie; aber zu bald bemerkt man an ihrem verirrten Blick und dem unaufhörlichen gellen Lachen, daß die Unglückliche dem Wahnsinn verfallen ist. (Courrier francais.)

* Paris, 9. Oktober.

E. Girardin's Angriff auf Cavaignac in der „Presse“ vom 8. Oktober lautet im Wesentlichen also:

Am 22. Juni publizirte die Presse folgenden kurzen Dialog:

„Es muß noch schlechter werden.“ Warum? „Weil wir nur noch ein Mittel besitzen, die Macht zu behaupten, die uns zu entschlüpfen droht.“ Welches Mittel? „Die Diktatur des General Cavaignac nothwendig zu machen.“ Aber Cavaignac ist ein unentschiedener Charakter, ein schwacher Kopf. „Was liegt daran, man weiß es nicht, und diese Schwäche besitzt ein Korrektiv in den 60,000 Mann Truppen in Paris und seinen Umgebungen. Wir warten nur noch die Gelegenheit ab; sie wird nicht lange auf sich warten lassen.“

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        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 114 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>Donnerstag, 12. Oktober 1848.</docDate>
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        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar114b_001" type="jArticle">
          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Art. VIII. wird nach der Zählung mit 159 Stimmen gegen 185 Stimmen <hi rendition="#g">angenommen.</hi> </p>
          <p>Er besorgt, daß diese Bestimmungen auch für die Beamten der Centralgewalt Geltung haben. &#x2012;</p>
          <p>Von allen Zusatzartikeln, welche verlangen, daß Untersuchung, Anklage und Strafe nur auf Antrag und Beschluß der Nationalversammlung resp. der betheiligten Mitglieder erhoben und dekretirt werden darf, wird nur ad VI. ein Zusatz von Dietsch aus Saarbrücken genehmigt. Derselbe lautet: &#x201E;Wegen öffentlicher Beleidigungen wie ad VI. findet eine Verfolgung nur auf Antrag der Beleidigten statt.&#x201C;</p>
          <p>Als Zusatz wird ein Antrag von Mittermeier: &#x201E;Das Reichsministerium aufzufordern, daß ungesäumt die Einleitung getroffen werde, daß wenigstens die im Artikel I., II., III., IV. bezeichneten Verbrechen auf den Grund der mündlichen öffentlichen Verhandlung durch Geschworene abgeurtheilt werden&#x201C;, <hi rendition="#g">angenommen.</hi> </p>
          <p>Bei den letzten Abstimmungen beobachtete die Linke die Taktik gar nicht mehr Antheil zu nehmen, und nur ihr Urtheil über die Abstimmung durch wiederholte höhnische Bravo's zu erkennen zu geben.</p>
          <p>Die Humanität der Rechten mögen Sie und Ihre Leser daraus beurtheilen, daß dieselbe sogar gegen die Aburtheilung der resp. zu Bestrafenden durch Geschworenengerichte &#x2012; und bei dem Artikel über die Zusammenrottungen auch gegen alle vorherigen Warnungen stimmte. &#x2012;</p>
          <p>Auch der Mittermeier'sche Zusatz (S. unten) wurde nach der Meinung vieler Abgeordneten verworfen, und ich habe sagen gehört, daß er als angenommen vom Präsidenten wohl nur in Folge von leicht zu errathenden Gründen erklärt worden sei. &#x2012;</p>
          <p><hi rendition="#g">Zimmermann von Stuttgart:</hi>Wir sind es unsern Wählern schuldig zu Protokoll eine Erklärung abzugeben, worin wir sagen, <hi rendition="#g">warum</hi> wir gegen den heut angenommenen Gesetzentwurf gestimmt haben. (Gelächter und Unruhe.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Rösler:</hi> Im Verfolg der Erklärung des Herrn von Stavenhagen (S. oben) erkläre ich, daß ich die beleidigenden Worte gegen den Herrn Präsidenten (selbst frech!) in der Leidenschaft ausgestoßen, und daß es mir leid thut, sie gebraucht zu haben. (Bravo im Centrum und rechts.)</p>
          <p><hi rendition="#g">von Gagern</hi> macht eine dito rührende Erklärung, daß der nicht motivirte Ordnungsruf an Stavenhagen auch nur seiner durch die Unterbrechungen bei von Vinke's Rede erregten Leidenschaftlichkeit zuzuschreiben sei. (Bravo im Centrum.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Beseler</hi> schlägt vor, den Antrag in der Injurien-Angelegenheit, eine Untersuchungscommission niederzusetzen, in Folge der ebengehörten Erklärungen zurückzunehmen.</p>
          <p>Das Gesetz nach seinen bedeutenden Veränderungen zufolge der heutigen Abstimmung lautet also:</p>
          <p><hi rendition="#g">Gesetz</hi> betreffend den Schutz der konstituirenden Reichsversammlung und der Beamten der Centralgewalt. &#x2012; Der Reichsverweser in Ausführung des Beschlusses der Reichsversammlung vom 7. Oktober 1848 verkündet als Gesetz:</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. I.</hi> Ein gewaltsamer Angriff auf die Reichsversammlung in der Absicht, dieselbe auseinanderzutreiben, oder Mitglieder aus ihr zu entfernen, oder die Versammlung zur Fassung oder Unterlassung eines Beschlusses zu zwingen, ist Hochverrath und wird mit Gefängnißstrafe und nach Verhältniß der Umstände mit Zuchthausstrafe bis zu 20 Jahren bestraft. Wer zu solchen Handlungen öffentlich auffordert, wird nach richterlichem Ermessen bestraft. &#x2012;</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. II</hi> Die Theilnahme an einer Zusammenrottung, welche während der zu einer Sitzung anberaumten Zeit in der Nähe des Sitzungslokales stattfindet und sich nicht auf dreimalige Aufforderung der zuständigen Behörde oder auf den Befehl des Vorsitzenden der Nationalversammlung auflößt, wird bei Anstiftern oder mit Waffen versehenen Theilnehmern mit Gefängniß bis zu einem Jahr, bei andern Theilnehmern bis zu drei Monaten bestraft. &#x2012; Die Aufforderung muß von allgemein wahrnehmbaren Zeichen, z. B. Aufpflanzung einer Fahne oder weißen Tuches, Trommelschlag oder dgl. begleitet sein.</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. III.</hi> Es ist während der ganzen Dauer der Reichsversammlung verboten, eine Volksversammlung unter freiem Himmel innerhalb einer Entfernung von 5 Meilen von dem Sitze der Vetsammlung zu halten. Die öffentliche Anfforderung zur Abhaltung einer solchen Versammlung, die Führung des Vorsitzes oder das öffentliche Auftreten als Redner in derselben, wird mit Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft.</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. IV.</hi> Ein gewaltsames Eindringen Nichtberechtigter in das Sitzungslokal der Reichsversammlung, oder thätliche Widersetzlichkeit gegen die mit Ausweisung dort befindlicher Personen Beauftragten, endlich eine im Sitzungslokal von Nichtmitgliedern der Versammlung ausgeübte Bedrohung oder Beleidigung der Versammlung, eines ihrer Mitglieder, Beamten oder Diener, wird mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft. Thätlichkeiten im Sitzungslokal an einem Mitgliede, Beamten oder Diener der Versammlung vrrübt, werden außer der gesetzlichen Bestrafung der Handlung an sich, mit Gefängniß bis zu 5 Jahren belegt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. V.</hi> Oeffentliche Beleidigungen der Reichsversammlung, auch außerhalb des Sitzungslokales verübt, unterliegen einer Gefängnißstrafe bis zu zwei Jahren.</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. VI.</hi> Eine an einem Mitgliede der Reichsversammlung in Beziehung auf seine Eigenschaft oder sein Verhalten als Abgeordneter verubte Thätlichkeit wird, außer der gesetzlichen Strafe der Handlung, mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft. Bei gefährlichen Bedrohungen oder öffentlichen Beleidigungen dieser Art, tritt eine Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten ein. Wegen solchen öffentlichen Beleidigungen findet eine Verfolgung nur auf Antrag der Beleidigten Statt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. VII.</hi> Als eine öffentliche wird jede Beleidigung betrachtet, welche an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Versammlungen stattgefunden hat, oder in gedruckten oder ungedruckten Schriften, welche verkauft, vertheilt oder umhergetragen, oder zur Ansicht des Publikums angeschlagen oder ausgestellt werden, enthalten ist.</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. VIII.</hi> Die Bestimmungen des Art. IV. finden auch Anwendung auf Bedrohungen, Beleidigungen und Thätlichkeiten gegen Beamte der provisorischen Centralgewalt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Art. IX.</hi> Vorstehendes Gesetz tritt in dem Gebiete der freien Stadt Frankfurt mit dem dritten Tage, im Churfürstenthum Hessen, in dem Großherzogthum Hessen, im Herzogthum Nassau, in der Landgrafschaft Hessen-Homburg, in dem Königlich Preußischen Kreise Wetzlar mit dem zehnten Tage, in allen übrigen Theilen Deutschlands mit dem zwanzigsten Tage nach dem Tage der Ausgabe des betreffenden Reichsgesetz-Blattes in Frankfurt, in Kraft.</p>
          <p>Zusätzlicher genehmigter Antrag von Mittermaier:</p>
          <p>Das Reichsministerium ist aufzufordern, daß ungesäumt die Einleitung getroffen werde, daß wenigstens die im Artikel I, II., III. und IV. bezeichneten Verbrechen auf den Grund der mündlichen öffentlichen Verhandlung durch Geschworenen abgeurtheilt werden.</p>
          <p>(Schluß der Sitzung um 2 Uhr. Tagesordnung für Morgen: Grundrechte.)</p>
        </div>
        <div xml:id="ar114b_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>45</author></bibl> Berlin, 9. Oktober.</head>
          <p>Es kommt jetzt an's Licht, daß im Ministerium Hansemann verschiedene Abgeordnete von der Rechten ein neues &#x201E;besoldetes Staatsamt&#x201C; bekleitet haben, daß sie nämlich gegen Diäten von 5, 6 und mehr Thaler täglich im Ministerium gearbeitet haben. Bei einigen soll dies Verhältniß auch im gegenwärtigen Ministerium noch stattfinden. Man wird diesen traurigen unerlaubten Mitteln, wodurch das Ministerium seine Absichten durchzusetzen versucht, näher nachforschen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar114b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>45</author></bibl> Berlin, 8 Oktober.</head>
          <p>In einer gestrigen Conferenz der Abtheilungs-Dirigenten und der Präsidenten ist beschlossen worden, die National-Versammlung zur Beglückwünschung Sr. Majestät des Königs am 15. Oktober aufzufordern. Es soll dies unter den Vortritt des Präsidenten, von einer aus 24 Mitgliedern bestehenden Deputation geschehen, jedoch nur für den Fall, wenn der König an seinem Geburtstage anwesend sein würde. Wird dies beschlossen, so liegt darin indirekt der Ausdruck des Wunsches der Netional-Versammlung, der König möge seine Residenz wieder nach Berlin verlegen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar114b_004" type="jArticle">
          <head>Berlin, (National-Versammlung. Sitzung vom 10. Oktober.)</head>
          <p>Die Sitzung, auf welche wir später zurückkommen werden, ist größtentheils mit der Berathung des Jagdgesetzes ausgefüllt. Von den ersten 11. §§. werden die §§. 1. 2. angenommen. Das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden ist darnach ohne Entschädigung abgeschafft. Die §§. 3. 4. 5. 6. 9. und 10. werden ersetzt durch das Amendement Bornemann, welches dem Eigenthümer auch die Jagdberechtigung auf seinem Eigenthum einräumt. Eine königliche Botschaft, betreffend die Abänderung der Gesetze über &#x201E;die Verrbrechen der Erregung von Mißvergnügen gegen die Regierung&#x201C; geht an die Fachkommission, eben so ein Gesetzesvorschlag von Jakobi-Temme wegen Aufhebung der gesetzlichen Ehehindernisse welche auf Religions- und Standesverschiedenheit beruhen. Die schließliche Redaktion des Bürgerwehrgesetzes ruft eine unfruchtbare Debatte hervor. Vermuthlich wird das Gesetz &#x2012; wenn überhaupt &#x2012; doch nicht sobald zu Stande kommen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar114b_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Eisenach.</head>
          <p>Hier werden fortwährend Truppen zusammengezogen, nach Weimar 1900, um Jena 2100. Die Führer der demokratischen Partei sind virhaftet oder flüchtig.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar114b_006" type="jArticle">
          <head>Pesth, 4. Oktbr.</head>
          <p>Eine allgemeine Mißbilligung spricht sich hier gegen unsere Generale deshalb aus, daß sie den Jellachich entkommen ließen. Denn wenn es dem Jellachich gelänge, sich über Raab in die slowakischen Comitate zu werfen oder ins Oestreichische zu entkommen, so könnte der Krieg noch in die Länge gezogen werden, obgleich Ungarn in den letzten Tagen gezeigt hat, daß es auch dem furchtbarsten Feinde widerstehen kann und will. An 20,000 Mann, welche Jellachich in seinem Lager zurückgelassen, wollen kapituliren. Einzelne Transporte von Gefangenen, Geschütz und Munition werden hier stündlich eingebracht.</p>
          <p>1 1/2 Uhr Nachmittag. Die heutige Mittagssitzung ward durch einen Kurier unterbrochen, welcher aus dem Lager eintraf. Wir erfahren aber, daß dieser Kurier die erfreuliche Nachricht von der gänzlichen Niederlage des feindlichen Heeres bei Stuhlweißenburg überbrachte. Heute werden 1500 Gefangene hier eingebracht, welche in der heutigen Schlacht gemacht worden. Der feindliche General Roth wird morgen in seinen Positionen angegriffen werden.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Belgien.</head>
        <div xml:id="ar114b_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Brüssel, 8. Oktober.</head>
          <p>&#x201E;La Nation&#x201C; beginnt ihre gestrige Nummer mit folgendem Artikel über zwei der Redakteure der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung,&#x201C; die Hrn. Fried. Engels und Ernst Dronke:</p>
          <p>&#x201E;Die Ausweisungen folgen einander und gleichen sich unglücklicherweise nur zu sehr. Während wir noch einige Worte der Aufklärung über die Ausweisung des Hrn. Adam erwarten trifft schon eine gleiche Maßregel zwei deutsche Bürger, die so thöricht gewesen sind, sich auf den Schutz zu verlassen, den die belgische Konstitution jedem Ausländer zuerkennt. Ja, dieser Schutz existirt in dem Text der Konstitution; er strahlte sogar noch vor wenigen Tagen von einer der Facaden jenes charmanten kleinen constitutionellen Monumentes, mit dem man den Hof des Palastes der Nation geschmückt hatte; aber so wie der Rausch der nationalen Feste vorüber ist, beeilen sich die uns regierenden Lieberalen, die Devise welche sie den Neugierigen der Stadt und der Provinz so galant aufgetischt hatten, auch schon wieder in die Tasche zu stecken. Brüssel ist zu seinem Normal-Zustand zurückgekehrt und die Polizei erfüllt ganz wie früher die schöne Mission, durch ihre brutalen Manieren die Generosität unsrer unklugen constitutionellen Theorien wieder gut zu machen.</p>
          <p>Die Hrn. Engels und Dronke verweilten seit einigen Tagen in unsrer Stadt. Alle beide Redakteure eines demokratischen Journales, der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C; verließen sie Köln um den Folgen von Verhaftsbefehlen zu entgehen, die einige bei öffentlichen Versammlungen gehaltenen Reden hervorgerufen hatten. Sie begaben sich nach Belgien, nicht um jene belgische Gastfreiheit, die der Seltenheit wegen werthvoll werden kann, zu mißbrauchen, nein, sondern nur um die nöthigen Gelder zur Fortsetzung ihrer Reise bis Paris abzuwarten. Die unglücklichen Ereignisse, die in Köln <hi rendition="#g">nach ihrer Reise</hi> vorfielen, bestärkten sie in ihrer Absicht. Das preußische Gouvernement hat Chance, seit es nach belgischem Beispiel den breiten constitutionellen Weg betreten hat &#x2012; &#x2012; nachdem es einen General fand, der den Belagerungszustand und die Suspension der Zeitungen à la Cavaignac dekretirte, konnte es auch einen Generalprokurator finden, der darauf einging die moralische Mitschuld à la Hébert und à la de Bavay anzuwenden. Aber die Hrn. Engels und Dronke hatten vergessen, daß die Polizei lenkt, wenn der Reisende denkt.</p>
          <p>Kaum wurde vorgestern ihre Ankunft in Brüssel bekannt, als sich auch schon ein Kommissair mit seinem Gefolge in ihrem Hotel einfand. Sie waren gerade am Diner. Der Kommissair führt sie nach dem Stadthause und von da nach dem Gefängniß der Petits-Carmes, von wo man sie nach einigen Stunden in einem Zellenwagen nach der Süd-Station der Eisenbahn weiter befördert. Die Polizei hat hierdurch nur von ihrer Erlaubniß &#x201E;Vagabunden&#x201C; gegenüber Gebrauch gemacht, und in der That waren unsre politischen Flüchtlinge auch nicht im Besitz von geregelten Papieren. Sie führten zwar eine Sicherheitskarte der kölnischen Behörden bei sich, welche darthat daß sie Mitglieder der Bürgerwehr jener Stadt seien; auch hatten sie durch ihren Aufenthalt in Brüssel, vor dem Monat März, Freunde die ihre Identität nachweisen konnten &#x2012; die Polizei, <hi rendition="#g">nur zu sehr über sie unterrichtet,</hi> zog es aber vor, sie als Vagabunden zu behandeln, ehe man sich die Beweise vom Gegentheile verschaffen konnte.</p>
          <p>Wenn man dies Hartnäckigkeit nennen kann, so ist es wenigstens keine blinde Hartnäckigkeit.</p>
          <p>Wie die Ausweisungen jetzt vor sich gehen, glauben wir, daß dieser Artikel wohl noch in den nächsten Nummern seine Fortsetzungen haben wird, wenn nicht die Freunde der Freiheit aller Länder sich davon überzeugen, daß es besser ist: &#x201E;auf ihrem Zuge durch die Welt, lieber in keinem Falle bei uns vorzusprechen.&#x201C; &#x2012;</p>
          <p>Man sieht hieraus, wie das belgische Gouvernement seine Stellung immer mehr begreifen lernt. Die Belgier werden mit der Zeit die Polizeidiener ihrer sämmtlichen Nachbarn und frohlockend nehmen sie die Komplimente über ihre ruhige und devote Haltung entgegen. Der gute belgische Polizeidiener hat aber nichts desto weniger etwas sehr lächerliches. Selbst die ernste Times erkennt die belgische Gefälligkeit nur scherzhaft an. Neulich rieth sie der belgischen Nation, wenn sie alle Klubs abgeschafft habe, sich in einen einzigen großen Klub umzugestalten, und zwar mit der Devise: &#x201E;Ne risquez rien!&#x201C;</p>
          <p>Es versteht sich von selbst, daß die offizielle belgische Presse diese Schmeichelei in ihrem Cretinismus ebenfalls wieder abdruckte und frohlockend begrüßte. Daß das belgische Gouvernement zwei Redakteure der Neuen Rheinischen Zeitung so brutal behandelte, läßt sich übrigens noch eher begreifen. a die N. R. Z. schon in ihrer ersten Nummer die Illusionen über den belgischen Musterstaat nach Verdienst ridikulisirte.</p>
          <p>Wie das belgische Gouvernement diese Illusionen aber fortwährend aufrecht zu erhalten sucht, das zeigt uns die belgische Presse selbst. Der Messager de Gand berichtet nämlich das Folgende wörtlich:</p>
          <p>&#x201E;Wir wissen jetzt woraus dieses Deutschland besteht, welches so große Bewunderung für uns hegt. Dieses Deutschland besteht aus Herrn <hi rendition="#g">Wolfers</hi> von Louvain, den Herr Nogier bezahlt um belgischen Enthusiasmus in deutscher Sprache für die <hi rendition="#g">Kölnische Zeitung</hi> zu redigiren. Da man alle Mittel aufsucht, um Dekonomieen zu machen, so scheint es uns, daß wir das Budget der Bewunderung welches wir allen Journalisten Europas bezahlen, wohl abschaffen könnten. In Brüssel, in der Provinz, in Paris, in London, ja, bis nach Bucharest kaufen wir die Komplimente sehr theuer. Diese Dekonomieen könnten eine Summe ausmachen, welche nicht zu verschmähen wäre. So muß z. B. in London, der Belgier, der in der Times, im Neuen England, die Bewunderung für Belgien redigirt, von den 80,000 Franks unsrer Gesandschaft bezahlt werden. Sobald der Prince Ligne installirt ist, werden wir auch für die Bewunderung eines römischen Journalisten bezahlen müssen.&#x201C;</p>
          <p>Sind diese Eröffnungen nicht allerliebst? Aber ich bin noch nicht zu Ende. La Nation hat in ihrer Nummer vom 10. Oktober folgende kleine Notitz. &#x201E;Wir haben häufig bemerkt, daß die &#x201E;Privat-Korrespondenzen&#x201C; der Indépendance, datirt von Frankfurt und Berlin wie zwei schmutzige Tropfen Wasser den Artikeln der <hi rendition="#g">&#x201E;Kölnischen Zeitung&#x201C;</hi> (Mitarbeiter Wolfers) ähnlich sehen. Besagte &#x201E;Zeitung&#x201C; erscheint aber nicht am Sonntag; auch die Indépendance hat am Montag keine Privatkorrespondenzen.&#x201C; &#x2012;</p>
          <p>Wir brauchen nicht viel mehr hinzuzufügen. Zum Dank, daß die Indépendance ihre deutschen Nachrichten aus der Kölnischen Zeitung abschreibt, schöpft die Kölnische Zeitung ihre Ansichten über Belgien und Frankreich wieder aus den Indépendance.</p>
          <p>Die Indépendance ist aber wie bekannt das Organ desselben Herr Rogier der Belgien für Geld bewundern die belgischen Patrioten von 1830, einen 80jährigen General Mellinet, zum Tode verurtheilen und politische Flüchtlinge in Zellenwagen über die Gränze schaffen läßt.</p>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 9. Oktbr.</head>
          <p>Unter der Ueberschrift: &#x201E;<hi rendition="#g">Zwei neue Bülletins der Republik</hi>&#x201C; bringt die &#x201E;Reforme&#x201C; folgende Zusammenstellung:</p>
          <p><hi rendition="#g">Erstes Bülletin.</hi> Die Salons des Herrn Armand Marrast haben sich gestern von Neuem einer zahlreichen Menge geöffnet. Ein doppelter Reiz lockte in die wollustathmenden Gemächer des Hrn. Marrast; die Einladungskarten besagten, daß ein Concert dem Balle vorangehen würde und die elegante Welt findet in diesem Augenblick zu wenig Gelegenheit, sich dem Vergnügen zu widmen, um lange einem Amphitryon zu grollen, der so delikat seine Feste ausstattet, wie Hr. Marrast. Die Litteratur, die Künste, der <hi rendition="#g">Adel</hi> schickten einen beträchtlichen Kontingent zum Feste des Präsidenten. Ein sorglich organisirtes Konzert, wo die ersten gegenwärtig in Paris befindlichen Künstler sich hören ließen, bereitete auf das angenehmste die Versammlung zu einem minder passiven Vergnügen vor. Nach Erschöpfung aller in dem Programme angezeigten Themate, eröffnete Hr. Armand Marrast den Ball mit Mad. Lamoriciere. Die Tänze verlängerten sich bis 3 Uhr des Morgens und die zahlreichen Besucher ließen Hrn. Marrast sich durch die nöthige Ruhe auf die heutige Sitzung vorbereiten. (Estafette.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Zweites Bülletin.</hi> Der letzte Zug von Transportirten gab Veranlassung zu einer herzzerreißenden Episode, die uns von einem Augenzeugen berichtet wird und die wir hier wiedergeben. Peter B. wurde einige Tage nach den Juniereignissen verhaftet und mit mehren seiner Unglücksgefäheten in die Kasematten des Forts von Ivry eingesperrt. B. war seit Kurzem verheirathet und seine unglückliche junge Frau, in Folge einer sehr vorgeschrittenen Schwangerschaft unfähig, sich selbst zu ernähren, sah jeden Tag mit Schrecken den Termin mehr herannahen, wo ihr Gatte vielleicht für immer von ihr getrennt würde. Die physischen Schmerzen einer vorzeitigen Entbindung vermehrten noch die Verzweiflung, worin sie die Idee einer ewigen Trennung stürzte. Die Unglückliche erfuhr durch die Frau eines der Verhafteten, daß ein baldiger Transport Stattfinden würde; sie setzte alles ins Werk, um zu wissen, ob ihr Mann daran Theil nehmen würde; aber ihre Anstrengungen waren vergeblich und sie konnte nichts erfahren. Nach einer schmerzlichen Niederkunft kaum hergestellt, vertraut sie den Händen einer Freundin ihr Kind. Durch den Verkauf ihrer bescheidenen Möbel gelingt es ihr, sich eine Summe von 70 Fr. zu verschaffen. Nachdem sie sich Nachweisungen verschafft hatte über den Ort der Einschiffung der Verhafteten und nach zahllosen Anstrengungen gelangt sie zu Fuß zu Rouen an und fährt von da mit der Eisenbahn nach Havre. In dieser Stadt angelangt miethet die arme Frau eine Kammer, von deren Fenstern sie den Einschiffungsort der Deportirten sehen kann. Drei Tage vergehen, ohne daß ihre Hoffnung sich verwirklicht; endlich am Morgen des vierten Tages bedeckt eine ungewöhnliche Menge die Quais, eine beträchtliche Masse bewaffneter Macht beschützt mit ihren Bayonetten eine andere Masse, die langsam und mit gesenktem Haupt einherschreitet; es ist nicht einer unter denen, die sie bilden, über dessen Wangen nicht bittere Thränen rollten. Mitten in diese zahlreiche Versammlung schlägt plötzlich wie ein Blitz ein zerreißender Schrei, dem ein gellendes Lachen folgt. Die unglückliche B. hatte ihren Gatten herausgefunden; sie dringt ungestüm durch die dreifache Reihe von Soldaten, die sie von ihm trennen und stürzt zu seinen Füßen nieder. Man drängt sich um sie, man verschwendet jede Hülfsleistung an sie; aber zu bald bemerkt man an ihrem verirrten Blick und dem unaufhörlichen gellen Lachen, daß die Unglückliche dem Wahnsinn verfallen ist. (Courrier francais.)</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 9. Oktober.</head>
          <p><hi rendition="#g">E. Girardin's</hi> Angriff auf <hi rendition="#g">Cavaignac</hi> in der &#x201E;Presse&#x201C; vom 8. Oktober lautet im Wesentlichen also:</p>
          <p>Am 22. Juni publizirte die Presse folgenden kurzen Dialog:</p>
          <p>&#x201E;Es muß noch schlechter werden.&#x201C; Warum? &#x201E;Weil wir nur noch ein Mittel besitzen, die Macht zu behaupten, die uns zu entschlüpfen droht.&#x201C; Welches Mittel? &#x201E;Die Diktatur des General Cavaignac nothwendig zu machen.&#x201C; Aber Cavaignac ist ein unentschiedener Charakter, ein schwacher Kopf. &#x201E;Was liegt daran, man weiß es nicht, und diese Schwäche besitzt ein Korrektiv in den 60,000 Mann Truppen in Paris und seinen Umgebungen. Wir warten nur noch die Gelegenheit ab; sie wird nicht lange auf sich warten lassen.&#x201C;</p>
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[0571/0001] Beilage zu Nr. 114 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Donnerstag, 12. Oktober 1848. [Deutschland] [Fortsetzung] Art. VIII. wird nach der Zählung mit 159 Stimmen gegen 185 Stimmen angenommen. Er besorgt, daß diese Bestimmungen auch für die Beamten der Centralgewalt Geltung haben. ‒ Von allen Zusatzartikeln, welche verlangen, daß Untersuchung, Anklage und Strafe nur auf Antrag und Beschluß der Nationalversammlung resp. der betheiligten Mitglieder erhoben und dekretirt werden darf, wird nur ad VI. ein Zusatz von Dietsch aus Saarbrücken genehmigt. Derselbe lautet: „Wegen öffentlicher Beleidigungen wie ad VI. findet eine Verfolgung nur auf Antrag der Beleidigten statt.“ Als Zusatz wird ein Antrag von Mittermeier: „Das Reichsministerium aufzufordern, daß ungesäumt die Einleitung getroffen werde, daß wenigstens die im Artikel I., II., III., IV. bezeichneten Verbrechen auf den Grund der mündlichen öffentlichen Verhandlung durch Geschworene abgeurtheilt werden“, angenommen. Bei den letzten Abstimmungen beobachtete die Linke die Taktik gar nicht mehr Antheil zu nehmen, und nur ihr Urtheil über die Abstimmung durch wiederholte höhnische Bravo's zu erkennen zu geben. Die Humanität der Rechten mögen Sie und Ihre Leser daraus beurtheilen, daß dieselbe sogar gegen die Aburtheilung der resp. zu Bestrafenden durch Geschworenengerichte ‒ und bei dem Artikel über die Zusammenrottungen auch gegen alle vorherigen Warnungen stimmte. ‒ Auch der Mittermeier'sche Zusatz (S. unten) wurde nach der Meinung vieler Abgeordneten verworfen, und ich habe sagen gehört, daß er als angenommen vom Präsidenten wohl nur in Folge von leicht zu errathenden Gründen erklärt worden sei. ‒ Zimmermann von Stuttgart:Wir sind es unsern Wählern schuldig zu Protokoll eine Erklärung abzugeben, worin wir sagen, warum wir gegen den heut angenommenen Gesetzentwurf gestimmt haben. (Gelächter und Unruhe.) Rösler: Im Verfolg der Erklärung des Herrn von Stavenhagen (S. oben) erkläre ich, daß ich die beleidigenden Worte gegen den Herrn Präsidenten (selbst frech!) in der Leidenschaft ausgestoßen, und daß es mir leid thut, sie gebraucht zu haben. (Bravo im Centrum und rechts.) von Gagern macht eine dito rührende Erklärung, daß der nicht motivirte Ordnungsruf an Stavenhagen auch nur seiner durch die Unterbrechungen bei von Vinke's Rede erregten Leidenschaftlichkeit zuzuschreiben sei. (Bravo im Centrum.) Beseler schlägt vor, den Antrag in der Injurien-Angelegenheit, eine Untersuchungscommission niederzusetzen, in Folge der ebengehörten Erklärungen zurückzunehmen. Das Gesetz nach seinen bedeutenden Veränderungen zufolge der heutigen Abstimmung lautet also: Gesetz betreffend den Schutz der konstituirenden Reichsversammlung und der Beamten der Centralgewalt. ‒ Der Reichsverweser in Ausführung des Beschlusses der Reichsversammlung vom 7. Oktober 1848 verkündet als Gesetz: Art. I. Ein gewaltsamer Angriff auf die Reichsversammlung in der Absicht, dieselbe auseinanderzutreiben, oder Mitglieder aus ihr zu entfernen, oder die Versammlung zur Fassung oder Unterlassung eines Beschlusses zu zwingen, ist Hochverrath und wird mit Gefängnißstrafe und nach Verhältniß der Umstände mit Zuchthausstrafe bis zu 20 Jahren bestraft. Wer zu solchen Handlungen öffentlich auffordert, wird nach richterlichem Ermessen bestraft. ‒ Art. II Die Theilnahme an einer Zusammenrottung, welche während der zu einer Sitzung anberaumten Zeit in der Nähe des Sitzungslokales stattfindet und sich nicht auf dreimalige Aufforderung der zuständigen Behörde oder auf den Befehl des Vorsitzenden der Nationalversammlung auflößt, wird bei Anstiftern oder mit Waffen versehenen Theilnehmern mit Gefängniß bis zu einem Jahr, bei andern Theilnehmern bis zu drei Monaten bestraft. ‒ Die Aufforderung muß von allgemein wahrnehmbaren Zeichen, z. B. Aufpflanzung einer Fahne oder weißen Tuches, Trommelschlag oder dgl. begleitet sein. Art. III. Es ist während der ganzen Dauer der Reichsversammlung verboten, eine Volksversammlung unter freiem Himmel innerhalb einer Entfernung von 5 Meilen von dem Sitze der Vetsammlung zu halten. Die öffentliche Anfforderung zur Abhaltung einer solchen Versammlung, die Führung des Vorsitzes oder das öffentliche Auftreten als Redner in derselben, wird mit Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft. Art. IV. Ein gewaltsames Eindringen Nichtberechtigter in das Sitzungslokal der Reichsversammlung, oder thätliche Widersetzlichkeit gegen die mit Ausweisung dort befindlicher Personen Beauftragten, endlich eine im Sitzungslokal von Nichtmitgliedern der Versammlung ausgeübte Bedrohung oder Beleidigung der Versammlung, eines ihrer Mitglieder, Beamten oder Diener, wird mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft. Thätlichkeiten im Sitzungslokal an einem Mitgliede, Beamten oder Diener der Versammlung vrrübt, werden außer der gesetzlichen Bestrafung der Handlung an sich, mit Gefängniß bis zu 5 Jahren belegt. Art. V. Oeffentliche Beleidigungen der Reichsversammlung, auch außerhalb des Sitzungslokales verübt, unterliegen einer Gefängnißstrafe bis zu zwei Jahren. Art. VI. Eine an einem Mitgliede der Reichsversammlung in Beziehung auf seine Eigenschaft oder sein Verhalten als Abgeordneter verubte Thätlichkeit wird, außer der gesetzlichen Strafe der Handlung, mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft. Bei gefährlichen Bedrohungen oder öffentlichen Beleidigungen dieser Art, tritt eine Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten ein. Wegen solchen öffentlichen Beleidigungen findet eine Verfolgung nur auf Antrag der Beleidigten Statt. Art. VII. Als eine öffentliche wird jede Beleidigung betrachtet, welche an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Versammlungen stattgefunden hat, oder in gedruckten oder ungedruckten Schriften, welche verkauft, vertheilt oder umhergetragen, oder zur Ansicht des Publikums angeschlagen oder ausgestellt werden, enthalten ist. Art. VIII. Die Bestimmungen des Art. IV. finden auch Anwendung auf Bedrohungen, Beleidigungen und Thätlichkeiten gegen Beamte der provisorischen Centralgewalt. Art. IX. Vorstehendes Gesetz tritt in dem Gebiete der freien Stadt Frankfurt mit dem dritten Tage, im Churfürstenthum Hessen, in dem Großherzogthum Hessen, im Herzogthum Nassau, in der Landgrafschaft Hessen-Homburg, in dem Königlich Preußischen Kreise Wetzlar mit dem zehnten Tage, in allen übrigen Theilen Deutschlands mit dem zwanzigsten Tage nach dem Tage der Ausgabe des betreffenden Reichsgesetz-Blattes in Frankfurt, in Kraft. Zusätzlicher genehmigter Antrag von Mittermaier: Das Reichsministerium ist aufzufordern, daß ungesäumt die Einleitung getroffen werde, daß wenigstens die im Artikel I, II., III. und IV. bezeichneten Verbrechen auf den Grund der mündlichen öffentlichen Verhandlung durch Geschworenen abgeurtheilt werden. (Schluß der Sitzung um 2 Uhr. Tagesordnung für Morgen: Grundrechte.) 45 Berlin, 9. Oktober. Es kommt jetzt an's Licht, daß im Ministerium Hansemann verschiedene Abgeordnete von der Rechten ein neues „besoldetes Staatsamt“ bekleitet haben, daß sie nämlich gegen Diäten von 5, 6 und mehr Thaler täglich im Ministerium gearbeitet haben. Bei einigen soll dies Verhältniß auch im gegenwärtigen Ministerium noch stattfinden. Man wird diesen traurigen unerlaubten Mitteln, wodurch das Ministerium seine Absichten durchzusetzen versucht, näher nachforschen. 45 Berlin, 8 Oktober. In einer gestrigen Conferenz der Abtheilungs-Dirigenten und der Präsidenten ist beschlossen worden, die National-Versammlung zur Beglückwünschung Sr. Majestät des Königs am 15. Oktober aufzufordern. Es soll dies unter den Vortritt des Präsidenten, von einer aus 24 Mitgliedern bestehenden Deputation geschehen, jedoch nur für den Fall, wenn der König an seinem Geburtstage anwesend sein würde. Wird dies beschlossen, so liegt darin indirekt der Ausdruck des Wunsches der Netional-Versammlung, der König möge seine Residenz wieder nach Berlin verlegen. Berlin, (National-Versammlung. Sitzung vom 10. Oktober.) Die Sitzung, auf welche wir später zurückkommen werden, ist größtentheils mit der Berathung des Jagdgesetzes ausgefüllt. Von den ersten 11. §§. werden die §§. 1. 2. angenommen. Das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden ist darnach ohne Entschädigung abgeschafft. Die §§. 3. 4. 5. 6. 9. und 10. werden ersetzt durch das Amendement Bornemann, welches dem Eigenthümer auch die Jagdberechtigung auf seinem Eigenthum einräumt. Eine königliche Botschaft, betreffend die Abänderung der Gesetze über „die Verrbrechen der Erregung von Mißvergnügen gegen die Regierung“ geht an die Fachkommission, eben so ein Gesetzesvorschlag von Jakobi-Temme wegen Aufhebung der gesetzlichen Ehehindernisse welche auf Religions- und Standesverschiedenheit beruhen. Die schließliche Redaktion des Bürgerwehrgesetzes ruft eine unfruchtbare Debatte hervor. Vermuthlich wird das Gesetz ‒ wenn überhaupt ‒ doch nicht sobald zu Stande kommen. * Eisenach. Hier werden fortwährend Truppen zusammengezogen, nach Weimar 1900, um Jena 2100. Die Führer der demokratischen Partei sind virhaftet oder flüchtig. Ungarn. Pesth, 4. Oktbr. Eine allgemeine Mißbilligung spricht sich hier gegen unsere Generale deshalb aus, daß sie den Jellachich entkommen ließen. Denn wenn es dem Jellachich gelänge, sich über Raab in die slowakischen Comitate zu werfen oder ins Oestreichische zu entkommen, so könnte der Krieg noch in die Länge gezogen werden, obgleich Ungarn in den letzten Tagen gezeigt hat, daß es auch dem furchtbarsten Feinde widerstehen kann und will. An 20,000 Mann, welche Jellachich in seinem Lager zurückgelassen, wollen kapituliren. Einzelne Transporte von Gefangenen, Geschütz und Munition werden hier stündlich eingebracht. 1 1/2 Uhr Nachmittag. Die heutige Mittagssitzung ward durch einen Kurier unterbrochen, welcher aus dem Lager eintraf. Wir erfahren aber, daß dieser Kurier die erfreuliche Nachricht von der gänzlichen Niederlage des feindlichen Heeres bei Stuhlweißenburg überbrachte. Heute werden 1500 Gefangene hier eingebracht, welche in der heutigen Schlacht gemacht worden. Der feindliche General Roth wird morgen in seinen Positionen angegriffen werden. Belgien. * Brüssel, 8. Oktober. „La Nation“ beginnt ihre gestrige Nummer mit folgendem Artikel über zwei der Redakteure der „Neuen Rheinischen Zeitung,“ die Hrn. Fried. Engels und Ernst Dronke: „Die Ausweisungen folgen einander und gleichen sich unglücklicherweise nur zu sehr. Während wir noch einige Worte der Aufklärung über die Ausweisung des Hrn. Adam erwarten trifft schon eine gleiche Maßregel zwei deutsche Bürger, die so thöricht gewesen sind, sich auf den Schutz zu verlassen, den die belgische Konstitution jedem Ausländer zuerkennt. Ja, dieser Schutz existirt in dem Text der Konstitution; er strahlte sogar noch vor wenigen Tagen von einer der Facaden jenes charmanten kleinen constitutionellen Monumentes, mit dem man den Hof des Palastes der Nation geschmückt hatte; aber so wie der Rausch der nationalen Feste vorüber ist, beeilen sich die uns regierenden Lieberalen, die Devise welche sie den Neugierigen der Stadt und der Provinz so galant aufgetischt hatten, auch schon wieder in die Tasche zu stecken. Brüssel ist zu seinem Normal-Zustand zurückgekehrt und die Polizei erfüllt ganz wie früher die schöne Mission, durch ihre brutalen Manieren die Generosität unsrer unklugen constitutionellen Theorien wieder gut zu machen. Die Hrn. Engels und Dronke verweilten seit einigen Tagen in unsrer Stadt. Alle beide Redakteure eines demokratischen Journales, der „Neuen Rheinischen Zeitung“ verließen sie Köln um den Folgen von Verhaftsbefehlen zu entgehen, die einige bei öffentlichen Versammlungen gehaltenen Reden hervorgerufen hatten. Sie begaben sich nach Belgien, nicht um jene belgische Gastfreiheit, die der Seltenheit wegen werthvoll werden kann, zu mißbrauchen, nein, sondern nur um die nöthigen Gelder zur Fortsetzung ihrer Reise bis Paris abzuwarten. Die unglücklichen Ereignisse, die in Köln nach ihrer Reise vorfielen, bestärkten sie in ihrer Absicht. Das preußische Gouvernement hat Chance, seit es nach belgischem Beispiel den breiten constitutionellen Weg betreten hat ‒ ‒ nachdem es einen General fand, der den Belagerungszustand und die Suspension der Zeitungen à la Cavaignac dekretirte, konnte es auch einen Generalprokurator finden, der darauf einging die moralische Mitschuld à la Hébert und à la de Bavay anzuwenden. Aber die Hrn. Engels und Dronke hatten vergessen, daß die Polizei lenkt, wenn der Reisende denkt. Kaum wurde vorgestern ihre Ankunft in Brüssel bekannt, als sich auch schon ein Kommissair mit seinem Gefolge in ihrem Hotel einfand. Sie waren gerade am Diner. Der Kommissair führt sie nach dem Stadthause und von da nach dem Gefängniß der Petits-Carmes, von wo man sie nach einigen Stunden in einem Zellenwagen nach der Süd-Station der Eisenbahn weiter befördert. Die Polizei hat hierdurch nur von ihrer Erlaubniß „Vagabunden“ gegenüber Gebrauch gemacht, und in der That waren unsre politischen Flüchtlinge auch nicht im Besitz von geregelten Papieren. Sie führten zwar eine Sicherheitskarte der kölnischen Behörden bei sich, welche darthat daß sie Mitglieder der Bürgerwehr jener Stadt seien; auch hatten sie durch ihren Aufenthalt in Brüssel, vor dem Monat März, Freunde die ihre Identität nachweisen konnten ‒ die Polizei, nur zu sehr über sie unterrichtet, zog es aber vor, sie als Vagabunden zu behandeln, ehe man sich die Beweise vom Gegentheile verschaffen konnte. Wenn man dies Hartnäckigkeit nennen kann, so ist es wenigstens keine blinde Hartnäckigkeit. Wie die Ausweisungen jetzt vor sich gehen, glauben wir, daß dieser Artikel wohl noch in den nächsten Nummern seine Fortsetzungen haben wird, wenn nicht die Freunde der Freiheit aller Länder sich davon überzeugen, daß es besser ist: „auf ihrem Zuge durch die Welt, lieber in keinem Falle bei uns vorzusprechen.“ ‒ Man sieht hieraus, wie das belgische Gouvernement seine Stellung immer mehr begreifen lernt. Die Belgier werden mit der Zeit die Polizeidiener ihrer sämmtlichen Nachbarn und frohlockend nehmen sie die Komplimente über ihre ruhige und devote Haltung entgegen. Der gute belgische Polizeidiener hat aber nichts desto weniger etwas sehr lächerliches. Selbst die ernste Times erkennt die belgische Gefälligkeit nur scherzhaft an. Neulich rieth sie der belgischen Nation, wenn sie alle Klubs abgeschafft habe, sich in einen einzigen großen Klub umzugestalten, und zwar mit der Devise: „Ne risquez rien!“ Es versteht sich von selbst, daß die offizielle belgische Presse diese Schmeichelei in ihrem Cretinismus ebenfalls wieder abdruckte und frohlockend begrüßte. Daß das belgische Gouvernement zwei Redakteure der Neuen Rheinischen Zeitung so brutal behandelte, läßt sich übrigens noch eher begreifen. a die N. R. Z. schon in ihrer ersten Nummer die Illusionen über den belgischen Musterstaat nach Verdienst ridikulisirte. Wie das belgische Gouvernement diese Illusionen aber fortwährend aufrecht zu erhalten sucht, das zeigt uns die belgische Presse selbst. Der Messager de Gand berichtet nämlich das Folgende wörtlich: „Wir wissen jetzt woraus dieses Deutschland besteht, welches so große Bewunderung für uns hegt. Dieses Deutschland besteht aus Herrn Wolfers von Louvain, den Herr Nogier bezahlt um belgischen Enthusiasmus in deutscher Sprache für die Kölnische Zeitung zu redigiren. Da man alle Mittel aufsucht, um Dekonomieen zu machen, so scheint es uns, daß wir das Budget der Bewunderung welches wir allen Journalisten Europas bezahlen, wohl abschaffen könnten. In Brüssel, in der Provinz, in Paris, in London, ja, bis nach Bucharest kaufen wir die Komplimente sehr theuer. Diese Dekonomieen könnten eine Summe ausmachen, welche nicht zu verschmähen wäre. So muß z. B. in London, der Belgier, der in der Times, im Neuen England, die Bewunderung für Belgien redigirt, von den 80,000 Franks unsrer Gesandschaft bezahlt werden. Sobald der Prince Ligne installirt ist, werden wir auch für die Bewunderung eines römischen Journalisten bezahlen müssen.“ Sind diese Eröffnungen nicht allerliebst? Aber ich bin noch nicht zu Ende. La Nation hat in ihrer Nummer vom 10. Oktober folgende kleine Notitz. „Wir haben häufig bemerkt, daß die „Privat-Korrespondenzen“ der Indépendance, datirt von Frankfurt und Berlin wie zwei schmutzige Tropfen Wasser den Artikeln der „Kölnischen Zeitung“ (Mitarbeiter Wolfers) ähnlich sehen. Besagte „Zeitung“ erscheint aber nicht am Sonntag; auch die Indépendance hat am Montag keine Privatkorrespondenzen.“ ‒ Wir brauchen nicht viel mehr hinzuzufügen. Zum Dank, daß die Indépendance ihre deutschen Nachrichten aus der Kölnischen Zeitung abschreibt, schöpft die Kölnische Zeitung ihre Ansichten über Belgien und Frankreich wieder aus den Indépendance. Die Indépendance ist aber wie bekannt das Organ desselben Herr Rogier der Belgien für Geld bewundern die belgischen Patrioten von 1830, einen 80jährigen General Mellinet, zum Tode verurtheilen und politische Flüchtlinge in Zellenwagen über die Gränze schaffen läßt. Französische Republik. * Paris, 9. Oktbr. Unter der Ueberschrift: „Zwei neue Bülletins der Republik“ bringt die „Reforme“ folgende Zusammenstellung: Erstes Bülletin. Die Salons des Herrn Armand Marrast haben sich gestern von Neuem einer zahlreichen Menge geöffnet. Ein doppelter Reiz lockte in die wollustathmenden Gemächer des Hrn. Marrast; die Einladungskarten besagten, daß ein Concert dem Balle vorangehen würde und die elegante Welt findet in diesem Augenblick zu wenig Gelegenheit, sich dem Vergnügen zu widmen, um lange einem Amphitryon zu grollen, der so delikat seine Feste ausstattet, wie Hr. Marrast. Die Litteratur, die Künste, der Adel schickten einen beträchtlichen Kontingent zum Feste des Präsidenten. Ein sorglich organisirtes Konzert, wo die ersten gegenwärtig in Paris befindlichen Künstler sich hören ließen, bereitete auf das angenehmste die Versammlung zu einem minder passiven Vergnügen vor. Nach Erschöpfung aller in dem Programme angezeigten Themate, eröffnete Hr. Armand Marrast den Ball mit Mad. Lamoriciere. Die Tänze verlängerten sich bis 3 Uhr des Morgens und die zahlreichen Besucher ließen Hrn. Marrast sich durch die nöthige Ruhe auf die heutige Sitzung vorbereiten. (Estafette.) Zweites Bülletin. Der letzte Zug von Transportirten gab Veranlassung zu einer herzzerreißenden Episode, die uns von einem Augenzeugen berichtet wird und die wir hier wiedergeben. Peter B. wurde einige Tage nach den Juniereignissen verhaftet und mit mehren seiner Unglücksgefäheten in die Kasematten des Forts von Ivry eingesperrt. B. war seit Kurzem verheirathet und seine unglückliche junge Frau, in Folge einer sehr vorgeschrittenen Schwangerschaft unfähig, sich selbst zu ernähren, sah jeden Tag mit Schrecken den Termin mehr herannahen, wo ihr Gatte vielleicht für immer von ihr getrennt würde. Die physischen Schmerzen einer vorzeitigen Entbindung vermehrten noch die Verzweiflung, worin sie die Idee einer ewigen Trennung stürzte. Die Unglückliche erfuhr durch die Frau eines der Verhafteten, daß ein baldiger Transport Stattfinden würde; sie setzte alles ins Werk, um zu wissen, ob ihr Mann daran Theil nehmen würde; aber ihre Anstrengungen waren vergeblich und sie konnte nichts erfahren. Nach einer schmerzlichen Niederkunft kaum hergestellt, vertraut sie den Händen einer Freundin ihr Kind. Durch den Verkauf ihrer bescheidenen Möbel gelingt es ihr, sich eine Summe von 70 Fr. zu verschaffen. Nachdem sie sich Nachweisungen verschafft hatte über den Ort der Einschiffung der Verhafteten und nach zahllosen Anstrengungen gelangt sie zu Fuß zu Rouen an und fährt von da mit der Eisenbahn nach Havre. In dieser Stadt angelangt miethet die arme Frau eine Kammer, von deren Fenstern sie den Einschiffungsort der Deportirten sehen kann. Drei Tage vergehen, ohne daß ihre Hoffnung sich verwirklicht; endlich am Morgen des vierten Tages bedeckt eine ungewöhnliche Menge die Quais, eine beträchtliche Masse bewaffneter Macht beschützt mit ihren Bayonetten eine andere Masse, die langsam und mit gesenktem Haupt einherschreitet; es ist nicht einer unter denen, die sie bilden, über dessen Wangen nicht bittere Thränen rollten. Mitten in diese zahlreiche Versammlung schlägt plötzlich wie ein Blitz ein zerreißender Schrei, dem ein gellendes Lachen folgt. Die unglückliche B. hatte ihren Gatten herausgefunden; sie dringt ungestüm durch die dreifache Reihe von Soldaten, die sie von ihm trennen und stürzt zu seinen Füßen nieder. Man drängt sich um sie, man verschwendet jede Hülfsleistung an sie; aber zu bald bemerkt man an ihrem verirrten Blick und dem unaufhörlichen gellen Lachen, daß die Unglückliche dem Wahnsinn verfallen ist. (Courrier francais.) * Paris, 9. Oktober. E. Girardin's Angriff auf Cavaignac in der „Presse“ vom 8. Oktober lautet im Wesentlichen also: Am 22. Juni publizirte die Presse folgenden kurzen Dialog: „Es muß noch schlechter werden.“ Warum? „Weil wir nur noch ein Mittel besitzen, die Macht zu behaupten, die uns zu entschlüpfen droht.“ Welches Mittel? „Die Diktatur des General Cavaignac nothwendig zu machen.“ Aber Cavaignac ist ein unentschiedener Charakter, ein schwacher Kopf. „Was liegt daran, man weiß es nicht, und diese Schwäche besitzt ein Korrektiv in den 60,000 Mann Truppen in Paris und seinen Umgebungen. Wir warten nur noch die Gelegenheit ab; sie wird nicht lange auf sich warten lassen.“

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 114. Köln, 12. Oktober 1848. Beilage, S. 0571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz114b_1848/1>, abgerufen am 03.12.2024.