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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 108. Köln, 21. September 1848.

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Italien.
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Französische Republik.
Paris, 18. Sept.

Die Theilnahme an dem Wahlakt ist heute viel größer als im Juni. Auf den Boulevards St. Denis, St. Martin, an den lebhaftesten Straßenecken und fast auf allen öffentlichen Plätzen wird lebhaft diskutirt, doch erfahren wir bis jetzt nirgends, daß es zu Thätlichkeiten gekommen wäre. Die Arbeiter begnügen sich die rothen und gelben kolossalen Affischen der Herren Bugeaud, Girardin, Delessert, Bonaparte, Achill Fould, anzuspeien oder in derben Witzen zu bekritteln. Die Wahlurnen werden heute Abend 9 Uhr geschlossen und morgen geleert. Vor morgen Nachmittag läßt sich für Paris kein Resultat selbst auch nur annähernd angeben.

- General Piat, Chef der hiesigen Werbezunft für den "demokratischen Kaiser," erklärt den Brief für falsch, den man an Baraste, Redakteur der Republique, geschrieben: Sein Herr und Meister, der Prinz Louis Napoleon Bonaparte, gedenke die Wahl abzulehnen. Piat erklärte, daß es ihm gar nicht im Traum eingefallen, an die Republique zu schreiben; der Brief sei falsch etc. Bald darauf erschienen an allen Straßenecken blutrothe Plakate, die den Streich als die "schrecklichste Infamie" der neuesten Geschichte darstellten, dem der Prinz, unser kräftiger demokratischer Kaiser, als Opfer hätte fallen sollen.

Barraste, Hauptredakteur, erklärt in seinem heutigen Blatte, daß er den falschen Brief der Staatsanwaltschaft übergeben habe, um den Verfasser zu ermitteln.

- Mehrere demokratische Repräsentanten (Berg) begaben sich vorgestern zu Senard, um ihn zu fragen, wie er es mit den Mai- und Juniräubern rücksichtlich der Wahlen halten wolle? Man dürfe diese 11,000 Bürger doch unmöglich ihres Stimmrechts berauben u. s. w. Senard erwiderte ihnen, daß das Kabinet noch keinen Beschluß in dieser Hinsicht gefaßt habe.

- Der Goliath der Bourgeoisie, Marschall Bugeaud, richtet heute von den Mauern herab noch ein "letztes Wort" an die Pariser Bevölkerung, um sie zu beschwören, ihn und Hrn. Fould mit mehr Einstimmigkeit zu wählen, da er sonst die hereinbrechende rothe Republik nicht früh genug vertilgen könne.

- Am naivsten klingen die Arbeiterplakate. Wir wollen keine Royalisten, keine Pritchardisten, keine Imperialisten, sondern Socialisten - lautet unter Andern auch Eines - in die National-Versammlung wählen!

- Das fürchterliche Elend, namentlich unter dem weiblichen Proletariat, rief bekanntlich eine weibliche Nationalwerkstätte in der Rivolistraße (dem bekannten Hotel Sobrier), unter dem speziellen Schutz der Väter Jesu ins Leben.

Diesem jesuitischen Eifer gegenüber konnte unsere trikolore (National) Republik unmöglich müßig zuschauen. Die Gemahlinnen Cavaignac's, Marie's, Trouve Chauvels's, Lechevalier's, Goudchaux', Lamartine's, de Luynes, Lamoriciere's, Recurt's, Senard's, Tourret's und Verninhae's haben daher einen "Verein" gebildet, mit ungefähr folgenden Statuten:

1) Der Verein hat zum Zweck, Arbeiterinnen, die im Elend stecken, Beschäftigung zu geben, da er außer Stand ist, alle arbeitslosen Arbeiterinnen zu beschäftigen. 2) Die Arbeit wird in die Wohnung jeder Arbeiterin geschickt und zwar durch Vermittlung der Bezirks-Armenbüreau's oder der Vereinsangestellten. 3) Arbeiterinnen, die nicht nähen können, wird das Nähen gelehrt. 4) Um die Kosten dieser wahrhaft nationalen Rettungsanstalt aufzutreiben, werden schon seit einigen Tagen Lotteriebillets zu 1 Fr. wie saures Bier herumgeboten. "Das Kapital des Vereins, heißt es, besteht in der Privatmilde, in Baar oder Geschenken zur Verlosung."

* - "Unsere auswärtige Politik," sagt La Reforme, wird uns in nicht ferner Zukunft ruiniren, nachdem sie uns bereits um unsere Ehre gebracht. Aus den poetischen Meditationen Lamartine's wie ein schöner Traum aufgestiegen, hat sie den Krieg, diesen großen Meuchelmord zwischen ganzen Völkern, prostribirt, aber auch der Revolution den Todesstreich versetzt, indem sie alle jene gerechten Aufstände ohne Unterstützung ließ, die als eben so viele glückliche Diversionen unsere ewigen Feinde paralysirten und der neuen Politik volle Freiheit zum Handeln gestatteten."

- Gestern Abend fanden etwa achtzig Klubs statt. Der besuchteste war wohl der alte Barbes'sche Klub de la Revolution im Cafe Spectacle am Boulevard-Bonnes-Nouvelles. Der Saal, der etwa 4000 Menschen bequem faßt, war zum Ersticken voll. Darunter auch viele Frauen. An den Eingängen standen Kasten für Beiträge zur Unterstützung der Juniräuber. Eine Dame zog ihre goldene Uhr aus der Schärpe und legte sie unbemerkt auf den Kasten und entfernte sich stillschweigend. Der Proletarier, dem die Wache des Kastens anvertraut war, bittet heute die Geberin, sich über Verwendung der Uhr im Redaktionsbüreau des "Represenatut du Peuple" auszusprechen.

- Das Journal des Debats sagt: "Die deutsche Einheit darf nach uns nicht Centralisation heißen. Sie muß Förderation heißen. So viel von der politischen Form. Aber vorzüglich muß sie, wie sich in den Nationalliedern von 1813 ausspricht, Gefühl sein. Als Gefühl wird sie alle Gegenden durchdringen (elle sera partout, in der That!) und die regenerirte und die demokratisirte Förderation, die zu Frankfurt sitzen soll, wieder beleben. Als Centralisation wird sie Alles tödten. Trägt der Centralisationsgeist in Frankfurt den Sieg davon, so ist Deutschlands Werk verfehlt. Man wollte eine große Nation und ein großes Reich stiften (!) und man wird nur einen ephemeren Klub gegründet haben. (Wie brav! Der Artikel soll übrigens aus Frankfurt herrühren.)

- Der National hält den Sieg des Kommunismus in den Wahlen für sicher und grollt dem Constitutionnel und Siecle, daß sie nicht mehr Stimmeneinheit an den Tag gelegt hätten.

- Die Legitimisten waren bekanntlich die Ersten, die im Juni hinter den Barrikaden lauter Galeerensträflinge sahen - Lügen, von denen man weiß, wie schnell sie in ihr Nichts zerstoben. Wie aber geht es ihnen selbst? Ein unter Polizeiaufsicht stehender entlassener Sträfling wurde dieser Tage in Paris verhaftet; dieses Individuum, das unter allerlei Bezeichnungen, z. B. als Mitglied einer religiösen Bruderschaft, passirte und manche leichtgläubige Personen um bedeutende Summen geprellt hatte, trug eine Liste von "Personen, die sich für Heinrich V. verbunden haben", und worauf vierzig Namen aus alten Familien standen, so wie andere Papiere, die ihn als legitimistischen Agenten beglaubigten. Alle Papiere sind dem Prokurator der Republik überliefert worden.

- In Toulouse kreuzen sich die Fäden bedeutender legitimistischen Intriguen. Toulouse ist zum Centrum einer royalistischen Bewegung ersehen, die den ganzen Süden umfassen soll. Die Verzweigungen des Komplottes dehnen sich nach Beziers, Carcassonne, Montauban, Castelnaudary, Montpellier etc. aus. Ein alter Notar, Geschäftsträger des Adels und der Geistlichkeit, ist der Kassirer der Gesellschaft. Die schmählichsten Pamphlete gegen die Republik werden auf dem Lande kolportirt. Dies ist um so leichter, als fast alle Maires und Beamten aus der alten Zeit herrühren und ihre royalistischen Gesinnungen offen zur Schau tragen. Die "Verdets" des Südens, jene Leute, welche die royalistische Schreckensherrschaft 1815 im Süden organisirten, haben ihren Fanatismus und ihren unversöhnlichen Haß ihren Nachkommen überliefert. Wir machen die Regierung aufmerksam auf diese Umtriebe, die auf eine durchaus nicht vorurtheilsfreie Bevölkerung einwirken.

(La Republique.)

- In Savenay (Loire Inferieure) sind folgende Plakate affichirt gefunden worden:

"Es lebe Heinrich V.! Bauern, Er ist Eure einzige Hülfe! Möge Euch eine Nacht von diesen verhaßten Republikanern (patauds) befreien!"

"Eine Million Franken dem, der uns vom Communisten Cavaignac befreit! Heinrich V. wird vor dem 1. Oktober in Frankreich sein - es lebe Heinrich V.!"

(Republique.)

National-Versammlung. Sitzung vom 18. September. Marrast eröffnet Mittags 12 1/2 Uhr die Sitzung Tagesordnung: Verfassungsdebatte.

Francisque Bouvet, zum Vizepräsidenten des kosmopolitischen Kongresses in Brüssel erwählt, bittet um Urlaub.

Er erhält ihn.

Lamoriciere, Kriegsminister, ersucht die Versammlung, seinen berüchtigten Auswanderungsplan für 15,000 Familien nach Algerien für morgen auf die Tagesordnung zu setzen. (Von allen Bänken: Auf Freitag!) Der Minister dringt auf Eile und verläßt unwillig die Bühne.

Die Versammlung nimmt die Verfassungsdebatte beim Artikel V. auf, bei dem sie am Freitag stehen blieb, Derselbe lautet bekanntlich:

"Die Todesstrafe ist in politischen Dingen abgeschafft."

Pfarrer Coquerel möchte die Todesstrafe im Allgemeinen abgeschafft wissen.

Buvignier tritt dem Antrage Coquerels bei. Die juridischen Bedenken des letzten Redners Aylies, seine Theorie vom Einschüchterungssystem u. s. w. seien Ueberbleibsel einer barbarischen Vorzeit; man müsse den Verbrecher anders als durch Furcht vor Henker und Schaffot zu bessern suchen.

Seine Rede machte Eindruck.

Emil Leroux bekämpft die Coquerelsche Blutscheu. Die Gesellschaft sei bei Weitem noch nicht vorgerückt genug, um des Schaffots für gemeine Verbrecher zu entbehren. Für politische läßt er es bei Abschaffung des Köpfens bewenden. Der Redner beweist ziemlich ausführlich, daß man nicht im republikanischen Jahre IV. von Abschaffung der Todesstrafe geträumt habe; man habe dekretirt, sie nach dem Kriege abzuschaffen, allein der Krieg habe sich in die Länge gezogen und im Jahre X. habe man die Todesstrafe geradezu wieder dekretirt. Was wollt Ihr an die Stelle des Schaffots setzen? ruft der Redner Die Deportation? Das wäre gerade das wahre Mittel, um das Verbrechen zu ermuthigen. Die Aussicht auf ein grünes Eiland fehlte noch unsern Bösewichtern. (Murren zur Linken und der Ruf: Schluß! Schluß!)

Der Debattenschluß wird ausgesprochen und die Coquerelsche Philanthropie mit 498 gegen 216 Stimmen verworfen.

Lamoriciere, Kriegsminister, besteigt wieder die Bühne, um die Versammlung zu beschworen, seinen Auswanderungsplan morgen zu berathen. Er ist diesmal glücklicher und die Versammlung beschließt, den Plan morgen schon zu diskutiren.

Marrast: Wir kehren nun zu Artikel V. zurück, zu welchem Noirot den Zusatz stellt, "auch die entehrenden Strafen in politischen Prozessen abzuschaffen."

Woirhaye bekämpft diesen Zusatz im Namen des Ausschusses mit vielem Feuer. Ginge solch ein Zusatz durch, dann wären der Verschworungssucht ja alle Thüren und Riegel geöffnet. Dagegen muste jeder honnete Mann protestiren.

Das zog. Der Zusatz wird mit immenser Mehrheit verworfen.

Delludre, Isambert, Tibour, Allard stellen noch mehrere ähnliche Zusätze: "beleidigte Nation," "Revision des Strafgesetzes in 10 Jahren" etc, die aber Vivien bekämpft und durchfallen

Artikel V. wird in seiner ursprünglichen Fassung endlich angenommen.

Xavier Durrien will die Todesstrafe noch für einige Falle abgeschafft wissen.

Wird an die Ausschüsse gewiesen.

Artikel VI. Sklaverei-Abschaffung. Einstimmig angenommen.

Artikel 7. Jeder bekennt frei seine Religion und empfängt vom Staat, für Ausübung seines Kultus gleichen Schutz u. s. w. u. s. w.

Pierre Leroux will von keiner Staatsreligion etwas wissen.

Coquerel bekampft einige Ausdrücke des kommunistischen Philosophen. Es solle ja keine offizielle Religion gewährleistet werden.

Bourzat stellt einen langen Antrag rücksichtlich der Besoldung der Geistlichkeit, Kosten des Gottesdienstes ect.

Lavallee stellt den Antrag, Niemand dürfe gezwungen werden, für die Kultuskosten irgend welche Steuern zu zahlen. Die Republik bezahlt keine Geistlichen.

Buvinis stellt einen ähnlichen Antrag.

Alle diese Anträge werden verworfen.

Artikel 7 wird angenommen.

Artikel 8: "Die Burger haben das Recht sich zu vereinen, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, zu petitioniren und ihre Gedanken durch die Presse oder sonst wie zu äussern. Die Ausübung dieses Rechts hat keine anderen Gränzen als die Achtung vor dem Rechte Anderer und der öffentlichen Sicherheit. Die Presse darf in keinem Fall wieder unter Zensur gestellt werden."

Ex-Graf Montalembert schlägt hinter dem Worte "petitioniren" den Zusatz "und sich zu unterrichten" vor. Dieser Antrag führt den Chef der Jesuitischen Partei auf die Bühne. Er breitet mehrere Hefte vor sich aus und hält einen Vortrag (Die erste Hälfte seiner Rede) von 2 Stunden. Der Graf will Unterrichtsfreiheit - man weiß warum? Das Volk hat Hunger, sagt Ihr (zum Berge); Gut, gebt ihm Nahrung, aber kein Gift. Schlechte Journale und Bücher seien Gift (Lärm) Das Volk lese Proudhonsche Bücher aus denen es Gift schöpfe (Larm.) Die Gedanken des Volks lassen sich in zwei Worte zusammenfassen: Genießen und Verachten. Die Arbeit solle keine Mühe keine Strafe mehr sein, sondern Genuß.... (Flocon unterbricht heftig und wiederlegt die Definition energisch). Das allgemeine Stimmrecht reiche nicht aus, die Regierung müsse fester, das Volk moralisirt werden. Es werden ihm Verachtungen eingeflößt gegen alles Bestehende.... (Der zweite Theil wird um 6 Uhr auf morgen verschoben.) Die Versammlung geht auseinander.

Straßburg, 15. Sept.

Seit einigen Tagen mehrt sich die Zahl der Auswanderer nach Amerika wieder außerordentlich. Wohlhabende Familien aus dem Badischen, der Pfalz und Würtemberg ziehen nach der neuen Welt. Von Jahr zu Jahr gehen weniger arme Leute fort, denn die Ueberfahrtspreise sind etwas theurer geworden und der Einzug in Amerika soll mit dem Ausweis eines gewissen Vermögens verbunden sein. Diese Auswanderung wird um so bedenklicher, als sich nur wohlhabende Leute derselben bedienen, und die armen in dem übervölkerten Europa zurückbleiben. - Hecker wird in einigen Tagen nach Paris abreisen.

Großbritannien.
* London, 18. Sept.

In Folge der ungünstigen Nachrichten aus Irland hat die ganze Seemanschaft von Portsmouth Befehl erhalten, sich zu augenblicklicher Einschiffung in Bereitschaft zu halten. Nach Plymouth ging dieselbe Ordre. In Woolwich und Chatham herrscht ebenfalls große Bewegung unter dem Militär. Der Cyclop wird schon morgen nach Waterford in See gehen.

* London, 18. Sept.

Nach allen Berichten aus den Manufakturdistrikten zu urtheilen, hat sich die Lage unsers Handels bedeutend gebessert. Als die Februarrevolution ausbrach, arbeiteten in Manchester nur 153 Spinnereien die ganze Zeit; diese Zahl hat sich seitdem bis auf 184 gesteigert; die Zahl der kurze Zeit arbeitenden Manufakturen war 35 und hat sich seitdem bis auf 15 verringert. Ganz still standen damals 17, jetzt nur 9. Im Februar waren vollauf beschäftigt 33,296; jetzt 38,063 Arbeiter; kurze Zeit arbeiteten 3,659 Personen, jetzt nur 2,594. Die Zahl der ganz außer Arbeit gekommenen Leute, die damals 7,613 war, hat sich ebenfalls bedeutend verkleinert. - Wie groß indeß die Befürchtungen der Handelswelt in Folge der politischen Ereignisse in Frankreich, Deutschland und Italien sein mußten, kann man daraus schließen, daß z. B. der Export englischer Manufaktur-Waaren nach Frankreich in 1846 2,716,000 L. betrug, während nach sämmtlichen Westindischen Kolonien und nach Mauritius in demselben Jahre für 2,815,000 L. versandt wurden.

Der ganze Kontinentalhandel für britische Manufakturen betrug bisher nicht weniger als 26,671,203 L., was fast das Doppelte des englischen Exportes nach allen britischen Besitzungen, einschließlich Indien, ausmacht, und namentlich erst dann von Bedeutung erscheinen wird, wenn man bedenkt, daß der ganze britische Export nach allen Weltgegenden nur 57,786,876 L. beträgt. Wie gesagt, ist die Furcht vor Revolutionen aber jetzt sehr am schwinden, da man nach wie vor Bestellungen auf fast alle Artikel eintreffen sieht, und unwillkürlich kommt man daher auch auf die Idee, daß die Extravaganzen der Spekulation seiner Zeit dem Handel einen weit fühlbarern Stoß versetzten, als die jüngsten politischen Bewegungen.

* London, 18. Sept.

Die pariser Junirevolution wurde und wird nicht bloß von Blättern wie Times, Chronikle, Globe etc. zu Artikeln voller Schmähungen gegen die provisorische Regierung und die französische Demokratie überhaupt, namentlich aber gegen die proletarische Bewegung in Frankreich benutzt: sie wird jetzt von den Engländern in noch ganz anderer Weise ausgebeutet. Die Junirevolution liefert ihnen nicht allein Zeitungs-, sondern Handelsartikel. Es steht fest, daß ganz kürzlich eine Masse wohlbesetzter Kinnladen und einzelner Zähne, die den zu Paris erschossenen Juniinsurgenten ausgeschlagen worden, im hiesigen Hafen angelangt sind und bei den Dentisten reißenden Absatz gefunden haben. So werden die Gebiße von pariser Proletariern, die, weil sie wenig oder nichts zu beißen hatten, der Bourgeoisie eine 4tägige Schlacht lieferten, sehr bald den englischen Krämern oder Lords Roastbeef, Beefsteak etc. zermalmen helfen.

*

Der Vollziehungsrath der Chartisten spricht sich in seinem neuesten Cirkular u. a. wie folgt über die jetzige Lage Englands aus: "Das Volk dem Hunger preisgegeben, die Mittelklasse den Bankrutt nahe, die Reichen vor Wuth zitternd, der Winter, der für den Armen Schrecken und Tod bedeutet, vor der Thür: was ist zu thun, was soll geschehen? Das ist die Frage, die jeder denkende Mensch aufwirft. Die Whigs haben ihre Unfähigkeit, den aufgehäuften Leiden des Volkes abzuhelfen, klar an den Tag gelegt. Die Einnahmen mindern sich, die Ausgaben steigen, die Staatsschuld wächst, der Pauperismus macht täglich Fortschritte, die beiden Häuser des Parlaments sind eben so kurz- als selbstsüchtig. Das Alles sind ernste Gegenstände der Betrachtung. Wir haben indeß keine Hoffnung, daß die Lage des Volkes durch die jetzigen Machthaber verbessert werde. Wir haben den Sturm vorausgesehen und jetzt, wo er einherbraust, bedarf es erst recht unser Aller Anstrengungen, der größten Energie, des kräftigsten Zusammenwirkens, ehe wir die Charter als die neue Grundlage unseres politischen und sozialen Lebens durchsetzen. Aber durchsetzen werden wir sie, wenn Jedermann seine Pflicht thut.

Dublin, 17. Sept.

Die Insurgenten, die sich seit einigen Tagen wieder in ziemlich bedeutender Menge in der Gegend der Comeragh Berge (Waterford) gesammelt hatten, zerstreuen sich jetzt in Haufen von 40 bis 50 Mann durch die ganze Landschaft, indem sie die Erndte und die Heerden der Bauern gerade nicht schonen. Von Clonmel hörte man heute, daß das von Carrick ausgerückte Militär in Gemeinschaft mit einer starken Abtheilung Polizei, den herumziehenden Haufen hart auf den Fersen war. O'Mahony, der den Zug der Insurgenten kommandirte, entkam nur mit Mühe. Sein Pferd und viele Waffen seiner Leute fielen in die Hände des Militärs. So viel man weiß, rücken die Insurgenten jetzt wieder in die Gegend von Tipperary; sie sollen sich gut verproviantirt haben und vollständig bewaffnet sein. Durch alle diese Vorfälle ist die frühere Besorgniß unter dem besitzenden Theil der Bevölkerung zurückgekehrt und man fürchtet wieder, daß sich das Volk für seine letzte Niederlage rächen wird. Von vielen Seiten verlangt man daher die sofortige Proklamirung des Martialgesetzes.

Central-Amerika.
*

Die letzten Nachrichten, welche aus der Republik Guatemala nach Europa gelangt sind, enthalten lediglich Schilderungen des Bürgerkrieges, der dort je länger desto ärger wüthet. Die Regierungstruppen, vom General Carrera befehligt, sind bereits zu wiederholten Malen von den Insurgenten geschlagen worden. - Die Frage des Mosquitosgebiets tritt hinzu, um in den konföderirten Republiken von Mittel-Amerika die Aufregung nicht blos zu unterhalten, sondern täglich zu steigern. Die Engländer haben sich bekanntlich jenes Gebietes vollständig bemächtigt, indem sie einen Schattenkönig ins Leben riefen, unter dessen Firma sie die eigentlichen Herrscher sind. Die Republikaner von Central-Amerika begreifen die ganze Gefahr, welche ihnen aus der Nachbarschaft dieser schlauen, rücksichtslosen und habgierigen Krämer erwächst. Dies geht unter Andern aus einem vom Staate Honduras so eben veröffentlichten Manifeste hervor, in welchem die britische Habsucht und Perfidie dem Unwillen und Abscheu der ganzen civilisirten Welt denunzirt werden. Es dürften nicht viele Jahre vergehen, bis die Vereinigten-Staaten von diesen Verhältnissen zum Einschreiten Anlaß nehmen werden.

Italien.
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Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
Paris, 18. Sept.

Die Theilnahme an dem Wahlakt ist heute viel größer als im Juni. Auf den Boulevards St. Denis, St. Martin, an den lebhaftesten Straßenecken und fast auf allen öffentlichen Plätzen wird lebhaft diskutirt, doch erfahren wir bis jetzt nirgends, daß es zu Thätlichkeiten gekommen wäre. Die Arbeiter begnügen sich die rothen und gelben kolossalen Affischen der Herren Bugeaud, Girardin, Delessert, Bonaparte, Achill Fould, anzuspeien oder in derben Witzen zu bekritteln. Die Wahlurnen werden heute Abend 9 Uhr geschlossen und morgen geleert. Vor morgen Nachmittag läßt sich für Paris kein Resultat selbst auch nur annähernd angeben.

‒ General Piat, Chef der hiesigen Werbezunft für den „demokratischen Kaiser,“ erklärt den Brief für falsch, den man an Baraste, Redakteur der Republique, geschrieben: Sein Herr und Meister, der Prinz Louis Napoleon Bonaparte, gedenke die Wahl abzulehnen. Piat erklärte, daß es ihm gar nicht im Traum eingefallen, an die Republique zu schreiben; der Brief sei falsch etc. Bald darauf erschienen an allen Straßenecken blutrothe Plakate, die den Streich als die „schrecklichste Infamie“ der neuesten Geschichte darstellten, dem der Prinz, unser kräftiger demokratischer Kaiser, als Opfer hätte fallen sollen.

Barraste, Hauptredakteur, erklärt in seinem heutigen Blatte, daß er den falschen Brief der Staatsanwaltschaft übergeben habe, um den Verfasser zu ermitteln.

‒ Mehrere demokratische Repräsentanten (Berg) begaben sich vorgestern zu Senard, um ihn zu fragen, wie er es mit den Mai- und Juniräubern rücksichtlich der Wahlen halten wolle? Man dürfe diese 11,000 Bürger doch unmöglich ihres Stimmrechts berauben u. s. w. Senard erwiderte ihnen, daß das Kabinet noch keinen Beschluß in dieser Hinsicht gefaßt habe.

‒ Der Goliath der Bourgeoisie, Marschall Bugeaud, richtet heute von den Mauern herab noch ein „letztes Wort“ an die Pariser Bevölkerung, um sie zu beschwören, ihn und Hrn. Fould mit mehr Einstimmigkeit zu wählen, da er sonst die hereinbrechende rothe Republik nicht früh genug vertilgen könne.

‒ Am naivsten klingen die Arbeiterplakate. Wir wollen keine Royalisten, keine Pritchardisten, keine Imperialisten, sondern Socialisten ‒ lautet unter Andern auch Eines ‒ in die National-Versammlung wählen!

‒ Das fürchterliche Elend, namentlich unter dem weiblichen Proletariat, rief bekanntlich eine weibliche Nationalwerkstätte in der Rivolistraße (dem bekannten Hotel Sobrier), unter dem speziellen Schutz der Väter Jesu ins Leben.

Diesem jesuitischen Eifer gegenüber konnte unsere trikolore (National) Republik unmöglich müßig zuschauen. Die Gemahlinnen Cavaignac's, Marie's, Trouvé Chauvels's, Lechevalier's, Goudchaux', Lamartine's, de Luynes, Lamoricière's, Recurt's, Senard's, Tourret's und Verninhae's haben daher einen „Verein“ gebildet, mit ungefähr folgenden Statuten:

1) Der Verein hat zum Zweck, Arbeiterinnen, die im Elend stecken, Beschäftigung zu geben, da er außer Stand ist, alle arbeitslosen Arbeiterinnen zu beschäftigen. 2) Die Arbeit wird in die Wohnung jeder Arbeiterin geschickt und zwar durch Vermittlung der Bezirks-Armenbüreau's oder der Vereinsangestellten. 3) Arbeiterinnen, die nicht nähen können, wird das Nähen gelehrt. 4) Um die Kosten dieser wahrhaft nationalen Rettungsanstalt aufzutreiben, werden schon seit einigen Tagen Lotteriebillets zu 1 Fr. wie saures Bier herumgeboten. „Das Kapital des Vereins, heißt es, besteht in der Privatmilde, in Baar oder Geschenken zur Verlosung.“

* ‒ „Unsere auswärtige Politik,“ sagt La Reforme, wird uns in nicht ferner Zukunft ruiniren, nachdem sie uns bereits um unsere Ehre gebracht. Aus den poetischen Meditationen Lamartine's wie ein schöner Traum aufgestiegen, hat sie den Krieg, diesen großen Meuchelmord zwischen ganzen Völkern, prostribirt, aber auch der Revolution den Todesstreich versetzt, indem sie alle jene gerechten Aufstände ohne Unterstützung ließ, die als eben so viele glückliche Diversionen unsere ewigen Feinde paralysirten und der neuen Politik volle Freiheit zum Handeln gestatteten.“

‒ Gestern Abend fanden etwa achtzig Klubs statt. Der besuchteste war wohl der alte Barbès'sche Klub de la Revolution im Cafe Spectacle am Boulevard-Bonnes-Nouvelles. Der Saal, der etwa 4000 Menschen bequem faßt, war zum Ersticken voll. Darunter auch viele Frauen. An den Eingängen standen Kasten für Beiträge zur Unterstützung der Juniräuber. Eine Dame zog ihre goldene Uhr aus der Schärpe und legte sie unbemerkt auf den Kasten und entfernte sich stillschweigend. Der Proletarier, dem die Wache des Kastens anvertraut war, bittet heute die Geberin, sich über Verwendung der Uhr im Redaktionsbüreau des „Represenatut du Peuple“ auszusprechen.

‒ Das Journal des Debats sagt: „Die deutsche Einheit darf nach uns nicht Centralisation heißen. Sie muß Förderation heißen. So viel von der politischen Form. Aber vorzüglich muß sie, wie sich in den Nationalliedern von 1813 ausspricht, Gefühl sein. Als Gefühl wird sie alle Gegenden durchdringen (elle sera partout, in der That!) und die regenerirte und die demokratisirte Förderation, die zu Frankfurt sitzen soll, wieder beleben. Als Centralisation wird sie Alles tödten. Trägt der Centralisationsgeist in Frankfurt den Sieg davon, so ist Deutschlands Werk verfehlt. Man wollte eine große Nation und ein großes Reich stiften (!) und man wird nur einen ephemeren Klub gegründet haben. (Wie brav! Der Artikel soll übrigens aus Frankfurt herrühren.)

‒ Der National hält den Sieg des Kommunismus in den Wahlen für sicher und grollt dem Constitutionnel und Siecle, daß sie nicht mehr Stimmeneinheit an den Tag gelegt hätten.

‒ Die Legitimisten waren bekanntlich die Ersten, die im Juni hinter den Barrikaden lauter Galeerensträflinge sahen ‒ Lügen, von denen man weiß, wie schnell sie in ihr Nichts zerstoben. Wie aber geht es ihnen selbst? Ein unter Polizeiaufsicht stehender entlassener Sträfling wurde dieser Tage in Paris verhaftet; dieses Individuum, das unter allerlei Bezeichnungen, z. B. als Mitglied einer religiösen Bruderschaft, passirte und manche leichtgläubige Personen um bedeutende Summen geprellt hatte, trug eine Liste von „Personen, die sich für Heinrich V. verbunden haben“, und worauf vierzig Namen aus alten Familien standen, so wie andere Papiere, die ihn als legitimistischen Agenten beglaubigten. Alle Papiere sind dem Prokurator der Republik überliefert worden.

‒ In Toulouse kreuzen sich die Fäden bedeutender legitimistischen Intriguen. Toulouse ist zum Centrum einer royalistischen Bewegung ersehen, die den ganzen Süden umfassen soll. Die Verzweigungen des Komplottes dehnen sich nach Beziers, Carcassonne, Montauban, Castelnaudary, Montpellier etc. aus. Ein alter Notar, Geschäftsträger des Adels und der Geistlichkeit, ist der Kassirer der Gesellschaft. Die schmählichsten Pamphlete gegen die Republik werden auf dem Lande kolportirt. Dies ist um so leichter, als fast alle Maires und Beamten aus der alten Zeit herrühren und ihre royalistischen Gesinnungen offen zur Schau tragen. Die „Verdets“ des Südens, jene Leute, welche die royalistische Schreckensherrschaft 1815 im Süden organisirten, haben ihren Fanatismus und ihren unversöhnlichen Haß ihren Nachkommen überliefert. Wir machen die Regierung aufmerksam auf diese Umtriebe, die auf eine durchaus nicht vorurtheilsfreie Bevölkerung einwirken.

(La République.)

‒ In Savenay (Loire Inferieure) sind folgende Plakate affichirt gefunden worden:

„Es lebe Heinrich V.! Bauern, Er ist Eure einzige Hülfe! Möge Euch eine Nacht von diesen verhaßten Republikanern (patauds) befreien!“

Eine Million Franken dem, der uns vom Communisten Cavaignac befreit! Heinrich V. wird vor dem 1. Oktober in Frankreich sein ‒ es lebe Heinrich V.!“

(Republique.)

National-Versammlung. Sitzung vom 18. September. Marrast eröffnet Mittags 12 1/2 Uhr die Sitzung Tagesordnung: Verfassungsdebatte.

Francisque Bouvet, zum Vizepräsidenten des kosmopolitischen Kongresses in Brüssel erwählt, bittet um Urlaub.

Er erhält ihn.

Lamoriciere, Kriegsminister, ersucht die Versammlung, seinen berüchtigten Auswanderungsplan für 15,000 Familien nach Algerien für morgen auf die Tagesordnung zu setzen. (Von allen Bänken: Auf Freitag!) Der Minister dringt auf Eile und verläßt unwillig die Bühne.

Die Versammlung nimmt die Verfassungsdebatte beim Artikel V. auf, bei dem sie am Freitag stehen blieb, Derselbe lautet bekanntlich:

„Die Todesstrafe ist in politischen Dingen abgeschafft.“

Pfarrer Coquerel möchte die Todesstrafe im Allgemeinen abgeschafft wissen.

Buvignier tritt dem Antrage Coquerels bei. Die juridischen Bedenken des letzten Redners Aylies, seine Theorie vom Einschüchterungssystem u. s. w. seien Ueberbleibsel einer barbarischen Vorzeit; man müsse den Verbrecher anders als durch Furcht vor Henker und Schaffot zu bessern suchen.

Seine Rede machte Eindruck.

Emil Leroux bekämpft die Coquerelsche Blutscheu. Die Gesellschaft sei bei Weitem noch nicht vorgerückt genug, um des Schaffots für gemeine Verbrecher zu entbehren. Für politische läßt er es bei Abschaffung des Köpfens bewenden. Der Redner beweist ziemlich ausführlich, daß man nicht im republikanischen Jahre IV. von Abschaffung der Todesstrafe geträumt habe; man habe dekretirt, sie nach dem Kriege abzuschaffen, allein der Krieg habe sich in die Länge gezogen und im Jahre X. habe man die Todesstrafe geradezu wieder dekretirt. Was wollt Ihr an die Stelle des Schaffots setzen? ruft der Redner Die Deportation? Das wäre gerade das wahre Mittel, um das Verbrechen zu ermuthigen. Die Aussicht auf ein grünes Eiland fehlte noch unsern Bösewichtern. (Murren zur Linken und der Ruf: Schluß! Schluß!)

Der Debattenschluß wird ausgesprochen und die Coquerelsche Philanthropie mit 498 gegen 216 Stimmen verworfen.

Lamoriciere, Kriegsminister, besteigt wieder die Bühne, um die Versammlung zu beschworen, seinen Auswanderungsplan morgen zu berathen. Er ist diesmal glücklicher und die Versammlung beschließt, den Plan morgen schon zu diskutiren.

Marrast: Wir kehren nun zu Artikel V. zurück, zu welchem Noirot den Zusatz stellt, „auch die entehrenden Strafen in politischen Prozessen abzuschaffen.“

Woirhaye bekämpft diesen Zusatz im Namen des Ausschusses mit vielem Feuer. Ginge solch ein Zusatz durch, dann wären der Verschworungssucht ja alle Thüren und Riegel geöffnet. Dagegen muste jeder honnete Mann protestiren.

Das zog. Der Zusatz wird mit immenser Mehrheit verworfen.

Delludre, Isambert, Tibour, Allard stellen noch mehrere ähnliche Zusätze: „beleidigte Nation,“ „Revision des Strafgesetzes in 10 Jahren“ etc, die aber Vivien bekämpft und durchfallen

Artikel V. wird in seiner ursprünglichen Fassung endlich angenommen.

Xavier Durrien will die Todesstrafe noch für einige Falle abgeschafft wissen.

Wird an die Ausschüsse gewiesen.

Artikel VI. Sklaverei-Abschaffung. Einstimmig angenommen.

Artikel 7. Jeder bekennt frei seine Religion und empfängt vom Staat, für Ausübung seines Kultus gleichen Schutz u. s. w. u. s. w.

Pierre Leroux will von keiner Staatsreligion etwas wissen.

Coquerel bekampft einige Ausdrücke des kommunistischen Philosophen. Es solle ja keine offizielle Religion gewährleistet werden.

Bourzat stellt einen langen Antrag rücksichtlich der Besoldung der Geistlichkeit, Kosten des Gottesdienstes ect.

Lavallée stellt den Antrag, Niemand dürfe gezwungen werden, für die Kultuskosten irgend welche Steuern zu zahlen. Die Republik bezahlt keine Geistlichen.

Buvinis stellt einen ähnlichen Antrag.

Alle diese Anträge werden verworfen.

Artikel 7 wird angenommen.

Artikel 8: „Die Burger haben das Recht sich zu vereinen, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, zu petitioniren und ihre Gedanken durch die Presse oder sonst wie zu äussern. Die Ausübung dieses Rechts hat keine anderen Gränzen als die Achtung vor dem Rechte Anderer und der öffentlichen Sicherheit. Die Presse darf in keinem Fall wieder unter Zensur gestellt werden.“

Ex-Graf Montalembert schlägt hinter dem Worte „petitioniren“ den Zusatz „und sich zu unterrichten“ vor. Dieser Antrag führt den Chef der Jesuitischen Partei auf die Bühne. Er breitet mehrere Hefte vor sich aus und hält einen Vortrag (Die erste Hälfte seiner Rede) von 2 Stunden. Der Graf will Unterrichtsfreiheit ‒ man weiß warum? Das Volk hat Hunger, sagt Ihr (zum Berge); Gut, gebt ihm Nahrung, aber kein Gift. Schlechte Journale und Bücher seien Gift (Lärm) Das Volk lese Proudhonsche Bücher aus denen es Gift schöpfe (Larm.) Die Gedanken des Volks lassen sich in zwei Worte zusammenfassen: Genießen und Verachten. Die Arbeit solle keine Mühe keine Strafe mehr sein, sondern Genuß.... (Flocon unterbricht heftig und wiederlegt die Definition energisch). Das allgemeine Stimmrecht reiche nicht aus, die Regierung müsse fester, das Volk moralisirt werden. Es werden ihm Verachtungen eingeflößt gegen alles Bestehende.... (Der zweite Theil wird um 6 Uhr auf morgen verschoben.) Die Versammlung geht auseinander.

Straßburg, 15. Sept.

Seit einigen Tagen mehrt sich die Zahl der Auswanderer nach Amerika wieder außerordentlich. Wohlhabende Familien aus dem Badischen, der Pfalz und Würtemberg ziehen nach der neuen Welt. Von Jahr zu Jahr gehen weniger arme Leute fort, denn die Ueberfahrtspreise sind etwas theurer geworden und der Einzug in Amerika soll mit dem Ausweis eines gewissen Vermögens verbunden sein. Diese Auswanderung wird um so bedenklicher, als sich nur wohlhabende Leute derselben bedienen, und die armen in dem übervölkerten Europa zurückbleiben. ‒ Hecker wird in einigen Tagen nach Paris abreisen.

Großbritannien.
* London, 18. Sept.

In Folge der ungünstigen Nachrichten aus Irland hat die ganze Seemanschaft von Portsmouth Befehl erhalten, sich zu augenblicklicher Einschiffung in Bereitschaft zu halten. Nach Plymouth ging dieselbe Ordre. In Woolwich und Chatham herrscht ebenfalls große Bewegung unter dem Militär. Der Cyclop wird schon morgen nach Waterford in See gehen.

* London, 18. Sept.

Nach allen Berichten aus den Manufakturdistrikten zu urtheilen, hat sich die Lage unsers Handels bedeutend gebessert. Als die Februarrevolution ausbrach, arbeiteten in Manchester nur 153 Spinnereien die ganze Zeit; diese Zahl hat sich seitdem bis auf 184 gesteigert; die Zahl der kurze Zeit arbeitenden Manufakturen war 35 und hat sich seitdem bis auf 15 verringert. Ganz still standen damals 17, jetzt nur 9. Im Februar waren vollauf beschäftigt 33,296; jetzt 38,063 Arbeiter; kurze Zeit arbeiteten 3,659 Personen, jetzt nur 2,594. Die Zahl der ganz außer Arbeit gekommenen Leute, die damals 7,613 war, hat sich ebenfalls bedeutend verkleinert. ‒ Wie groß indeß die Befürchtungen der Handelswelt in Folge der politischen Ereignisse in Frankreich, Deutschland und Italien sein mußten, kann man daraus schließen, daß z. B. der Export englischer Manufaktur-Waaren nach Frankreich in 1846 2,716,000 L. betrug, während nach sämmtlichen Westindischen Kolonien und nach Mauritius in demselben Jahre für 2,815,000 L. versandt wurden.

Der ganze Kontinentalhandel für britische Manufakturen betrug bisher nicht weniger als 26,671,203 L., was fast das Doppelte des englischen Exportes nach allen britischen Besitzungen, einschließlich Indien, ausmacht, und namentlich erst dann von Bedeutung erscheinen wird, wenn man bedenkt, daß der ganze britische Export nach allen Weltgegenden nur 57,786,876 L. beträgt. Wie gesagt, ist die Furcht vor Revolutionen aber jetzt sehr am schwinden, da man nach wie vor Bestellungen auf fast alle Artikel eintreffen sieht, und unwillkürlich kommt man daher auch auf die Idee, daß die Extravaganzen der Spekulation seiner Zeit dem Handel einen weit fühlbarern Stoß versetzten, als die jüngsten politischen Bewegungen.

* London, 18. Sept.

Die pariser Junirevolution wurde und wird nicht bloß von Blättern wie Times, Chronikle, Globe etc. zu Artikeln voller Schmähungen gegen die provisorische Regierung und die französische Demokratie überhaupt, namentlich aber gegen die proletarische Bewegung in Frankreich benutzt: sie wird jetzt von den Engländern in noch ganz anderer Weise ausgebeutet. Die Junirevolution liefert ihnen nicht allein Zeitungs-, sondern Handelsartikel. Es steht fest, daß ganz kürzlich eine Masse wohlbesetzter Kinnladen und einzelner Zähne, die den zu Paris erschossenen Juniinsurgenten ausgeschlagen worden, im hiesigen Hafen angelangt sind und bei den Dentisten reißenden Absatz gefunden haben. So werden die Gebiße von pariser Proletariern, die, weil sie wenig oder nichts zu beißen hatten, der Bourgeoisie eine 4tägige Schlacht lieferten, sehr bald den englischen Krämern oder Lords Roastbeef, Beefsteak etc. zermalmen helfen.

*

Der Vollziehungsrath der Chartisten spricht sich in seinem neuesten Cirkular u. a. wie folgt über die jetzige Lage Englands aus: „Das Volk dem Hunger preisgegeben, die Mittelklasse den Bankrutt nahe, die Reichen vor Wuth zitternd, der Winter, der für den Armen Schrecken und Tod bedeutet, vor der Thür: was ist zu thun, was soll geschehen? Das ist die Frage, die jeder denkende Mensch aufwirft. Die Whigs haben ihre Unfähigkeit, den aufgehäuften Leiden des Volkes abzuhelfen, klar an den Tag gelegt. Die Einnahmen mindern sich, die Ausgaben steigen, die Staatsschuld wächst, der Pauperismus macht täglich Fortschritte, die beiden Häuser des Parlaments sind eben so kurz- als selbstsüchtig. Das Alles sind ernste Gegenstände der Betrachtung. Wir haben indeß keine Hoffnung, daß die Lage des Volkes durch die jetzigen Machthaber verbessert werde. Wir haben den Sturm vorausgesehen und jetzt, wo er einherbraust, bedarf es erst recht unser Aller Anstrengungen, der größten Energie, des kräftigsten Zusammenwirkens, ehe wir die Charter als die neue Grundlage unseres politischen und sozialen Lebens durchsetzen. Aber durchsetzen werden wir sie, wenn Jedermann seine Pflicht thut.

Dublin, 17. Sept.

Die Insurgenten, die sich seit einigen Tagen wieder in ziemlich bedeutender Menge in der Gegend der Comeragh Berge (Waterford) gesammelt hatten, zerstreuen sich jetzt in Haufen von 40 bis 50 Mann durch die ganze Landschaft, indem sie die Erndte und die Heerden der Bauern gerade nicht schonen. Von Clonmel hörte man heute, daß das von Carrick ausgerückte Militär in Gemeinschaft mit einer starken Abtheilung Polizei, den herumziehenden Haufen hart auf den Fersen war. O'Mahony, der den Zug der Insurgenten kommandirte, entkam nur mit Mühe. Sein Pferd und viele Waffen seiner Leute fielen in die Hände des Militärs. So viel man weiß, rücken die Insurgenten jetzt wieder in die Gegend von Tipperary; sie sollen sich gut verproviantirt haben und vollständig bewaffnet sein. Durch alle diese Vorfälle ist die frühere Besorgniß unter dem besitzenden Theil der Bevölkerung zurückgekehrt und man fürchtet wieder, daß sich das Volk für seine letzte Niederlage rächen wird. Von vielen Seiten verlangt man daher die sofortige Proklamirung des Martialgesetzes.

Central-Amerika.
*

Die letzten Nachrichten, welche aus der Republik Guatemala nach Europa gelangt sind, enthalten lediglich Schilderungen des Bürgerkrieges, der dort je länger desto ärger wüthet. Die Regierungstruppen, vom General Carrera befehligt, sind bereits zu wiederholten Malen von den Insurgenten geschlagen worden. ‒ Die Frage des Mosquitosgebiets tritt hinzu, um in den konföderirten Republiken von Mittel-Amerika die Aufregung nicht blos zu unterhalten, sondern täglich zu steigern. Die Engländer haben sich bekanntlich jenes Gebietes vollständig bemächtigt, indem sie einen Schattenkönig ins Leben riefen, unter dessen Firma sie die eigentlichen Herrscher sind. Die Republikaner von Central-Amerika begreifen die ganze Gefahr, welche ihnen aus der Nachbarschaft dieser schlauen, rücksichtslosen und habgierigen Krämer erwächst. Dies geht unter Andern aus einem vom Staate Honduras so eben veröffentlichten Manifeste hervor, in welchem die britische Habsucht und Perfidie dem Unwillen und Abscheu der ganzen civilisirten Welt denunzirt werden. Es dürften nicht viele Jahre vergehen, bis die Vereinigten-Staaten von diesen Verhältnissen zum Einschreiten Anlaß nehmen werden.

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        <head>Italien.</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 21. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 731.</bibl>                </note>
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              <author>*</author>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head>Paris, 18. Sept.</head>
          <p>Die Theilnahme an dem Wahlakt ist heute viel größer als im Juni. Auf den Boulevards St.       Denis, St. Martin, an den lebhaftesten Straßenecken und fast auf allen öffentlichen Plätzen       wird lebhaft diskutirt, doch erfahren wir bis jetzt nirgends, daß es zu Thätlichkeiten       gekommen wäre. Die Arbeiter begnügen sich die rothen und gelben kolossalen Affischen der       Herren Bugeaud, Girardin, Delessert, Bonaparte, Achill Fould, anzuspeien oder in derben Witzen       zu bekritteln. Die Wahlurnen werden heute Abend 9 Uhr geschlossen und morgen geleert. Vor       morgen Nachmittag läßt sich für Paris kein Resultat selbst auch nur annähernd angeben.</p>
          <p>&#x2012; General Piat, Chef der hiesigen Werbezunft für den &#x201E;demokratischen Kaiser,&#x201C; erklärt den       Brief für falsch, den man an Baraste, Redakteur der Republique, geschrieben: Sein Herr und       Meister, der Prinz Louis Napoleon Bonaparte, gedenke die Wahl abzulehnen. Piat erklärte, daß       es ihm gar nicht im Traum eingefallen, an die Republique zu schreiben; der Brief sei falsch       etc. Bald darauf erschienen an allen Straßenecken blutrothe Plakate, die den Streich als die       &#x201E;schrecklichste Infamie&#x201C; der neuesten Geschichte darstellten, dem der Prinz, unser kräftiger       demokratischer Kaiser, als Opfer hätte fallen sollen.</p>
          <p>Barraste, Hauptredakteur, erklärt in seinem heutigen Blatte, daß er den falschen Brief der       Staatsanwaltschaft übergeben habe, um den Verfasser zu ermitteln.</p>
          <p>&#x2012; Mehrere demokratische Repräsentanten (Berg) begaben sich vorgestern zu Senard, um ihn zu       fragen, wie er es mit den Mai- und Juniräubern rücksichtlich der Wahlen halten wolle? Man       dürfe diese 11,000 Bürger doch unmöglich ihres Stimmrechts berauben u. s. w. Senard erwiderte       ihnen, daß das Kabinet noch keinen Beschluß in dieser Hinsicht gefaßt habe.</p>
          <p>&#x2012; Der Goliath der Bourgeoisie, Marschall Bugeaud, richtet heute von den Mauern herab noch       ein &#x201E;letztes Wort&#x201C; an die Pariser Bevölkerung, um sie zu beschwören, ihn und Hrn. Fould mit       mehr Einstimmigkeit zu wählen, da er sonst die hereinbrechende rothe Republik nicht früh genug       vertilgen könne.</p>
          <p>&#x2012; Am naivsten klingen die Arbeiterplakate. Wir wollen keine Royalisten, keine       Pritchardisten, keine Imperialisten, sondern Socialisten &#x2012; lautet unter Andern auch Eines &#x2012; in       die National-Versammlung wählen!</p>
          <p>&#x2012; Das fürchterliche Elend, namentlich unter dem weiblichen Proletariat, rief bekanntlich       eine weibliche Nationalwerkstätte in der Rivolistraße (dem bekannten Hotel Sobrier), unter dem       speziellen Schutz der Väter Jesu ins Leben.</p>
          <p>Diesem jesuitischen Eifer gegenüber konnte unsere trikolore (National) Republik unmöglich       müßig zuschauen. Die Gemahlinnen Cavaignac's, Marie's, Trouvé Chauvels's, Lechevalier's,       Goudchaux', Lamartine's, de Luynes, Lamoricière's, Recurt's, Senard's, Tourret's und       Verninhae's haben daher einen &#x201E;Verein&#x201C; gebildet, mit ungefähr folgenden Statuten:</p>
          <p>1) Der Verein hat zum Zweck, Arbeiterinnen, die im Elend stecken, Beschäftigung zu geben, da       er außer Stand ist, alle arbeitslosen Arbeiterinnen zu beschäftigen. 2) Die Arbeit wird in die       Wohnung jeder Arbeiterin geschickt und zwar durch Vermittlung der Bezirks-Armenbüreau's oder       der Vereinsangestellten. 3) Arbeiterinnen, die nicht nähen können, wird das Nähen gelehrt. 4)       Um die Kosten dieser wahrhaft nationalen Rettungsanstalt aufzutreiben, werden schon seit       einigen Tagen Lotteriebillets zu 1 Fr. wie saures Bier herumgeboten. &#x201E;Das Kapital des Vereins,       heißt es, besteht in der Privatmilde, in Baar oder Geschenken zur Verlosung.&#x201C;</p>
          <p><bibl><author>*</author></bibl> &#x2012; &#x201E;Unsere auswärtige Politik,&#x201C; sagt La Reforme, wird uns in       nicht ferner Zukunft ruiniren, nachdem sie uns bereits um unsere Ehre gebracht. Aus den       poetischen Meditationen Lamartine's wie ein schöner Traum aufgestiegen, hat sie den Krieg,       diesen großen Meuchelmord zwischen ganzen Völkern, prostribirt, aber auch der Revolution den       Todesstreich versetzt, indem sie alle jene gerechten Aufstände ohne Unterstützung ließ, die       als eben so viele glückliche Diversionen unsere ewigen Feinde paralysirten und der neuen       Politik volle Freiheit zum Handeln gestatteten.&#x201C;</p>
          <p>&#x2012; Gestern Abend fanden etwa achtzig Klubs statt. Der besuchteste war wohl der alte       Barbès'sche Klub de la Revolution im Cafe Spectacle am Boulevard-Bonnes-Nouvelles. Der Saal,       der etwa 4000 Menschen bequem faßt, war zum Ersticken voll. Darunter auch viele Frauen. An den       Eingängen standen Kasten für Beiträge zur Unterstützung der Juniräuber. Eine Dame zog ihre       goldene Uhr aus der Schärpe und legte sie unbemerkt auf den Kasten und entfernte sich       stillschweigend. Der Proletarier, dem die Wache des Kastens anvertraut war, bittet heute die       Geberin, sich über Verwendung der Uhr im Redaktionsbüreau des &#x201E;Represenatut du Peuple&#x201C;       auszusprechen.</p>
          <p>&#x2012; Das Journal des Debats sagt: &#x201E;Die deutsche Einheit darf nach uns nicht Centralisation       heißen. Sie muß Förderation heißen. So viel von der politischen Form. Aber vorzüglich muß sie,       wie sich in den Nationalliedern von 1813 ausspricht, <hi rendition="#g">Gefühl</hi> sein. Als       Gefühl wird sie alle Gegenden durchdringen (elle sera partout, in der That!) und die       regenerirte und die demokratisirte Förderation, die zu Frankfurt sitzen soll, wieder beleben.       Als Centralisation wird sie Alles tödten. Trägt der Centralisationsgeist in Frankfurt den Sieg       davon, so ist Deutschlands Werk verfehlt. Man wollte eine große Nation und ein großes Reich       stiften (!) und man wird nur einen ephemeren Klub gegründet haben. (Wie brav! Der Artikel soll       übrigens aus Frankfurt herrühren.)</p>
          <p>&#x2012; Der National hält den Sieg des Kommunismus in den Wahlen für sicher und grollt dem       Constitutionnel und Siecle, daß sie nicht mehr Stimmeneinheit an den Tag gelegt hätten.</p>
          <p>&#x2012; Die Legitimisten waren bekanntlich die Ersten, die im Juni hinter den Barrikaden lauter       Galeerensträflinge sahen &#x2012; Lügen, von denen man weiß, wie schnell sie in ihr Nichts zerstoben.       Wie aber geht es ihnen selbst? Ein unter Polizeiaufsicht stehender entlassener Sträfling wurde       dieser Tage in Paris verhaftet; dieses Individuum, das unter allerlei Bezeichnungen, z. B. als       Mitglied einer religiösen Bruderschaft, passirte und manche leichtgläubige Personen um       bedeutende Summen geprellt hatte, trug eine Liste von &#x201E;Personen, die sich für Heinrich V.       verbunden haben&#x201C;, und worauf vierzig Namen aus alten Familien standen, so wie andere Papiere,       die ihn als legitimistischen Agenten beglaubigten. Alle Papiere sind dem Prokurator der       Republik überliefert worden.</p>
          <p>&#x2012; In Toulouse kreuzen sich die Fäden bedeutender legitimistischen Intriguen. Toulouse ist       zum Centrum einer royalistischen Bewegung ersehen, die den ganzen Süden umfassen soll. Die       Verzweigungen des Komplottes dehnen sich nach Beziers, Carcassonne, Montauban, Castelnaudary,       Montpellier etc. aus. Ein alter Notar, Geschäftsträger des Adels und der Geistlichkeit, ist       der Kassirer der Gesellschaft. Die schmählichsten Pamphlete gegen die Republik werden auf dem       Lande kolportirt. Dies ist um so leichter, als fast alle Maires und Beamten aus der alten Zeit       herrühren und ihre royalistischen Gesinnungen offen zur Schau tragen. Die &#x201E;Verdets&#x201C; des       Südens, jene Leute, welche die royalistische Schreckensherrschaft 1815 im Süden organisirten,       haben ihren Fanatismus und ihren unversöhnlichen Haß ihren Nachkommen überliefert. Wir machen       die Regierung aufmerksam auf diese Umtriebe, die auf eine durchaus nicht vorurtheilsfreie       Bevölkerung einwirken.</p>
          <p>(La République.)</p>
          <p>&#x2012; In Savenay (Loire Inferieure) sind folgende Plakate affichirt gefunden worden:</p>
          <p>&#x201E;Es lebe Heinrich V.! Bauern, Er ist Eure einzige Hülfe! Möge Euch eine Nacht von diesen       verhaßten Republikanern (patauds) befreien!&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Eine Million Franken</hi> dem, der uns vom Communisten Cavaignac       befreit! Heinrich V. wird vor dem 1. Oktober in Frankreich sein &#x2012; es lebe Heinrich V.!&#x201C;</p>
          <p>(Republique.)</p>
          <p><hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 18. September. Marrast eröffnet       Mittags 12 1/2 Uhr die Sitzung Tagesordnung: Verfassungsdebatte.</p>
          <p>Francisque Bouvet, zum Vizepräsidenten des kosmopolitischen Kongresses in Brüssel erwählt,       bittet um Urlaub.</p>
          <p>Er erhält ihn.</p>
          <p>Lamoriciere, Kriegsminister, ersucht die Versammlung, seinen berüchtigten Auswanderungsplan       für 15,000 Familien nach Algerien für morgen auf die Tagesordnung zu setzen. (Von allen       Bänken: Auf Freitag!) Der Minister dringt auf Eile und verläßt unwillig die Bühne.</p>
          <p>Die Versammlung nimmt die Verfassungsdebatte beim Artikel V. auf, bei dem sie am Freitag       stehen blieb, Derselbe lautet bekanntlich:</p>
          <p>&#x201E;Die Todesstrafe ist in politischen Dingen abgeschafft.&#x201C;</p>
          <p>Pfarrer Coquerel möchte die Todesstrafe im Allgemeinen abgeschafft wissen.</p>
          <p>Buvignier tritt dem Antrage Coquerels bei. Die juridischen Bedenken des letzten Redners       Aylies, seine Theorie vom Einschüchterungssystem u. s. w. seien Ueberbleibsel einer       barbarischen Vorzeit; man müsse den Verbrecher anders als durch Furcht vor Henker und Schaffot       zu bessern suchen.</p>
          <p>Seine Rede machte Eindruck.</p>
          <p>Emil Leroux bekämpft die Coquerelsche Blutscheu. Die Gesellschaft sei bei Weitem noch nicht       vorgerückt genug, um des Schaffots für gemeine Verbrecher zu entbehren. Für politische läßt er       es bei Abschaffung des Köpfens bewenden. Der Redner beweist ziemlich ausführlich, daß man       nicht im republikanischen Jahre IV. von Abschaffung der Todesstrafe geträumt habe; man habe       dekretirt, sie nach dem Kriege abzuschaffen, allein der Krieg habe sich in die Länge gezogen       und im Jahre X. habe man die Todesstrafe geradezu wieder dekretirt. Was wollt Ihr an die       Stelle des Schaffots setzen? ruft der Redner Die Deportation? Das wäre gerade das wahre       Mittel, um das Verbrechen zu ermuthigen. Die Aussicht auf ein grünes Eiland fehlte noch unsern       Bösewichtern. (Murren zur Linken und der Ruf: Schluß! Schluß!)</p>
          <p>Der Debattenschluß wird ausgesprochen und die Coquerelsche Philanthropie mit 498 gegen 216       Stimmen verworfen.</p>
          <p>Lamoriciere, Kriegsminister, besteigt wieder die Bühne, um die Versammlung zu beschworen,       seinen Auswanderungsplan morgen zu berathen. Er ist diesmal glücklicher und die Versammlung       beschließt, den Plan morgen schon zu diskutiren.</p>
          <p>Marrast: Wir kehren nun zu Artikel V. zurück, zu welchem Noirot den Zusatz stellt, &#x201E;auch die       entehrenden Strafen in politischen Prozessen abzuschaffen.&#x201C;</p>
          <p>Woirhaye bekämpft diesen Zusatz im Namen des Ausschusses mit vielem Feuer. Ginge solch ein       Zusatz durch, dann wären der Verschworungssucht ja alle Thüren und Riegel geöffnet. Dagegen       muste jeder honnete Mann protestiren.</p>
          <p>Das zog. Der Zusatz wird mit immenser Mehrheit verworfen.</p>
          <p>Delludre, Isambert, Tibour, Allard stellen noch mehrere ähnliche Zusätze: &#x201E;beleidigte       Nation,&#x201C; &#x201E;Revision des Strafgesetzes in 10 Jahren&#x201C; etc, die aber Vivien bekämpft und       durchfallen</p>
          <p>Artikel V. wird in seiner ursprünglichen Fassung endlich angenommen.</p>
          <p>Xavier Durrien will die Todesstrafe noch für einige Falle abgeschafft wissen.</p>
          <p>Wird an die Ausschüsse gewiesen.</p>
          <p>Artikel VI. Sklaverei-Abschaffung. Einstimmig angenommen.</p>
          <p>Artikel 7. Jeder bekennt frei seine Religion und empfängt vom Staat, für Ausübung seines       Kultus gleichen Schutz u. s. w. u. s. w.</p>
          <p>Pierre Leroux will von keiner Staatsreligion etwas wissen.</p>
          <p>Coquerel bekampft einige Ausdrücke des kommunistischen Philosophen. Es solle ja keine       offizielle Religion gewährleistet werden.</p>
          <p>Bourzat stellt einen langen Antrag rücksichtlich der Besoldung der Geistlichkeit, Kosten des       Gottesdienstes ect.</p>
          <p>Lavallée stellt den Antrag, Niemand dürfe gezwungen werden, für die Kultuskosten irgend       welche Steuern zu zahlen. Die Republik bezahlt keine Geistlichen.</p>
          <p>Buvinis stellt einen ähnlichen Antrag.</p>
          <p>Alle diese Anträge werden verworfen.</p>
          <p>Artikel 7 wird angenommen.</p>
          <p>Artikel 8: &#x201E;Die Burger haben das Recht sich zu vereinen, sich friedlich und ohne Waffen zu       versammeln, zu petitioniren und ihre Gedanken durch die Presse oder sonst wie zu äussern. Die       Ausübung dieses Rechts hat keine anderen Gränzen als die Achtung vor dem Rechte Anderer und       der öffentlichen Sicherheit. Die Presse darf in keinem Fall wieder unter Zensur gestellt       werden.&#x201C;</p>
          <p>Ex-Graf Montalembert schlägt hinter dem Worte &#x201E;petitioniren&#x201C; den Zusatz &#x201E;und sich zu       unterrichten&#x201C; vor. Dieser Antrag führt den Chef der Jesuitischen Partei auf die Bühne. Er       breitet mehrere Hefte vor sich aus und hält einen Vortrag (Die erste Hälfte seiner Rede) von 2       Stunden. Der Graf will Unterrichtsfreiheit &#x2012; man weiß warum? Das Volk hat Hunger, sagt Ihr       (zum Berge); Gut, gebt ihm Nahrung, aber kein Gift. Schlechte Journale und Bücher seien Gift       (Lärm) Das Volk lese Proudhonsche Bücher aus denen es Gift schöpfe (Larm.) Die Gedanken des       Volks lassen sich in zwei Worte zusammenfassen: Genießen und Verachten. Die Arbeit solle keine       Mühe keine Strafe mehr sein, sondern Genuß.... (Flocon unterbricht heftig und wiederlegt die       Definition energisch). Das allgemeine Stimmrecht reiche nicht aus, die Regierung müsse fester,       das Volk moralisirt werden. Es werden ihm Verachtungen eingeflößt gegen alles Bestehende....       (Der zweite Theil wird um 6 Uhr auf morgen verschoben.) Die Versammlung geht auseinander.</p>
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          <p>Seit einigen Tagen mehrt sich die Zahl der Auswanderer nach Amerika wieder außerordentlich.       Wohlhabende Familien aus dem Badischen, der Pfalz und Würtemberg ziehen nach der neuen Welt.       Von Jahr zu Jahr gehen weniger arme Leute fort, denn die Ueberfahrtspreise sind etwas theurer       geworden und der Einzug in Amerika soll mit dem Ausweis eines gewissen Vermögens verbunden       sein. Diese Auswanderung wird um so bedenklicher, als sich nur wohlhabende Leute derselben       bedienen, und die armen in dem übervölkerten Europa zurückbleiben. &#x2012; <hi rendition="#g">Hecker</hi> wird in einigen Tagen nach Paris abreisen.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 18. Sept.</head>
          <p>Nach allen Berichten aus den Manufakturdistrikten zu urtheilen, hat sich die Lage unsers       Handels bedeutend gebessert. Als die Februarrevolution ausbrach, arbeiteten in Manchester nur       153 Spinnereien die ganze Zeit; diese Zahl hat sich seitdem bis auf 184 gesteigert; die Zahl       der kurze Zeit arbeitenden Manufakturen war 35 und hat sich seitdem bis auf 15 verringert.       Ganz still standen damals 17, jetzt nur 9. Im Februar waren vollauf beschäftigt 33,296; jetzt       38,063 Arbeiter; kurze Zeit arbeiteten 3,659 Personen, jetzt nur 2,594. Die Zahl der ganz       außer Arbeit gekommenen Leute, die damals 7,613 war, hat sich ebenfalls bedeutend verkleinert.       &#x2012; Wie groß indeß die Befürchtungen der Handelswelt in Folge der politischen Ereignisse in       Frankreich, Deutschland und Italien sein mußten, kann man daraus schließen, daß z. B. der       Export englischer Manufaktur-Waaren nach Frankreich in 1846 2,716,000 L. betrug, während nach       sämmtlichen Westindischen Kolonien und nach Mauritius in demselben Jahre für 2,815,000 L.       versandt wurden.</p>
          <p>Der ganze Kontinentalhandel für britische Manufakturen betrug bisher nicht weniger als       26,671,203 L., was fast das Doppelte des englischen Exportes nach allen britischen       Besitzungen, einschließlich Indien, ausmacht, und namentlich erst dann von Bedeutung       erscheinen wird, wenn man bedenkt, daß der ganze britische Export nach allen Weltgegenden nur       57,786,876 L. beträgt. Wie gesagt, ist die Furcht vor Revolutionen aber jetzt sehr am       schwinden, da man nach wie vor Bestellungen auf fast alle Artikel eintreffen sieht, und       unwillkürlich kommt man daher auch auf die Idee, daß die Extravaganzen der Spekulation seiner       Zeit dem Handel einen weit fühlbarern Stoß versetzten, als die jüngsten politischen       Bewegungen.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 18. Sept.</head>
          <p>Die pariser Junirevolution wurde und wird nicht bloß von Blättern wie Times, Chronikle,       Globe etc. zu Artikeln voller Schmähungen gegen die provisorische Regierung und die       französische Demokratie überhaupt, namentlich aber gegen die proletarische Bewegung in       Frankreich benutzt: sie wird jetzt von den Engländern in noch ganz anderer Weise ausgebeutet.       Die Junirevolution liefert ihnen nicht allein Zeitungs-, sondern Handelsartikel. Es steht       fest, daß ganz kürzlich eine Masse wohlbesetzter Kinnladen und einzelner Zähne, die den zu       Paris erschossenen Juniinsurgenten ausgeschlagen worden, im hiesigen Hafen angelangt sind und       bei den Dentisten reißenden Absatz gefunden haben. So werden die Gebiße von pariser       Proletariern, die, weil sie wenig oder nichts zu beißen hatten, der Bourgeoisie eine 4tägige       Schlacht lieferten, sehr bald den englischen Krämern oder Lords Roastbeef, Beefsteak etc.       zermalmen helfen.</p>
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          <bibl>
            <author>*</author>
          </bibl>
          <p>Der Vollziehungsrath der Chartisten spricht sich in seinem neuesten Cirkular u. a. wie folgt       über die jetzige Lage Englands aus: &#x201E;Das Volk dem Hunger preisgegeben, die Mittelklasse den       Bankrutt nahe, die Reichen vor Wuth zitternd, der Winter, der für den Armen Schrecken und Tod       bedeutet, vor der Thür: was ist zu thun, was soll geschehen? Das ist die Frage, die jeder       denkende Mensch aufwirft. Die Whigs haben ihre Unfähigkeit, den aufgehäuften Leiden des Volkes       abzuhelfen, klar an den Tag gelegt. Die Einnahmen mindern sich, die Ausgaben steigen, die       Staatsschuld wächst, der Pauperismus macht täglich Fortschritte, die beiden Häuser des       Parlaments sind eben so kurz- als selbstsüchtig. Das Alles sind ernste Gegenstände der       Betrachtung. Wir haben indeß keine Hoffnung, daß die Lage des Volkes durch die jetzigen       Machthaber verbessert werde. Wir haben den Sturm vorausgesehen und jetzt, wo er einherbraust,       bedarf es erst recht unser Aller Anstrengungen, der größten Energie, des kräftigsten       Zusammenwirkens, ehe wir die Charter als die neue Grundlage unseres politischen und sozialen       Lebens durchsetzen. Aber durchsetzen werden wir sie, wenn Jedermann seine Pflicht thut.</p>
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          <head>Dublin, 17. Sept.</head>
          <p>Die Insurgenten, die sich seit einigen Tagen wieder in ziemlich bedeutender Menge in der       Gegend der Comeragh Berge (Waterford) gesammelt hatten, zerstreuen sich jetzt in Haufen von 40       bis 50 Mann durch die ganze Landschaft, indem sie die Erndte und die Heerden der Bauern gerade       nicht schonen. Von Clonmel hörte man heute, daß das von Carrick ausgerückte Militär in       Gemeinschaft mit einer starken Abtheilung Polizei, den herumziehenden Haufen hart auf den       Fersen war. O'Mahony, der den Zug der Insurgenten kommandirte, entkam nur mit Mühe. Sein Pferd       und viele Waffen seiner Leute fielen in die Hände des Militärs. So viel man weiß, rücken die       Insurgenten jetzt wieder in die Gegend von Tipperary; sie sollen sich gut verproviantirt haben       und vollständig bewaffnet sein. Durch alle diese Vorfälle ist die frühere Besorgniß unter dem       besitzenden Theil der Bevölkerung zurückgekehrt und man fürchtet wieder, daß sich das Volk für       seine letzte Niederlage rächen wird. Von vielen Seiten verlangt man daher die sofortige       Proklamirung des Martialgesetzes.</p>
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        <head>Central-Amerika.</head>
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          <bibl>
            <author>*</author>
          </bibl>
          <p>Die letzten Nachrichten, welche aus der Republik Guatemala nach Europa gelangt sind,       enthalten lediglich Schilderungen des Bürgerkrieges, der dort je länger desto ärger wüthet.       Die Regierungstruppen, vom General Carrera befehligt, sind bereits zu wiederholten Malen von       den Insurgenten geschlagen worden. &#x2012; Die Frage des Mosquitosgebiets tritt hinzu, um in den       konföderirten Republiken von Mittel-Amerika die Aufregung nicht blos zu unterhalten, sondern       täglich zu steigern. Die Engländer haben sich bekanntlich jenes Gebietes vollständig       bemächtigt, indem sie einen Schattenkönig ins Leben riefen, unter dessen Firma sie die       eigentlichen Herrscher sind. Die Republikaner von Central-Amerika begreifen die ganze Gefahr,       welche ihnen aus der Nachbarschaft dieser schlauen, rücksichtslosen und habgierigen Krämer       erwächst. Dies geht unter Andern aus einem vom Staate Honduras so eben veröffentlichten       Manifeste hervor, in welchem die britische Habsucht und Perfidie dem Unwillen und Abscheu der       ganzen civilisirten Welt denunzirt werden. Es dürften nicht viele Jahre vergehen, bis die       Vereinigten-Staaten von diesen Verhältnissen zum Einschreiten Anlaß nehmen werden.</p>
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[0539/0003] Italien. * _ Französische Republik. Paris, 18. Sept. Die Theilnahme an dem Wahlakt ist heute viel größer als im Juni. Auf den Boulevards St. Denis, St. Martin, an den lebhaftesten Straßenecken und fast auf allen öffentlichen Plätzen wird lebhaft diskutirt, doch erfahren wir bis jetzt nirgends, daß es zu Thätlichkeiten gekommen wäre. Die Arbeiter begnügen sich die rothen und gelben kolossalen Affischen der Herren Bugeaud, Girardin, Delessert, Bonaparte, Achill Fould, anzuspeien oder in derben Witzen zu bekritteln. Die Wahlurnen werden heute Abend 9 Uhr geschlossen und morgen geleert. Vor morgen Nachmittag läßt sich für Paris kein Resultat selbst auch nur annähernd angeben. ‒ General Piat, Chef der hiesigen Werbezunft für den „demokratischen Kaiser,“ erklärt den Brief für falsch, den man an Baraste, Redakteur der Republique, geschrieben: Sein Herr und Meister, der Prinz Louis Napoleon Bonaparte, gedenke die Wahl abzulehnen. Piat erklärte, daß es ihm gar nicht im Traum eingefallen, an die Republique zu schreiben; der Brief sei falsch etc. Bald darauf erschienen an allen Straßenecken blutrothe Plakate, die den Streich als die „schrecklichste Infamie“ der neuesten Geschichte darstellten, dem der Prinz, unser kräftiger demokratischer Kaiser, als Opfer hätte fallen sollen. Barraste, Hauptredakteur, erklärt in seinem heutigen Blatte, daß er den falschen Brief der Staatsanwaltschaft übergeben habe, um den Verfasser zu ermitteln. ‒ Mehrere demokratische Repräsentanten (Berg) begaben sich vorgestern zu Senard, um ihn zu fragen, wie er es mit den Mai- und Juniräubern rücksichtlich der Wahlen halten wolle? Man dürfe diese 11,000 Bürger doch unmöglich ihres Stimmrechts berauben u. s. w. Senard erwiderte ihnen, daß das Kabinet noch keinen Beschluß in dieser Hinsicht gefaßt habe. ‒ Der Goliath der Bourgeoisie, Marschall Bugeaud, richtet heute von den Mauern herab noch ein „letztes Wort“ an die Pariser Bevölkerung, um sie zu beschwören, ihn und Hrn. Fould mit mehr Einstimmigkeit zu wählen, da er sonst die hereinbrechende rothe Republik nicht früh genug vertilgen könne. ‒ Am naivsten klingen die Arbeiterplakate. Wir wollen keine Royalisten, keine Pritchardisten, keine Imperialisten, sondern Socialisten ‒ lautet unter Andern auch Eines ‒ in die National-Versammlung wählen! ‒ Das fürchterliche Elend, namentlich unter dem weiblichen Proletariat, rief bekanntlich eine weibliche Nationalwerkstätte in der Rivolistraße (dem bekannten Hotel Sobrier), unter dem speziellen Schutz der Väter Jesu ins Leben. Diesem jesuitischen Eifer gegenüber konnte unsere trikolore (National) Republik unmöglich müßig zuschauen. Die Gemahlinnen Cavaignac's, Marie's, Trouvé Chauvels's, Lechevalier's, Goudchaux', Lamartine's, de Luynes, Lamoricière's, Recurt's, Senard's, Tourret's und Verninhae's haben daher einen „Verein“ gebildet, mit ungefähr folgenden Statuten: 1) Der Verein hat zum Zweck, Arbeiterinnen, die im Elend stecken, Beschäftigung zu geben, da er außer Stand ist, alle arbeitslosen Arbeiterinnen zu beschäftigen. 2) Die Arbeit wird in die Wohnung jeder Arbeiterin geschickt und zwar durch Vermittlung der Bezirks-Armenbüreau's oder der Vereinsangestellten. 3) Arbeiterinnen, die nicht nähen können, wird das Nähen gelehrt. 4) Um die Kosten dieser wahrhaft nationalen Rettungsanstalt aufzutreiben, werden schon seit einigen Tagen Lotteriebillets zu 1 Fr. wie saures Bier herumgeboten. „Das Kapital des Vereins, heißt es, besteht in der Privatmilde, in Baar oder Geschenken zur Verlosung.“ * ‒ „Unsere auswärtige Politik,“ sagt La Reforme, wird uns in nicht ferner Zukunft ruiniren, nachdem sie uns bereits um unsere Ehre gebracht. Aus den poetischen Meditationen Lamartine's wie ein schöner Traum aufgestiegen, hat sie den Krieg, diesen großen Meuchelmord zwischen ganzen Völkern, prostribirt, aber auch der Revolution den Todesstreich versetzt, indem sie alle jene gerechten Aufstände ohne Unterstützung ließ, die als eben so viele glückliche Diversionen unsere ewigen Feinde paralysirten und der neuen Politik volle Freiheit zum Handeln gestatteten.“ ‒ Gestern Abend fanden etwa achtzig Klubs statt. Der besuchteste war wohl der alte Barbès'sche Klub de la Revolution im Cafe Spectacle am Boulevard-Bonnes-Nouvelles. Der Saal, der etwa 4000 Menschen bequem faßt, war zum Ersticken voll. Darunter auch viele Frauen. An den Eingängen standen Kasten für Beiträge zur Unterstützung der Juniräuber. Eine Dame zog ihre goldene Uhr aus der Schärpe und legte sie unbemerkt auf den Kasten und entfernte sich stillschweigend. Der Proletarier, dem die Wache des Kastens anvertraut war, bittet heute die Geberin, sich über Verwendung der Uhr im Redaktionsbüreau des „Represenatut du Peuple“ auszusprechen. ‒ Das Journal des Debats sagt: „Die deutsche Einheit darf nach uns nicht Centralisation heißen. Sie muß Förderation heißen. So viel von der politischen Form. Aber vorzüglich muß sie, wie sich in den Nationalliedern von 1813 ausspricht, Gefühl sein. Als Gefühl wird sie alle Gegenden durchdringen (elle sera partout, in der That!) und die regenerirte und die demokratisirte Förderation, die zu Frankfurt sitzen soll, wieder beleben. Als Centralisation wird sie Alles tödten. Trägt der Centralisationsgeist in Frankfurt den Sieg davon, so ist Deutschlands Werk verfehlt. Man wollte eine große Nation und ein großes Reich stiften (!) und man wird nur einen ephemeren Klub gegründet haben. (Wie brav! Der Artikel soll übrigens aus Frankfurt herrühren.) ‒ Der National hält den Sieg des Kommunismus in den Wahlen für sicher und grollt dem Constitutionnel und Siecle, daß sie nicht mehr Stimmeneinheit an den Tag gelegt hätten. ‒ Die Legitimisten waren bekanntlich die Ersten, die im Juni hinter den Barrikaden lauter Galeerensträflinge sahen ‒ Lügen, von denen man weiß, wie schnell sie in ihr Nichts zerstoben. Wie aber geht es ihnen selbst? Ein unter Polizeiaufsicht stehender entlassener Sträfling wurde dieser Tage in Paris verhaftet; dieses Individuum, das unter allerlei Bezeichnungen, z. B. als Mitglied einer religiösen Bruderschaft, passirte und manche leichtgläubige Personen um bedeutende Summen geprellt hatte, trug eine Liste von „Personen, die sich für Heinrich V. verbunden haben“, und worauf vierzig Namen aus alten Familien standen, so wie andere Papiere, die ihn als legitimistischen Agenten beglaubigten. Alle Papiere sind dem Prokurator der Republik überliefert worden. ‒ In Toulouse kreuzen sich die Fäden bedeutender legitimistischen Intriguen. Toulouse ist zum Centrum einer royalistischen Bewegung ersehen, die den ganzen Süden umfassen soll. Die Verzweigungen des Komplottes dehnen sich nach Beziers, Carcassonne, Montauban, Castelnaudary, Montpellier etc. aus. Ein alter Notar, Geschäftsträger des Adels und der Geistlichkeit, ist der Kassirer der Gesellschaft. Die schmählichsten Pamphlete gegen die Republik werden auf dem Lande kolportirt. Dies ist um so leichter, als fast alle Maires und Beamten aus der alten Zeit herrühren und ihre royalistischen Gesinnungen offen zur Schau tragen. Die „Verdets“ des Südens, jene Leute, welche die royalistische Schreckensherrschaft 1815 im Süden organisirten, haben ihren Fanatismus und ihren unversöhnlichen Haß ihren Nachkommen überliefert. Wir machen die Regierung aufmerksam auf diese Umtriebe, die auf eine durchaus nicht vorurtheilsfreie Bevölkerung einwirken. (La République.) ‒ In Savenay (Loire Inferieure) sind folgende Plakate affichirt gefunden worden: „Es lebe Heinrich V.! Bauern, Er ist Eure einzige Hülfe! Möge Euch eine Nacht von diesen verhaßten Republikanern (patauds) befreien!“ „Eine Million Franken dem, der uns vom Communisten Cavaignac befreit! Heinrich V. wird vor dem 1. Oktober in Frankreich sein ‒ es lebe Heinrich V.!“ (Republique.) National-Versammlung. Sitzung vom 18. September. Marrast eröffnet Mittags 12 1/2 Uhr die Sitzung Tagesordnung: Verfassungsdebatte. Francisque Bouvet, zum Vizepräsidenten des kosmopolitischen Kongresses in Brüssel erwählt, bittet um Urlaub. Er erhält ihn. Lamoriciere, Kriegsminister, ersucht die Versammlung, seinen berüchtigten Auswanderungsplan für 15,000 Familien nach Algerien für morgen auf die Tagesordnung zu setzen. (Von allen Bänken: Auf Freitag!) Der Minister dringt auf Eile und verläßt unwillig die Bühne. Die Versammlung nimmt die Verfassungsdebatte beim Artikel V. auf, bei dem sie am Freitag stehen blieb, Derselbe lautet bekanntlich: „Die Todesstrafe ist in politischen Dingen abgeschafft.“ Pfarrer Coquerel möchte die Todesstrafe im Allgemeinen abgeschafft wissen. Buvignier tritt dem Antrage Coquerels bei. Die juridischen Bedenken des letzten Redners Aylies, seine Theorie vom Einschüchterungssystem u. s. w. seien Ueberbleibsel einer barbarischen Vorzeit; man müsse den Verbrecher anders als durch Furcht vor Henker und Schaffot zu bessern suchen. Seine Rede machte Eindruck. Emil Leroux bekämpft die Coquerelsche Blutscheu. Die Gesellschaft sei bei Weitem noch nicht vorgerückt genug, um des Schaffots für gemeine Verbrecher zu entbehren. Für politische läßt er es bei Abschaffung des Köpfens bewenden. Der Redner beweist ziemlich ausführlich, daß man nicht im republikanischen Jahre IV. von Abschaffung der Todesstrafe geträumt habe; man habe dekretirt, sie nach dem Kriege abzuschaffen, allein der Krieg habe sich in die Länge gezogen und im Jahre X. habe man die Todesstrafe geradezu wieder dekretirt. Was wollt Ihr an die Stelle des Schaffots setzen? ruft der Redner Die Deportation? Das wäre gerade das wahre Mittel, um das Verbrechen zu ermuthigen. Die Aussicht auf ein grünes Eiland fehlte noch unsern Bösewichtern. (Murren zur Linken und der Ruf: Schluß! Schluß!) Der Debattenschluß wird ausgesprochen und die Coquerelsche Philanthropie mit 498 gegen 216 Stimmen verworfen. Lamoriciere, Kriegsminister, besteigt wieder die Bühne, um die Versammlung zu beschworen, seinen Auswanderungsplan morgen zu berathen. Er ist diesmal glücklicher und die Versammlung beschließt, den Plan morgen schon zu diskutiren. Marrast: Wir kehren nun zu Artikel V. zurück, zu welchem Noirot den Zusatz stellt, „auch die entehrenden Strafen in politischen Prozessen abzuschaffen.“ Woirhaye bekämpft diesen Zusatz im Namen des Ausschusses mit vielem Feuer. Ginge solch ein Zusatz durch, dann wären der Verschworungssucht ja alle Thüren und Riegel geöffnet. Dagegen muste jeder honnete Mann protestiren. Das zog. Der Zusatz wird mit immenser Mehrheit verworfen. Delludre, Isambert, Tibour, Allard stellen noch mehrere ähnliche Zusätze: „beleidigte Nation,“ „Revision des Strafgesetzes in 10 Jahren“ etc, die aber Vivien bekämpft und durchfallen Artikel V. wird in seiner ursprünglichen Fassung endlich angenommen. Xavier Durrien will die Todesstrafe noch für einige Falle abgeschafft wissen. Wird an die Ausschüsse gewiesen. Artikel VI. Sklaverei-Abschaffung. Einstimmig angenommen. Artikel 7. Jeder bekennt frei seine Religion und empfängt vom Staat, für Ausübung seines Kultus gleichen Schutz u. s. w. u. s. w. Pierre Leroux will von keiner Staatsreligion etwas wissen. Coquerel bekampft einige Ausdrücke des kommunistischen Philosophen. Es solle ja keine offizielle Religion gewährleistet werden. Bourzat stellt einen langen Antrag rücksichtlich der Besoldung der Geistlichkeit, Kosten des Gottesdienstes ect. Lavallée stellt den Antrag, Niemand dürfe gezwungen werden, für die Kultuskosten irgend welche Steuern zu zahlen. Die Republik bezahlt keine Geistlichen. Buvinis stellt einen ähnlichen Antrag. Alle diese Anträge werden verworfen. Artikel 7 wird angenommen. Artikel 8: „Die Burger haben das Recht sich zu vereinen, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, zu petitioniren und ihre Gedanken durch die Presse oder sonst wie zu äussern. Die Ausübung dieses Rechts hat keine anderen Gränzen als die Achtung vor dem Rechte Anderer und der öffentlichen Sicherheit. Die Presse darf in keinem Fall wieder unter Zensur gestellt werden.“ Ex-Graf Montalembert schlägt hinter dem Worte „petitioniren“ den Zusatz „und sich zu unterrichten“ vor. Dieser Antrag führt den Chef der Jesuitischen Partei auf die Bühne. Er breitet mehrere Hefte vor sich aus und hält einen Vortrag (Die erste Hälfte seiner Rede) von 2 Stunden. Der Graf will Unterrichtsfreiheit ‒ man weiß warum? Das Volk hat Hunger, sagt Ihr (zum Berge); Gut, gebt ihm Nahrung, aber kein Gift. Schlechte Journale und Bücher seien Gift (Lärm) Das Volk lese Proudhonsche Bücher aus denen es Gift schöpfe (Larm.) Die Gedanken des Volks lassen sich in zwei Worte zusammenfassen: Genießen und Verachten. Die Arbeit solle keine Mühe keine Strafe mehr sein, sondern Genuß.... (Flocon unterbricht heftig und wiederlegt die Definition energisch). Das allgemeine Stimmrecht reiche nicht aus, die Regierung müsse fester, das Volk moralisirt werden. Es werden ihm Verachtungen eingeflößt gegen alles Bestehende.... (Der zweite Theil wird um 6 Uhr auf morgen verschoben.) Die Versammlung geht auseinander. Straßburg, 15. Sept. Seit einigen Tagen mehrt sich die Zahl der Auswanderer nach Amerika wieder außerordentlich. Wohlhabende Familien aus dem Badischen, der Pfalz und Würtemberg ziehen nach der neuen Welt. Von Jahr zu Jahr gehen weniger arme Leute fort, denn die Ueberfahrtspreise sind etwas theurer geworden und der Einzug in Amerika soll mit dem Ausweis eines gewissen Vermögens verbunden sein. Diese Auswanderung wird um so bedenklicher, als sich nur wohlhabende Leute derselben bedienen, und die armen in dem übervölkerten Europa zurückbleiben. ‒ Hecker wird in einigen Tagen nach Paris abreisen. Großbritannien. * London, 18. Sept. In Folge der ungünstigen Nachrichten aus Irland hat die ganze Seemanschaft von Portsmouth Befehl erhalten, sich zu augenblicklicher Einschiffung in Bereitschaft zu halten. Nach Plymouth ging dieselbe Ordre. In Woolwich und Chatham herrscht ebenfalls große Bewegung unter dem Militär. Der Cyclop wird schon morgen nach Waterford in See gehen. * London, 18. Sept. Nach allen Berichten aus den Manufakturdistrikten zu urtheilen, hat sich die Lage unsers Handels bedeutend gebessert. Als die Februarrevolution ausbrach, arbeiteten in Manchester nur 153 Spinnereien die ganze Zeit; diese Zahl hat sich seitdem bis auf 184 gesteigert; die Zahl der kurze Zeit arbeitenden Manufakturen war 35 und hat sich seitdem bis auf 15 verringert. Ganz still standen damals 17, jetzt nur 9. Im Februar waren vollauf beschäftigt 33,296; jetzt 38,063 Arbeiter; kurze Zeit arbeiteten 3,659 Personen, jetzt nur 2,594. Die Zahl der ganz außer Arbeit gekommenen Leute, die damals 7,613 war, hat sich ebenfalls bedeutend verkleinert. ‒ Wie groß indeß die Befürchtungen der Handelswelt in Folge der politischen Ereignisse in Frankreich, Deutschland und Italien sein mußten, kann man daraus schließen, daß z. B. der Export englischer Manufaktur-Waaren nach Frankreich in 1846 2,716,000 L. betrug, während nach sämmtlichen Westindischen Kolonien und nach Mauritius in demselben Jahre für 2,815,000 L. versandt wurden. Der ganze Kontinentalhandel für britische Manufakturen betrug bisher nicht weniger als 26,671,203 L., was fast das Doppelte des englischen Exportes nach allen britischen Besitzungen, einschließlich Indien, ausmacht, und namentlich erst dann von Bedeutung erscheinen wird, wenn man bedenkt, daß der ganze britische Export nach allen Weltgegenden nur 57,786,876 L. beträgt. Wie gesagt, ist die Furcht vor Revolutionen aber jetzt sehr am schwinden, da man nach wie vor Bestellungen auf fast alle Artikel eintreffen sieht, und unwillkürlich kommt man daher auch auf die Idee, daß die Extravaganzen der Spekulation seiner Zeit dem Handel einen weit fühlbarern Stoß versetzten, als die jüngsten politischen Bewegungen. * London, 18. Sept. Die pariser Junirevolution wurde und wird nicht bloß von Blättern wie Times, Chronikle, Globe etc. zu Artikeln voller Schmähungen gegen die provisorische Regierung und die französische Demokratie überhaupt, namentlich aber gegen die proletarische Bewegung in Frankreich benutzt: sie wird jetzt von den Engländern in noch ganz anderer Weise ausgebeutet. Die Junirevolution liefert ihnen nicht allein Zeitungs-, sondern Handelsartikel. Es steht fest, daß ganz kürzlich eine Masse wohlbesetzter Kinnladen und einzelner Zähne, die den zu Paris erschossenen Juniinsurgenten ausgeschlagen worden, im hiesigen Hafen angelangt sind und bei den Dentisten reißenden Absatz gefunden haben. So werden die Gebiße von pariser Proletariern, die, weil sie wenig oder nichts zu beißen hatten, der Bourgeoisie eine 4tägige Schlacht lieferten, sehr bald den englischen Krämern oder Lords Roastbeef, Beefsteak etc. zermalmen helfen. * Der Vollziehungsrath der Chartisten spricht sich in seinem neuesten Cirkular u. a. wie folgt über die jetzige Lage Englands aus: „Das Volk dem Hunger preisgegeben, die Mittelklasse den Bankrutt nahe, die Reichen vor Wuth zitternd, der Winter, der für den Armen Schrecken und Tod bedeutet, vor der Thür: was ist zu thun, was soll geschehen? Das ist die Frage, die jeder denkende Mensch aufwirft. Die Whigs haben ihre Unfähigkeit, den aufgehäuften Leiden des Volkes abzuhelfen, klar an den Tag gelegt. Die Einnahmen mindern sich, die Ausgaben steigen, die Staatsschuld wächst, der Pauperismus macht täglich Fortschritte, die beiden Häuser des Parlaments sind eben so kurz- als selbstsüchtig. Das Alles sind ernste Gegenstände der Betrachtung. Wir haben indeß keine Hoffnung, daß die Lage des Volkes durch die jetzigen Machthaber verbessert werde. Wir haben den Sturm vorausgesehen und jetzt, wo er einherbraust, bedarf es erst recht unser Aller Anstrengungen, der größten Energie, des kräftigsten Zusammenwirkens, ehe wir die Charter als die neue Grundlage unseres politischen und sozialen Lebens durchsetzen. Aber durchsetzen werden wir sie, wenn Jedermann seine Pflicht thut. Dublin, 17. Sept. Die Insurgenten, die sich seit einigen Tagen wieder in ziemlich bedeutender Menge in der Gegend der Comeragh Berge (Waterford) gesammelt hatten, zerstreuen sich jetzt in Haufen von 40 bis 50 Mann durch die ganze Landschaft, indem sie die Erndte und die Heerden der Bauern gerade nicht schonen. Von Clonmel hörte man heute, daß das von Carrick ausgerückte Militär in Gemeinschaft mit einer starken Abtheilung Polizei, den herumziehenden Haufen hart auf den Fersen war. O'Mahony, der den Zug der Insurgenten kommandirte, entkam nur mit Mühe. Sein Pferd und viele Waffen seiner Leute fielen in die Hände des Militärs. So viel man weiß, rücken die Insurgenten jetzt wieder in die Gegend von Tipperary; sie sollen sich gut verproviantirt haben und vollständig bewaffnet sein. Durch alle diese Vorfälle ist die frühere Besorgniß unter dem besitzenden Theil der Bevölkerung zurückgekehrt und man fürchtet wieder, daß sich das Volk für seine letzte Niederlage rächen wird. Von vielen Seiten verlangt man daher die sofortige Proklamirung des Martialgesetzes. Central-Amerika. * Die letzten Nachrichten, welche aus der Republik Guatemala nach Europa gelangt sind, enthalten lediglich Schilderungen des Bürgerkrieges, der dort je länger desto ärger wüthet. Die Regierungstruppen, vom General Carrera befehligt, sind bereits zu wiederholten Malen von den Insurgenten geschlagen worden. ‒ Die Frage des Mosquitosgebiets tritt hinzu, um in den konföderirten Republiken von Mittel-Amerika die Aufregung nicht blos zu unterhalten, sondern täglich zu steigern. Die Engländer haben sich bekanntlich jenes Gebietes vollständig bemächtigt, indem sie einen Schattenkönig ins Leben riefen, unter dessen Firma sie die eigentlichen Herrscher sind. Die Republikaner von Central-Amerika begreifen die ganze Gefahr, welche ihnen aus der Nachbarschaft dieser schlauen, rücksichtslosen und habgierigen Krämer erwächst. Dies geht unter Andern aus einem vom Staate Honduras so eben veröffentlichten Manifeste hervor, in welchem die britische Habsucht und Perfidie dem Unwillen und Abscheu der ganzen civilisirten Welt denunzirt werden. Es dürften nicht viele Jahre vergehen, bis die Vereinigten-Staaten von diesen Verhältnissen zum Einschreiten Anlaß nehmen werden.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 108. Köln, 21. September 1848, S. 0539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz108_1848/3>, abgerufen am 21.11.2024.