Neue Rheinische Zeitung. Nr. 106. Köln, 19. September 1848. Beilage.Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Französische Republik. Paris, 15. Sept. Wie wir hören, ist gestern die Erklärung nach Wien abgegangen:"daß jede Bewegung gegen Venedig als ein Mediationsbruch betrachtet würde." - Der National enthält über die Ereignisse in Italien folgenden Artikel, der obiger Depesche als Erläuterung dienen kann: "Die in der Nationalversammlung gestern verbreitete Nachricht von der Einnahme Messinas hat sich leider bestätigt. Wir haben Details erhalten, die in dieser Hinsicht keinen Zweifel mehr gestatten. Messina ist genommen worden am 8., nach einem Kampfe von fünf Tagen. Die Befehlshaber der französischen und englischen Seekräfte haben Alles gethan, was ihnen zu thun möglich war, um den Gräueln dieses Kampfes vorzubeugen, oder sie zu besänftigen. 7000 Einwohner, großentheils Frauen und Kinder, haben unter der französischen Flagge Zuflucht gefunden. Wir erfahren gleichzeitig, daß der Vertreter Frankreichs in Neapel die neapolitanische Regierung eingeladen hat, sich auf die Besetzung Messinas zu beschränken; dermaßen, daß der Rest Siziliens, Palermo zum Beispiel, sich gegen jeden Angriff geschützt finde. Der Admiral Parker hat seinerseits, auf den Vorschlag des Admirals Baudin, dieselbe Einladung an die Neapolitaner gerichtet. Während sich diese traurigen Ereignisse in Sizilien zutrugen, ereignete sich ein anderer Vorfall von unbestreitbarer Wichtigkeit im adriatischen Meere: die sardinische Flotte verließ, sagt man, mit den Truppen Piemonts, die Gewässer Venedigs, das, nunmehr keinen Widerstand mehr findend, wieder von den Oestreichern besetzt würde. Wir glauben an diesen letztern Satz nicht. Der Waffenstillstandsvertrag zwischen Oestreich und Karl Albert stipulirt im Artikel 4., "daß die Truppen Sardiniens Venedig räumen würden", aber nirgends spricht man von östreichischer Wiederbesetzung. Bei Verträgen darf man in ihrer Auslegung nicht weiter gehen, als der Wortlaut besagt. Man darf ihm keine beliebige Deutung geben, außer dem, was ausdrücklich stipulirt ist. Man kam nicht überein, daß die Oestreicher wieder einrücken würden. Kraft des Völkerrechts ist es ihnen verboten, wieder einzurücken. Doch wir haben uns nicht einmal um die Auslegung des Waffenstillstands zu kümmern. Derselbe ist von Frankreich in der That nie anerkannt worden. Der Waffenstillstand, den Frankreich vorschlug und den Oestreich insofern genehmigte als es die Mediation annahm, der er zum Ausgangspunkt diente, dieser Waffenstillstand etablirte den status quo. Es geht aus ihm hervor, daß nichts durfte geändert werden an der Lage der kriegführenden Parteien seit dem Tage der Mediationsannahme bis zum Abschluß der ringeleiteten Verhandlung. Daß sich die Sardinier, wenn es ihnen beliebt, aus Venedig zurückziehen, dagegen können wir uns nicht opponiren; aber wir können nicht dulden, daß Oestreich diesen Rückzug benutze, um die uns gegenüber unterschriebenen Bedingungen zu brechen. Es ist also unmöglich, anzunehmen, daß Venedig von den östreichischen Truppen besetzt ist. Ein doppelter Grund steht dieser Annahme entgegen. Ehe Oestreich zu diesem Aeußersten schritte, würde es gewiß sehr bald einsehen, daß es sich selbst widerspräche. Indem es die Mediation annahm, wollte es ein ernstliches Pfand den friedlichen Gesinnungen Europas einsetzen, wenigstens glaubten wir dies. Wie wollte Oestreich seinen offen ausgesprochenen Friedenswunsch mit dieser Handlung direkten Angriffs vereinbaren, die nicht blos gegen ihre italienischen Gegner, sondern vorzüglich gegen die beiden Mächte gerichtet wäre, die zwischen den beiden kriegführenden Theilen intervenirten? - In Elbeuf sind Arbeiterunruhen ausgebrochen. Sie scheinen so ernster Natur, daß der dortige Maire gestern Vormittag hier eintraf und sich zum Minister des Innern begab, der sofort einen außerordentlichen Kabinetsrath berief. Details fehlen. Aus mehreren andern Fabrikorten laufen ähnliche Hiobsposten ein. Ein Hauptgrund für diese allgemeine Gährung liegt in dem Eifer, mit welchem die Nationalversammlung alle sozialistischen Februar-Anfänge wieder einreißt. - Um Mitternacht wurden die Wahllisten geschlossen. Dürfen wir einer Indiskretion trauen, so stimmte das gesammte Pariser Militär nebst mehreren Provinzial- und algierischen Regimentern wie Ein Mann für Bugeaud, Louis Napoleon und Cabet. - Sarrans, Mitglied der Nationalversammlung geht mit einer diplomatischen Tendenz nach dem Orient. - Ein Dekret im Moniteur vom 15. Sept. schafft die Krone über dem Ordensstern der Ehrenlegion ab, und verordnet außerdem die alte Inschrift ihres Gründers: "Bonaparte, premier consul, 19. Mai 1802 (einer Seits), Republique francaise, honneur et patric (anderer Seits). Spielereien! ... wie Clement Thomas in der Nationalversammlung ausrief. - Mehreren der bekreuzten Mobilen ist vom Kommandeur ihres Gardekorps der Befehl zugegangen, die berüchtigten Bälle im Chateau Rouge, Mabille, Jardin d'hiver, Chateau des Fleurs etc. nicht mehr zu besuchen, weil ihr gemeines Betragen den Orden auf ihrer Brust wenig Ehre mache und ernste Klagen eingelaufen. Einige andere Dekorirte sitzen wegen Diebstahls im Gefängniß. Wieder Andere haben ihre Ordenssterne in Weinkneipen versetzt oder als Pfand zurücklassen müssen. - Baudon, einer der Chefs des bekannten Bankhauses und lange Zeit Regent der Bank de France, der als großer Finanzmann galt, ist vorige Nacht gestorben Nächst Gonie machte er die meisten Geschäfte mit dem Pariser Kleinhandel, stellte sie aber gleich seinem Concurrenten nach dem 24. Febr. plötzlich ein. - Louis Blanc widerlegt in einem Briefe an den Redakteur der Reforme die Gerüchte, angebliche Gemeinschaft mit Louis Bonaparte, dem sogenannten Prätendenten etc. zu haben. - Der Berg beabsichtigt, sagt man, eine eklatante Revange für die Gemeinheiten des Finanzministers Goudchaur in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung zu nehmen. - Es liegen den Ausschüssen der Nationalversammlung in diesem Augenblick drei Vorschläge vor, die das gesammte Proletariat interessiren. Sie wurden 1) von Proudhon, 2)Loiset, 3) Tonrnet, Handels- und Ackerbauminister, gemacht. Wir werden darauf zurückkommen. De La Moricieres Kolonisationsplan Algeriens hat im Ausschusse, der sein Gutachten darüber abgab, einige wichtige Aenderungen erlitten. Der Gegenstand ist wichtig. Es handelt sich um das Glück von 15,000 Proletarier-Familien (im Ganzen um 60,000 Kolonisten), wahrscheinlich beginnt die Diskussion morgen Nationalversammlung. Sitzung vom 15. September. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Gleich nach Eröffnung wird folgender Antrag der katholisch sozialistischen Repräsentanten Waldeck Rousseau, B. Considerant, Fallour, Sibour, Roux Lavergne, Valette, Pierre Leroux und Montalembert vertheilt: "An Sonn- und gesetzlich festgestellten Feiertagen darf in Werkstätten, Fabriken und Manufakturen nicht mehr gearbeitet werden. Diese Verordnung findet jedoch keine Anwendung in Fabriken mit immerwährender Feuerkraft (a feu continu.) Ebensowenig darf sie in Fällen angewandt werden, wo die Verwaltungsreglements ein Ueberschreiten der 12 Stunden gestatten etc. An der Tagesordnung ist das Mathieu-Glais-Bizoinsche Amendement zur Verfassungseinleitung. Odilon Barrot verlangt einen Urlaub für seinen Bruder Ferdinand Barrot in Algierschen Kolonisations- und Familien-Angelegenheiten. Bewilligt. Dufaure im Namen des Verfassungsausschusses. Derselbe habe sich diesen Morgen versammelt und den Beschluß gefaßt, alle Zusätze zurückzuweisen, die zur ersten Hälfte des § 8. der Einleitung rücksichtlich des positiven Arbeitsrechts gestellt worden sind und noch gestellt werden könnten. An ihrer Stelle habe den Ausschuß folgende Fassung entworfen: "Die Republik soll der Bürger in seiner Person, Familie, Religion, Eigenthum und Arbeit beschützen und ihn in Stand setzen, sich den allen Menschen nöthigen Unterricht zu verschaffen. Sie soll durch brüderliche Unterstützung die Existenz hülfsbedürftiger Bürger sichern, sei es indem sie ihnen Arbeit giebt, nach Maaßgabe ihrer Quellen, sei es daß sie in Ermangelung von Familien denjenigen Hülfe gewährt, die arbeitsunfähig sind." Diese neue Redaktionsweise wird angenommen; die gefährliche erste Hälfte des § 8. somit erledigt. Zur zweiten Hälfte sind mehrere Amendements gestellt, die jedoch Vivien bekämpft. Rour Carbonnel und Puysegur stellen folgenden Nachtrag: "Die Nat.-Versamml. erklärt daß dieser Grund-Pakt nicht früher in Kraft tritt, als nachdem er vom Volke genehmigt ist, das zu diesem Zweck in Ur-Versammlungen durch geheime Abstimmung mit Ja und Nein zu entscheiden hat. Dieser Nachtrag, der ein Veto in sich birgt, ruft eine stürmische Diskussion hervor Ledru-Rollin unterstützt ihn, möchte ihn jedoch ans Ende der Verfassung stellen. Chapot bekämpft diesen Einwand und findet den Antrag besser vorn am Platz. Detours schlägt ein andere Fassung vor, die aber Martin (der Straßburger) im Namen des Verfassungsausschusses bekämpft. Man ruft rechts: Schluß! Schluß! Der Berg dringt auf Abstimmung durch Zettel. Dies geschieht und der Tod des Vetos, d. h. die Question prealable wird mit 543 gegen 180 Stimmen ausgesprochen. Deslongrais legt das Ausschußgutachten über die neue Salzsteuergesetzgebung auf den Präsidialtisch (Die Einleitung ist angenommen). Marrast: Jetzt gehen wir zur Berathung der eigentlichen Verfassung über. Er liest: Erstes Kapitel. Von der Souverainetät. "Artikel I. Die Souverainetät sitzt in der Gesammtheit der französischen Bürger. Sie ist unveräußerlich und unbeschränkbar. Kein Individuum, kein Theil des Volks kann sich deren Ausübung aneignen" Pierre Lerour erhält das Wort. Jeder Volksvertreter, beweist er zuerst, habe das Recht, einen schriftlichen Vortrag zu halten. Die neuliche Protestation gegen ihn zerfalle also in nichts. Bezüglich des Verfassungs § selbst habe er nur wenig zu sagen. Verfassungen dürften nicht nach einer methodischen Ordnung gemacht werde. Was heiße das, die Souverainetät sitze in der Gesammtheit aller Bürger? "Das sei Trug und Unsinn." Ebenso der Rest. Die Souverainetät übt ja doch nur die Gewalt, die man Staat nenne und die Presse. Er schlägt folgende Fassung vor. "Die Souverainetät gehört keinem Fürsten oder Kaiser noch einer Kaste oder Klasse, sie ist in jedem Burger, in Jedermann. Die Presse ist ein Ausdruck (Lerine, der Souverainetät." (Lärm, ja Tumult folgt diesem Amendement.) Es wird verworfen. Pierre Lefranc trägt dann darauf an, aus dem ersten Kapitel das zweite zu machen. Vivien bekämpft diesen Antrag Lefranc's. Er wird verworfen. Huor beantragt einen langschweifigen Zusatz. Wird verworfen. Das Kapitel I. ist angenommen. Kapitel II lautet: "Niemand darf arretirt oder gefangen gesetzt werden ausser nach den Vorschriften der Gesetze. Isambert sieht keine genügende Gewähr für die persönliche Freiheit hierin. Dabour schlägt ein Anhängsel vor, Dusaure bekämpft es. Kapitel II. wird angenommen. Artikel 3 und 4 werden ohne wesentliche Debatte angenommen. Artikel 5 wird dagegen stark debattirt. Er handelt bekanntlich von der Todesstrafe und lautet; "Die Todesstrafe ist in politischen Dingen abgeschafft." Coquerel, Pfarrer, trägt auf Streichung der Worte "in politischen Dingen" an. Er will die Abschaffung im Allgemeinen. Lagrange, Victor Hugo, Tracy und Laboulie unterstützen die Absicht dieses philantroischen Seelsorgers. Ayles bekämpft sie. Unser Gefängniß- (Zellen-) Wesen sei noch nicht vollständig genug. Er will das Beil nur für politische und Liebesverbrechen abgeschafft wissen. Sein Vortrag erregt Mißfallen. Freslon erklärt das Köpfen für eine sociale Nothwendigkeit. (Murren.) Viele Gesetzgebungsversammlungen hätten die Todesstrafe schon abgeschafft und sich gezwungen gesehen, sie immer wieder einzuführen. Derjenige, der Blut vergießt, dessen Blut müsse wieder vergossen werden. Das öffentliche Gewissen verlange dies. Man erinnere sich nur an die Ermordung des Generals Breda. (Agitation in verschiedenem Sinne.) Das Volk strafe ja sogar die Diebe mit dem Tode. (Widerspruch zur Linken.) Es würden ohne die Furcht vor dem Schaffot viel mehr Verbrechen verübt werden (Denegation vom Berge. Beistimmung zur Rechten). Dampierre, Wolowski und Favre eilen zugleich auf die Bühne. Ersterer behauptet sich darauf und spricht einige Worte, die aber der Ruf: Schluß! Schluß! Nein! Nein! übertaubt. Der Berg will die Diskussion fortgesetzt wissen Marrast läßt abstimmen. Der Berg siegt. Die Debatte über die Todesstrafe wird demnach am Montage fortgesetzt. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. National-Versammlung. Sitzung vom 16. September. Vizepräsident Pagnerre eröffnet um 1 Uhr die Sitzung. Er zeigt der Versammlung den Tod ihres Kollegen Darragon an. An der Tagesordnung befinden sich zunächst Supplementar-Kredite für 1847. Nach ihrer Erledigung erhält Base das Wort, um Interpellationen an den Minister des Innern zu richten. Heute früh, beginnt er, habe der National einen Artikel gebracht, der eine Thatsache von hoher Wichtigkeit enthalte. (Die schrecklichen Junikämpfe, lautet dieser Artikel Die Verbreitung gewisser sozialistischer Lehren, die Lage des Handels und das öffentliche Elend rufen in gewissen Departements einen blinden Widerstand gegen das republikanische Prinzip hervor. Es scheint, General Cavaignac habe es für nöthig geglaubt, eine Maßregel zu ergreifen, deren Zweck sei, die Departements über die wahren Gesinnungen der National-Versammlung und der Regierung aufzuklären und dadurch die irregeführten Meinungen wieder zu gewinnen. Eine Anzahl Repräsentanten habe sich zu diesem Zweck beim Konfeilpräsidenten diesen Morgen versammelt und sei von ihm gebeten worden, eine Sendung in die Departements anzunehmen. Diese Sendung solle ganz versohnender Natur und gleichzeitig zum Zweck haben, die Regierung vom wahren Zustand der Meinungen und Verwaltung in den Departements zu unterrichten). Der Redner verlangt Aufklärung über dieses Faktum vom Minister. Senard, Minister des Innern, erwidert, die Regierung mache keinen Journalen Mittheilungen. (Doch, doch! dem National) Der National ist ihr eben so fremd wie alle andern. (Ah!) Was das von ihm angeregte Faktum betrifft, so ist dasselbe insofern wahr, als die Regierung wirklich die republikanische Fahne in allen Gegenden geachtet und geliebt sehen möchte. Sie hat sich daher entschlossen, mit den Departementsbeamten in genaue Verbindung zu setzen und eine General-Inspektion aller Verwaltungsbehörden verordnet. Sie muß wissen, was im Lande vorgeht und ob ihre Verordnungen genau befolgt werden. Nur auf diese Weise könne Vertrauen erwachen. [Stimme: Dafür sind wir ja hier! Sie haben die National-Versammlung!] Ohne Zweifel ist die National-Versammlung Alles für uns; eben darum wollen wir durch ihre Glieder mit dem Lande vermitteln. [Lärm. Stimme: Ihr wollt Späher ins Land senden, um Euch zu berichten] Auf derartige Unterbrechungsstürme war ich nicht gefaßt. Jeder von uns begreift, daß wir den eigentlichen Zustand der Geister nicht mehr kennen; seit 6 Monaten befinden wir uns aus der Heimath entfernt und die brieflichen Mittheilungen widersprechen sich in allen Richtungen. Unter diesen Umständen und bei den Gährungen auf dem platten Lande, halten wir es nöthig Emissäre zu schicken, die uns berichten und das Land beschwichtigen. Die National-Versammlung selbst verlieh ja der Regierung das Recht, einzelne ihrer Glieder zu verschicken. Nichts scheint also natürlicher, als der Versammlung vorzuschlagen, uns einige ihrer Glieder beizugesellen. [Stimme: Das ist eine Koterie!] Ich höre von Koterien, das befremdet mich um so mehr, als ja die Wahl der Emissaire noch nicht getroffen. [Ah! Ah! Allons dons! Fürchterliche Unterbrechung]. Der Minister harrt lange auf der Tribüne, ohne ein Wort sprechen zu können. Der Tumult erdrückt ihn, endlich hören wir ihn noch die Versicherung aussprechen, daß diese Sendungen nur bestimmt seien, um das Vertrauen in die Zukunft beim Landbürger zu wecken. Er tritt ab. Base: Die Thatsache ist also wahr! Ich begreife die Fürsorge der Regierung, sie ist noch neu und stößt auf Revolten. Aber hat ihr denn unser Rath und Beistand je gefehlt? Warum müssen wir ihre wichtigsten Entschlüsse zuerst in Journalen lesen? Viele im Saale erfahren das Faktum sicher erst durch meine Interpellation. Warum sich nur an Einzelne von uns wenden? Wenn es sich um das Heil der Republik handelt, müsset Ihr Minister Euch zuerst an uns Alle wenden. (Tumult.) Diese Sendungen werden nur eine gewisse polit. Farbe tragen. (Neuer Tumult.) Ihre Folgen werden traurig sein. Sarrans, obgleich er erst durch die Debatte die Maaßregel erfährt, billigt sie. Fallour schlägt vor, die ministrielle Maaßregel einer Commission zu begutachten zu überweisen. Senard verlangt unbedingtes Vertrauen und bekämpft diese Ueberweisung. Während seiner ganzen Rede verrieth die Versammlung die unzweideutigsten Beweise des Mißbehagens. Der Minister wiederholt am Schlusse, daß die Maaßregel durchaus nöthig. Die Lage des Landes erheische sie. Er begibt sich in großer Wallung auf den Platz. Marie, Justizminister, besteigt die Bühne und erklärt, daß die Regierung aus der Maaßregel eine Kabinitsfrage mache. Er trägt darauf an, durch Abstimmung zur Tagesordnung zu schreiten. Dieser Erklärung folgt eine unbeschreiblich Aufregung. Aus allen Richtungen drängen sich die Repräsentanten zu den Ministerbänken Man schreit von allen Seiten. Besonders Cavaignac wird heftig interpellirt. Das Gedränge ist fürchterlich. Alle Minister erheben sich und gehen aus dem Saale. De la Moriciere setzt seinen Hut mit Heftigkeit im Saale auf und, die um ihn stehenden Interpellanten zurückweisend, folgt er zornig seinen Kollegen. Pause. Zahlreiche Gruppen. Die Minister kehren nach einer langen Weile in den Saal zurück. Marrast erscheint auf der Bühne. Der Lärm läßt ihn nicht zu Worten kommen. Er schwenkt einen Zettel in der Hand und liest endlich: Ich schlage folgenden Antrag vor: "Die Nationalversammlung schreitet nach den angehörten Explikationen und der Vollziehungsgewalt, die Würdigung der beabsichtigten Maaßregel überlassend, zur Tagesordnung." Dieser Antrag geht nach 2maliger Abstimmung durch. Pagnerre will die Sitzung noch fortsetzen. Aber die Versammlung trennt sich schon um 5 ein halb Uhr in großer Aufregung. Diese Sitzung hat die Macht der Regierung gebrochen. Großbritannien. * London, 16. Sept. Der neue Aufstandsversuch in Irland ist, wie sich erwarten ließ, schnell unterdrückt worden. Die irischen Journale geben die Liste der Geschwornen, die in dem Prozesse S. O'Brien und Genossen fungiren werden. Diese Liste, in welcher sich auf 22 Geschworne nur 4 Katholiken befinden, ist aus den großen Grundbesitzern der Grafschaft zusammengesetzt. Ludwig Napoleon hat sich in Southampton nach Havre eingeschifft. Portugal. * Lissabon, 10. Sept. Man befürchtet, auch hier die Cholera binnen Kurzem ausbrechen zu sehen. Deshalb sind neue Quarantaine-Bestimmungen getroffen worden. Die hiesige Regierung dringt auf Abänderungen des Handelsvertrags mit England vom Jahr 1842 und hat dem Lord Palmerston darüber Eröffnungen zugehen lassen. Amerika. * In Liverpool ist die "Cambria" mit Nachrichten aus New-York vom 30. Aug. angelangt. Die Präsidentschaftsfrage ist der vorherrschende Gegenstand der Besprechung in allen Theilen der Union. Im Südwesten wird eine Landexpedition nach der Sierra Madre vorbereitet. Aus Mexiko die Nachricht, daß der Paredes'sche Aufstand vollständig unterdrückt ist. Der mexikanische Kongreß beschäftigte sich mit dem Tarif; er wird mehrere Zölle herabsetzen, namentlich die auf Baumwolle aus den vereinigten Staaten. Die amerikanischen Journale wollen wissen, daß in Jamaica ein Negeraufstand vorgekommen, bei welchem viele Schwarze getödtet worden. Nachtrag. !!! Frankfurt, 17. Sept. Frühe um 2 1/2 Uhr. Gestern nach dem Schluß der Nationalversammlung sammelte sich die vereinigte Linke im "Deutschen Hof." Man berieth darüber, aus der Versammlung auszutreten, ein neues Vorparlament zu bilden und sich permanent zu erklären. - Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Das Volk kam in Massen herbei, Blum und Simon aus Trier sprachen und verlangten vom Volke Zeit zur Beschlußnahme. Die Massen zerstreuten sich. Es kamen Deputationen von allen demokratischen Vereinen und vom Arbeiterverein Frankfurt's, welche überall versammelt waren. Die Deputationen aller Vereine einhellig verlangten Austritt der Linken aus der Nationalversammlung und Bildung eines neuen Parlaments. Benedey sprach zur Mäßigung. Schlöffel, Wesendonk, Simon von Trier verlangten die Erfüllung des Volkswillens. Es kamen neue Abgeordnete mit der Nachricht von Unruhen in der Stadt. Rösler von Oels, indem er verkündigt, daß man soeben vor Westendhall, dem englischen Hof u. s. w. demolirt, verlangt, man soll sich nicht übereilen, Morgen in Ruhe einen so wichtigen Beschluß besprechen. Doch verspricht er sich der Majorität zu unterwerfen. Während seiner Worte hört man draußen Generalmarsch schlagen. Die Aufregung steigt. Man beschließt schnell für Morgen um 3 Uhr eine große Volksversammlung auf der Pfingstweide, und für Morgen Abend Fortsetzung der Berathung über den Austritt. Auf die Nachricht von dem Beschluß der Volksversammlung werden alle Orte aus der Umgegend noch in der Nacht durch Deputationen eingeladen, Riesenplakate angeschlagen. !!! Frankfurt, 17. Sept. Berichtigung. In meinem gestrigen Bericht lesen Sie, daß der Exminister Heckscher zur Ordnung gerufen wurde, weil er gesagt: man hätte nicht den Muth, Preußen ein Mißtrauensvotum zu geben. Der Ordnungsruf hat seine Richtigkeit, aber das "Warum" ist falsch. Der Exminister warf der linken Seite des Hauses vor: das Volk zu Aufruhr anzureizen; deshalb wurde er zur Ordnung verwiesen. Der fortwährende Tumult, der die Rede des Exministers begleitete, war Grund dieses Mißverständnisses. Auch ist wohl zu merken, daß der Abgeordnete Waiz (auch ein Schleswig-Holsteiner) trotz seiner ausgezeichneten Rede für die Verwerfung, bei der Abstimmung für die Annahme stimmte. Compes, Bürgers, Stedtmann und Konsorten stimmten für Annahme. Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material] Der Gerant: Korff. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Französische Republik. Paris, 15. Sept. Wie wir hören, ist gestern die Erklärung nach Wien abgegangen:„daß jede Bewegung gegen Venedig als ein Mediationsbruch betrachtet würde.“ ‒ Der National enthält über die Ereignisse in Italien folgenden Artikel, der obiger Depesche als Erläuterung dienen kann: „Die in der Nationalversammlung gestern verbreitete Nachricht von der Einnahme Messinas hat sich leider bestätigt. Wir haben Details erhalten, die in dieser Hinsicht keinen Zweifel mehr gestatten. Messina ist genommen worden am 8., nach einem Kampfe von fünf Tagen. Die Befehlshaber der französischen und englischen Seekräfte haben Alles gethan, was ihnen zu thun möglich war, um den Gräueln dieses Kampfes vorzubeugen, oder sie zu besänftigen. 7000 Einwohner, großentheils Frauen und Kinder, haben unter der französischen Flagge Zuflucht gefunden. Wir erfahren gleichzeitig, daß der Vertreter Frankreichs in Neapel die neapolitanische Regierung eingeladen hat, sich auf die Besetzung Messinas zu beschränken; dermaßen, daß der Rest Siziliens, Palermo zum Beispiel, sich gegen jeden Angriff geschützt finde. Der Admiral Parker hat seinerseits, auf den Vorschlag des Admirals Baudin, dieselbe Einladung an die Neapolitaner gerichtet. Während sich diese traurigen Ereignisse in Sizilien zutrugen, ereignete sich ein anderer Vorfall von unbestreitbarer Wichtigkeit im adriatischen Meere: die sardinische Flotte verließ, sagt man, mit den Truppen Piemonts, die Gewässer Venedigs, das, nunmehr keinen Widerstand mehr findend, wieder von den Oestreichern besetzt würde. Wir glauben an diesen letztern Satz nicht. Der Waffenstillstandsvertrag zwischen Oestreich und Karl Albert stipulirt im Artikel 4., „daß die Truppen Sardiniens Venedig räumen würden“, aber nirgends spricht man von östreichischer Wiederbesetzung. Bei Verträgen darf man in ihrer Auslegung nicht weiter gehen, als der Wortlaut besagt. Man darf ihm keine beliebige Deutung geben, außer dem, was ausdrücklich stipulirt ist. Man kam nicht überein, daß die Oestreicher wieder einrücken würden. Kraft des Völkerrechts ist es ihnen verboten, wieder einzurücken. Doch wir haben uns nicht einmal um die Auslegung des Waffenstillstands zu kümmern. Derselbe ist von Frankreich in der That nie anerkannt worden. Der Waffenstillstand, den Frankreich vorschlug und den Oestreich insofern genehmigte als es die Mediation annahm, der er zum Ausgangspunkt diente, dieser Waffenstillstand etablirte den status quo. Es geht aus ihm hervor, daß nichts durfte geändert werden an der Lage der kriegführenden Parteien seit dem Tage der Mediationsannahme bis zum Abschluß der ringeleiteten Verhandlung. Daß sich die Sardinier, wenn es ihnen beliebt, aus Venedig zurückziehen, dagegen können wir uns nicht opponiren; aber wir können nicht dulden, daß Oestreich diesen Rückzug benutze, um die uns gegenüber unterschriebenen Bedingungen zu brechen. Es ist also unmöglich, anzunehmen, daß Venedig von den östreichischen Truppen besetzt ist. Ein doppelter Grund steht dieser Annahme entgegen. Ehe Oestreich zu diesem Aeußersten schritte, würde es gewiß sehr bald einsehen, daß es sich selbst widerspräche. Indem es die Mediation annahm, wollte es ein ernstliches Pfand den friedlichen Gesinnungen Europas einsetzen, wenigstens glaubten wir dies. Wie wollte Oestreich seinen offen ausgesprochenen Friedenswunsch mit dieser Handlung direkten Angriffs vereinbaren, die nicht blos gegen ihre italienischen Gegner, sondern vorzüglich gegen die beiden Mächte gerichtet wäre, die zwischen den beiden kriegführenden Theilen intervenirten? ‒ In Elbeuf sind Arbeiterunruhen ausgebrochen. Sie scheinen so ernster Natur, daß der dortige Maire gestern Vormittag hier eintraf und sich zum Minister des Innern begab, der sofort einen außerordentlichen Kabinetsrath berief. Details fehlen. Aus mehreren andern Fabrikorten laufen ähnliche Hiobsposten ein. Ein Hauptgrund für diese allgemeine Gährung liegt in dem Eifer, mit welchem die Nationalversammlung alle sozialistischen Februar-Anfänge wieder einreißt. ‒ Um Mitternacht wurden die Wahllisten geschlossen. Dürfen wir einer Indiskretion trauen, so stimmte das gesammte Pariser Militär nebst mehreren Provinzial- und algierischen Regimentern wie Ein Mann für Bugeaud, Louis Napoleon und Cabet. ‒ Sarrans, Mitglied der Nationalversammlung geht mit einer diplomatischen Tendenz nach dem Orient. ‒ Ein Dekret im Moniteur vom 15. Sept. schafft die Krone über dem Ordensstern der Ehrenlegion ab, und verordnet außerdem die alte Inschrift ihres Gründers: „Bonaparte, premier consul, 19. Mai 1802 (einer Seits), République francaise, honneur et patric (anderer Seits). Spielereien! … wie Clement Thomas in der Nationalversammlung ausrief. ‒ Mehreren der bekreuzten Mobilen ist vom Kommandeur ihres Gardekorps der Befehl zugegangen, die berüchtigten Bälle im Chateau Rouge, Mabille, Jardin d'hiver, Chateau des Fleurs etc. nicht mehr zu besuchen, weil ihr gemeines Betragen den Orden auf ihrer Brust wenig Ehre mache und ernste Klagen eingelaufen. Einige andere Dekorirte sitzen wegen Diebstahls im Gefängniß. Wieder Andere haben ihre Ordenssterne in Weinkneipen versetzt oder als Pfand zurücklassen müssen. ‒ Baudon, einer der Chefs des bekannten Bankhauses und lange Zeit Regent der Bank de France, der als großer Finanzmann galt, ist vorige Nacht gestorben Nächst Gonie machte er die meisten Geschäfte mit dem Pariser Kleinhandel, stellte sie aber gleich seinem Concurrenten nach dem 24. Febr. plötzlich ein. ‒ Louis Blanc widerlegt in einem Briefe an den Redakteur der Reforme die Gerüchte, angebliche Gemeinschaft mit Louis Bonaparte, dem sogenannten Prätendenten etc. zu haben. ‒ Der Berg beabsichtigt, sagt man, eine eklatante Revange für die Gemeinheiten des Finanzministers Goudchaur in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung zu nehmen. ‒ Es liegen den Ausschüssen der Nationalversammlung in diesem Augenblick drei Vorschläge vor, die das gesammte Proletariat interessiren. Sie wurden 1) von Proudhon, 2)Loiset, 3) Tonrnet, Handels- und Ackerbauminister, gemacht. Wir werden darauf zurückkommen. De La Moricieres Kolonisationsplan Algeriens hat im Ausschusse, der sein Gutachten darüber abgab, einige wichtige Aenderungen erlitten. Der Gegenstand ist wichtig. Es handelt sich um das Glück von 15,000 Proletarier-Familien (im Ganzen um 60,000 Kolonisten), wahrscheinlich beginnt die Diskussion morgen Nationalversammlung. Sitzung vom 15. September. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Gleich nach Eröffnung wird folgender Antrag der katholisch sozialistischen Repräsentanten Waldeck Rousseau, B. Considerant, Fallour, Sibour, Roux Lavergne, Valette, Pierre Leroux und Montalembert vertheilt: „An Sonn- und gesetzlich festgestellten Feiertagen darf in Werkstätten, Fabriken und Manufakturen nicht mehr gearbeitet werden. Diese Verordnung findet jedoch keine Anwendung in Fabriken mit immerwährender Feuerkraft (a feu continu.) Ebensowenig darf sie in Fällen angewandt werden, wo die Verwaltungsreglements ein Ueberschreiten der 12 Stunden gestatten etc. An der Tagesordnung ist das Mathieu-Glais-Bizoinsche Amendement zur Verfassungseinleitung. Odilon Barrot verlangt einen Urlaub für seinen Bruder Ferdinand Barrot in Algierschen Kolonisations- und Familien-Angelegenheiten. Bewilligt. Dufaure im Namen des Verfassungsausschusses. Derselbe habe sich diesen Morgen versammelt und den Beschluß gefaßt, alle Zusätze zurückzuweisen, die zur ersten Hälfte des § 8. der Einleitung rücksichtlich des positiven Arbeitsrechts gestellt worden sind und noch gestellt werden könnten. An ihrer Stelle habe den Ausschuß folgende Fassung entworfen: „Die Republik soll der Bürger in seiner Person, Familie, Religion, Eigenthum und Arbeit beschützen und ihn in Stand setzen, sich den allen Menschen nöthigen Unterricht zu verschaffen. Sie soll durch brüderliche Unterstützung die Existenz hülfsbedürftiger Bürger sichern, sei es indem sie ihnen Arbeit giebt, nach Maaßgabe ihrer Quellen, sei es daß sie in Ermangelung von Familien denjenigen Hülfe gewährt, die arbeitsunfähig sind.“ Diese neue Redaktionsweise wird angenommen; die gefährliche erste Hälfte des § 8. somit erledigt. Zur zweiten Hälfte sind mehrere Amendements gestellt, die jedoch Vivien bekämpft. Rour Carbonnel und Puysegur stellen folgenden Nachtrag: „Die Nat.-Versamml. erklärt daß dieser Grund-Pakt nicht früher in Kraft tritt, als nachdem er vom Volke genehmigt ist, das zu diesem Zweck in Ur-Versammlungen durch geheime Abstimmung mit Ja und Nein zu entscheiden hat. Dieser Nachtrag, der ein Veto in sich birgt, ruft eine stürmische Diskussion hervor Ledru-Rollin unterstützt ihn, möchte ihn jedoch ans Ende der Verfassung stellen. Chapot bekämpft diesen Einwand und findet den Antrag besser vorn am Platz. Detours schlägt ein andere Fassung vor, die aber Martin (der Straßburger) im Namen des Verfassungsausschusses bekämpft. Man ruft rechts: Schluß! Schluß! Der Berg dringt auf Abstimmung durch Zettel. Dies geschieht und der Tod des Vetos, d. h. die Question préalable wird mit 543 gegen 180 Stimmen ausgesprochen. Deslongrais legt das Ausschußgutachten über die neue Salzsteuergesetzgebung auf den Präsidialtisch (Die Einleitung ist angenommen). Marrast: Jetzt gehen wir zur Berathung der eigentlichen Verfassung über. Er liest: Erstes Kapitel. Von der Souverainetät. „Artikel I. Die Souverainetät sitzt in der Gesammtheit der französischen Bürger. Sie ist unveräußerlich und unbeschränkbar. Kein Individuum, kein Theil des Volks kann sich deren Ausübung aneignen“ Pierre Lerour erhält das Wort. Jeder Volksvertreter, beweist er zuerst, habe das Recht, einen schriftlichen Vortrag zu halten. Die neuliche Protestation gegen ihn zerfalle also in nichts. Bezüglich des Verfassungs § selbst habe er nur wenig zu sagen. Verfassungen dürften nicht nach einer methodischen Ordnung gemacht werde. Was heiße das, die Souverainetät sitze in der Gesammtheit aller Bürger? „Das sei Trug und Unsinn.“ Ebenso der Rest. Die Souverainetät übt ja doch nur die Gewalt, die man Staat nenne und die Presse. Er schlägt folgende Fassung vor. „Die Souverainetät gehört keinem Fürsten oder Kaiser noch einer Kaste oder Klasse, sie ist in jedem Burger, in Jedermann. Die Presse ist ein Ausdruck (Lerine, der Souverainetät.“ (Lärm, ja Tumult folgt diesem Amendement.) Es wird verworfen. Pierre Lefranc trägt dann darauf an, aus dem ersten Kapitel das zweite zu machen. Vivien bekämpft diesen Antrag Lefranc's. Er wird verworfen. Huor beantragt einen langschweifigen Zusatz. Wird verworfen. Das Kapitel I. ist angenommen. Kapitel II lautet: „Niemand darf arretirt oder gefangen gesetzt werden ausser nach den Vorschriften der Gesetze. Isambert sieht keine genügende Gewähr für die persönliche Freiheit hierin. Dabour schlägt ein Anhängsel vor, Dusaure bekämpft es. Kapitel II. wird angenommen. Artikel 3 und 4 werden ohne wesentliche Debatte angenommen. Artikel 5 wird dagegen stark debattirt. Er handelt bekanntlich von der Todesstrafe und lautet; „Die Todesstrafe ist in politischen Dingen abgeschafft.“ Coquerel, Pfarrer, trägt auf Streichung der Worte „in politischen Dingen“ an. Er will die Abschaffung im Allgemeinen. Lagrange, Victor Hugo, Tracy und Laboulie unterstützen die Absicht dieses philantroischen Seelsorgers. Ayles bekämpft sie. Unser Gefängniß- (Zellen-) Wesen sei noch nicht vollständig genug. Er will das Beil nur für politische und Liebesverbrechen abgeschafft wissen. Sein Vortrag erregt Mißfallen. Freslon erklärt das Köpfen für eine sociale Nothwendigkeit. (Murren.) Viele Gesetzgebungsversammlungen hätten die Todesstrafe schon abgeschafft und sich gezwungen gesehen, sie immer wieder einzuführen. Derjenige, der Blut vergießt, dessen Blut müsse wieder vergossen werden. Das öffentliche Gewissen verlange dies. Man erinnere sich nur an die Ermordung des Generals Breda. (Agitation in verschiedenem Sinne.) Das Volk strafe ja sogar die Diebe mit dem Tode. (Widerspruch zur Linken.) Es würden ohne die Furcht vor dem Schaffot viel mehr Verbrechen verübt werden (Denegation vom Berge. Beistimmung zur Rechten). Dampierre, Wolowski und Favre eilen zugleich auf die Bühne. Ersterer behauptet sich darauf und spricht einige Worte, die aber der Ruf: Schluß! Schluß! Nein! Nein! übertaubt. Der Berg will die Diskussion fortgesetzt wissen Marrast läßt abstimmen. Der Berg siegt. Die Debatte über die Todesstrafe wird demnach am Montage fortgesetzt. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. National-Versammlung. Sitzung vom 16. September. Vizepräsident Pagnerre eröffnet um 1 Uhr die Sitzung. Er zeigt der Versammlung den Tod ihres Kollegen Darragon an. An der Tagesordnung befinden sich zunächst Supplementar-Kredite für 1847. Nach ihrer Erledigung erhält Base das Wort, um Interpellationen an den Minister des Innern zu richten. Heute früh, beginnt er, habe der National einen Artikel gebracht, der eine Thatsache von hoher Wichtigkeit enthalte. (Die schrecklichen Junikämpfe, lautet dieser Artikel Die Verbreitung gewisser sozialistischer Lehren, die Lage des Handels und das öffentliche Elend rufen in gewissen Departements einen blinden Widerstand gegen das republikanische Prinzip hervor. Es scheint, General Cavaignac habe es für nöthig geglaubt, eine Maßregel zu ergreifen, deren Zweck sei, die Departements über die wahren Gesinnungen der National-Versammlung und der Regierung aufzuklären und dadurch die irregeführten Meinungen wieder zu gewinnen. Eine Anzahl Repräsentanten habe sich zu diesem Zweck beim Konfeilpräsidenten diesen Morgen versammelt und sei von ihm gebeten worden, eine Sendung in die Departements anzunehmen. Diese Sendung solle ganz versohnender Natur und gleichzeitig zum Zweck haben, die Regierung vom wahren Zustand der Meinungen und Verwaltung in den Departements zu unterrichten). Der Redner verlangt Aufklärung über dieses Faktum vom Minister. Senard, Minister des Innern, erwidert, die Regierung mache keinen Journalen Mittheilungen. (Doch, doch! dem National) Der National ist ihr eben so fremd wie alle andern. (Ah!) Was das von ihm angeregte Faktum betrifft, so ist dasselbe insofern wahr, als die Regierung wirklich die republikanische Fahne in allen Gegenden geachtet und geliebt sehen möchte. Sie hat sich daher entschlossen, mit den Departementsbeamten in genaue Verbindung zu setzen und eine General-Inspektion aller Verwaltungsbehörden verordnet. Sie muß wissen, was im Lande vorgeht und ob ihre Verordnungen genau befolgt werden. Nur auf diese Weise könne Vertrauen erwachen. [Stimme: Dafür sind wir ja hier! Sie haben die National-Versammlung!] Ohne Zweifel ist die National-Versammlung Alles für uns; eben darum wollen wir durch ihre Glieder mit dem Lande vermitteln. [Lärm. Stimme: Ihr wollt Späher ins Land senden, um Euch zu berichten] Auf derartige Unterbrechungsstürme war ich nicht gefaßt. Jeder von uns begreift, daß wir den eigentlichen Zustand der Geister nicht mehr kennen; seit 6 Monaten befinden wir uns aus der Heimath entfernt und die brieflichen Mittheilungen widersprechen sich in allen Richtungen. Unter diesen Umständen und bei den Gährungen auf dem platten Lande, halten wir es nöthig Emissäre zu schicken, die uns berichten und das Land beschwichtigen. Die National-Versammlung selbst verlieh ja der Regierung das Recht, einzelne ihrer Glieder zu verschicken. Nichts scheint also natürlicher, als der Versammlung vorzuschlagen, uns einige ihrer Glieder beizugesellen. [Stimme: Das ist eine Koterie!] Ich höre von Koterien, das befremdet mich um so mehr, als ja die Wahl der Emissaire noch nicht getroffen. [Ah! Ah! Allons dons! Fürchterliche Unterbrechung]. Der Minister harrt lange auf der Tribüne, ohne ein Wort sprechen zu können. Der Tumult erdrückt ihn, endlich hören wir ihn noch die Versicherung aussprechen, daß diese Sendungen nur bestimmt seien, um das Vertrauen in die Zukunft beim Landbürger zu wecken. Er tritt ab. Base: Die Thatsache ist also wahr! Ich begreife die Fürsorge der Regierung, sie ist noch neu und stößt auf Revolten. Aber hat ihr denn unser Rath und Beistand je gefehlt? Warum müssen wir ihre wichtigsten Entschlüsse zuerst in Journalen lesen? Viele im Saale erfahren das Faktum sicher erst durch meine Interpellation. Warum sich nur an Einzelne von uns wenden? Wenn es sich um das Heil der Republik handelt, müsset Ihr Minister Euch zuerst an uns Alle wenden. (Tumult.) Diese Sendungen werden nur eine gewisse polit. Farbe tragen. (Neuer Tumult.) Ihre Folgen werden traurig sein. Sarrans, obgleich er erst durch die Debatte die Maaßregel erfährt, billigt sie. Fallour schlägt vor, die ministrielle Maaßregel einer Commission zu begutachten zu überweisen. Senard verlangt unbedingtes Vertrauen und bekämpft diese Ueberweisung. Während seiner ganzen Rede verrieth die Versammlung die unzweideutigsten Beweise des Mißbehagens. Der Minister wiederholt am Schlusse, daß die Maaßregel durchaus nöthig. Die Lage des Landes erheische sie. Er begibt sich in großer Wallung auf den Platz. Marie, Justizminister, besteigt die Bühne und erklärt, daß die Regierung aus der Maaßregel eine Kabinitsfrage mache. Er trägt darauf an, durch Abstimmung zur Tagesordnung zu schreiten. Dieser Erklärung folgt eine unbeschreiblich Aufregung. Aus allen Richtungen drängen sich die Repräsentanten zu den Ministerbänken Man schreit von allen Seiten. Besonders Cavaignac wird heftig interpellirt. Das Gedränge ist fürchterlich. Alle Minister erheben sich und gehen aus dem Saale. De la Moriciere setzt seinen Hut mit Heftigkeit im Saale auf und, die um ihn stehenden Interpellanten zurückweisend, folgt er zornig seinen Kollegen. Pause. Zahlreiche Gruppen. Die Minister kehren nach einer langen Weile in den Saal zurück. Marrast erscheint auf der Bühne. Der Lärm läßt ihn nicht zu Worten kommen. Er schwenkt einen Zettel in der Hand und liest endlich: Ich schlage folgenden Antrag vor: „Die Nationalversammlung schreitet nach den angehörten Explikationen und der Vollziehungsgewalt, die Würdigung der beabsichtigten Maaßregel überlassend, zur Tagesordnung.“ Dieser Antrag geht nach 2maliger Abstimmung durch. Pagnerre will die Sitzung noch fortsetzen. Aber die Versammlung trennt sich schon um 5 ein halb Uhr in großer Aufregung. Diese Sitzung hat die Macht der Regierung gebrochen. Großbritannien. * London, 16. Sept. Der neue Aufstandsversuch in Irland ist, wie sich erwarten ließ, schnell unterdrückt worden. Die irischen Journale geben die Liste der Geschwornen, die in dem Prozesse S. O'Brien und Genossen fungiren werden. Diese Liste, in welcher sich auf 22 Geschworne nur 4 Katholiken befinden, ist aus den großen Grundbesitzern der Grafschaft zusammengesetzt. Ludwig Napoleon hat sich in Southampton nach Havre eingeschifft. Portugal. * Lissabon, 10. Sept. Man befürchtet, auch hier die Cholera binnen Kurzem ausbrechen zu sehen. Deshalb sind neue Quarantaine-Bestimmungen getroffen worden. Die hiesige Regierung dringt auf Abänderungen des Handelsvertrags mit England vom Jahr 1842 und hat dem Lord Palmerston darüber Eröffnungen zugehen lassen. Amerika. * In Liverpool ist die „Cambria“ mit Nachrichten aus New-York vom 30. Aug. angelangt. Die Präsidentschaftsfrage ist der vorherrschende Gegenstand der Besprechung in allen Theilen der Union. Im Südwesten wird eine Landexpedition nach der Sierra Madre vorbereitet. Aus Mexiko die Nachricht, daß der Paredes'sche Aufstand vollständig unterdrückt ist. Der mexikanische Kongreß beschäftigte sich mit dem Tarif; er wird mehrere Zölle herabsetzen, namentlich die auf Baumwolle aus den vereinigten Staaten. Die amerikanischen Journale wollen wissen, daß in Jamaica ein Negeraufstand vorgekommen, bei welchem viele Schwarze getödtet worden. Nachtrag. !!! Frankfurt, 17. Sept. Frühe um 2 1/2 Uhr. Gestern nach dem Schluß der Nationalversammlung sammelte sich die vereinigte Linke im „Deutschen Hof.“ Man berieth darüber, aus der Versammlung auszutreten, ein neues Vorparlament zu bilden und sich permanent zu erklären. ‒ Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Das Volk kam in Massen herbei, Blum und Simon aus Trier sprachen und verlangten vom Volke Zeit zur Beschlußnahme. Die Massen zerstreuten sich. Es kamen Deputationen von allen demokratischen Vereinen und vom Arbeiterverein Frankfurt's, welche überall versammelt waren. Die Deputationen aller Vereine einhellig verlangten Austritt der Linken aus der Nationalversammlung und Bildung eines neuen Parlaments. Benedey sprach zur Mäßigung. Schlöffel, Wesendonk, Simon von Trier verlangten die Erfüllung des Volkswillens. Es kamen neue Abgeordnete mit der Nachricht von Unruhen in der Stadt. Rösler von Oels, indem er verkündigt, daß man soeben vor Westendhall, dem englischen Hof u. s. w. demolirt, verlangt, man soll sich nicht übereilen, Morgen in Ruhe einen so wichtigen Beschluß besprechen. Doch verspricht er sich der Majorität zu unterwerfen. Während seiner Worte hört man draußen Generalmarsch schlagen. Die Aufregung steigt. Man beschließt schnell für Morgen um 3 Uhr eine große Volksversammlung auf der Pfingstweide, und für Morgen Abend Fortsetzung der Berathung über den Austritt. Auf die Nachricht von dem Beschluß der Volksversammlung werden alle Orte aus der Umgegend noch in der Nacht durch Deputationen eingeladen, Riesenplakate angeschlagen. !!! Frankfurt, 17. Sept. Berichtigung. In meinem gestrigen Bericht lesen Sie, daß der Exminister Heckscher zur Ordnung gerufen wurde, weil er gesagt: man hätte nicht den Muth, Preußen ein Mißtrauensvotum zu geben. Der Ordnungsruf hat seine Richtigkeit, aber das „Warum“ ist falsch. Der Exminister warf der linken Seite des Hauses vor: das Volk zu Aufruhr anzureizen; deshalb wurde er zur Ordnung verwiesen. Der fortwährende Tumult, der die Rede des Exministers begleitete, war Grund dieses Mißverständnisses. Auch ist wohl zu merken, daß der Abgeordnete Waiz (auch ein Schleswig-Holsteiner) trotz seiner ausgezeichneten Rede für die Verwerfung, bei der Abstimmung für die Annahme stimmte. Compes, Bürgers, Stedtmann und Konsorten stimmten für Annahme. Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material] Der Gerant: Korff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0002" n="0530"/> <div xml:id="ar106b_013_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 19. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 723.</bibl> </note> <gap reason="copyright"/> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar106b_014" type="jArticle"> <head>Paris, 15. Sept.</head> <p>Wie wir hören, ist gestern die Erklärung nach Wien abgegangen:„daß jede Bewegung gegen Venedig als ein Mediationsbruch betrachtet würde.“</p> <p>‒ Der National enthält über die Ereignisse in Italien folgenden Artikel, der obiger Depesche als Erläuterung dienen kann:</p> <p>„Die in der Nationalversammlung gestern verbreitete Nachricht von der Einnahme Messinas hat sich leider bestätigt. Wir haben Details erhalten, die in dieser Hinsicht keinen Zweifel mehr gestatten. Messina ist genommen worden am 8., nach einem Kampfe von fünf Tagen. Die Befehlshaber der französischen und englischen Seekräfte haben Alles gethan, was ihnen zu thun möglich war, um den Gräueln dieses Kampfes vorzubeugen, oder sie zu besänftigen. 7000 Einwohner, großentheils Frauen und Kinder, haben unter der französischen Flagge Zuflucht gefunden. Wir erfahren gleichzeitig, daß der Vertreter Frankreichs in Neapel die neapolitanische Regierung eingeladen hat, sich auf die Besetzung Messinas zu beschränken; dermaßen, daß der Rest Siziliens, Palermo zum Beispiel, sich gegen jeden Angriff geschützt finde. Der Admiral Parker hat seinerseits, auf den Vorschlag des Admirals Baudin, dieselbe Einladung an die Neapolitaner gerichtet.</p> <p>Während sich diese traurigen Ereignisse in Sizilien zutrugen, ereignete sich ein anderer Vorfall von unbestreitbarer Wichtigkeit im adriatischen Meere: die sardinische Flotte verließ, sagt man, mit den Truppen Piemonts, die Gewässer Venedigs, das, nunmehr keinen Widerstand mehr findend, wieder von den Oestreichern besetzt würde.</p> <p>Wir glauben an diesen letztern Satz nicht. Der Waffenstillstandsvertrag zwischen Oestreich und Karl Albert stipulirt im Artikel 4., „daß die Truppen Sardiniens Venedig räumen würden“, aber nirgends spricht man von östreichischer Wiederbesetzung. Bei Verträgen darf man in ihrer Auslegung nicht weiter gehen, als der Wortlaut besagt. Man darf ihm keine beliebige Deutung geben, außer dem, was ausdrücklich stipulirt ist. Man kam nicht überein, daß die Oestreicher wieder einrücken würden. Kraft des Völkerrechts ist es ihnen verboten, wieder einzurücken.</p> <p>Doch wir haben uns nicht einmal um die Auslegung des Waffenstillstands zu kümmern. Derselbe ist von Frankreich in der That nie anerkannt worden. Der Waffenstillstand, den Frankreich vorschlug und den Oestreich insofern genehmigte als es die Mediation annahm, der er zum Ausgangspunkt diente, dieser Waffenstillstand etablirte den status quo. Es geht aus ihm hervor, daß nichts durfte geändert werden an der Lage der kriegführenden Parteien seit dem Tage der Mediationsannahme bis zum Abschluß der ringeleiteten Verhandlung. Daß sich die Sardinier, wenn es ihnen beliebt, aus Venedig zurückziehen, dagegen können wir uns nicht opponiren; aber wir können nicht dulden, daß Oestreich diesen Rückzug benutze, um die uns gegenüber unterschriebenen Bedingungen zu brechen.</p> <p>Es ist also unmöglich, anzunehmen, daß Venedig von den östreichischen Truppen besetzt ist. Ein doppelter Grund steht dieser Annahme entgegen. Ehe Oestreich zu diesem Aeußersten schritte, würde es gewiß sehr bald einsehen, daß es sich selbst widerspräche. Indem es die Mediation annahm, wollte es ein ernstliches Pfand den friedlichen Gesinnungen Europas einsetzen, wenigstens glaubten wir dies. Wie wollte Oestreich seinen offen ausgesprochenen Friedenswunsch mit dieser Handlung direkten Angriffs vereinbaren, die nicht blos gegen ihre italienischen Gegner, sondern vorzüglich gegen die beiden Mächte gerichtet wäre, die zwischen den beiden kriegführenden Theilen intervenirten?</p> <p>‒ In <hi rendition="#g">Elbeuf</hi> sind <hi rendition="#g">Arbeiterunruhen</hi> ausgebrochen. Sie scheinen so ernster Natur, daß der dortige Maire gestern Vormittag hier eintraf und sich zum Minister des Innern begab, der sofort einen außerordentlichen Kabinetsrath berief. Details fehlen.</p> <p>Aus mehreren andern Fabrikorten laufen ähnliche Hiobsposten ein. Ein Hauptgrund für diese allgemeine Gährung liegt in dem Eifer, mit welchem die Nationalversammlung alle sozialistischen Februar-Anfänge wieder einreißt.</p> <p>‒ Um Mitternacht wurden die Wahllisten geschlossen. Dürfen wir einer Indiskretion trauen, so stimmte das gesammte Pariser Militär nebst mehreren Provinzial- und algierischen Regimentern wie Ein Mann für Bugeaud, Louis Napoleon und Cabet.</p> <p>‒ Sarrans, Mitglied der Nationalversammlung geht mit einer diplomatischen Tendenz nach dem Orient.</p> <p>‒ Ein Dekret im Moniteur vom 15. Sept. schafft die Krone über dem Ordensstern der Ehrenlegion ab, und verordnet außerdem die alte Inschrift ihres Gründers: „Bonaparte, premier consul, 19. Mai 1802 (einer Seits), République francaise, honneur et patric (anderer Seits). Spielereien! … wie Clement Thomas in der Nationalversammlung ausrief.</p> <p>‒ Mehreren der bekreuzten Mobilen ist vom Kommandeur ihres Gardekorps der Befehl zugegangen, die berüchtigten Bälle im Chateau Rouge, Mabille, Jardin d'hiver, Chateau des Fleurs etc. nicht mehr zu besuchen, weil ihr gemeines Betragen den Orden auf ihrer Brust wenig Ehre mache und ernste Klagen eingelaufen. Einige andere Dekorirte sitzen wegen Diebstahls im Gefängniß. Wieder Andere haben ihre Ordenssterne in Weinkneipen versetzt oder als Pfand zurücklassen müssen.</p> <p>‒ Baudon, einer der Chefs des bekannten Bankhauses und lange Zeit Regent der Bank de France, der als großer Finanzmann galt, ist vorige Nacht gestorben Nächst Gonie machte er die meisten Geschäfte mit dem Pariser Kleinhandel, stellte sie aber gleich seinem Concurrenten nach dem 24. Febr. plötzlich ein.</p> <p>‒ Louis Blanc widerlegt in einem Briefe an den Redakteur der Reforme die Gerüchte, angebliche Gemeinschaft mit Louis Bonaparte, dem sogenannten Prätendenten etc. zu haben.</p> <p>‒ Der Berg beabsichtigt, sagt man, eine eklatante Revange für die Gemeinheiten des Finanzministers Goudchaur in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung zu nehmen.</p> <p>‒ Es liegen den Ausschüssen der Nationalversammlung in diesem Augenblick drei Vorschläge vor, die das gesammte Proletariat interessiren. Sie wurden 1) von Proudhon, 2)Loiset, 3) Tonrnet, Handels- und Ackerbauminister, gemacht. Wir werden darauf zurückkommen.</p> <p>De La Moricieres Kolonisationsplan Algeriens hat im Ausschusse, der sein Gutachten darüber abgab, einige wichtige Aenderungen erlitten. Der Gegenstand ist wichtig. Es handelt sich um das Glück von 15,000 Proletarier-Familien (im Ganzen um 60,000 Kolonisten), wahrscheinlich beginnt die Diskussion morgen</p> <p><hi rendition="#g">Nationalversammlung.</hi> Sitzung vom 15. September. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Gleich nach Eröffnung wird folgender Antrag der katholisch sozialistischen Repräsentanten Waldeck Rousseau, B. Considerant, Fallour, Sibour, Roux Lavergne, Valette, Pierre Leroux und Montalembert vertheilt:</p> <p>„An Sonn- und gesetzlich festgestellten Feiertagen darf in Werkstätten, Fabriken und Manufakturen nicht mehr gearbeitet werden. Diese Verordnung findet jedoch keine Anwendung in Fabriken mit immerwährender Feuerkraft (a feu continu.) Ebensowenig darf sie in Fällen angewandt werden, wo die Verwaltungsreglements ein Ueberschreiten der 12 Stunden gestatten etc.</p> <p>An der Tagesordnung ist das Mathieu-Glais-Bizoinsche Amendement zur Verfassungseinleitung.</p> <p>Odilon Barrot verlangt einen Urlaub für seinen Bruder Ferdinand Barrot in Algierschen Kolonisations- und Familien-Angelegenheiten. Bewilligt.</p> <p><hi rendition="#g">Dufaure</hi> im Namen des Verfassungsausschusses. Derselbe habe sich diesen Morgen versammelt und den Beschluß gefaßt, alle Zusätze zurückzuweisen, die zur ersten Hälfte des § 8. der Einleitung rücksichtlich des positiven Arbeitsrechts gestellt worden sind und noch gestellt werden könnten. An ihrer Stelle habe den Ausschuß folgende Fassung entworfen:</p> <p>„Die Republik soll der Bürger in seiner Person, Familie, Religion, Eigenthum und Arbeit beschützen und ihn in Stand setzen, sich den allen Menschen nöthigen Unterricht zu verschaffen. Sie soll durch brüderliche Unterstützung die Existenz hülfsbedürftiger Bürger sichern, sei es indem sie ihnen Arbeit giebt, nach Maaßgabe ihrer Quellen, sei es daß sie in Ermangelung von Familien denjenigen Hülfe gewährt, die arbeitsunfähig sind.“</p> <p>Diese neue Redaktionsweise wird angenommen; die gefährliche erste Hälfte des § 8. somit erledigt.</p> <p>Zur zweiten Hälfte sind mehrere Amendements gestellt, die jedoch Vivien bekämpft.</p> <p>Rour Carbonnel und Puysegur stellen folgenden Nachtrag:</p> <p>„Die Nat.-Versamml. erklärt daß dieser Grund-Pakt nicht früher in Kraft tritt, als nachdem er vom Volke genehmigt ist, das zu diesem Zweck in Ur-Versammlungen durch geheime Abstimmung mit Ja und Nein zu entscheiden hat.</p> <p>Dieser Nachtrag, der ein Veto in sich birgt, ruft eine stürmische Diskussion hervor Ledru-Rollin unterstützt ihn, möchte ihn jedoch ans Ende der Verfassung stellen.</p> <p>Chapot bekämpft diesen Einwand und findet den Antrag besser vorn am Platz.</p> <p>Detours schlägt ein andere Fassung vor, die aber Martin (der Straßburger) im Namen des Verfassungsausschusses bekämpft.</p> <p>Man ruft rechts: Schluß! Schluß!</p> <p>Der Berg dringt auf Abstimmung durch Zettel. Dies geschieht und der Tod des Vetos, d. h. die Question préalable wird mit 543 gegen 180 Stimmen ausgesprochen.</p> <p>Deslongrais legt das Ausschußgutachten über die neue Salzsteuergesetzgebung auf den Präsidialtisch (Die Einleitung ist angenommen).</p> <p>Marrast: Jetzt gehen wir zur Berathung der eigentlichen Verfassung über. Er liest: Erstes Kapitel. Von der Souverainetät.</p> <p>„Artikel I. Die Souverainetät sitzt in der Gesammtheit der französischen Bürger. Sie ist unveräußerlich und unbeschränkbar. Kein Individuum, kein Theil des Volks kann sich deren Ausübung aneignen“</p> <p>Pierre Lerour erhält das Wort. Jeder Volksvertreter, beweist er zuerst, habe das Recht, einen schriftlichen Vortrag zu halten. Die neuliche Protestation gegen ihn zerfalle also in nichts. Bezüglich des Verfassungs § selbst habe er nur wenig zu sagen. Verfassungen dürften nicht nach einer methodischen Ordnung gemacht werde. Was heiße das, die Souverainetät sitze in der Gesammtheit aller Bürger? „Das sei Trug und Unsinn.“ Ebenso der Rest. Die Souverainetät übt ja doch nur die Gewalt, die man Staat nenne und die Presse. Er schlägt folgende Fassung vor.</p> <p>„Die Souverainetät gehört keinem Fürsten oder Kaiser noch einer Kaste oder Klasse, sie ist in jedem Burger, in Jedermann. Die Presse ist ein Ausdruck (Lerine, der Souverainetät.“ (Lärm, ja Tumult folgt diesem Amendement.) Es wird verworfen.</p> <p>Pierre Lefranc trägt dann darauf an, aus dem ersten Kapitel das zweite zu machen.</p> <p>Vivien bekämpft diesen Antrag Lefranc's. Er wird verworfen.</p> <p>Huor beantragt einen langschweifigen Zusatz. Wird verworfen.</p> <p>Das Kapitel I. ist angenommen.</p> <p>Kapitel II lautet: „Niemand darf arretirt oder gefangen gesetzt werden ausser nach den Vorschriften der Gesetze.</p> <p>Isambert sieht keine genügende Gewähr für die persönliche Freiheit hierin. Dabour schlägt ein Anhängsel vor, Dusaure bekämpft es. Kapitel II. wird angenommen.</p> <p>Artikel 3 und 4 werden ohne wesentliche Debatte angenommen.</p> <p>Artikel 5 wird dagegen stark debattirt. Er handelt bekanntlich von der Todesstrafe und lautet;</p> <p>„Die Todesstrafe ist in politischen Dingen abgeschafft.“</p> <p>Coquerel, Pfarrer, trägt auf Streichung der Worte „in politischen Dingen“ an. Er will die Abschaffung im Allgemeinen.</p> <p>Lagrange, Victor Hugo, Tracy und Laboulie unterstützen die Absicht dieses philantroischen Seelsorgers.</p> <p>Ayles bekämpft sie. Unser Gefängniß- (Zellen-) Wesen sei noch nicht vollständig genug. Er will das Beil nur für politische und Liebesverbrechen abgeschafft wissen. Sein Vortrag erregt Mißfallen.</p> <p>Freslon erklärt das Köpfen für eine sociale Nothwendigkeit. (Murren.) Viele Gesetzgebungsversammlungen hätten die Todesstrafe schon abgeschafft und sich gezwungen gesehen, sie immer wieder einzuführen. Derjenige, der Blut vergießt, dessen Blut müsse wieder vergossen werden. Das öffentliche Gewissen verlange dies. Man erinnere sich nur an die Ermordung des Generals Breda. (Agitation in verschiedenem Sinne.) Das Volk strafe ja sogar die Diebe mit dem Tode. (Widerspruch zur Linken.) Es würden ohne die Furcht vor dem Schaffot viel mehr Verbrechen verübt werden (Denegation vom Berge. Beistimmung zur Rechten).</p> <p>Dampierre, Wolowski und Favre eilen zugleich auf die Bühne. Ersterer behauptet sich darauf und spricht einige Worte, die aber der Ruf: Schluß! Schluß! Nein! Nein! übertaubt. Der Berg will die Diskussion fortgesetzt wissen Marrast läßt abstimmen. Der Berg siegt.</p> <p>Die Debatte über die Todesstrafe wird demnach am Montage fortgesetzt. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.</p> <p> <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> </p> <p>Sitzung vom 16. September. Vizepräsident Pagnerre eröffnet um 1 Uhr die Sitzung. Er zeigt der Versammlung den Tod ihres Kollegen Darragon an. An der Tagesordnung befinden sich zunächst Supplementar-Kredite für 1847.</p> <p>Nach ihrer Erledigung erhält Base das Wort, um Interpellationen an den Minister des Innern zu richten. Heute früh, beginnt er, habe der National einen Artikel gebracht, der eine Thatsache von hoher Wichtigkeit enthalte. (Die schrecklichen Junikämpfe, lautet dieser Artikel Die Verbreitung gewisser sozialistischer Lehren, die Lage des Handels und das öffentliche Elend rufen in gewissen Departements einen blinden Widerstand gegen das republikanische Prinzip hervor. Es scheint, General Cavaignac habe es für nöthig geglaubt, eine Maßregel zu ergreifen, deren Zweck sei, die Departements über die wahren Gesinnungen der National-Versammlung und der Regierung aufzuklären und dadurch die irregeführten Meinungen wieder zu gewinnen. Eine Anzahl Repräsentanten habe sich zu diesem Zweck beim Konfeilpräsidenten diesen Morgen versammelt und sei von ihm gebeten worden, eine Sendung in die Departements anzunehmen. Diese Sendung solle ganz versohnender Natur und gleichzeitig zum Zweck haben, die Regierung vom wahren Zustand der Meinungen und Verwaltung in den Departements zu unterrichten). Der Redner verlangt Aufklärung über dieses Faktum vom Minister.</p> <p>Senard, Minister des Innern, erwidert, die Regierung mache keinen Journalen Mittheilungen. (Doch, doch! dem National) Der National ist ihr eben so fremd wie alle andern. (Ah!) Was das von ihm angeregte Faktum betrifft, so ist dasselbe insofern wahr, als die Regierung wirklich die republikanische Fahne in allen Gegenden geachtet und geliebt sehen möchte. Sie hat sich daher entschlossen, mit den Departementsbeamten in genaue Verbindung zu setzen und eine General-Inspektion aller Verwaltungsbehörden verordnet. Sie muß wissen, was im Lande vorgeht und ob ihre Verordnungen genau befolgt werden. Nur auf diese Weise könne Vertrauen erwachen. [Stimme: Dafür sind wir ja hier! Sie haben die National-Versammlung!] Ohne Zweifel ist die National-Versammlung Alles für uns; eben darum wollen wir durch ihre Glieder mit dem Lande vermitteln. [Lärm. Stimme: Ihr wollt Späher ins Land senden, um Euch zu berichten] Auf derartige Unterbrechungsstürme war ich nicht gefaßt. Jeder von uns begreift, daß wir den eigentlichen Zustand der Geister nicht mehr kennen; seit 6 Monaten befinden wir uns aus der Heimath entfernt und die brieflichen Mittheilungen widersprechen sich in allen Richtungen. Unter diesen Umständen und bei den Gährungen auf dem platten Lande, halten wir es nöthig Emissäre zu schicken, die uns berichten und das Land beschwichtigen. Die National-Versammlung selbst verlieh ja der Regierung das Recht, einzelne ihrer Glieder zu verschicken. Nichts scheint also natürlicher, als der Versammlung vorzuschlagen, uns einige ihrer Glieder beizugesellen. [Stimme: Das ist eine Koterie!]</p> <p>Ich höre von Koterien, das befremdet mich um so mehr, als ja die Wahl der Emissaire noch nicht getroffen. [Ah! Ah! Allons dons! Fürchterliche Unterbrechung].</p> <p>Der Minister harrt lange auf der Tribüne, ohne ein Wort sprechen zu können. Der Tumult erdrückt ihn, endlich hören wir ihn noch die Versicherung aussprechen, daß diese Sendungen nur bestimmt seien, um das Vertrauen in die Zukunft beim Landbürger zu wecken. Er tritt ab.</p> <p>Base: Die Thatsache ist also wahr! Ich begreife die Fürsorge der Regierung, sie ist noch neu und stößt auf Revolten. Aber hat ihr denn unser Rath und Beistand je gefehlt? Warum müssen wir ihre wichtigsten Entschlüsse zuerst in Journalen lesen? Viele im Saale erfahren das Faktum sicher erst durch meine Interpellation. Warum sich nur an Einzelne von uns wenden? Wenn es sich um das Heil der Republik handelt, müsset Ihr Minister Euch zuerst an uns Alle wenden. (Tumult.) Diese Sendungen werden nur eine gewisse polit. Farbe tragen. (Neuer Tumult.) Ihre Folgen werden traurig sein.</p> <p>Sarrans, obgleich er erst durch die Debatte die Maaßregel erfährt, billigt sie.</p> <p>Fallour schlägt vor, die ministrielle Maaßregel einer Commission zu begutachten zu überweisen.</p> <p>Senard verlangt unbedingtes Vertrauen und bekämpft diese Ueberweisung. Während seiner ganzen Rede verrieth die Versammlung die unzweideutigsten Beweise des Mißbehagens. Der Minister wiederholt am Schlusse, daß die Maaßregel durchaus nöthig. Die Lage des Landes erheische sie. Er begibt sich in großer Wallung auf den Platz.</p> <p>Marie, Justizminister, besteigt die Bühne und erklärt, daß die Regierung aus der Maaßregel eine Kabinitsfrage mache. Er trägt darauf an, durch Abstimmung zur Tagesordnung zu schreiten.</p> <p>Dieser Erklärung folgt eine unbeschreiblich Aufregung. Aus allen Richtungen drängen sich die Repräsentanten zu den Ministerbänken Man schreit von allen Seiten. Besonders Cavaignac wird heftig interpellirt. Das Gedränge ist fürchterlich.</p> <p>Alle Minister erheben sich und gehen aus dem Saale. De la Moriciere setzt seinen Hut mit Heftigkeit im Saale auf und, die um ihn stehenden Interpellanten zurückweisend, folgt er zornig seinen Kollegen.</p> <p>Pause. Zahlreiche Gruppen.</p> <p>Die Minister kehren nach einer langen Weile in den Saal zurück.</p> <p>Marrast erscheint auf der Bühne. Der Lärm läßt ihn nicht zu Worten kommen. Er schwenkt einen Zettel in der Hand und liest endlich: Ich schlage folgenden Antrag vor:</p> <p>„Die Nationalversammlung schreitet nach den angehörten Explikationen und der Vollziehungsgewalt, die Würdigung der beabsichtigten Maaßregel überlassend, zur Tagesordnung.“</p> <p>Dieser Antrag geht nach 2maliger Abstimmung durch. Pagnerre will die Sitzung noch fortsetzen. Aber die Versammlung trennt sich schon um 5 ein halb Uhr in großer Aufregung. 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Die hiesige Regierung dringt auf Abänderungen des Handelsvertrags mit England vom Jahr 1842 und hat dem Lord Palmerston darüber Eröffnungen zugehen lassen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Amerika.</head> <div xml:id="ar106b_017" type="jArticle"> <bibl> <author>*</author> </bibl> <p>In Liverpool ist die „Cambria“ mit Nachrichten aus New-York vom 30. Aug. angelangt. Die Präsidentschaftsfrage ist der vorherrschende Gegenstand der Besprechung in allen Theilen der Union. Im Südwesten wird eine Landexpedition nach der Sierra Madre vorbereitet. Aus Mexiko die Nachricht, daß der Paredes'sche Aufstand vollständig unterdrückt ist. Der mexikanische Kongreß beschäftigte sich mit dem Tarif; er wird mehrere Zölle herabsetzen, namentlich die auf Baumwolle aus den vereinigten Staaten. Die amerikanischen Journale wollen wissen, daß in Jamaica ein Negeraufstand vorgekommen, bei welchem viele Schwarze getödtet worden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Nachtrag.</head> <div xml:id="ar106b_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 17. Sept.</head> <p>Frühe um 2 1/2 Uhr. Gestern nach dem Schluß der Nationalversammlung sammelte sich die vereinigte Linke im „Deutschen Hof.“ Man berieth darüber, aus der Versammlung auszutreten, ein neues Vorparlament zu bilden und sich permanent zu erklären. ‒ Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Das Volk kam in Massen herbei, Blum und Simon aus Trier sprachen und verlangten vom Volke Zeit zur Beschlußnahme. Die Massen zerstreuten sich. Es kamen Deputationen von allen demokratischen Vereinen und vom Arbeiterverein Frankfurt's, welche überall versammelt waren. Die Deputationen aller Vereine einhellig verlangten Austritt der Linken aus der Nationalversammlung und Bildung eines neuen Parlaments. Benedey sprach zur Mäßigung. Schlöffel, Wesendonk, Simon von Trier verlangten die Erfüllung des Volkswillens. Es kamen neue Abgeordnete mit der Nachricht von Unruhen in der Stadt. Rösler von Oels, indem er verkündigt, daß man soeben vor Westendhall, dem englischen Hof u. s. w. demolirt, verlangt, man soll sich nicht übereilen, Morgen in Ruhe einen so wichtigen Beschluß besprechen. Doch verspricht er sich der Majorität zu unterwerfen. Während seiner Worte hört man draußen Generalmarsch schlagen. Die Aufregung steigt. Man beschließt schnell für Morgen um 3 Uhr eine große Volksversammlung auf der Pfingstweide, und für Morgen Abend Fortsetzung der Berathung über den Austritt.</p> <p>Auf die Nachricht von dem Beschluß der Volksversammlung werden <hi rendition="#g">alle</hi> Orte aus der Umgegend noch in der Nacht durch Deputationen eingeladen, Riesenplakate angeschlagen.</p> </div> <div xml:id="ar106b_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 17. Sept.</head> <p>Berichtigung. In meinem gestrigen Bericht lesen Sie, daß der Exminister Heckscher zur Ordnung gerufen wurde, weil er gesagt: man hätte nicht den Muth, Preußen ein Mißtrauensvotum zu geben. Der Ordnungsruf hat seine Richtigkeit, aber das „Warum“ ist falsch. Der Exminister warf der linken Seite des Hauses vor: das Volk zu Aufruhr anzureizen; deshalb wurde er zur Ordnung verwiesen. Der fortwährende Tumult, der die Rede des Exministers begleitete, war Grund dieses Mißverständnisses.</p> <p>Auch ist wohl zu merken, daß der Abgeordnete Waiz (auch ein Schleswig-Holsteiner) trotz seiner ausgezeichneten Rede für die Verwerfung, bei der Abstimmung für die Annahme stimmte.</p> <p>Compes, Bürgers, Stedtmann und Konsorten stimmten für Annahme.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Handels-Nachrichten.</head> <gap reason="insignificant"/> </div> <div type="imprint"> <p>Der Gerant: <hi rendition="#g">Korff.</hi><lb/> Druck von J. W. <hi rendition="#g">Dietz,</hi> unter Hutmacher Nr. 17.</p> </div> </body> </text> </TEI> [0530/0002]
_ Französische Republik. Paris, 15. Sept. Wie wir hören, ist gestern die Erklärung nach Wien abgegangen:„daß jede Bewegung gegen Venedig als ein Mediationsbruch betrachtet würde.“
‒ Der National enthält über die Ereignisse in Italien folgenden Artikel, der obiger Depesche als Erläuterung dienen kann:
„Die in der Nationalversammlung gestern verbreitete Nachricht von der Einnahme Messinas hat sich leider bestätigt. Wir haben Details erhalten, die in dieser Hinsicht keinen Zweifel mehr gestatten. Messina ist genommen worden am 8., nach einem Kampfe von fünf Tagen. Die Befehlshaber der französischen und englischen Seekräfte haben Alles gethan, was ihnen zu thun möglich war, um den Gräueln dieses Kampfes vorzubeugen, oder sie zu besänftigen. 7000 Einwohner, großentheils Frauen und Kinder, haben unter der französischen Flagge Zuflucht gefunden. Wir erfahren gleichzeitig, daß der Vertreter Frankreichs in Neapel die neapolitanische Regierung eingeladen hat, sich auf die Besetzung Messinas zu beschränken; dermaßen, daß der Rest Siziliens, Palermo zum Beispiel, sich gegen jeden Angriff geschützt finde. Der Admiral Parker hat seinerseits, auf den Vorschlag des Admirals Baudin, dieselbe Einladung an die Neapolitaner gerichtet.
Während sich diese traurigen Ereignisse in Sizilien zutrugen, ereignete sich ein anderer Vorfall von unbestreitbarer Wichtigkeit im adriatischen Meere: die sardinische Flotte verließ, sagt man, mit den Truppen Piemonts, die Gewässer Venedigs, das, nunmehr keinen Widerstand mehr findend, wieder von den Oestreichern besetzt würde.
Wir glauben an diesen letztern Satz nicht. Der Waffenstillstandsvertrag zwischen Oestreich und Karl Albert stipulirt im Artikel 4., „daß die Truppen Sardiniens Venedig räumen würden“, aber nirgends spricht man von östreichischer Wiederbesetzung. Bei Verträgen darf man in ihrer Auslegung nicht weiter gehen, als der Wortlaut besagt. Man darf ihm keine beliebige Deutung geben, außer dem, was ausdrücklich stipulirt ist. Man kam nicht überein, daß die Oestreicher wieder einrücken würden. Kraft des Völkerrechts ist es ihnen verboten, wieder einzurücken.
Doch wir haben uns nicht einmal um die Auslegung des Waffenstillstands zu kümmern. Derselbe ist von Frankreich in der That nie anerkannt worden. Der Waffenstillstand, den Frankreich vorschlug und den Oestreich insofern genehmigte als es die Mediation annahm, der er zum Ausgangspunkt diente, dieser Waffenstillstand etablirte den status quo. Es geht aus ihm hervor, daß nichts durfte geändert werden an der Lage der kriegführenden Parteien seit dem Tage der Mediationsannahme bis zum Abschluß der ringeleiteten Verhandlung. Daß sich die Sardinier, wenn es ihnen beliebt, aus Venedig zurückziehen, dagegen können wir uns nicht opponiren; aber wir können nicht dulden, daß Oestreich diesen Rückzug benutze, um die uns gegenüber unterschriebenen Bedingungen zu brechen.
Es ist also unmöglich, anzunehmen, daß Venedig von den östreichischen Truppen besetzt ist. Ein doppelter Grund steht dieser Annahme entgegen. Ehe Oestreich zu diesem Aeußersten schritte, würde es gewiß sehr bald einsehen, daß es sich selbst widerspräche. Indem es die Mediation annahm, wollte es ein ernstliches Pfand den friedlichen Gesinnungen Europas einsetzen, wenigstens glaubten wir dies. Wie wollte Oestreich seinen offen ausgesprochenen Friedenswunsch mit dieser Handlung direkten Angriffs vereinbaren, die nicht blos gegen ihre italienischen Gegner, sondern vorzüglich gegen die beiden Mächte gerichtet wäre, die zwischen den beiden kriegführenden Theilen intervenirten?
‒ In Elbeuf sind Arbeiterunruhen ausgebrochen. Sie scheinen so ernster Natur, daß der dortige Maire gestern Vormittag hier eintraf und sich zum Minister des Innern begab, der sofort einen außerordentlichen Kabinetsrath berief. Details fehlen.
Aus mehreren andern Fabrikorten laufen ähnliche Hiobsposten ein. Ein Hauptgrund für diese allgemeine Gährung liegt in dem Eifer, mit welchem die Nationalversammlung alle sozialistischen Februar-Anfänge wieder einreißt.
‒ Um Mitternacht wurden die Wahllisten geschlossen. Dürfen wir einer Indiskretion trauen, so stimmte das gesammte Pariser Militär nebst mehreren Provinzial- und algierischen Regimentern wie Ein Mann für Bugeaud, Louis Napoleon und Cabet.
‒ Sarrans, Mitglied der Nationalversammlung geht mit einer diplomatischen Tendenz nach dem Orient.
‒ Ein Dekret im Moniteur vom 15. Sept. schafft die Krone über dem Ordensstern der Ehrenlegion ab, und verordnet außerdem die alte Inschrift ihres Gründers: „Bonaparte, premier consul, 19. Mai 1802 (einer Seits), République francaise, honneur et patric (anderer Seits). Spielereien! … wie Clement Thomas in der Nationalversammlung ausrief.
‒ Mehreren der bekreuzten Mobilen ist vom Kommandeur ihres Gardekorps der Befehl zugegangen, die berüchtigten Bälle im Chateau Rouge, Mabille, Jardin d'hiver, Chateau des Fleurs etc. nicht mehr zu besuchen, weil ihr gemeines Betragen den Orden auf ihrer Brust wenig Ehre mache und ernste Klagen eingelaufen. Einige andere Dekorirte sitzen wegen Diebstahls im Gefängniß. Wieder Andere haben ihre Ordenssterne in Weinkneipen versetzt oder als Pfand zurücklassen müssen.
‒ Baudon, einer der Chefs des bekannten Bankhauses und lange Zeit Regent der Bank de France, der als großer Finanzmann galt, ist vorige Nacht gestorben Nächst Gonie machte er die meisten Geschäfte mit dem Pariser Kleinhandel, stellte sie aber gleich seinem Concurrenten nach dem 24. Febr. plötzlich ein.
‒ Louis Blanc widerlegt in einem Briefe an den Redakteur der Reforme die Gerüchte, angebliche Gemeinschaft mit Louis Bonaparte, dem sogenannten Prätendenten etc. zu haben.
‒ Der Berg beabsichtigt, sagt man, eine eklatante Revange für die Gemeinheiten des Finanzministers Goudchaur in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung zu nehmen.
‒ Es liegen den Ausschüssen der Nationalversammlung in diesem Augenblick drei Vorschläge vor, die das gesammte Proletariat interessiren. Sie wurden 1) von Proudhon, 2)Loiset, 3) Tonrnet, Handels- und Ackerbauminister, gemacht. Wir werden darauf zurückkommen.
De La Moricieres Kolonisationsplan Algeriens hat im Ausschusse, der sein Gutachten darüber abgab, einige wichtige Aenderungen erlitten. Der Gegenstand ist wichtig. Es handelt sich um das Glück von 15,000 Proletarier-Familien (im Ganzen um 60,000 Kolonisten), wahrscheinlich beginnt die Diskussion morgen
Nationalversammlung. Sitzung vom 15. September. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Gleich nach Eröffnung wird folgender Antrag der katholisch sozialistischen Repräsentanten Waldeck Rousseau, B. Considerant, Fallour, Sibour, Roux Lavergne, Valette, Pierre Leroux und Montalembert vertheilt:
„An Sonn- und gesetzlich festgestellten Feiertagen darf in Werkstätten, Fabriken und Manufakturen nicht mehr gearbeitet werden. Diese Verordnung findet jedoch keine Anwendung in Fabriken mit immerwährender Feuerkraft (a feu continu.) Ebensowenig darf sie in Fällen angewandt werden, wo die Verwaltungsreglements ein Ueberschreiten der 12 Stunden gestatten etc.
An der Tagesordnung ist das Mathieu-Glais-Bizoinsche Amendement zur Verfassungseinleitung.
Odilon Barrot verlangt einen Urlaub für seinen Bruder Ferdinand Barrot in Algierschen Kolonisations- und Familien-Angelegenheiten. Bewilligt.
Dufaure im Namen des Verfassungsausschusses. Derselbe habe sich diesen Morgen versammelt und den Beschluß gefaßt, alle Zusätze zurückzuweisen, die zur ersten Hälfte des § 8. der Einleitung rücksichtlich des positiven Arbeitsrechts gestellt worden sind und noch gestellt werden könnten. An ihrer Stelle habe den Ausschuß folgende Fassung entworfen:
„Die Republik soll der Bürger in seiner Person, Familie, Religion, Eigenthum und Arbeit beschützen und ihn in Stand setzen, sich den allen Menschen nöthigen Unterricht zu verschaffen. Sie soll durch brüderliche Unterstützung die Existenz hülfsbedürftiger Bürger sichern, sei es indem sie ihnen Arbeit giebt, nach Maaßgabe ihrer Quellen, sei es daß sie in Ermangelung von Familien denjenigen Hülfe gewährt, die arbeitsunfähig sind.“
Diese neue Redaktionsweise wird angenommen; die gefährliche erste Hälfte des § 8. somit erledigt.
Zur zweiten Hälfte sind mehrere Amendements gestellt, die jedoch Vivien bekämpft.
Rour Carbonnel und Puysegur stellen folgenden Nachtrag:
„Die Nat.-Versamml. erklärt daß dieser Grund-Pakt nicht früher in Kraft tritt, als nachdem er vom Volke genehmigt ist, das zu diesem Zweck in Ur-Versammlungen durch geheime Abstimmung mit Ja und Nein zu entscheiden hat.
Dieser Nachtrag, der ein Veto in sich birgt, ruft eine stürmische Diskussion hervor Ledru-Rollin unterstützt ihn, möchte ihn jedoch ans Ende der Verfassung stellen.
Chapot bekämpft diesen Einwand und findet den Antrag besser vorn am Platz.
Detours schlägt ein andere Fassung vor, die aber Martin (der Straßburger) im Namen des Verfassungsausschusses bekämpft.
Man ruft rechts: Schluß! Schluß!
Der Berg dringt auf Abstimmung durch Zettel. Dies geschieht und der Tod des Vetos, d. h. die Question préalable wird mit 543 gegen 180 Stimmen ausgesprochen.
Deslongrais legt das Ausschußgutachten über die neue Salzsteuergesetzgebung auf den Präsidialtisch (Die Einleitung ist angenommen).
Marrast: Jetzt gehen wir zur Berathung der eigentlichen Verfassung über. Er liest: Erstes Kapitel. Von der Souverainetät.
„Artikel I. Die Souverainetät sitzt in der Gesammtheit der französischen Bürger. Sie ist unveräußerlich und unbeschränkbar. Kein Individuum, kein Theil des Volks kann sich deren Ausübung aneignen“
Pierre Lerour erhält das Wort. Jeder Volksvertreter, beweist er zuerst, habe das Recht, einen schriftlichen Vortrag zu halten. Die neuliche Protestation gegen ihn zerfalle also in nichts. Bezüglich des Verfassungs § selbst habe er nur wenig zu sagen. Verfassungen dürften nicht nach einer methodischen Ordnung gemacht werde. Was heiße das, die Souverainetät sitze in der Gesammtheit aller Bürger? „Das sei Trug und Unsinn.“ Ebenso der Rest. Die Souverainetät übt ja doch nur die Gewalt, die man Staat nenne und die Presse. Er schlägt folgende Fassung vor.
„Die Souverainetät gehört keinem Fürsten oder Kaiser noch einer Kaste oder Klasse, sie ist in jedem Burger, in Jedermann. Die Presse ist ein Ausdruck (Lerine, der Souverainetät.“ (Lärm, ja Tumult folgt diesem Amendement.) Es wird verworfen.
Pierre Lefranc trägt dann darauf an, aus dem ersten Kapitel das zweite zu machen.
Vivien bekämpft diesen Antrag Lefranc's. Er wird verworfen.
Huor beantragt einen langschweifigen Zusatz. Wird verworfen.
Das Kapitel I. ist angenommen.
Kapitel II lautet: „Niemand darf arretirt oder gefangen gesetzt werden ausser nach den Vorschriften der Gesetze.
Isambert sieht keine genügende Gewähr für die persönliche Freiheit hierin. Dabour schlägt ein Anhängsel vor, Dusaure bekämpft es. Kapitel II. wird angenommen.
Artikel 3 und 4 werden ohne wesentliche Debatte angenommen.
Artikel 5 wird dagegen stark debattirt. Er handelt bekanntlich von der Todesstrafe und lautet;
„Die Todesstrafe ist in politischen Dingen abgeschafft.“
Coquerel, Pfarrer, trägt auf Streichung der Worte „in politischen Dingen“ an. Er will die Abschaffung im Allgemeinen.
Lagrange, Victor Hugo, Tracy und Laboulie unterstützen die Absicht dieses philantroischen Seelsorgers.
Ayles bekämpft sie. Unser Gefängniß- (Zellen-) Wesen sei noch nicht vollständig genug. Er will das Beil nur für politische und Liebesverbrechen abgeschafft wissen. Sein Vortrag erregt Mißfallen.
Freslon erklärt das Köpfen für eine sociale Nothwendigkeit. (Murren.) Viele Gesetzgebungsversammlungen hätten die Todesstrafe schon abgeschafft und sich gezwungen gesehen, sie immer wieder einzuführen. Derjenige, der Blut vergießt, dessen Blut müsse wieder vergossen werden. Das öffentliche Gewissen verlange dies. Man erinnere sich nur an die Ermordung des Generals Breda. (Agitation in verschiedenem Sinne.) Das Volk strafe ja sogar die Diebe mit dem Tode. (Widerspruch zur Linken.) Es würden ohne die Furcht vor dem Schaffot viel mehr Verbrechen verübt werden (Denegation vom Berge. Beistimmung zur Rechten).
Dampierre, Wolowski und Favre eilen zugleich auf die Bühne. Ersterer behauptet sich darauf und spricht einige Worte, die aber der Ruf: Schluß! Schluß! Nein! Nein! übertaubt. Der Berg will die Diskussion fortgesetzt wissen Marrast läßt abstimmen. Der Berg siegt.
Die Debatte über die Todesstrafe wird demnach am Montage fortgesetzt. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.
National-Versammlung.
Sitzung vom 16. September. Vizepräsident Pagnerre eröffnet um 1 Uhr die Sitzung. Er zeigt der Versammlung den Tod ihres Kollegen Darragon an. An der Tagesordnung befinden sich zunächst Supplementar-Kredite für 1847.
Nach ihrer Erledigung erhält Base das Wort, um Interpellationen an den Minister des Innern zu richten. Heute früh, beginnt er, habe der National einen Artikel gebracht, der eine Thatsache von hoher Wichtigkeit enthalte. (Die schrecklichen Junikämpfe, lautet dieser Artikel Die Verbreitung gewisser sozialistischer Lehren, die Lage des Handels und das öffentliche Elend rufen in gewissen Departements einen blinden Widerstand gegen das republikanische Prinzip hervor. Es scheint, General Cavaignac habe es für nöthig geglaubt, eine Maßregel zu ergreifen, deren Zweck sei, die Departements über die wahren Gesinnungen der National-Versammlung und der Regierung aufzuklären und dadurch die irregeführten Meinungen wieder zu gewinnen. Eine Anzahl Repräsentanten habe sich zu diesem Zweck beim Konfeilpräsidenten diesen Morgen versammelt und sei von ihm gebeten worden, eine Sendung in die Departements anzunehmen. Diese Sendung solle ganz versohnender Natur und gleichzeitig zum Zweck haben, die Regierung vom wahren Zustand der Meinungen und Verwaltung in den Departements zu unterrichten). Der Redner verlangt Aufklärung über dieses Faktum vom Minister.
Senard, Minister des Innern, erwidert, die Regierung mache keinen Journalen Mittheilungen. (Doch, doch! dem National) Der National ist ihr eben so fremd wie alle andern. (Ah!) Was das von ihm angeregte Faktum betrifft, so ist dasselbe insofern wahr, als die Regierung wirklich die republikanische Fahne in allen Gegenden geachtet und geliebt sehen möchte. Sie hat sich daher entschlossen, mit den Departementsbeamten in genaue Verbindung zu setzen und eine General-Inspektion aller Verwaltungsbehörden verordnet. Sie muß wissen, was im Lande vorgeht und ob ihre Verordnungen genau befolgt werden. Nur auf diese Weise könne Vertrauen erwachen. [Stimme: Dafür sind wir ja hier! Sie haben die National-Versammlung!] Ohne Zweifel ist die National-Versammlung Alles für uns; eben darum wollen wir durch ihre Glieder mit dem Lande vermitteln. [Lärm. Stimme: Ihr wollt Späher ins Land senden, um Euch zu berichten] Auf derartige Unterbrechungsstürme war ich nicht gefaßt. Jeder von uns begreift, daß wir den eigentlichen Zustand der Geister nicht mehr kennen; seit 6 Monaten befinden wir uns aus der Heimath entfernt und die brieflichen Mittheilungen widersprechen sich in allen Richtungen. Unter diesen Umständen und bei den Gährungen auf dem platten Lande, halten wir es nöthig Emissäre zu schicken, die uns berichten und das Land beschwichtigen. Die National-Versammlung selbst verlieh ja der Regierung das Recht, einzelne ihrer Glieder zu verschicken. Nichts scheint also natürlicher, als der Versammlung vorzuschlagen, uns einige ihrer Glieder beizugesellen. [Stimme: Das ist eine Koterie!]
Ich höre von Koterien, das befremdet mich um so mehr, als ja die Wahl der Emissaire noch nicht getroffen. [Ah! Ah! Allons dons! Fürchterliche Unterbrechung].
Der Minister harrt lange auf der Tribüne, ohne ein Wort sprechen zu können. Der Tumult erdrückt ihn, endlich hören wir ihn noch die Versicherung aussprechen, daß diese Sendungen nur bestimmt seien, um das Vertrauen in die Zukunft beim Landbürger zu wecken. Er tritt ab.
Base: Die Thatsache ist also wahr! Ich begreife die Fürsorge der Regierung, sie ist noch neu und stößt auf Revolten. Aber hat ihr denn unser Rath und Beistand je gefehlt? Warum müssen wir ihre wichtigsten Entschlüsse zuerst in Journalen lesen? Viele im Saale erfahren das Faktum sicher erst durch meine Interpellation. Warum sich nur an Einzelne von uns wenden? Wenn es sich um das Heil der Republik handelt, müsset Ihr Minister Euch zuerst an uns Alle wenden. (Tumult.) Diese Sendungen werden nur eine gewisse polit. Farbe tragen. (Neuer Tumult.) Ihre Folgen werden traurig sein.
Sarrans, obgleich er erst durch die Debatte die Maaßregel erfährt, billigt sie.
Fallour schlägt vor, die ministrielle Maaßregel einer Commission zu begutachten zu überweisen.
Senard verlangt unbedingtes Vertrauen und bekämpft diese Ueberweisung. Während seiner ganzen Rede verrieth die Versammlung die unzweideutigsten Beweise des Mißbehagens. Der Minister wiederholt am Schlusse, daß die Maaßregel durchaus nöthig. Die Lage des Landes erheische sie. Er begibt sich in großer Wallung auf den Platz.
Marie, Justizminister, besteigt die Bühne und erklärt, daß die Regierung aus der Maaßregel eine Kabinitsfrage mache. Er trägt darauf an, durch Abstimmung zur Tagesordnung zu schreiten.
Dieser Erklärung folgt eine unbeschreiblich Aufregung. Aus allen Richtungen drängen sich die Repräsentanten zu den Ministerbänken Man schreit von allen Seiten. Besonders Cavaignac wird heftig interpellirt. Das Gedränge ist fürchterlich.
Alle Minister erheben sich und gehen aus dem Saale. De la Moriciere setzt seinen Hut mit Heftigkeit im Saale auf und, die um ihn stehenden Interpellanten zurückweisend, folgt er zornig seinen Kollegen.
Pause. Zahlreiche Gruppen.
Die Minister kehren nach einer langen Weile in den Saal zurück.
Marrast erscheint auf der Bühne. Der Lärm läßt ihn nicht zu Worten kommen. Er schwenkt einen Zettel in der Hand und liest endlich: Ich schlage folgenden Antrag vor:
„Die Nationalversammlung schreitet nach den angehörten Explikationen und der Vollziehungsgewalt, die Würdigung der beabsichtigten Maaßregel überlassend, zur Tagesordnung.“
Dieser Antrag geht nach 2maliger Abstimmung durch. Pagnerre will die Sitzung noch fortsetzen. Aber die Versammlung trennt sich schon um 5 ein halb Uhr in großer Aufregung. Diese Sitzung hat die Macht der Regierung gebrochen.
Großbritannien. * London, 16. Sept. Der neue Aufstandsversuch in Irland ist, wie sich erwarten ließ, schnell unterdrückt worden. Die irischen Journale geben die Liste der Geschwornen, die in dem Prozesse S. O'Brien und Genossen fungiren werden. Diese Liste, in welcher sich auf 22 Geschworne nur 4 Katholiken befinden, ist aus den großen Grundbesitzern der Grafschaft zusammengesetzt. Ludwig Napoleon hat sich in Southampton nach Havre eingeschifft.
Portugal. * Lissabon, 10. Sept. Man befürchtet, auch hier die Cholera binnen Kurzem ausbrechen zu sehen. Deshalb sind neue Quarantaine-Bestimmungen getroffen worden. Die hiesige Regierung dringt auf Abänderungen des Handelsvertrags mit England vom Jahr 1842 und hat dem Lord Palmerston darüber Eröffnungen zugehen lassen.
Amerika. * In Liverpool ist die „Cambria“ mit Nachrichten aus New-York vom 30. Aug. angelangt. Die Präsidentschaftsfrage ist der vorherrschende Gegenstand der Besprechung in allen Theilen der Union. Im Südwesten wird eine Landexpedition nach der Sierra Madre vorbereitet. Aus Mexiko die Nachricht, daß der Paredes'sche Aufstand vollständig unterdrückt ist. Der mexikanische Kongreß beschäftigte sich mit dem Tarif; er wird mehrere Zölle herabsetzen, namentlich die auf Baumwolle aus den vereinigten Staaten. Die amerikanischen Journale wollen wissen, daß in Jamaica ein Negeraufstand vorgekommen, bei welchem viele Schwarze getödtet worden.
Nachtrag. !!! Frankfurt, 17. Sept. Frühe um 2 1/2 Uhr. Gestern nach dem Schluß der Nationalversammlung sammelte sich die vereinigte Linke im „Deutschen Hof.“ Man berieth darüber, aus der Versammlung auszutreten, ein neues Vorparlament zu bilden und sich permanent zu erklären. ‒ Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Das Volk kam in Massen herbei, Blum und Simon aus Trier sprachen und verlangten vom Volke Zeit zur Beschlußnahme. Die Massen zerstreuten sich. Es kamen Deputationen von allen demokratischen Vereinen und vom Arbeiterverein Frankfurt's, welche überall versammelt waren. Die Deputationen aller Vereine einhellig verlangten Austritt der Linken aus der Nationalversammlung und Bildung eines neuen Parlaments. Benedey sprach zur Mäßigung. Schlöffel, Wesendonk, Simon von Trier verlangten die Erfüllung des Volkswillens. Es kamen neue Abgeordnete mit der Nachricht von Unruhen in der Stadt. Rösler von Oels, indem er verkündigt, daß man soeben vor Westendhall, dem englischen Hof u. s. w. demolirt, verlangt, man soll sich nicht übereilen, Morgen in Ruhe einen so wichtigen Beschluß besprechen. Doch verspricht er sich der Majorität zu unterwerfen. Während seiner Worte hört man draußen Generalmarsch schlagen. Die Aufregung steigt. Man beschließt schnell für Morgen um 3 Uhr eine große Volksversammlung auf der Pfingstweide, und für Morgen Abend Fortsetzung der Berathung über den Austritt.
Auf die Nachricht von dem Beschluß der Volksversammlung werden alle Orte aus der Umgegend noch in der Nacht durch Deputationen eingeladen, Riesenplakate angeschlagen.
!!! Frankfurt, 17. Sept. Berichtigung. In meinem gestrigen Bericht lesen Sie, daß der Exminister Heckscher zur Ordnung gerufen wurde, weil er gesagt: man hätte nicht den Muth, Preußen ein Mißtrauensvotum zu geben. Der Ordnungsruf hat seine Richtigkeit, aber das „Warum“ ist falsch. Der Exminister warf der linken Seite des Hauses vor: das Volk zu Aufruhr anzureizen; deshalb wurde er zur Ordnung verwiesen. Der fortwährende Tumult, der die Rede des Exministers begleitete, war Grund dieses Mißverständnisses.
Auch ist wohl zu merken, daß der Abgeordnete Waiz (auch ein Schleswig-Holsteiner) trotz seiner ausgezeichneten Rede für die Verwerfung, bei der Abstimmung für die Annahme stimmte.
Compes, Bürgers, Stedtmann und Konsorten stimmten für Annahme.
Handels-Nachrichten. _ Der Gerant: Korff.
Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher Nr. 17.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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