Neue Rheinische Zeitung. Nr. 104. Köln, 16. September 1848.[Spaltenumbruch]
[Deutschland] [Fortsetzung] Abg. Goldmark interpellirt hinsichtlich der italienischen Ereignisse und stellt folgende Fragen: 1. Welches sind die Grundsätze, nach denen das Ministerium in den italienischen Angelegenheiten verfährt? 2. Hat das Ministerium die französische und englische Mediation angenommen oder verworfen? 3. Gedenkt das Ministerium im Fall eines Krieges mit Frankreich das alte Bündniß mit der nordischen Macht zu erneuern? 4. Besteht das Schutz- und Trutz-Bündniß mit Modena noch, und wer sind die Männer, denen außer Radetzky die Schlichtung der italienischen Angelegenheiten übertragen ist? Minister Wessenberg: Er werde die Beantwortung dieser Fragen schriftlich vorlegen. Abg. Goldmark erinnert diejenigen Minister, welche aus dem frühern Ministerium in das gegenwärtige mit übergetreten, an das Versprechen vom 18. Mai, betreffend eine Untersuchung gegen Alle, die sich bei der Flucht des Kaisers betheiligt haben. Wünscht zu wissen, ob schon Resultate dieser Untersuchung vorlägen. Minister Doblhoff: Das Betreffende soll der Versammlung vorgelegt werden. Abg. Jenak: Ob es wahr sei, daß ein Ultimatum von Frankreich angekommen sei, und was das Kabinet beschlossen habe? Minister Doblhoff: Es ist kein Ultimatum angekommen. Die Mediation Frankreichs zwischen Oesterreich und Karl Albert ist angenommen, die Verhandlung darüber noch in der Schwebe. Auf eine Interpellation Polletscheck's Betreff einer Interrention in den ungarisch-kroatischen Zerwürfnissen, erklärt Doblhoff, daß das Ministerium alle in den Händen des Palatins befindlichen Aktenstücke auf das Bureau legen wolle. Tagesordnung: Petitions-Bericht. Mehrere Anträge liegen vor; darunter: alle Eingaben, Vorlagen u. s. w. in den hier vertretenen Sprachen übersetzt vorlegen zu lassen. Abg. Borrosch: verlangt, die deutsche Sprache allein hier zuzulassen, und den Antrag somit zurückzuweisen. (Langer, furchtbarer Tumult). Abg. Renger: Wir Slaven sind die absolute Majorität im Staat und Reichstag, und der Staat besteht nur so lange wir ihn bestehen lassen! (Anhaltender Tumult). Nach furchtbar stürmischen Debatten wird in der Abstimmung der Antrag der Petitions-Kommission angenommen. Die Sitzung schließt unter großer Aufregung. Wien. Wir entnehmen der Rede Kossuth's über die Stellung Ungarns zu Oestreich folgende Stellen, die über gar Manches Aufklärung geben: Kossuth: (Hört!) Verehrte Repräsentanten! Unaussprechlich unglücklich fühle ich mich, unter den Umständen, wo jeder Mensch doppelte Kräfte benöthigt, derartig krank zu sein, daß ich kaum stehen, kaum sprechen kann. (Setzen Sie sich; er setzt sich.) Als der letzte Reichstag zu Ende war, hat das Ministerium die Regierung übernommen und zugleich den Schwur der Treue für den König und die Konstitution niedergelegt, und Gehorsam den Gesetzen gelobt. In dieser Lage wäre das Ministerium nur dann vollkommen fähig gewesen, den über das Vaterland sich thürmenden Gefahren Widerstand zu leisten, wenn all' die konstituirenden Gewalten - deren Ausfluß eigentlich ein Ministerium bildet - sein Wirken aufrichtig unterstützt hätten. Das Ministerium hat eine solche Unterstützung nicht gefunden. Mit der reinsten Treue für Se. Maj. den König haben wir seit vielen Monaten nur darum gebeten, daß er durch sein Erscheinen in der Mitte seiner treuen Ungarn, der aus der neuen Konstitution fließenden neuen Regierung, jene moralische Stütze gebe, die in der Idee einer Monarchie und in der Pietät der ungarischen Nation für ihren König liegt. - Wir haben durch 5 Monaten hierum gebeten, und doch geschah es nicht. - Wir haben eine Armee getroffen gegenüber, der Rebellion und Empörung welche angibt, im Namen des Regenten zu wirken. - Se. Majestät hat in dieser Hinsicht ein Paar Manifeste erlassen, aber ich gestehe es aufrichtig, nach meiner festen Ueberzeugung, daß von Seite der Se. Majestät am nächsten umgebenden Kreise viel geschehen ist, den Erfolg dieser Befehle zu vereiteln; es ist hinsichtlich dessen viel geschehen, daß jener Geist in der Armee umsichgreife, als ob das nicht einmal der Wille Sr. Majestät sei, der in den Befehlen enthalten ist. - Von Seite der Wiener Regierung - welche bei der Einheit unseres Landesfürsten verpflichtet gewesen wäre zur Unversehrtheit der ungarischen Krone eines und desselben Fürsten beizutragen, oder wenigstens keine Hindernisse in den Weg zu legen - haben wir das Entgegengesetzte erfahren. - Und dem allen gegenüber hat das Ministerium, welches Treue dem Könige und der Constitution, und Gehorsam dem Gesetzte schwur, natürlich nur legale Mittel anwenden können, die von allen Seiten entkräftet wurden, bis endlich ein großer Theil der Armee in offener Aeußerung kundgab, daß man gegen die Gränzer, gegen die Kroaten, die unter derselben Fahne stehen, nicht kämpfen werde, nebenbei war das Ministerium noch durch die Ernennungs-Gewalt derart gebunden, daß es eine völlige Unmöglichkeit war, die Umgestaltung der Armee vorzunehmen.- Ich, verehrtes Haus, bin vollständig überzeugt, daß dieser Zustand so nicht länger bleiben kann, oder die Nation müßte gezwungen sein, sich um eine solche provisorische executive Gewalt zu bekümmern (springt von seinem Sitze auf, und hält sich mit einer Hand an die Tribüne fest) welche executive Gewalt nicht gezwungen sei, ihr Verfahren aus den Gesetzen, sondern aus der Gefahr des Vaterlandes zu schöpfen. (Stürmische Zurufe: so ist's.) (Nach einer kurzen Pause): Das Ministerium, welches so gebunden ist, kann das Vaterland nicht retten, (so ist's) und wenn ich noch in diesem Augenblicke von jenem Sessel (zeigt auf seinen Sitz) auf die Tribüne stieg, habe ich es nur deshalb gethan, weil zwei meiner Minister-Gefährten in Wien sind: ich [Spaltenumbruch] wollte nicht, daß man sage, ich habe die letzten Versuche zur Ausgleichung durch ein plötzlich unzeitliches Abtreten verhindert. - Ich fordere das Haus auf, daß es zu großen Entschlüssen und Entscheidungen bereit - das jetzige Ministerium in seinen letzten Versuchen unterstützen möge. - Denn verehrtes Repräsentantenhaus - mit uns wird ein abscheuliches niedriges Spiel gespielt, (schon lange) die moralische Kraft der gebildeten Welt unterstützt die rechtliche Sache. - Ich fordere das Haus auf im Namen der Repräsentanten der Nation, sogleich ein Manifest an Europa ergehen zu lassen, in welchem die Leiden der ungarischen Nation dargestellt werden, so auch ihr Recht, ihre Mäßigkeit und Treue - dem Aehnliches in letzter Zeit kein Beispiel in ganz Europa aufzuweisen ist. - Es stehe offen vor Europa, daß die Kabale in uns die Vormauer der Civilisation und eine Säule der Freiheit erschüttern will. - Der Ministerpräsident, und der Justizminister sind in Folge eines ministeriellen Beschlusses nach Wien gesendet worden, zu dem Ende, daß wir endlich einmal klar und bestimmt erfahren, wie uns die Dynastie und Oestreich gegenüber stehe? Wir haben Se. Majestät gebeten, herabzukommen (Nyary: und wir fordern es) ich bitte ergebenst, ein wenig Geduld zu haben. - Wir baten Se. Majestät herabzukommen, und diesem Hause wissen zu machen und auszusprechen, daß er deßhalb herabkomme, um zur Aufrechthaltung unserer Gesetze, der Konstitution, und zur Wahrung unserer Rechte, welche mit der Existenz seines Thrones in enger Verbindung stehen - durch seinen längeren Aufenthalt gemeinschaftlich mit uns hinzuwirken. Wir haben zugleich die Kriegs- und Finanzgesetze hinaufgesendet zur Sanktion. Ich bat das Haus bis dahin nichts zu thun, so lange der Erfolg der Hoffnung nicht entspricht; schon aber sind es 8 Tage, daß unsere Gefährten oben sind, dennoch, welcher ist noch jetzt der Gang der Sache? als wenn auf der Zögerungswagschale nicht eines Theils der Völker Schicksal läge, und andrerseits nicht die Existenz von Kronen liegen könnte. Ich bitte das Haus, eine Deputution an Se. Majestät zu schicken, kommen wir ins Reine mit unsern Angelegenheiten, nicht darum gehen aber die Deputirten, daß sie dort wochenlang zubringen, sondern sich einen Weg zum Throne des Fürsten bahnen; sie sagen, daß das Vaterland in Gefahr sei - in Gefahr selbst der Thron - ob daher Se. Majestät das thun wolle, was zur Erhaltung der Nation nöthig ist. Wir können nicht Tage und wochenlang warten, nachdem uns Intriguen mondenlang in Gefahr gestürzt, wir wollen einen schnellen Entschluß, fällt er rechts oder links, daß wir uns selbst zur Rechenschaft ziehend, das thun, was wir dem Vaterlande schulden. (Eljen). Es zögere diese Deputation keine 24 Stunden, und wird sie nicht empfangen, werden wir wissen, was man in Wien wolle. Ich bitte das Haus, dies zu thun, um den von Seite des Ministeriums jetzt gemachten letzten Versuch - natürlich ist es der letzte Versuch der gesetzgebenden Gewalt - zu unterstützen, und mit allen Kräften der Nation zum Erfolge oder zur Wirklichkeit zu führen. Verzeihen Sie, ich hätte noch mehr zu sagen, aber ich bin krank, ich kann nicht. (Zurufe, wir nehmen Alles an). (Kossuth wird von der Tribune herabgeführt.) Wien, 11. Septbr. Folgendes sind die Anträge des Finanz-Ministers wegen Ausschreibung der directen und indirecten Steuern für das Verwaltungs-Jahr 1849, wie sie heute der Finanz-Commission vorgelegt wurden: "1) Unter Vorbehalt der Aenderungen, welche über den Staats-Voranschlag werden beschlossen werden, sind für das Verwaltungs-Jahr 1849 die bisher eingeführten direkten und indirekten Abgaben in dem gegenwärtigen Ausmaße aus uschreiben. 2) Ferner wird bewilligt, mit genauer Beobachtung der bestehenden Vorschriften, die mit den letzteren für öffentliche Zwecke gestatteten Zuschläge zu den direkten und indirekten Abgaben für das Verwaltungs-Jahr 1849 nach Maß des Erfordernisses einzuheben. 3) Die Urbarial- und Zehntsteuer hat, soweit solche die obrigkeitlichen Urbarial- und Zehentbezüge zum Gegenstande hat, vom 1. November 1848 aufzuhören, und es ist in den Ländern, in denen dieselbe bisher besteht, die Grundsteuer ohne gegenseitige Abrechnung der Urbarial- und Zehentsteuer auf die verschiedenen Arten Grundbesitzes umzulegen. 4) Die Juden-Steuern sollen vom 1. November 1848 an nicht ausgeschrieben werden. Die Rückstände an der bis zu diesem Zeitpunkte bestandenen Gebühr hingegen sind im ordentlichen Wege einzubringen. Krauß, Finanz-Minister." !!! Frankfurt, 14. Sept. Nationalversammlung. Tagesordnung: Die Waffenstillstandsfrage. Alle Gallerien gedrängt voll. Der Präsident verliest die beiden Ausschuß-Anträge. An der Debatte betheiligen sich: "gegen den Majoritätsantrag auf Verwerfung des Waffenstillstandes: Exminister Heckscher, Franke aus Schleswig, Maltzahn aus Küstrin, Exminister Schmerling. 2) für den Majoritätsantrag Venedey aus Köln, Arndt aus Bonn, Eisenmann aus Nürnberg, Vicepräsident Hermann. Die Sitzung wird 3 1/2 Uhr auf Morgen vertagt. Ein bestimmtes Resultat ist noch nicht vorherzusagen. Die Adresse aus Köln macht das größte Aufsehen. Koblenz, 14. Sept. So eben ist eine Abtheilung 27ger mit dem Dampfboote hierdurch nach Köln gefahren. Die Soldaten hatten unter sich einen Mann mit einem dreieckigen Hute, Federbusch und tellergroßer schwarz-weißer Kokarde, welcher eine Fahne [Spaltenumbruch] von gleicher Farbe schwang und die Bürger am Ufer durch Faxen etc. verhöhnte. Der Unwillen der Anwesenden machte sich durch anhaltendes Pfeifen Luft. Der Kapitän des Dampfbootes beeilte, um Konflikten auszuweichen, seine Abfahrt. Wird dieses Spiel in Köln wiederholt, so ist ein blutiger Zusammenstoß dort bei der gereizten Stimmung nicht zu vermeiden. (Rh.- u. M.-Z.) 39 Aus dem Großherzogthum Posen, 11. Septbr. Vielleicht interessirt Ihre Leser das, von der Berliner Zeitungshalle jedoch nur im Allgemeinen erwähnte Verfahren gegen den Oberlandesgerichts-Assessor Heinemann beim Land- und Stadtgericht zu Gnesen. Der Ober-Appellationsgerichtsrath Rauchfuß wurde am 1. April 1846 als Direktor an das Land- und Stadtgericht zu Gnesen versetzt; erhob bei seinem Abgange von Posen aus der dortigen Kasse sein Gehalt für das zweite Quartal 1846 und als er in Gnesen angekommen war, erhob er von der Gnesener Kasse auch das Direktorialgehalt für das zweite Quartal ohne Abrechnung der in Posen erhaltenen Summe. Als die Gnesener Kasse die frühere Zahlung von der Posener erfuhr, wurde erstere vom Direktor wegen Erstattung für die Posener Kasse an sein Gehalt für das dritte Quartal gewiesen. Der Rendant der Kasse entschuldigte später auf Rügen wegen Vorausnahme der Zinsen seiner Amtskaution gegen den Kassenkurator Heinemann sein Verfahren mit dem frühern Verfahren des Direktors, welches hierdurch zur Kenntniß Heinemanns kam. Außerdem hatte der Direktor das Mißtrauen seines Kollegiums sich dadurch zugezogen, daß er öfters erklärte: "er votirte so und so, obgleich er anderer Meinung sei." Nachdem schon vier Richter erklärt hatten, daß dies Mißtrauen dem Direktor durch eine Collectivnote zu äußern sei, schrieb Heinemann namentlich an ihn: er bäte um Auskunft über jenen Kassenfall, um den Entschuldigungsgrund des Rendanten abzuschneiden. Auch als Mitglied des Collegii könne es ihm nicht gleichgültig sein, ob der Dirigent sich eine solche "Unregelmäßigkeit" erlaubt habe, zumal dieser beim Kollegium durch "unvorsichtige Aeußerungen" die Achtung und das Vertrauen "einigermaßen erschüttert" habe. So ungern er Mitglied seines Collegii sei, so sehr werde er erfreut sein, die Haltbarkeit seiner Stellung in ihrer Integrität dargestellt zu sehen. Man sieht, wie sanft noch im Schreiben die Handlungen des Dirigenten bezeichnet sind! Dieser reicht den Brief dem Oberlandesgericht zu Bromberg mit dem ausdrücklichen Bemerken ein, daß er wegen Beleidigung keinen Strafantrag machen will. Es wird gegen Heinemann wegen Beleidigung des Direktors (ohne Antrag!), wegen Insubordination und Aufwiegelung der übrigen Mitglieder (zur Collektivnote!) die Disciplinaruntersuchung eingeleitet. Die Kassen-"Unregelmäßigkeit" ist durch das Geständniß des Dirigenten, seine "unvorsichtigen Aeußerungen" d. h. das Abstimmen gegen seine eigene Ansicht werden durch zwei Richter bewiesen, ebenso das Mißtrauen, welches vier Mitglieder dem Direktor aussprechen wollten. Die im Schreiben erwähnten Thatsachen sind also erwiesen; sie sind mit den mildesten Worten bezeichnet, die man anwenden kann, ohne unwahr zu sein; und Heinemann nebst zwei Richtern des Collegii gaben einem an den Direktor zu richtenden Schreiben den Vorzug vor einem Bericht an das vorgesetzte Oberlandesgericht, weil dies den Direktor kränken könnte. Was folgt? Das Ober-Landesgericht zu Bromberg erklärt dem Direktor: es wolle gern glauben, daß die Vorausnahmen des Gehalts nur auf Irrthum beruhe (wie weit kann nicht ein preußischer Richter irren?), zumal er dasselbe Mannöver schon vorher zweimal ungerügt ausgeübt habe!! Dagegen wurde Heinemann wegen der genannten Verbrechen zu Zwangsversetzung mit Verlust der Umzugskosten und 30 Thlr. Geldbuße verurtheilt. Die Schlangenwindungen der Gründe kann man sich denken! Ist das nicht fabelhaft von einem preußischen "intelligenten" Gerichtshofe? Und solche Richter sollen eine Bevorzugung in der Absetzbarkeit haben? Da soll nicht jeder gesunde Menschenverstand richtigere Urtheile machen? Ueberhaupt stehen die Oberlandesgerichte des Großherzogthums in einem eminenten Rufe! Das zu Posen verzögert die Entscheidungen der Rechtssachen auf eine unglaubliche Weise. Verhaftete Angeschuldigte waren Jahr und Tag in Haft, und wurden dann straflos gefunden! (Zugleich eine schöne Empfehlung unserer Vorschriften über gerichtliche Verhaftungen!) Die Bagatellsachen (unter 50 Thlr.) erfordern auch gewöhnlich eine Zeit von mehreren Monaten, wenn nicht Jahre, ehe die Parteien ihre Entscheidung zweiter Instanz vom Oberlandesgericht erhalten können; überhaupt alle Sachen, in denen kein Termin ansteht, worin die Entscheidung gleich gesetzlich publizirt werden muß. Die Bagatellsachen sind aber für die ärmeren Klassen meist bedeutende Objekte. Also langsame Justiz für die Armen, schnellere für die Reichen! Den Hut ab für diese Gleichheit vor dem Gesetze! Breslau, 10. Sept. So eben ist der Befehl gekommen, daß beim 6. Armeekorps sämmtliche Linien-Kavallerie-Regimenter auf Kriegsstärke gestellt werden. Breslau, 11. Sept. Gestern fanden an sechs benachbarten Orten Volksversammlungen Statt. In Mörschelwitz, Domslau, Trebnitz, Striese, Oels und Tschansch. Das Resultat derselben ist die einstimmige Erklärung: die Rechte des Volkes und der Volksvertreter zu wahren gegen jede Verletzung. Ratibor, 10. Septbr. [Spaltenumbruch]
Der Aufstand in Hultschin scheint eine ernstere Gestalt enzunehmen. Die von hier aus abgesandten 50 Mann Cavallerie vermochten nur wenig zu leisten. Es sind heut Morgen 250 Mann Infantrie aus Kosel mittelst der Eisen- [Fortsetzung] [Fortsetzung] Giebt es eine feinere Wendung des Styles? Gegenleistung, ja, Herr von Schnopphanhski, Gegenleistung! Prägen Sie sich das tief ins Gedächtniß. Gegenleistung! that's the job! Leisten Sie etwas, Herr von Schnapphahnski. Um Gottes Willen, leisten Sie etwas, ehe Sie sich ihrer Eroberungen rühmen, sonst wird man auf allerlei seltsame Vermuthungen kommen. Man verlangt nicht von Ihnen, daß Sie ein Maximin sind, ein Mann wie jener kräftige Jüngling in goldener Rüstung, von dem alle römischen Damen Mutter zu werden wünschten, und der auch viele Schmachtenden zu trösten wußte, ehe sein abgeschlagenes Haupt, gleich einem "schönen Gespenste" von dem Gitter seines Palastes sah. Man verlangt auch nicht, daß sie dem Stuhlrichter Warga, jenem Graner Repräsentanten, gleichen, gegen dessen Zulassung zum ungarischen Parlamente man im verflossenen Juli in Pesth so sehr protestirte, weil der glückliche Mann, während seiner 10jährigen Amtsdauer 4000 Mädchen verführte ..., nein, auch mit den handfesten Lakaien des Grafen S. aus O. in Schlesien will man Ihnen gern den Wettstreit erlassen; aber lieber, theurer Ritter, leisten Sie etwas, etwas! etwas! denn bei all' Ihren Liebschaften, die wir erzählten, sind Sie noch nicht bis zu dem Punkte gekommen, der gerade die Pointe jeder Liebschaft ist ... weder bei der Gräfin S., noch bei der Schwester des Grafen G., noch bei Carlotten, ja, leisten Sie etwas, und das recht bald, sonst werden Ihnen alle Ihre trefflichen Reden nichts nützen, sonst werden trotz aller Ihrer angenehmen Manieren, die Geister der Unweisen auf der Gallerie sitzen und über Sie lachen, sonst wird man trotz alledem jenen hübschen Vers auf Sie anwenden, daß sehr oft die ".... gens d'esprit, d'ailleurs tres estimables Die Fürstin ... wollte also nicht, daß unser Held sich ihrer Liebe rühme, ohne ihr Gegenleistung gewährt zu haben. Armer Schnapphahnski, das war Pech! - Gott weiß es, heißt es in den betreffenden Dokumenten weiter, wie der Ritter zu dem Por- [Spaltenumbruch] trait der Fürstin gekommen war. Sicher ist, daß er die Gunst jener hohen Frau nie genossen, und daß er sich derselben mit vollkommenem Ungrund rühmte. Uebrigens ist die Fürstin seine ... und er kann daher auf verwandtschaftlichem Wege leicht zu dem Miniatur-Porträt gekommen sein, das er als Beweis-piece vorzeigte. Madame ..., der die freche und grundlose Kompromittirung von Seiten unsres Helden längst zu Ohren gekommen war, wurde natürlich sehr lebhaft daran erinnert, als sie den edlen Ritter plötzlich in eigner Person nach Wien hinüber voltigiren sah und es war hauptsächlich durch ihre Vermittlung, daß jene League entstand, welche Sr. Hochgeboren den Zutritt zu der Wiener Gesellschaft a tout prix zu verbarrikadiren suchte. Man verprüderte sich förmlich, um ihn weder zu empfangen, noch um irgend ein Haus zu besuchen, wo er empfangen wurde. Einer Dame, bei welcher er seinen Besuch durch den Fürsten H... bewerkstelligte, wurde ohne Weiteres notifizirt, daß sie auf alle andern Besuche verzichten müsse, wenn sie den Ritter Schnapphahnski bei sich empfange. Die Anstrengungen des Grafen K. und des Generals v. R. waren nutzlos; ihre besten Anekdoten blieben ohne Erfolg; der Ruf unsres Helden war für immer untergraben, und unerbittlich schlossen sich vor ihm alle Thüren. Herr von Schnapphahnski überzeugte sich davon, was es heißt, mit wüthenden Frauen zu thun zu haben. Gegen ein feindlich gesinntes Weib helfen weder Säbel noch Pistolen; ein Weib, das dich vernichten will, ist gefährlicher als alle falschen Freunde, als alle wüthenden Gläubiger, als alle bezahlten literarischen Windhunde, als tausend Sbirren; eine Frau die dich haßt, wird dich eher nieder werfen, als ein Regiment Dragoner, als eine Batterie Vierundzwanzigpfünder, ein Weib ist allmächtig. Wehe dir, wenn sie mit ihren schwachen Händen in die Räder deines Schicksals greift: zitternd wirst du zum Still- [Spaltenumbruch] stand kommen! Und wäre auch bei der Dauer des Kampfes das Roth ihrer Lippen verblichen, der Glanz ihres Auges erloschen und das Braun ihrer Haare silberweiß geworden: kommen wird die Stunde, wo sie ihren Fuß auf deinen Nacken setzt, wo sie sich königlich schön erhebt, wo sie in der Majestät des Glückes mitleidig auf dich hinablächelt und wo du fühlst, daß du ein Leben der Schmach hinter dir hast, ein Leben der Schande und der Niedertracht, weil du dich vergingst, ja, weil du gesündigt hast an einem Weibe. - Wie gesagt, Herr von Schnapphahnski machte in Wien vollständig Fiasco. Aus München hatte man ihn ausgewiesen, weil er so heroisch war, sich an einer furchtsamen Souveränität zu vergreifen; aus Wien wurde er durch die Abneigung der Damen verjagt, die alle bei dem Gedanken zitterten, daß sie sich bei der geringsten Berührung mit dem herrlichen Ritter, auch schon nach Kurzem in ein süßes Verhältniß mit ihm verwickelt hören müßten. Ingrimmig verließ Se. Hochgeboren Wien. Aber wie er nie damit zufrieden war, eine einfache Niederlage erlitten zu haben, so konnte er auch dieses Mal nicht umhin, einem Unglück noch eine Jämmerlichkeit hinzuzufügen. Er suchte nämlich die Fürstin... dadurch zu strafen, daß er über den wirklichen Geliebten derselben, über den spanichen Chevalier ... eine Infamie erdichtete und veröffentlichte; eine Infamie, von der er seinen Bekannten selbst eingestand, daß er sie nur fingirt habe, um sich an der Fürstin zu rächen. Glücklicherweise brachte ihm diese Niederträchtigkeit eine wohlverdiente Züchtigung. (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch]
[Deutschland] [Fortsetzung] Abg. Goldmark interpellirt hinsichtlich der italienischen Ereignisse und stellt folgende Fragen: 1. Welches sind die Grundsätze, nach denen das Ministerium in den italienischen Angelegenheiten verfährt? 2. Hat das Ministerium die französische und englische Mediation angenommen oder verworfen? 3. Gedenkt das Ministerium im Fall eines Krieges mit Frankreich das alte Bündniß mit der nordischen Macht zu erneuern? 4. Besteht das Schutz- und Trutz-Bündniß mit Modena noch, und wer sind die Männer, denen außer Radetzky die Schlichtung der italienischen Angelegenheiten übertragen ist? Minister Wessenberg: Er werde die Beantwortung dieser Fragen schriftlich vorlegen. Abg. Goldmark erinnert diejenigen Minister, welche aus dem frühern Ministerium in das gegenwärtige mit übergetreten, an das Versprechen vom 18. Mai, betreffend eine Untersuchung gegen Alle, die sich bei der Flucht des Kaisers betheiligt haben. Wünscht zu wissen, ob schon Resultate dieser Untersuchung vorlägen. Minister Doblhoff: Das Betreffende soll der Versammlung vorgelegt werden. Abg. Jenak: Ob es wahr sei, daß ein Ultimatum von Frankreich angekommen sei, und was das Kabinet beschlossen habe? Minister Doblhoff: Es ist kein Ultimatum angekommen. Die Mediation Frankreichs zwischen Oesterreich und Karl Albert ist angenommen, die Verhandlung darüber noch in der Schwebe. Auf eine Interpellation Polletscheck's Betreff einer Interrention in den ungarisch-kroatischen Zerwürfnissen, erklärt Doblhoff, daß das Ministerium alle in den Händen des Palatins befindlichen Aktenstücke auf das Bureau legen wolle. Tagesordnung: Petitions-Bericht. Mehrere Anträge liegen vor; darunter: alle Eingaben, Vorlagen u. s. w. in den hier vertretenen Sprachen übersetzt vorlegen zu lassen. Abg. Borrosch: verlangt, die deutsche Sprache allein hier zuzulassen, und den Antrag somit zurückzuweisen. (Langer, furchtbarer Tumult). Abg. Renger: Wir Slaven sind die absolute Majorität im Staat und Reichstag, und der Staat besteht nur so lange wir ihn bestehen lassen! (Anhaltender Tumult). Nach furchtbar stürmischen Debatten wird in der Abstimmung der Antrag der Petitions-Kommission angenommen. Die Sitzung schließt unter großer Aufregung. Wien. Wir entnehmen der Rede Kossuth's über die Stellung Ungarns zu Oestreich folgende Stellen, die über gar Manches Aufklärung geben: Kossuth: (Hört!) Verehrte Repräsentanten! Unaussprechlich unglücklich fühle ich mich, unter den Umständen, wo jeder Mensch doppelte Kräfte benöthigt, derartig krank zu sein, daß ich kaum stehen, kaum sprechen kann. (Setzen Sie sich; er setzt sich.) Als der letzte Reichstag zu Ende war, hat das Ministerium die Regierung übernommen und zugleich den Schwur der Treue für den König und die Konstitution niedergelegt, und Gehorsam den Gesetzen gelobt. In dieser Lage wäre das Ministerium nur dann vollkommen fähig gewesen, den über das Vaterland sich thürmenden Gefahren Widerstand zu leisten, wenn all' die konstituirenden Gewalten ‒ deren Ausfluß eigentlich ein Ministerium bildet ‒ sein Wirken aufrichtig unterstützt hätten. Das Ministerium hat eine solche Unterstützung nicht gefunden. Mit der reinsten Treue für Se. Maj. den König haben wir seit vielen Monaten nur darum gebeten, daß er durch sein Erscheinen in der Mitte seiner treuen Ungarn, der aus der neuen Konstitution fließenden neuen Regierung, jene moralische Stütze gebe, die in der Idee einer Monarchie und in der Pietät der ungarischen Nation für ihren König liegt. ‒ Wir haben durch 5 Monaten hierum gebeten, und doch geschah es nicht. ‒ Wir haben eine Armee getroffen gegenüber, der Rebellion und Empörung welche angibt, im Namen des Regenten zu wirken. ‒ Se. Majestät hat in dieser Hinsicht ein Paar Manifeste erlassen, aber ich gestehe es aufrichtig, nach meiner festen Ueberzeugung, daß von Seite der Se. Majestät am nächsten umgebenden Kreise viel geschehen ist, den Erfolg dieser Befehle zu vereiteln; es ist hinsichtlich dessen viel geschehen, daß jener Geist in der Armee umsichgreife, als ob das nicht einmal der Wille Sr. Majestät sei, der in den Befehlen enthalten ist. ‒ Von Seite der Wiener Regierung ‒ welche bei der Einheit unseres Landesfürsten verpflichtet gewesen wäre zur Unversehrtheit der ungarischen Krone eines und desselben Fürsten beizutragen, oder wenigstens keine Hindernisse in den Weg zu legen ‒ haben wir das Entgegengesetzte erfahren. ‒ Und dem allen gegenüber hat das Ministerium, welches Treue dem Könige und der Constitution, und Gehorsam dem Gesetzte schwur, natürlich nur legale Mittel anwenden können, die von allen Seiten entkräftet wurden, bis endlich ein großer Theil der Armee in offener Aeußerung kundgab, daß man gegen die Gränzer, gegen die Kroaten, die unter derselben Fahne stehen, nicht kämpfen werde, nebenbei war das Ministerium noch durch die Ernennungs-Gewalt derart gebunden, daß es eine völlige Unmöglichkeit war, die Umgestaltung der Armee vorzunehmen.‒ Ich, verehrtes Haus, bin vollständig überzeugt, daß dieser Zustand so nicht länger bleiben kann, oder die Nation müßte gezwungen sein, sich um eine solche provisorische executive Gewalt zu bekümmern (springt von seinem Sitze auf, und hält sich mit einer Hand an die Tribüne fest) welche executive Gewalt nicht gezwungen sei, ihr Verfahren aus den Gesetzen, sondern aus der Gefahr des Vaterlandes zu schöpfen. (Stürmische Zurufe: so ist's.) (Nach einer kurzen Pause): Das Ministerium, welches so gebunden ist, kann das Vaterland nicht retten, (so ist's) und wenn ich noch in diesem Augenblicke von jenem Sessel (zeigt auf seinen Sitz) auf die Tribüne stieg, habe ich es nur deshalb gethan, weil zwei meiner Minister-Gefährten in Wien sind: ich [Spaltenumbruch] wollte nicht, daß man sage, ich habe die letzten Versuche zur Ausgleichung durch ein plötzlich unzeitliches Abtreten verhindert. ‒ Ich fordere das Haus auf, daß es zu großen Entschlüssen und Entscheidungen bereit ‒ das jetzige Ministerium in seinen letzten Versuchen unterstützen möge. ‒ Denn verehrtes Repräsentantenhaus ‒ mit uns wird ein abscheuliches niedriges Spiel gespielt, (schon lange) die moralische Kraft der gebildeten Welt unterstützt die rechtliche Sache. ‒ Ich fordere das Haus auf im Namen der Repräsentanten der Nation, sogleich ein Manifest an Europa ergehen zu lassen, in welchem die Leiden der ungarischen Nation dargestellt werden, so auch ihr Recht, ihre Mäßigkeit und Treue ‒ dem Aehnliches in letzter Zeit kein Beispiel in ganz Europa aufzuweisen ist. ‒ Es stehe offen vor Europa, daß die Kabale in uns die Vormauer der Civilisation und eine Säule der Freiheit erschüttern will. ‒ Der Ministerpräsident, und der Justizminister sind in Folge eines ministeriellen Beschlusses nach Wien gesendet worden, zu dem Ende, daß wir endlich einmal klar und bestimmt erfahren, wie uns die Dynastie und Oestreich gegenüber stehe? Wir haben Se. Majestät gebeten, herabzukommen (Nyáry: und wir fordern es) ich bitte ergebenst, ein wenig Geduld zu haben. ‒ Wir baten Se. Majestät herabzukommen, und diesem Hause wissen zu machen und auszusprechen, daß er deßhalb herabkomme, um zur Aufrechthaltung unserer Gesetze, der Konstitution, und zur Wahrung unserer Rechte, welche mit der Existenz seines Thrones in enger Verbindung stehen ‒ durch seinen längeren Aufenthalt gemeinschaftlich mit uns hinzuwirken. Wir haben zugleich die Kriegs- und Finanzgesetze hinaufgesendet zur Sanktion. Ich bat das Haus bis dahin nichts zu thun, so lange der Erfolg der Hoffnung nicht entspricht; schon aber sind es 8 Tage, daß unsere Gefährten oben sind, dennoch, welcher ist noch jetzt der Gang der Sache? als wenn auf der Zögerungswagschale nicht eines Theils der Völker Schicksal läge, und andrerseits nicht die Existenz von Kronen liegen könnte. Ich bitte das Haus, eine Deputution an Se. Majestät zu schicken, kommen wir ins Reine mit unsern Angelegenheiten, nicht darum gehen aber die Deputirten, daß sie dort wochenlang zubringen, sondern sich einen Weg zum Throne des Fürsten bahnen; sie sagen, daß das Vaterland in Gefahr sei ‒ in Gefahr selbst der Thron ‒ ob daher Se. Majestät das thun wolle, was zur Erhaltung der Nation nöthig ist. Wir können nicht Tage und wochenlang warten, nachdem uns Intriguen mondenlang in Gefahr gestürzt, wir wollen einen schnellen Entschluß, fällt er rechts oder links, daß wir uns selbst zur Rechenschaft ziehend, das thun, was wir dem Vaterlande schulden. (Eljen). Es zögere diese Deputation keine 24 Stunden, und wird sie nicht empfangen, werden wir wissen, was man in Wien wolle. Ich bitte das Haus, dies zu thun, um den von Seite des Ministeriums jetzt gemachten letzten Versuch ‒ natürlich ist es der letzte Versuch der gesetzgebenden Gewalt ‒ zu unterstützen, und mit allen Kräften der Nation zum Erfolge oder zur Wirklichkeit zu führen. Verzeihen Sie, ich hätte noch mehr zu sagen, aber ich bin krank, ich kann nicht. (Zurufe, wir nehmen Alles an). (Kossuth wird von der Tribune herabgeführt.) Wien, 11. Septbr. Folgendes sind die Anträge des Finanz-Ministers wegen Ausschreibung der directen und indirecten Steuern für das Verwaltungs-Jahr 1849, wie sie heute der Finanz-Commission vorgelegt wurden: „1) Unter Vorbehalt der Aenderungen, welche über den Staats-Voranschlag werden beschlossen werden, sind für das Verwaltungs-Jahr 1849 die bisher eingeführten direkten und indirekten Abgaben in dem gegenwärtigen Ausmaße aus uschreiben. 2) Ferner wird bewilligt, mit genauer Beobachtung der bestehenden Vorschriften, die mit den letzteren für öffentliche Zwecke gestatteten Zuschläge zu den direkten und indirekten Abgaben für das Verwaltungs-Jahr 1849 nach Maß des Erfordernisses einzuheben. 3) Die Urbarial- und Zehntsteuer hat, soweit solche die obrigkeitlichen Urbarial- und Zehentbezüge zum Gegenstande hat, vom 1. November 1848 aufzuhören, und es ist in den Ländern, in denen dieselbe bisher besteht, die Grundsteuer ohne gegenseitige Abrechnung der Urbarial- und Zehentsteuer auf die verschiedenen Arten Grundbesitzes umzulegen. 4) Die Juden-Steuern sollen vom 1. November 1848 an nicht ausgeschrieben werden. Die Rückstände an der bis zu diesem Zeitpunkte bestandenen Gebühr hingegen sind im ordentlichen Wege einzubringen. Krauß, Finanz-Minister.“ !!! Frankfurt, 14. Sept. Nationalversammlung. Tagesordnung: Die Waffenstillstandsfrage. Alle Gallerien gedrängt voll. Der Präsident verliest die beiden Ausschuß-Anträge. An der Debatte betheiligen sich: „gegen den Majoritätsantrag auf Verwerfung des Waffenstillstandes: Exminister Heckscher, Franke aus Schleswig, Maltzahn aus Küstrin, Exminister Schmerling. 2) für den Majoritätsantrag Venedey aus Köln, Arndt aus Bonn, Eisenmann aus Nürnberg, Vicepräsident Hermann. Die Sitzung wird 3 1/2 Uhr auf Morgen vertagt. Ein bestimmtes Resultat ist noch nicht vorherzusagen. Die Adresse aus Köln macht das größte Aufsehen. Koblenz, 14. Sept. So eben ist eine Abtheilung 27ger mit dem Dampfboote hierdurch nach Köln gefahren. Die Soldaten hatten unter sich einen Mann mit einem dreieckigen Hute, Federbusch und tellergroßer schwarz-weißer Kokarde, welcher eine Fahne [Spaltenumbruch] von gleicher Farbe schwang und die Bürger am Ufer durch Faxen etc. verhöhnte. Der Unwillen der Anwesenden machte sich durch anhaltendes Pfeifen Luft. Der Kapitän des Dampfbootes beeilte, um Konflikten auszuweichen, seine Abfahrt. Wird dieses Spiel in Köln wiederholt, so ist ein blutiger Zusammenstoß dort bei der gereizten Stimmung nicht zu vermeiden. (Rh.- u. M.-Z.) 39 Aus dem Großherzogthum Posen, 11. Septbr. Vielleicht interessirt Ihre Leser das, von der Berliner Zeitungshalle jedoch nur im Allgemeinen erwähnte Verfahren gegen den Oberlandesgerichts-Assessor Heinemann beim Land- und Stadtgericht zu Gnesen. Der Ober-Appellationsgerichtsrath Rauchfuß wurde am 1. April 1846 als Direktor an das Land- und Stadtgericht zu Gnesen versetzt; erhob bei seinem Abgange von Posen aus der dortigen Kasse sein Gehalt für das zweite Quartal 1846 und als er in Gnesen angekommen war, erhob er von der Gnesener Kasse auch das Direktorialgehalt für das zweite Quartal ohne Abrechnung der in Posen erhaltenen Summe. Als die Gnesener Kasse die frühere Zahlung von der Posener erfuhr, wurde erstere vom Direktor wegen Erstattung für die Posener Kasse an sein Gehalt für das dritte Quartal gewiesen. Der Rendant der Kasse entschuldigte später auf Rügen wegen Vorausnahme der Zinsen seiner Amtskaution gegen den Kassenkurator Heinemann sein Verfahren mit dem frühern Verfahren des Direktors, welches hierdurch zur Kenntniß Heinemanns kam. Außerdem hatte der Direktor das Mißtrauen seines Kollegiums sich dadurch zugezogen, daß er öfters erklärte: „er votirte so und so, obgleich er anderer Meinung sei.“ Nachdem schon vier Richter erklärt hatten, daß dies Mißtrauen dem Direktor durch eine Collectivnote zu äußern sei, schrieb Heinemann namentlich an ihn: er bäte um Auskunft über jenen Kassenfall, um den Entschuldigungsgrund des Rendanten abzuschneiden. Auch als Mitglied des Collegii könne es ihm nicht gleichgültig sein, ob der Dirigent sich eine solche „Unregelmäßigkeit“ erlaubt habe, zumal dieser beim Kollegium durch „unvorsichtige Aeußerungen“ die Achtung und das Vertrauen „einigermaßen erschüttert“ habe. So ungern er Mitglied seines Collegii sei, so sehr werde er erfreut sein, die Haltbarkeit seiner Stellung in ihrer Integrität dargestellt zu sehen. Man sieht, wie sanft noch im Schreiben die Handlungen des Dirigenten bezeichnet sind! Dieser reicht den Brief dem Oberlandesgericht zu Bromberg mit dem ausdrücklichen Bemerken ein, daß er wegen Beleidigung keinen Strafantrag machen will. Es wird gegen Heinemann wegen Beleidigung des Direktors (ohne Antrag!), wegen Insubordination und Aufwiegelung der übrigen Mitglieder (zur Collektivnote!) die Disciplinaruntersuchung eingeleitet. Die Kassen-„Unregelmäßigkeit“ ist durch das Geständniß des Dirigenten, seine „unvorsichtigen Aeußerungen“ d. h. das Abstimmen gegen seine eigene Ansicht werden durch zwei Richter bewiesen, ebenso das Mißtrauen, welches vier Mitglieder dem Direktor aussprechen wollten. Die im Schreiben erwähnten Thatsachen sind also erwiesen; sie sind mit den mildesten Worten bezeichnet, die man anwenden kann, ohne unwahr zu sein; und Heinemann nebst zwei Richtern des Collegii gaben einem an den Direktor zu richtenden Schreiben den Vorzug vor einem Bericht an das vorgesetzte Oberlandesgericht, weil dies den Direktor kränken könnte. Was folgt? Das Ober-Landesgericht zu Bromberg erklärt dem Direktor: es wolle gern glauben, daß die Vorausnahmen des Gehalts nur auf Irrthum beruhe (wie weit kann nicht ein preußischer Richter irren?), zumal er dasselbe Mannöver schon vorher zweimal ungerügt ausgeübt habe!! Dagegen wurde Heinemann wegen der genannten Verbrechen zu Zwangsversetzung mit Verlust der Umzugskosten und 30 Thlr. Geldbuße verurtheilt. Die Schlangenwindungen der Gründe kann man sich denken! Ist das nicht fabelhaft von einem preußischen „intelligenten“ Gerichtshofe? Und solche Richter sollen eine Bevorzugung in der Absetzbarkeit haben? Da soll nicht jeder gesunde Menschenverstand richtigere Urtheile machen? Ueberhaupt stehen die Oberlandesgerichte des Großherzogthums in einem eminenten Rufe! Das zu Posen verzögert die Entscheidungen der Rechtssachen auf eine unglaubliche Weise. Verhaftete Angeschuldigte waren Jahr und Tag in Haft, und wurden dann straflos gefunden! (Zugleich eine schöne Empfehlung unserer Vorschriften über gerichtliche Verhaftungen!) Die Bagatellsachen (unter 50 Thlr.) erfordern auch gewöhnlich eine Zeit von mehreren Monaten, wenn nicht Jahre, ehe die Parteien ihre Entscheidung zweiter Instanz vom Oberlandesgericht erhalten können; überhaupt alle Sachen, in denen kein Termin ansteht, worin die Entscheidung gleich gesetzlich publizirt werden muß. Die Bagatellsachen sind aber für die ärmeren Klassen meist bedeutende Objekte. Also langsame Justiz für die Armen, schnellere für die Reichen! Den Hut ab für diese Gleichheit vor dem Gesetze! Breslau, 10. Sept. So eben ist der Befehl gekommen, daß beim 6. Armeekorps sämmtliche Linien-Kavallerie-Regimenter auf Kriegsstärke gestellt werden. Breslau, 11. Sept. Gestern fanden an sechs benachbarten Orten Volksversammlungen Statt. In Mörschelwitz, Domslau, Trebnitz, Striese, Oels und Tschansch. Das Resultat derselben ist die einstimmige Erklärung: die Rechte des Volkes und der Volksvertreter zu wahren gegen jede Verletzung. Ratibor, 10. Septbr. [Spaltenumbruch]
Der Aufstand in Hultschin scheint eine ernstere Gestalt enzunehmen. Die von hier aus abgesandten 50 Mann Cavallerie vermochten nur wenig zu leisten. Es sind heut Morgen 250 Mann Infantrie aus Kosel mittelst der Eisen- [Fortsetzung] [Fortsetzung] Giebt es eine feinere Wendung des Styles? Gegenleistung, ja, Herr von Schnopphanhski, Gegenleistung! Prägen Sie sich das tief ins Gedächtniß. Gegenleistung! that's the job! Leisten Sie etwas, Herr von Schnapphahnski. Um Gottes Willen, leisten Sie etwas, ehe Sie sich ihrer Eroberungen rühmen, sonst wird man auf allerlei seltsame Vermuthungen kommen. Man verlangt nicht von Ihnen, daß Sie ein Maximin sind, ein Mann wie jener kräftige Jüngling in goldener Rüstung, von dem alle römischen Damen Mutter zu werden wünschten, und der auch viele Schmachtenden zu trösten wußte, ehe sein abgeschlagenes Haupt, gleich einem „schönen Gespenste“ von dem Gitter seines Palastes sah. Man verlangt auch nicht, daß sie dem Stuhlrichter Warga, jenem Graner Repräsentanten, gleichen, gegen dessen Zulassung zum ungarischen Parlamente man im verflossenen Juli in Pesth so sehr protestirte, weil der glückliche Mann, während seiner 10jährigen Amtsdauer 4000 Mädchen verführte …, nein, auch mit den handfesten Lakaien des Grafen S. aus O. in Schlesien will man Ihnen gern den Wettstreit erlassen; aber lieber, theurer Ritter, leisten Sie etwas, etwas! etwas! denn bei all' Ihren Liebschaften, die wir erzählten, sind Sie noch nicht bis zu dem Punkte gekommen, der gerade die Pointe jeder Liebschaft ist … weder bei der Gräfin S., noch bei der Schwester des Grafen G., noch bei Carlotten, ja, leisten Sie etwas, und das recht bald, sonst werden Ihnen alle Ihre trefflichen Reden nichts nützen, sonst werden trotz aller Ihrer angenehmen Manieren, die Geister der Unweisen auf der Gallerie sitzen und über Sie lachen, sonst wird man trotz alledem jenen hübschen Vers auf Sie anwenden, daß sehr oft die «.... gens d'esprit, d'ailleurs très estimables Die Fürstin … wollte also nicht, daß unser Held sich ihrer Liebe rühme, ohne ihr Gegenleistung gewährt zu haben. Armer Schnapphahnski, das war Pech! ‒ Gott weiß es, heißt es in den betreffenden Dokumenten weiter, wie der Ritter zu dem Por- [Spaltenumbruch] trait der Fürstin gekommen war. Sicher ist, daß er die Gunst jener hohen Frau nie genossen, und daß er sich derselben mit vollkommenem Ungrund rühmte. Uebrigens ist die Fürstin seine … und er kann daher auf verwandtschaftlichem Wege leicht zu dem Miniatur-Porträt gekommen sein, das er als Beweis-pièce vorzeigte. Madame …, der die freche und grundlose Kompromittirung von Seiten unsres Helden längst zu Ohren gekommen war, wurde natürlich sehr lebhaft daran erinnert, als sie den edlen Ritter plötzlich in eigner Person nach Wien hinüber voltigiren sah und es war hauptsächlich durch ihre Vermittlung, daß jene League entstand, welche Sr. Hochgeboren den Zutritt zu der Wiener Gesellschaft à tout prix zu verbarrikadiren suchte. Man verprüderte sich förmlich, um ihn weder zu empfangen, noch um irgend ein Haus zu besuchen, wo er empfangen wurde. Einer Dame, bei welcher er seinen Besuch durch den Fürsten H… bewerkstelligte, wurde ohne Weiteres notifizirt, daß sie auf alle andern Besuche verzichten müsse, wenn sie den Ritter Schnapphahnski bei sich empfange. Die Anstrengungen des Grafen K. und des Generals v. R. waren nutzlos; ihre besten Anekdoten blieben ohne Erfolg; der Ruf unsres Helden war für immer untergraben, und unerbittlich schlossen sich vor ihm alle Thüren. Herr von Schnapphahnski überzeugte sich davon, was es heißt, mit wüthenden Frauen zu thun zu haben. Gegen ein feindlich gesinntes Weib helfen weder Säbel noch Pistolen; ein Weib, das dich vernichten will, ist gefährlicher als alle falschen Freunde, als alle wüthenden Gläubiger, als alle bezahlten literarischen Windhunde, als tausend Sbirren; eine Frau die dich haßt, wird dich eher nieder werfen, als ein Regiment Dragoner, als eine Batterie Vierundzwanzigpfünder, ein Weib ist allmächtig. Wehe dir, wenn sie mit ihren schwachen Händen in die Räder deines Schicksals greift: zitternd wirst du zum Still- [Spaltenumbruch] stand kommen! Und wäre auch bei der Dauer des Kampfes das Roth ihrer Lippen verblichen, der Glanz ihres Auges erloschen und das Braun ihrer Haare silberweiß geworden: kommen wird die Stunde, wo sie ihren Fuß auf deinen Nacken setzt, wo sie sich königlich schön erhebt, wo sie in der Majestät des Glückes mitleidig auf dich hinablächelt und wo du fühlst, daß du ein Leben der Schmach hinter dir hast, ein Leben der Schande und der Niedertracht, weil du dich vergingst, ja, weil du gesündigt hast an einem Weibe. ‒ Wie gesagt, Herr von Schnapphahnski machte in Wien vollständig Fiasco. Aus München hatte man ihn ausgewiesen, weil er so heroisch war, sich an einer furchtsamen Souveränität zu vergreifen; aus Wien wurde er durch die Abneigung der Damen verjagt, die alle bei dem Gedanken zitterten, daß sie sich bei der geringsten Berührung mit dem herrlichen Ritter, auch schon nach Kurzem in ein süßes Verhältniß mit ihm verwickelt hören müßten. Ingrimmig verließ Se. Hochgeboren Wien. Aber wie er nie damit zufrieden war, eine einfache Niederlage erlitten zu haben, so konnte er auch dieses Mal nicht umhin, einem Unglück noch eine Jämmerlichkeit hinzuzufügen. Er suchte nämlich die Fürstin… dadurch zu strafen, daß er über den wirklichen Geliebten derselben, über den spanichen Chevalier … eine Infamie erdichtete und veröffentlichte; eine Infamie, von der er seinen Bekannten selbst eingestand, daß er sie nur fingirt habe, um sich an der Fürstin zu rächen. Glücklicherweise brachte ihm diese Niederträchtigkeit eine wohlverdiente Züchtigung. (Fortsetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="0518"/> <cb n="1"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar104_006" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Abg. <hi rendition="#g">Goldmark</hi> interpellirt hinsichtlich der italienischen Ereignisse und stellt folgende Fragen:</p> <p>1. Welches sind die Grundsätze, nach denen das Ministerium in den italienischen Angelegenheiten verfährt?</p> <p>2. Hat das Ministerium die französische und englische Mediation angenommen oder verworfen?</p> <p>3. Gedenkt das Ministerium im Fall eines Krieges mit Frankreich das alte Bündniß mit der nordischen Macht zu erneuern?</p> <p>4. Besteht das Schutz- und Trutz-Bündniß mit Modena noch, und wer sind die Männer, denen außer Radetzky die Schlichtung der italienischen Angelegenheiten übertragen ist?</p> <p>Minister <hi rendition="#g">Wessenberg:</hi> Er werde die Beantwortung dieser Fragen schriftlich vorlegen.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Goldmark</hi> erinnert diejenigen Minister, welche aus dem frühern Ministerium in das gegenwärtige mit übergetreten, an das Versprechen vom 18. Mai, betreffend eine Untersuchung gegen Alle, die sich bei der Flucht des Kaisers betheiligt haben. Wünscht zu wissen, ob schon Resultate dieser Untersuchung vorlägen.</p> <p>Minister <hi rendition="#g">Doblhoff:</hi> Das Betreffende soll der Versammlung vorgelegt werden.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Jenak:</hi> Ob es wahr sei, daß ein Ultimatum von Frankreich angekommen sei, und was das Kabinet beschlossen habe?</p> <p>Minister <hi rendition="#g">Doblhoff:</hi> Es ist kein Ultimatum angekommen. Die Mediation Frankreichs zwischen Oesterreich und Karl Albert ist angenommen, die Verhandlung darüber noch in der Schwebe.</p> <p>Auf eine Interpellation <hi rendition="#g">Polletscheck's</hi> Betreff einer Interrention in den ungarisch-kroatischen Zerwürfnissen, erklärt <hi rendition="#g">Doblhoff,</hi> daß das Ministerium alle in den Händen des Palatins befindlichen Aktenstücke auf das Bureau legen wolle.</p> <p><hi rendition="#g">Tagesordnung:</hi> Petitions-Bericht.</p> <p>Mehrere Anträge liegen vor; darunter: alle Eingaben, Vorlagen u. s. w. in den hier vertretenen Sprachen übersetzt vorlegen zu lassen.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Borrosch:</hi> verlangt, die deutsche Sprache allein hier zuzulassen, und den Antrag somit zurückzuweisen. (Langer, furchtbarer Tumult).</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Renger: Wir Slaven sind die absolute Majorität im Staat und Reichstag, und der Staat besteht nur so lange wir ihn bestehen lassen!</hi> (Anhaltender Tumult).</p> <p>Nach furchtbar stürmischen Debatten wird in der Abstimmung der Antrag der Petitions-Kommission <hi rendition="#g">angenommen</hi>.</p> <p>Die Sitzung schließt unter großer Aufregung.</p> </div> <div xml:id="ar104_007" type="jArticle"> <head> Wien.</head> <p>Wir entnehmen der Rede <hi rendition="#g">Kossuth's</hi> über die Stellung Ungarns zu Oestreich folgende Stellen, die über gar Manches Aufklärung geben:</p> <p>Kossuth: (Hört!) Verehrte Repräsentanten! Unaussprechlich unglücklich fühle ich mich, unter den Umständen, wo jeder Mensch doppelte Kräfte benöthigt, derartig krank zu sein, daß ich kaum stehen, kaum sprechen kann. (Setzen Sie sich; er setzt sich.)</p> <p>Als der letzte Reichstag zu Ende war, hat das Ministerium die Regierung übernommen und zugleich den Schwur der Treue für den König und die Konstitution niedergelegt, und Gehorsam den Gesetzen gelobt. In dieser Lage wäre das Ministerium nur dann vollkommen fähig gewesen, den über das Vaterland sich thürmenden Gefahren Widerstand zu leisten, wenn all' die konstituirenden Gewalten ‒ deren Ausfluß eigentlich ein Ministerium bildet ‒ sein Wirken aufrichtig unterstützt hätten. Das Ministerium hat eine solche Unterstützung nicht gefunden.</p> <p>Mit der reinsten Treue für Se. Maj. den König haben wir seit vielen Monaten nur darum gebeten, daß er durch sein Erscheinen in der Mitte seiner treuen Ungarn, der aus der neuen Konstitution fließenden neuen Regierung, jene moralische Stütze gebe, die in der Idee einer Monarchie und in der Pietät der ungarischen Nation für ihren König liegt. ‒ Wir haben durch 5 Monaten hierum gebeten, und doch geschah es nicht. ‒ Wir haben eine Armee getroffen gegenüber, der Rebellion und Empörung welche angibt, im Namen des Regenten zu wirken. ‒ Se. Majestät hat in dieser Hinsicht ein Paar Manifeste erlassen, aber ich gestehe es aufrichtig, nach meiner festen Ueberzeugung, daß von Seite der Se. Majestät am nächsten umgebenden Kreise viel geschehen ist, den Erfolg dieser Befehle zu vereiteln; es ist hinsichtlich dessen viel geschehen, daß jener Geist in der Armee umsichgreife, als ob das nicht einmal der Wille Sr. Majestät sei, der in den Befehlen enthalten ist. ‒ Von Seite der Wiener Regierung ‒ welche bei der Einheit unseres Landesfürsten verpflichtet gewesen wäre zur Unversehrtheit der ungarischen Krone eines und desselben Fürsten beizutragen, oder wenigstens keine Hindernisse in den Weg zu legen ‒ haben wir das Entgegengesetzte erfahren. ‒ Und dem allen gegenüber hat das Ministerium, welches Treue dem Könige und der Constitution, und Gehorsam dem Gesetzte schwur, natürlich nur legale Mittel anwenden können, die von allen Seiten entkräftet wurden, bis endlich ein großer Theil der Armee in offener Aeußerung kundgab, daß man gegen die Gränzer, gegen die Kroaten, die unter derselben Fahne stehen, nicht kämpfen werde, nebenbei war das Ministerium noch durch die Ernennungs-Gewalt derart gebunden, daß es eine völlige Unmöglichkeit war, die Umgestaltung der Armee vorzunehmen.‒ Ich, verehrtes Haus, bin vollständig überzeugt, daß dieser Zustand so nicht länger bleiben kann, oder die Nation müßte gezwungen sein, sich um eine solche provisorische executive <hi rendition="#g">Gewalt</hi> zu bekümmern (springt von seinem Sitze auf, und hält sich mit einer Hand an die Tribüne fest) welche executive Gewalt nicht gezwungen sei, ihr Verfahren aus den Gesetzen, sondern aus der Gefahr des Vaterlandes zu schöpfen. (Stürmische Zurufe: so ist's.) (Nach einer kurzen Pause): Das Ministerium, welches so gebunden ist, kann das Vaterland nicht retten, (so ist's) und wenn ich noch in diesem Augenblicke von jenem Sessel (zeigt auf seinen Sitz) auf die Tribüne stieg, habe ich es nur deshalb gethan, weil zwei meiner Minister-Gefährten in Wien sind: ich <cb n="2"/> wollte nicht, daß man sage, ich habe die letzten Versuche zur Ausgleichung durch ein plötzlich unzeitliches Abtreten verhindert. ‒</p> <p>Ich fordere das Haus auf, daß es zu großen Entschlüssen und Entscheidungen bereit ‒ das jetzige Ministerium in seinen letzten Versuchen unterstützen möge. ‒ Denn verehrtes Repräsentantenhaus ‒ mit uns wird ein abscheuliches niedriges Spiel gespielt, (schon lange) die moralische Kraft der gebildeten Welt unterstützt die rechtliche Sache. ‒ Ich fordere das Haus auf im Namen der Repräsentanten der Nation, sogleich ein Manifest an Europa ergehen zu lassen, in welchem die Leiden der ungarischen Nation dargestellt werden, so auch ihr Recht, ihre Mäßigkeit und Treue ‒ dem Aehnliches in letzter Zeit kein Beispiel in ganz Europa aufzuweisen ist. ‒ Es stehe offen vor Europa, daß die Kabale in uns die Vormauer der Civilisation und eine Säule der Freiheit erschüttern will. ‒ Der Ministerpräsident, und der Justizminister sind in Folge eines ministeriellen Beschlusses nach Wien gesendet worden, zu dem Ende, daß wir endlich einmal klar und bestimmt erfahren, wie uns die Dynastie und Oestreich gegenüber stehe?</p> <p>Wir haben Se. Majestät gebeten, herabzukommen (Nyáry: und wir fordern es) ich bitte ergebenst, ein wenig Geduld zu haben. ‒ Wir baten Se. Majestät herabzukommen, und diesem Hause wissen zu machen und auszusprechen, daß er deßhalb herabkomme, um zur Aufrechthaltung unserer Gesetze, der Konstitution, und zur Wahrung unserer Rechte, welche mit der Existenz seines Thrones in enger Verbindung stehen ‒ durch seinen längeren Aufenthalt gemeinschaftlich mit uns hinzuwirken. Wir haben zugleich die Kriegs- und Finanzgesetze hinaufgesendet zur Sanktion. Ich bat das Haus bis dahin nichts zu thun, so lange der Erfolg der Hoffnung nicht entspricht; schon aber sind es 8 Tage, daß unsere Gefährten oben sind, dennoch, welcher ist noch jetzt der Gang der Sache? als wenn auf der Zögerungswagschale nicht eines Theils der Völker Schicksal läge, und andrerseits nicht die Existenz von Kronen liegen könnte.</p> <p>Ich bitte das Haus, eine Deputution an Se. Majestät zu schicken, kommen wir ins Reine mit unsern Angelegenheiten, nicht darum gehen aber die Deputirten, daß sie dort wochenlang zubringen, sondern sich einen Weg zum Throne des Fürsten bahnen; sie sagen, daß das Vaterland in Gefahr sei ‒ in Gefahr selbst der Thron ‒ ob daher Se. Majestät das thun wolle, was zur Erhaltung der Nation nöthig ist. Wir können nicht Tage und wochenlang warten, nachdem uns Intriguen mondenlang in Gefahr gestürzt, wir wollen einen schnellen Entschluß, fällt er rechts oder links, daß wir uns selbst zur Rechenschaft ziehend, das thun, was wir dem Vaterlande schulden. (Eljen). Es zögere diese Deputation keine 24 Stunden, und wird sie nicht empfangen, werden wir wissen, was man in Wien wolle. Ich bitte das Haus, dies zu thun, um den von Seite des Ministeriums jetzt gemachten letzten Versuch ‒ natürlich ist es der letzte Versuch der gesetzgebenden Gewalt ‒ zu unterstützen, und mit allen Kräften der Nation zum Erfolge oder zur Wirklichkeit zu führen.</p> <p>Verzeihen Sie, ich hätte noch mehr zu sagen, aber ich bin krank, ich kann nicht. (Zurufe, wir nehmen Alles an). (Kossuth wird von der Tribune herabgeführt.)</p> </div> <div xml:id="ar104_008" type="jArticle"> <head> Wien, 11. Septbr.</head> <p>Folgendes sind die Anträge des Finanz-Ministers wegen Ausschreibung der directen und indirecten Steuern für das Verwaltungs-Jahr 1849, wie sie heute der Finanz-Commission vorgelegt wurden:</p> <p>„1) Unter Vorbehalt der Aenderungen, welche über den Staats-Voranschlag werden beschlossen werden, sind für das Verwaltungs-Jahr 1849 die bisher eingeführten direkten und indirekten Abgaben in dem gegenwärtigen Ausmaße aus uschreiben.</p> <p>2) Ferner wird bewilligt, mit genauer Beobachtung der bestehenden Vorschriften, die mit den letzteren für öffentliche Zwecke gestatteten Zuschläge zu den direkten und indirekten Abgaben für das Verwaltungs-Jahr 1849 nach Maß des Erfordernisses einzuheben.</p> <p>3) Die Urbarial- und Zehntsteuer hat, soweit solche die obrigkeitlichen Urbarial- und Zehentbezüge zum Gegenstande hat, vom 1. November 1848 aufzuhören, und es ist in den Ländern, in denen dieselbe bisher besteht, die Grundsteuer ohne gegenseitige Abrechnung der Urbarial- und Zehentsteuer auf die verschiedenen Arten Grundbesitzes umzulegen.</p> <p>4) Die Juden-Steuern sollen vom 1. November 1848 an nicht ausgeschrieben werden. Die Rückstände an der bis zu diesem Zeitpunkte bestandenen Gebühr hingegen sind im ordentlichen Wege einzubringen.</p> <p><hi rendition="#g">Krauß,</hi> Finanz-Minister.“</p> </div> <div xml:id="ar104_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 14. Sept.</head> <p><hi rendition="#g">Nationalversammlung.</hi> Tagesordnung: Die Waffenstillstandsfrage. Alle Gallerien gedrängt voll.</p> <p>Der Präsident verliest die beiden Ausschuß-Anträge.</p> <p>An der Debatte betheiligen sich:</p> <p>„<hi rendition="#g">gegen</hi> den Majoritätsantrag auf Verwerfung des Waffenstillstandes: Exminister Heckscher, Franke aus Schleswig, Maltzahn aus Küstrin, Exminister Schmerling.</p> <p>2) <hi rendition="#g">für</hi> den Majoritätsantrag Venedey aus Köln, Arndt aus Bonn, Eisenmann aus Nürnberg, Vicepräsident Hermann.</p> <p>Die Sitzung wird 3 1/2 Uhr auf Morgen vertagt. Ein bestimmtes Resultat ist noch nicht vorherzusagen. <hi rendition="#g">Die Adresse aus Köln macht das größte Aufsehen.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar104_010" type="jArticle"> <head> Koblenz, 14. Sept.</head> <p>So eben ist eine Abtheilung 27ger mit dem Dampfboote hierdurch nach Köln gefahren. Die Soldaten hatten unter sich einen Mann mit einem dreieckigen Hute, Federbusch und tellergroßer schwarz-weißer Kokarde, welcher eine Fahne <cb n="3"/> von gleicher Farbe schwang und die Bürger am Ufer durch Faxen etc. verhöhnte. Der Unwillen der Anwesenden machte sich durch anhaltendes Pfeifen Luft. Der Kapitän des Dampfbootes beeilte, um Konflikten auszuweichen, seine Abfahrt. Wird dieses Spiel in Köln wiederholt, so ist ein blutiger Zusammenstoß dort bei der gereizten Stimmung nicht zu vermeiden.</p> <bibl>(Rh.- u. M.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar104_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>39</author></bibl> Aus dem Großherzogthum Posen, 11. Septbr.</head> <p>Vielleicht interessirt Ihre Leser das, von der Berliner Zeitungshalle jedoch nur im Allgemeinen erwähnte Verfahren gegen den Oberlandesgerichts-Assessor Heinemann beim Land- und Stadtgericht zu Gnesen. Der Ober-Appellationsgerichtsrath Rauchfuß wurde am 1. April 1846 als Direktor an das Land- und Stadtgericht zu Gnesen versetzt; erhob bei seinem Abgange von Posen aus der dortigen Kasse sein Gehalt für das zweite Quartal 1846 und als er in Gnesen angekommen war, erhob er von der Gnesener Kasse auch das Direktorialgehalt für das zweite Quartal ohne Abrechnung der in Posen erhaltenen Summe. Als die Gnesener Kasse die frühere Zahlung von der Posener erfuhr, wurde erstere vom Direktor wegen Erstattung für die Posener Kasse an sein Gehalt für das dritte Quartal gewiesen. Der Rendant der Kasse entschuldigte später auf Rügen wegen Vorausnahme der Zinsen seiner Amtskaution gegen den Kassenkurator Heinemann sein Verfahren mit dem frühern Verfahren des Direktors, welches hierdurch zur Kenntniß Heinemanns kam. Außerdem hatte der Direktor das Mißtrauen seines Kollegiums sich dadurch zugezogen, daß er öfters erklärte: „er votirte so und so, obgleich er anderer Meinung sei.“ Nachdem schon vier Richter erklärt hatten, daß dies Mißtrauen dem Direktor durch eine Collectivnote zu äußern sei, schrieb Heinemann namentlich an ihn: er bäte um Auskunft über jenen Kassenfall, um den Entschuldigungsgrund des Rendanten abzuschneiden. Auch als Mitglied des Collegii könne es ihm nicht gleichgültig sein, ob der Dirigent sich eine solche „Unregelmäßigkeit“ erlaubt habe, zumal dieser beim Kollegium durch „unvorsichtige Aeußerungen“ die Achtung und das Vertrauen „einigermaßen erschüttert“ habe. So ungern er Mitglied seines Collegii sei, so sehr werde er erfreut sein, die Haltbarkeit seiner Stellung in ihrer Integrität dargestellt zu sehen. Man sieht, wie sanft noch im Schreiben die Handlungen des Dirigenten bezeichnet sind! Dieser reicht den Brief dem Oberlandesgericht zu Bromberg mit dem ausdrücklichen Bemerken ein, daß er wegen Beleidigung keinen Strafantrag machen will. Es wird gegen Heinemann wegen Beleidigung des Direktors (ohne Antrag!), wegen Insubordination und Aufwiegelung der übrigen Mitglieder (zur Collektivnote!) die Disciplinaruntersuchung eingeleitet. Die Kassen-„Unregelmäßigkeit“ ist durch das Geständniß des Dirigenten, seine „unvorsichtigen Aeußerungen“ d. h. das Abstimmen gegen seine eigene Ansicht werden durch zwei Richter bewiesen, ebenso das Mißtrauen, welches vier Mitglieder dem Direktor aussprechen wollten. Die im Schreiben erwähnten Thatsachen sind also erwiesen; sie sind mit den mildesten Worten bezeichnet, die man anwenden kann, ohne unwahr zu sein; und Heinemann nebst zwei Richtern des Collegii gaben einem an den Direktor zu richtenden Schreiben den Vorzug vor einem Bericht an das vorgesetzte Oberlandesgericht, weil dies den Direktor kränken könnte. Was folgt? Das Ober-Landesgericht zu Bromberg erklärt dem Direktor: es wolle gern glauben, daß die Vorausnahmen des Gehalts nur auf Irrthum beruhe (wie weit kann nicht ein preußischer Richter irren?), zumal er dasselbe Mannöver schon vorher zweimal ungerügt ausgeübt habe!! Dagegen wurde Heinemann wegen der genannten Verbrechen zu Zwangsversetzung mit Verlust der Umzugskosten und 30 Thlr. Geldbuße verurtheilt.</p> <p>Die Schlangenwindungen der Gründe kann man sich denken! Ist das nicht fabelhaft von einem preußischen „intelligenten“ Gerichtshofe? Und solche Richter sollen eine Bevorzugung in der Absetzbarkeit haben? Da soll nicht jeder gesunde Menschenverstand richtigere Urtheile machen?</p> <p>Ueberhaupt stehen die Oberlandesgerichte des Großherzogthums in einem eminenten Rufe! Das zu Posen verzögert die Entscheidungen der Rechtssachen auf eine unglaubliche Weise. Verhaftete Angeschuldigte waren Jahr und Tag in Haft, und wurden dann straflos gefunden! (Zugleich eine schöne Empfehlung unserer Vorschriften über gerichtliche Verhaftungen!) Die Bagatellsachen (unter 50 Thlr.) erfordern auch gewöhnlich eine Zeit von mehreren Monaten, wenn nicht Jahre, ehe die Parteien ihre Entscheidung zweiter Instanz vom Oberlandesgericht erhalten können; überhaupt alle Sachen, in denen kein Termin ansteht, worin die Entscheidung gleich gesetzlich publizirt werden muß. Die Bagatellsachen sind aber für die ärmeren Klassen meist bedeutende Objekte. Also langsame Justiz für die Armen, schnellere für die Reichen! Den Hut ab für diese Gleichheit vor dem Gesetze!</p> </div> <div xml:id="ar104_012" type="jArticle"> <head> Breslau, 10. Sept.</head> <p>So eben ist der Befehl gekommen, daß beim 6. Armeekorps sämmtliche Linien-Kavallerie-Regimenter auf Kriegsstärke gestellt werden.</p> </div> <div xml:id="ar104_013" type="jArticle"> <head> Breslau, 11. Sept.</head> <p>Gestern fanden an sechs benachbarten Orten Volksversammlungen Statt. In Mörschelwitz, Domslau, Trebnitz, Striese, Oels und Tschansch. Das Resultat derselben ist die einstimmige Erklärung: die Rechte des Volkes und der Volksvertreter zu wahren gegen jede Verletzung.</p> </div> <div xml:id="ar104_014" type="jArticle"> <head> Ratibor, 10. Septbr.</head> <p>Der Aufstand in Hultschin scheint eine ernstere Gestalt enzunehmen. Die von hier aus abgesandten 50 Mann Cavallerie vermochten nur wenig zu leisten. Es sind heut Morgen 250 Mann Infantrie aus Kosel mittelst der Eisen- <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> </p> </div> <cb n="4"/> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar104_015" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Giebt es eine feinere Wendung des Styles? Gegenleistung, ja, Herr von Schnopphanhski, Gegenleistung! Prägen Sie sich das tief ins Gedächtniß. Gegenleistung! that's the job! Leisten Sie etwas, Herr von Schnapphahnski. Um Gottes Willen, leisten Sie etwas, ehe Sie sich ihrer Eroberungen rühmen, sonst wird man auf allerlei seltsame Vermuthungen kommen. Man verlangt nicht von Ihnen, daß Sie ein Maximin sind, ein Mann wie jener kräftige Jüngling in goldener Rüstung, von dem alle römischen Damen Mutter zu werden wünschten, und der auch viele Schmachtenden zu trösten wußte, ehe sein abgeschlagenes Haupt, gleich einem „schönen Gespenste“ von dem Gitter seines Palastes sah. Man verlangt auch nicht, daß sie dem Stuhlrichter Warga, jenem Graner Repräsentanten, gleichen, gegen dessen Zulassung zum ungarischen Parlamente man im verflossenen Juli in Pesth so sehr protestirte, weil der glückliche Mann, während seiner 10jährigen Amtsdauer 4000 Mädchen verführte …, nein, auch mit den handfesten Lakaien des Grafen S. aus O. in Schlesien will man Ihnen gern den Wettstreit erlassen; aber lieber, theurer Ritter, leisten Sie etwas, etwas! etwas! denn bei all' Ihren Liebschaften, die wir erzählten, sind Sie noch nicht bis zu dem Punkte gekommen, der gerade die Pointe jeder Liebschaft ist … weder bei der Gräfin S., noch bei der Schwester des Grafen G., noch bei Carlotten, ja, leisten Sie etwas, und das recht bald, sonst werden Ihnen alle Ihre trefflichen Reden nichts nützen, sonst werden trotz aller Ihrer angenehmen Manieren, die Geister der Unweisen auf der Gallerie sitzen und über Sie lachen, sonst wird man trotz alledem jenen hübschen Vers auf Sie anwenden, daß sehr oft die</p> <p rendition="#et">«.... gens d'esprit, d'ailleurs très estimables<lb/> Ont fort peu de talent à former leurs semblables.»</p> <p>Die Fürstin … wollte also nicht, daß unser Held sich ihrer Liebe rühme, ohne ihr Gegenleistung gewährt zu haben. Armer Schnapphahnski, das war Pech! ‒ Gott weiß es, heißt es in den betreffenden Dokumenten weiter, wie der Ritter zu dem Por- <cb n="5"/> trait der Fürstin gekommen war. <hi rendition="#g">Sicher</hi> ist, daß er die Gunst jener hohen Frau nie genossen, und daß er sich derselben mit vollkommenem Ungrund rühmte. Uebrigens ist die Fürstin seine … und er kann daher auf verwandtschaftlichem Wege leicht zu dem Miniatur-Porträt gekommen sein, das er als Beweis-pièce vorzeigte.</p> <p>Madame …, der die freche und grundlose Kompromittirung von Seiten unsres Helden längst zu Ohren gekommen war, wurde natürlich sehr lebhaft daran erinnert, als sie den edlen Ritter plötzlich in eigner Person nach Wien hinüber voltigiren sah und es war hauptsächlich durch ihre Vermittlung, daß jene League entstand, welche Sr. Hochgeboren den Zutritt zu der Wiener Gesellschaft à tout prix zu verbarrikadiren suchte.</p> <p>Man verprüderte sich förmlich, um ihn weder zu empfangen, noch um irgend ein Haus zu besuchen, wo er empfangen wurde. Einer Dame, bei welcher er seinen Besuch durch den Fürsten H… bewerkstelligte, wurde ohne Weiteres notifizirt, daß sie auf alle andern Besuche verzichten müsse, wenn sie den Ritter Schnapphahnski bei sich empfange.</p> <p>Die Anstrengungen des Grafen K. und des Generals v. R. waren nutzlos; ihre besten Anekdoten blieben ohne Erfolg; der Ruf unsres Helden war für immer untergraben, und unerbittlich schlossen sich vor ihm alle Thüren.</p> <p>Herr von Schnapphahnski überzeugte sich davon, was es heißt, mit wüthenden Frauen zu thun zu haben. Gegen ein feindlich gesinntes Weib helfen weder Säbel noch Pistolen; ein Weib, das dich vernichten will, ist gefährlicher als alle falschen Freunde, als alle wüthenden Gläubiger, als alle bezahlten literarischen Windhunde, als tausend Sbirren; eine Frau die dich haßt, wird dich eher nieder werfen, als ein Regiment Dragoner, als eine Batterie Vierundzwanzigpfünder, ein Weib ist allmächtig. Wehe dir, wenn sie mit ihren schwachen Händen in die Räder deines Schicksals greift: zitternd wirst du zum Still- <cb n="6"/> stand kommen! Und wäre auch bei der Dauer des Kampfes das Roth ihrer Lippen verblichen, der Glanz ihres Auges erloschen und das Braun ihrer Haare silberweiß geworden: kommen wird die Stunde, wo sie ihren Fuß auf deinen Nacken setzt, wo sie sich königlich schön erhebt, wo sie in der Majestät des Glückes mitleidig auf dich hinablächelt und wo du fühlst, daß du ein Leben der Schmach hinter dir hast, ein Leben der Schande und der Niedertracht, weil du dich vergingst, ja, weil du gesündigt hast an einem Weibe. ‒</p> <p>Wie gesagt, Herr von Schnapphahnski machte in Wien vollständig Fiasco. Aus München hatte man ihn ausgewiesen, weil er so heroisch war, sich an einer furchtsamen Souveränität zu vergreifen; aus Wien wurde er durch die Abneigung der Damen verjagt, die alle bei dem Gedanken zitterten, daß sie sich bei der geringsten Berührung mit dem herrlichen Ritter, auch schon nach Kurzem in ein süßes Verhältniß mit ihm verwickelt hören müßten.</p> <p>Ingrimmig verließ Se. Hochgeboren Wien. Aber wie er nie damit zufrieden war, eine einfache Niederlage erlitten zu haben, so konnte er auch dieses Mal nicht umhin, einem Unglück noch eine Jämmerlichkeit hinzuzufügen. Er suchte nämlich die Fürstin… dadurch zu strafen, daß er über den wirklichen Geliebten derselben, über den spanichen Chevalier … eine Infamie erdichtete und veröffentlichte; eine Infamie, von der er seinen Bekannten selbst eingestand, daß er sie nur fingirt habe, um sich an der Fürstin zu rächen. Glücklicherweise brachte ihm diese Niederträchtigkeit eine wohlverdiente Züchtigung.</p> <p> <ref type="link">(Fortsetzung folgt.)</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0518/0002]
[Deutschland] [Fortsetzung] Abg. Goldmark interpellirt hinsichtlich der italienischen Ereignisse und stellt folgende Fragen:
1. Welches sind die Grundsätze, nach denen das Ministerium in den italienischen Angelegenheiten verfährt?
2. Hat das Ministerium die französische und englische Mediation angenommen oder verworfen?
3. Gedenkt das Ministerium im Fall eines Krieges mit Frankreich das alte Bündniß mit der nordischen Macht zu erneuern?
4. Besteht das Schutz- und Trutz-Bündniß mit Modena noch, und wer sind die Männer, denen außer Radetzky die Schlichtung der italienischen Angelegenheiten übertragen ist?
Minister Wessenberg: Er werde die Beantwortung dieser Fragen schriftlich vorlegen.
Abg. Goldmark erinnert diejenigen Minister, welche aus dem frühern Ministerium in das gegenwärtige mit übergetreten, an das Versprechen vom 18. Mai, betreffend eine Untersuchung gegen Alle, die sich bei der Flucht des Kaisers betheiligt haben. Wünscht zu wissen, ob schon Resultate dieser Untersuchung vorlägen.
Minister Doblhoff: Das Betreffende soll der Versammlung vorgelegt werden.
Abg. Jenak: Ob es wahr sei, daß ein Ultimatum von Frankreich angekommen sei, und was das Kabinet beschlossen habe?
Minister Doblhoff: Es ist kein Ultimatum angekommen. Die Mediation Frankreichs zwischen Oesterreich und Karl Albert ist angenommen, die Verhandlung darüber noch in der Schwebe.
Auf eine Interpellation Polletscheck's Betreff einer Interrention in den ungarisch-kroatischen Zerwürfnissen, erklärt Doblhoff, daß das Ministerium alle in den Händen des Palatins befindlichen Aktenstücke auf das Bureau legen wolle.
Tagesordnung: Petitions-Bericht.
Mehrere Anträge liegen vor; darunter: alle Eingaben, Vorlagen u. s. w. in den hier vertretenen Sprachen übersetzt vorlegen zu lassen.
Abg. Borrosch: verlangt, die deutsche Sprache allein hier zuzulassen, und den Antrag somit zurückzuweisen. (Langer, furchtbarer Tumult).
Abg. Renger: Wir Slaven sind die absolute Majorität im Staat und Reichstag, und der Staat besteht nur so lange wir ihn bestehen lassen! (Anhaltender Tumult).
Nach furchtbar stürmischen Debatten wird in der Abstimmung der Antrag der Petitions-Kommission angenommen.
Die Sitzung schließt unter großer Aufregung.
Wien. Wir entnehmen der Rede Kossuth's über die Stellung Ungarns zu Oestreich folgende Stellen, die über gar Manches Aufklärung geben:
Kossuth: (Hört!) Verehrte Repräsentanten! Unaussprechlich unglücklich fühle ich mich, unter den Umständen, wo jeder Mensch doppelte Kräfte benöthigt, derartig krank zu sein, daß ich kaum stehen, kaum sprechen kann. (Setzen Sie sich; er setzt sich.)
Als der letzte Reichstag zu Ende war, hat das Ministerium die Regierung übernommen und zugleich den Schwur der Treue für den König und die Konstitution niedergelegt, und Gehorsam den Gesetzen gelobt. In dieser Lage wäre das Ministerium nur dann vollkommen fähig gewesen, den über das Vaterland sich thürmenden Gefahren Widerstand zu leisten, wenn all' die konstituirenden Gewalten ‒ deren Ausfluß eigentlich ein Ministerium bildet ‒ sein Wirken aufrichtig unterstützt hätten. Das Ministerium hat eine solche Unterstützung nicht gefunden.
Mit der reinsten Treue für Se. Maj. den König haben wir seit vielen Monaten nur darum gebeten, daß er durch sein Erscheinen in der Mitte seiner treuen Ungarn, der aus der neuen Konstitution fließenden neuen Regierung, jene moralische Stütze gebe, die in der Idee einer Monarchie und in der Pietät der ungarischen Nation für ihren König liegt. ‒ Wir haben durch 5 Monaten hierum gebeten, und doch geschah es nicht. ‒ Wir haben eine Armee getroffen gegenüber, der Rebellion und Empörung welche angibt, im Namen des Regenten zu wirken. ‒ Se. Majestät hat in dieser Hinsicht ein Paar Manifeste erlassen, aber ich gestehe es aufrichtig, nach meiner festen Ueberzeugung, daß von Seite der Se. Majestät am nächsten umgebenden Kreise viel geschehen ist, den Erfolg dieser Befehle zu vereiteln; es ist hinsichtlich dessen viel geschehen, daß jener Geist in der Armee umsichgreife, als ob das nicht einmal der Wille Sr. Majestät sei, der in den Befehlen enthalten ist. ‒ Von Seite der Wiener Regierung ‒ welche bei der Einheit unseres Landesfürsten verpflichtet gewesen wäre zur Unversehrtheit der ungarischen Krone eines und desselben Fürsten beizutragen, oder wenigstens keine Hindernisse in den Weg zu legen ‒ haben wir das Entgegengesetzte erfahren. ‒ Und dem allen gegenüber hat das Ministerium, welches Treue dem Könige und der Constitution, und Gehorsam dem Gesetzte schwur, natürlich nur legale Mittel anwenden können, die von allen Seiten entkräftet wurden, bis endlich ein großer Theil der Armee in offener Aeußerung kundgab, daß man gegen die Gränzer, gegen die Kroaten, die unter derselben Fahne stehen, nicht kämpfen werde, nebenbei war das Ministerium noch durch die Ernennungs-Gewalt derart gebunden, daß es eine völlige Unmöglichkeit war, die Umgestaltung der Armee vorzunehmen.‒ Ich, verehrtes Haus, bin vollständig überzeugt, daß dieser Zustand so nicht länger bleiben kann, oder die Nation müßte gezwungen sein, sich um eine solche provisorische executive Gewalt zu bekümmern (springt von seinem Sitze auf, und hält sich mit einer Hand an die Tribüne fest) welche executive Gewalt nicht gezwungen sei, ihr Verfahren aus den Gesetzen, sondern aus der Gefahr des Vaterlandes zu schöpfen. (Stürmische Zurufe: so ist's.) (Nach einer kurzen Pause): Das Ministerium, welches so gebunden ist, kann das Vaterland nicht retten, (so ist's) und wenn ich noch in diesem Augenblicke von jenem Sessel (zeigt auf seinen Sitz) auf die Tribüne stieg, habe ich es nur deshalb gethan, weil zwei meiner Minister-Gefährten in Wien sind: ich
wollte nicht, daß man sage, ich habe die letzten Versuche zur Ausgleichung durch ein plötzlich unzeitliches Abtreten verhindert. ‒
Ich fordere das Haus auf, daß es zu großen Entschlüssen und Entscheidungen bereit ‒ das jetzige Ministerium in seinen letzten Versuchen unterstützen möge. ‒ Denn verehrtes Repräsentantenhaus ‒ mit uns wird ein abscheuliches niedriges Spiel gespielt, (schon lange) die moralische Kraft der gebildeten Welt unterstützt die rechtliche Sache. ‒ Ich fordere das Haus auf im Namen der Repräsentanten der Nation, sogleich ein Manifest an Europa ergehen zu lassen, in welchem die Leiden der ungarischen Nation dargestellt werden, so auch ihr Recht, ihre Mäßigkeit und Treue ‒ dem Aehnliches in letzter Zeit kein Beispiel in ganz Europa aufzuweisen ist. ‒ Es stehe offen vor Europa, daß die Kabale in uns die Vormauer der Civilisation und eine Säule der Freiheit erschüttern will. ‒ Der Ministerpräsident, und der Justizminister sind in Folge eines ministeriellen Beschlusses nach Wien gesendet worden, zu dem Ende, daß wir endlich einmal klar und bestimmt erfahren, wie uns die Dynastie und Oestreich gegenüber stehe?
Wir haben Se. Majestät gebeten, herabzukommen (Nyáry: und wir fordern es) ich bitte ergebenst, ein wenig Geduld zu haben. ‒ Wir baten Se. Majestät herabzukommen, und diesem Hause wissen zu machen und auszusprechen, daß er deßhalb herabkomme, um zur Aufrechthaltung unserer Gesetze, der Konstitution, und zur Wahrung unserer Rechte, welche mit der Existenz seines Thrones in enger Verbindung stehen ‒ durch seinen längeren Aufenthalt gemeinschaftlich mit uns hinzuwirken. Wir haben zugleich die Kriegs- und Finanzgesetze hinaufgesendet zur Sanktion. Ich bat das Haus bis dahin nichts zu thun, so lange der Erfolg der Hoffnung nicht entspricht; schon aber sind es 8 Tage, daß unsere Gefährten oben sind, dennoch, welcher ist noch jetzt der Gang der Sache? als wenn auf der Zögerungswagschale nicht eines Theils der Völker Schicksal läge, und andrerseits nicht die Existenz von Kronen liegen könnte.
Ich bitte das Haus, eine Deputution an Se. Majestät zu schicken, kommen wir ins Reine mit unsern Angelegenheiten, nicht darum gehen aber die Deputirten, daß sie dort wochenlang zubringen, sondern sich einen Weg zum Throne des Fürsten bahnen; sie sagen, daß das Vaterland in Gefahr sei ‒ in Gefahr selbst der Thron ‒ ob daher Se. Majestät das thun wolle, was zur Erhaltung der Nation nöthig ist. Wir können nicht Tage und wochenlang warten, nachdem uns Intriguen mondenlang in Gefahr gestürzt, wir wollen einen schnellen Entschluß, fällt er rechts oder links, daß wir uns selbst zur Rechenschaft ziehend, das thun, was wir dem Vaterlande schulden. (Eljen). Es zögere diese Deputation keine 24 Stunden, und wird sie nicht empfangen, werden wir wissen, was man in Wien wolle. Ich bitte das Haus, dies zu thun, um den von Seite des Ministeriums jetzt gemachten letzten Versuch ‒ natürlich ist es der letzte Versuch der gesetzgebenden Gewalt ‒ zu unterstützen, und mit allen Kräften der Nation zum Erfolge oder zur Wirklichkeit zu führen.
Verzeihen Sie, ich hätte noch mehr zu sagen, aber ich bin krank, ich kann nicht. (Zurufe, wir nehmen Alles an). (Kossuth wird von der Tribune herabgeführt.)
Wien, 11. Septbr. Folgendes sind die Anträge des Finanz-Ministers wegen Ausschreibung der directen und indirecten Steuern für das Verwaltungs-Jahr 1849, wie sie heute der Finanz-Commission vorgelegt wurden:
„1) Unter Vorbehalt der Aenderungen, welche über den Staats-Voranschlag werden beschlossen werden, sind für das Verwaltungs-Jahr 1849 die bisher eingeführten direkten und indirekten Abgaben in dem gegenwärtigen Ausmaße aus uschreiben.
2) Ferner wird bewilligt, mit genauer Beobachtung der bestehenden Vorschriften, die mit den letzteren für öffentliche Zwecke gestatteten Zuschläge zu den direkten und indirekten Abgaben für das Verwaltungs-Jahr 1849 nach Maß des Erfordernisses einzuheben.
3) Die Urbarial- und Zehntsteuer hat, soweit solche die obrigkeitlichen Urbarial- und Zehentbezüge zum Gegenstande hat, vom 1. November 1848 aufzuhören, und es ist in den Ländern, in denen dieselbe bisher besteht, die Grundsteuer ohne gegenseitige Abrechnung der Urbarial- und Zehentsteuer auf die verschiedenen Arten Grundbesitzes umzulegen.
4) Die Juden-Steuern sollen vom 1. November 1848 an nicht ausgeschrieben werden. Die Rückstände an der bis zu diesem Zeitpunkte bestandenen Gebühr hingegen sind im ordentlichen Wege einzubringen.
Krauß, Finanz-Minister.“
!!! Frankfurt, 14. Sept. Nationalversammlung. Tagesordnung: Die Waffenstillstandsfrage. Alle Gallerien gedrängt voll.
Der Präsident verliest die beiden Ausschuß-Anträge.
An der Debatte betheiligen sich:
„gegen den Majoritätsantrag auf Verwerfung des Waffenstillstandes: Exminister Heckscher, Franke aus Schleswig, Maltzahn aus Küstrin, Exminister Schmerling.
2) für den Majoritätsantrag Venedey aus Köln, Arndt aus Bonn, Eisenmann aus Nürnberg, Vicepräsident Hermann.
Die Sitzung wird 3 1/2 Uhr auf Morgen vertagt. Ein bestimmtes Resultat ist noch nicht vorherzusagen. Die Adresse aus Köln macht das größte Aufsehen.
Koblenz, 14. Sept. So eben ist eine Abtheilung 27ger mit dem Dampfboote hierdurch nach Köln gefahren. Die Soldaten hatten unter sich einen Mann mit einem dreieckigen Hute, Federbusch und tellergroßer schwarz-weißer Kokarde, welcher eine Fahne
von gleicher Farbe schwang und die Bürger am Ufer durch Faxen etc. verhöhnte. Der Unwillen der Anwesenden machte sich durch anhaltendes Pfeifen Luft. Der Kapitän des Dampfbootes beeilte, um Konflikten auszuweichen, seine Abfahrt. Wird dieses Spiel in Köln wiederholt, so ist ein blutiger Zusammenstoß dort bei der gereizten Stimmung nicht zu vermeiden.
(Rh.- u. M.-Z.) 39 Aus dem Großherzogthum Posen, 11. Septbr. Vielleicht interessirt Ihre Leser das, von der Berliner Zeitungshalle jedoch nur im Allgemeinen erwähnte Verfahren gegen den Oberlandesgerichts-Assessor Heinemann beim Land- und Stadtgericht zu Gnesen. Der Ober-Appellationsgerichtsrath Rauchfuß wurde am 1. April 1846 als Direktor an das Land- und Stadtgericht zu Gnesen versetzt; erhob bei seinem Abgange von Posen aus der dortigen Kasse sein Gehalt für das zweite Quartal 1846 und als er in Gnesen angekommen war, erhob er von der Gnesener Kasse auch das Direktorialgehalt für das zweite Quartal ohne Abrechnung der in Posen erhaltenen Summe. Als die Gnesener Kasse die frühere Zahlung von der Posener erfuhr, wurde erstere vom Direktor wegen Erstattung für die Posener Kasse an sein Gehalt für das dritte Quartal gewiesen. Der Rendant der Kasse entschuldigte später auf Rügen wegen Vorausnahme der Zinsen seiner Amtskaution gegen den Kassenkurator Heinemann sein Verfahren mit dem frühern Verfahren des Direktors, welches hierdurch zur Kenntniß Heinemanns kam. Außerdem hatte der Direktor das Mißtrauen seines Kollegiums sich dadurch zugezogen, daß er öfters erklärte: „er votirte so und so, obgleich er anderer Meinung sei.“ Nachdem schon vier Richter erklärt hatten, daß dies Mißtrauen dem Direktor durch eine Collectivnote zu äußern sei, schrieb Heinemann namentlich an ihn: er bäte um Auskunft über jenen Kassenfall, um den Entschuldigungsgrund des Rendanten abzuschneiden. Auch als Mitglied des Collegii könne es ihm nicht gleichgültig sein, ob der Dirigent sich eine solche „Unregelmäßigkeit“ erlaubt habe, zumal dieser beim Kollegium durch „unvorsichtige Aeußerungen“ die Achtung und das Vertrauen „einigermaßen erschüttert“ habe. So ungern er Mitglied seines Collegii sei, so sehr werde er erfreut sein, die Haltbarkeit seiner Stellung in ihrer Integrität dargestellt zu sehen. Man sieht, wie sanft noch im Schreiben die Handlungen des Dirigenten bezeichnet sind! Dieser reicht den Brief dem Oberlandesgericht zu Bromberg mit dem ausdrücklichen Bemerken ein, daß er wegen Beleidigung keinen Strafantrag machen will. Es wird gegen Heinemann wegen Beleidigung des Direktors (ohne Antrag!), wegen Insubordination und Aufwiegelung der übrigen Mitglieder (zur Collektivnote!) die Disciplinaruntersuchung eingeleitet. Die Kassen-„Unregelmäßigkeit“ ist durch das Geständniß des Dirigenten, seine „unvorsichtigen Aeußerungen“ d. h. das Abstimmen gegen seine eigene Ansicht werden durch zwei Richter bewiesen, ebenso das Mißtrauen, welches vier Mitglieder dem Direktor aussprechen wollten. Die im Schreiben erwähnten Thatsachen sind also erwiesen; sie sind mit den mildesten Worten bezeichnet, die man anwenden kann, ohne unwahr zu sein; und Heinemann nebst zwei Richtern des Collegii gaben einem an den Direktor zu richtenden Schreiben den Vorzug vor einem Bericht an das vorgesetzte Oberlandesgericht, weil dies den Direktor kränken könnte. Was folgt? Das Ober-Landesgericht zu Bromberg erklärt dem Direktor: es wolle gern glauben, daß die Vorausnahmen des Gehalts nur auf Irrthum beruhe (wie weit kann nicht ein preußischer Richter irren?), zumal er dasselbe Mannöver schon vorher zweimal ungerügt ausgeübt habe!! Dagegen wurde Heinemann wegen der genannten Verbrechen zu Zwangsversetzung mit Verlust der Umzugskosten und 30 Thlr. Geldbuße verurtheilt.
Die Schlangenwindungen der Gründe kann man sich denken! Ist das nicht fabelhaft von einem preußischen „intelligenten“ Gerichtshofe? Und solche Richter sollen eine Bevorzugung in der Absetzbarkeit haben? Da soll nicht jeder gesunde Menschenverstand richtigere Urtheile machen?
Ueberhaupt stehen die Oberlandesgerichte des Großherzogthums in einem eminenten Rufe! Das zu Posen verzögert die Entscheidungen der Rechtssachen auf eine unglaubliche Weise. Verhaftete Angeschuldigte waren Jahr und Tag in Haft, und wurden dann straflos gefunden! (Zugleich eine schöne Empfehlung unserer Vorschriften über gerichtliche Verhaftungen!) Die Bagatellsachen (unter 50 Thlr.) erfordern auch gewöhnlich eine Zeit von mehreren Monaten, wenn nicht Jahre, ehe die Parteien ihre Entscheidung zweiter Instanz vom Oberlandesgericht erhalten können; überhaupt alle Sachen, in denen kein Termin ansteht, worin die Entscheidung gleich gesetzlich publizirt werden muß. Die Bagatellsachen sind aber für die ärmeren Klassen meist bedeutende Objekte. Also langsame Justiz für die Armen, schnellere für die Reichen! Den Hut ab für diese Gleichheit vor dem Gesetze!
Breslau, 10. Sept. So eben ist der Befehl gekommen, daß beim 6. Armeekorps sämmtliche Linien-Kavallerie-Regimenter auf Kriegsstärke gestellt werden.
Breslau, 11. Sept. Gestern fanden an sechs benachbarten Orten Volksversammlungen Statt. In Mörschelwitz, Domslau, Trebnitz, Striese, Oels und Tschansch. Das Resultat derselben ist die einstimmige Erklärung: die Rechte des Volkes und der Volksvertreter zu wahren gegen jede Verletzung.
Ratibor, 10. Septbr. Der Aufstand in Hultschin scheint eine ernstere Gestalt enzunehmen. Die von hier aus abgesandten 50 Mann Cavallerie vermochten nur wenig zu leisten. Es sind heut Morgen 250 Mann Infantrie aus Kosel mittelst der Eisen- [Fortsetzung]
[Fortsetzung] Giebt es eine feinere Wendung des Styles? Gegenleistung, ja, Herr von Schnopphanhski, Gegenleistung! Prägen Sie sich das tief ins Gedächtniß. Gegenleistung! that's the job! Leisten Sie etwas, Herr von Schnapphahnski. Um Gottes Willen, leisten Sie etwas, ehe Sie sich ihrer Eroberungen rühmen, sonst wird man auf allerlei seltsame Vermuthungen kommen. Man verlangt nicht von Ihnen, daß Sie ein Maximin sind, ein Mann wie jener kräftige Jüngling in goldener Rüstung, von dem alle römischen Damen Mutter zu werden wünschten, und der auch viele Schmachtenden zu trösten wußte, ehe sein abgeschlagenes Haupt, gleich einem „schönen Gespenste“ von dem Gitter seines Palastes sah. Man verlangt auch nicht, daß sie dem Stuhlrichter Warga, jenem Graner Repräsentanten, gleichen, gegen dessen Zulassung zum ungarischen Parlamente man im verflossenen Juli in Pesth so sehr protestirte, weil der glückliche Mann, während seiner 10jährigen Amtsdauer 4000 Mädchen verführte …, nein, auch mit den handfesten Lakaien des Grafen S. aus O. in Schlesien will man Ihnen gern den Wettstreit erlassen; aber lieber, theurer Ritter, leisten Sie etwas, etwas! etwas! denn bei all' Ihren Liebschaften, die wir erzählten, sind Sie noch nicht bis zu dem Punkte gekommen, der gerade die Pointe jeder Liebschaft ist … weder bei der Gräfin S., noch bei der Schwester des Grafen G., noch bei Carlotten, ja, leisten Sie etwas, und das recht bald, sonst werden Ihnen alle Ihre trefflichen Reden nichts nützen, sonst werden trotz aller Ihrer angenehmen Manieren, die Geister der Unweisen auf der Gallerie sitzen und über Sie lachen, sonst wird man trotz alledem jenen hübschen Vers auf Sie anwenden, daß sehr oft die
«.... gens d'esprit, d'ailleurs très estimables
Ont fort peu de talent à former leurs semblables.»
Die Fürstin … wollte also nicht, daß unser Held sich ihrer Liebe rühme, ohne ihr Gegenleistung gewährt zu haben. Armer Schnapphahnski, das war Pech! ‒ Gott weiß es, heißt es in den betreffenden Dokumenten weiter, wie der Ritter zu dem Por-
trait der Fürstin gekommen war. Sicher ist, daß er die Gunst jener hohen Frau nie genossen, und daß er sich derselben mit vollkommenem Ungrund rühmte. Uebrigens ist die Fürstin seine … und er kann daher auf verwandtschaftlichem Wege leicht zu dem Miniatur-Porträt gekommen sein, das er als Beweis-pièce vorzeigte.
Madame …, der die freche und grundlose Kompromittirung von Seiten unsres Helden längst zu Ohren gekommen war, wurde natürlich sehr lebhaft daran erinnert, als sie den edlen Ritter plötzlich in eigner Person nach Wien hinüber voltigiren sah und es war hauptsächlich durch ihre Vermittlung, daß jene League entstand, welche Sr. Hochgeboren den Zutritt zu der Wiener Gesellschaft à tout prix zu verbarrikadiren suchte.
Man verprüderte sich förmlich, um ihn weder zu empfangen, noch um irgend ein Haus zu besuchen, wo er empfangen wurde. Einer Dame, bei welcher er seinen Besuch durch den Fürsten H… bewerkstelligte, wurde ohne Weiteres notifizirt, daß sie auf alle andern Besuche verzichten müsse, wenn sie den Ritter Schnapphahnski bei sich empfange.
Die Anstrengungen des Grafen K. und des Generals v. R. waren nutzlos; ihre besten Anekdoten blieben ohne Erfolg; der Ruf unsres Helden war für immer untergraben, und unerbittlich schlossen sich vor ihm alle Thüren.
Herr von Schnapphahnski überzeugte sich davon, was es heißt, mit wüthenden Frauen zu thun zu haben. Gegen ein feindlich gesinntes Weib helfen weder Säbel noch Pistolen; ein Weib, das dich vernichten will, ist gefährlicher als alle falschen Freunde, als alle wüthenden Gläubiger, als alle bezahlten literarischen Windhunde, als tausend Sbirren; eine Frau die dich haßt, wird dich eher nieder werfen, als ein Regiment Dragoner, als eine Batterie Vierundzwanzigpfünder, ein Weib ist allmächtig. Wehe dir, wenn sie mit ihren schwachen Händen in die Räder deines Schicksals greift: zitternd wirst du zum Still-
stand kommen! Und wäre auch bei der Dauer des Kampfes das Roth ihrer Lippen verblichen, der Glanz ihres Auges erloschen und das Braun ihrer Haare silberweiß geworden: kommen wird die Stunde, wo sie ihren Fuß auf deinen Nacken setzt, wo sie sich königlich schön erhebt, wo sie in der Majestät des Glückes mitleidig auf dich hinablächelt und wo du fühlst, daß du ein Leben der Schmach hinter dir hast, ein Leben der Schande und der Niedertracht, weil du dich vergingst, ja, weil du gesündigt hast an einem Weibe. ‒
Wie gesagt, Herr von Schnapphahnski machte in Wien vollständig Fiasco. Aus München hatte man ihn ausgewiesen, weil er so heroisch war, sich an einer furchtsamen Souveränität zu vergreifen; aus Wien wurde er durch die Abneigung der Damen verjagt, die alle bei dem Gedanken zitterten, daß sie sich bei der geringsten Berührung mit dem herrlichen Ritter, auch schon nach Kurzem in ein süßes Verhältniß mit ihm verwickelt hören müßten.
Ingrimmig verließ Se. Hochgeboren Wien. Aber wie er nie damit zufrieden war, eine einfache Niederlage erlitten zu haben, so konnte er auch dieses Mal nicht umhin, einem Unglück noch eine Jämmerlichkeit hinzuzufügen. Er suchte nämlich die Fürstin… dadurch zu strafen, daß er über den wirklichen Geliebten derselben, über den spanichen Chevalier … eine Infamie erdichtete und veröffentlichte; eine Infamie, von der er seinen Bekannten selbst eingestand, daß er sie nur fingirt habe, um sich an der Fürstin zu rächen. Glücklicherweise brachte ihm diese Niederträchtigkeit eine wohlverdiente Züchtigung.
(Fortsetzung folgt.)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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