Neue Rheinische Zeitung. Nr. 99. Köln, 10. September 1848.der Amtsbezeichnung der betreffenden Behörden oder Beamten, ohne den Beisatz: "Hoch" und ohne "Exzellenz" und ähnliche Titel. Der Ministerpräsident setzt unter Mittheilung der beim Reichsministerium eingeführten Titulatur die Einzelstaaten durch die Bevollmächtigten ihrer Regierungen hiervon mittelst eines Cirkular-Schreibens in Kenntniß. Nur im Verkehr mit außerdeutschen Staaten und Behörden bleiben andere Titulaturen nach dem Grundsatze der Reciprocität bestehen. Im vorigen Jahre hatte Brüssel die Ehre, die Freihandelsmänner und die Philantropen der halben Welt bei sich zu bewillkommnen. Diesmal sind es die Friedensfreunde Amerika's und Englands, die sich in der belgischen Musterstadt rendez-vous gegeben haben. Ein Yankee und zwei Briten zeigen nämlich in den Journalen an, daß sie als Vorläufer von 200 anderen Deputirten, für den 19. d. Mts. einen Kongreß in der "Großen Harmonie" von Brüssel arrangirt haben, auf dem alle Weltzustände besprochen und Maßregeln getroffen werden sollen, um die obwaltenden politischen Differenzen auf friedlichem Wege zu schlichten. Alle Friedensfreunde werden zu dieser Farce eingeladen und es versteht sich von selbst, daß wir viel Glück dazu wünschen. Mainz, 16. Juli. In dem 1/4 Stunde von hier entfernten Dorfe Zahlbach hat man die Republik proklamirt! Das Attentat wurde von einem 12jährigen Jungen vollführt. Ein patriotischer Polizist requirirte sofort eine angemessene Militärmacht, welche den Jungen arretirte, zugleich aber auch den Polizist wegen Trunkenheit nach dem Stadthaus brachte. Das Großherzogthum befindet sich in der größten Aufregung. [Deutschland] daß die dänische Literatur -- mit Ausnahme Holbergs -- ein matter Abklatsch der Deutschen ist. So ohnmächtig Deutschland auch von jeher war, es hat die Genugthuung, daß die skandinavischen Nationen und namentlich Dänemark unter seine Votmäßigkeit gerathen sind, daß es ihnen gegenüber sogar noch revolutionär und progressiv ist. Wollt Ihr Beweise? Les't die Polemik der skandinavischen Natione untereinander, seit die Idee des Skandinavismus aufgetaucht ist. Der Skandinavismus besteht in der Begeisterung für die brutale, schmutzige, seeräuberische, altnordische Nationalität, für jene tiefe Innerlichkeit, die ihre überschwenglichen Gedanken und Gefühle nicht in Worte bringen kann, wohl aber in Thaten, nämlich in Rohheit gegen Frauenzimmer, permanente Betrunkenheit, und mit thränenreicher Sentimentalität abwechselnde Berserkerwuth. Der Skandinavismus und die meerumschlungene schleswig-holsteinische Stammverwandtschaft tauchten zugleich in den Ländern des Königs von Dänemark auf. Sie gehören zusammen; sie haben sich gegenseitig hervorgerufen, bekämpft, und dadurch am Leben erhalten. Der Skandinavismus war die Form, in der die Dänen an die Unterstützung der Schweden und Norweger appellirten. Aber wie es der christlich-germanischen Nation immer geht: sogleich erhob sich der Streit, wer der ächte Christlichgermane, der wahre Skandinavier sei. Der Schwede erklärte den Dänen für "verdeutscht" und entartet, der Norweger den Schweden und den Dänen, der Isländer alle drei. Natürlich, je roher eine Nation, je näher ihre Sitten und Lebensart der altnordischen, desto "skandinavischer" war sie. Vor uns liegt das "Morgenblad" von Christiania vom 18. Nov. 1846. Dies anmuthige Blättchen enthält in einem Artikel über Skandinavismus folgende heitere Stellen: Nachdem es den ganzen Skandinavismus als einen bloß von den Dänen in ihrem Interesse hervorgerufenen Bewegungsversuch geschildert, sagt es von den Dänen: "Was hat dies muntere, lebensfrohe Volk mit der alten, düstern und wehmuthsvollen Kämpenwelt (med#den gamle, alvorlige og vemodsfulde Kjämpeverden) zu schaffen? Wie kann diese Nation mit ihrer -- wie ein dänischer Schriftsteller selbst zugibt -- lenksamen und sanftmüthigen Willensbeschaffenheit glauben, in Geistesverwandtschaft zu stehen mit der alten Vorzeit derben, kraftvollen und energischen Männern? Und wie können diese Menschen mit der südlichweichen Aussprache sich einbilden eine nordische Zunge zu sprechen? Und obwohl es ein Hauptzug unserer und der schwedischen Nation, wie auch der alten Nordbewohner ist, daß die Gefühle sich mehr ins Innerste der Seele zurückziehen, ohne sich näher im Aeußern zu zeigen, so glauben doch diese gefühlvollen und herzlichen Menschen, die so leicht zu verwundern, zu bewegen, zu bestimmen sind, deren Geistesbewegungen sich so rasch und deutlich in ihrem Aeußern abdrücken, daß sie in einer nordischen Form gegossen, daß sie von verwandter Natur sind mit den beiden andern skandinavischen Nationen!" Das "Morgenblad" erklärt nun diese Entartung aus der Verbindung mit Deutschland und der Verbreitung deutschen Wesens in Dänemark. Die Deutschen hätten zwar "ihr heiligstes Eigenthum, ihr nationales Gepräge verloren; aber so kraftlos und matt die deutsche Nationalität auch ist, so gibt es doch eine in der Welt; die noch kraftloser und matter ist, nämlich die dänische. Während die deutsche Sprache im Elsaß, Waadt und an der slavischen Grenze zurückgedrängt wird (!! damals blieben die Verdienste der Retzbrüder noch im Stillen) hat sie gegen die dänische Grenze reißende Fortschritte gemacht." Die Dänen hätten nun den Deutschen eine Nationalität entgegen stellen müssen, und hätten zu diesem Zweck den Skandinavismus erfunden; die dänische Nationalität sei widerstandslos gewesen: "denn die dänische Nation war, wie gesagt, obwohl sie die deutsche Sprache nicht angenommen, doch wesentlich verdeutscht. Der Verfasser hat selbst in einem dänischen Blatte anerkannt gesehen, daß die dänische Nationalität von der deutschen nicht wesentlich verschieden sei." So weit. "Morgenbladet." Allerdings, es läßt sich nicht läugnen, daß die Dänen eine halbweg civilisirte Nation sind. Unglückliche Dänen! Mit demselben Recht, mit dem die Franzosen Flandern, Lothringen und Elsaß genommen haben und Belgien früher oder später nehmen werden, mit demselben Recht nimmt Deutschland Schleswig: mit dem Recht der Civilisation gegen die Barbarei, des Fortschritts gegen die Stabilität. Und selbst wenn die Verträge für Dänemark wären, was noch sehr zweifelhaft ist, dies Recht gilt mehr als alle Verträge, weil es das Recht der geschichtlichen Entwickelung ist. Solange die schleswig-holsteinsche Bewegung eine rein bürgerlich-friedliche, gesetzliche Philisteragitation blieb, erregte sie nur die Begeisterung wohlmeinender Kleinbürger. Als daher vor der Februar-Revolution der jetzige Dänenkönig bei seiner Thronbesteigung für seine Gesammtstaaten eine freisinnige Verfassung, mit gleicher Zahl Abgeordneter für die Herzogthümer wie für Dänemark versprach, und die Herzogthümer dagegen opponirten, trat der kleinbürgerliche Lokalcharakter der schleswig-holsteinschen Bewegung unangenehm hervor. Es handelte sich damals nicht sosehr um einen Anschluß an Deutschland -- wo war damals ein Deutschland? -- als um Trennung von Dänemark und Konstituirung eines kleinen selbstständigen Lokalstaats. Aber die Revolution brach herein und gab der Bewegung einen andern Charakter. Die schleswig-holsteinsche Partei mußte entweder zu Grunde gehen, oder selbst eine Revolution wagen. Sie wagte die Revolution und sie hatte Recht: die dänischen Zusagen, vor der Revolution sehr günstig, waren nach der Revolution ungenügend# der Anschluß an Deutschland, früher eine Phrase, konnte jetzt eine Bedeutung erhalten; Deutschland hatte eine Revolution und Dänemark machte sie, wie immer, auf kleinstädtischem Fuße nach. Die schleswig-holsteinsche Revolution und die aus ihr hervorgegangene provisorische Regierung hatte anfangs selbst noch einen sehr spießbürgerlichen Charakter. Aber der Krieg zwang sie bald auf demokratische Bahnen. Schleswig-Holstein hat durch diese Regierung, in der lauter altliberale Biedermänner, ehemalige Geistesverwandte von Welker, Gagern, Camphausen sitzen -- demokratischere Gesetze erhalten, als irgend ein anderer deutscher Staat. Von allen deutschen Versammlungen ist die kieler Landesversammlung die einzige, die nicht nur auf allgemeinem Stimmrecht, sondern auch auf direkter Wahl beruht. Der ihr von der Regierung vorgelegte Verfassungsentwurf ist der demokratischste, der je in deutscher Sprache abgefaßt worden. Schleswig-Holstein, bisher politisch von Deutschland ins Schlepptau genommen, ist durch den Revolutionskrieg plötzlich zu fortgeschritteneren Institutionen gekommen als das ganze übrige Deutschland. Der Krieg, den wir in Schleswig-Holstein führen, ist also ein wirklicher Revolutionskrieg. Und wer ist von Anfang an auf Seite Dänemarks gewesen? Die drei kontrerevolutionärsten Mächte Europas: Rußland, England und die preußische Regierung. Die preußische Regierung hat so lange sie konnte einen bloßen Scheinkrieg geführt man denke an Wildenbruchs Note, an die Bereitwilligkeit, mit der sie auf englisch-russische Vorstellungen hin den Rückzug aus Jütland befahl und schließlich an den zweimaligen Waffenstillstand! Preußen, England und Rußland sind die drei Mächte, die die deutsche Revolution und ihre erste Folge, die deutsche Einheit am meisten zu fürchten haben: Preßuen weil es dadurch aufhört zu existiren, England weil der deutsche Markt dadurch seiner Exploitation entzogen wird, Rußland weil die Demokratie dadurch nicht nur an die Weichsel, sondern selbst bis an die Düna und den Dniepr vorrücken muß. Preußen, England und Rußland haben komplottirt gegen Schleswig-Holstein, gegen Deutschland und gegen die Revolution. Der Krieg, der möglicherweise jetzt aus den Beschlüssen in Frankfurt entstehen kann, würde ein Krieg Deutschlands gegen Preußen, England und Rußland sein. Und gerade solch ein Krieg thut der einschlummernden deutschen Bewegung Noth; ein Krieg gegen die drei Großmächte der Contrerevolution, ein Krieg der Preußen in Deutschland wirklich aufgehn, der die Allianz mit Polen zum unumgänglichsten Bedürfniß macht, der die Freilassung Italiens sofort herbeiführt, der gerade gegen die alten contrerevolutionären Alliirten Deutschlands von 1792-1815 gerichtet ist, ein Krieg, der "das Vaterland in Gefahr" bringt und gerade dadurch rettet, indem er den Sieg Deutschlands vom Siege der Demokratie abhängig macht. Die Bourgeois und Junker in Frankfurt mögen sich keine Illusionen darüber machen: beschließen sie den Waffenstillstand zu verwerfen, so beschließen sie ihren eigenen Sturz, gerade so gut wie die Girondins in der ersten Revolution, die am 10. August thätig waren, und für den Tod des Exkönigs stimmten, damit ihren eigenen Sturz am 31. Mai vorbereiteten. Nehmen sie dagegen den Waffenstillstand an, so beschließen sie ebenfalls ihren eigenen Sturz, so begeben sie sich unter die Botmäßigkeit von Preußen, und haben gar nichts mehr zu sagen. Sie mögen wählen. Wahrscheinlich ist die Nachricht vom Sturz Hansemanns noch vor der Abstimmung nach Frankfurt gekommen. Vielleicht wird sie bedeutend auf die Abstimmung influiren, besonders weil das erwartete Ministerium Waldeck und Rodbertus bekanntlich die Souverainetät der Nationalversammlung anerkennt. Wir werden sehen. Aber wir wiederholen es: die Ehre Deutschlands ist in schlechten Händen! * Köln, 9. Sept. Unsere Leser erinnern sich, daß wir in Nr. 42 der N. Rh. Z. zu Gunsten des willkürlich verhafteten Bombardier Funk interpellirten. Wir freuen uns mittheilen zu können, daß dieser tüchtige Demokrat endlich der Haft entlassen, aus dem Militärdienst ausgeschieden und hier wieder eingetroffen ist. Wie es ihm inzwischen ergangen ist, lassen wir Hrn. Funk zur Charakteristik der preußischen Militärjustiz selbst erzählen. Sein Bericht wird auch dazu dienen, die Hartnäckigkeit zu erklären, mit der Hr. Schreckenstein sich weigert, den Beschluß der Vereinbarer vom 9. August auszuführen. Der Bericht des Hrn. Funk lautet: "Bis zum 23. Juni d. J. diente ich in der 2ten Abtheilung 8ten Artilleriebrigade zu Köln. Ich hielt es trotz aller kriegsministeriellen Erlasse dennoch mit den Pflichten eines Soldaten für vereinbarlich, Ende April Mitglied der hiesigen demokratischen Gesellschaft zu werden. Da wurde mir plötzlich der Befehl, am 23. Juni nach Saarlouis abzumarschiren, wohin ich versetzt sei. Von Köln bis Koblenz benutzte ich das Dampfschiff und erhielt auf der Station Bonn den dortigen Gensdarmerie-Wachtmeister als Reisegefährten. Ich gerieth mit ihm in ein Gespräch, welches sehr bald eine politische Wendung nahm. In Remagen verließ Jener das Dampfschiff, während ich über Koblenz und Trier nach Saarlouis weiter reiste, wo ich am 28. Juni eintraf, Vormittags 11 Uhr. Augenblicklich wurden meine Effekten, sogar meine Person einer Untersuchung unterworfen, und mir nachher erklärt, ich sei Untersuchungs-Arrestant. Erst auf meine spätere Frage warum? erhielt ich die Antwort: "In Folge eines Verhaftsbefehls von Koblenz wegen hochverrätherischer Umtriebe, letztere Worte waren mit rother Tinte auf den Verhaftszettel geschrieben. Ich wurde abgeführt und in einem wohlvergitterten, verschlossenen und verriegelten, und von einem Infanterieposten bewachten Zimmer verwahrt. Niemand durfte mich sprechen; ich selbst weder lesen noch schreiben. Am 30. Juni wurde ich vorgeführt. Man hatte meine von Trier nach S. post restante beförderten Effekten mit Beschlag belegt; diese wurden jetzt einer Untersuchung unterworfen und alle darin vorgefundenen Schriften etc. zu den Akten genommen. Hierin bestand die ganze Verhandlung. Am 4. Juli erfolgte das zweite Verhör; nun erst wurde mir mitgetheilt, daß der obenerwähnte Gensdarmerie-Wachtmeister eine Denunciation gegen mich eingereicht habe, auf Grund des mit ihm auf dem Dampfschiff gepflogenen Gesprächs. Die Anschuldigungspunkte sind bereits in der N. Rh. Ztg. vom 12. Juli mitgetheilt. Seit dem 4. Juli nun bis vor Kurzem habe ich ununterbrochen einsam und wohlverwahrt ohne Verhör, ohne alle Bewegung in freier Luft, und ohne Beschäftigung, in Gewahrsam gesessen. Nach 6wöchentlicher Haft erhielt ich die Erlaubniß, täglich 1 Stunde im innern Hof zubringen zu dürfen, jedoch in Begleitung eines Inspektors und militärischer Bewachung. Noch später wurde mir "als persönliche Begünstigung" das Lesen gestattet, unter der Bedingung, daß jedes von mir gewünschte Buch von der Arrestwache nach der Kommandantur befördert würde; von wo aus ich es erhalten solle. Ich habe von beiden menschenfreundlichen Bewilligungen niemals Gebrauch gemacht. Endlich bin ich veranlaßt worden, den schriftlichen Wunsch auf Dienstentlassung auszusprechen. Dies geschah -- am andern Tage wurde ich ohne jede Erklärung, ohne Urtheil -- auf freien Fuß gesetzt, und erhielt kurz nachher meine Papiere, mit folgender darin enthaltenen Bemerkung: "etc. und war seit jener Zeit wegen versuchter Aufwiegelung seiner Kameraden zur Unzufriedenheit, im Untersuchungsarrest etc." Zu Vorstehendem wird "noch bemerkt, daß von dem gewöhnlichen Verfahren Abstand genommen worden, und der etc. wegen des eben angeführten Vergehens nicht zur Strafe gezogen worden ist", wozu ich bemerke, daß ich beim Empfang der Papiere verlangte den Inhalt des Verhaftsbefehls "wegen hochverrätherischer Umtriebe" wiederzugeben, was man verweigerte." ** Köln, 9. Sept. Die gestrige Sitzung des demokratischen Vereins war im höchsten Grade aufgeregt. Die Volksversammlung des vorigen Tages hatte gut gewirkt; einige hundert neue Mitglieder traten dem Vereine bei. Zuerst wurde der Protest des Düsseldorfer Volksklubs gegen die Verhaftung Freiligraths verlesen und mit donnernden Lebehochs auf letztern einstimmig angenommen und eine Deputation wurde beauftragt, heute dem Generalprokurator, Hrn. Nicolovius, im Anschluß an eine Deputation des Arbeitervereins diesen Protest zu überbringen und die Freilassung des Verhafteten zu verlangen. Inzwischen verbreitete sich die Nachricht, daß auch unser Mitbürger Weyl verhaftet werden solle, weil er -- im Arbeiterverein das Freiligrath'sche Gedicht: "Die Todten an die Lebenden" vorgelesen. Da beschloß die ganze Versammlung, sich Alle, ohne Ausnahme, des nämlichen Verbrechens schuldig zu machen. Weyl bestieg die Tribüne, las das ganze Gedicht vor, und alle Anwesenden sprachen es im Chorus nach. Bei den energischsten Stellen erdröhnte der Saal von dem begeisterten Jubelruf. Schon war die Zeit bedeutend vorgerückt und ein Theil der Versammlung schickte sich zum Weggehen an, als Ernst Dronke mit eben angekommenen Briefen aus Berlin auf die Tribüne trat und die Abstimmung in der Vereinbarungs-Versammlung, die Aufrechthaltung des Beschlusses vom 9. August und den Sturz des Ministeriums der kontre-revolutionären That, mittheilte. Von dem Jubel, den die Nachricht vom Sturze Hansemanns erregte, macht man sich schwerlich einen Begriff. Die ganze, zweitausend Menschen starke Versammlung, an der auch sehr viel Militär theilnahm, brach in einen unendlichen Sturm von Hurrahs und Bravos los, der auf den Straßen von Neuem erscholl, als die Versammlung sich trennte. Herr Hansemann dient wieder, wie man sieht, zur Bewährung des alten Spruchs: "Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande." !!! Frankfurt, 7. September. 73. Sitzung der National-Versammlung. 9 1/2 Uhr. Präsident von Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der Grundrechte. Auf der Ministerbank sitzt Niemand. Präsident theilt mit ein Schreiben des Fürsten von Leiningen: "In Folge des Beschlusses vom 5. September haben wir, ich und sämmtliche Minister, wie auch sämmtliche Unterstaatssekretaire unsere Entlassung genommen und erhalten. Bis zur Bildung eines neuen Ministerii wird das alte die Geschäfte, die keine politische Verantwortlichkeit nach sich ziehen, besorgen." Präsident: Die Ausfertigung ihres Beschlusses vom 5. September ist dem Reichsministerium zugesandt worden. Dieselbe ist mit folgender Anzeige an mich zurückgekommen: "Da das Ministerium bereits entlassen, und es nur noch Geschäfte nicht politischen Inhalts besorgt, werde es diesen Beschluß nicht ausführen. -- Dahlmann sei mit Bildung des neuen Ministeriums bereits beauftragt." Präsident hat darauf an Dahlmann geschrieben, der Beschluß vom 5. sei von dem alten Ministerium nicht ausgeführt worden. Bei Dringlichkeit der Sache frägt er bei Dahlmann an, ob ein neues Ministerium gebildet? Dahlmann erwiedert: "Bis Dato nicht!" Schüler aus Jena, und mehrere stellen eine Interpellation die hieher bezüglich ist: "Das Reichsministerium habe seine Entlassung genommen: Die Geschäfte dürfen aber nicht stillestehen. Zu den dringendsten Geschäften gehört die Ausführung des Beschlusses vom 5. September. Ob es wahr, daß der Beschluß noch nicht ausgeführt, und welche Maßregeln denn dazu getroffen." Präsident: Erkennt die Versammlung diese Interpellation für dringlich? Abstimmung zweifelhaft. Bei der Zählung findet sich die Dringlichkeit mit 205 gegen 190 Stimmen angenommen. (Links lautes Bravo). Schüler spricht zur Begründung seiner Interpellation und beantragt: "die bisherigen Minister bei strengster Verantwortlichkeit zur Vollführung des Beschlusses vom 5. Sept. zu bestimmen" Eisenmann schlägt, indem er Schülers Antrag mißbilligt, ein anderes Auskunftsmittel vor, nämlich schnell ein Ministerium zu wählen und sei es auch nur zur Ausführung des Beschlusses vom 5. September. Schmerling (kündigt sich selbst an: Abg. Schmerling!) (Bravo.) Die Vorgänge des Hauses vom 5. September sind bekannt. Wir hielten es für unsere Pflicht, nach der Entscheidung so schnell als möglich abzutreten. Hiermit war aber auch unsere Pflicht zu Ende. Wir Räthe der Krone ... (Oho! Links: Wir haben keine Krone.) Wir Räthe der Centralgewalt ... (Unterbrechungen). Präsident: Hr. v. Schmerling wird wohl diesen Ausdruck nur aus Versehen gebraucht haben. Schmerling meint, der Ausdruck wäre ihm nur entfahren, er hätte ihn früher nie gebraucht; und fährt fort: Wir Räthe der Centralgewalt wären zwar durch den Beschluß der National-Versammlung gedeckt gewesen, wenn wir ihn auch ausgeführt hätten, aber es wäre uns auch zu schwer gewesen, einen so abstrakt gefaßten Beschluß praktisch auszuführen. Wesendonk: Daß Ministerium hat sich sehr beeilt abzutreten, ob lediglich um seine Pflicht zu erfüllen, oder ob um den Beschluß der Versammlung so viel an ihm, zu hintertreiben, ist sehr die Frage. (Furchtbarer Tumult rechts.) Präsident: Ich traue dem Herrn Wesendonk so viel Ehre zu, daß er auf diese Verdächtigungen auch die Anklage folgen lassen wird. (Bravo im Centrum und rechts). Wesendonk bemerkt mit lauter und determinirter Stimme dem Präsidenten: es stünde ihm gar nicht zu, ihn zu unterbrechen und noch viel weniger, an seine Ehre zu appelliren. Dergleichen unerlaubte und eigenwillige Unterbrechungen werde er sich nie und nirgends gefallen lassen. (Tiefe Stille.) Uebrigens sei der Beschluß vom 5. September von der Majorität gefaßt und die Minorität müsse sich augenblicklich fügen. (Rechts: Nein!) Dahlmann ist im Nothfall allein berechtigt, diesen Beschluß zur Ausführung zu bringen. (Rechts: Das ist ja revolutionair?) Andernfalls beantrage ich einen Vollziehungsausschuß aus dem Schooß der Versammlung zu ernennen. (Schrecken, Oho!) Sonst fallen die Folgen auf Ihre Häupter. Ich wiederhole noch einmal in Bezug auf das abgetretene Ministerium was ich oben gesagt. Präsident sucht sich gegen Wesendonk zu rechtfertigen. (Brentano unterbricht ihn wegen eines Wesendonk untergelegten Falsums). Präsident: Hr. Brentano, ich rufe Sie zur Ordnung Wesendonk weist unter lauten und unverschämten Unterbrechungen der Rechten, dem Präsidenten nach, daß er den Ausdruck, um den es sich handelt, falsch verstanden hat, und wiederholt denselben. Für die ungerechten Beschuldigungen und Eingriffe des Präsidenten verlangt er den Schutz der Versammlung. Präsident wird den Ausdruck von Wesendonk auf Grund der stenographischen Berichte prüfen lassen. (Links: Und auf Grund der Geschäftsordnung.) Gagern: Und auf Grund der Geschaftsordnung! Robert v. Mohl: Auf die Anträge und Verdächtigungen des Hrn. Wesendonk antwortet er gar nicht. Dahlmanns Pflicht wäre es gewesen, in Beziehung auf das ihm übertragene Geschäft schnell zu sein. Dahlmann (sehr geheimniß- und ahnungsvoll): Meine Herren, ich bitte Sie dringend alle hieher gehörigen Anträge zurückzuziehen. Wir sind in einer höchst gefahrvollen Lage. (Große Gleichgültigkeit.) Muth und Mäßigung sind nöthig. Die abgetretenen Minister haben vollkommen ehrenvoll gehandelt. (Stille). Mittermaier: Der Beschluß der Majorität (vom 5. September) muß und wird vollzogen werden. (Jahn vom Platz: Nein! Wird zur Ordnung gerufen.) Dem alten Ministerium lag es nicht mehr ob, den Beschluß zu vollziehen. Der Reichsverweser muß dafür Sorge tragen. Vogt: Ich bin vollkommen damit einverstanden, daß das alte Ministerium hierin nichts mehr zu thun hatte. Die Ausführung muß aber vor sich gehen. (Rechts Stimmen: Nein!) Wir, (links) wenn wir in der Minorität waren, haben uns auch immer unterworfen. Ich muß sehr bedauern, daß Hr. Dahlmann nicht bereits Minister bezeichnet hat. Hierin, auf ihm allein, lastet die Schuld der Verzögerung. (Rechts: Bravo!) Ein politisch gebildeter Staatsmann hätte anders gehandelt. (Rechts Gelächter und der Amtsbezeichnung der betreffenden Behörden oder Beamten, ohne den Beisatz: „Hoch“ und ohne „Exzellenz“ und ähnliche Titel. Der Ministerpräsident setzt unter Mittheilung der beim Reichsministerium eingeführten Titulatur die Einzelstaaten durch die Bevollmächtigten ihrer Regierungen hiervon mittelst eines Cirkular-Schreibens in Kenntniß. Nur im Verkehr mit außerdeutschen Staaten und Behörden bleiben andere Titulaturen nach dem Grundsatze der Reciprocität bestehen. Im vorigen Jahre hatte Brüssel die Ehre, die Freihandelsmänner und die Philantropen der halben Welt bei sich zu bewillkommnen. Diesmal sind es die Friedensfreunde Amerika's und Englands, die sich in der belgischen Musterstadt rendez-vous gegeben haben. Ein Yankee und zwei Briten zeigen nämlich in den Journalen an, daß sie als Vorläufer von 200 anderen Deputirten, für den 19. d. Mts. einen Kongreß in der „Großen Harmonie“ von Brüssel arrangirt haben, auf dem alle Weltzustände besprochen und Maßregeln getroffen werden sollen, um die obwaltenden politischen Differenzen auf friedlichem Wege zu schlichten. Alle Friedensfreunde werden zu dieser Farce eingeladen und es versteht sich von selbst, daß wir viel Glück dazu wünschen. Mainz, 16. Juli. In dem 1/4 Stunde von hier entfernten Dorfe Zahlbach hat man die Republik proklamirt! Das Attentat wurde von einem 12jährigen Jungen vollführt. Ein patriotischer Polizist requirirte sofort eine angemessene Militärmacht, welche den Jungen arretirte, zugleich aber auch den Polizist wegen Trunkenheit nach dem Stadthaus brachte. Das Großherzogthum befindet sich in der größten Aufregung. [Deutschland] daß die dänische Literatur — mit Ausnahme Holbergs — ein matter Abklatsch der Deutschen ist. So ohnmächtig Deutschland auch von jeher war, es hat die Genugthuung, daß die skandinavischen Nationen und namentlich Dänemark unter seine Votmäßigkeit gerathen sind, daß es ihnen gegenüber sogar noch revolutionär und progressiv ist. Wollt Ihr Beweise? Les't die Polemik der skandinavischen Natione untereinander, seit die Idee des Skandinavismus aufgetaucht ist. Der Skandinavismus besteht in der Begeisterung für die brutale, schmutzige, seeräuberische, altnordische Nationalität, für jene tiefe Innerlichkeit, die ihre überschwenglichen Gedanken und Gefühle nicht in Worte bringen kann, wohl aber in Thaten, nämlich in Rohheit gegen Frauenzimmer, permanente Betrunkenheit, und mit thränenreicher Sentimentalität abwechselnde Berserkerwuth. Der Skandinavismus und die meerumschlungene schleswig-holsteinische Stammverwandtschaft tauchten zugleich in den Ländern des Königs von Dänemark auf. Sie gehören zusammen; sie haben sich gegenseitig hervorgerufen, bekämpft, und dadurch am Leben erhalten. Der Skandinavismus war die Form, in der die Dänen an die Unterstützung der Schweden und Norweger appellirten. Aber wie es der christlich-germanischen Nation immer geht: sogleich erhob sich der Streit, wer der ächte Christlichgermane, der wahre Skandinavier sei. Der Schwede erklärte den Dänen für „verdeutscht“ und entartet, der Norweger den Schweden und den Dänen, der Isländer alle drei. Natürlich, je roher eine Nation, je näher ihre Sitten und Lebensart der altnordischen, desto „skandinavischer“ war sie. Vor uns liegt das „Morgenblad“ von Christiania vom 18. Nov. 1846. Dies anmuthige Blättchen enthält in einem Artikel über Skandinavismus folgende heitere Stellen: Nachdem es den ganzen Skandinavismus als einen bloß von den Dänen in ihrem Interesse hervorgerufenen Bewegungsversuch geschildert, sagt es von den Dänen: „Was hat dies muntere, lebensfrohe Volk mit der alten, düstern und wehmuthsvollen Kämpenwelt (med#den gamle, alvorlige og vemodsfulde Kjämpeverden) zu schaffen? Wie kann diese Nation mit ihrer — wie ein dänischer Schriftsteller selbst zugibt — lenksamen und sanftmüthigen Willensbeschaffenheit glauben, in Geistesverwandtschaft zu stehen mit der alten Vorzeit derben, kraftvollen und energischen Männern? Und wie können diese Menschen mit der südlichweichen Aussprache sich einbilden eine nordische Zunge zu sprechen? Und obwohl es ein Hauptzug unserer und der schwedischen Nation, wie auch der alten Nordbewohner ist, daß die Gefühle sich mehr ins Innerste der Seele zurückziehen, ohne sich näher im Aeußern zu zeigen, so glauben doch diese gefühlvollen und herzlichen Menschen, die so leicht zu verwundern, zu bewegen, zu bestimmen sind, deren Geistesbewegungen sich so rasch und deutlich in ihrem Aeußern abdrücken, daß sie in einer nordischen Form gegossen, daß sie von verwandter Natur sind mit den beiden andern skandinavischen Nationen!“ Das „Morgenblad“ erklärt nun diese Entartung aus der Verbindung mit Deutschland und der Verbreitung deutschen Wesens in Dänemark. Die Deutschen hätten zwar „ihr heiligstes Eigenthum, ihr nationales Gepräge verloren; aber so kraftlos und matt die deutsche Nationalität auch ist, so gibt es doch eine in der Welt; die noch kraftloser und matter ist, nämlich die dänische. Während die deutsche Sprache im Elsaß, Waadt und an der slavischen Grenze zurückgedrängt wird (!! damals blieben die Verdienste der Retzbrüder noch im Stillen) hat sie gegen die dänische Grenze reißende Fortschritte gemacht.“ Die Dänen hätten nun den Deutschen eine Nationalität entgegen stellen müssen, und hätten zu diesem Zweck den Skandinavismus erfunden; die dänische Nationalität sei widerstandslos gewesen: „denn die dänische Nation war, wie gesagt, obwohl sie die deutsche Sprache nicht angenommen, doch wesentlich verdeutscht. Der Verfasser hat selbst in einem dänischen Blatte anerkannt gesehen, daß die dänische Nationalität von der deutschen nicht wesentlich verschieden sei.“ So weit. „Morgenbladet.“ Allerdings, es läßt sich nicht läugnen, daß die Dänen eine halbweg civilisirte Nation sind. Unglückliche Dänen! Mit demselben Recht, mit dem die Franzosen Flandern, Lothringen und Elsaß genommen haben und Belgien früher oder später nehmen werden, mit demselben Recht nimmt Deutschland Schleswig: mit dem Recht der Civilisation gegen die Barbarei, des Fortschritts gegen die Stabilität. Und selbst wenn die Verträge für Dänemark wären, was noch sehr zweifelhaft ist, dies Recht gilt mehr als alle Verträge, weil es das Recht der geschichtlichen Entwickelung ist. Solange die schleswig-holsteinsche Bewegung eine rein bürgerlich-friedliche, gesetzliche Philisteragitation blieb, erregte sie nur die Begeisterung wohlmeinender Kleinbürger. Als daher vor der Februar-Revolution der jetzige Dänenkönig bei seiner Thronbesteigung für seine Gesammtstaaten eine freisinnige Verfassung, mit gleicher Zahl Abgeordneter für die Herzogthümer wie für Dänemark versprach, und die Herzogthümer dagegen opponirten, trat der kleinbürgerliche Lokalcharakter der schleswig-holsteinschen Bewegung unangenehm hervor. Es handelte sich damals nicht sosehr um einen Anschluß an Deutschland — wo war damals ein Deutschland? — als um Trennung von Dänemark und Konstituirung eines kleinen selbstständigen Lokalstaats. Aber die Revolution brach herein und gab der Bewegung einen andern Charakter. Die schleswig-holsteinsche Partei mußte entweder zu Grunde gehen, oder selbst eine Revolution wagen. Sie wagte die Revolution und sie hatte Recht: die dänischen Zusagen, vor der Revolution sehr günstig, waren nach der Revolution ungenügend# der Anschluß an Deutschland, früher eine Phrase, konnte jetzt eine Bedeutung erhalten; Deutschland hatte eine Revolution und Dänemark machte sie, wie immer, auf kleinstädtischem Fuße nach. Die schleswig-holsteinsche Revolution und die aus ihr hervorgegangene provisorische Regierung hatte anfangs selbst noch einen sehr spießbürgerlichen Charakter. Aber der Krieg zwang sie bald auf demokratische Bahnen. Schleswig-Holstein hat durch diese Regierung, in der lauter altliberale Biedermänner, ehemalige Geistesverwandte von Welker, Gagern, Camphausen sitzen — demokratischere Gesetze erhalten, als irgend ein anderer deutscher Staat. Von allen deutschen Versammlungen ist die kieler Landesversammlung die einzige, die nicht nur auf allgemeinem Stimmrecht, sondern auch auf direkter Wahl beruht. Der ihr von der Regierung vorgelegte Verfassungsentwurf ist der demokratischste, der je in deutscher Sprache abgefaßt worden. Schleswig-Holstein, bisher politisch von Deutschland ins Schlepptau genommen, ist durch den Revolutionskrieg plötzlich zu fortgeschritteneren Institutionen gekommen als das ganze übrige Deutschland. Der Krieg, den wir in Schleswig-Holstein führen, ist also ein wirklicher Revolutionskrieg. Und wer ist von Anfang an auf Seite Dänemarks gewesen? Die drei kontrerevolutionärsten Mächte Europas: Rußland, England und die preußische Regierung. Die preußische Regierung hat so lange sie konnte einen bloßen Scheinkrieg geführt man denke an Wildenbruchs Note, an die Bereitwilligkeit, mit der sie auf englisch-russische Vorstellungen hin den Rückzug aus Jütland befahl und schließlich an den zweimaligen Waffenstillstand! Preußen, England und Rußland sind die drei Mächte, die die deutsche Revolution und ihre erste Folge, die deutsche Einheit am meisten zu fürchten haben: Preßuen weil es dadurch aufhört zu existiren, England weil der deutsche Markt dadurch seiner Exploitation entzogen wird, Rußland weil die Demokratie dadurch nicht nur an die Weichsel, sondern selbst bis an die Düna und den Dniepr vorrücken muß. Preußen, England und Rußland haben komplottirt gegen Schleswig-Holstein, gegen Deutschland und gegen die Revolution. Der Krieg, der möglicherweise jetzt aus den Beschlüssen in Frankfurt entstehen kann, würde ein Krieg Deutschlands gegen Preußen, England und Rußland sein. Und gerade solch ein Krieg thut der einschlummernden deutschen Bewegung Noth; ein Krieg gegen die drei Großmächte der Contrerevolution, ein Krieg der Preußen in Deutschland wirklich aufgehn, der die Allianz mit Polen zum unumgänglichsten Bedürfniß macht, der die Freilassung Italiens sofort herbeiführt, der gerade gegen die alten contrerevolutionären Alliirten Deutschlands von 1792-1815 gerichtet ist, ein Krieg, der „das Vaterland in Gefahr“ bringt und gerade dadurch rettet, indem er den Sieg Deutschlands vom Siege der Demokratie abhängig macht. Die Bourgeois und Junker in Frankfurt mögen sich keine Illusionen darüber machen: beschließen sie den Waffenstillstand zu verwerfen, so beschließen sie ihren eigenen Sturz, gerade so gut wie die Girondins in der ersten Revolution, die am 10. August thätig waren, und für den Tod des Exkönigs stimmten, damit ihren eigenen Sturz am 31. Mai vorbereiteten. Nehmen sie dagegen den Waffenstillstand an, so beschließen sie ebenfalls ihren eigenen Sturz, so begeben sie sich unter die Botmäßigkeit von Preußen, und haben gar nichts mehr zu sagen. Sie mögen wählen. Wahrscheinlich ist die Nachricht vom Sturz Hansemanns noch vor der Abstimmung nach Frankfurt gekommen. Vielleicht wird sie bedeutend auf die Abstimmung influiren, besonders weil das erwartete Ministerium Waldeck und Rodbertus bekanntlich die Souverainetät der Nationalversammlung anerkennt. Wir werden sehen. Aber wir wiederholen es: die Ehre Deutschlands ist in schlechten Händen! * Köln, 9. Sept. Unsere Leser erinnern sich, daß wir in Nr. 42 der N. Rh. Z. zu Gunsten des willkürlich verhafteten Bombardier Funk interpellirten. Wir freuen uns mittheilen zu können, daß dieser tüchtige Demokrat endlich der Haft entlassen, aus dem Militärdienst ausgeschieden und hier wieder eingetroffen ist. Wie es ihm inzwischen ergangen ist, lassen wir Hrn. Funk zur Charakteristik der preußischen Militärjustiz selbst erzählen. Sein Bericht wird auch dazu dienen, die Hartnäckigkeit zu erklären, mit der Hr. Schreckenstein sich weigert, den Beschluß der Vereinbarer vom 9. August auszuführen. Der Bericht des Hrn. Funk lautet: „Bis zum 23. Juni d. J. diente ich in der 2ten Abtheilung 8ten Artilleriebrigade zu Köln. Ich hielt es trotz aller kriegsministeriellen Erlasse dennoch mit den Pflichten eines Soldaten für vereinbarlich, Ende April Mitglied der hiesigen demokratischen Gesellschaft zu werden. Da wurde mir plötzlich der Befehl, am 23. Juni nach Saarlouis abzumarschiren, wohin ich versetzt sei. Von Köln bis Koblenz benutzte ich das Dampfschiff und erhielt auf der Station Bonn den dortigen Gensdarmerie-Wachtmeister als Reisegefährten. Ich gerieth mit ihm in ein Gespräch, welches sehr bald eine politische Wendung nahm. In Remagen verließ Jener das Dampfschiff, während ich über Koblenz und Trier nach Saarlouis weiter reiste, wo ich am 28. Juni eintraf, Vormittags 11 Uhr. Augenblicklich wurden meine Effekten, sogar meine Person einer Untersuchung unterworfen, und mir nachher erklärt, ich sei Untersuchungs-Arrestant. Erst auf meine spätere Frage warum? erhielt ich die Antwort: „In Folge eines Verhaftsbefehls von Koblenz wegen hochverrätherischer Umtriebe, letztere Worte waren mit rother Tinte auf den Verhaftszettel geschrieben. Ich wurde abgeführt und in einem wohlvergitterten, verschlossenen und verriegelten, und von einem Infanterieposten bewachten Zimmer verwahrt. Niemand durfte mich sprechen; ich selbst weder lesen noch schreiben. Am 30. Juni wurde ich vorgeführt. Man hatte meine von Trier nach S. post restante beförderten Effekten mit Beschlag belegt; diese wurden jetzt einer Untersuchung unterworfen und alle darin vorgefundenen Schriften etc. zu den Akten genommen. Hierin bestand die ganze Verhandlung. Am 4. Juli erfolgte das zweite Verhör; nun erst wurde mir mitgetheilt, daß der obenerwähnte Gensdarmerie-Wachtmeister eine Denunciation gegen mich eingereicht habe, auf Grund des mit ihm auf dem Dampfschiff gepflogenen Gesprächs. Die Anschuldigungspunkte sind bereits in der N. Rh. Ztg. vom 12. Juli mitgetheilt. Seit dem 4. Juli nun bis vor Kurzem habe ich ununterbrochen einsam und wohlverwahrt ohne Verhör, ohne alle Bewegung in freier Luft, und ohne Beschäftigung, in Gewahrsam gesessen. Nach 6wöchentlicher Haft erhielt ich die Erlaubniß, täglich 1 Stunde im innern Hof zubringen zu dürfen, jedoch in Begleitung eines Inspektors und militärischer Bewachung. Noch später wurde mir „als persönliche Begünstigung“ das Lesen gestattet, unter der Bedingung, daß jedes von mir gewünschte Buch von der Arrestwache nach der Kommandantur befördert würde; von wo aus ich es erhalten solle. Ich habe von beiden menschenfreundlichen Bewilligungen niemals Gebrauch gemacht. Endlich bin ich veranlaßt worden, den schriftlichen Wunsch auf Dienstentlassung auszusprechen. Dies geschah — am andern Tage wurde ich ohne jede Erklärung, ohne Urtheil — auf freien Fuß gesetzt, und erhielt kurz nachher meine Papiere, mit folgender darin enthaltenen Bemerkung: „etc. und war seit jener Zeit wegen versuchter Aufwiegelung seiner Kameraden zur Unzufriedenheit, im Untersuchungsarrest etc.“ Zu Vorstehendem wird „noch bemerkt, daß von dem gewöhnlichen Verfahren Abstand genommen worden, und der etc. wegen des eben angeführten Vergehens nicht zur Strafe gezogen worden ist“, wozu ich bemerke, daß ich beim Empfang der Papiere verlangte den Inhalt des Verhaftsbefehls „wegen hochverrätherischer Umtriebe“ wiederzugeben, was man verweigerte.“ ** Köln, 9. Sept. Die gestrige Sitzung des demokratischen Vereins war im höchsten Grade aufgeregt. Die Volksversammlung des vorigen Tages hatte gut gewirkt; einige hundert neue Mitglieder traten dem Vereine bei. Zuerst wurde der Protest des Düsseldorfer Volksklubs gegen die Verhaftung Freiligraths verlesen und mit donnernden Lebehochs auf letztern einstimmig angenommen und eine Deputation wurde beauftragt, heute dem Generalprokurator, Hrn. Nicolovius, im Anschluß an eine Deputation des Arbeitervereins diesen Protest zu überbringen und die Freilassung des Verhafteten zu verlangen. Inzwischen verbreitete sich die Nachricht, daß auch unser Mitbürger Weyl verhaftet werden solle, weil er — im Arbeiterverein das Freiligrath'sche Gedicht: „Die Todten an die Lebenden“ vorgelesen. Da beschloß die ganze Versammlung, sich Alle, ohne Ausnahme, des nämlichen Verbrechens schuldig zu machen. Weyl bestieg die Tribüne, las das ganze Gedicht vor, und alle Anwesenden sprachen es im Chorus nach. Bei den energischsten Stellen erdröhnte der Saal von dem begeisterten Jubelruf. Schon war die Zeit bedeutend vorgerückt und ein Theil der Versammlung schickte sich zum Weggehen an, als Ernst Dronke mit eben angekommenen Briefen aus Berlin auf die Tribüne trat und die Abstimmung in der Vereinbarungs-Versammlung, die Aufrechthaltung des Beschlusses vom 9. August und den Sturz des Ministeriums der kontre-revolutionären That, mittheilte. Von dem Jubel, den die Nachricht vom Sturze Hansemanns erregte, macht man sich schwerlich einen Begriff. Die ganze, zweitausend Menschen starke Versammlung, an der auch sehr viel Militär theilnahm, brach in einen unendlichen Sturm von Hurrahs und Bravos los, der auf den Straßen von Neuem erscholl, als die Versammlung sich trennte. Herr Hansemann dient wieder, wie man sieht, zur Bewährung des alten Spruchs: „Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande.“ !!! Frankfurt, 7. September. 73. Sitzung der National-Versammlung. 9 1/2 Uhr. Präsident von Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der Grundrechte. Auf der Ministerbank sitzt Niemand. Präsident theilt mit ein Schreiben des Fürsten von Leiningen: „In Folge des Beschlusses vom 5. September haben wir, ich und sämmtliche Minister, wie auch sämmtliche Unterstaatssekretaire unsere Entlassung genommen und erhalten. Bis zur Bildung eines neuen Ministerii wird das alte die Geschäfte, die keine politische Verantwortlichkeit nach sich ziehen, besorgen.“ Präsident: Die Ausfertigung ihres Beschlusses vom 5. September ist dem Reichsministerium zugesandt worden. Dieselbe ist mit folgender Anzeige an mich zurückgekommen: „Da das Ministerium bereits entlassen, und es nur noch Geschäfte nicht politischen Inhalts besorgt, werde es diesen Beschluß nicht ausführen. — Dahlmann sei mit Bildung des neuen Ministeriums bereits beauftragt.“ Präsident hat darauf an Dahlmann geschrieben, der Beschluß vom 5. sei von dem alten Ministerium nicht ausgeführt worden. Bei Dringlichkeit der Sache frägt er bei Dahlmann an, ob ein neues Ministerium gebildet? Dahlmann erwiedert: „Bis Dato nicht!“ Schüler aus Jena, und mehrere stellen eine Interpellation die hieher bezüglich ist: „Das Reichsministerium habe seine Entlassung genommen: Die Geschäfte dürfen aber nicht stillestehen. Zu den dringendsten Geschäften gehört die Ausführung des Beschlusses vom 5. September. Ob es wahr, daß der Beschluß noch nicht ausgeführt, und welche Maßregeln denn dazu getroffen.“ Präsident: Erkennt die Versammlung diese Interpellation für dringlich? Abstimmung zweifelhaft. Bei der Zählung findet sich die Dringlichkeit mit 205 gegen 190 Stimmen angenommen. (Links lautes Bravo). Schüler spricht zur Begründung seiner Interpellation und beantragt: „die bisherigen Minister bei strengster Verantwortlichkeit zur Vollführung des Beschlusses vom 5. Sept. zu bestimmen“ Eisenmann schlägt, indem er Schülers Antrag mißbilligt, ein anderes Auskunftsmittel vor, nämlich schnell ein Ministerium zu wählen und sei es auch nur zur Ausführung des Beschlusses vom 5. September. Schmerling (kündigt sich selbst an: Abg. Schmerling!) (Bravo.) Die Vorgänge des Hauses vom 5. September sind bekannt. Wir hielten es für unsere Pflicht, nach der Entscheidung so schnell als möglich abzutreten. Hiermit war aber auch unsere Pflicht zu Ende. Wir Räthe der Krone … (Oho! Links: Wir haben keine Krone.) Wir Räthe der Centralgewalt … (Unterbrechungen). Präsident: Hr. v. Schmerling wird wohl diesen Ausdruck nur aus Versehen gebraucht haben. Schmerling meint, der Ausdruck wäre ihm nur entfahren, er hätte ihn früher nie gebraucht; und fährt fort: Wir Räthe der Centralgewalt wären zwar durch den Beschluß der National-Versammlung gedeckt gewesen, wenn wir ihn auch ausgeführt hätten, aber es wäre uns auch zu schwer gewesen, einen so abstrakt gefaßten Beschluß praktisch auszuführen. Wesendonk: Daß Ministerium hat sich sehr beeilt abzutreten, ob lediglich um seine Pflicht zu erfüllen, oder ob um den Beschluß der Versammlung so viel an ihm, zu hintertreiben, ist sehr die Frage. (Furchtbarer Tumult rechts.) Präsident: Ich traue dem Herrn Wesendonk so viel Ehre zu, daß er auf diese Verdächtigungen auch die Anklage folgen lassen wird. (Bravo im Centrum und rechts). Wesendonk bemerkt mit lauter und determinirter Stimme dem Präsidenten: es stünde ihm gar nicht zu, ihn zu unterbrechen und noch viel weniger, an seine Ehre zu appelliren. Dergleichen unerlaubte und eigenwillige Unterbrechungen werde er sich nie und nirgends gefallen lassen. (Tiefe Stille.) Uebrigens sei der Beschluß vom 5. September von der Majorität gefaßt und die Minorität müsse sich augenblicklich fügen. (Rechts: Nein!) Dahlmann ist im Nothfall allein berechtigt, diesen Beschluß zur Ausführung zu bringen. (Rechts: Das ist ja revolutionair?) Andernfalls beantrage ich einen Vollziehungsausschuß aus dem Schooß der Versammlung zu ernennen. (Schrecken, Oho!) Sonst fallen die Folgen auf Ihre Häupter. Ich wiederhole noch einmal in Bezug auf das abgetretene Ministerium was ich oben gesagt. Präsident sucht sich gegen Wesendonk zu rechtfertigen. (Brentano unterbricht ihn wegen eines Wesendonk untergelegten Falsums). Präsident: Hr. Brentano, ich rufe Sie zur Ordnung Wesendonk weist unter lauten und unverschämten Unterbrechungen der Rechten, dem Präsidenten nach, daß er den Ausdruck, um den es sich handelt, falsch verstanden hat, und wiederholt denselben. Für die ungerechten Beschuldigungen und Eingriffe des Präsidenten verlangt er den Schutz der Versammlung. Präsident wird den Ausdruck von Wesendonk auf Grund der stenographischen Berichte prüfen lassen. (Links: Und auf Grund der Geschäftsordnung.) Gagern: Und auf Grund der Geschaftsordnung! Robert v. Mohl: Auf die Anträge und Verdächtigungen des Hrn. Wesendonk antwortet er gar nicht. Dahlmanns Pflicht wäre es gewesen, in Beziehung auf das ihm übertragene Geschäft schnell zu sein. Dahlmann (sehr geheimniß- und ahnungsvoll): Meine Herren, ich bitte Sie dringend alle hieher gehörigen Anträge zurückzuziehen. Wir sind in einer höchst gefahrvollen Lage. (Große Gleichgültigkeit.) Muth und Mäßigung sind nöthig. Die abgetretenen Minister haben vollkommen ehrenvoll gehandelt. (Stille). Mittermaier: Der Beschluß der Majorität (vom 5. September) muß und wird vollzogen werden. (Jahn vom Platz: Nein! Wird zur Ordnung gerufen.) Dem alten Ministerium lag es nicht mehr ob, den Beschluß zu vollziehen. Der Reichsverweser muß dafür Sorge tragen. Vogt: Ich bin vollkommen damit einverstanden, daß das alte Ministerium hierin nichts mehr zu thun hatte. Die Ausführung muß aber vor sich gehen. (Rechts Stimmen: Nein!) Wir, (links) wenn wir in der Minorität waren, haben uns auch immer unterworfen. Ich muß sehr bedauern, daß Hr. Dahlmann nicht bereits Minister bezeichnet hat. Hierin, auf ihm allein, lastet die Schuld der Verzögerung. (Rechts: Bravo!) Ein politisch gebildeter Staatsmann hätte anders gehandelt. (Rechts Gelächter und <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar099_005" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="0496"/> der Amtsbezeichnung der betreffenden Behörden oder Beamten, ohne den Beisatz: „Hoch“ und ohne „Exzellenz“ und ähnliche Titel.</p> <p>Der Ministerpräsident setzt unter Mittheilung der beim Reichsministerium eingeführten Titulatur die Einzelstaaten durch die Bevollmächtigten ihrer Regierungen hiervon mittelst eines Cirkular-Schreibens in Kenntniß. Nur im Verkehr mit außerdeutschen Staaten und Behörden bleiben andere Titulaturen nach dem Grundsatze der Reciprocität bestehen.</p> </div> <div xml:id="ar099_006" type="jArticle"> <p>Im vorigen Jahre hatte Brüssel die Ehre, die Freihandelsmänner und die Philantropen der halben Welt bei sich zu bewillkommnen. Diesmal sind es die Friedensfreunde Amerika's und Englands, die sich in der belgischen Musterstadt rendez-vous gegeben haben. Ein Yankee und zwei Briten zeigen nämlich in den Journalen an, daß sie als Vorläufer von 200 anderen Deputirten, für den 19. d. Mts. einen Kongreß in der „Großen Harmonie“ von Brüssel arrangirt haben, auf dem alle Weltzustände besprochen und Maßregeln getroffen werden sollen, um die obwaltenden politischen Differenzen auf friedlichem Wege zu schlichten. Alle Friedensfreunde werden zu dieser Farce eingeladen und es versteht sich von selbst, daß wir viel Glück dazu wünschen.</p> </div> <div xml:id="ar099_007" type="jArticle"> <head>Mainz, 16. Juli.</head> <p>In dem 1/4 Stunde von hier entfernten Dorfe Zahlbach hat man die Republik proklamirt! Das Attentat wurde von einem 12jährigen Jungen vollführt. Ein patriotischer Polizist requirirte sofort eine angemessene Militärmacht, welche den Jungen arretirte, zugleich aber auch den Polizist wegen Trunkenheit nach dem Stadthaus brachte. Das Großherzogthum befindet sich in der größten Aufregung.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar099_008" type="jArticle"> <p>daß die dänische Literatur — mit Ausnahme Holbergs — ein matter Abklatsch der Deutschen ist.</p> <p>So ohnmächtig Deutschland auch von jeher war, es hat die Genugthuung, daß die skandinavischen Nationen und namentlich Dänemark unter seine Votmäßigkeit gerathen sind, daß es <hi rendition="#g">ihnen</hi> gegenüber sogar noch revolutionär und progressiv ist.</p> <p>Wollt Ihr Beweise? Les't die Polemik der skandinavischen Natione untereinander, seit die Idee des Skandinavismus aufgetaucht ist. Der Skandinavismus besteht in der Begeisterung für die brutale, schmutzige, seeräuberische, altnordische Nationalität, für jene tiefe Innerlichkeit, die ihre überschwenglichen Gedanken und Gefühle nicht in Worte bringen kann, wohl aber in Thaten, nämlich in Rohheit gegen Frauenzimmer, permanente Betrunkenheit, und mit thränenreicher Sentimentalität abwechselnde Berserkerwuth.</p> <p>Der Skandinavismus und die meerumschlungene schleswig-holsteinische Stammverwandtschaft tauchten zugleich in den Ländern des Königs von Dänemark auf. Sie gehören zusammen; sie haben sich gegenseitig hervorgerufen, bekämpft, und dadurch am Leben erhalten.</p> <p>Der Skandinavismus war die Form, in der die Dänen an die Unterstützung der Schweden und Norweger appellirten. Aber wie es der christlich-germanischen Nation immer geht: sogleich erhob sich der Streit, wer der ächte Christlichgermane, der wahre Skandinavier sei. Der Schwede erklärte den Dänen für „verdeutscht“ und entartet, der Norweger den Schweden und den Dänen, der Isländer alle drei. Natürlich, je roher eine Nation, je näher ihre Sitten und Lebensart der altnordischen, desto „skandinavischer“ war sie.</p> <p>Vor uns liegt das „Morgenblad“ von Christiania vom 18. Nov. 1846. Dies anmuthige Blättchen enthält in einem Artikel über Skandinavismus folgende heitere Stellen:</p> <p>Nachdem es den ganzen Skandinavismus als einen bloß von den Dänen in ihrem Interesse hervorgerufenen Bewegungsversuch geschildert, sagt es von den Dänen:</p> <p>„Was hat dies muntere, lebensfrohe Volk mit der alten, düstern und wehmuthsvollen Kämpenwelt (med#den gamle, alvorlige og vemodsfulde Kjämpeverden) zu schaffen? Wie kann diese Nation mit ihrer — wie ein dänischer Schriftsteller selbst zugibt — lenksamen und sanftmüthigen Willensbeschaffenheit glauben, in Geistesverwandtschaft zu stehen mit der alten Vorzeit derben, kraftvollen und energischen Männern? Und wie können diese Menschen mit der südlichweichen Aussprache sich einbilden eine nordische Zunge zu sprechen? Und obwohl es ein Hauptzug unserer und der schwedischen Nation, wie auch der alten Nordbewohner ist, daß die Gefühle sich mehr ins <hi rendition="#g">Innerste</hi> der Seele zurückziehen, ohne sich näher im <hi rendition="#g">Aeußern</hi> zu zeigen, so glauben doch diese gefühlvollen und herzlichen Menschen, die so leicht zu verwundern, zu bewegen, zu bestimmen sind, deren Geistesbewegungen sich so rasch und deutlich in ihrem Aeußern abdrücken, daß sie in einer nordischen Form gegossen, daß sie von verwandter Natur sind mit den beiden andern skandinavischen Nationen!“</p> <p>Das „Morgenblad“ erklärt nun diese Entartung aus der Verbindung mit Deutschland und der Verbreitung deutschen Wesens in Dänemark. Die Deutschen hätten zwar „ihr heiligstes Eigenthum, ihr nationales Gepräge verloren; aber so kraftlos und matt die deutsche Nationalität auch ist, so gibt es doch eine in der Welt; die noch kraftloser und matter ist, nämlich die dänische. Während die deutsche Sprache im Elsaß, Waadt und an der slavischen Grenze zurückgedrängt wird (!! damals blieben die Verdienste der Retzbrüder noch im Stillen) hat sie gegen die dänische Grenze reißende Fortschritte gemacht.“ Die Dänen hätten nun den Deutschen eine Nationalität entgegen stellen müssen, und hätten zu diesem Zweck den Skandinavismus erfunden; die dänische Nationalität sei widerstandslos gewesen: „denn die dänische Nation war, wie gesagt, obwohl sie die deutsche Sprache nicht angenommen, doch <hi rendition="#g">wesentlich verdeutscht</hi>. Der Verfasser hat selbst in einem dänischen Blatte anerkannt gesehen, daß die <hi rendition="#g">dänische</hi> Nationalität <hi rendition="#g">von der deutschen nicht wesentlich verschieden sei</hi>.“</p> <p>So weit. „Morgenbladet.“</p> <p>Allerdings, es läßt sich nicht läugnen, daß die Dänen eine halbweg civilisirte Nation sind. Unglückliche Dänen!</p> <p>Mit demselben Recht, mit dem die Franzosen Flandern, Lothringen und Elsaß genommen haben und Belgien früher oder später nehmen werden, mit demselben Recht nimmt Deutschland Schleswig: mit dem Recht der Civilisation gegen die Barbarei, des Fortschritts gegen die Stabilität. Und selbst wenn die Verträge für Dänemark wären, was noch sehr zweifelhaft ist, dies Recht gilt mehr als alle Verträge, weil es das Recht der geschichtlichen Entwickelung ist.</p> <p>Solange die schleswig-holsteinsche Bewegung eine rein bürgerlich-friedliche, gesetzliche Philisteragitation blieb, erregte sie nur die Begeisterung wohlmeinender Kleinbürger. Als daher vor der Februar-Revolution der jetzige Dänenkönig bei seiner Thronbesteigung für seine Gesammtstaaten eine freisinnige Verfassung, mit gleicher Zahl Abgeordneter für die Herzogthümer wie für Dänemark versprach, und die Herzogthümer dagegen opponirten, trat der kleinbürgerliche Lokalcharakter der schleswig-holsteinschen Bewegung unangenehm hervor. Es handelte sich damals nicht sosehr um einen Anschluß an Deutschland — wo war damals ein Deutschland? — als um Trennung von Dänemark und Konstituirung eines kleinen selbstständigen Lokalstaats.</p> <p>Aber die Revolution brach herein und gab der Bewegung einen andern Charakter. Die schleswig-holsteinsche Partei mußte entweder zu Grunde gehen, oder selbst eine Revolution wagen. Sie wagte die Revolution und sie hatte Recht: die dänischen Zusagen, vor der Revolution sehr günstig, waren nach der Revolution ungenügend# der Anschluß an Deutschland, früher eine Phrase, konnte jetzt eine Bedeutung erhalten; Deutschland hatte eine Revolution und Dänemark machte sie, wie immer, auf kleinstädtischem Fuße nach.</p> <p>Die schleswig-holsteinsche Revolution und die aus ihr hervorgegangene provisorische Regierung hatte anfangs selbst noch einen sehr spießbürgerlichen Charakter. Aber der Krieg zwang sie bald auf demokratische Bahnen. Schleswig-Holstein hat durch diese Regierung, in der lauter altliberale Biedermänner, ehemalige Geistesverwandte von Welker, Gagern, Camphausen sitzen — demokratischere Gesetze erhalten, als irgend ein anderer deutscher Staat. Von allen deutschen Versammlungen ist die kieler Landesversammlung die einzige, die nicht nur auf allgemeinem Stimmrecht, sondern auch auf direkter Wahl beruht. Der ihr von der Regierung vorgelegte Verfassungsentwurf ist der demokratischste, der je in deutscher Sprache abgefaßt worden. Schleswig-Holstein, bisher politisch von Deutschland ins Schlepptau genommen, ist durch den Revolutionskrieg plötzlich zu fortgeschritteneren Institutionen gekommen als das ganze übrige Deutschland.</p> <p>Der Krieg, den wir in Schleswig-Holstein führen, ist also ein wirklicher Revolutionskrieg.</p> <p>Und wer ist von Anfang an auf Seite Dänemarks gewesen? Die drei kontrerevolutionärsten Mächte Europas: <hi rendition="#g">Rußland, England</hi> und die <hi rendition="#g">preußische Regierung</hi>. Die preußische Regierung hat so lange sie konnte einen bloßen <hi rendition="#g">Scheinkrieg</hi> geführt man denke an Wildenbruchs Note, an die Bereitwilligkeit, mit der sie auf englisch-russische Vorstellungen hin den Rückzug aus Jütland befahl und schließlich an den zweimaligen Waffenstillstand! Preußen, England und Rußland sind die drei Mächte, die die deutsche Revolution und ihre erste Folge, die deutsche Einheit am meisten zu fürchten haben: Preßuen weil es dadurch aufhört zu existiren, England weil der deutsche Markt dadurch seiner Exploitation entzogen wird, Rußland weil die Demokratie dadurch nicht nur an die Weichsel, sondern selbst bis an die Düna und den Dniepr vorrücken muß. Preußen, England und Rußland haben komplottirt gegen Schleswig-Holstein, gegen Deutschland und gegen die Revolution.</p> <p>Der Krieg, der möglicherweise jetzt aus den Beschlüssen in Frankfurt entstehen kann, würde ein Krieg Deutschlands gegen Preußen, England und Rußland sein. Und gerade solch ein Krieg thut der einschlummernden deutschen Bewegung Noth; ein Krieg gegen die drei Großmächte der Contrerevolution, ein Krieg der Preußen in Deutschland <hi rendition="#g">wirklich</hi> aufgehn, der die Allianz mit Polen zum unumgänglichsten Bedürfniß macht, der die Freilassung Italiens sofort herbeiführt, der gerade gegen die alten contrerevolutionären Alliirten Deutschlands von 1792-1815 gerichtet ist, ein Krieg, der „das Vaterland in Gefahr“ bringt und gerade dadurch rettet, indem er den Sieg <hi rendition="#g">Deutschlands</hi> vom Siege der Demokratie abhängig macht.</p> <p>Die Bourgeois und Junker in Frankfurt mögen sich keine Illusionen darüber machen: beschließen sie den Waffenstillstand zu verwerfen, so beschließen sie ihren eigenen Sturz, gerade so gut wie die Girondins in der ersten Revolution, die am 10. August thätig waren, und für den Tod des Exkönigs stimmten, damit ihren eigenen Sturz am 31. Mai vorbereiteten. Nehmen sie dagegen den Waffenstillstand an, so beschließen sie ebenfalls ihren eigenen Sturz, so begeben sie sich unter die Botmäßigkeit von Preußen, und haben gar nichts mehr zu sagen. Sie mögen wählen.</p> <p>Wahrscheinlich ist die Nachricht vom Sturz Hansemanns noch vor der Abstimmung nach Frankfurt gekommen. Vielleicht wird sie bedeutend auf die Abstimmung influiren, besonders weil das erwartete Ministerium Waldeck und Rodbertus bekanntlich die Souverainetät der Nationalversammlung anerkennt.</p> <p>Wir werden sehen. Aber wir wiederholen es: die Ehre Deutschlands ist in schlechten Händen!</p> </div> <div xml:id="ar099_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 9. Sept.</head> <p>Unsere Leser erinnern sich, daß wir in Nr. 42 der N. Rh. Z. zu Gunsten des willkürlich verhafteten Bombardier <hi rendition="#g">Funk</hi> interpellirten. Wir freuen uns mittheilen zu können, daß dieser tüchtige Demokrat endlich der Haft entlassen, aus dem Militärdienst ausgeschieden und hier wieder eingetroffen ist. Wie es ihm inzwischen ergangen ist, lassen wir Hrn. Funk zur Charakteristik der preußischen Militärjustiz selbst erzählen. Sein Bericht wird auch dazu dienen, die Hartnäckigkeit zu erklären, mit der Hr. Schreckenstein sich weigert, den Beschluß der Vereinbarer vom 9. August auszuführen.</p> <p>Der Bericht des Hrn. Funk lautet:</p> <p>„Bis zum 23. Juni d. J. diente ich in der 2ten Abtheilung 8ten Artilleriebrigade zu Köln. Ich hielt es trotz aller kriegsministeriellen Erlasse dennoch mit den Pflichten eines Soldaten für vereinbarlich, Ende April Mitglied der hiesigen demokratischen Gesellschaft zu werden. Da wurde mir plötzlich der Befehl, am 23. Juni nach Saarlouis abzumarschiren, wohin ich versetzt sei. Von Köln bis Koblenz benutzte ich das Dampfschiff und erhielt auf der Station Bonn den dortigen Gensdarmerie-Wachtmeister als Reisegefährten. Ich gerieth mit ihm in ein Gespräch, welches sehr bald eine politische Wendung nahm. In Remagen verließ Jener das Dampfschiff, während ich über Koblenz und Trier nach Saarlouis weiter reiste, wo ich am 28. Juni eintraf, Vormittags 11 Uhr. Augenblicklich wurden meine Effekten, sogar meine Person einer Untersuchung unterworfen, und mir <hi rendition="#g">nachher</hi> erklärt, ich sei Untersuchungs-Arrestant. Erst auf meine spätere Frage warum? erhielt ich die Antwort: „In Folge eines Verhaftsbefehls von Koblenz <hi rendition="#g">wegen hochverrätherischer Umtriebe,</hi> letztere Worte waren mit rother Tinte auf den Verhaftszettel geschrieben. Ich wurde abgeführt und in einem wohlvergitterten, verschlossenen und verriegelten, und von einem Infanterieposten bewachten Zimmer verwahrt. Niemand durfte mich sprechen; ich selbst weder lesen noch schreiben. Am 30. Juni wurde ich vorgeführt. Man hatte meine von Trier nach S. post restante beförderten Effekten mit Beschlag belegt; diese wurden jetzt einer Untersuchung unterworfen und alle darin vorgefundenen Schriften etc. zu den Akten genommen. Hierin bestand die ganze Verhandlung. Am 4. Juli erfolgte das zweite Verhör; nun erst wurde mir mitgetheilt, daß der obenerwähnte Gensdarmerie-Wachtmeister eine Denunciation gegen mich eingereicht habe, auf Grund des mit ihm auf dem Dampfschiff gepflogenen Gesprächs. Die Anschuldigungspunkte sind bereits in der N. Rh. Ztg. vom 12. Juli mitgetheilt. Seit dem 4. Juli nun bis vor Kurzem habe ich ununterbrochen einsam und wohlverwahrt ohne Verhör, ohne alle Bewegung in freier Luft, und ohne Beschäftigung, in Gewahrsam gesessen. Nach 6wöchentlicher Haft erhielt ich die Erlaubniß, täglich 1 Stunde im innern Hof zubringen zu dürfen, jedoch in Begleitung eines Inspektors und militärischer Bewachung. Noch später wurde mir „als persönliche Begünstigung“ das Lesen gestattet, unter der Bedingung, daß jedes von mir gewünschte Buch von der Arrestwache nach der Kommandantur befördert würde; von wo aus ich es erhalten solle. Ich habe von beiden menschenfreundlichen Bewilligungen niemals Gebrauch gemacht. Endlich bin ich veranlaßt worden, den schriftlichen Wunsch auf Dienstentlassung auszusprechen. Dies geschah — am andern Tage wurde ich ohne jede Erklärung, ohne Urtheil — auf freien Fuß gesetzt, und erhielt kurz nachher meine Papiere, mit folgender darin enthaltenen Bemerkung: „etc. und war seit jener Zeit wegen versuchter Aufwiegelung seiner Kameraden zur Unzufriedenheit, im Untersuchungsarrest etc.“ Zu Vorstehendem wird „noch bemerkt, daß von dem gewöhnlichen Verfahren Abstand genommen worden, und der etc. wegen des eben angeführten <hi rendition="#g">Vergehens</hi> nicht zur Strafe gezogen worden ist“, wozu ich bemerke, daß ich beim Empfang der Papiere verlangte den Inhalt des Verhaftsbefehls „wegen hochverrätherischer Umtriebe“ wiederzugeben, was man verweigerte.“</p> </div> <div xml:id="ar099_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Köln, 9. Sept.</head> <p>Die gestrige Sitzung des demokratischen Vereins war im höchsten Grade aufgeregt. Die Volksversammlung des vorigen Tages hatte gut gewirkt; einige hundert neue Mitglieder traten dem Vereine bei. Zuerst wurde der Protest des Düsseldorfer Volksklubs gegen die Verhaftung <hi rendition="#g">Freiligraths</hi> verlesen und mit donnernden Lebehochs auf letztern <hi rendition="#g">einstimmig</hi> angenommen und eine Deputation wurde beauftragt, heute dem Generalprokurator, Hrn. Nicolovius, im Anschluß an eine Deputation des Arbeitervereins diesen Protest zu überbringen und die Freilassung des Verhafteten zu verlangen. Inzwischen verbreitete sich die Nachricht, daß auch unser Mitbürger Weyl verhaftet werden solle, weil er — im Arbeiterverein das Freiligrath'sche Gedicht: „Die Todten an die Lebenden“ vorgelesen. Da beschloß die ganze Versammlung, sich Alle, ohne Ausnahme, des nämlichen Verbrechens schuldig zu machen. Weyl bestieg die Tribüne, las das ganze Gedicht vor, und alle Anwesenden sprachen es im Chorus nach.</p> <p>Bei den energischsten Stellen erdröhnte der Saal von dem begeisterten Jubelruf. Schon war die Zeit bedeutend vorgerückt und ein Theil der Versammlung schickte sich zum Weggehen an, als Ernst Dronke mit eben angekommenen Briefen aus Berlin auf die Tribüne trat und die Abstimmung in der Vereinbarungs-Versammlung, die Aufrechthaltung des Beschlusses vom 9. August und den Sturz des Ministeriums der kontre-revolutionären That, mittheilte. Von dem Jubel, den die Nachricht vom Sturze Hansemanns erregte, macht man sich schwerlich einen Begriff. Die ganze, zweitausend Menschen starke Versammlung, an der auch sehr viel Militär theilnahm, brach in einen unendlichen Sturm von Hurrahs und Bravos los, der auf den Straßen von Neuem erscholl, als die Versammlung sich trennte.</p> <p>Herr Hansemann dient wieder, wie man sieht, zur Bewährung des alten Spruchs: „Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande.“</p> </div> <div xml:id="ar099_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 7. September.</head> <p>73. Sitzung der National-Versammlung. 9 1/2 Uhr. Präsident von Gagern.</p> <p>Tagesordnung: Fortsetzung der Grundrechte.</p> <p>Auf der Ministerbank sitzt Niemand.</p> <p>Präsident theilt mit ein Schreiben des Fürsten von Leiningen:</p> <p rendition="#et">„In Folge des Beschlusses vom 5. September haben wir, ich und sämmtliche Minister, wie auch sämmtliche Unterstaatssekretaire unsere Entlassung genommen und erhalten. Bis zur Bildung eines neuen Ministerii wird das alte die Geschäfte, die keine politische Verantwortlichkeit nach sich ziehen, besorgen.“</p> <p>Präsident: Die Ausfertigung ihres Beschlusses vom 5. September ist dem Reichsministerium zugesandt worden. Dieselbe ist mit folgender Anzeige an mich zurückgekommen:</p> <p rendition="#et">„Da das Ministerium bereits entlassen, und es nur noch Geschäfte nicht politischen Inhalts besorgt, werde es diesen Beschluß nicht ausführen. — Dahlmann sei mit Bildung des neuen Ministeriums bereits beauftragt.“</p> <p>Präsident hat darauf an Dahlmann geschrieben, der Beschluß vom 5. sei von dem alten Ministerium nicht ausgeführt worden. Bei Dringlichkeit der Sache frägt er bei Dahlmann an, ob ein neues Ministerium gebildet?</p> <p>Dahlmann erwiedert: „Bis Dato nicht!“</p> <p>Schüler aus Jena, und mehrere stellen eine Interpellation die hieher bezüglich ist:</p> <p rendition="#et">„Das Reichsministerium habe seine Entlassung genommen: Die Geschäfte dürfen aber nicht stillestehen. Zu den dringendsten Geschäften gehört die Ausführung des Beschlusses vom 5. September. Ob es wahr, daß der Beschluß noch nicht ausgeführt, und welche Maßregeln denn dazu getroffen.“</p> <p>Präsident: Erkennt die Versammlung diese Interpellation für dringlich?</p> <p>Abstimmung zweifelhaft. Bei der Zählung findet sich die Dringlichkeit mit 205 gegen 190 Stimmen angenommen. (Links lautes Bravo).</p> <p>Schüler spricht zur Begründung seiner Interpellation und beantragt:</p> <p rendition="#et">„die bisherigen Minister bei strengster Verantwortlichkeit zur Vollführung des Beschlusses vom 5. Sept. zu bestimmen“</p> <p>Eisenmann schlägt, indem er Schülers Antrag mißbilligt, ein anderes Auskunftsmittel vor, nämlich schnell ein Ministerium zu wählen und sei es auch nur zur Ausführung des Beschlusses vom 5. September.</p> <p>Schmerling (kündigt sich selbst an: Abg. Schmerling!) (Bravo.) Die Vorgänge des Hauses vom 5. September sind bekannt. Wir hielten es für unsere Pflicht, nach der Entscheidung so schnell als möglich abzutreten. Hiermit war aber auch unsere Pflicht zu Ende. Wir Räthe der Krone … (Oho! Links: Wir haben keine Krone.) Wir Räthe der Centralgewalt … (Unterbrechungen).</p> <p>Präsident: Hr. v. Schmerling wird wohl diesen Ausdruck nur aus Versehen gebraucht haben.</p> <p>Schmerling meint, der Ausdruck wäre ihm nur entfahren, er hätte ihn früher nie gebraucht; und fährt fort: Wir Räthe der Centralgewalt wären zwar durch den Beschluß der National-Versammlung gedeckt gewesen, wenn wir ihn auch ausgeführt hätten, aber es wäre uns auch zu schwer gewesen, einen so abstrakt gefaßten Beschluß praktisch auszuführen.</p> <p>Wesendonk: Daß Ministerium hat sich sehr beeilt abzutreten, ob lediglich um seine Pflicht zu erfüllen, oder ob um den Beschluß der Versammlung so viel an ihm, zu hintertreiben, ist sehr die Frage. (Furchtbarer Tumult rechts.)</p> <p>Präsident: Ich traue dem Herrn Wesendonk so viel Ehre zu, daß er auf diese Verdächtigungen auch die Anklage folgen lassen wird. (Bravo im Centrum und rechts).</p> <p>Wesendonk bemerkt mit lauter und determinirter Stimme dem Präsidenten: es stünde ihm gar nicht zu, ihn zu unterbrechen und noch viel weniger, an seine Ehre zu appelliren. Dergleichen unerlaubte und eigenwillige Unterbrechungen werde er sich nie und nirgends gefallen lassen. (Tiefe Stille.) Uebrigens sei der Beschluß vom 5. September von der Majorität gefaßt und die Minorität müsse sich augenblicklich fügen. (Rechts: Nein!) Dahlmann ist im Nothfall allein berechtigt, diesen Beschluß zur Ausführung zu bringen. (Rechts: Das ist ja revolutionair?) Andernfalls beantrage ich einen Vollziehungsausschuß aus dem Schooß der Versammlung zu ernennen. (Schrecken, Oho!) Sonst fallen die Folgen auf Ihre Häupter. Ich wiederhole noch einmal in Bezug auf das abgetretene Ministerium was ich oben gesagt.</p> <p>Präsident sucht sich gegen Wesendonk zu rechtfertigen. (Brentano unterbricht ihn wegen eines Wesendonk untergelegten Falsums).</p> <p>Präsident: Hr. Brentano, ich rufe Sie zur Ordnung</p> <p>Wesendonk weist unter lauten und unverschämten Unterbrechungen der Rechten, dem Präsidenten nach, daß er den Ausdruck, um den es sich handelt, falsch verstanden hat, und wiederholt denselben. Für die ungerechten Beschuldigungen und Eingriffe des Präsidenten verlangt er den Schutz der Versammlung.</p> <p>Präsident wird den Ausdruck von Wesendonk auf Grund der stenographischen Berichte prüfen lassen. (Links: Und auf Grund der Geschäftsordnung.)</p> <p>Gagern: Und auf Grund der Geschaftsordnung!</p> <p>Robert v. Mohl: Auf die Anträge und Verdächtigungen des Hrn. Wesendonk antwortet er gar nicht. Dahlmanns Pflicht wäre es gewesen, in Beziehung auf das ihm übertragene Geschäft schnell zu sein.</p> <p>Dahlmann (sehr geheimniß- und ahnungsvoll): Meine Herren, ich bitte Sie dringend alle hieher gehörigen Anträge zurückzuziehen. Wir sind in einer höchst gefahrvollen Lage. (Große Gleichgültigkeit.) Muth und Mäßigung sind nöthig. Die abgetretenen Minister haben vollkommen ehrenvoll gehandelt. (Stille).</p> <p>Mittermaier: Der Beschluß der Majorität (vom 5. September) muß und wird vollzogen werden. (Jahn vom Platz: Nein! Wird zur Ordnung gerufen.) Dem alten Ministerium lag es nicht mehr ob, den Beschluß zu vollziehen. Der Reichsverweser muß dafür Sorge tragen.</p> <p>Vogt: Ich bin vollkommen damit einverstanden, daß das alte Ministerium hierin nichts mehr zu thun hatte. Die Ausführung muß aber vor sich gehen. (Rechts Stimmen: Nein!) Wir, (links) wenn wir in der Minorität waren, haben uns auch immer unterworfen. Ich muß sehr bedauern, daß Hr. Dahlmann nicht bereits Minister bezeichnet hat. Hierin, auf ihm allein, lastet die Schuld der Verzögerung. (Rechts: Bravo!) Ein politisch gebildeter Staatsmann hätte anders gehandelt. (Rechts Gelächter und </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496/0002]
der Amtsbezeichnung der betreffenden Behörden oder Beamten, ohne den Beisatz: „Hoch“ und ohne „Exzellenz“ und ähnliche Titel.
Der Ministerpräsident setzt unter Mittheilung der beim Reichsministerium eingeführten Titulatur die Einzelstaaten durch die Bevollmächtigten ihrer Regierungen hiervon mittelst eines Cirkular-Schreibens in Kenntniß. Nur im Verkehr mit außerdeutschen Staaten und Behörden bleiben andere Titulaturen nach dem Grundsatze der Reciprocität bestehen.
Im vorigen Jahre hatte Brüssel die Ehre, die Freihandelsmänner und die Philantropen der halben Welt bei sich zu bewillkommnen. Diesmal sind es die Friedensfreunde Amerika's und Englands, die sich in der belgischen Musterstadt rendez-vous gegeben haben. Ein Yankee und zwei Briten zeigen nämlich in den Journalen an, daß sie als Vorläufer von 200 anderen Deputirten, für den 19. d. Mts. einen Kongreß in der „Großen Harmonie“ von Brüssel arrangirt haben, auf dem alle Weltzustände besprochen und Maßregeln getroffen werden sollen, um die obwaltenden politischen Differenzen auf friedlichem Wege zu schlichten. Alle Friedensfreunde werden zu dieser Farce eingeladen und es versteht sich von selbst, daß wir viel Glück dazu wünschen.
Mainz, 16. Juli. In dem 1/4 Stunde von hier entfernten Dorfe Zahlbach hat man die Republik proklamirt! Das Attentat wurde von einem 12jährigen Jungen vollführt. Ein patriotischer Polizist requirirte sofort eine angemessene Militärmacht, welche den Jungen arretirte, zugleich aber auch den Polizist wegen Trunkenheit nach dem Stadthaus brachte. Das Großherzogthum befindet sich in der größten Aufregung.
[Deutschland] daß die dänische Literatur — mit Ausnahme Holbergs — ein matter Abklatsch der Deutschen ist.
So ohnmächtig Deutschland auch von jeher war, es hat die Genugthuung, daß die skandinavischen Nationen und namentlich Dänemark unter seine Votmäßigkeit gerathen sind, daß es ihnen gegenüber sogar noch revolutionär und progressiv ist.
Wollt Ihr Beweise? Les't die Polemik der skandinavischen Natione untereinander, seit die Idee des Skandinavismus aufgetaucht ist. Der Skandinavismus besteht in der Begeisterung für die brutale, schmutzige, seeräuberische, altnordische Nationalität, für jene tiefe Innerlichkeit, die ihre überschwenglichen Gedanken und Gefühle nicht in Worte bringen kann, wohl aber in Thaten, nämlich in Rohheit gegen Frauenzimmer, permanente Betrunkenheit, und mit thränenreicher Sentimentalität abwechselnde Berserkerwuth.
Der Skandinavismus und die meerumschlungene schleswig-holsteinische Stammverwandtschaft tauchten zugleich in den Ländern des Königs von Dänemark auf. Sie gehören zusammen; sie haben sich gegenseitig hervorgerufen, bekämpft, und dadurch am Leben erhalten.
Der Skandinavismus war die Form, in der die Dänen an die Unterstützung der Schweden und Norweger appellirten. Aber wie es der christlich-germanischen Nation immer geht: sogleich erhob sich der Streit, wer der ächte Christlichgermane, der wahre Skandinavier sei. Der Schwede erklärte den Dänen für „verdeutscht“ und entartet, der Norweger den Schweden und den Dänen, der Isländer alle drei. Natürlich, je roher eine Nation, je näher ihre Sitten und Lebensart der altnordischen, desto „skandinavischer“ war sie.
Vor uns liegt das „Morgenblad“ von Christiania vom 18. Nov. 1846. Dies anmuthige Blättchen enthält in einem Artikel über Skandinavismus folgende heitere Stellen:
Nachdem es den ganzen Skandinavismus als einen bloß von den Dänen in ihrem Interesse hervorgerufenen Bewegungsversuch geschildert, sagt es von den Dänen:
„Was hat dies muntere, lebensfrohe Volk mit der alten, düstern und wehmuthsvollen Kämpenwelt (med#den gamle, alvorlige og vemodsfulde Kjämpeverden) zu schaffen? Wie kann diese Nation mit ihrer — wie ein dänischer Schriftsteller selbst zugibt — lenksamen und sanftmüthigen Willensbeschaffenheit glauben, in Geistesverwandtschaft zu stehen mit der alten Vorzeit derben, kraftvollen und energischen Männern? Und wie können diese Menschen mit der südlichweichen Aussprache sich einbilden eine nordische Zunge zu sprechen? Und obwohl es ein Hauptzug unserer und der schwedischen Nation, wie auch der alten Nordbewohner ist, daß die Gefühle sich mehr ins Innerste der Seele zurückziehen, ohne sich näher im Aeußern zu zeigen, so glauben doch diese gefühlvollen und herzlichen Menschen, die so leicht zu verwundern, zu bewegen, zu bestimmen sind, deren Geistesbewegungen sich so rasch und deutlich in ihrem Aeußern abdrücken, daß sie in einer nordischen Form gegossen, daß sie von verwandter Natur sind mit den beiden andern skandinavischen Nationen!“
Das „Morgenblad“ erklärt nun diese Entartung aus der Verbindung mit Deutschland und der Verbreitung deutschen Wesens in Dänemark. Die Deutschen hätten zwar „ihr heiligstes Eigenthum, ihr nationales Gepräge verloren; aber so kraftlos und matt die deutsche Nationalität auch ist, so gibt es doch eine in der Welt; die noch kraftloser und matter ist, nämlich die dänische. Während die deutsche Sprache im Elsaß, Waadt und an der slavischen Grenze zurückgedrängt wird (!! damals blieben die Verdienste der Retzbrüder noch im Stillen) hat sie gegen die dänische Grenze reißende Fortschritte gemacht.“ Die Dänen hätten nun den Deutschen eine Nationalität entgegen stellen müssen, und hätten zu diesem Zweck den Skandinavismus erfunden; die dänische Nationalität sei widerstandslos gewesen: „denn die dänische Nation war, wie gesagt, obwohl sie die deutsche Sprache nicht angenommen, doch wesentlich verdeutscht. Der Verfasser hat selbst in einem dänischen Blatte anerkannt gesehen, daß die dänische Nationalität von der deutschen nicht wesentlich verschieden sei.“
So weit. „Morgenbladet.“
Allerdings, es läßt sich nicht läugnen, daß die Dänen eine halbweg civilisirte Nation sind. Unglückliche Dänen!
Mit demselben Recht, mit dem die Franzosen Flandern, Lothringen und Elsaß genommen haben und Belgien früher oder später nehmen werden, mit demselben Recht nimmt Deutschland Schleswig: mit dem Recht der Civilisation gegen die Barbarei, des Fortschritts gegen die Stabilität. Und selbst wenn die Verträge für Dänemark wären, was noch sehr zweifelhaft ist, dies Recht gilt mehr als alle Verträge, weil es das Recht der geschichtlichen Entwickelung ist.
Solange die schleswig-holsteinsche Bewegung eine rein bürgerlich-friedliche, gesetzliche Philisteragitation blieb, erregte sie nur die Begeisterung wohlmeinender Kleinbürger. Als daher vor der Februar-Revolution der jetzige Dänenkönig bei seiner Thronbesteigung für seine Gesammtstaaten eine freisinnige Verfassung, mit gleicher Zahl Abgeordneter für die Herzogthümer wie für Dänemark versprach, und die Herzogthümer dagegen opponirten, trat der kleinbürgerliche Lokalcharakter der schleswig-holsteinschen Bewegung unangenehm hervor. Es handelte sich damals nicht sosehr um einen Anschluß an Deutschland — wo war damals ein Deutschland? — als um Trennung von Dänemark und Konstituirung eines kleinen selbstständigen Lokalstaats.
Aber die Revolution brach herein und gab der Bewegung einen andern Charakter. Die schleswig-holsteinsche Partei mußte entweder zu Grunde gehen, oder selbst eine Revolution wagen. Sie wagte die Revolution und sie hatte Recht: die dänischen Zusagen, vor der Revolution sehr günstig, waren nach der Revolution ungenügend# der Anschluß an Deutschland, früher eine Phrase, konnte jetzt eine Bedeutung erhalten; Deutschland hatte eine Revolution und Dänemark machte sie, wie immer, auf kleinstädtischem Fuße nach.
Die schleswig-holsteinsche Revolution und die aus ihr hervorgegangene provisorische Regierung hatte anfangs selbst noch einen sehr spießbürgerlichen Charakter. Aber der Krieg zwang sie bald auf demokratische Bahnen. Schleswig-Holstein hat durch diese Regierung, in der lauter altliberale Biedermänner, ehemalige Geistesverwandte von Welker, Gagern, Camphausen sitzen — demokratischere Gesetze erhalten, als irgend ein anderer deutscher Staat. Von allen deutschen Versammlungen ist die kieler Landesversammlung die einzige, die nicht nur auf allgemeinem Stimmrecht, sondern auch auf direkter Wahl beruht. Der ihr von der Regierung vorgelegte Verfassungsentwurf ist der demokratischste, der je in deutscher Sprache abgefaßt worden. Schleswig-Holstein, bisher politisch von Deutschland ins Schlepptau genommen, ist durch den Revolutionskrieg plötzlich zu fortgeschritteneren Institutionen gekommen als das ganze übrige Deutschland.
Der Krieg, den wir in Schleswig-Holstein führen, ist also ein wirklicher Revolutionskrieg.
Und wer ist von Anfang an auf Seite Dänemarks gewesen? Die drei kontrerevolutionärsten Mächte Europas: Rußland, England und die preußische Regierung. Die preußische Regierung hat so lange sie konnte einen bloßen Scheinkrieg geführt man denke an Wildenbruchs Note, an die Bereitwilligkeit, mit der sie auf englisch-russische Vorstellungen hin den Rückzug aus Jütland befahl und schließlich an den zweimaligen Waffenstillstand! Preußen, England und Rußland sind die drei Mächte, die die deutsche Revolution und ihre erste Folge, die deutsche Einheit am meisten zu fürchten haben: Preßuen weil es dadurch aufhört zu existiren, England weil der deutsche Markt dadurch seiner Exploitation entzogen wird, Rußland weil die Demokratie dadurch nicht nur an die Weichsel, sondern selbst bis an die Düna und den Dniepr vorrücken muß. Preußen, England und Rußland haben komplottirt gegen Schleswig-Holstein, gegen Deutschland und gegen die Revolution.
Der Krieg, der möglicherweise jetzt aus den Beschlüssen in Frankfurt entstehen kann, würde ein Krieg Deutschlands gegen Preußen, England und Rußland sein. Und gerade solch ein Krieg thut der einschlummernden deutschen Bewegung Noth; ein Krieg gegen die drei Großmächte der Contrerevolution, ein Krieg der Preußen in Deutschland wirklich aufgehn, der die Allianz mit Polen zum unumgänglichsten Bedürfniß macht, der die Freilassung Italiens sofort herbeiführt, der gerade gegen die alten contrerevolutionären Alliirten Deutschlands von 1792-1815 gerichtet ist, ein Krieg, der „das Vaterland in Gefahr“ bringt und gerade dadurch rettet, indem er den Sieg Deutschlands vom Siege der Demokratie abhängig macht.
Die Bourgeois und Junker in Frankfurt mögen sich keine Illusionen darüber machen: beschließen sie den Waffenstillstand zu verwerfen, so beschließen sie ihren eigenen Sturz, gerade so gut wie die Girondins in der ersten Revolution, die am 10. August thätig waren, und für den Tod des Exkönigs stimmten, damit ihren eigenen Sturz am 31. Mai vorbereiteten. Nehmen sie dagegen den Waffenstillstand an, so beschließen sie ebenfalls ihren eigenen Sturz, so begeben sie sich unter die Botmäßigkeit von Preußen, und haben gar nichts mehr zu sagen. Sie mögen wählen.
Wahrscheinlich ist die Nachricht vom Sturz Hansemanns noch vor der Abstimmung nach Frankfurt gekommen. Vielleicht wird sie bedeutend auf die Abstimmung influiren, besonders weil das erwartete Ministerium Waldeck und Rodbertus bekanntlich die Souverainetät der Nationalversammlung anerkennt.
Wir werden sehen. Aber wir wiederholen es: die Ehre Deutschlands ist in schlechten Händen!
* Köln, 9. Sept. Unsere Leser erinnern sich, daß wir in Nr. 42 der N. Rh. Z. zu Gunsten des willkürlich verhafteten Bombardier Funk interpellirten. Wir freuen uns mittheilen zu können, daß dieser tüchtige Demokrat endlich der Haft entlassen, aus dem Militärdienst ausgeschieden und hier wieder eingetroffen ist. Wie es ihm inzwischen ergangen ist, lassen wir Hrn. Funk zur Charakteristik der preußischen Militärjustiz selbst erzählen. Sein Bericht wird auch dazu dienen, die Hartnäckigkeit zu erklären, mit der Hr. Schreckenstein sich weigert, den Beschluß der Vereinbarer vom 9. August auszuführen.
Der Bericht des Hrn. Funk lautet:
„Bis zum 23. Juni d. J. diente ich in der 2ten Abtheilung 8ten Artilleriebrigade zu Köln. Ich hielt es trotz aller kriegsministeriellen Erlasse dennoch mit den Pflichten eines Soldaten für vereinbarlich, Ende April Mitglied der hiesigen demokratischen Gesellschaft zu werden. Da wurde mir plötzlich der Befehl, am 23. Juni nach Saarlouis abzumarschiren, wohin ich versetzt sei. Von Köln bis Koblenz benutzte ich das Dampfschiff und erhielt auf der Station Bonn den dortigen Gensdarmerie-Wachtmeister als Reisegefährten. Ich gerieth mit ihm in ein Gespräch, welches sehr bald eine politische Wendung nahm. In Remagen verließ Jener das Dampfschiff, während ich über Koblenz und Trier nach Saarlouis weiter reiste, wo ich am 28. Juni eintraf, Vormittags 11 Uhr. Augenblicklich wurden meine Effekten, sogar meine Person einer Untersuchung unterworfen, und mir nachher erklärt, ich sei Untersuchungs-Arrestant. Erst auf meine spätere Frage warum? erhielt ich die Antwort: „In Folge eines Verhaftsbefehls von Koblenz wegen hochverrätherischer Umtriebe, letztere Worte waren mit rother Tinte auf den Verhaftszettel geschrieben. Ich wurde abgeführt und in einem wohlvergitterten, verschlossenen und verriegelten, und von einem Infanterieposten bewachten Zimmer verwahrt. Niemand durfte mich sprechen; ich selbst weder lesen noch schreiben. Am 30. Juni wurde ich vorgeführt. Man hatte meine von Trier nach S. post restante beförderten Effekten mit Beschlag belegt; diese wurden jetzt einer Untersuchung unterworfen und alle darin vorgefundenen Schriften etc. zu den Akten genommen. Hierin bestand die ganze Verhandlung. Am 4. Juli erfolgte das zweite Verhör; nun erst wurde mir mitgetheilt, daß der obenerwähnte Gensdarmerie-Wachtmeister eine Denunciation gegen mich eingereicht habe, auf Grund des mit ihm auf dem Dampfschiff gepflogenen Gesprächs. Die Anschuldigungspunkte sind bereits in der N. Rh. Ztg. vom 12. Juli mitgetheilt. Seit dem 4. Juli nun bis vor Kurzem habe ich ununterbrochen einsam und wohlverwahrt ohne Verhör, ohne alle Bewegung in freier Luft, und ohne Beschäftigung, in Gewahrsam gesessen. Nach 6wöchentlicher Haft erhielt ich die Erlaubniß, täglich 1 Stunde im innern Hof zubringen zu dürfen, jedoch in Begleitung eines Inspektors und militärischer Bewachung. Noch später wurde mir „als persönliche Begünstigung“ das Lesen gestattet, unter der Bedingung, daß jedes von mir gewünschte Buch von der Arrestwache nach der Kommandantur befördert würde; von wo aus ich es erhalten solle. Ich habe von beiden menschenfreundlichen Bewilligungen niemals Gebrauch gemacht. Endlich bin ich veranlaßt worden, den schriftlichen Wunsch auf Dienstentlassung auszusprechen. Dies geschah — am andern Tage wurde ich ohne jede Erklärung, ohne Urtheil — auf freien Fuß gesetzt, und erhielt kurz nachher meine Papiere, mit folgender darin enthaltenen Bemerkung: „etc. und war seit jener Zeit wegen versuchter Aufwiegelung seiner Kameraden zur Unzufriedenheit, im Untersuchungsarrest etc.“ Zu Vorstehendem wird „noch bemerkt, daß von dem gewöhnlichen Verfahren Abstand genommen worden, und der etc. wegen des eben angeführten Vergehens nicht zur Strafe gezogen worden ist“, wozu ich bemerke, daß ich beim Empfang der Papiere verlangte den Inhalt des Verhaftsbefehls „wegen hochverrätherischer Umtriebe“ wiederzugeben, was man verweigerte.“
** Köln, 9. Sept. Die gestrige Sitzung des demokratischen Vereins war im höchsten Grade aufgeregt. Die Volksversammlung des vorigen Tages hatte gut gewirkt; einige hundert neue Mitglieder traten dem Vereine bei. Zuerst wurde der Protest des Düsseldorfer Volksklubs gegen die Verhaftung Freiligraths verlesen und mit donnernden Lebehochs auf letztern einstimmig angenommen und eine Deputation wurde beauftragt, heute dem Generalprokurator, Hrn. Nicolovius, im Anschluß an eine Deputation des Arbeitervereins diesen Protest zu überbringen und die Freilassung des Verhafteten zu verlangen. Inzwischen verbreitete sich die Nachricht, daß auch unser Mitbürger Weyl verhaftet werden solle, weil er — im Arbeiterverein das Freiligrath'sche Gedicht: „Die Todten an die Lebenden“ vorgelesen. Da beschloß die ganze Versammlung, sich Alle, ohne Ausnahme, des nämlichen Verbrechens schuldig zu machen. Weyl bestieg die Tribüne, las das ganze Gedicht vor, und alle Anwesenden sprachen es im Chorus nach.
Bei den energischsten Stellen erdröhnte der Saal von dem begeisterten Jubelruf. Schon war die Zeit bedeutend vorgerückt und ein Theil der Versammlung schickte sich zum Weggehen an, als Ernst Dronke mit eben angekommenen Briefen aus Berlin auf die Tribüne trat und die Abstimmung in der Vereinbarungs-Versammlung, die Aufrechthaltung des Beschlusses vom 9. August und den Sturz des Ministeriums der kontre-revolutionären That, mittheilte. Von dem Jubel, den die Nachricht vom Sturze Hansemanns erregte, macht man sich schwerlich einen Begriff. Die ganze, zweitausend Menschen starke Versammlung, an der auch sehr viel Militär theilnahm, brach in einen unendlichen Sturm von Hurrahs und Bravos los, der auf den Straßen von Neuem erscholl, als die Versammlung sich trennte.
Herr Hansemann dient wieder, wie man sieht, zur Bewährung des alten Spruchs: „Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande.“
!!! Frankfurt, 7. September. 73. Sitzung der National-Versammlung. 9 1/2 Uhr. Präsident von Gagern.
Tagesordnung: Fortsetzung der Grundrechte.
Auf der Ministerbank sitzt Niemand.
Präsident theilt mit ein Schreiben des Fürsten von Leiningen:
„In Folge des Beschlusses vom 5. September haben wir, ich und sämmtliche Minister, wie auch sämmtliche Unterstaatssekretaire unsere Entlassung genommen und erhalten. Bis zur Bildung eines neuen Ministerii wird das alte die Geschäfte, die keine politische Verantwortlichkeit nach sich ziehen, besorgen.“
Präsident: Die Ausfertigung ihres Beschlusses vom 5. September ist dem Reichsministerium zugesandt worden. Dieselbe ist mit folgender Anzeige an mich zurückgekommen:
„Da das Ministerium bereits entlassen, und es nur noch Geschäfte nicht politischen Inhalts besorgt, werde es diesen Beschluß nicht ausführen. — Dahlmann sei mit Bildung des neuen Ministeriums bereits beauftragt.“
Präsident hat darauf an Dahlmann geschrieben, der Beschluß vom 5. sei von dem alten Ministerium nicht ausgeführt worden. Bei Dringlichkeit der Sache frägt er bei Dahlmann an, ob ein neues Ministerium gebildet?
Dahlmann erwiedert: „Bis Dato nicht!“
Schüler aus Jena, und mehrere stellen eine Interpellation die hieher bezüglich ist:
„Das Reichsministerium habe seine Entlassung genommen: Die Geschäfte dürfen aber nicht stillestehen. Zu den dringendsten Geschäften gehört die Ausführung des Beschlusses vom 5. September. Ob es wahr, daß der Beschluß noch nicht ausgeführt, und welche Maßregeln denn dazu getroffen.“
Präsident: Erkennt die Versammlung diese Interpellation für dringlich?
Abstimmung zweifelhaft. Bei der Zählung findet sich die Dringlichkeit mit 205 gegen 190 Stimmen angenommen. (Links lautes Bravo).
Schüler spricht zur Begründung seiner Interpellation und beantragt:
„die bisherigen Minister bei strengster Verantwortlichkeit zur Vollführung des Beschlusses vom 5. Sept. zu bestimmen“
Eisenmann schlägt, indem er Schülers Antrag mißbilligt, ein anderes Auskunftsmittel vor, nämlich schnell ein Ministerium zu wählen und sei es auch nur zur Ausführung des Beschlusses vom 5. September.
Schmerling (kündigt sich selbst an: Abg. Schmerling!) (Bravo.) Die Vorgänge des Hauses vom 5. September sind bekannt. Wir hielten es für unsere Pflicht, nach der Entscheidung so schnell als möglich abzutreten. Hiermit war aber auch unsere Pflicht zu Ende. Wir Räthe der Krone … (Oho! Links: Wir haben keine Krone.) Wir Räthe der Centralgewalt … (Unterbrechungen).
Präsident: Hr. v. Schmerling wird wohl diesen Ausdruck nur aus Versehen gebraucht haben.
Schmerling meint, der Ausdruck wäre ihm nur entfahren, er hätte ihn früher nie gebraucht; und fährt fort: Wir Räthe der Centralgewalt wären zwar durch den Beschluß der National-Versammlung gedeckt gewesen, wenn wir ihn auch ausgeführt hätten, aber es wäre uns auch zu schwer gewesen, einen so abstrakt gefaßten Beschluß praktisch auszuführen.
Wesendonk: Daß Ministerium hat sich sehr beeilt abzutreten, ob lediglich um seine Pflicht zu erfüllen, oder ob um den Beschluß der Versammlung so viel an ihm, zu hintertreiben, ist sehr die Frage. (Furchtbarer Tumult rechts.)
Präsident: Ich traue dem Herrn Wesendonk so viel Ehre zu, daß er auf diese Verdächtigungen auch die Anklage folgen lassen wird. (Bravo im Centrum und rechts).
Wesendonk bemerkt mit lauter und determinirter Stimme dem Präsidenten: es stünde ihm gar nicht zu, ihn zu unterbrechen und noch viel weniger, an seine Ehre zu appelliren. Dergleichen unerlaubte und eigenwillige Unterbrechungen werde er sich nie und nirgends gefallen lassen. (Tiefe Stille.) Uebrigens sei der Beschluß vom 5. September von der Majorität gefaßt und die Minorität müsse sich augenblicklich fügen. (Rechts: Nein!) Dahlmann ist im Nothfall allein berechtigt, diesen Beschluß zur Ausführung zu bringen. (Rechts: Das ist ja revolutionair?) Andernfalls beantrage ich einen Vollziehungsausschuß aus dem Schooß der Versammlung zu ernennen. (Schrecken, Oho!) Sonst fallen die Folgen auf Ihre Häupter. Ich wiederhole noch einmal in Bezug auf das abgetretene Ministerium was ich oben gesagt.
Präsident sucht sich gegen Wesendonk zu rechtfertigen. (Brentano unterbricht ihn wegen eines Wesendonk untergelegten Falsums).
Präsident: Hr. Brentano, ich rufe Sie zur Ordnung
Wesendonk weist unter lauten und unverschämten Unterbrechungen der Rechten, dem Präsidenten nach, daß er den Ausdruck, um den es sich handelt, falsch verstanden hat, und wiederholt denselben. Für die ungerechten Beschuldigungen und Eingriffe des Präsidenten verlangt er den Schutz der Versammlung.
Präsident wird den Ausdruck von Wesendonk auf Grund der stenographischen Berichte prüfen lassen. (Links: Und auf Grund der Geschäftsordnung.)
Gagern: Und auf Grund der Geschaftsordnung!
Robert v. Mohl: Auf die Anträge und Verdächtigungen des Hrn. Wesendonk antwortet er gar nicht. Dahlmanns Pflicht wäre es gewesen, in Beziehung auf das ihm übertragene Geschäft schnell zu sein.
Dahlmann (sehr geheimniß- und ahnungsvoll): Meine Herren, ich bitte Sie dringend alle hieher gehörigen Anträge zurückzuziehen. Wir sind in einer höchst gefahrvollen Lage. (Große Gleichgültigkeit.) Muth und Mäßigung sind nöthig. Die abgetretenen Minister haben vollkommen ehrenvoll gehandelt. (Stille).
Mittermaier: Der Beschluß der Majorität (vom 5. September) muß und wird vollzogen werden. (Jahn vom Platz: Nein! Wird zur Ordnung gerufen.) Dem alten Ministerium lag es nicht mehr ob, den Beschluß zu vollziehen. Der Reichsverweser muß dafür Sorge tragen.
Vogt: Ich bin vollkommen damit einverstanden, daß das alte Ministerium hierin nichts mehr zu thun hatte. Die Ausführung muß aber vor sich gehen. (Rechts Stimmen: Nein!) Wir, (links) wenn wir in der Minorität waren, haben uns auch immer unterworfen. Ich muß sehr bedauern, daß Hr. Dahlmann nicht bereits Minister bezeichnet hat. Hierin, auf ihm allein, lastet die Schuld der Verzögerung. (Rechts: Bravo!) Ein politisch gebildeter Staatsmann hätte anders gehandelt. (Rechts Gelächter und
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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