Neue Rheinische Zeitung. Nr. 94. Köln, 5. September 1848.Gottschalk aus Baden begreift nicht, wie das Ministerium zu dieser Delikatesse kommt. Ich glaube, es sucht seinen Tod. (Gelächter, ungezogene Unterbrechungen). Meine Herren, unterbrechen Sie mich nicht. Ich habe bis jetzt noch nie vor Ihnen gesprochen, weil ich der Ansicht war, wie auch das deutsche Volk, daß man hier viel zu viel spricht, aber sehr wenig thut. (Bravo). !!! Frankfurt. Schluß des gestrigen Berichts. Vogt. Die Peinlichkeit der Minister in dieser Debatte zwingt mich noch einmal zu sprechen. Schmerling hat gesagt, erst seit 14 Tagen sei das Ministerium komplettirt. Aber vorher wäre ja auch schon ein Ministerium von jenen berühmten 3 Männern gebildet gewesen. Auch dies hätte in der ganzen Zeit seines Bestehens gar nichts gethan. (Sensation) Nicht einmal die Notifikationen der Bildung der Centralgewalt an die fremden Mächte geschickt, -- was doch das Allerwenigste. Der jetzige Minister des Aeußern habe gesagt, die Schleswig-Holsteinische Angelegenheit laste schwer auf ihn. Das ist wahr, so schwer, daß das Ministerium wahrscheinlich darunter erliegen wird. (Aufregung.) Meine Herren der Reichsminister hat ferner gesagt, er arbeite Tag und Nacht. Das glaube ich, es frägt sich nur, wie man arbeitet. (Zischen Rechts; sehr schwaches Bravo links.) Wernher. Verwahrt seine Anträge unnöthiger Weise gegen den Verdacht, als ob er mit Vogt übereinstimme. Venedey (sehr sanft.) Der Reichsminister des Aeußern hat gesagt, "daß alle europäischen Großmächte gegen uns sind," und daraus gefolgert, "wir müssen uns so klein und bescheiden als möglich machen." Möge aber die Welt gegen uns (!) stehen, wir wollen handeln, (schachern) wie es unsere Pflicht ist. Der alte Stedmann aus Koblenz beantragt, weil die Minister sich hinlänglich gerechtfertigt, motivirte Tagesordnung. Simon von Trier. Wie soll das Ministerium sich nach Außen kräftig zeigen, wenn es im Innern keine Einheit und keine tüchtige Politik entwickeln kann. Bei solch' schwankendem Zustande ist es allerdings schwer, Männer zu finden die sich zu Gesandten hergeben. Daß übrigens ein Minister, wie Hr. Heckscher gethan, sich mit der Schwierigkeit seiner Stellung entschuldigt, finde ich wunderbar naiv. Beckerath deklamirt auch einige Worte zur Rechtfertigung. Man reicht noch mehrere Anträge, theils auf Vertagung theils auf motivirte Tagesordnung gerichtet, ein. Es spricht Heckscher noch einmal. Graf Schwerin noch einmal zur Unterstützung des Ministeriums. Letzterer sagt unter Anderm: Vogt scheint mir in einer Form von dieser Sache gesprochen zu haben, von der ich nicht wünschte, daß sie Sitte in diesem Hause würde. Schluß der Debatte. Eisenmanns Antrag, über die Wernher'schen Anträge zur einfachen Tagesordnung überzugehen, wird bei Zählung mit 213 gegen 197 Stimmen verworfen. Stedmanns Antrag "zur motivirten Tagesordnung überzugehen, weil das Ministerium hinlänglich gerechtfertigt (?)" wird angenommen. Schmerling antwortet auf die Interpellation des Marineausschusses wegen Errichtung eines Marinedepartements. 6 Millionen sind zu einer deutschen Kriegsmarine genehmigt, und der Minister giebt die Versicherung, daß die Nothwendigkeit eines Marinedepartements erkannt ist und dasselbe errichtet werden wird, sobald das Ministerium Capacitäten dafür gefunden. Vogt vom Platz: Wo bleibt die Interpellation wegen der Huldigung in Oesterreich? keine Antwort. Weitere Tagesordnung: Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung über den Antrag des Abgeordneten Dietsch von Annaberg, die Wiedereröffnung von für die Zuhörer bestimmten Räumen in der Paulskirche betreffend. Schwarzenberg, Berichterstatter, unterstützt den Ausschußantrag. Derselbe lautet: "Die Nationalversammlung möge beschließen, daß die auf der Gallerie befindlichen Räume dem Publikum zwar wieder geöffnet werden, das Büreau aber die erforderliche Einrichtung treffe, daß nur eine beschränktere Zahl von Zuhörern zugelassen werde und die Ordnung überall gehandhabt werden könne." Dietsch aus Annaberg spricht für seinen Antrag. Derselbe lautet: "Daß die Oeffentlichkeit der Sitzungen in dem seitherig ausgedehnten Maaß auch für die Zukunft erhalten, und die für die hörer bestimmten Räume in der Paulskirchein keiner Weise eingeschränkt, oder zu andern Zwecken verwendet werden." Der Präsident betheiligt sich an der Debatte und rechtfertigt sich gegen einige Ausfälle von Dietsch. Schlöffel. Aus Gründen der Gerechtigkeit und Nützlichkeit spreche ich für diese Sache Das Volk muß seine Vertreter hören und kontrolliren. Wir müssen den ärmern Theil Deutschlands, der selbst mit Verlust seiner Zeit unsern Verhandlungen rege Theilnahme widmet, freudig begrüßen. Er zahlt durch seinen Zeitverlust genügendes Entree. Der Kartenzwang, welcher nur den Vornehmern den Eintritt ermöglicht, ist ganz unzulässig. Den Unfug auf der Damengallerie, (alle Welt sieht auf Lichnowsky) der sogar durch Karrikaturen gerügt, hat der Präsident niemals bemerkt. (Rechts: Ungezogene Unterbrechungen. Schallendes Bravo der Gallerien.) Sie machen fruchtlose Versuche mich zu unterbrechen. (Der Präsident unterbricht Schlöffel.) Der Präsident kann, wenn er will, mich zur Ordnung rufen, aber trotz alledem werde ich die Wahrheit sagen und keine Höflichkeiten. (Lautes Bravo!) Es steht schlimm um die Vertreter des Volks, wenn sie erst durch Polizeimaaßregeln geschützt werden müssen. (Rechts: Gelächter.) Schlöffel beantragt: Uneingeschränkte Zulassung aller Zuhörer. Lichnowsky beantragt: "Die Nationalversammlung solle die am 9. August betreffs der Zuhörerräume vom Bureau getroffenen Maaßregeln gut heißen und die leer gewordenen Räume zu Baulichkeiten für die Bequemlichkeit der Abgeordneten benutzen." Wiesner. (Rechts: Schluß!) Weber in Wien nach Berlin sind die Zuhörer auf so brutale Weise fortgerieben worden, wie von den Vertretern des deutschen Volks. Da heftiger Schlußruf sich vernehmen läßt, frägt der Präsident ob er die Debatte schließen soll? Der Schluß wird verworfen. Hr. Biedermann erinnert sich freudig daran, daß er bei jener Sturmsscene in höchsteigener Person den Polizeidiener gespielt. Blum. Spricht sehr breit und langweilig. Die Debatte wird geschlossen. Wiesner beantragt zum großen Verdruß der Rechten, namentliche Abstimmung, durch welche Ein Wiesner'scher Antrag, betreffend die Unzulässigkeit aller Polizeimaaßregeln, so lange nicht die Nationalversammlung selbst solche verlangt, wird verworfen und somit ist Alles bestens abgethan. Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr. Morgen und Snnntag keine Sitzung. Montag Fortsetzung der Grundrechte. pp Frankfurt, 3. Sept. Der schleswig-holsteinische Krieg wird trotz des Anscheins, als sei er wenigstens für einige Zeit beendigt, fortgesetzt werden. Wie ich aus guter Quelle vernommen, hat nämlich die Centralgewalt dem abgeschlossenen Waffenstillstand ihre Genehmigung versagt, einmal, weil der preußische Unterhändler, General Below, den zu demselben Behufe von hier nach Schleswig gesandten Unterstaatssekretär Gagern bei den Verhandlungen gar nicht zugezogen, sondern ihn kurz bedeutet hat, er wolle ihm Mittheilung machen, wenn der Waffenstillstand ratifizirt sei; dann aber auch, weil in den betreffenden Bedingungen nur die Rede ist von den Entschädigungen preußischer Schiffe. Max Gagern kommt, ohne etwas ausgerichtet zu haben, hier wieder an. Darauf hat nun das Reichsministerium gestern zwei Kouriere abgeschickt, den einen an Below, den andern an Wrangel, dem die Fortsetzung des Krieges befohlen und für seine stets bewährte deutsche Gesinnung Lob und Anerkennung ausgesprochen wird. 61 Wien, 29. August. Es ist mir ein im Namen der freien Söhne der kroatisch-slavonischen Nation verfaßtes Manifest zur Hand gekommen, welches gegen das unter demselben Namen in Agram erschienene, in der "Neuen Rhein. Ztg." vom 22. August mitgetheilte Manifest gerichtet ist. Es wird darin unter Anderm gesagt: "Es kam uns vor Kurzem aus dem am 5. Juni zu Agram begonnenen, dann fortgesetzten und beendigten sogenannten Landtage ein Manifest zu Gesicht, welches den Ausdruck des kroatisch-slavonischen National-Willens enthalten soll. Da aber jene Kroaten und Slavonier, welche sich dabei nicht betheiligt haben, ebenfalls zur Nation gehören, so sei es ihnen erlaubt, über jenes Manifest ihre Bemerkungen zu machen." Nun wird gesagt, jenes Manifest sei nicht der Ausdruck des National-Willens, sondern des Willens des Banus Joseph Jellachich und einiger ihm zu Gebote stehenden Werkzeuge, weil die Nation in jener Versammlung gar nicht vertreten gewesen. Jellachich habe diese Versammlung nach eigenem Gutdünken zusammenberufen, indem er die Abgeordneten theils selber ernannt, theils durch seine Kreaturen durchgesetzt habe, um denselben nur allein seinen Willen aufdrücken zu können. Gegen diejenigen, welche sich wider solche Maßnahmen versündigen würden, habe Jellachich sodann das Standrecht eingeführt und auch die Auslegung der Versündigung sich vorbehalten. Daher sei der Reichstag von Agram nichts als eine Komödie, oder vielmehr eine Tragödie gewesen, zu welcher Jellachich die Rollen vertheilt habe, während er selber nur ein Werkzeug der reaktionären Kamarilla sei. Das Agramer Manifest trachte die Rebellion Jellachich's aus zweierlei Gesichtspunkten zu rechtfertigen, aus dem des natürlichen nämlich und aus dem des historischen Rechts. In erster Beziehung prahle Jellachich mit den Phrasen: Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit, um die Kroaten zu bethören, während er in der andern Beziehung behaupte, Ungarn habe Jahrhunderte hindurch eine Knechtung wider alle seine Nebenländer ausgeübt. -- Diese Knechtung sei in zwei Theile gebracht worden, und zwar in eine hinsichtlich der Sprache, und in eine andere hinsichtlich aller übrigen Rechte. -- Was nun die Sprache betreffe, so grenze es an Wahnsinn, den Ungarn einen Vorwurf zu machen, den nur die ausgesuchteste Bosheit der Wiener Kamarilla erfunden, indem die Ungarn niemals und durch kein Gesetz ihre Sprache, die ja seit 20 Jahren kaum ihre eigene Geschäftssprache geworden, irgend jemand aufgedrungen hätten. Hätten ja doch die kroatisch-slavonischen Landeskongregationen ebensowohl, wie die ungarische Nation, noch im Jahre 1805 jede andere, außer der lateinischen Sprache, durch ein vom Kaiser Franz bestätigtes Statut aus den öffentlichen Verhandlungen verpönt und später unter andern Verhältnissen die Kroaten sogar wiederholt verlangt, daß an der Agramer Dvorana (Universität) ein Lehrer der ungarischen Sprache angestellt werde. Nachdem im Jahre 1825 Graf Stephan Szochenyi im Oberhaus zuerst in ungarischer Sprache gesprochen, sei es durch ein unter Zustimmung der kroatischen Deputirten entstandenes Gesetz angeordnet worden, daß die kroatischen Deputirten noch sechs Jahre bei dem ungarischen Reichstag ungarisch sprechen sollen, eine Frist, die kurz vor dem gegenwärtigen ungarischen Reichstag in seiner zu Agram abgehaltenen Landeskongregation das kroatische Volk gar nicht einmal abwarten zu wollen erklärt habe. Der Wunsch sei nur gewesen, die heimischen Angelegenheiten in kroatischer Sprache abzuthun, allein der Kaiser-König habe das darüber beschlossene Statut im Jahre 1845 nicht bestätigen wollen, während der ungarische Reichstag jenes vergebens erflehte Recht ohne weiteres verliehen habe. Endlich sei es auf Ansuchen einer Behörde der Stadt Eszek, nach dem am 11. April 1848 erfolgten Schluß des ungarischen Reichstags von ungarischer Seite sogar noch verstattet worden, daß jede kroatische Behörde mit einer ungarischen in ihrer Muttersprache korrespondiren könne. "Jetzt mag also sicher die ganze gebildete Welt urtheilen", sagt das Manifest, ob auch nur eine Spur einer Knechtung in der Sprache, ob irgend ein vernünftiger Grund zur Rebellion aus dieser angeblichen Knechtung vorhanden ist, und ob ihr euch im Rechte befindet, statt eure Wünsche, wenn ihr noch welche habt, durch die Deputirten im gesetzlichen Wege dem gesetzgebenden Körper zu unterbreiten, den Weg der Empörung wider Ungarn zu betreten. (Fortsetzung demnächst). 117 Wien, 29. August. Die heutige Reichstagssitzung wurde mit großen Erwartungen von Seiten des Publikums eröffnet, -- der Antrag Kudlich's sollte zur Abstimmung kommen. Präsident Strobach hatte die zahllosen Amendements geordnet und zur Fragestellung zusammengestellt, allein es blieb dennoch ein parlamentarisches Monstrum, das jedem Schrecken einflößte. Kudlich stellt den Antrag, sämmtliche Amendements zu beseitigen und die Abstimmung bis dahin jedenfalls zu verschieben, ferner auch die Präsidial-Fragestellung zu vereinfachen; dieser Antrag findet zum großen Verdruß des Präsidenten Strobach, der dadurch sein Meisterwerk mit einem Schlage zernichtet sieht, Unterstützung. Eine langweilige Debatte war die Folge dieses Antrags. Was darauf erfolgt ist, weiß ich nicht, da die Debatte mich verscheuchte; ohne Zweifel aber wird man Morgen in der Vereinfachung der Fragestellung fortfahren, da einige der Herren Amendementssteller so gütig gewesen sind, ihre Zusatzbrocken zurückzuziehen. -- Im Anfang der Sitzung war ein sehr weitläufiger Protest Löhner's vorgelesen worden, dem sich sehr viele, sogar reaktionäre Geister angeschlossen hatten, und in welchem die gestrige büreaukratische Parteilichkeit des Präsidenten Strobach, sowie sein Ordnungsruf Löhner's gegeißelt wurde. Wie immer folgten darauf Interpellationen. Der Abgeordnete Podlewski fragte nämlich zuerst den Kriegsminister, ob es wahr sei, daß die Offiziere in Galizien sich durch Katzenmusiken und laute Erklärungen gegen die Konstitution ausgesprochen und gesagt hätten, sie würden mit Hülfe Radetzky's der Wiener Wirthschaft bald ein Ende machen? Latour will untersuchen lassen, ist aber entrüstet, daß man der k. k. Armee einen solchen Vorwurf mache. Schuselka frägt den Minister Wessenberg, warum Oesterreich sich in öffentlichen Akten eine Dänemark befreundete Macht nenne? Wessenberg gibt eine nichtssagende Antwort. 61 Wien, 29. August. In der gestrigen Versammlung des demokratischen Vereins wurde darüber berathen, ob der Verein zum Sturze des Ministers Schwarzer, oder vielmehr zum Sturze des ganzen Ministeriums Doblhoff, beim Kaiser oder Reichstag Schritte thun solle. Herr Julius Fröbel und Herr Marx waren als Gäste zugegen und betheiligten sich beide von verschiedenen Standpunkten aus an der Debatte. -- Herr Julius Fröbel war der Ansicht, der Verein müsse sich deßhalb an den Kaiser wenden, während Herr Marx behauptete, das demokratische Prinzip befinde sich im Reichstag. Niemand wundert sich hier, daß die Berliner "theoretischen" sogenannten Demokraten sich praktisch mit den Fürsten zu "vereinbaren" suchen. 61 Wien, 30. Aug. Nach der heutigen "Presse" ist der Minister-Präsident Batthyany nebst dem Justizminister Deak hier angekommen, um die hiesige Regierung in den ungarisch-kroatischen Wirren um Beistand anzugehen. Das Ministerium dürfte jedenfalls dadurch in Verlegenheit gerathen, allein es wird ihm an Ausflüchten doch schwerlich fehlen können. 61 Wien, 30. August. Reichstag. Nach langem debattiren, wie man die feudalistischen Amendements-Monstra los werde, hatte man gestern die Verhandlung vertagt, um eine Vereinbarung zu versuchen. In der heutigen Sitzung wurde dieselbe vorgelegt. Die Vereinbarung war durch eine Kommission geschehen, welche die Amendementssteller am Nachmittage zusammenberufen hatte, um sie dahin zu bewegen, ihre Sonderanträge in einen Antrag aufgehen zu lassen. Zuerst jedoch bestieg Kudlich die Tribüne und ließ die Versammlung folgendes Diktando schreiben: 1. Soll die Unterthänigkeit (nexus sub tutela) und alle dieselbe betreffenden Gesetze aufgehoben werden? Ein Abgeordneter (unterbrechend): Keine verkehrten Wörter, nichts Lateinisches, wir sind Deutsche! Kudlich: 2. Sollen alle Roboten und jeder Zehent, so wie überhaupt alle aus dem Unterthäninkeitsverbande, dem Obereigenthume, der Dorf und Schutzobrigkeit, aus dem Bergrechte, aus dem Hofteirechte, dem bäuerlichen Lehnsverbande entsprungenen oder ihnen ähnliche Natural-, Geld- und Arbeitsleistungen und Lasten des Haus- und Grundbesitzes einschließlich aller Besitzveränderungsgebühren von nun an aufhören? 3. Soll für alle diese aufgehobenen Lasten gar keine Entschädigung geleistet werden? 4. Soll es einer Kommission überlassen werden, vorzuschlagen, für welche dieser Lasten eine Entschädigung zu leisten sei? 5. Soll für die nicht auf Privatverträgen beruhenden Lasten die Entschädigung vom Staate geleistet werden? 6. Sollen für diese Kommission aus jedem Gouvernement drei Mitglieder des Reichstags gewählt werden? 7. Ist darüber eine Proklamation zu erlassen? Der Antrag wird unterstützt. Lasser diktirt den Antrag der Kommission: 1. Soll die Unterthänigkeit und das schutzobrigkeitliche Verhältniß und alle diese Verhältnisse normirenden Gesetze aufgehoben werden? 2, Ist Grund und Boden zu entlasten, und werden alle Unterschiede zwischen Dominikal- und Rustikalgründen aufgehoben werden? u. s. w., folgen noch 7 bis 8 Nummern mit einem See von Unternummern, worauf ein großer Theil der Amendementssteller seine Anträge zurückzieht und dann auch dieser sehr konfuße Redaktionsantrag unterstützt wird. Hierauf entspinnt sich eine allgemeine außerordentlich langweilige Diskussion über den Vorzug unter beiden Anträgen, deren Resultat in diesem Augenblick noch nicht erfolgt ist. Wien, 29. Aug. Als einen Beweis, wie sehr das gegenwärtige Ministerium an Popularität verloren hat, führen wir die Thatsache an, daß unter den Wahlmännern der Bezirke, in welchen die Herren Minister Bach und Schwarzer gewählt wurden, Unterschriften für Adressen gesammelt werden, die ein förmliches Mißtrauensvotum gegen dieselben enthalten. Die Adressen sollen bereits mit zahlreichen Unterschriften bedeckt sein. (Gradaus.) * Iserlohn. Der Redaktion ist ein Schreiben aus Iserlohn zugegangen, wonach der Name des Hrn. J. Dunker in dem in dieser Zeitung veröffentlichten Briefe an Freiligrath gemißbraucht worden ist. Herr Dunker hatte diesen Brief nicht geschrieben. Damit aber dies liebliche Aktenstück nicht ohne Herrn bleibe, hat sich bereits ein Ritter gefunden, der den hingeworfenen Handschuh vertreten will. Einer unsrer Kölner Mitbürger stellt uns nämlich Folgendes zu: Dem Hauptmann und Chef der Bürgerwehr in Iserlohn. Die gerechteste Anerkennung seines offenen Briefs an den lumpigen Freiligrath. Möge die hohe Staatsbehörde jenem Frevler, -- der es gewagt hat, durch seine Aufwiegelung in Düsseldorf, die Gemüther gegen unseren allverehrten König zu hetzen, resp. durch seine Schmähgedichte (Die Todten an die Lebenden) in Mißstimmung zu bringen, die strengste Strafe auferlegen, falls diese gerechte Bestrafung unterbleibt, so schließe ich mich mit vielen hiesigen Bürgern dem Biedermanne Dunker aus Iserlohn an, von dem alterthümlichen Faustrechte Gebrauch zu machen. Köln, den 31. August 1848. Wilh. Steckemesser. 103 Berlin, 2. Sept. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. Tagesordnung: Berathung des Berichts der Centralabtheilung über den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Steuer vom Rübenzucker und Branntwein. Die Central-Abtheilung zur Berathung dieses Gesetzes hat die beiden Artikel desselben, von denen der erst die Rübenzucker-Steuer, der zweite die Branntwein-Steuer, betrifft, wegen der Verschiedenheit der betreffenden Fabrikationszweige und der dabei zur Frage kommenden Besteuerungsaufsätze als zwei besondere Gegenstände behandeln zu müssen geglaubt und legt deshalb für beide besondere Berichte vor. Der Abgeordnete Schneider verliest den Bericht über die Rübenzucker-Steuer. Nach langer nichtssagender Debatte kommt man endlich zur Abstimmung. Es wird namentlich Abstimmung verlangt und hinreichend unterstützt. Der Gesetzes-Artikel, wie er vom Ministerium vorgeschlagen lautet: "Die Steuer von dem im Inlande aus Rüben erzeugten Rohzucker, wird nach Maaßgabe der provisorischen Verordnung vom 18. Juni d. J. vom 1. September d. J an, zwei Thaler für den Zoll-Centner betragen und mit 3 Sgr. von jedem Zoll-Zenter der zur Zuckerbereitung bestimmten rohen Rüben, erhoben werden. --" Mit 195 gegen 131 Stimmen angenommen. -- Ein Amendement des Abg. Unruh, daß die Steuerhöhung erst am 1. September 1849 eintreten möge; dessen Annahme der Finanzminister als eine Verwerfung des ganzen Gesetzes gleich zu achten erklärt hatte, wird mit 175 gegen 136 Stimmen verworfen. -- Nach einem achtstündigen Kampfe ist das Ministerium endlich siegreich aus diesem Gefechte hervorgegangen. Das Ministerium hatte alle Mittel angewendet um die verschiedenen Parteien für seine Ansicht zu gewinnen. Für das Centrum war keine genügende Veranlassung um in dieser bloßen Geldfrage gegen das Ministerium zu stimmen, und die Mitglieder dieser Partei, wie Kosch und viele Andere entfernten sich vor der Abstimmung um weder für noch gegen das Ministerium zu stimmen. Die Linke hat sich heute an der Debatte kaum betheiligt, sie spart ihre Angriffe gegen das Ministerium bis zum Aufruhrgesetz auf, welches wohl nächsten Donnerstag zur Diskussion kommen wird. -- Der Herr von Berg hat sich mit seinem Antrage auf Tagesordnung sehr lächerlich gemacht. Er dachte seinen Antrag im Geiste wohl für angenommen und sich nach Sanssouci zur Bildung eines neuen Ministeriums berufen. 103 Berlin, 1 Sept. Sitzung der Vereinbarungversammlung. Abg. Behrends: In der Nacht vom 26.-27. August hat, unter Zuziehung von Konstablern und Bürgerwehr, außer andern Verhaftungen, deren Gesetzmäßigkeit oder Ungesetzlichkeit ich einstweilen unberücksichtigt lassen will, eine polizeiliche Haussuchung im Lokale des hiesigen Handwerkervereins, Johannisstraße Nr. 4, und in der Privatwohnung des Vereinsökonomen statt gefunden; es haben die Polizeibeamten sich nicht damit begnügt, das Lokal des Vereins und die Wohnung des Oekonomen zu durchsuchen, sondern haben Letztern auch genöthigt, mit nach dem eine viertel Meile vor dem Oranienburger Thore gelegenen Garten des Vereins zu gehen, und dort befindliche, ihm nicht angehörige Kisten zu eröffnen, und haben endlich den ganzen Garten durchsucht. Es hat dies Verfahren große Aufregung nicht blos unter den Mitgliedern des Vereins hervorgerufen, sondern auch in der ganzen Stadt die dem Vereine in seiner eben so besonnenen als ruhigen Haltung und seiner wohlthätigen Wirksamkeit schon lange die größte Achtung bewiesen hat. Das Ergebniß dieser Haussuchung war, daß man ungefähr 30 scharfe Patronen und mehrere Hundert Platzpatronen, welche dem Verein als einem Theil der Bürgerwehr, vom Kommando desselben als nothwendige Munition gegeben worden, mit Beschlag belegte und mit fortnahm, welche jedoch noch im Laufe des Tages zurückgestellt wurden. Die Behörden haben sich an den in der Habeas-Corpus-Akte von der Volksvertretung bereits ausgesprochenen Willen nicht gekehrt; sie drangen mitten in der Nacht in die Wohnung ein und vermaßten sich sogar, in das Schlafzimmer einer Wöchnerin einzudringen, um auch da ihre Untersuchungen fortzusetzen. Die unrechtmäßige Haussuchung steht nicht vereinzelt da, es haben in der letzten Zeit mehrere bei Kaufleuten statt gefunden; die Commis haben während der Abwesenheit ihrer Prinzipale, welche ihrer Pflicht als Bürgerwehrmänner nachkamen, die Pulvervorräthe hergeben müssen. Ich frage daher den Hrn. Minister des Innern, welche Gründe vorlagen, um ein die Heiligkeit der Wohnungen so schwer verletzendes Verfahren mitten in der Nacht zu rechtferigen, ob die Polizeibehörde sich nicht Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse habe zu Schulden kommen lassen, und welche Anordnungen der Herr Minister getroffen, um in diesem Falle die betreffenden Beamten zur Rechenschaft zu ziehen. Minister Kühlwetter erklärt, daß die Haussuchung auf das Gerücht einer beabsichtigten Revolution statt gefunden, um dort nach Pulvervorräthen zu forschen. Der Vorwurf, daß die Haussuchung zur Nachtzeit statt gefunden, sei darin erledigt, da die Habeas-Corpus-Akte noch kein gültiges Gesetz sei. Eine Ueberschreitung der bestehenden Gesetze habe aber nicht stattgefunden. Auch sei der Oekonom des Vereins nicht genöthigt worden nach einem entfernten Garten mitzugehen; vielmehr hat derselbe in einem mir hier vorliegenden Protokoll selbst erklärt, daß er die Beamten ersucht hätte in den Garten zu folgen. Was sonst noch in Berlin von Polizeiwegen geschehen sei, kann ich als Minister natürlich nicht Alles wissen, ich bin ja nicht die exekutive Behörde. Abg. Behrends: Das Protokoll, wrrauf sich der Herr Minister bezogen, ist ein ungesetzliches, denn nach einer mir zugegangenen authentischen Mittheilung war kein Protokollführer bei dessen Aufnahme zugezogen worden; der das Verhör leitende Beamte fertigte vor der erfolgten Unterschrift des Oekonom erst noch eine neue Abschrift an, die er nicht vorlas. Der Herr Minister hat uns nicht gesagt von wem die Denunziation eingegangen ist. Wir wissen jetzt von welcher Seite dieselben einlaufen; anonyme Denunziationen herbeizuschaffen ist sehr leicht. Ich trage darauf an, daß der Herr Minister die sämmtlichen Akten in dieser Sache auf das Büreau des Präsidenten zur allgemeinen Einsicht niederlege. Minister Kühlwetter: Wenn sonst noch irgend eine Ungesetzlichkeit stattgefunden werde ich dieselbe zur Untersuchung bringen lassen; jedoch halte ich mich nicht für befugt, Aktenstücke einer gerichtlichen Untersuchung hier zur Einsicht vorzulegen. Sowohl der Berends'sche Antrag auf Niederlegung der Akten auf das Büreau, als der des Abg. Schramm auf Fortsetzung der Debatte wird verworfen. Abg. D'Ester über eine dringende Interpellation. Erzählt, daß nachdem der größere Landständische Ausschuß der Lausitz eine Protestation an den König gerichtet gegen die Aufhebung der Grundsteuerbefreiung etc., jetzt sogar der Graf Löben als Landschaftsältester einen Kommunallandtag der Provinz#ausitz zu Montag den 4. September zusammenberufen habe. Gottschalk aus Baden begreift nicht, wie das Ministerium zu dieser Delikatesse kommt. Ich glaube, es sucht seinen Tod. (Gelächter, ungezogene Unterbrechungen). Meine Herren, unterbrechen Sie mich nicht. Ich habe bis jetzt noch nie vor Ihnen gesprochen, weil ich der Ansicht war, wie auch das deutsche Volk, daß man hier viel zu viel spricht, aber sehr wenig thut. (Bravo). !!! Frankfurt. Schluß des gestrigen Berichts. Vogt. Die Peinlichkeit der Minister in dieser Debatte zwingt mich noch einmal zu sprechen. Schmerling hat gesagt, erst seit 14 Tagen sei das Ministerium komplettirt. Aber vorher wäre ja auch schon ein Ministerium von jenen berühmten 3 Männern gebildet gewesen. Auch dies hätte in der ganzen Zeit seines Bestehens gar nichts gethan. (Sensation) Nicht einmal die Notifikationen der Bildung der Centralgewalt an die fremden Mächte geschickt, — was doch das Allerwenigste. Der jetzige Minister des Aeußern habe gesagt, die Schleswig-Holsteinische Angelegenheit laste schwer auf ihn. Das ist wahr, so schwer, daß das Ministerium wahrscheinlich darunter erliegen wird. (Aufregung.) Meine Herren der Reichsminister hat ferner gesagt, er arbeite Tag und Nacht. Das glaube ich, es frägt sich nur, wie man arbeitet. (Zischen Rechts; sehr schwaches Bravo links.) Wernher. Verwahrt seine Anträge unnöthiger Weise gegen den Verdacht, als ob er mit Vogt übereinstimme. Venedey (sehr sanft.) Der Reichsminister des Aeußern hat gesagt, „daß alle europäischen Großmächte gegen uns sind,“ und daraus gefolgert, „wir müssen uns so klein und bescheiden als möglich machen.“ Möge aber die Welt gegen uns (!) stehen, wir wollen handeln, (schachern) wie es unsere Pflicht ist. Der alte Stedmann aus Koblenz beantragt, weil die Minister sich hinlänglich gerechtfertigt, motivirte Tagesordnung. Simon von Trier. Wie soll das Ministerium sich nach Außen kräftig zeigen, wenn es im Innern keine Einheit und keine tüchtige Politik entwickeln kann. Bei solch' schwankendem Zustande ist es allerdings schwer, Männer zu finden die sich zu Gesandten hergeben. Daß übrigens ein Minister, wie Hr. Heckscher gethan, sich mit der Schwierigkeit seiner Stellung entschuldigt, finde ich wunderbar naiv. Beckerath deklamirt auch einige Worte zur Rechtfertigung. Man reicht noch mehrere Anträge, theils auf Vertagung theils auf motivirte Tagesordnung gerichtet, ein. Es spricht Heckscher noch einmal. Graf Schwerin noch einmal zur Unterstützung des Ministeriums. Letzterer sagt unter Anderm: Vogt scheint mir in einer Form von dieser Sache gesprochen zu haben, von der ich nicht wünschte, daß sie Sitte in diesem Hause würde. Schluß der Debatte. Eisenmanns Antrag, über die Wernher'schen Anträge zur einfachen Tagesordnung überzugehen, wird bei Zählung mit 213 gegen 197 Stimmen verworfen. Stedmanns Antrag „zur motivirten Tagesordnung überzugehen, weil das Ministerium hinlänglich gerechtfertigt (?)“ wird angenommen. Schmerling antwortet auf die Interpellation des Marineausschusses wegen Errichtung eines Marinedepartements. 6 Millionen sind zu einer deutschen Kriegsmarine genehmigt, und der Minister giebt die Versicherung, daß die Nothwendigkeit eines Marinedepartements erkannt ist und dasselbe errichtet werden wird, sobald das Ministerium Capacitäten dafür gefunden. Vogt vom Platz: Wo bleibt die Interpellation wegen der Huldigung in Oesterreich? keine Antwort. Weitere Tagesordnung: Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung über den Antrag des Abgeordneten Dietsch von Annaberg, die Wiedereröffnung von für die Zuhörer bestimmten Räumen in der Paulskirche betreffend. Schwarzenberg, Berichterstatter, unterstützt den Ausschußantrag. Derselbe lautet: „Die Nationalversammlung möge beschließen, daß die auf der Gallerie befindlichen Räume dem Publikum zwar wieder geöffnet werden, das Büreau aber die erforderliche Einrichtung treffe, daß nur eine beschränktere Zahl von Zuhörern zugelassen werde und die Ordnung überall gehandhabt werden könne.“ Dietsch aus Annaberg spricht für seinen Antrag. Derselbe lautet: „Daß die Oeffentlichkeit der Sitzungen in dem seitherig ausgedehnten Maaß auch für die Zukunft erhalten, und die für die hörer bestimmten Räume in der Paulskirchein keiner Weise eingeschränkt, oder zu andern Zwecken verwendet werden.“ Der Präsident betheiligt sich an der Debatte und rechtfertigt sich gegen einige Ausfälle von Dietsch. Schlöffel. Aus Gründen der Gerechtigkeit und Nützlichkeit spreche ich für diese Sache Das Volk muß seine Vertreter hören und kontrolliren. Wir müssen den ärmern Theil Deutschlands, der selbst mit Verlust seiner Zeit unsern Verhandlungen rege Theilnahme widmet, freudig begrüßen. Er zahlt durch seinen Zeitverlust genügendes Entrée. Der Kartenzwang, welcher nur den Vornehmern den Eintritt ermöglicht, ist ganz unzulässig. Den Unfug auf der Damengallerie, (alle Welt sieht auf Lichnowsky) der sogar durch Karrikaturen gerügt, hat der Präsident niemals bemerkt. (Rechts: Ungezogene Unterbrechungen. Schallendes Bravo der Gallerien.) Sie machen fruchtlose Versuche mich zu unterbrechen. (Der Präsident unterbricht Schlöffel.) Der Präsident kann, wenn er will, mich zur Ordnung rufen, aber trotz alledem werde ich die Wahrheit sagen und keine Höflichkeiten. (Lautes Bravo!) Es steht schlimm um die Vertreter des Volks, wenn sie erst durch Polizeimaaßregeln geschützt werden müssen. (Rechts: Gelächter.) Schlöffel beantragt: Uneingeschränkte Zulassung aller Zuhörer. Lichnowsky beantragt: „Die Nationalversammlung solle die am 9. August betreffs der Zuhörerräume vom Bureau getroffenen Maaßregeln gut heißen und die leer gewordenen Räume zu Baulichkeiten für die Bequemlichkeit der Abgeordneten benutzen.“ Wiesner. (Rechts: Schluß!) Weber in Wien nach Berlin sind die Zuhörer auf so brutale Weise fortgerieben worden, wie von den Vertretern des deutschen Volks. Da heftiger Schlußruf sich vernehmen läßt, frägt der Präsident ob er die Debatte schließen soll? Der Schluß wird verworfen. Hr. Biedermann erinnert sich freudig daran, daß er bei jener Sturmsscene in höchsteigener Person den Polizeidiener gespielt. Blum. Spricht sehr breit und langweilig. Die Debatte wird geschlossen. Wiesner beantragt zum großen Verdruß der Rechten, namentliche Abstimmung, durch welche Ein Wiesner'scher Antrag, betreffend die Unzulässigkeit aller Polizeimaaßregeln, so lange nicht die Nationalversammlung selbst solche verlangt, wird verworfen und somit ist Alles bestens abgethan. Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr. Morgen und Snnntag keine Sitzung. Montag Fortsetzung der Grundrechte. pp Frankfurt, 3. Sept. Der schleswig-holsteinische Krieg wird trotz des Anscheins, als sei er wenigstens für einige Zeit beendigt, fortgesetzt werden. Wie ich aus guter Quelle vernommen, hat nämlich die Centralgewalt dem abgeschlossenen Waffenstillstand ihre Genehmigung versagt, einmal, weil der preußische Unterhändler, General Below, den zu demselben Behufe von hier nach Schleswig gesandten Unterstaatssekretär Gagern bei den Verhandlungen gar nicht zugezogen, sondern ihn kurz bedeutet hat, er wolle ihm Mittheilung machen, wenn der Waffenstillstand ratifizirt sei; dann aber auch, weil in den betreffenden Bedingungen nur die Rede ist von den Entschädigungen preußischer Schiffe. Max Gagern kommt, ohne etwas ausgerichtet zu haben, hier wieder an. Darauf hat nun das Reichsministerium gestern zwei Kouriere abgeschickt, den einen an Below, den andern an Wrangel, dem die Fortsetzung des Krieges befohlen und für seine stets bewährte deutsche Gesinnung Lob und Anerkennung ausgesprochen wird. 61 Wien, 29. August. Es ist mir ein im Namen der freien Söhne der kroatisch-slavonischen Nation verfaßtes Manifest zur Hand gekommen, welches gegen das unter demselben Namen in Agram erschienene, in der „Neuen Rhein. Ztg.“ vom 22. August mitgetheilte Manifest gerichtet ist. Es wird darin unter Anderm gesagt: „Es kam uns vor Kurzem aus dem am 5. Juni zu Agram begonnenen, dann fortgesetzten und beendigten sogenannten Landtage ein Manifest zu Gesicht, welches den Ausdruck des kroatisch-slavonischen National-Willens enthalten soll. Da aber jene Kroaten und Slavonier, welche sich dabei nicht betheiligt haben, ebenfalls zur Nation gehören, so sei es ihnen erlaubt, über jenes Manifest ihre Bemerkungen zu machen.“ Nun wird gesagt, jenes Manifest sei nicht der Ausdruck des National-Willens, sondern des Willens des Banus Joseph Jellachich und einiger ihm zu Gebote stehenden Werkzeuge, weil die Nation in jener Versammlung gar nicht vertreten gewesen. Jellachich habe diese Versammlung nach eigenem Gutdünken zusammenberufen, indem er die Abgeordneten theils selber ernannt, theils durch seine Kreaturen durchgesetzt habe, um denselben nur allein seinen Willen aufdrücken zu können. Gegen diejenigen, welche sich wider solche Maßnahmen versündigen würden, habe Jellachich sodann das Standrecht eingeführt und auch die Auslegung der Versündigung sich vorbehalten. Daher sei der Reichstag von Agram nichts als eine Komödie, oder vielmehr eine Tragödie gewesen, zu welcher Jellachich die Rollen vertheilt habe, während er selber nur ein Werkzeug der reaktionären Kamarilla sei. Das Agramer Manifest trachte die Rebellion Jellachich's aus zweierlei Gesichtspunkten zu rechtfertigen, aus dem des natürlichen nämlich und aus dem des historischen Rechts. In erster Beziehung prahle Jellachich mit den Phrasen: Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit, um die Kroaten zu bethören, während er in der andern Beziehung behaupte, Ungarn habe Jahrhunderte hindurch eine Knechtung wider alle seine Nebenländer ausgeübt. — Diese Knechtung sei in zwei Theile gebracht worden, und zwar in eine hinsichtlich der Sprache, und in eine andere hinsichtlich aller übrigen Rechte. — Was nun die Sprache betreffe, so grenze es an Wahnsinn, den Ungarn einen Vorwurf zu machen, den nur die ausgesuchteste Bosheit der Wiener Kamarilla erfunden, indem die Ungarn niemals und durch kein Gesetz ihre Sprache, die ja seit 20 Jahren kaum ihre eigene Geschäftssprache geworden, irgend jemand aufgedrungen hätten. Hätten ja doch die kroatisch-slavonischen Landeskongregationen ebensowohl, wie die ungarische Nation, noch im Jahre 1805 jede andere, außer der lateinischen Sprache, durch ein vom Kaiser Franz bestätigtes Statut aus den öffentlichen Verhandlungen verpönt und später unter andern Verhältnissen die Kroaten sogar wiederholt verlangt, daß an der Agramer Dvorana (Universität) ein Lehrer der ungarischen Sprache angestellt werde. Nachdem im Jahre 1825 Graf Stephan Szochenyi im Oberhaus zuerst in ungarischer Sprache gesprochen, sei es durch ein unter Zustimmung der kroatischen Deputirten entstandenes Gesetz angeordnet worden, daß die kroatischen Deputirten noch sechs Jahre bei dem ungarischen Reichstag ungarisch sprechen sollen, eine Frist, die kurz vor dem gegenwärtigen ungarischen Reichstag in seiner zu Agram abgehaltenen Landeskongregation das kroatische Volk gar nicht einmal abwarten zu wollen erklärt habe. Der Wunsch sei nur gewesen, die heimischen Angelegenheiten in kroatischer Sprache abzuthun, allein der Kaiser-König habe das darüber beschlossene Statut im Jahre 1845 nicht bestätigen wollen, während der ungarische Reichstag jenes vergebens erflehte Recht ohne weiteres verliehen habe. Endlich sei es auf Ansuchen einer Behörde der Stadt Eszek, nach dem am 11. April 1848 erfolgten Schluß des ungarischen Reichstags von ungarischer Seite sogar noch verstattet worden, daß jede kroatische Behörde mit einer ungarischen in ihrer Muttersprache korrespondiren könne. „Jetzt mag also sicher die ganze gebildete Welt urtheilen“, sagt das Manifest, ob auch nur eine Spur einer Knechtung in der Sprache, ob irgend ein vernünftiger Grund zur Rebellion aus dieser angeblichen Knechtung vorhanden ist, und ob ihr euch im Rechte befindet, statt eure Wünsche, wenn ihr noch welche habt, durch die Deputirten im gesetzlichen Wege dem gesetzgebenden Körper zu unterbreiten, den Weg der Empörung wider Ungarn zu betreten. (Fortsetzung demnächst). 117 Wien, 29. August. Die heutige Reichstagssitzung wurde mit großen Erwartungen von Seiten des Publikums eröffnet, — der Antrag Kudlich's sollte zur Abstimmung kommen. Präsident Strobach hatte die zahllosen Amendements geordnet und zur Fragestellung zusammengestellt, allein es blieb dennoch ein parlamentarisches Monstrum, das jedem Schrecken einflößte. Kudlich stellt den Antrag, sämmtliche Amendements zu beseitigen und die Abstimmung bis dahin jedenfalls zu verschieben, ferner auch die Präsidial-Fragestellung zu vereinfachen; dieser Antrag findet zum großen Verdruß des Präsidenten Strobach, der dadurch sein Meisterwerk mit einem Schlage zernichtet sieht, Unterstützung. Eine langweilige Debatte war die Folge dieses Antrags. Was darauf erfolgt ist, weiß ich nicht, da die Debatte mich verscheuchte; ohne Zweifel aber wird man Morgen in der Vereinfachung der Fragestellung fortfahren, da einige der Herren Amendementssteller so gütig gewesen sind, ihre Zusatzbrocken zurückzuziehen. — Im Anfang der Sitzung war ein sehr weitläufiger Protest Löhner's vorgelesen worden, dem sich sehr viele, sogar reaktionäre Geister angeschlossen hatten, und in welchem die gestrige büreaukratische Parteilichkeit des Präsidenten Strobach, sowie sein Ordnungsruf Löhner's gegeißelt wurde. Wie immer folgten darauf Interpellationen. Der Abgeordnete Podlewski fragte nämlich zuerst den Kriegsminister, ob es wahr sei, daß die Offiziere in Galizien sich durch Katzenmusiken und laute Erklärungen gegen die Konstitution ausgesprochen und gesagt hätten, sie würden mit Hülfe Radetzky's der Wiener Wirthschaft bald ein Ende machen? Latour will untersuchen lassen, ist aber entrüstet, daß man der k. k. Armee einen solchen Vorwurf mache. Schuselka frägt den Minister Wessenberg, warum Oesterreich sich in öffentlichen Akten eine Dänemark befreundete Macht nenne? Wessenberg gibt eine nichtssagende Antwort. 61 Wien, 29. August. In der gestrigen Versammlung des demokratischen Vereins wurde darüber berathen, ob der Verein zum Sturze des Ministers Schwarzer, oder vielmehr zum Sturze des ganzen Ministeriums Doblhoff, beim Kaiser oder Reichstag Schritte thun solle. Herr Julius Fröbel und Herr Marx waren als Gäste zugegen und betheiligten sich beide von verschiedenen Standpunkten aus an der Debatte. — Herr Julius Fröbel war der Ansicht, der Verein müsse sich deßhalb an den Kaiser wenden, während Herr Marx behauptete, das demokratische Prinzip befinde sich im Reichstag. Niemand wundert sich hier, daß die Berliner „theoretischen“ sogenannten Demokraten sich praktisch mit den Fürsten zu „vereinbaren“ suchen. 61 Wien, 30. Aug. Nach der heutigen „Presse“ ist der Minister-Präsident Batthyany nebst dem Justizminister Deák hier angekommen, um die hiesige Regierung in den ungarisch-kroatischen Wirren um Beistand anzugehen. Das Ministerium dürfte jedenfalls dadurch in Verlegenheit gerathen, allein es wird ihm an Ausflüchten doch schwerlich fehlen können. 61 Wien, 30. August. Reichstag. Nach langem debattiren, wie man die feudalistischen Amendements-Monstra los werde, hatte man gestern die Verhandlung vertagt, um eine Vereinbarung zu versuchen. In der heutigen Sitzung wurde dieselbe vorgelegt. Die Vereinbarung war durch eine Kommission geschehen, welche die Amendementssteller am Nachmittage zusammenberufen hatte, um sie dahin zu bewegen, ihre Sonderanträge in einen Antrag aufgehen zu lassen. Zuerst jedoch bestieg Kudlich die Tribüne und ließ die Versammlung folgendes Diktando schreiben: 1. Soll die Unterthänigkeit (nexus sub tutela) und alle dieselbe betreffenden Gesetze aufgehoben werden? Ein Abgeordneter (unterbrechend): Keine verkehrten Wörter, nichts Lateinisches, wir sind Deutsche! Kudlich: 2. Sollen alle Roboten und jeder Zehent, so wie überhaupt alle aus dem Unterthäninkeitsverbande, dem Obereigenthume, der Dorf und Schutzobrigkeit, aus dem Bergrechte, aus dem Hofteirechte, dem bäuerlichen Lehnsverbande entsprungenen oder ihnen ähnliche Natural-, Geld- und Arbeitsleistungen und Lasten des Haus- und Grundbesitzes einschließlich aller Besitzveränderungsgebühren von nun an aufhören? 3. Soll für alle diese aufgehobenen Lasten gar keine Entschädigung geleistet werden? 4. Soll es einer Kommission überlassen werden, vorzuschlagen, für welche dieser Lasten eine Entschädigung zu leisten sei? 5. Soll für die nicht auf Privatverträgen beruhenden Lasten die Entschädigung vom Staate geleistet werden? 6. Sollen für diese Kommission aus jedem Gouvernement drei Mitglieder des Reichstags gewählt werden? 7. Ist darüber eine Proklamation zu erlassen? Der Antrag wird unterstützt. Lasser diktirt den Antrag der Kommission: 1. Soll die Unterthänigkeit und das schutzobrigkeitliche Verhältniß und alle diese Verhältnisse normirenden Gesetze aufgehoben werden? 2, Ist Grund und Boden zu entlasten, und werden alle Unterschiede zwischen Dominikal- und Rustikalgründen aufgehoben werden? u. s. w., folgen noch 7 bis 8 Nummern mit einem See von Unternummern, worauf ein großer Theil der Amendementssteller seine Anträge zurückzieht und dann auch dieser sehr konfuße Redaktionsantrag unterstützt wird. Hierauf entspinnt sich eine allgemeine außerordentlich langweilige Diskussion über den Vorzug unter beiden Anträgen, deren Resultat in diesem Augenblick noch nicht erfolgt ist. Wien, 29. Aug. Als einen Beweis, wie sehr das gegenwärtige Ministerium an Popularität verloren hat, führen wir die Thatsache an, daß unter den Wahlmännern der Bezirke, in welchen die Herren Minister Bach und Schwarzer gewählt wurden, Unterschriften für Adressen gesammelt werden, die ein förmliches Mißtrauensvotum gegen dieselben enthalten. Die Adressen sollen bereits mit zahlreichen Unterschriften bedeckt sein. (Gradaus.) * Iserlohn. Der Redaktion ist ein Schreiben aus Iserlohn zugegangen, wonach der Name des Hrn. J. Dunker in dem in dieser Zeitung veröffentlichten Briefe an Freiligrath gemißbraucht worden ist. Herr Dunker hatte diesen Brief nicht geschrieben. Damit aber dies liebliche Aktenstück nicht ohne Herrn bleibe, hat sich bereits ein Ritter gefunden, der den hingeworfenen Handschuh vertreten will. Einer unsrer Kölner Mitbürger stellt uns nämlich Folgendes zu: Dem Hauptmann und Chef der Bürgerwehr in Iserlohn. Die gerechteste Anerkennung seines offenen Briefs an den lumpigen Freiligrath. Möge die hohe Staatsbehörde jenem Frevler, — der es gewagt hat, durch seine Aufwiegelung in Düsseldorf, die Gemüther gegen unseren allverehrten König zu hetzen, resp. durch seine Schmähgedichte (Die Todten an die Lebenden) in Mißstimmung zu bringen, die strengste Strafe auferlegen, falls diese gerechte Bestrafung unterbleibt, so schließe ich mich mit vielen hiesigen Bürgern dem Biedermanne Dunker aus Iserlohn an, von dem alterthümlichen Faustrechte Gebrauch zu machen. Köln, den 31. August 1848. Wilh. Steckemesser. 103 Berlin, 2. Sept. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. Tagesordnung: Berathung des Berichts der Centralabtheilung über den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Steuer vom Rübenzucker und Branntwein. Die Central-Abtheilung zur Berathung dieses Gesetzes hat die beiden Artikel desselben, von denen der erst die Rübenzucker-Steuer, der zweite die Branntwein-Steuer, betrifft, wegen der Verschiedenheit der betreffenden Fabrikationszweige und der dabei zur Frage kommenden Besteuerungsaufsätze als zwei besondere Gegenstände behandeln zu müssen geglaubt und legt deshalb für beide besondere Berichte vor. Der Abgeordnete Schneider verliest den Bericht über die Rübenzucker-Steuer. Nach langer nichtssagender Debatte kommt man endlich zur Abstimmung. Es wird namentlich Abstimmung verlangt und hinreichend unterstützt. Der Gesetzes-Artikel, wie er vom Ministerium vorgeschlagen lautet: „Die Steuer von dem im Inlande aus Rüben erzeugten Rohzucker, wird nach Maaßgabe der provisorischen Verordnung vom 18. Juni d. J. vom 1. September d. J an, zwei Thaler für den Zoll-Centner betragen und mit 3 Sgr. von jedem Zoll-Zenter der zur Zuckerbereitung bestimmten rohen Rüben, erhoben werden. —“ Mit 195 gegen 131 Stimmen angenommen. — Ein Amendement des Abg. Unruh, daß die Steuerhöhung erst am 1. September 1849 eintreten möge; dessen Annahme der Finanzminister als eine Verwerfung des ganzen Gesetzes gleich zu achten erklärt hatte, wird mit 175 gegen 136 Stimmen verworfen. — Nach einem achtstündigen Kampfe ist das Ministerium endlich siegreich aus diesem Gefechte hervorgegangen. Das Ministerium hatte alle Mittel angewendet um die verschiedenen Parteien für seine Ansicht zu gewinnen. Für das Centrum war keine genügende Veranlassung um in dieser bloßen Geldfrage gegen das Ministerium zu stimmen, und die Mitglieder dieser Partei, wie Kosch und viele Andere entfernten sich vor der Abstimmung um weder für noch gegen das Ministerium zu stimmen. Die Linke hat sich heute an der Debatte kaum betheiligt, sie spart ihre Angriffe gegen das Ministerium bis zum Aufruhrgesetz auf, welches wohl nächsten Donnerstag zur Diskussion kommen wird. — Der Herr von Berg hat sich mit seinem Antrage auf Tagesordnung sehr lächerlich gemacht. Er dachte seinen Antrag im Geiste wohl für angenommen und sich nach Sanssouci zur Bildung eines neuen Ministeriums berufen. 103 Berlin, 1 Sept. Sitzung der Vereinbarungversammlung. Abg. Behrends: In der Nacht vom 26.-27. August hat, unter Zuziehung von Konstablern und Bürgerwehr, außer andern Verhaftungen, deren Gesetzmäßigkeit oder Ungesetzlichkeit ich einstweilen unberücksichtigt lassen will, eine polizeiliche Haussuchung im Lokale des hiesigen Handwerkervereins, Johannisstraße Nr. 4, und in der Privatwohnung des Vereinsökonomen statt gefunden; es haben die Polizeibeamten sich nicht damit begnügt, das Lokal des Vereins und die Wohnung des Oekonomen zu durchsuchen, sondern haben Letztern auch genöthigt, mit nach dem eine viertel Meile vor dem Oranienburger Thore gelegenen Garten des Vereins zu gehen, und dort befindliche, ihm nicht angehörige Kisten zu eröffnen, und haben endlich den ganzen Garten durchsucht. Es hat dies Verfahren große Aufregung nicht blos unter den Mitgliedern des Vereins hervorgerufen, sondern auch in der ganzen Stadt die dem Vereine in seiner eben so besonnenen als ruhigen Haltung und seiner wohlthätigen Wirksamkeit schon lange die größte Achtung bewiesen hat. Das Ergebniß dieser Haussuchung war, daß man ungefähr 30 scharfe Patronen und mehrere Hundert Platzpatronen, welche dem Verein als einem Theil der Bürgerwehr, vom Kommando desselben als nothwendige Munition gegeben worden, mit Beschlag belegte und mit fortnahm, welche jedoch noch im Laufe des Tages zurückgestellt wurden. Die Behörden haben sich an den in der Habeas-Corpus-Akte von der Volksvertretung bereits ausgesprochenen Willen nicht gekehrt; sie drangen mitten in der Nacht in die Wohnung ein und vermaßten sich sogar, in das Schlafzimmer einer Wöchnerin einzudringen, um auch da ihre Untersuchungen fortzusetzen. Die unrechtmäßige Haussuchung steht nicht vereinzelt da, es haben in der letzten Zeit mehrere bei Kaufleuten statt gefunden; die Commis haben während der Abwesenheit ihrer Prinzipale, welche ihrer Pflicht als Bürgerwehrmänner nachkamen, die Pulvervorräthe hergeben müssen. Ich frage daher den Hrn. Minister des Innern, welche Gründe vorlagen, um ein die Heiligkeit der Wohnungen so schwer verletzendes Verfahren mitten in der Nacht zu rechtferigen, ob die Polizeibehörde sich nicht Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse habe zu Schulden kommen lassen, und welche Anordnungen der Herr Minister getroffen, um in diesem Falle die betreffenden Beamten zur Rechenschaft zu ziehen. Minister Kühlwetter erklärt, daß die Haussuchung auf das Gerücht einer beabsichtigten Revolution statt gefunden, um dort nach Pulvervorräthen zu forschen. Der Vorwurf, daß die Haussuchung zur Nachtzeit statt gefunden, sei darin erledigt, da die Habeas-Corpus-Akte noch kein gültiges Gesetz sei. Eine Ueberschreitung der bestehenden Gesetze habe aber nicht stattgefunden. Auch sei der Oekonom des Vereins nicht genöthigt worden nach einem entfernten Garten mitzugehen; vielmehr hat derselbe in einem mir hier vorliegenden Protokoll selbst erklärt, daß er die Beamten ersucht hätte in den Garten zu folgen. Was sonst noch in Berlin von Polizeiwegen geschehen sei, kann ich als Minister natürlich nicht Alles wissen, ich bin ja nicht die exekutive Behörde. Abg. Behrends: Das Protokoll, wrrauf sich der Herr Minister bezogen, ist ein ungesetzliches, denn nach einer mir zugegangenen authentischen Mittheilung war kein Protokollführer bei dessen Aufnahme zugezogen worden; der das Verhör leitende Beamte fertigte vor der erfolgten Unterschrift des Oekonom erst noch eine neue Abschrift an, die er nicht vorlas. Der Herr Minister hat uns nicht gesagt von wem die Denunziation eingegangen ist. Wir wissen jetzt von welcher Seite dieselben einlaufen; anonyme Denunziationen herbeizuschaffen ist sehr leicht. Ich trage darauf an, daß der Herr Minister die sämmtlichen Akten in dieser Sache auf das Büreau des Präsidenten zur allgemeinen Einsicht niederlege. Minister Kühlwetter: Wenn sonst noch irgend eine Ungesetzlichkeit stattgefunden werde ich dieselbe zur Untersuchung bringen lassen; jedoch halte ich mich nicht für befugt, Aktenstücke einer gerichtlichen Untersuchung hier zur Einsicht vorzulegen. Sowohl der Berends'sche Antrag auf Niederlegung der Akten auf das Büreau, als der des Abg. Schramm auf Fortsetzung der Debatte wird verworfen. Abg. D'Ester über eine dringende Interpellation. Erzählt, daß nachdem der größere Landständische Ausschuß der Lausitz eine Protestation an den König gerichtet gegen die Aufhebung der Grundsteuerbefreiung etc., jetzt sogar der Graf Löben als Landschaftsältester einen Kommunallandtag der Provinz#ausitz zu Montag den 4. September zusammenberufen habe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar094_002" type="jArticle"> <pb facs="#f0002" n="0474"/> <p>Gottschalk aus Baden begreift nicht, wie das Ministerium zu dieser Delikatesse kommt. Ich glaube, es sucht seinen Tod. (Gelächter, ungezogene Unterbrechungen).</p> <p>Meine Herren, unterbrechen Sie mich nicht. Ich habe bis jetzt noch nie vor Ihnen gesprochen, weil ich der Ansicht war, wie auch das deutsche Volk, daß man hier viel zu viel spricht, aber sehr wenig thut. (Bravo).</p> </div> <div xml:id="ar094_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt.</head> <p>Schluß des gestrigen Berichts.</p> <p><hi rendition="#g">Vogt</hi>. Die Peinlichkeit der Minister in dieser Debatte zwingt mich noch einmal zu sprechen. Schmerling hat gesagt, erst seit 14 Tagen sei das Ministerium komplettirt. Aber vorher wäre ja auch schon ein Ministerium von jenen berühmten 3 Männern gebildet gewesen. Auch dies hätte in der ganzen Zeit seines Bestehens gar nichts gethan. (Sensation) Nicht einmal die Notifikationen der Bildung der Centralgewalt an die fremden Mächte geschickt, — was doch das Allerwenigste. Der jetzige Minister des Aeußern habe gesagt, die Schleswig-Holsteinische Angelegenheit laste schwer auf ihn. Das ist wahr, so schwer, daß das Ministerium wahrscheinlich darunter erliegen wird. (Aufregung.) Meine Herren der Reichsminister hat ferner gesagt, er arbeite Tag und Nacht. Das glaube ich, es frägt sich nur, wie man arbeitet. (Zischen Rechts; sehr schwaches Bravo links.)</p> <p><hi rendition="#g">Wernher</hi>. Verwahrt seine Anträge unnöthiger Weise gegen den Verdacht, als ob er mit Vogt übereinstimme.</p> <p><hi rendition="#g">Venedey</hi> (sehr sanft.) Der Reichsminister des Aeußern hat gesagt, „daß alle europäischen Großmächte gegen uns sind,“ und daraus gefolgert, „wir müssen uns so klein und bescheiden als möglich machen.“ Möge aber die Welt gegen uns (!) stehen, wir wollen handeln, (schachern) wie es unsere Pflicht ist.</p> <p>Der alte <hi rendition="#g">Stedmann</hi> aus Koblenz beantragt, weil die Minister sich hinlänglich gerechtfertigt, motivirte Tagesordnung.</p> <p><hi rendition="#g">Simon</hi> von Trier. Wie soll das Ministerium sich nach Außen kräftig zeigen, wenn es im Innern keine Einheit und keine tüchtige Politik entwickeln kann. Bei solch' schwankendem Zustande ist es allerdings schwer, Männer zu finden die sich zu Gesandten hergeben. Daß übrigens ein Minister, wie Hr. Heckscher gethan, sich mit der Schwierigkeit seiner Stellung entschuldigt, finde ich wunderbar naiv.</p> <p><hi rendition="#g">Beckerath</hi> deklamirt auch einige Worte zur Rechtfertigung.</p> <p>Man reicht noch mehrere Anträge, theils auf Vertagung theils auf motivirte Tagesordnung gerichtet, ein. Es spricht Heckscher noch einmal. Graf Schwerin noch einmal zur Unterstützung des Ministeriums. Letzterer sagt unter Anderm: Vogt scheint mir in einer Form von dieser Sache gesprochen zu haben, von der ich nicht wünschte, daß sie Sitte in diesem Hause würde. Schluß der Debatte.</p> <p><hi rendition="#g">Eisenmanns</hi> Antrag, über die Wernher'schen Anträge zur einfachen Tagesordnung überzugehen, wird bei Zählung mit 213 gegen 197 Stimmen verworfen.</p> <p><hi rendition="#g">Stedmanns</hi> Antrag „zur motivirten Tagesordnung überzugehen, weil das Ministerium hinlänglich gerechtfertigt (?)“ wird angenommen.</p> <p><hi rendition="#g">Schmerling</hi> antwortet auf die Interpellation des Marineausschusses wegen Errichtung eines Marinedepartements. 6 Millionen sind zu einer deutschen Kriegsmarine genehmigt, und der Minister giebt die Versicherung, daß die Nothwendigkeit eines Marinedepartements erkannt ist und dasselbe errichtet werden wird, sobald das Ministerium Capacitäten dafür gefunden.</p> <p><hi rendition="#g">Vogt</hi> vom Platz: Wo bleibt die Interpellation wegen der Huldigung in Oesterreich? keine Antwort. Weitere Tagesordnung:</p> <p>Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung über den Antrag des Abgeordneten Dietsch von Annaberg, die Wiedereröffnung von für die Zuhörer bestimmten Räumen in der Paulskirche betreffend.</p> <p><hi rendition="#g">Schwarzenberg,</hi> Berichterstatter, unterstützt den Ausschußantrag. Derselbe lautet:</p> <p>„Die Nationalversammlung möge beschließen, daß die auf der Gallerie befindlichen Räume dem Publikum zwar wieder geöffnet werden, das Büreau aber die erforderliche Einrichtung treffe, daß nur eine beschränktere Zahl von Zuhörern zugelassen werde und die Ordnung überall gehandhabt werden könne.“</p> <p><hi rendition="#g">Dietsch</hi> aus Annaberg spricht für seinen Antrag. Derselbe lautet:</p> <p>„Daß die Oeffentlichkeit der Sitzungen in dem seitherig ausgedehnten Maaß auch für die Zukunft erhalten, und die für die hörer bestimmten Räume in der Paulskirchein keiner Weise eingeschränkt, oder zu andern Zwecken verwendet werden.“</p> <p>Der Präsident betheiligt sich an der Debatte und rechtfertigt sich gegen einige Ausfälle von Dietsch.</p> <p><hi rendition="#g">Schlöffel</hi>. Aus Gründen der Gerechtigkeit und Nützlichkeit spreche ich für diese Sache Das Volk muß seine Vertreter hören und kontrolliren. Wir müssen den ärmern Theil Deutschlands, der selbst mit Verlust seiner Zeit unsern Verhandlungen rege Theilnahme widmet, freudig begrüßen. Er zahlt durch seinen Zeitverlust genügendes Entrée. Der Kartenzwang, welcher nur den Vornehmern den Eintritt ermöglicht, ist ganz unzulässig. Den Unfug auf der Damengallerie, (alle Welt sieht auf Lichnowsky) der sogar durch Karrikaturen gerügt, hat der Präsident niemals bemerkt. (Rechts: Ungezogene Unterbrechungen. Schallendes Bravo der Gallerien.) Sie machen fruchtlose Versuche mich zu unterbrechen. (Der Präsident unterbricht Schlöffel.) Der Präsident kann, wenn er will, mich zur Ordnung rufen, aber trotz alledem werde ich die Wahrheit sagen und keine Höflichkeiten. (Lautes Bravo!) Es steht schlimm um die Vertreter des Volks, wenn sie erst durch Polizeimaaßregeln geschützt werden müssen. (Rechts: Gelächter.) Schlöffel beantragt: Uneingeschränkte Zulassung aller Zuhörer.</p> <p><hi rendition="#g">Lichnowsky</hi> beantragt: „Die Nationalversammlung solle die am 9. August betreffs der Zuhörerräume vom Bureau getroffenen Maaßregeln gut heißen und die leer gewordenen Räume zu Baulichkeiten für die Bequemlichkeit der Abgeordneten benutzen.“</p> <p><hi rendition="#g">Wiesner</hi>. (Rechts: Schluß!) Weber in Wien nach Berlin sind die Zuhörer auf so brutale Weise fortgerieben worden, wie von den Vertretern des deutschen Volks.</p> <p>Da heftiger Schlußruf sich vernehmen läßt, frägt der Präsident ob er die Debatte schließen soll? Der Schluß wird verworfen.</p> <p>Hr. <hi rendition="#g">Biedermann</hi> erinnert sich freudig daran, daß er bei jener Sturmsscene in höchsteigener Person den Polizeidiener gespielt.</p> <p><hi rendition="#g">Blum</hi>. Spricht sehr breit und langweilig.</p> <p>Die Debatte wird geschlossen.</p> <p><hi rendition="#g">Wiesner</hi> beantragt zum großen Verdruß der Rechten, namentliche Abstimmung, durch welche<lb/><hi rendition="#g">Lichnowsky's</hi> Antrag mit 278 gegen 134 Stimmen angenommen wird.</p> <p>Ein <hi rendition="#g">Wiesner'scher</hi> Antrag, betreffend die Unzulässigkeit aller Polizeimaaßregeln, so lange nicht die Nationalversammlung selbst solche verlangt, wird verworfen und somit ist Alles bestens abgethan.</p> <p>Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr. Morgen und Snnntag keine Sitzung. Montag Fortsetzung der Grundrechte.</p> </div> <div xml:id="ar094_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>pp</author></bibl> Frankfurt, 3. Sept.</head> <p>Der schleswig-holsteinische Krieg wird trotz des Anscheins, als sei er wenigstens für einige Zeit beendigt, fortgesetzt werden. Wie ich aus guter Quelle vernommen, hat nämlich die Centralgewalt dem abgeschlossenen Waffenstillstand ihre Genehmigung versagt, einmal, weil der preußische Unterhändler, General Below, den zu demselben Behufe von hier nach Schleswig gesandten Unterstaatssekretär Gagern bei den Verhandlungen gar nicht zugezogen, sondern ihn kurz bedeutet hat, er wolle ihm Mittheilung machen, wenn der Waffenstillstand ratifizirt <hi rendition="#g">sei;</hi> dann aber auch, weil in den betreffenden Bedingungen nur die Rede ist von den Entschädigungen <hi rendition="#g">preußischer</hi> Schiffe. Max Gagern kommt, ohne etwas ausgerichtet zu haben, hier wieder an. Darauf hat nun das Reichsministerium gestern zwei Kouriere abgeschickt, den einen an Below, den andern an Wrangel, dem die Fortsetzung des Krieges befohlen und für seine stets bewährte deutsche Gesinnung Lob und Anerkennung ausgesprochen wird.</p> </div> <div xml:id="ar094_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 29. August.</head> <p>Es ist mir ein im Namen der freien Söhne der kroatisch-slavonischen Nation verfaßtes Manifest zur Hand gekommen, welches gegen das unter demselben Namen in Agram erschienene, in der „Neuen Rhein. Ztg.“ vom 22. August mitgetheilte Manifest gerichtet ist. Es wird darin unter Anderm gesagt: „Es kam uns vor Kurzem aus dem am 5. Juni zu Agram begonnenen, dann fortgesetzten und beendigten sogenannten Landtage ein Manifest zu Gesicht, welches den Ausdruck des kroatisch-slavonischen National-Willens enthalten soll. Da aber jene Kroaten und Slavonier, welche sich dabei nicht betheiligt haben, ebenfalls zur Nation gehören, so sei es ihnen erlaubt, über jenes Manifest ihre Bemerkungen zu machen.“ Nun wird gesagt, jenes Manifest sei nicht der Ausdruck des National-Willens, sondern des Willens des Banus Joseph Jellachich und einiger ihm zu Gebote stehenden Werkzeuge, weil die Nation in jener Versammlung gar nicht vertreten gewesen. Jellachich habe diese Versammlung nach eigenem Gutdünken zusammenberufen, indem er die Abgeordneten theils selber ernannt, theils durch seine Kreaturen durchgesetzt habe, um denselben nur allein seinen Willen aufdrücken zu können. Gegen diejenigen, welche sich wider solche Maßnahmen versündigen würden, habe Jellachich sodann das Standrecht eingeführt und auch die Auslegung der Versündigung sich vorbehalten. Daher sei der Reichstag von Agram nichts als eine Komödie, oder vielmehr eine Tragödie gewesen, zu welcher Jellachich die Rollen vertheilt habe, während er selber nur ein Werkzeug der reaktionären Kamarilla sei. Das Agramer Manifest trachte die Rebellion Jellachich's aus zweierlei Gesichtspunkten zu rechtfertigen, aus dem des natürlichen nämlich und aus dem des historischen Rechts. In erster Beziehung prahle Jellachich mit den Phrasen: Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit, um die Kroaten zu bethören, während er in der andern Beziehung behaupte, Ungarn habe Jahrhunderte hindurch eine Knechtung wider alle seine Nebenländer ausgeübt. — Diese Knechtung sei in zwei Theile gebracht worden, und zwar in eine hinsichtlich der Sprache, und in eine andere hinsichtlich aller übrigen Rechte. — Was nun die Sprache betreffe, so grenze es an Wahnsinn, den Ungarn einen Vorwurf zu machen, den nur die ausgesuchteste Bosheit der Wiener Kamarilla erfunden, indem die Ungarn niemals und durch kein Gesetz ihre Sprache, die ja seit 20 Jahren kaum ihre eigene Geschäftssprache geworden, irgend jemand aufgedrungen hätten. Hätten ja doch die kroatisch-slavonischen Landeskongregationen ebensowohl, wie die ungarische Nation, noch im Jahre 1805 jede andere, außer der lateinischen Sprache, durch ein vom Kaiser Franz bestätigtes Statut aus den öffentlichen Verhandlungen verpönt und später unter andern Verhältnissen die Kroaten sogar wiederholt verlangt, daß an der Agramer Dvorana (Universität) ein Lehrer der ungarischen Sprache angestellt werde. Nachdem im Jahre 1825 Graf Stephan Szochenyi im Oberhaus zuerst in ungarischer Sprache gesprochen, sei es durch ein unter Zustimmung der kroatischen Deputirten entstandenes Gesetz angeordnet worden, daß die kroatischen Deputirten noch sechs Jahre bei dem ungarischen Reichstag ungarisch sprechen sollen, eine Frist, die kurz vor dem gegenwärtigen ungarischen Reichstag in seiner zu Agram abgehaltenen Landeskongregation das kroatische Volk gar nicht einmal abwarten zu wollen erklärt habe. Der Wunsch sei nur gewesen, die heimischen Angelegenheiten in kroatischer Sprache abzuthun, allein der Kaiser-König habe das darüber beschlossene Statut im Jahre 1845 nicht bestätigen wollen, während der ungarische Reichstag jenes vergebens erflehte Recht ohne weiteres verliehen habe. Endlich sei es auf Ansuchen einer Behörde der Stadt Eszek, nach dem am 11. April 1848 erfolgten Schluß des ungarischen Reichstags von ungarischer Seite sogar noch verstattet worden, daß jede kroatische Behörde mit einer ungarischen in ihrer Muttersprache korrespondiren könne. „Jetzt mag also sicher die ganze gebildete Welt urtheilen“, sagt das Manifest, ob auch nur eine Spur einer Knechtung in der Sprache, ob irgend ein vernünftiger Grund zur Rebellion aus dieser angeblichen Knechtung vorhanden ist, und ob ihr euch im Rechte befindet, statt eure Wünsche, wenn ihr noch welche habt, durch die Deputirten im gesetzlichen Wege dem gesetzgebenden Körper zu unterbreiten, den Weg der Empörung wider Ungarn zu betreten. (Fortsetzung demnächst).</p> </div> <div xml:id="ar094_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>117</author></bibl> Wien, 29. August.</head> <p>Die heutige Reichstagssitzung wurde mit großen Erwartungen von Seiten des Publikums eröffnet, — der Antrag Kudlich's sollte zur Abstimmung kommen. Präsident Strobach hatte die zahllosen Amendements geordnet und zur Fragestellung zusammengestellt, allein es blieb dennoch ein parlamentarisches Monstrum, das jedem Schrecken einflößte. <hi rendition="#g">Kudlich</hi> stellt den Antrag, sämmtliche Amendements zu beseitigen und die Abstimmung bis dahin jedenfalls zu verschieben, ferner auch die Präsidial-Fragestellung zu vereinfachen; dieser Antrag findet zum großen Verdruß des Präsidenten Strobach, der dadurch sein Meisterwerk mit einem Schlage zernichtet sieht, Unterstützung. Eine langweilige Debatte war die Folge dieses Antrags. Was darauf erfolgt ist, weiß ich nicht, da die Debatte mich verscheuchte; ohne Zweifel aber wird man Morgen in der Vereinfachung der Fragestellung fortfahren, da einige der Herren Amendementssteller so gütig gewesen sind, ihre Zusatzbrocken zurückzuziehen. — Im Anfang der Sitzung war ein sehr weitläufiger Protest Löhner's vorgelesen worden, dem sich sehr viele, sogar reaktionäre Geister angeschlossen hatten, und in welchem die gestrige büreaukratische Parteilichkeit des Präsidenten Strobach, sowie sein Ordnungsruf Löhner's gegeißelt wurde. Wie immer folgten darauf Interpellationen. Der Abgeordnete <hi rendition="#g">Podlewski</hi> fragte nämlich zuerst den Kriegsminister, ob es wahr sei, daß die Offiziere in Galizien sich durch Katzenmusiken und laute Erklärungen gegen die Konstitution ausgesprochen und gesagt hätten, sie würden mit Hülfe Radetzky's der Wiener Wirthschaft bald ein Ende machen? <hi rendition="#g">Latour</hi> will untersuchen lassen, ist aber entrüstet, daß man der k. k. Armee einen solchen Vorwurf mache. <hi rendition="#g">Schuselka</hi> frägt den Minister Wessenberg, warum Oesterreich sich in öffentlichen Akten eine Dänemark befreundete Macht nenne? Wessenberg gibt eine nichtssagende Antwort.</p> </div> <div xml:id="ar094_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 29. August.</head> <p>In der gestrigen Versammlung des demokratischen Vereins wurde darüber berathen, ob der Verein zum Sturze des Ministers Schwarzer, oder vielmehr zum Sturze des ganzen Ministeriums Doblhoff, beim Kaiser oder Reichstag Schritte thun solle. Herr Julius Fröbel und Herr Marx waren als Gäste zugegen und betheiligten sich beide von verschiedenen Standpunkten aus an der Debatte. — Herr Julius Fröbel war der Ansicht, der Verein müsse sich deßhalb an den Kaiser wenden, während Herr Marx behauptete, das demokratische Prinzip befinde sich im Reichstag. Niemand wundert sich hier, daß die Berliner „theoretischen“ sogenannten Demokraten sich praktisch mit den Fürsten zu „vereinbaren“ suchen.</p> </div> <div xml:id="ar094_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 30. Aug.</head> <p>Nach der heutigen „Presse“ ist der Minister-Präsident Batthyany nebst dem Justizminister Deák hier angekommen, um die hiesige Regierung in den ungarisch-kroatischen Wirren um Beistand anzugehen. Das Ministerium dürfte jedenfalls dadurch in Verlegenheit gerathen, allein es wird ihm an Ausflüchten doch schwerlich fehlen können.</p> </div> <div xml:id="ar094_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 30. August.</head> <p><hi rendition="#g">Reichstag</hi>. Nach langem debattiren, wie man die feudalistischen Amendements-Monstra los werde, hatte man gestern die Verhandlung vertagt, um eine Vereinbarung zu versuchen. In der heutigen Sitzung wurde dieselbe vorgelegt.</p> <p>Die Vereinbarung war durch eine Kommission geschehen, welche die Amendementssteller am Nachmittage zusammenberufen hatte, um sie dahin zu bewegen, ihre Sonderanträge in einen Antrag aufgehen zu lassen. Zuerst jedoch bestieg Kudlich die Tribüne und ließ die Versammlung folgendes Diktando schreiben:</p> <p>1. Soll die Unterthänigkeit (nexus sub tutela) und alle dieselbe betreffenden Gesetze aufgehoben werden?</p> <p>Ein Abgeordneter (unterbrechend): Keine verkehrten Wörter, nichts Lateinisches, wir sind Deutsche!</p> <p>Kudlich: 2. Sollen alle Roboten und jeder Zehent, <hi rendition="#g">so</hi> wie überhaupt alle aus dem Unterthäninkeitsverbande, dem Obereigenthume, der Dorf und Schutzobrigkeit, aus dem Bergrechte, aus dem Hofteirechte, dem bäuerlichen Lehnsverbande entsprungenen oder ihnen ähnliche Natural-, Geld- und Arbeitsleistungen und Lasten des Haus- und Grundbesitzes einschließlich aller Besitzveränderungsgebühren von nun an aufhören?</p> <p>3. Soll für alle diese aufgehobenen Lasten gar keine Entschädigung geleistet werden?</p> <p>4. Soll es einer Kommission überlassen werden, vorzuschlagen, für welche dieser Lasten eine Entschädigung zu leisten sei?</p> <p>5. Soll für die nicht auf Privatverträgen beruhenden Lasten die Entschädigung vom Staate geleistet werden?</p> <p>6. Sollen für diese Kommission aus jedem Gouvernement drei Mitglieder des Reichstags gewählt werden?</p> <p>7. Ist darüber eine Proklamation zu erlassen?</p> <p>Der Antrag wird unterstützt.</p> <p>Lasser diktirt den Antrag der Kommission:</p> <p>1. Soll die Unterthänigkeit und das schutzobrigkeitliche Verhältniß und alle diese Verhältnisse normirenden Gesetze aufgehoben werden?</p> <p>2, Ist Grund und Boden zu entlasten, und werden alle Unterschiede zwischen Dominikal- und Rustikalgründen aufgehoben werden? u. s. w., folgen noch 7 bis 8 Nummern mit einem See von Unternummern, worauf ein großer Theil der Amendementssteller seine Anträge zurückzieht und dann auch dieser sehr konfuße Redaktionsantrag unterstützt wird.</p> <p>Hierauf entspinnt sich eine allgemeine außerordentlich langweilige Diskussion über den Vorzug unter beiden Anträgen, deren Resultat in diesem Augenblick noch nicht erfolgt ist.</p> </div> <div xml:id="ar094_010" type="jArticle"> <head>Wien, 29. Aug.</head> <p>Als einen Beweis, wie sehr das gegenwärtige Ministerium an Popularität verloren hat, führen wir die Thatsache an, daß unter den Wahlmännern der Bezirke, in welchen die Herren Minister Bach und Schwarzer gewählt wurden, Unterschriften für Adressen gesammelt werden, die ein förmliches Mißtrauensvotum gegen dieselben enthalten. Die Adressen sollen bereits mit zahlreichen Unterschriften bedeckt sein. (Gradaus.)</p> </div> <div xml:id="ar094_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Iserlohn.</head> <p>Der Redaktion ist ein Schreiben aus Iserlohn zugegangen, wonach der Name des Hrn. J. <hi rendition="#g">Dunker</hi> in dem in dieser Zeitung veröffentlichten Briefe an Freiligrath gemißbraucht worden ist. Herr Dunker hatte diesen Brief nicht geschrieben. Damit aber dies liebliche Aktenstück nicht ohne Herrn bleibe, hat sich bereits ein Ritter gefunden, der den hingeworfenen Handschuh vertreten will. Einer unsrer Kölner Mitbürger stellt uns nämlich Folgendes zu:</p> <p>Dem Hauptmann und Chef der Bürgerwehr in Iserlohn.</p> <p>Die gerechteste Anerkennung seines offenen Briefs an den lumpigen Freiligrath.</p> <p>Möge die hohe Staatsbehörde jenem Frevler, — der es gewagt hat, durch seine Aufwiegelung in Düsseldorf, die Gemüther gegen unseren allverehrten König zu hetzen, resp. durch seine Schmähgedichte (Die Todten an die Lebenden) in Mißstimmung zu bringen, die strengste Strafe auferlegen, falls diese gerechte Bestrafung unterbleibt, so schließe ich mich mit vielen hiesigen Bürgern dem Biedermanne Dunker aus Iserlohn an, von dem alterthümlichen Faustrechte Gebrauch zu machen.</p> <p>Köln, den 31. August 1848.</p> <p>Wilh. Steckemesser.</p> </div> <div xml:id="ar094_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 2. Sept.</head> <p>Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. Tagesordnung: Berathung des Berichts der Centralabtheilung über den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Steuer vom Rübenzucker und Branntwein.</p> <p>Die Central-Abtheilung zur Berathung dieses Gesetzes hat die beiden Artikel desselben, von denen der erst die Rübenzucker-Steuer, der zweite die Branntwein-Steuer, betrifft, wegen der Verschiedenheit der betreffenden Fabrikationszweige und der dabei zur Frage kommenden Besteuerungsaufsätze als zwei besondere Gegenstände behandeln zu müssen geglaubt und legt deshalb für beide besondere Berichte vor.</p> <p>Der Abgeordnete <hi rendition="#g">Schneider</hi> verliest den Bericht über die Rübenzucker-Steuer. Nach langer nichtssagender Debatte kommt man endlich zur Abstimmung. Es wird namentlich Abstimmung verlangt und hinreichend unterstützt.</p> <p>Der Gesetzes-Artikel, wie er vom Ministerium vorgeschlagen lautet:</p> <p>„Die Steuer von dem im Inlande aus Rüben erzeugten Rohzucker, wird nach Maaßgabe der provisorischen Verordnung vom 18. Juni d. J. vom 1. September d. J an, zwei Thaler für den Zoll-Centner betragen und mit 3 Sgr. von jedem Zoll-Zenter der zur Zuckerbereitung bestimmten rohen Rüben, erhoben werden. —“</p> <p>Mit 195 gegen 131 Stimmen <hi rendition="#g">angenommen</hi>. —</p> <p>Ein Amendement des Abg. <hi rendition="#g">Unruh,</hi> daß die Steuerhöhung erst am 1. September 1849 eintreten möge; dessen Annahme der Finanzminister als eine Verwerfung des ganzen Gesetzes gleich zu achten erklärt hatte, wird mit 175 gegen 136 Stimmen verworfen. —</p> <p>Nach einem achtstündigen Kampfe ist das Ministerium endlich siegreich aus diesem Gefechte hervorgegangen. Das Ministerium hatte alle Mittel angewendet um die verschiedenen Parteien für seine Ansicht zu gewinnen. Für das Centrum war keine genügende Veranlassung um in dieser bloßen Geldfrage gegen das Ministerium zu stimmen, und die Mitglieder dieser Partei, wie <hi rendition="#g">Kosch</hi> und viele Andere entfernten sich vor der Abstimmung um weder für noch gegen das Ministerium zu stimmen. Die Linke hat sich heute an der Debatte kaum betheiligt, sie spart ihre Angriffe gegen das Ministerium bis zum Aufruhrgesetz auf, welches wohl nächsten Donnerstag zur Diskussion kommen wird. — Der Herr von <hi rendition="#g">Berg</hi> hat sich mit seinem Antrage auf Tagesordnung sehr lächerlich gemacht. Er dachte seinen Antrag im Geiste wohl für angenommen und sich nach Sanssouci zur Bildung eines neuen Ministeriums berufen.</p> </div> <div xml:id="ar094_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 1 Sept.</head> <p>Sitzung der Vereinbarungversammlung.</p> <p>Abg. Behrends: In der Nacht vom 26.-27. August hat, unter Zuziehung von Konstablern und Bürgerwehr, außer andern Verhaftungen, deren Gesetzmäßigkeit oder Ungesetzlichkeit ich einstweilen unberücksichtigt lassen will, eine polizeiliche Haussuchung im Lokale des hiesigen Handwerkervereins, Johannisstraße Nr. 4, und in der Privatwohnung des Vereinsökonomen statt gefunden; es haben die Polizeibeamten sich nicht damit begnügt, das Lokal des Vereins und die Wohnung des Oekonomen zu durchsuchen, sondern haben Letztern auch genöthigt, mit nach dem eine viertel Meile vor dem Oranienburger Thore gelegenen Garten des Vereins zu gehen, und dort befindliche, ihm nicht angehörige Kisten zu eröffnen, und haben endlich den ganzen Garten durchsucht. Es hat dies Verfahren große Aufregung nicht blos unter den Mitgliedern des Vereins hervorgerufen, sondern auch in der ganzen Stadt die dem Vereine in seiner eben so besonnenen als ruhigen Haltung und seiner wohlthätigen Wirksamkeit schon lange die größte Achtung bewiesen hat. Das Ergebniß dieser Haussuchung war, daß man ungefähr 30 scharfe Patronen und mehrere Hundert Platzpatronen, welche dem Verein als einem Theil der Bürgerwehr, vom Kommando desselben als nothwendige Munition gegeben worden, mit Beschlag belegte und mit fortnahm, welche jedoch noch im Laufe des Tages zurückgestellt wurden.</p> <p>Die Behörden haben sich an den in der Habeas-Corpus-Akte von der Volksvertretung bereits ausgesprochenen Willen nicht gekehrt; sie drangen mitten in der Nacht in die Wohnung ein und vermaßten sich sogar, in das Schlafzimmer einer Wöchnerin einzudringen, um auch da ihre Untersuchungen fortzusetzen. Die unrechtmäßige Haussuchung steht nicht vereinzelt da, es haben in der letzten Zeit mehrere bei Kaufleuten statt gefunden; die Commis haben während der Abwesenheit ihrer Prinzipale, welche ihrer Pflicht als Bürgerwehrmänner nachkamen, die Pulvervorräthe hergeben müssen.</p> <p>Ich frage daher den Hrn. Minister des Innern, welche Gründe vorlagen, um ein die Heiligkeit der Wohnungen so schwer verletzendes Verfahren mitten in der Nacht zu rechtferigen, ob die Polizeibehörde sich nicht Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse habe zu Schulden kommen lassen, und welche Anordnungen der Herr Minister getroffen, um in diesem Falle die betreffenden Beamten zur Rechenschaft zu ziehen.</p> <p>Minister Kühlwetter erklärt, daß die Haussuchung auf das Gerücht einer beabsichtigten Revolution statt gefunden, um dort nach Pulvervorräthen zu forschen. Der Vorwurf, daß die Haussuchung zur Nachtzeit statt gefunden, sei darin erledigt, da die Habeas-Corpus-Akte noch kein gültiges Gesetz sei. Eine Ueberschreitung der bestehenden Gesetze habe aber nicht stattgefunden. Auch sei der Oekonom des Vereins nicht genöthigt worden nach einem entfernten Garten mitzugehen; vielmehr hat derselbe in einem mir hier vorliegenden Protokoll selbst erklärt, daß er die Beamten ersucht hätte in den Garten zu folgen. Was sonst noch in Berlin von Polizeiwegen geschehen sei, kann ich als Minister natürlich nicht Alles wissen, ich bin ja nicht die exekutive Behörde.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Behrends:</hi> Das Protokoll, wrrauf sich der Herr Minister bezogen, ist ein ungesetzliches, denn nach einer mir zugegangenen authentischen Mittheilung war kein Protokollführer bei dessen Aufnahme zugezogen worden; der das Verhör leitende Beamte fertigte vor der erfolgten Unterschrift des Oekonom erst noch eine neue Abschrift an, die er nicht vorlas. Der Herr Minister hat uns nicht gesagt von wem die Denunziation eingegangen ist. Wir wissen jetzt von welcher Seite dieselben einlaufen; anonyme Denunziationen herbeizuschaffen ist sehr leicht. Ich trage darauf an, daß der Herr Minister die sämmtlichen Akten in dieser Sache auf das Büreau des Präsidenten zur allgemeinen Einsicht niederlege.</p> <p>Minister <hi rendition="#g">Kühlwetter</hi>: Wenn sonst noch irgend eine Ungesetzlichkeit stattgefunden werde ich dieselbe zur Untersuchung bringen lassen; jedoch halte ich mich nicht für befugt, Aktenstücke einer gerichtlichen Untersuchung hier zur Einsicht vorzulegen.</p> <p>Sowohl der Berends'sche Antrag auf Niederlegung der Akten auf das Büreau, als der des Abg. Schramm auf Fortsetzung der Debatte wird verworfen.</p> <p>Abg. D'Ester über eine dringende Interpellation. Erzählt, daß nachdem der größere Landständische Ausschuß der Lausitz eine Protestation an den König gerichtet gegen die Aufhebung der Grundsteuerbefreiung etc., jetzt sogar der Graf Löben als Landschaftsältester einen Kommunallandtag der Provinz#ausitz zu Montag den 4. September zusammenberufen habe.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0474/0002]
Gottschalk aus Baden begreift nicht, wie das Ministerium zu dieser Delikatesse kommt. Ich glaube, es sucht seinen Tod. (Gelächter, ungezogene Unterbrechungen).
Meine Herren, unterbrechen Sie mich nicht. Ich habe bis jetzt noch nie vor Ihnen gesprochen, weil ich der Ansicht war, wie auch das deutsche Volk, daß man hier viel zu viel spricht, aber sehr wenig thut. (Bravo).
!!! Frankfurt. Schluß des gestrigen Berichts.
Vogt. Die Peinlichkeit der Minister in dieser Debatte zwingt mich noch einmal zu sprechen. Schmerling hat gesagt, erst seit 14 Tagen sei das Ministerium komplettirt. Aber vorher wäre ja auch schon ein Ministerium von jenen berühmten 3 Männern gebildet gewesen. Auch dies hätte in der ganzen Zeit seines Bestehens gar nichts gethan. (Sensation) Nicht einmal die Notifikationen der Bildung der Centralgewalt an die fremden Mächte geschickt, — was doch das Allerwenigste. Der jetzige Minister des Aeußern habe gesagt, die Schleswig-Holsteinische Angelegenheit laste schwer auf ihn. Das ist wahr, so schwer, daß das Ministerium wahrscheinlich darunter erliegen wird. (Aufregung.) Meine Herren der Reichsminister hat ferner gesagt, er arbeite Tag und Nacht. Das glaube ich, es frägt sich nur, wie man arbeitet. (Zischen Rechts; sehr schwaches Bravo links.)
Wernher. Verwahrt seine Anträge unnöthiger Weise gegen den Verdacht, als ob er mit Vogt übereinstimme.
Venedey (sehr sanft.) Der Reichsminister des Aeußern hat gesagt, „daß alle europäischen Großmächte gegen uns sind,“ und daraus gefolgert, „wir müssen uns so klein und bescheiden als möglich machen.“ Möge aber die Welt gegen uns (!) stehen, wir wollen handeln, (schachern) wie es unsere Pflicht ist.
Der alte Stedmann aus Koblenz beantragt, weil die Minister sich hinlänglich gerechtfertigt, motivirte Tagesordnung.
Simon von Trier. Wie soll das Ministerium sich nach Außen kräftig zeigen, wenn es im Innern keine Einheit und keine tüchtige Politik entwickeln kann. Bei solch' schwankendem Zustande ist es allerdings schwer, Männer zu finden die sich zu Gesandten hergeben. Daß übrigens ein Minister, wie Hr. Heckscher gethan, sich mit der Schwierigkeit seiner Stellung entschuldigt, finde ich wunderbar naiv.
Beckerath deklamirt auch einige Worte zur Rechtfertigung.
Man reicht noch mehrere Anträge, theils auf Vertagung theils auf motivirte Tagesordnung gerichtet, ein. Es spricht Heckscher noch einmal. Graf Schwerin noch einmal zur Unterstützung des Ministeriums. Letzterer sagt unter Anderm: Vogt scheint mir in einer Form von dieser Sache gesprochen zu haben, von der ich nicht wünschte, daß sie Sitte in diesem Hause würde. Schluß der Debatte.
Eisenmanns Antrag, über die Wernher'schen Anträge zur einfachen Tagesordnung überzugehen, wird bei Zählung mit 213 gegen 197 Stimmen verworfen.
Stedmanns Antrag „zur motivirten Tagesordnung überzugehen, weil das Ministerium hinlänglich gerechtfertigt (?)“ wird angenommen.
Schmerling antwortet auf die Interpellation des Marineausschusses wegen Errichtung eines Marinedepartements. 6 Millionen sind zu einer deutschen Kriegsmarine genehmigt, und der Minister giebt die Versicherung, daß die Nothwendigkeit eines Marinedepartements erkannt ist und dasselbe errichtet werden wird, sobald das Ministerium Capacitäten dafür gefunden.
Vogt vom Platz: Wo bleibt die Interpellation wegen der Huldigung in Oesterreich? keine Antwort. Weitere Tagesordnung:
Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung über den Antrag des Abgeordneten Dietsch von Annaberg, die Wiedereröffnung von für die Zuhörer bestimmten Räumen in der Paulskirche betreffend.
Schwarzenberg, Berichterstatter, unterstützt den Ausschußantrag. Derselbe lautet:
„Die Nationalversammlung möge beschließen, daß die auf der Gallerie befindlichen Räume dem Publikum zwar wieder geöffnet werden, das Büreau aber die erforderliche Einrichtung treffe, daß nur eine beschränktere Zahl von Zuhörern zugelassen werde und die Ordnung überall gehandhabt werden könne.“
Dietsch aus Annaberg spricht für seinen Antrag. Derselbe lautet:
„Daß die Oeffentlichkeit der Sitzungen in dem seitherig ausgedehnten Maaß auch für die Zukunft erhalten, und die für die hörer bestimmten Räume in der Paulskirchein keiner Weise eingeschränkt, oder zu andern Zwecken verwendet werden.“
Der Präsident betheiligt sich an der Debatte und rechtfertigt sich gegen einige Ausfälle von Dietsch.
Schlöffel. Aus Gründen der Gerechtigkeit und Nützlichkeit spreche ich für diese Sache Das Volk muß seine Vertreter hören und kontrolliren. Wir müssen den ärmern Theil Deutschlands, der selbst mit Verlust seiner Zeit unsern Verhandlungen rege Theilnahme widmet, freudig begrüßen. Er zahlt durch seinen Zeitverlust genügendes Entrée. Der Kartenzwang, welcher nur den Vornehmern den Eintritt ermöglicht, ist ganz unzulässig. Den Unfug auf der Damengallerie, (alle Welt sieht auf Lichnowsky) der sogar durch Karrikaturen gerügt, hat der Präsident niemals bemerkt. (Rechts: Ungezogene Unterbrechungen. Schallendes Bravo der Gallerien.) Sie machen fruchtlose Versuche mich zu unterbrechen. (Der Präsident unterbricht Schlöffel.) Der Präsident kann, wenn er will, mich zur Ordnung rufen, aber trotz alledem werde ich die Wahrheit sagen und keine Höflichkeiten. (Lautes Bravo!) Es steht schlimm um die Vertreter des Volks, wenn sie erst durch Polizeimaaßregeln geschützt werden müssen. (Rechts: Gelächter.) Schlöffel beantragt: Uneingeschränkte Zulassung aller Zuhörer.
Lichnowsky beantragt: „Die Nationalversammlung solle die am 9. August betreffs der Zuhörerräume vom Bureau getroffenen Maaßregeln gut heißen und die leer gewordenen Räume zu Baulichkeiten für die Bequemlichkeit der Abgeordneten benutzen.“
Wiesner. (Rechts: Schluß!) Weber in Wien nach Berlin sind die Zuhörer auf so brutale Weise fortgerieben worden, wie von den Vertretern des deutschen Volks.
Da heftiger Schlußruf sich vernehmen läßt, frägt der Präsident ob er die Debatte schließen soll? Der Schluß wird verworfen.
Hr. Biedermann erinnert sich freudig daran, daß er bei jener Sturmsscene in höchsteigener Person den Polizeidiener gespielt.
Blum. Spricht sehr breit und langweilig.
Die Debatte wird geschlossen.
Wiesner beantragt zum großen Verdruß der Rechten, namentliche Abstimmung, durch welche
Lichnowsky's Antrag mit 278 gegen 134 Stimmen angenommen wird.
Ein Wiesner'scher Antrag, betreffend die Unzulässigkeit aller Polizeimaaßregeln, so lange nicht die Nationalversammlung selbst solche verlangt, wird verworfen und somit ist Alles bestens abgethan.
Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr. Morgen und Snnntag keine Sitzung. Montag Fortsetzung der Grundrechte.
pp Frankfurt, 3. Sept. Der schleswig-holsteinische Krieg wird trotz des Anscheins, als sei er wenigstens für einige Zeit beendigt, fortgesetzt werden. Wie ich aus guter Quelle vernommen, hat nämlich die Centralgewalt dem abgeschlossenen Waffenstillstand ihre Genehmigung versagt, einmal, weil der preußische Unterhändler, General Below, den zu demselben Behufe von hier nach Schleswig gesandten Unterstaatssekretär Gagern bei den Verhandlungen gar nicht zugezogen, sondern ihn kurz bedeutet hat, er wolle ihm Mittheilung machen, wenn der Waffenstillstand ratifizirt sei; dann aber auch, weil in den betreffenden Bedingungen nur die Rede ist von den Entschädigungen preußischer Schiffe. Max Gagern kommt, ohne etwas ausgerichtet zu haben, hier wieder an. Darauf hat nun das Reichsministerium gestern zwei Kouriere abgeschickt, den einen an Below, den andern an Wrangel, dem die Fortsetzung des Krieges befohlen und für seine stets bewährte deutsche Gesinnung Lob und Anerkennung ausgesprochen wird.
61 Wien, 29. August. Es ist mir ein im Namen der freien Söhne der kroatisch-slavonischen Nation verfaßtes Manifest zur Hand gekommen, welches gegen das unter demselben Namen in Agram erschienene, in der „Neuen Rhein. Ztg.“ vom 22. August mitgetheilte Manifest gerichtet ist. Es wird darin unter Anderm gesagt: „Es kam uns vor Kurzem aus dem am 5. Juni zu Agram begonnenen, dann fortgesetzten und beendigten sogenannten Landtage ein Manifest zu Gesicht, welches den Ausdruck des kroatisch-slavonischen National-Willens enthalten soll. Da aber jene Kroaten und Slavonier, welche sich dabei nicht betheiligt haben, ebenfalls zur Nation gehören, so sei es ihnen erlaubt, über jenes Manifest ihre Bemerkungen zu machen.“ Nun wird gesagt, jenes Manifest sei nicht der Ausdruck des National-Willens, sondern des Willens des Banus Joseph Jellachich und einiger ihm zu Gebote stehenden Werkzeuge, weil die Nation in jener Versammlung gar nicht vertreten gewesen. Jellachich habe diese Versammlung nach eigenem Gutdünken zusammenberufen, indem er die Abgeordneten theils selber ernannt, theils durch seine Kreaturen durchgesetzt habe, um denselben nur allein seinen Willen aufdrücken zu können. Gegen diejenigen, welche sich wider solche Maßnahmen versündigen würden, habe Jellachich sodann das Standrecht eingeführt und auch die Auslegung der Versündigung sich vorbehalten. Daher sei der Reichstag von Agram nichts als eine Komödie, oder vielmehr eine Tragödie gewesen, zu welcher Jellachich die Rollen vertheilt habe, während er selber nur ein Werkzeug der reaktionären Kamarilla sei. Das Agramer Manifest trachte die Rebellion Jellachich's aus zweierlei Gesichtspunkten zu rechtfertigen, aus dem des natürlichen nämlich und aus dem des historischen Rechts. In erster Beziehung prahle Jellachich mit den Phrasen: Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit, um die Kroaten zu bethören, während er in der andern Beziehung behaupte, Ungarn habe Jahrhunderte hindurch eine Knechtung wider alle seine Nebenländer ausgeübt. — Diese Knechtung sei in zwei Theile gebracht worden, und zwar in eine hinsichtlich der Sprache, und in eine andere hinsichtlich aller übrigen Rechte. — Was nun die Sprache betreffe, so grenze es an Wahnsinn, den Ungarn einen Vorwurf zu machen, den nur die ausgesuchteste Bosheit der Wiener Kamarilla erfunden, indem die Ungarn niemals und durch kein Gesetz ihre Sprache, die ja seit 20 Jahren kaum ihre eigene Geschäftssprache geworden, irgend jemand aufgedrungen hätten. Hätten ja doch die kroatisch-slavonischen Landeskongregationen ebensowohl, wie die ungarische Nation, noch im Jahre 1805 jede andere, außer der lateinischen Sprache, durch ein vom Kaiser Franz bestätigtes Statut aus den öffentlichen Verhandlungen verpönt und später unter andern Verhältnissen die Kroaten sogar wiederholt verlangt, daß an der Agramer Dvorana (Universität) ein Lehrer der ungarischen Sprache angestellt werde. Nachdem im Jahre 1825 Graf Stephan Szochenyi im Oberhaus zuerst in ungarischer Sprache gesprochen, sei es durch ein unter Zustimmung der kroatischen Deputirten entstandenes Gesetz angeordnet worden, daß die kroatischen Deputirten noch sechs Jahre bei dem ungarischen Reichstag ungarisch sprechen sollen, eine Frist, die kurz vor dem gegenwärtigen ungarischen Reichstag in seiner zu Agram abgehaltenen Landeskongregation das kroatische Volk gar nicht einmal abwarten zu wollen erklärt habe. Der Wunsch sei nur gewesen, die heimischen Angelegenheiten in kroatischer Sprache abzuthun, allein der Kaiser-König habe das darüber beschlossene Statut im Jahre 1845 nicht bestätigen wollen, während der ungarische Reichstag jenes vergebens erflehte Recht ohne weiteres verliehen habe. Endlich sei es auf Ansuchen einer Behörde der Stadt Eszek, nach dem am 11. April 1848 erfolgten Schluß des ungarischen Reichstags von ungarischer Seite sogar noch verstattet worden, daß jede kroatische Behörde mit einer ungarischen in ihrer Muttersprache korrespondiren könne. „Jetzt mag also sicher die ganze gebildete Welt urtheilen“, sagt das Manifest, ob auch nur eine Spur einer Knechtung in der Sprache, ob irgend ein vernünftiger Grund zur Rebellion aus dieser angeblichen Knechtung vorhanden ist, und ob ihr euch im Rechte befindet, statt eure Wünsche, wenn ihr noch welche habt, durch die Deputirten im gesetzlichen Wege dem gesetzgebenden Körper zu unterbreiten, den Weg der Empörung wider Ungarn zu betreten. (Fortsetzung demnächst).
117 Wien, 29. August. Die heutige Reichstagssitzung wurde mit großen Erwartungen von Seiten des Publikums eröffnet, — der Antrag Kudlich's sollte zur Abstimmung kommen. Präsident Strobach hatte die zahllosen Amendements geordnet und zur Fragestellung zusammengestellt, allein es blieb dennoch ein parlamentarisches Monstrum, das jedem Schrecken einflößte. Kudlich stellt den Antrag, sämmtliche Amendements zu beseitigen und die Abstimmung bis dahin jedenfalls zu verschieben, ferner auch die Präsidial-Fragestellung zu vereinfachen; dieser Antrag findet zum großen Verdruß des Präsidenten Strobach, der dadurch sein Meisterwerk mit einem Schlage zernichtet sieht, Unterstützung. Eine langweilige Debatte war die Folge dieses Antrags. Was darauf erfolgt ist, weiß ich nicht, da die Debatte mich verscheuchte; ohne Zweifel aber wird man Morgen in der Vereinfachung der Fragestellung fortfahren, da einige der Herren Amendementssteller so gütig gewesen sind, ihre Zusatzbrocken zurückzuziehen. — Im Anfang der Sitzung war ein sehr weitläufiger Protest Löhner's vorgelesen worden, dem sich sehr viele, sogar reaktionäre Geister angeschlossen hatten, und in welchem die gestrige büreaukratische Parteilichkeit des Präsidenten Strobach, sowie sein Ordnungsruf Löhner's gegeißelt wurde. Wie immer folgten darauf Interpellationen. Der Abgeordnete Podlewski fragte nämlich zuerst den Kriegsminister, ob es wahr sei, daß die Offiziere in Galizien sich durch Katzenmusiken und laute Erklärungen gegen die Konstitution ausgesprochen und gesagt hätten, sie würden mit Hülfe Radetzky's der Wiener Wirthschaft bald ein Ende machen? Latour will untersuchen lassen, ist aber entrüstet, daß man der k. k. Armee einen solchen Vorwurf mache. Schuselka frägt den Minister Wessenberg, warum Oesterreich sich in öffentlichen Akten eine Dänemark befreundete Macht nenne? Wessenberg gibt eine nichtssagende Antwort.
61 Wien, 29. August. In der gestrigen Versammlung des demokratischen Vereins wurde darüber berathen, ob der Verein zum Sturze des Ministers Schwarzer, oder vielmehr zum Sturze des ganzen Ministeriums Doblhoff, beim Kaiser oder Reichstag Schritte thun solle. Herr Julius Fröbel und Herr Marx waren als Gäste zugegen und betheiligten sich beide von verschiedenen Standpunkten aus an der Debatte. — Herr Julius Fröbel war der Ansicht, der Verein müsse sich deßhalb an den Kaiser wenden, während Herr Marx behauptete, das demokratische Prinzip befinde sich im Reichstag. Niemand wundert sich hier, daß die Berliner „theoretischen“ sogenannten Demokraten sich praktisch mit den Fürsten zu „vereinbaren“ suchen.
61 Wien, 30. Aug. Nach der heutigen „Presse“ ist der Minister-Präsident Batthyany nebst dem Justizminister Deák hier angekommen, um die hiesige Regierung in den ungarisch-kroatischen Wirren um Beistand anzugehen. Das Ministerium dürfte jedenfalls dadurch in Verlegenheit gerathen, allein es wird ihm an Ausflüchten doch schwerlich fehlen können.
61 Wien, 30. August. Reichstag. Nach langem debattiren, wie man die feudalistischen Amendements-Monstra los werde, hatte man gestern die Verhandlung vertagt, um eine Vereinbarung zu versuchen. In der heutigen Sitzung wurde dieselbe vorgelegt.
Die Vereinbarung war durch eine Kommission geschehen, welche die Amendementssteller am Nachmittage zusammenberufen hatte, um sie dahin zu bewegen, ihre Sonderanträge in einen Antrag aufgehen zu lassen. Zuerst jedoch bestieg Kudlich die Tribüne und ließ die Versammlung folgendes Diktando schreiben:
1. Soll die Unterthänigkeit (nexus sub tutela) und alle dieselbe betreffenden Gesetze aufgehoben werden?
Ein Abgeordneter (unterbrechend): Keine verkehrten Wörter, nichts Lateinisches, wir sind Deutsche!
Kudlich: 2. Sollen alle Roboten und jeder Zehent, so wie überhaupt alle aus dem Unterthäninkeitsverbande, dem Obereigenthume, der Dorf und Schutzobrigkeit, aus dem Bergrechte, aus dem Hofteirechte, dem bäuerlichen Lehnsverbande entsprungenen oder ihnen ähnliche Natural-, Geld- und Arbeitsleistungen und Lasten des Haus- und Grundbesitzes einschließlich aller Besitzveränderungsgebühren von nun an aufhören?
3. Soll für alle diese aufgehobenen Lasten gar keine Entschädigung geleistet werden?
4. Soll es einer Kommission überlassen werden, vorzuschlagen, für welche dieser Lasten eine Entschädigung zu leisten sei?
5. Soll für die nicht auf Privatverträgen beruhenden Lasten die Entschädigung vom Staate geleistet werden?
6. Sollen für diese Kommission aus jedem Gouvernement drei Mitglieder des Reichstags gewählt werden?
7. Ist darüber eine Proklamation zu erlassen?
Der Antrag wird unterstützt.
Lasser diktirt den Antrag der Kommission:
1. Soll die Unterthänigkeit und das schutzobrigkeitliche Verhältniß und alle diese Verhältnisse normirenden Gesetze aufgehoben werden?
2, Ist Grund und Boden zu entlasten, und werden alle Unterschiede zwischen Dominikal- und Rustikalgründen aufgehoben werden? u. s. w., folgen noch 7 bis 8 Nummern mit einem See von Unternummern, worauf ein großer Theil der Amendementssteller seine Anträge zurückzieht und dann auch dieser sehr konfuße Redaktionsantrag unterstützt wird.
Hierauf entspinnt sich eine allgemeine außerordentlich langweilige Diskussion über den Vorzug unter beiden Anträgen, deren Resultat in diesem Augenblick noch nicht erfolgt ist.
Wien, 29. Aug. Als einen Beweis, wie sehr das gegenwärtige Ministerium an Popularität verloren hat, führen wir die Thatsache an, daß unter den Wahlmännern der Bezirke, in welchen die Herren Minister Bach und Schwarzer gewählt wurden, Unterschriften für Adressen gesammelt werden, die ein förmliches Mißtrauensvotum gegen dieselben enthalten. Die Adressen sollen bereits mit zahlreichen Unterschriften bedeckt sein. (Gradaus.)
* Iserlohn. Der Redaktion ist ein Schreiben aus Iserlohn zugegangen, wonach der Name des Hrn. J. Dunker in dem in dieser Zeitung veröffentlichten Briefe an Freiligrath gemißbraucht worden ist. Herr Dunker hatte diesen Brief nicht geschrieben. Damit aber dies liebliche Aktenstück nicht ohne Herrn bleibe, hat sich bereits ein Ritter gefunden, der den hingeworfenen Handschuh vertreten will. Einer unsrer Kölner Mitbürger stellt uns nämlich Folgendes zu:
Dem Hauptmann und Chef der Bürgerwehr in Iserlohn.
Die gerechteste Anerkennung seines offenen Briefs an den lumpigen Freiligrath.
Möge die hohe Staatsbehörde jenem Frevler, — der es gewagt hat, durch seine Aufwiegelung in Düsseldorf, die Gemüther gegen unseren allverehrten König zu hetzen, resp. durch seine Schmähgedichte (Die Todten an die Lebenden) in Mißstimmung zu bringen, die strengste Strafe auferlegen, falls diese gerechte Bestrafung unterbleibt, so schließe ich mich mit vielen hiesigen Bürgern dem Biedermanne Dunker aus Iserlohn an, von dem alterthümlichen Faustrechte Gebrauch zu machen.
Köln, den 31. August 1848.
Wilh. Steckemesser.
103 Berlin, 2. Sept. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. Tagesordnung: Berathung des Berichts der Centralabtheilung über den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Steuer vom Rübenzucker und Branntwein.
Die Central-Abtheilung zur Berathung dieses Gesetzes hat die beiden Artikel desselben, von denen der erst die Rübenzucker-Steuer, der zweite die Branntwein-Steuer, betrifft, wegen der Verschiedenheit der betreffenden Fabrikationszweige und der dabei zur Frage kommenden Besteuerungsaufsätze als zwei besondere Gegenstände behandeln zu müssen geglaubt und legt deshalb für beide besondere Berichte vor.
Der Abgeordnete Schneider verliest den Bericht über die Rübenzucker-Steuer. Nach langer nichtssagender Debatte kommt man endlich zur Abstimmung. Es wird namentlich Abstimmung verlangt und hinreichend unterstützt.
Der Gesetzes-Artikel, wie er vom Ministerium vorgeschlagen lautet:
„Die Steuer von dem im Inlande aus Rüben erzeugten Rohzucker, wird nach Maaßgabe der provisorischen Verordnung vom 18. Juni d. J. vom 1. September d. J an, zwei Thaler für den Zoll-Centner betragen und mit 3 Sgr. von jedem Zoll-Zenter der zur Zuckerbereitung bestimmten rohen Rüben, erhoben werden. —“
Mit 195 gegen 131 Stimmen angenommen. —
Ein Amendement des Abg. Unruh, daß die Steuerhöhung erst am 1. September 1849 eintreten möge; dessen Annahme der Finanzminister als eine Verwerfung des ganzen Gesetzes gleich zu achten erklärt hatte, wird mit 175 gegen 136 Stimmen verworfen. —
Nach einem achtstündigen Kampfe ist das Ministerium endlich siegreich aus diesem Gefechte hervorgegangen. Das Ministerium hatte alle Mittel angewendet um die verschiedenen Parteien für seine Ansicht zu gewinnen. Für das Centrum war keine genügende Veranlassung um in dieser bloßen Geldfrage gegen das Ministerium zu stimmen, und die Mitglieder dieser Partei, wie Kosch und viele Andere entfernten sich vor der Abstimmung um weder für noch gegen das Ministerium zu stimmen. Die Linke hat sich heute an der Debatte kaum betheiligt, sie spart ihre Angriffe gegen das Ministerium bis zum Aufruhrgesetz auf, welches wohl nächsten Donnerstag zur Diskussion kommen wird. — Der Herr von Berg hat sich mit seinem Antrage auf Tagesordnung sehr lächerlich gemacht. Er dachte seinen Antrag im Geiste wohl für angenommen und sich nach Sanssouci zur Bildung eines neuen Ministeriums berufen.
103 Berlin, 1 Sept. Sitzung der Vereinbarungversammlung.
Abg. Behrends: In der Nacht vom 26.-27. August hat, unter Zuziehung von Konstablern und Bürgerwehr, außer andern Verhaftungen, deren Gesetzmäßigkeit oder Ungesetzlichkeit ich einstweilen unberücksichtigt lassen will, eine polizeiliche Haussuchung im Lokale des hiesigen Handwerkervereins, Johannisstraße Nr. 4, und in der Privatwohnung des Vereinsökonomen statt gefunden; es haben die Polizeibeamten sich nicht damit begnügt, das Lokal des Vereins und die Wohnung des Oekonomen zu durchsuchen, sondern haben Letztern auch genöthigt, mit nach dem eine viertel Meile vor dem Oranienburger Thore gelegenen Garten des Vereins zu gehen, und dort befindliche, ihm nicht angehörige Kisten zu eröffnen, und haben endlich den ganzen Garten durchsucht. Es hat dies Verfahren große Aufregung nicht blos unter den Mitgliedern des Vereins hervorgerufen, sondern auch in der ganzen Stadt die dem Vereine in seiner eben so besonnenen als ruhigen Haltung und seiner wohlthätigen Wirksamkeit schon lange die größte Achtung bewiesen hat. Das Ergebniß dieser Haussuchung war, daß man ungefähr 30 scharfe Patronen und mehrere Hundert Platzpatronen, welche dem Verein als einem Theil der Bürgerwehr, vom Kommando desselben als nothwendige Munition gegeben worden, mit Beschlag belegte und mit fortnahm, welche jedoch noch im Laufe des Tages zurückgestellt wurden.
Die Behörden haben sich an den in der Habeas-Corpus-Akte von der Volksvertretung bereits ausgesprochenen Willen nicht gekehrt; sie drangen mitten in der Nacht in die Wohnung ein und vermaßten sich sogar, in das Schlafzimmer einer Wöchnerin einzudringen, um auch da ihre Untersuchungen fortzusetzen. Die unrechtmäßige Haussuchung steht nicht vereinzelt da, es haben in der letzten Zeit mehrere bei Kaufleuten statt gefunden; die Commis haben während der Abwesenheit ihrer Prinzipale, welche ihrer Pflicht als Bürgerwehrmänner nachkamen, die Pulvervorräthe hergeben müssen.
Ich frage daher den Hrn. Minister des Innern, welche Gründe vorlagen, um ein die Heiligkeit der Wohnungen so schwer verletzendes Verfahren mitten in der Nacht zu rechtferigen, ob die Polizeibehörde sich nicht Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse habe zu Schulden kommen lassen, und welche Anordnungen der Herr Minister getroffen, um in diesem Falle die betreffenden Beamten zur Rechenschaft zu ziehen.
Minister Kühlwetter erklärt, daß die Haussuchung auf das Gerücht einer beabsichtigten Revolution statt gefunden, um dort nach Pulvervorräthen zu forschen. Der Vorwurf, daß die Haussuchung zur Nachtzeit statt gefunden, sei darin erledigt, da die Habeas-Corpus-Akte noch kein gültiges Gesetz sei. Eine Ueberschreitung der bestehenden Gesetze habe aber nicht stattgefunden. Auch sei der Oekonom des Vereins nicht genöthigt worden nach einem entfernten Garten mitzugehen; vielmehr hat derselbe in einem mir hier vorliegenden Protokoll selbst erklärt, daß er die Beamten ersucht hätte in den Garten zu folgen. Was sonst noch in Berlin von Polizeiwegen geschehen sei, kann ich als Minister natürlich nicht Alles wissen, ich bin ja nicht die exekutive Behörde.
Abg. Behrends: Das Protokoll, wrrauf sich der Herr Minister bezogen, ist ein ungesetzliches, denn nach einer mir zugegangenen authentischen Mittheilung war kein Protokollführer bei dessen Aufnahme zugezogen worden; der das Verhör leitende Beamte fertigte vor der erfolgten Unterschrift des Oekonom erst noch eine neue Abschrift an, die er nicht vorlas. Der Herr Minister hat uns nicht gesagt von wem die Denunziation eingegangen ist. Wir wissen jetzt von welcher Seite dieselben einlaufen; anonyme Denunziationen herbeizuschaffen ist sehr leicht. Ich trage darauf an, daß der Herr Minister die sämmtlichen Akten in dieser Sache auf das Büreau des Präsidenten zur allgemeinen Einsicht niederlege.
Minister Kühlwetter: Wenn sonst noch irgend eine Ungesetzlichkeit stattgefunden werde ich dieselbe zur Untersuchung bringen lassen; jedoch halte ich mich nicht für befugt, Aktenstücke einer gerichtlichen Untersuchung hier zur Einsicht vorzulegen.
Sowohl der Berends'sche Antrag auf Niederlegung der Akten auf das Büreau, als der des Abg. Schramm auf Fortsetzung der Debatte wird verworfen.
Abg. D'Ester über eine dringende Interpellation. Erzählt, daß nachdem der größere Landständische Ausschuß der Lausitz eine Protestation an den König gerichtet gegen die Aufhebung der Grundsteuerbefreiung etc., jetzt sogar der Graf Löben als Landschaftsältester einen Kommunallandtag der Provinz#ausitz zu Montag den 4. September zusammenberufen habe.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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