Neue Rheinische Zeitung. Nr. 91. Köln, 1. September 1848.auszusprechen u. s. w. Sie sehen, wie weit es dies demokratisch genannte Weltgeist-Ministerium in der politischen Heuchelei schon gebracht hat. Der Sicherheitsausschuß war ihm unbequem geworden und es gab daher dem Drängen der Kamarilla nach oder unterstützte heimlich gar deren Wühlerei. Es wird später wohl noch die dringendsten Gründe haben, ein rührendes Bedauern auszusprechen, wenn die akademische Legion an die Auflösungsreihe kommt, doch wird sein erkaufter Verrath nur die Jämmerlichkeit seines eigenen Sturzes vergrößern. Dobblhof unterzeichnet auch schon wieder mit M. P. (manu propria) wie der alte Büreaukraten-Absolutismus. Damit Sie die Verhältnisse genau erkennen, füge ich zu dem Bemerkten noch eine von dem Gemeindeausschusse "An die Bevölkerung Wiens" gerichtete Ansprache, welche nicht nur der Abschiedserklärung des Sicherheitsausschusses entgegentritt, sondern auch dem Ministerium, welches diesem Gemeindeausschusse noch zu demokratisch erscheint, einen Seitenhieb versetzt. Dieselbe lautet "Seit einigen Tagen werden die schändlichsten Lügen über die Wirksamkeit des Gemeindeausschusses der Stadt Wien offenbar in der Absicht, die Massen gegen denselben aufzuregen und seine Thäthigkeit zu lähmen, im Publikum verbreitet. Der Gemeindeausschuß fühlt sich der Bevölkerung Wiens gegenüber verpflichtet, diesen verläumderischen Angriffen auf das Entschiedenste entgegenzutreten, und glaubt dieselben durch eine einfache Darstellung der letzten Ereignisse am bündigsten widerlegen zu können. Ein Ministerialdekret vom 18. d. M. an das Arbeiter-Komite des vereinigten Ausschusses hatte die Ausscheidung der bei den Nothstandsbauten bis dahin verwendeten, untauglichen Personen und die Herabsetzung der Löhne, vom 21. August angefangen, verfügt. Eine Abschrift dieses Dekretes wurde dem Gemeindeausschusse, am 19. d. M. um die Mittagsstunde, ausdrücklich nur zur Kenntnißnahme mitgetheilt und über angestellte Nachfrage erfuhr man vom Stadtunterkammeramte, daß die Verständigung der Arbeiter auf mehren Arbeitsstätten durch die verschiedenen Bauinspizienten bereits einige Stunden früher von Seite eines Mitglieds des Arbeiter-Komites eingeleitet worden war (?). -- (Dies ist, wie ich Ihnen sofort geschrieben. eine Lüge.) Diese Kundmachung erfolgte ohne Störung, und auch am 20. Sonntags fanden keinerlei beunruhigende Konflikte statt. Erst Montags den 21. erschien um 9 Uhr eine Schar aufgeregter Arbeiter vor dem Bureau des Arbeiter-Komites des vereinigten Ausschusses im vormaligen Liguorianerkloster mit Ungestüm gegen die angeordnete Herabsetzung ihres Taglohns Einspruch erhebend. (Ungestüm und Aufregung waren ganz natürlich, weil Ischariot Schwarzer seinen Befehl den Arbeitern erst am Montag gerade da kund machen ließ, als sie eben zur Arbeit gekommen waren.) Auf die hierüber bei dem Ministerium gestellte Anfrage erfolgte die Weisung, daß von der Herabsetzung der Löhne nicht abgegangen werden könne und daß die Tumultuanten (?) nöthigenfalls mit Nachdruck zerstreut werden müßten. Inzwischen war der freundliche Zuspruch vieler Mitglieder des Gemeindeausschusses (?) und des Arbeiter-Komites, es war das Einschreiten (?) der Sicherheitswache fruchtlos geblieben und die endlich (?) in Anspruch genommenen Abtheilungen der Nationalgarde wurden, da sie von ihrer Waffe keinen Gebrauch machten (?), von der immer wachsenden Menge zurückgedrängt, verhöhnt, ja mit Steinen geworfen. (?) Noch schlimmer erging es der vor den Garden aufgestellten Sicherheitswache, bis eine kleine Anzahl berittener Munizipalgarden bei steigendem Andrange die Haufen zerstreute, ohne daß dabei irgend eine bedeutende Verletzung vorgekommen wäre. Der 22. verlief in anscheinender Ruhe; am 23. aber, als das hohe Ministerium sich nicht bewogen fand, von der angeordneten Herabsetzung der Löhne abzugehen, nahm die Aufregung neuerdings einen bedenklichen Charakter an und gegen Mittag wurde gemeldet, daß mehre Individuen der Sicherheitswache auf ihren Posten im Prater von Arbeitern angefallen (?) und schwer mißhandelt worden. Um nun allfälligen weiteren Exzessen Einhalt zu thun, wurde nach erstatteter Anzeige an den Ministerrath die Nationalgarde aufgeboten, und in Folge dessen von Seite des Oberkommandos eine Abtheilung derselben in den Prater und in die Leopoldsstadt beordert, um die von dorther drohenden Bewegungen niederzuhalten. Der bedauerliche Zusammenstoß (!?), der daselbst Nachmittags stattfand, ist bekannt, es muß aber auch hier den lügenhaften Ausstreuungen (?), welche man namentlich über das Verhalten der Sicherheitswache bei dieser Gelegenheit verbreitet hat, entgegen getreten werden u. s. w. Aus dieser sachgetreuen Darstellung wird jeder unbefangene Beurtheiler zu der Ueberzeugung gelangen, daß nur die böswilligste Entstellung (?) dem Gemeindeausschusse eine Schuld an den traurigen Vorgängen des 21. und 23. August beimesse. Dessenungeachtet ist eine Partei, (der Sicherheitsausschuß u. s. w. ?), welcher jeder besonnene Bürger ein Dorn im Auge (!?), jeder Freund der gesetzlichen Freiheit ein Gräuel ist, unablässig bemüht, die Masse der Arbeiter zu blindem Hasse gegen den Gemeindeausschuß aufzureizen, und das Vertrauen, welches dieser bei jedem Einsichtsvollen genießt, unter der leichtgläubigen durch fortgesetzte Wühlereien aufgeregten Menge zu untergraben. Jenen schmählichen Verläumdungen gegenüber finden es die Mitglieder des Gemeindeausschusses mit ihrer Ehre unverträglich, länger, als es die Zusammensetzung einer neuen Gemeindevertretung nach einer auf der breitesten Grundlage ruhenden Wahlordnung erheischen wird, einen Posten zu behaupten, auf welchem sie mit Erfolg zu wirken unter solchen Umständen nicht hoffen können" u. s. w. -- Also doch noch immer mehr Ehrgefühl und Entschlossenheit als Hr. Krausnik und magistratische Kompagnie in Berlin! -- Damit Sie sich aber einen Begriff von der eigentlichen Tendenz dieses Gemeindeausschusses machen können, will ich nur erwähnen, daß derselbe in einer Sitzung, welcher ich vor etwa 14 Tagen beigewohnt habe, während einer Stunde darüber zu debattiren sich nicht entblödete, ob die Passirscheine, ein bekanntes Polizei-Paß-Institut Sedlnitzky's, noch ferner beibehalten werden sollen. Der demokratische Verein hat heute eine Deputation zum Ministerium beordert, die dessen sofortige Auflösung verlangt, ohne daß es ihm einmal erlaubt bleibe, eine neue Wahlordnung, die doch nichts taugen würde, ins Leben zu rufen. Die Sitzung des Reichstags war heute gegen Ende sehr stürmisch; ich werde nächstens darüber berichten. Morgen und am Montag findet keine Sitzung statt. 15 Berlin, 29. Aug. Die alte, schöne Zeit kehrt wieder; die Linden, die in der letzten Zeit so plebejisch geworden, werden wieder ehrlich gemacht; von heute ab wird sie nicht mehr ausschließlich von frechen Proletariern, sondern auch von heldenkühnen Gardeoffizieren durchwandelt. Kranzler, der berühmte Konditor, wird sein in den Märztagen abgenommenen Schild, worauf mit goldenen Buchstaben der "Hoflieferant Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen" prangte, wieder aufstellen, und den heißblütigen Lieutenants seine kühlenden Eisbaisers und Panaches präsentiren. O, es wird eine herrliche Zeit! Heute Mittag 12 Uhr ist, von einem Theil der Bürgerwehr festlich eingeholt, das Gardejäger-Bataillon von Potsdam hier eingerückt. Hat man denn mit 12,000 Mann Soldaten, 1600 Konstablern, 30,000 Mann Bürgerwehr noch nicht genug für die "Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe" gesorgt? Aber der tägliche Anblick der bewaffneten Bürgerkanaille, wie sehr sie auch vom "guten" Geiste durchdrungen ist, will doch unserm Hofe noch nicht recht behagen; es erinnert noch zu sehr an den fatalen Märzkravall. Als Veranlassung zu diesem erfreulichen Besuch gab Herr Rimpler, Kommandeur der Bürgerwehr, an, daß die hiesigen Kasernen und Lazarethe durch Krankheiten (die Cholera) zu sehr gelichtet wären, und daß es deshalb nach einem Erlasse des Kriegsministers eines Ersatzes dafür bedürfte! Den guten Polen hat der Kaiser Nikolaus durch den Fürsten Paskiewitsch in Warschau wieder ein schönes Schauspiel aufführen lassen. Vier Einwohner der Stadt Warschau: Johann Marchand, Konstantin Ralinowski, Kasimir Bazylski und Felix Fijalkowski (sämmtlich Schneider) hatten, als die russische Grenzsperre im März d. J. nicht verhindern konnte, daß die Nachrichten von den damaligen Ereignissen in Frankreich und Deutschland auch nach Polen drangen, sich über diese Bewegungen unterhalten, und auf die Mittel gesonnen, einen ähnlichen Aufstand auch in Warschau hervorzurufen. Sie theilten diesen Entschluß mehreren Soldaten mit, und weihten dieselben in den von ihnen gefaßten Plan ein. Die Soldaten verriethen jedoch das ganze Unternehmen mit sammt den Urhebern dem Fürsten Paskiewitsch. Die armen Schneider-Verschwörer wurden nun vor das Kriegsgericht gestellt, und am 7. August Johann Marchand, der am meisten Betheiligte, zu zweimaligem, die Uebrigen zu einmaligem Spießruthenlaufen vor 500 Mann verurtheilt. Natürlich war damit die Strafe noch nicht abgemacht. Vielmehr sind alle Vier nach Sibirien geschickt worden, wo Jeder in zehnjährigen schweren Festungsarbeiten seine Unthat bereuen soll. Die Strafe des Spießruthenlaufens ist an den Sündern am 22. August, Morgens 8 Uhr, auf dem Waffenplatz in Warschau vollzogen worden. 103 Berlin, 29. Aug. Die heutige Abstimmung über das Berends'sche Amendement zum §. 44 des Bürgerwehrgesetzes hat in der Stadt großen Jubel hervorgerufen. Die Linke ist von diesem unverhofften Resultat ganz verblüfft und kann sich die Abstimmung des rechten Centrums nicht anders erklären, als daß diese unschuldigen Leute nicht wußten, warum es sich eigentlich handelt. Der Abgeordnete Dr. Elsner aus Breslau hat eine Petition von 400 schlesischen Bauerngutsbesitzern erhalten, welche im Gegensatz zu den 200 Rittergutsbesitzern, die hier ein Grundbesitzer-Parlament gebildet haben, zu einem Verein zusammengetreten sind, welcher für die gleichmäßige Vertheilung der Grundsteuer und Abschaffung aller Feudallasten wirken soll. In dieser, an die Vereinbarungsversammlung gerichteten Petition, setzen sie ihre Verhältnisse zu den Dominialbesitzern auseinander, und dringen auf sofortige Sistirung der aufzuhebenden Leistungen. Der Fall des Ministeriums ist vielleicht näher als man erwarten sollte. Es wird eine förmliche Koalition der Linken mit der Fraktion, welche bisher im Hotel Petersburg ihre Sitzung hielt, stattfinden. Man spricht davon, daß sich die Parteien heute Abend vereinigen und ein gemeinschaftliches Oppositionsprogramm annehmen werden. Dies Mal wird es Herrn Hansemann nicht gelingen, sich durch einen "kühnen Griff" das Finanzministerium zu erhalten, denn die Aristokratie erwartet mit Sehnsucht den Augenblick seiner ersten Niederlage, um alle ihre Batterien gegen ihn in Potsdam spielen zu lassen. -- Es wird sich auch diesmal kein Mitglied der Opposition dazu verstehen, mit Hansemann zusammen in ein neues Ministerium zu treten. Außer großen Attrouppements, die allabendlich unter den Linden sich zusammenfinden, die gestern Abend sogar durch einige Schüsse -- man weiß nicht, ob aus den Reihen der Bürgerwehr, welche es öffentlich in Abrede stellte, oder ob aus dem Volke selbst -- in Aufregung gesetzt wurden, ist nichts Erwähnenswerthes vorgefallen. 35 Berlin, 29. Aug. Endlich ist uns eine wichtige Nachricht aus Schleswig-Holstein zugekommen. Der Waffenstillstand ist in nächste Aussicht gestellt. Gestern Abend langte General v. Below hier an und überbrachte der Regierung die Bedingungen desselben. Die wichtigsten hiervon sind folgende: Es bleiben 2000 Mann preußischer Truppen in Schleswig-Holstein, die preußischen Schiffe werden herausgegeben, die Blokade der Häfen wird aufgehoben, eine Anzahl Dampfschiffe liegt bereit, um die Befehle dazu sofort an alle betreffenden Häfen zu bringen, sobald die Ratifikation des Waffenstillstandes erfolgt ist. Dies muß bis spätestens Sonnabend geschehen sein. Der Waffenstillstand aber soll 7 Monate dauern, bis zum Monat April. Unsere Regierung ist bereit, auf diese Bedingungen einzugehen. Auf der hiesigen Börse sind auf die Kunde von diesen Nachrichten, die Course bedeutend gestiegen. Der gestrige Abend verlief wiederum nicht ohne lebhafte Auftritte. Das Verfahren der Polizei gegen den Handwerkerverein, die Verhaftung der Demokraten, die Abstimmungen über das Bürgerwehrgesetz, alles dies hatte die schon herrschende Erbitterung unserer Stadt genährt. Es versammelte sich eine große Menschenmasse vor dem Opernhause; ein Unbekannter bestieg die Rampe, forderte die Menge auf, die Verhafteten zu befreien. "Zu den Waffen! zu den Waffen!" schrie Alles. Da rückte die Bürgerwehr heran und plötzlich fiel ein Schuß auf dieselbe. Alles stob auseinander; der Urheber des Schusses, ein junger Maler, wie man erzählt, ward verhaftet, und die verworrensten Gerüchte wurden erzählt. Doch legte sich allmählig die Aufregung, so daß gegen 11 Uhr wieder das gewöhnliche Treiben herrschte. Während dies in der Stadt vorging, befand sich ein großer Theil (s. unten) unserer jungen Demokraten und Demokratinnen im Hofjäger, wo Herr Märker wieder ein großes Volksconcert veranstaltet hatte. Das Concert war aber weder ein großes noch ein Volksconcert. Es hatten sich wenig Zuhörer (s. oben) eingefunden. Die Musiker verliefen sich nach und nach, und die Jugend amüsirte sich auf Berliner Art, mit unharmonischem Gesang etc. Unsere Konstabler haben jetzt ein neues Oberhaupt bekommen. Der erste, Keiser, ward abgesetzt, weil die Lokomotive die Instruktionen der Schutzmannschaft veröffentlichte, welche nach der Erklärung der Regierung, nicht offiziell waren. Der neue Befehlshaber, Herr Heitz, trat sein Amt an mit einer salbungsvollen Ansprache an das Volk von Berlin, in der er das Institut der Schutzmänner "die warnende Stimme des Gesetzes" nannte und die Berliner Bürger um Schutz und Unterstützung anflehte. Uebrigens kann diese warnende Stimme nicht nur grob, sondern auch fein sein, wenn sie will. So begegnete ich Sonntag Nachmittag einem Konstabler in Bürgerkleidung, einem guten, bornirten Menschen. Als ich fragte, wo er hin wollte, antwortete er treuherzig: "Ich soll nach den Zelten gehen und sehen was dort passirt!" 103 Berlin, 29. August. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. Nach Verlesung des Protokolls hält der Präsident Grabow einen längern Vortrag über die Nothwendigkeit, daß die Versammlung ihr jetziges Sitzungslokal in der Singakademie verläßt und dafür den Konzertsaal des Königlichen Schauspielhauses mit den daran stoßenden Räumen baldigst beziehe. Die Versammlung beschließt ohne weitere Debatte, daß diese Aenderung ihres Sitzungssaales sobald die nothwendigen Einrichtungen getroffen sein würden, Statt finden sollte. Abg. v. Brodowski stellt einen schleunigen Antrag vor der Tagesordnung. "Die hohe Versammlung wolle beschließen, daß die Staats-Schuldenverwaltung durch den Herrn Finanzminister aufgefordert werde, diejenigen Erinnerungen und Zweifel, welche die bisherige ständtsche Staats-Schulden-Deputation bei ihrer Wirksamkeit in den ersten Tagen des Monat März d. J. gegen die besagte Verwaltung aufgestellt hat, zu beantworten, resp. zu beleuchten; um demgemäß diese Beantwortung nebst Abschrift der protokollarischen Verhandlungen der gedachten Staats-Schulden-Deputation, der gegenwärtigen Versammlung zur Prüfung und weitern Veranlassung vorzulegen." Der Antrag wird von der Majorität als dringend anerkannt und von dem Antragsteller ausführlich motivirt. Finanzminister Hansemann erklärt, daß, da die Versammlung bereits eine Kommission zur Untersuchung der Staatsschulden und des Staatsschatzes ernannt habe, welche auch bereits damit umgehe, das zu thun, was der Antragsteller beantragt, so soll man den Bericht der Kommission über diesen Gegenstand abwarten. Abg. v Brodowski: Wenn der Herr Finanzminister verspricht, vollkommen ausreichende Antwort auf die Erinnerungen und Zweifel der Kommission zu geben, so bin ich damit einverstanden. Finanzminister Hansemann: Wenn die Kommission mit den Erläuterungen, die sie vom Ministerium erhalten wird, nicht zufrieden ist, so kann sie sich bei der Versammlung beschweren. Auf Vorschlag des Präsidenten Grabow wird der Antrag an die Finanz-Kommission uberwiesen. Abg. Jonas (Geh. Reg.-Rath) hat eine schleunige Interpellation an das Justizministerium eingebracht, dahin lautend: "ob dasselbe bereit sei, eine den veränderten öffentlichen Zuständen entsprechende Vorlage über die Bestrafung der politischen Verbrechen und Vergehen in möglichst kurzer Frist einzubringen." Diese Interpellation wird sehr stark unterstützt und als dringend anerkannt, worauf der Interpellant seinen Antrag begründet. Justizminister Märker: Der Herr Redner wünscht eine Aenderung der materiellen Gesetzgebung in Betreff politischer Verbrechen und Vergehen, es ist indessen auch eine Aenderung der formellen Gesetzgebung nothwendig, nämlich die Einführung von Geschwornengerichten. Ein Gesetzentwurf über Geschwornengerichte ist auch bereits im Ministerium ausgearbeitet und wird nächstens im gesammten Staatsministerium zur Berathung kommen und sodann der Versammlung vorgelegt werden. Durch die Einführung von Geschwornen wird die Auslegung der Strafgesetze bei politischen Vergehen eine andere werden, was schon eine Beruhigung gewähren kann. Uebrigens seien die Strafgesetze für politische Vergehen, namentlich die §§. 151 u. folg. Tit. II. des Allg. Landrechts einer gänzlichen Umarbeitung bedürftig. Es bleibe jedoch höchst bedenklich, einzelne Theile aus dem Strafgesetzbuche herauszureißen. Trotzdem bin ich jedoch nicht abgeneigt, zur Beseitigung der §§. 151 u. folg. und derjenigen über Schmähschriften einen Gesetzentwurf einzubringen. Dies wäre sogar schon geschehen, wenn nicht der transitorische Preßgesetzentwurf eine gleiche Beseitigung ausgesprochen hätte. Der Präsident Grabow fordert hierauf den Vorsitzenden der Verfassungs-Kommission, Abg. Waldeck auf, da eben des transitorischen Preßgesetzes Erwähnung geschehen, über den Stand der Berathung Bericht zu erstatten. Abg. Waldeck: Die Verfassungs-Kommission hatte beschlossen, ein provisorisches Preßgesetz zu entwerfen, war aber bald zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Einrichtung der Geschwornengerichte mit einem neuen Preßgesetze Hand in Hand gehen müsse, da das Preßgesetz sonst seinem Zweck nicht entsprechen könne. Der desfallsige Gesetzentwurf ist von der niedergesetzten Kommission seit 8 Tagen beendet, seit einigen Tagen bereits gedruckt und an die Mitglieder der Verfassungskommission vertheilt worden, welche morgen eine Sitzung zu dessen Berathung hält. Die Versammlung geht hierauf zur fernern Berathung des Bürgerwehrgesetzes über. Abschnitt I. Berechtigung und Verpflichtung zum Dienste. §. 8. Jeder Preuße nach vollendetem 24. und vor zurückgelegtem 50. Lebensjahre ist, vorbehaltlich der unverkürzten Erfüllung der Militairpflicht, zum Dienste in der Bürgerwehr derjenigen Gemeinden berechtigt und verpflichtet, in welcher er seit wenigstens einem Jahre sich aufgehalten hat. Auf Antrag des Abgeordneten Unruh wird noch folgender Zusatz zu §. 8 aufgenommen: "Derjenige, welcher bereits in seinem frühern Wohnorte Mitglied der Bürgerwehr war, ist bei seiner Uebersiedelung nach einem andern Ort, zum sofortigen Eintritt in die dasige Bürgerwehr nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet." §. 9. Der Dienst in der Bürgerwehr ist unvereinbar mit dem Amte eines Verwaltungschefs des Regierungsbezirks oder Kreises, Bürgermeisters, eines exekutiven Sicherheitsbeamten, Beamten der Staatsanwaltschaft, Gerichtspräsidenten oder Direktors, Untersuchungsrichters, Einzelrichters, Ortsschulzen oder eines jeden andern Vorstehers einer Gemeinde, einer im aktiven Dienste befindlichen Militairperson, eines Vorstehers und Gefangenwärters in einer Gefangenen-Anstalt. §. 10. Zum Dienste sind nicht verpflichtet: 1. Minister, 2. Geistliche, 3. Gränz-, Zoll-, Steuer-, Forstschutz- und Postbeamte, 4. Eisenbahnbeamte, 5. Lootsen. Abg. Kosch hat das Amendement gestellt, auch die Aerzte von der Dienstpflicht auszunehmen, was er in einer längern Rede zu motiviren sucht. Das Amendement wird jedoch verworfen. Ein anderes Amendement, welches auch die Apotheker von der Wehrpflicht entbinden will, wird vor der Abstimmung zurückgenommen. Zu §. 11 wird vom Abg. Behnsch folgendes Zusatz-Amendement gestellt: "Die Weigerung das §. 7 vorgesehene feierliche Gelöbniß abzulegen, entbindet weder von der Bürgerwehrpflicht noch ist sie ein Grund zum Ausschluß." Die Amendement giebt zu einer lebhaften Debatte Veranlassung. Der Justiz-Minister erklärt: die Regierung müsse sich gegen dasselbe erklären. Durch die Annahme des Behnschen Amendement würde § 7. der nach langer Debatte angenommen sei, wieder aufgehoben werden. Auch erhalte man durch dessen Annahme zwei Arten von Bürgerwehr: solche, welche erklärten ihre Pflicht erfüllen zu wollen und solche, welche dies nicht erklärten. Das Amendement wird verworfen. §. 11. Ausgeschlossen von der Bürgerwehr sind diejenigen, welche sich in Folge rechtskräftiger richterlicher Erkenntnisse nicht im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte befinden. Abschnitt II. Stammlisten der Bürgerwehrpflichtigen. §. 12. In jeder Gemeinde wird eine Stammliste aller derjenigen angelegt, welche in Gemäßheit der §. §. 8 bis 11. zur Bürgerwehr heranzuziehen sind. Ueber §. 13. erhebt sich eine längere Debatte. Abg. Ludwig stellt folgende Amendements: a) statt der Worte: wird von dem Gemeinde-Vorsteher gefertigt -- wird von dem Gemeinde-Vorstande gefertigt; und Ein Abgeordneter wollte noch einen Zusatz zwischen den zweiten und dritten Satz des Paragraphen haben, welcher lautet: "bezweckt die angebrachte Bemerkung gegen die Stammliste die Ausschließung eines Dritten, so muß solche demselben binnen 48 Stunden mitgetheilt werden;" wird aber nicht angenommen. Nach längerer Debatte und nachdem sich auch der Justizminister für das Amendement Ludwig ausgesprochen, wird dasselbe mit großer Majorität angenommen, und der Paragraph lautet: § 13. Die Stammliste wird von dem Gemeindevorstande gefertigt; sie wird jedes Jahr erneuert und vom 1. bis 15. Dezember zu Jedermanns Einsicht auf dem Sekretariate der Gemeinde offen gelegt. Jedes Mitglied kann bis zum 20. Dezember einschließlich seine Bemerkungen gegen die Stammliste bei dem Gemeindevorstande anbringen. In der Zeit vom 21. bis 31. Dezember wird die Stammliste von der Gemeindevertretung revidirt und mit Rücksicht auf die eingegangenen Bemerkungen oder von Amtswegen berichtigt und festgestellt. Die festgestellte Liste wird vom 1. bis 15. Jan. auf dem Sekretariate der Gemeinde offen gelegt. Gegen die Feststellung geht die Berufung an die Kreisverwaltung, welche darüber endgültig entscheidet. Hierauf werden der Abschnitt III. Dienstvergehen der Bürgerwehrpflichtigen §§ 14-21; Abschnitt IV. Von der Pflicht, den Dienst der Bürgerwehr in Person zu leisten, und Befreiungen von der Dienstleistung, §§ 22-26; und Abschnitt V. Bildung der Bürgerwehr, §§ 27-43 ohne Abänderung, ganz nach dem Entwurf der Centralabtheilung angenommen. Der folgende Abschnitt über die Wahl und Ernennung der Vorgesetzten ruft gleich beim § 44 eine lebhafte Debatte hervor, es handelt sich dabei um das Prinzip der directen oder indirekten Wahl. Der Entwurf der Centralabtheilung lautet: § 44. Die Anführer der Bürgerwehr bis zum Hauptmann hinauf einschließlich, werden von allen Bürgerwehrmännern der Dienstwehrliste gewählt. Abgeordneter Kehl stellt folgendes Amendement: "Die Anführer bis zum Major hinauf einschließlich, werden von allen Bürgerwehrmännern der Dienstwehrliste gewählt." Abg. Berends stellt folgendes Amendement: die Worte: "bis zum Hauptmann hinauf einschließlich," auszulassen. Beide Amendements finden starke Unterstützung. Abg. Kehl: Ich bin für direkte Wahlen in allen Fällen, wo dieselben, wie in diesem Falle, durch die Zahl der Wähler und durch die Lokalverhältnisse ausführbar sind. Das Vertrauen des Bataillons muß der Major noth- auszusprechen u. s. w. Sie sehen, wie weit es dies demokratisch genannte Weltgeist-Ministerium in der politischen Heuchelei schon gebracht hat. Der Sicherheitsausschuß war ihm unbequem geworden und es gab daher dem Drängen der Kamarilla nach oder unterstützte heimlich gar deren Wühlerei. Es wird später wohl noch die dringendsten Gründe haben, ein rührendes Bedauern auszusprechen, wenn die akademische Legion an die Auflösungsreihe kommt, doch wird sein erkaufter Verrath nur die Jämmerlichkeit seines eigenen Sturzes vergrößern. Dobblhof unterzeichnet auch schon wieder mit M. P. (manu propria) wie der alte Büreaukraten-Absolutismus. Damit Sie die Verhältnisse genau erkennen, füge ich zu dem Bemerkten noch eine von dem Gemeindeausschusse „An die Bevölkerung Wiens“ gerichtete Ansprache, welche nicht nur der Abschiedserklärung des Sicherheitsausschusses entgegentritt, sondern auch dem Ministerium, welches diesem Gemeindeausschusse noch zu demokratisch erscheint, einen Seitenhieb versetzt. Dieselbe lautet „Seit einigen Tagen werden die schändlichsten Lügen über die Wirksamkeit des Gemeindeausschusses der Stadt Wien offenbar in der Absicht, die Massen gegen denselben aufzuregen und seine Thäthigkeit zu lähmen, im Publikum verbreitet. Der Gemeindeausschuß fühlt sich der Bevölkerung Wiens gegenüber verpflichtet, diesen verläumderischen Angriffen auf das Entschiedenste entgegenzutreten, und glaubt dieselben durch eine einfache Darstellung der letzten Ereignisse am bündigsten widerlegen zu können. Ein Ministerialdekret vom 18. d. M. an das Arbeiter-Komite des vereinigten Ausschusses hatte die Ausscheidung der bei den Nothstandsbauten bis dahin verwendeten, untauglichen Personen und die Herabsetzung der Löhne, vom 21. August angefangen, verfügt. Eine Abschrift dieses Dekretes wurde dem Gemeindeausschusse, am 19. d. M. um die Mittagsstunde, ausdrücklich nur zur Kenntnißnahme mitgetheilt und über angestellte Nachfrage erfuhr man vom Stadtunterkammeramte, daß die Verständigung der Arbeiter auf mehren Arbeitsstätten durch die verschiedenen Bauinspizienten bereits einige Stunden früher von Seite eines Mitglieds des Arbeiter-Komites eingeleitet worden war (?). — (Dies ist, wie ich Ihnen sofort geschrieben. eine Lüge.) Diese Kundmachung erfolgte ohne Störung, und auch am 20. Sonntags fanden keinerlei beunruhigende Konflikte statt. Erst Montags den 21. erschien um 9 Uhr eine Schar aufgeregter Arbeiter vor dem Bureau des Arbeiter-Komites des vereinigten Ausschusses im vormaligen Liguorianerkloster mit Ungestüm gegen die angeordnete Herabsetzung ihres Taglohns Einspruch erhebend. (Ungestüm und Aufregung waren ganz natürlich, weil Ischariot Schwarzer seinen Befehl den Arbeitern erst am Montag gerade da kund machen ließ, als sie eben zur Arbeit gekommen waren.) Auf die hierüber bei dem Ministerium gestellte Anfrage erfolgte die Weisung, daß von der Herabsetzung der Löhne nicht abgegangen werden könne und daß die Tumultuanten (?) nöthigenfalls mit Nachdruck zerstreut werden müßten. Inzwischen war der freundliche Zuspruch vieler Mitglieder des Gemeindeausschusses (?) und des Arbeiter-Komites, es war das Einschreiten (?) der Sicherheitswache fruchtlos geblieben und die endlich (?) in Anspruch genommenen Abtheilungen der Nationalgarde wurden, da sie von ihrer Waffe keinen Gebrauch machten (?), von der immer wachsenden Menge zurückgedrängt, verhöhnt, ja mit Steinen geworfen. (?) Noch schlimmer erging es der vor den Garden aufgestellten Sicherheitswache, bis eine kleine Anzahl berittener Munizipalgarden bei steigendem Andrange die Haufen zerstreute, ohne daß dabei irgend eine bedeutende Verletzung vorgekommen wäre. Der 22. verlief in anscheinender Ruhe; am 23. aber, als das hohe Ministerium sich nicht bewogen fand, von der angeordneten Herabsetzung der Löhne abzugehen, nahm die Aufregung neuerdings einen bedenklichen Charakter an und gegen Mittag wurde gemeldet, daß mehre Individuen der Sicherheitswache auf ihren Posten im Prater von Arbeitern angefallen (?) und schwer mißhandelt worden. Um nun allfälligen weiteren Exzessen Einhalt zu thun, wurde nach erstatteter Anzeige an den Ministerrath die Nationalgarde aufgeboten, und in Folge dessen von Seite des Oberkommandos eine Abtheilung derselben in den Prater und in die Leopoldsstadt beordert, um die von dorther drohenden Bewegungen niederzuhalten. Der bedauerliche Zusammenstoß (!?), der daselbst Nachmittags stattfand, ist bekannt, es muß aber auch hier den lügenhaften Ausstreuungen (?), welche man namentlich über das Verhalten der Sicherheitswache bei dieser Gelegenheit verbreitet hat, entgegen getreten werden u. s. w. Aus dieser sachgetreuen Darstellung wird jeder unbefangene Beurtheiler zu der Ueberzeugung gelangen, daß nur die böswilligste Entstellung (?) dem Gemeindeausschusse eine Schuld an den traurigen Vorgängen des 21. und 23. August beimesse. Dessenungeachtet ist eine Partei, (der Sicherheitsausschuß u. s. w. ?), welcher jeder besonnene Bürger ein Dorn im Auge (!?), jeder Freund der gesetzlichen Freiheit ein Gräuel ist, unablässig bemüht, die Masse der Arbeiter zu blindem Hasse gegen den Gemeindeausschuß aufzureizen, und das Vertrauen, welches dieser bei jedem Einsichtsvollen genießt, unter der leichtgläubigen durch fortgesetzte Wühlereien aufgeregten Menge zu untergraben. Jenen schmählichen Verläumdungen gegenüber finden es die Mitglieder des Gemeindeausschusses mit ihrer Ehre unverträglich, länger, als es die Zusammensetzung einer neuen Gemeindevertretung nach einer auf der breitesten Grundlage ruhenden Wahlordnung erheischen wird, einen Posten zu behaupten, auf welchem sie mit Erfolg zu wirken unter solchen Umständen nicht hoffen können“ u. s. w. — Also doch noch immer mehr Ehrgefühl und Entschlossenheit als Hr. Krausnik und magistratische Kompagnie in Berlin! — Damit Sie sich aber einen Begriff von der eigentlichen Tendenz dieses Gemeindeausschusses machen können, will ich nur erwähnen, daß derselbe in einer Sitzung, welcher ich vor etwa 14 Tagen beigewohnt habe, während einer Stunde darüber zu debattiren sich nicht entblödete, ob die Passirscheine, ein bekanntes Polizei-Paß-Institut Sedlnitzky's, noch ferner beibehalten werden sollen. Der demokratische Verein hat heute eine Deputation zum Ministerium beordert, die dessen sofortige Auflösung verlangt, ohne daß es ihm einmal erlaubt bleibe, eine neue Wahlordnung, die doch nichts taugen würde, ins Leben zu rufen. Die Sitzung des Reichstags war heute gegen Ende sehr stürmisch; ich werde nächstens darüber berichten. Morgen und am Montag findet keine Sitzung statt. 15 Berlin, 29. Aug. Die alte, schöne Zeit kehrt wieder; die Linden, die in der letzten Zeit so plebejisch geworden, werden wieder ehrlich gemacht; von heute ab wird sie nicht mehr ausschließlich von frechen Proletariern, sondern auch von heldenkühnen Gardeoffizieren durchwandelt. Kranzler, der berühmte Konditor, wird sein in den Märztagen abgenommenen Schild, worauf mit goldenen Buchstaben der „Hoflieferant Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen“ prangte, wieder aufstellen, und den heißblütigen Lieutenants seine kühlenden Eisbaisers und Panachés präsentiren. O, es wird eine herrliche Zeit! Heute Mittag 12 Uhr ist, von einem Theil der Bürgerwehr festlich eingeholt, das Gardejäger-Bataillon von Potsdam hier eingerückt. Hat man denn mit 12,000 Mann Soldaten, 1600 Konstablern, 30,000 Mann Bürgerwehr noch nicht genug für die „Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe“ gesorgt? Aber der tägliche Anblick der bewaffneten Bürgerkanaille, wie sehr sie auch vom „guten“ Geiste durchdrungen ist, will doch unserm Hofe noch nicht recht behagen; es erinnert noch zu sehr an den fatalen Märzkravall. Als Veranlassung zu diesem erfreulichen Besuch gab Herr Rimpler, Kommandeur der Bürgerwehr, an, daß die hiesigen Kasernen und Lazarethe durch Krankheiten (die Cholera) zu sehr gelichtet wären, und daß es deshalb nach einem Erlasse des Kriegsministers eines Ersatzes dafür bedürfte! Den guten Polen hat der Kaiser Nikolaus durch den Fürsten Paskiewitsch in Warschau wieder ein schönes Schauspiel aufführen lassen. Vier Einwohner der Stadt Warschau: Johann Marchand, Konstantin Ralinowski, Kasimir Bazylski und Felix Fijalkowski (sämmtlich Schneider) hatten, als die russische Grenzsperre im März d. J. nicht verhindern konnte, daß die Nachrichten von den damaligen Ereignissen in Frankreich und Deutschland auch nach Polen drangen, sich über diese Bewegungen unterhalten, und auf die Mittel gesonnen, einen ähnlichen Aufstand auch in Warschau hervorzurufen. Sie theilten diesen Entschluß mehreren Soldaten mit, und weihten dieselben in den von ihnen gefaßten Plan ein. Die Soldaten verriethen jedoch das ganze Unternehmen mit sammt den Urhebern dem Fürsten Paskiewitsch. Die armen Schneider-Verschwörer wurden nun vor das Kriegsgericht gestellt, und am 7. August Johann Marchand, der am meisten Betheiligte, zu zweimaligem, die Uebrigen zu einmaligem Spießruthenlaufen vor 500 Mann verurtheilt. Natürlich war damit die Strafe noch nicht abgemacht. Vielmehr sind alle Vier nach Sibirien geschickt worden, wo Jeder in zehnjährigen schweren Festungsarbeiten seine Unthat bereuen soll. Die Strafe des Spießruthenlaufens ist an den Sündern am 22. August, Morgens 8 Uhr, auf dem Waffenplatz in Warschau vollzogen worden. 103 Berlin, 29. Aug. Die heutige Abstimmung über das Berends'sche Amendement zum §. 44 des Bürgerwehrgesetzes hat in der Stadt großen Jubel hervorgerufen. Die Linke ist von diesem unverhofften Resultat ganz verblüfft und kann sich die Abstimmung des rechten Centrums nicht anders erklären, als daß diese unschuldigen Leute nicht wußten, warum es sich eigentlich handelt. Der Abgeordnete Dr. Elsner aus Breslau hat eine Petition von 400 schlesischen Bauerngutsbesitzern erhalten, welche im Gegensatz zu den 200 Rittergutsbesitzern, die hier ein Grundbesitzer-Parlament gebildet haben, zu einem Verein zusammengetreten sind, welcher für die gleichmäßige Vertheilung der Grundsteuer und Abschaffung aller Feudallasten wirken soll. In dieser, an die Vereinbarungsversammlung gerichteten Petition, setzen sie ihre Verhältnisse zu den Dominialbesitzern auseinander, und dringen auf sofortige Sistirung der aufzuhebenden Leistungen. Der Fall des Ministeriums ist vielleicht näher als man erwarten sollte. Es wird eine förmliche Koalition der Linken mit der Fraktion, welche bisher im Hotel Petersburg ihre Sitzung hielt, stattfinden. Man spricht davon, daß sich die Parteien heute Abend vereinigen und ein gemeinschaftliches Oppositionsprogramm annehmen werden. Dies Mal wird es Herrn Hansemann nicht gelingen, sich durch einen „kühnen Griff“ das Finanzministerium zu erhalten, denn die Aristokratie erwartet mit Sehnsucht den Augenblick seiner ersten Niederlage, um alle ihre Batterien gegen ihn in Potsdam spielen zu lassen. — Es wird sich auch diesmal kein Mitglied der Opposition dazu verstehen, mit Hansemann zusammen in ein neues Ministerium zu treten. Außer großen Attrouppements, die allabendlich unter den Linden sich zusammenfinden, die gestern Abend sogar durch einige Schüsse — man weiß nicht, ob aus den Reihen der Bürgerwehr, welche es öffentlich in Abrede stellte, oder ob aus dem Volke selbst — in Aufregung gesetzt wurden, ist nichts Erwähnenswerthes vorgefallen. 35 Berlin, 29. Aug. Endlich ist uns eine wichtige Nachricht aus Schleswig-Holstein zugekommen. Der Waffenstillstand ist in nächste Aussicht gestellt. Gestern Abend langte General v. Below hier an und überbrachte der Regierung die Bedingungen desselben. Die wichtigsten hiervon sind folgende: Es bleiben 2000 Mann preußischer Truppen in Schleswig-Holstein, die preußischen Schiffe werden herausgegeben, die Blokade der Häfen wird aufgehoben, eine Anzahl Dampfschiffe liegt bereit, um die Befehle dazu sofort an alle betreffenden Häfen zu bringen, sobald die Ratifikation des Waffenstillstandes erfolgt ist. Dies muß bis spätestens Sonnabend geschehen sein. Der Waffenstillstand aber soll 7 Monate dauern, bis zum Monat April. Unsere Regierung ist bereit, auf diese Bedingungen einzugehen. Auf der hiesigen Börse sind auf die Kunde von diesen Nachrichten, die Course bedeutend gestiegen. Der gestrige Abend verlief wiederum nicht ohne lebhafte Auftritte. Das Verfahren der Polizei gegen den Handwerkerverein, die Verhaftung der Demokraten, die Abstimmungen über das Bürgerwehrgesetz, alles dies hatte die schon herrschende Erbitterung unserer Stadt genährt. Es versammelte sich eine große Menschenmasse vor dem Opernhause; ein Unbekannter bestieg die Rampe, forderte die Menge auf, die Verhafteten zu befreien. „Zu den Waffen! zu den Waffen!“ schrie Alles. Da rückte die Bürgerwehr heran und plötzlich fiel ein Schuß auf dieselbe. Alles stob auseinander; der Urheber des Schusses, ein junger Maler, wie man erzählt, ward verhaftet, und die verworrensten Gerüchte wurden erzählt. Doch legte sich allmählig die Aufregung, so daß gegen 11 Uhr wieder das gewöhnliche Treiben herrschte. Während dies in der Stadt vorging, befand sich ein großer Theil (s. unten) unserer jungen Demokraten und Demokratinnen im Hofjäger, wo Herr Märker wieder ein großes Volksconcert veranstaltet hatte. Das Concert war aber weder ein großes noch ein Volksconcert. Es hatten sich wenig Zuhörer (s. oben) eingefunden. Die Musiker verliefen sich nach und nach, und die Jugend amüsirte sich auf Berliner Art, mit unharmonischem Gesang etc. Unsere Konstabler haben jetzt ein neues Oberhaupt bekommen. Der erste, Keiser, ward abgesetzt, weil die Lokomotive die Instruktionen der Schutzmannschaft veröffentlichte, welche nach der Erklärung der Regierung, nicht offiziell waren. Der neue Befehlshaber, Herr Heitz, trat sein Amt an mit einer salbungsvollen Ansprache an das Volk von Berlin, in der er das Institut der Schutzmänner „die warnende Stimme des Gesetzes“ nannte und die Berliner Bürger um Schutz und Unterstützung anflehte. Uebrigens kann diese warnende Stimme nicht nur grob, sondern auch fein sein, wenn sie will. So begegnete ich Sonntag Nachmittag einem Konstabler in Bürgerkleidung, einem guten, bornirten Menschen. Als ich fragte, wo er hin wollte, antwortete er treuherzig: „Ich soll nach den Zelten gehen und sehen was dort passirt!“ 103 Berlin, 29. August. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. Nach Verlesung des Protokolls hält der Präsident Grabow einen längern Vortrag über die Nothwendigkeit, daß die Versammlung ihr jetziges Sitzungslokal in der Singakademie verläßt und dafür den Konzertsaal des Königlichen Schauspielhauses mit den daran stoßenden Räumen baldigst beziehe. Die Versammlung beschließt ohne weitere Debatte, daß diese Aenderung ihres Sitzungssaales sobald die nothwendigen Einrichtungen getroffen sein würden, Statt finden sollte. Abg. v. Brodowski stellt einen schleunigen Antrag vor der Tagesordnung. „Die hohe Versammlung wolle beschließen, daß die Staats-Schuldenverwaltung durch den Herrn Finanzminister aufgefordert werde, diejenigen Erinnerungen und Zweifel, welche die bisherige ständtsche Staats-Schulden-Deputation bei ihrer Wirksamkeit in den ersten Tagen des Monat März d. J. gegen die besagte Verwaltung aufgestellt hat, zu beantworten, resp. zu beleuchten; um demgemäß diese Beantwortung nebst Abschrift der protokollarischen Verhandlungen der gedachten Staats-Schulden-Deputation, der gegenwärtigen Versammlung zur Prüfung und weitern Veranlassung vorzulegen.“ Der Antrag wird von der Majorität als dringend anerkannt und von dem Antragsteller ausführlich motivirt. Finanzminister Hansemann erklärt, daß, da die Versammlung bereits eine Kommission zur Untersuchung der Staatsschulden und des Staatsschatzes ernannt habe, welche auch bereits damit umgehe, das zu thun, was der Antragsteller beantragt, so soll man den Bericht der Kommission über diesen Gegenstand abwarten. Abg. v Brodowski: Wenn der Herr Finanzminister verspricht, vollkommen ausreichende Antwort auf die Erinnerungen und Zweifel der Kommission zu geben, so bin ich damit einverstanden. Finanzminister Hansemann: Wenn die Kommission mit den Erläuterungen, die sie vom Ministerium erhalten wird, nicht zufrieden ist, so kann sie sich bei der Versammlung beschweren. Auf Vorschlag des Präsidenten Grabow wird der Antrag an die Finanz-Kommission uberwiesen. Abg. Jonas (Geh. Reg.-Rath) hat eine schleunige Interpellation an das Justizministerium eingebracht, dahin lautend: „ob dasselbe bereit sei, eine den veränderten öffentlichen Zuständen entsprechende Vorlage über die Bestrafung der politischen Verbrechen und Vergehen in möglichst kurzer Frist einzubringen.“ Diese Interpellation wird sehr stark unterstützt und als dringend anerkannt, worauf der Interpellant seinen Antrag begründet. Justizminister Märker: Der Herr Redner wünscht eine Aenderung der materiellen Gesetzgebung in Betreff politischer Verbrechen und Vergehen, es ist indessen auch eine Aenderung der formellen Gesetzgebung nothwendig, nämlich die Einführung von Geschwornengerichten. Ein Gesetzentwurf über Geschwornengerichte ist auch bereits im Ministerium ausgearbeitet und wird nächstens im gesammten Staatsministerium zur Berathung kommen und sodann der Versammlung vorgelegt werden. Durch die Einführung von Geschwornen wird die Auslegung der Strafgesetze bei politischen Vergehen eine andere werden, was schon eine Beruhigung gewähren kann. Uebrigens seien die Strafgesetze für politische Vergehen, namentlich die §§. 151 u. folg. Tit. II. des Allg. Landrechts einer gänzlichen Umarbeitung bedürftig. Es bleibe jedoch höchst bedenklich, einzelne Theile aus dem Strafgesetzbuche herauszureißen. Trotzdem bin ich jedoch nicht abgeneigt, zur Beseitigung der §§. 151 u. folg. und derjenigen über Schmähschriften einen Gesetzentwurf einzubringen. Dies wäre sogar schon geschehen, wenn nicht der transitorische Preßgesetzentwurf eine gleiche Beseitigung ausgesprochen hätte. Der Präsident Grabow fordert hierauf den Vorsitzenden der Verfassungs-Kommission, Abg. Waldeck auf, da eben des transitorischen Preßgesetzes Erwähnung geschehen, über den Stand der Berathung Bericht zu erstatten. Abg. Waldeck: Die Verfassungs-Kommission hatte beschlossen, ein provisorisches Preßgesetz zu entwerfen, war aber bald zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Einrichtung der Geschwornengerichte mit einem neuen Preßgesetze Hand in Hand gehen müsse, da das Preßgesetz sonst seinem Zweck nicht entsprechen könne. Der desfallsige Gesetzentwurf ist von der niedergesetzten Kommission seit 8 Tagen beendet, seit einigen Tagen bereits gedruckt und an die Mitglieder der Verfassungskommission vertheilt worden, welche morgen eine Sitzung zu dessen Berathung hält. Die Versammlung geht hierauf zur fernern Berathung des Bürgerwehrgesetzes über. Abschnitt I. Berechtigung und Verpflichtung zum Dienste. §. 8. Jeder Preuße nach vollendetem 24. und vor zurückgelegtem 50. Lebensjahre ist, vorbehaltlich der unverkürzten Erfüllung der Militairpflicht, zum Dienste in der Bürgerwehr derjenigen Gemeinden berechtigt und verpflichtet, in welcher er seit wenigstens einem Jahre sich aufgehalten hat. Auf Antrag des Abgeordneten Unruh wird noch folgender Zusatz zu §. 8 aufgenommen: „Derjenige, welcher bereits in seinem frühern Wohnorte Mitglied der Bürgerwehr war, ist bei seiner Uebersiedelung nach einem andern Ort, zum sofortigen Eintritt in die dasige Bürgerwehr nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.“ §. 9. Der Dienst in der Bürgerwehr ist unvereinbar mit dem Amte eines Verwaltungschefs des Regierungsbezirks oder Kreises, Bürgermeisters, eines exekutiven Sicherheitsbeamten, Beamten der Staatsanwaltschaft, Gerichtspräsidenten oder Direktors, Untersuchungsrichters, Einzelrichters, Ortsschulzen oder eines jeden andern Vorstehers einer Gemeinde, einer im aktiven Dienste befindlichen Militairperson, eines Vorstehers und Gefangenwärters in einer Gefangenen-Anstalt. §. 10. Zum Dienste sind nicht verpflichtet: 1. Minister, 2. Geistliche, 3. Gränz-, Zoll-, Steuer-, Forstschutz- und Postbeamte, 4. Eisenbahnbeamte, 5. Lootsen. Abg. Kosch hat das Amendement gestellt, auch die Aerzte von der Dienstpflicht auszunehmen, was er in einer längern Rede zu motiviren sucht. Das Amendement wird jedoch verworfen. Ein anderes Amendement, welches auch die Apotheker von der Wehrpflicht entbinden will, wird vor der Abstimmung zurückgenommen. Zu §. 11 wird vom Abg. Behnsch folgendes Zusatz-Amendement gestellt: „Die Weigerung das §. 7 vorgesehene feierliche Gelöbniß abzulegen, entbindet weder von der Bürgerwehrpflicht noch ist sie ein Grund zum Ausschluß.“ Die Amendement giebt zu einer lebhaften Debatte Veranlassung. Der Justiz-Minister erklärt: die Regierung müsse sich gegen dasselbe erklären. Durch die Annahme des Behnschen Amendement würde § 7. der nach langer Debatte angenommen sei, wieder aufgehoben werden. Auch erhalte man durch dessen Annahme zwei Arten von Bürgerwehr: solche, welche erklärten ihre Pflicht erfüllen zu wollen und solche, welche dies nicht erklärten. Das Amendement wird verworfen. §. 11. Ausgeschlossen von der Bürgerwehr sind diejenigen, welche sich in Folge rechtskräftiger richterlicher Erkenntnisse nicht im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte befinden. Abschnitt II. Stammlisten der Bürgerwehrpflichtigen. §. 12. In jeder Gemeinde wird eine Stammliste aller derjenigen angelegt, welche in Gemäßheit der §. §. 8 bis 11. zur Bürgerwehr heranzuziehen sind. Ueber §. 13. erhebt sich eine längere Debatte. Abg. Ludwig stellt folgende Amendements: a) statt der Worte: wird von dem Gemeinde-Vorsteher gefertigt — wird von dem Gemeinde-Vorstande gefertigt; und Ein Abgeordneter wollte noch einen Zusatz zwischen den zweiten und dritten Satz des Paragraphen haben, welcher lautet: „bezweckt die angebrachte Bemerkung gegen die Stammliste die Ausschließung eines Dritten, so muß solche demselben binnen 48 Stunden mitgetheilt werden;“ wird aber nicht angenommen. Nach längerer Debatte und nachdem sich auch der Justizminister für das Amendement Ludwig ausgesprochen, wird dasselbe mit großer Majorität angenommen, und der Paragraph lautet: § 13. Die Stammliste wird von dem Gemeindevorstande gefertigt; sie wird jedes Jahr erneuert und vom 1. bis 15. Dezember zu Jedermanns Einsicht auf dem Sekretariate der Gemeinde offen gelegt. Jedes Mitglied kann bis zum 20. Dezember einschließlich seine Bemerkungen gegen die Stammliste bei dem Gemeindevorstande anbringen. In der Zeit vom 21. bis 31. Dezember wird die Stammliste von der Gemeindevertretung revidirt und mit Rücksicht auf die eingegangenen Bemerkungen oder von Amtswegen berichtigt und festgestellt. Die festgestellte Liste wird vom 1. bis 15. Jan. auf dem Sekretariate der Gemeinde offen gelegt. Gegen die Feststellung geht die Berufung an die Kreisverwaltung, welche darüber endgültig entscheidet. Hierauf werden der Abschnitt III. Dienstvergehen der Bürgerwehrpflichtigen §§ 14-21; Abschnitt IV. Von der Pflicht, den Dienst der Bürgerwehr in Person zu leisten, und Befreiungen von der Dienstleistung, §§ 22-26; und Abschnitt V. Bildung der Bürgerwehr, §§ 27-43 ohne Abänderung, ganz nach dem Entwurf der Centralabtheilung angenommen. Der folgende Abschnitt über die Wahl und Ernennung der Vorgesetzten ruft gleich beim § 44 eine lebhafte Debatte hervor, es handelt sich dabei um das Prinzip der directen oder indirekten Wahl. Der Entwurf der Centralabtheilung lautet: § 44. Die Anführer der Bürgerwehr bis zum Hauptmann hinauf einschließlich, werden von allen Bürgerwehrmännern der Dienstwehrliste gewählt. Abgeordneter Kehl stellt folgendes Amendement: „Die Anführer bis zum Major hinauf einschließlich, werden von allen Bürgerwehrmännern der Dienstwehrliste gewählt.“ Abg. Berends stellt folgendes Amendement: die Worte: „bis zum Hauptmann hinauf einschließlich,“ auszulassen. Beide Amendements finden starke Unterstützung. Abg. Kehl: Ich bin für direkte Wahlen in allen Fällen, wo dieselben, wie in diesem Falle, durch die Zahl der Wähler und durch die Lokalverhältnisse ausführbar sind. Das Vertrauen des Bataillons muß der Major noth- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar091_004" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="0460"/> auszusprechen u. s. w. Sie sehen, wie weit es dies demokratisch genannte Weltgeist-Ministerium in der politischen Heuchelei schon gebracht hat. Der Sicherheitsausschuß war ihm unbequem geworden und es gab daher dem Drängen der Kamarilla nach oder unterstützte heimlich gar deren Wühlerei. Es wird später wohl noch die dringendsten Gründe haben, ein rührendes Bedauern auszusprechen, wenn die akademische Legion an die Auflösungsreihe kommt, doch wird sein erkaufter Verrath nur die Jämmerlichkeit seines eigenen Sturzes vergrößern. Dobblhof unterzeichnet auch schon wieder mit M. P. (manu propria) wie der alte Büreaukraten-Absolutismus.</p> <p>Damit Sie die Verhältnisse genau erkennen, füge ich zu dem Bemerkten noch eine von dem Gemeindeausschusse „An die Bevölkerung Wiens“ gerichtete Ansprache, welche nicht nur der Abschiedserklärung des Sicherheitsausschusses entgegentritt, sondern auch dem Ministerium, welches diesem Gemeindeausschusse noch zu demokratisch erscheint, einen Seitenhieb versetzt. Dieselbe lautet „Seit einigen Tagen werden die schändlichsten Lügen über die Wirksamkeit des Gemeindeausschusses der Stadt Wien offenbar in der Absicht, die Massen gegen denselben aufzuregen und seine Thäthigkeit zu lähmen, im Publikum verbreitet.</p> <p>Der Gemeindeausschuß fühlt sich der Bevölkerung Wiens gegenüber verpflichtet, diesen verläumderischen Angriffen auf das Entschiedenste entgegenzutreten, und glaubt dieselben durch eine einfache Darstellung der letzten Ereignisse am bündigsten widerlegen zu können.</p> <p>Ein <hi rendition="#g">Ministerialdekret</hi> vom 18. d. M. an das <hi rendition="#g">Arbeiter-Komite des vereinigten Ausschusses</hi> hatte die Ausscheidung der bei den Nothstandsbauten bis dahin verwendeten, untauglichen Personen und die Herabsetzung der Löhne, vom 21. August angefangen, verfügt. Eine Abschrift dieses Dekretes wurde dem Gemeindeausschusse, am 19. d. M. um die Mittagsstunde, ausdrücklich <hi rendition="#g">nur zur Kenntnißnahme</hi> mitgetheilt und über angestellte Nachfrage erfuhr man vom Stadtunterkammeramte, daß die <hi rendition="#g">Verständigung der Arbeiter</hi> auf mehren Arbeitsstätten durch die verschiedenen Bauinspizienten bereits einige Stunden früher von Seite eines Mitglieds des Arbeiter-Komites <hi rendition="#g">eingeleitet worden war</hi> (?). — (Dies ist, wie ich Ihnen sofort geschrieben. eine Lüge.)</p> <p>Diese Kundmachung erfolgte ohne Störung, und auch am 20. Sonntags fanden keinerlei beunruhigende Konflikte statt.</p> <p>Erst Montags den 21. erschien um 9 Uhr eine Schar aufgeregter Arbeiter vor dem Bureau des Arbeiter-Komites des vereinigten Ausschusses im vormaligen Liguorianerkloster mit Ungestüm gegen die angeordnete Herabsetzung ihres Taglohns Einspruch erhebend. (Ungestüm und Aufregung waren ganz natürlich, weil Ischariot Schwarzer seinen Befehl den Arbeitern erst am Montag gerade da kund machen ließ, als sie eben zur Arbeit gekommen waren.)</p> <p>Auf die hierüber bei dem Ministerium gestellte Anfrage erfolgte die Weisung, daß von der Herabsetzung der Löhne nicht abgegangen werden könne und daß die Tumultuanten (?) nöthigenfalls mit Nachdruck zerstreut werden müßten. Inzwischen war der freundliche Zuspruch vieler Mitglieder des Gemeindeausschusses (?) und des Arbeiter-Komites, es war das Einschreiten (?) der Sicherheitswache fruchtlos geblieben und die endlich (?) in Anspruch genommenen Abtheilungen der Nationalgarde wurden, da sie von ihrer Waffe keinen Gebrauch machten (?), von der immer wachsenden Menge zurückgedrängt, verhöhnt, ja mit Steinen geworfen. (?) Noch schlimmer erging es der vor den Garden aufgestellten Sicherheitswache, bis eine kleine Anzahl berittener Munizipalgarden bei steigendem Andrange die Haufen zerstreute, ohne daß dabei irgend eine bedeutende Verletzung vorgekommen wäre.</p> <p>Der 22. verlief in anscheinender Ruhe; am 23. aber, als das hohe Ministerium sich nicht bewogen fand, von der angeordneten Herabsetzung der Löhne abzugehen, nahm die Aufregung neuerdings einen bedenklichen Charakter an und gegen Mittag wurde gemeldet, daß mehre Individuen der Sicherheitswache auf ihren Posten im Prater von Arbeitern angefallen (?) und schwer mißhandelt worden. Um nun allfälligen weiteren Exzessen Einhalt zu thun, wurde nach erstatteter Anzeige an den Ministerrath die Nationalgarde aufgeboten, und in Folge dessen von Seite des Oberkommandos eine Abtheilung derselben in den Prater und in die Leopoldsstadt beordert, um die von dorther drohenden Bewegungen niederzuhalten.</p> <p>Der bedauerliche Zusammenstoß (!?), der daselbst Nachmittags stattfand, ist bekannt, es muß aber auch hier den lügenhaften Ausstreuungen (?), welche man namentlich über das Verhalten der Sicherheitswache bei dieser Gelegenheit verbreitet hat, entgegen getreten werden u. s. w. Aus dieser sachgetreuen Darstellung wird jeder unbefangene Beurtheiler zu der Ueberzeugung gelangen, daß nur die böswilligste Entstellung (?) dem Gemeindeausschusse eine Schuld an den traurigen Vorgängen des 21. und 23. August beimesse. Dessenungeachtet ist eine Partei, (der Sicherheitsausschuß u. s. w. ?), welcher jeder besonnene Bürger ein Dorn im Auge (!?), jeder Freund der gesetzlichen Freiheit ein Gräuel ist, unablässig bemüht, die Masse der Arbeiter zu blindem Hasse gegen den Gemeindeausschuß aufzureizen, und das Vertrauen, welches dieser bei jedem Einsichtsvollen genießt, unter der leichtgläubigen durch fortgesetzte Wühlereien aufgeregten Menge zu untergraben. Jenen schmählichen Verläumdungen gegenüber finden es die Mitglieder des Gemeindeausschusses mit ihrer Ehre unverträglich, länger, als es die Zusammensetzung einer neuen Gemeindevertretung nach einer auf der breitesten Grundlage ruhenden Wahlordnung erheischen wird, einen Posten zu behaupten, auf welchem sie mit Erfolg zu wirken unter solchen Umständen nicht hoffen können“ u. s. w. — Also doch noch immer mehr Ehrgefühl und Entschlossenheit als Hr. Krausnik und magistratische Kompagnie in Berlin! —</p> <p>Damit Sie sich aber einen Begriff von der eigentlichen Tendenz dieses Gemeindeausschusses machen können, will ich nur erwähnen, daß derselbe in einer Sitzung, welcher ich vor etwa 14 Tagen beigewohnt habe, während einer Stunde darüber zu debattiren sich nicht entblödete, ob die Passirscheine, ein bekanntes Polizei-Paß-Institut Sedlnitzky's, noch ferner beibehalten werden sollen.</p> <p>Der demokratische Verein hat heute eine Deputation zum Ministerium beordert, die dessen sofortige Auflösung verlangt, ohne daß es ihm einmal erlaubt bleibe, eine neue Wahlordnung, die doch nichts taugen würde, ins Leben zu rufen.</p> <p>Die Sitzung des Reichstags war heute gegen Ende sehr stürmisch; ich werde nächstens darüber berichten. Morgen und am Montag findet keine Sitzung statt.</p> </div> <div xml:id="ar091_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Berlin, 29. Aug.</head> <p>Die alte, schöne Zeit kehrt wieder; die Linden, die in der letzten Zeit so plebejisch geworden, werden wieder ehrlich gemacht; von heute ab wird sie nicht mehr ausschließlich von frechen Proletariern, sondern auch von heldenkühnen Gardeoffizieren durchwandelt. Kranzler, der berühmte Konditor, wird sein in den Märztagen abgenommenen Schild, worauf mit goldenen Buchstaben der „Hoflieferant Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen“ prangte, wieder aufstellen, und den heißblütigen Lieutenants seine kühlenden Eisbaisers und Panachés präsentiren. O, es wird eine herrliche Zeit! Heute Mittag 12 Uhr ist, von einem Theil der Bürgerwehr festlich eingeholt, das Gardejäger-Bataillon von Potsdam hier eingerückt. Hat man denn mit 12,000 Mann Soldaten, 1600 Konstablern, 30,000 Mann Bürgerwehr noch nicht genug für die „Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe“ gesorgt? Aber der tägliche Anblick der bewaffneten Bürgerkanaille, wie sehr sie auch vom „guten“ Geiste durchdrungen ist, will doch unserm Hofe noch nicht recht behagen; es erinnert noch zu sehr an den fatalen Märzkravall. Als Veranlassung zu diesem erfreulichen Besuch gab Herr Rimpler, Kommandeur der Bürgerwehr, an, daß die hiesigen Kasernen und Lazarethe durch Krankheiten (die Cholera) zu sehr gelichtet wären, und daß es deshalb nach einem Erlasse des Kriegsministers eines Ersatzes dafür bedürfte!</p> <p>Den guten Polen hat der Kaiser Nikolaus durch den Fürsten Paskiewitsch in Warschau wieder ein schönes Schauspiel aufführen lassen. Vier Einwohner der Stadt Warschau: Johann Marchand, Konstantin Ralinowski, Kasimir Bazylski und Felix Fijalkowski (sämmtlich Schneider) hatten, als die russische Grenzsperre im März d. J. nicht verhindern konnte, daß die Nachrichten von den damaligen Ereignissen in Frankreich und Deutschland auch nach Polen drangen, sich über diese Bewegungen unterhalten, und auf die Mittel gesonnen, einen ähnlichen Aufstand auch in Warschau hervorzurufen. Sie theilten diesen Entschluß mehreren Soldaten mit, und weihten dieselben in den von ihnen gefaßten Plan ein. Die Soldaten verriethen jedoch das ganze Unternehmen mit sammt den Urhebern dem Fürsten Paskiewitsch. Die armen Schneider-Verschwörer wurden nun vor das Kriegsgericht gestellt, und am 7. August Johann Marchand, der am meisten Betheiligte, zu zweimaligem, die Uebrigen zu einmaligem Spießruthenlaufen vor 500 Mann verurtheilt. Natürlich war damit die Strafe noch nicht abgemacht. Vielmehr sind alle Vier nach Sibirien geschickt worden, wo Jeder in zehnjährigen schweren Festungsarbeiten seine Unthat bereuen soll. Die Strafe des Spießruthenlaufens ist an den Sündern am 22. August, Morgens 8 Uhr, auf dem Waffenplatz in Warschau vollzogen worden.</p> </div> <div xml:id="ar091_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 29. Aug.</head> <p>Die heutige Abstimmung über das <hi rendition="#g">Berends'sche</hi> Amendement zum §. 44 des Bürgerwehrgesetzes hat in der Stadt großen Jubel hervorgerufen. Die Linke ist von diesem unverhofften Resultat ganz verblüfft und kann sich die Abstimmung des rechten Centrums nicht anders erklären, als daß diese unschuldigen Leute nicht wußten, warum es sich eigentlich handelt.</p> <p>Der Abgeordnete Dr. <hi rendition="#g">Elsner</hi> aus Breslau hat eine Petition von 400 schlesischen Bauerngutsbesitzern erhalten, welche im Gegensatz zu den 200 Rittergutsbesitzern, die hier ein Grundbesitzer-Parlament gebildet haben, zu einem Verein zusammengetreten sind, welcher für die gleichmäßige Vertheilung der Grundsteuer und Abschaffung aller Feudallasten wirken soll. In dieser, an die Vereinbarungsversammlung gerichteten Petition, setzen sie ihre Verhältnisse zu den Dominialbesitzern auseinander, und dringen auf sofortige Sistirung der aufzuhebenden Leistungen.</p> <p>Der Fall des Ministeriums ist vielleicht näher als man erwarten sollte. Es wird eine förmliche Koalition der Linken mit der Fraktion, welche bisher im Hotel Petersburg ihre Sitzung hielt, stattfinden. Man spricht davon, daß sich die Parteien heute Abend vereinigen und ein gemeinschaftliches Oppositionsprogramm annehmen werden. Dies Mal wird es Herrn Hansemann nicht gelingen, sich durch einen „kühnen Griff“ das Finanzministerium zu erhalten, denn die Aristokratie erwartet mit Sehnsucht den Augenblick seiner ersten Niederlage, um alle ihre Batterien gegen ihn in Potsdam spielen zu lassen. — Es wird sich auch diesmal kein Mitglied der Opposition dazu verstehen, mit Hansemann zusammen in ein neues Ministerium zu treten.</p> <p>Außer großen Attrouppements, die allabendlich unter den Linden sich zusammenfinden, die gestern Abend sogar durch einige Schüsse — man weiß nicht, ob aus den Reihen der Bürgerwehr, welche es öffentlich in Abrede stellte, oder ob aus dem Volke selbst — in Aufregung gesetzt wurden, ist nichts Erwähnenswerthes vorgefallen.</p> </div> <div xml:id="ar091_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>35</author></bibl> Berlin, 29. Aug.</head> <p>Endlich ist uns eine wichtige Nachricht aus Schleswig-Holstein zugekommen. <hi rendition="#g">Der Waffenstillstand ist in nächste Aussicht gestellt</hi>. Gestern Abend langte General v. Below hier an und überbrachte der Regierung die Bedingungen desselben. Die wichtigsten hiervon sind folgende: Es bleiben 2000 Mann preußischer Truppen in Schleswig-Holstein, die preußischen Schiffe werden herausgegeben, die Blokade der Häfen wird aufgehoben, eine Anzahl Dampfschiffe liegt bereit, um die Befehle dazu sofort an alle betreffenden Häfen zu bringen, sobald die Ratifikation des Waffenstillstandes erfolgt ist. Dies muß bis spätestens Sonnabend geschehen sein. Der Waffenstillstand aber soll 7 Monate dauern, bis zum Monat April. Unsere Regierung ist bereit, auf diese Bedingungen einzugehen. Auf der hiesigen Börse sind auf die Kunde von diesen Nachrichten, die Course bedeutend gestiegen.</p> <p>Der gestrige Abend verlief wiederum nicht ohne lebhafte Auftritte. Das Verfahren der Polizei gegen den Handwerkerverein, die Verhaftung der Demokraten, die Abstimmungen über das Bürgerwehrgesetz, alles dies hatte die schon herrschende Erbitterung unserer Stadt genährt. Es versammelte sich eine große Menschenmasse vor dem Opernhause; ein Unbekannter bestieg die Rampe, forderte die Menge auf, die Verhafteten zu befreien. „Zu den Waffen! zu den Waffen!“ schrie Alles. Da rückte die Bürgerwehr heran und plötzlich fiel ein Schuß auf dieselbe. Alles stob auseinander; der Urheber des Schusses, ein junger Maler, wie man erzählt, ward verhaftet, und die verworrensten Gerüchte wurden erzählt. Doch legte sich allmählig die Aufregung, so daß gegen 11 Uhr wieder das gewöhnliche Treiben herrschte. Während dies in der Stadt vorging, befand sich ein <hi rendition="#g">großer Theil</hi> (s. unten) unserer jungen Demokraten und Demokratinnen im Hofjäger, wo Herr Märker wieder ein großes Volksconcert veranstaltet hatte. Das Concert war aber weder ein großes noch ein Volksconcert. Es hatten sich <hi rendition="#g">wenig Zuhörer</hi> (s. oben) eingefunden. Die Musiker verliefen sich nach und nach, und die Jugend amüsirte sich auf Berliner Art, mit unharmonischem Gesang etc.</p> <p>Unsere Konstabler haben jetzt ein neues Oberhaupt bekommen. Der erste, Keiser, ward abgesetzt, weil die Lokomotive die Instruktionen der Schutzmannschaft veröffentlichte, welche nach der Erklärung der Regierung, nicht <hi rendition="#g">offiziell</hi> waren. Der neue Befehlshaber, Herr Heitz, trat sein Amt an mit einer salbungsvollen Ansprache an das Volk von Berlin, in der er das Institut der Schutzmänner „die warnende <hi rendition="#g">Stimme des Gesetzes</hi>“ nannte und die Berliner Bürger um Schutz und Unterstützung anflehte. Uebrigens kann diese warnende Stimme nicht nur grob, sondern auch fein sein, wenn sie will. So begegnete ich Sonntag Nachmittag einem Konstabler <hi rendition="#g">in Bürgerkleidung</hi>, einem guten, bornirten Menschen. Als ich fragte, wo er hin wollte, antwortete er treuherzig: „Ich soll nach den Zelten gehen und sehen was dort passirt!“</p> </div> <div xml:id="ar091_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 29. August.</head> <p>Sitzung der Vereinbarer-Versammlung.</p> <p>Nach Verlesung des Protokolls hält der Präsident Grabow einen längern Vortrag über die Nothwendigkeit, daß die Versammlung ihr jetziges Sitzungslokal in der Singakademie verläßt und dafür den Konzertsaal des Königlichen Schauspielhauses mit den daran stoßenden Räumen baldigst beziehe. Die Versammlung beschließt ohne weitere Debatte, daß diese Aenderung ihres Sitzungssaales sobald die nothwendigen Einrichtungen getroffen sein würden, Statt finden sollte.</p> <p>Abg. v. Brodowski stellt einen schleunigen Antrag vor der Tagesordnung. „Die hohe Versammlung wolle beschließen, daß die Staats-Schuldenverwaltung durch den Herrn Finanzminister aufgefordert werde, diejenigen Erinnerungen und Zweifel, welche die bisherige ständtsche Staats-Schulden-Deputation bei ihrer Wirksamkeit in den ersten Tagen des Monat März d. J. gegen die besagte Verwaltung aufgestellt hat, zu beantworten, resp. zu beleuchten; um demgemäß diese Beantwortung nebst Abschrift der protokollarischen Verhandlungen der gedachten Staats-Schulden-Deputation, der gegenwärtigen Versammlung zur Prüfung und weitern Veranlassung vorzulegen.“</p> <p>Der Antrag wird von der Majorität als dringend anerkannt und von dem Antragsteller ausführlich motivirt.</p> <p>Finanzminister Hansemann erklärt, daß, da die Versammlung bereits eine Kommission zur Untersuchung der Staatsschulden und des Staatsschatzes ernannt habe, welche auch bereits damit umgehe, das zu thun, was der Antragsteller beantragt, so soll man den Bericht der Kommission über diesen Gegenstand abwarten.</p> <p>Abg. v Brodowski: Wenn der Herr Finanzminister verspricht, vollkommen ausreichende Antwort auf die Erinnerungen und Zweifel der Kommission zu geben, so bin ich damit einverstanden.</p> <p>Finanzminister Hansemann: Wenn die Kommission mit den Erläuterungen, die sie vom Ministerium erhalten wird, nicht zufrieden ist, so kann sie sich bei der Versammlung beschweren.</p> <p>Auf Vorschlag des Präsidenten Grabow wird der Antrag an die Finanz-Kommission uberwiesen.</p> <p>Abg. Jonas (Geh. Reg.-Rath) hat eine schleunige Interpellation an das Justizministerium eingebracht, dahin lautend:</p> <p rendition="#et">„ob dasselbe bereit sei, eine den veränderten öffentlichen Zuständen entsprechende Vorlage über die Bestrafung der politischen Verbrechen und Vergehen in möglichst kurzer Frist einzubringen.“</p> <p>Diese Interpellation wird sehr stark unterstützt und als dringend anerkannt, worauf der Interpellant seinen Antrag begründet.</p> <p>Justizminister Märker: Der Herr Redner wünscht eine Aenderung der materiellen Gesetzgebung in Betreff politischer Verbrechen und Vergehen, es ist indessen auch eine Aenderung der formellen Gesetzgebung nothwendig, nämlich die Einführung von Geschwornengerichten. Ein Gesetzentwurf über Geschwornengerichte ist auch bereits im Ministerium ausgearbeitet und wird nächstens im gesammten Staatsministerium zur Berathung kommen und sodann der Versammlung vorgelegt werden. Durch die Einführung von Geschwornen wird die Auslegung der Strafgesetze bei politischen Vergehen eine andere werden, was schon eine Beruhigung gewähren kann. Uebrigens seien die Strafgesetze für politische Vergehen, namentlich die §§. 151 u. folg. Tit. II. des Allg. Landrechts einer gänzlichen Umarbeitung bedürftig. Es bleibe jedoch höchst bedenklich, einzelne Theile aus dem Strafgesetzbuche herauszureißen. Trotzdem bin ich jedoch nicht abgeneigt, zur Beseitigung der §§. 151 u. folg. und derjenigen über Schmähschriften einen Gesetzentwurf einzubringen. Dies wäre sogar schon geschehen, wenn nicht der transitorische Preßgesetzentwurf eine gleiche Beseitigung ausgesprochen hätte.</p> <p>Der Präsident Grabow fordert hierauf den Vorsitzenden der Verfassungs-Kommission, Abg. Waldeck auf, da eben des transitorischen Preßgesetzes Erwähnung geschehen, über den Stand der Berathung Bericht zu erstatten.</p> <p>Abg. Waldeck: Die Verfassungs-Kommission hatte beschlossen, ein provisorisches Preßgesetz zu entwerfen, war aber bald zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Einrichtung der Geschwornengerichte mit einem neuen Preßgesetze Hand in Hand gehen müsse, da das Preßgesetz sonst seinem Zweck nicht entsprechen könne. Der desfallsige Gesetzentwurf ist von der niedergesetzten Kommission seit 8 Tagen beendet, seit einigen Tagen bereits gedruckt und an die Mitglieder der Verfassungskommission vertheilt worden, welche morgen eine Sitzung zu dessen Berathung hält.</p> <p>Die Versammlung geht hierauf zur fernern Berathung des Bürgerwehrgesetzes über.</p> <p>Abschnitt I. Berechtigung und Verpflichtung zum Dienste.</p> <p>§. 8. Jeder Preuße nach vollendetem 24. und vor zurückgelegtem 50. Lebensjahre ist, vorbehaltlich der unverkürzten Erfüllung der Militairpflicht, zum Dienste in der Bürgerwehr derjenigen Gemeinden berechtigt und verpflichtet, in welcher er seit wenigstens einem Jahre sich aufgehalten hat.</p> <p>Auf Antrag des Abgeordneten Unruh wird noch folgender Zusatz zu §. 8 aufgenommen:</p> <p>„Derjenige, welcher bereits in seinem frühern Wohnorte Mitglied der Bürgerwehr war, ist bei seiner Uebersiedelung nach einem andern Ort, zum sofortigen Eintritt in die dasige Bürgerwehr nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.“</p> <p>§. 9. Der Dienst in der Bürgerwehr ist unvereinbar mit dem Amte eines Verwaltungschefs des Regierungsbezirks oder Kreises, Bürgermeisters, eines exekutiven Sicherheitsbeamten, Beamten der Staatsanwaltschaft, Gerichtspräsidenten oder Direktors, Untersuchungsrichters, Einzelrichters, Ortsschulzen oder eines jeden andern Vorstehers einer Gemeinde, einer im aktiven Dienste befindlichen Militairperson, eines Vorstehers und Gefangenwärters in einer Gefangenen-Anstalt.</p> <p>§. 10. Zum Dienste sind nicht verpflichtet: 1. Minister, 2. Geistliche, 3. Gränz-, Zoll-, Steuer-, Forstschutz- und Postbeamte, 4. Eisenbahnbeamte, 5. Lootsen.</p> <p>Abg. Kosch hat das Amendement gestellt, auch die Aerzte von der Dienstpflicht auszunehmen, was er in einer längern Rede zu motiviren sucht. Das Amendement wird jedoch verworfen. Ein anderes Amendement, welches auch die Apotheker von der Wehrpflicht entbinden will, wird vor der Abstimmung zurückgenommen.</p> <p>Zu §. 11 wird vom Abg. Behnsch folgendes Zusatz-Amendement gestellt:</p> <p rendition="#et">„Die Weigerung das §. 7 vorgesehene feierliche Gelöbniß abzulegen, entbindet weder von der Bürgerwehrpflicht noch ist sie ein Grund zum Ausschluß.“</p> <p>Die Amendement giebt zu einer lebhaften Debatte Veranlassung. Der Justiz-Minister erklärt: die Regierung müsse sich gegen dasselbe erklären. Durch die Annahme des Behnschen Amendement würde § 7. der nach langer Debatte angenommen sei, wieder aufgehoben werden. Auch erhalte man durch dessen Annahme zwei Arten von Bürgerwehr: solche, welche erklärten ihre Pflicht erfüllen zu wollen und solche, welche dies nicht erklärten.</p> <p>Das Amendement wird verworfen.</p> <p>§. 11. Ausgeschlossen von der Bürgerwehr sind diejenigen, welche sich in Folge rechtskräftiger richterlicher Erkenntnisse nicht im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte befinden.</p> <p>Abschnitt II. Stammlisten der Bürgerwehrpflichtigen.</p> <p>§. 12. In jeder Gemeinde wird eine Stammliste aller derjenigen angelegt, welche in Gemäßheit der §. §. 8 bis 11. zur Bürgerwehr heranzuziehen sind.</p> <p>Ueber §. 13. erhebt sich eine längere Debatte. Abg. <hi rendition="#g">Ludwig</hi> stellt folgende Amendements:</p> <p>a) <hi rendition="#g">statt</hi> der Worte: wird von dem Gemeinde-Vorsteher gefertigt — wird von dem Gemeinde-Vorstande gefertigt; und<lb/> b) <hi rendition="#g">statt</hi>: bei der Gemeinde-Vertretung anbringen — bei dem Gemeinde-Vorstande anbringen;<lb/> c) die Worte: „unter dem Vorsitze des Gemeinde-Vorstehers“ zu streichen.</p> <p>Ein Abgeordneter wollte noch einen Zusatz zwischen den zweiten und dritten Satz des Paragraphen haben, welcher lautet: „bezweckt die angebrachte Bemerkung gegen die Stammliste die Ausschließung eines Dritten, so muß solche demselben binnen 48 Stunden mitgetheilt werden;“ wird aber nicht angenommen.</p> <p>Nach längerer Debatte und nachdem sich auch der Justizminister für das Amendement Ludwig ausgesprochen, wird dasselbe mit großer Majorität angenommen, und der Paragraph lautet:</p> <p>§ 13. Die Stammliste wird von dem Gemeindevorstande gefertigt; sie wird jedes Jahr erneuert und vom 1. bis 15. Dezember zu Jedermanns Einsicht auf dem Sekretariate der Gemeinde offen gelegt. Jedes Mitglied kann bis zum 20. Dezember einschließlich seine Bemerkungen gegen die Stammliste bei dem Gemeindevorstande anbringen. In der Zeit vom 21. bis 31. Dezember wird die Stammliste von der Gemeindevertretung revidirt und mit Rücksicht auf die eingegangenen Bemerkungen oder von Amtswegen berichtigt und festgestellt. Die festgestellte Liste wird vom 1. bis 15. Jan. auf dem Sekretariate der Gemeinde offen gelegt. Gegen die Feststellung geht die Berufung an die Kreisverwaltung, welche darüber endgültig entscheidet.</p> <p>Hierauf werden der Abschnitt III. Dienstvergehen der Bürgerwehrpflichtigen §§ 14-21; Abschnitt IV. Von der Pflicht, den Dienst der Bürgerwehr in Person zu leisten, und Befreiungen von der Dienstleistung, §§ 22-26; und Abschnitt V. Bildung der Bürgerwehr, §§ 27-43 ohne Abänderung, ganz nach dem Entwurf der Centralabtheilung angenommen.</p> <p>Der folgende Abschnitt über die Wahl und Ernennung der Vorgesetzten ruft gleich beim § 44 eine lebhafte Debatte hervor, es handelt sich dabei um das Prinzip der directen oder indirekten Wahl. Der Entwurf der Centralabtheilung lautet:</p> <p>§ 44. Die Anführer der Bürgerwehr bis zum Hauptmann hinauf einschließlich, werden von allen Bürgerwehrmännern der Dienstwehrliste gewählt.</p> <p>Abgeordneter <hi rendition="#g">Kehl</hi> stellt folgendes Amendement: „Die Anführer bis zum Major hinauf einschließlich, werden von allen Bürgerwehrmännern der Dienstwehrliste gewählt.“</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Berends</hi> stellt folgendes Amendement: die Worte: „bis zum Hauptmann hinauf einschließlich,“ auszulassen.</p> <p>Beide Amendements finden starke Unterstützung.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Kehl</hi>: Ich bin für direkte Wahlen in allen Fällen, wo dieselben, wie in diesem Falle, durch die Zahl der Wähler und durch die Lokalverhältnisse ausführbar sind. Das Vertrauen des Bataillons muß der Major noth- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0460/0002]
auszusprechen u. s. w. Sie sehen, wie weit es dies demokratisch genannte Weltgeist-Ministerium in der politischen Heuchelei schon gebracht hat. Der Sicherheitsausschuß war ihm unbequem geworden und es gab daher dem Drängen der Kamarilla nach oder unterstützte heimlich gar deren Wühlerei. Es wird später wohl noch die dringendsten Gründe haben, ein rührendes Bedauern auszusprechen, wenn die akademische Legion an die Auflösungsreihe kommt, doch wird sein erkaufter Verrath nur die Jämmerlichkeit seines eigenen Sturzes vergrößern. Dobblhof unterzeichnet auch schon wieder mit M. P. (manu propria) wie der alte Büreaukraten-Absolutismus.
Damit Sie die Verhältnisse genau erkennen, füge ich zu dem Bemerkten noch eine von dem Gemeindeausschusse „An die Bevölkerung Wiens“ gerichtete Ansprache, welche nicht nur der Abschiedserklärung des Sicherheitsausschusses entgegentritt, sondern auch dem Ministerium, welches diesem Gemeindeausschusse noch zu demokratisch erscheint, einen Seitenhieb versetzt. Dieselbe lautet „Seit einigen Tagen werden die schändlichsten Lügen über die Wirksamkeit des Gemeindeausschusses der Stadt Wien offenbar in der Absicht, die Massen gegen denselben aufzuregen und seine Thäthigkeit zu lähmen, im Publikum verbreitet.
Der Gemeindeausschuß fühlt sich der Bevölkerung Wiens gegenüber verpflichtet, diesen verläumderischen Angriffen auf das Entschiedenste entgegenzutreten, und glaubt dieselben durch eine einfache Darstellung der letzten Ereignisse am bündigsten widerlegen zu können.
Ein Ministerialdekret vom 18. d. M. an das Arbeiter-Komite des vereinigten Ausschusses hatte die Ausscheidung der bei den Nothstandsbauten bis dahin verwendeten, untauglichen Personen und die Herabsetzung der Löhne, vom 21. August angefangen, verfügt. Eine Abschrift dieses Dekretes wurde dem Gemeindeausschusse, am 19. d. M. um die Mittagsstunde, ausdrücklich nur zur Kenntnißnahme mitgetheilt und über angestellte Nachfrage erfuhr man vom Stadtunterkammeramte, daß die Verständigung der Arbeiter auf mehren Arbeitsstätten durch die verschiedenen Bauinspizienten bereits einige Stunden früher von Seite eines Mitglieds des Arbeiter-Komites eingeleitet worden war (?). — (Dies ist, wie ich Ihnen sofort geschrieben. eine Lüge.)
Diese Kundmachung erfolgte ohne Störung, und auch am 20. Sonntags fanden keinerlei beunruhigende Konflikte statt.
Erst Montags den 21. erschien um 9 Uhr eine Schar aufgeregter Arbeiter vor dem Bureau des Arbeiter-Komites des vereinigten Ausschusses im vormaligen Liguorianerkloster mit Ungestüm gegen die angeordnete Herabsetzung ihres Taglohns Einspruch erhebend. (Ungestüm und Aufregung waren ganz natürlich, weil Ischariot Schwarzer seinen Befehl den Arbeitern erst am Montag gerade da kund machen ließ, als sie eben zur Arbeit gekommen waren.)
Auf die hierüber bei dem Ministerium gestellte Anfrage erfolgte die Weisung, daß von der Herabsetzung der Löhne nicht abgegangen werden könne und daß die Tumultuanten (?) nöthigenfalls mit Nachdruck zerstreut werden müßten. Inzwischen war der freundliche Zuspruch vieler Mitglieder des Gemeindeausschusses (?) und des Arbeiter-Komites, es war das Einschreiten (?) der Sicherheitswache fruchtlos geblieben und die endlich (?) in Anspruch genommenen Abtheilungen der Nationalgarde wurden, da sie von ihrer Waffe keinen Gebrauch machten (?), von der immer wachsenden Menge zurückgedrängt, verhöhnt, ja mit Steinen geworfen. (?) Noch schlimmer erging es der vor den Garden aufgestellten Sicherheitswache, bis eine kleine Anzahl berittener Munizipalgarden bei steigendem Andrange die Haufen zerstreute, ohne daß dabei irgend eine bedeutende Verletzung vorgekommen wäre.
Der 22. verlief in anscheinender Ruhe; am 23. aber, als das hohe Ministerium sich nicht bewogen fand, von der angeordneten Herabsetzung der Löhne abzugehen, nahm die Aufregung neuerdings einen bedenklichen Charakter an und gegen Mittag wurde gemeldet, daß mehre Individuen der Sicherheitswache auf ihren Posten im Prater von Arbeitern angefallen (?) und schwer mißhandelt worden. Um nun allfälligen weiteren Exzessen Einhalt zu thun, wurde nach erstatteter Anzeige an den Ministerrath die Nationalgarde aufgeboten, und in Folge dessen von Seite des Oberkommandos eine Abtheilung derselben in den Prater und in die Leopoldsstadt beordert, um die von dorther drohenden Bewegungen niederzuhalten.
Der bedauerliche Zusammenstoß (!?), der daselbst Nachmittags stattfand, ist bekannt, es muß aber auch hier den lügenhaften Ausstreuungen (?), welche man namentlich über das Verhalten der Sicherheitswache bei dieser Gelegenheit verbreitet hat, entgegen getreten werden u. s. w. Aus dieser sachgetreuen Darstellung wird jeder unbefangene Beurtheiler zu der Ueberzeugung gelangen, daß nur die böswilligste Entstellung (?) dem Gemeindeausschusse eine Schuld an den traurigen Vorgängen des 21. und 23. August beimesse. Dessenungeachtet ist eine Partei, (der Sicherheitsausschuß u. s. w. ?), welcher jeder besonnene Bürger ein Dorn im Auge (!?), jeder Freund der gesetzlichen Freiheit ein Gräuel ist, unablässig bemüht, die Masse der Arbeiter zu blindem Hasse gegen den Gemeindeausschuß aufzureizen, und das Vertrauen, welches dieser bei jedem Einsichtsvollen genießt, unter der leichtgläubigen durch fortgesetzte Wühlereien aufgeregten Menge zu untergraben. Jenen schmählichen Verläumdungen gegenüber finden es die Mitglieder des Gemeindeausschusses mit ihrer Ehre unverträglich, länger, als es die Zusammensetzung einer neuen Gemeindevertretung nach einer auf der breitesten Grundlage ruhenden Wahlordnung erheischen wird, einen Posten zu behaupten, auf welchem sie mit Erfolg zu wirken unter solchen Umständen nicht hoffen können“ u. s. w. — Also doch noch immer mehr Ehrgefühl und Entschlossenheit als Hr. Krausnik und magistratische Kompagnie in Berlin! —
Damit Sie sich aber einen Begriff von der eigentlichen Tendenz dieses Gemeindeausschusses machen können, will ich nur erwähnen, daß derselbe in einer Sitzung, welcher ich vor etwa 14 Tagen beigewohnt habe, während einer Stunde darüber zu debattiren sich nicht entblödete, ob die Passirscheine, ein bekanntes Polizei-Paß-Institut Sedlnitzky's, noch ferner beibehalten werden sollen.
Der demokratische Verein hat heute eine Deputation zum Ministerium beordert, die dessen sofortige Auflösung verlangt, ohne daß es ihm einmal erlaubt bleibe, eine neue Wahlordnung, die doch nichts taugen würde, ins Leben zu rufen.
Die Sitzung des Reichstags war heute gegen Ende sehr stürmisch; ich werde nächstens darüber berichten. Morgen und am Montag findet keine Sitzung statt.
15 Berlin, 29. Aug. Die alte, schöne Zeit kehrt wieder; die Linden, die in der letzten Zeit so plebejisch geworden, werden wieder ehrlich gemacht; von heute ab wird sie nicht mehr ausschließlich von frechen Proletariern, sondern auch von heldenkühnen Gardeoffizieren durchwandelt. Kranzler, der berühmte Konditor, wird sein in den Märztagen abgenommenen Schild, worauf mit goldenen Buchstaben der „Hoflieferant Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen“ prangte, wieder aufstellen, und den heißblütigen Lieutenants seine kühlenden Eisbaisers und Panachés präsentiren. O, es wird eine herrliche Zeit! Heute Mittag 12 Uhr ist, von einem Theil der Bürgerwehr festlich eingeholt, das Gardejäger-Bataillon von Potsdam hier eingerückt. Hat man denn mit 12,000 Mann Soldaten, 1600 Konstablern, 30,000 Mann Bürgerwehr noch nicht genug für die „Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe“ gesorgt? Aber der tägliche Anblick der bewaffneten Bürgerkanaille, wie sehr sie auch vom „guten“ Geiste durchdrungen ist, will doch unserm Hofe noch nicht recht behagen; es erinnert noch zu sehr an den fatalen Märzkravall. Als Veranlassung zu diesem erfreulichen Besuch gab Herr Rimpler, Kommandeur der Bürgerwehr, an, daß die hiesigen Kasernen und Lazarethe durch Krankheiten (die Cholera) zu sehr gelichtet wären, und daß es deshalb nach einem Erlasse des Kriegsministers eines Ersatzes dafür bedürfte!
Den guten Polen hat der Kaiser Nikolaus durch den Fürsten Paskiewitsch in Warschau wieder ein schönes Schauspiel aufführen lassen. Vier Einwohner der Stadt Warschau: Johann Marchand, Konstantin Ralinowski, Kasimir Bazylski und Felix Fijalkowski (sämmtlich Schneider) hatten, als die russische Grenzsperre im März d. J. nicht verhindern konnte, daß die Nachrichten von den damaligen Ereignissen in Frankreich und Deutschland auch nach Polen drangen, sich über diese Bewegungen unterhalten, und auf die Mittel gesonnen, einen ähnlichen Aufstand auch in Warschau hervorzurufen. Sie theilten diesen Entschluß mehreren Soldaten mit, und weihten dieselben in den von ihnen gefaßten Plan ein. Die Soldaten verriethen jedoch das ganze Unternehmen mit sammt den Urhebern dem Fürsten Paskiewitsch. Die armen Schneider-Verschwörer wurden nun vor das Kriegsgericht gestellt, und am 7. August Johann Marchand, der am meisten Betheiligte, zu zweimaligem, die Uebrigen zu einmaligem Spießruthenlaufen vor 500 Mann verurtheilt. Natürlich war damit die Strafe noch nicht abgemacht. Vielmehr sind alle Vier nach Sibirien geschickt worden, wo Jeder in zehnjährigen schweren Festungsarbeiten seine Unthat bereuen soll. Die Strafe des Spießruthenlaufens ist an den Sündern am 22. August, Morgens 8 Uhr, auf dem Waffenplatz in Warschau vollzogen worden.
103 Berlin, 29. Aug. Die heutige Abstimmung über das Berends'sche Amendement zum §. 44 des Bürgerwehrgesetzes hat in der Stadt großen Jubel hervorgerufen. Die Linke ist von diesem unverhofften Resultat ganz verblüfft und kann sich die Abstimmung des rechten Centrums nicht anders erklären, als daß diese unschuldigen Leute nicht wußten, warum es sich eigentlich handelt.
Der Abgeordnete Dr. Elsner aus Breslau hat eine Petition von 400 schlesischen Bauerngutsbesitzern erhalten, welche im Gegensatz zu den 200 Rittergutsbesitzern, die hier ein Grundbesitzer-Parlament gebildet haben, zu einem Verein zusammengetreten sind, welcher für die gleichmäßige Vertheilung der Grundsteuer und Abschaffung aller Feudallasten wirken soll. In dieser, an die Vereinbarungsversammlung gerichteten Petition, setzen sie ihre Verhältnisse zu den Dominialbesitzern auseinander, und dringen auf sofortige Sistirung der aufzuhebenden Leistungen.
Der Fall des Ministeriums ist vielleicht näher als man erwarten sollte. Es wird eine förmliche Koalition der Linken mit der Fraktion, welche bisher im Hotel Petersburg ihre Sitzung hielt, stattfinden. Man spricht davon, daß sich die Parteien heute Abend vereinigen und ein gemeinschaftliches Oppositionsprogramm annehmen werden. Dies Mal wird es Herrn Hansemann nicht gelingen, sich durch einen „kühnen Griff“ das Finanzministerium zu erhalten, denn die Aristokratie erwartet mit Sehnsucht den Augenblick seiner ersten Niederlage, um alle ihre Batterien gegen ihn in Potsdam spielen zu lassen. — Es wird sich auch diesmal kein Mitglied der Opposition dazu verstehen, mit Hansemann zusammen in ein neues Ministerium zu treten.
Außer großen Attrouppements, die allabendlich unter den Linden sich zusammenfinden, die gestern Abend sogar durch einige Schüsse — man weiß nicht, ob aus den Reihen der Bürgerwehr, welche es öffentlich in Abrede stellte, oder ob aus dem Volke selbst — in Aufregung gesetzt wurden, ist nichts Erwähnenswerthes vorgefallen.
35 Berlin, 29. Aug. Endlich ist uns eine wichtige Nachricht aus Schleswig-Holstein zugekommen. Der Waffenstillstand ist in nächste Aussicht gestellt. Gestern Abend langte General v. Below hier an und überbrachte der Regierung die Bedingungen desselben. Die wichtigsten hiervon sind folgende: Es bleiben 2000 Mann preußischer Truppen in Schleswig-Holstein, die preußischen Schiffe werden herausgegeben, die Blokade der Häfen wird aufgehoben, eine Anzahl Dampfschiffe liegt bereit, um die Befehle dazu sofort an alle betreffenden Häfen zu bringen, sobald die Ratifikation des Waffenstillstandes erfolgt ist. Dies muß bis spätestens Sonnabend geschehen sein. Der Waffenstillstand aber soll 7 Monate dauern, bis zum Monat April. Unsere Regierung ist bereit, auf diese Bedingungen einzugehen. Auf der hiesigen Börse sind auf die Kunde von diesen Nachrichten, die Course bedeutend gestiegen.
Der gestrige Abend verlief wiederum nicht ohne lebhafte Auftritte. Das Verfahren der Polizei gegen den Handwerkerverein, die Verhaftung der Demokraten, die Abstimmungen über das Bürgerwehrgesetz, alles dies hatte die schon herrschende Erbitterung unserer Stadt genährt. Es versammelte sich eine große Menschenmasse vor dem Opernhause; ein Unbekannter bestieg die Rampe, forderte die Menge auf, die Verhafteten zu befreien. „Zu den Waffen! zu den Waffen!“ schrie Alles. Da rückte die Bürgerwehr heran und plötzlich fiel ein Schuß auf dieselbe. Alles stob auseinander; der Urheber des Schusses, ein junger Maler, wie man erzählt, ward verhaftet, und die verworrensten Gerüchte wurden erzählt. Doch legte sich allmählig die Aufregung, so daß gegen 11 Uhr wieder das gewöhnliche Treiben herrschte. Während dies in der Stadt vorging, befand sich ein großer Theil (s. unten) unserer jungen Demokraten und Demokratinnen im Hofjäger, wo Herr Märker wieder ein großes Volksconcert veranstaltet hatte. Das Concert war aber weder ein großes noch ein Volksconcert. Es hatten sich wenig Zuhörer (s. oben) eingefunden. Die Musiker verliefen sich nach und nach, und die Jugend amüsirte sich auf Berliner Art, mit unharmonischem Gesang etc.
Unsere Konstabler haben jetzt ein neues Oberhaupt bekommen. Der erste, Keiser, ward abgesetzt, weil die Lokomotive die Instruktionen der Schutzmannschaft veröffentlichte, welche nach der Erklärung der Regierung, nicht offiziell waren. Der neue Befehlshaber, Herr Heitz, trat sein Amt an mit einer salbungsvollen Ansprache an das Volk von Berlin, in der er das Institut der Schutzmänner „die warnende Stimme des Gesetzes“ nannte und die Berliner Bürger um Schutz und Unterstützung anflehte. Uebrigens kann diese warnende Stimme nicht nur grob, sondern auch fein sein, wenn sie will. So begegnete ich Sonntag Nachmittag einem Konstabler in Bürgerkleidung, einem guten, bornirten Menschen. Als ich fragte, wo er hin wollte, antwortete er treuherzig: „Ich soll nach den Zelten gehen und sehen was dort passirt!“
103 Berlin, 29. August. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung.
Nach Verlesung des Protokolls hält der Präsident Grabow einen längern Vortrag über die Nothwendigkeit, daß die Versammlung ihr jetziges Sitzungslokal in der Singakademie verläßt und dafür den Konzertsaal des Königlichen Schauspielhauses mit den daran stoßenden Räumen baldigst beziehe. Die Versammlung beschließt ohne weitere Debatte, daß diese Aenderung ihres Sitzungssaales sobald die nothwendigen Einrichtungen getroffen sein würden, Statt finden sollte.
Abg. v. Brodowski stellt einen schleunigen Antrag vor der Tagesordnung. „Die hohe Versammlung wolle beschließen, daß die Staats-Schuldenverwaltung durch den Herrn Finanzminister aufgefordert werde, diejenigen Erinnerungen und Zweifel, welche die bisherige ständtsche Staats-Schulden-Deputation bei ihrer Wirksamkeit in den ersten Tagen des Monat März d. J. gegen die besagte Verwaltung aufgestellt hat, zu beantworten, resp. zu beleuchten; um demgemäß diese Beantwortung nebst Abschrift der protokollarischen Verhandlungen der gedachten Staats-Schulden-Deputation, der gegenwärtigen Versammlung zur Prüfung und weitern Veranlassung vorzulegen.“
Der Antrag wird von der Majorität als dringend anerkannt und von dem Antragsteller ausführlich motivirt.
Finanzminister Hansemann erklärt, daß, da die Versammlung bereits eine Kommission zur Untersuchung der Staatsschulden und des Staatsschatzes ernannt habe, welche auch bereits damit umgehe, das zu thun, was der Antragsteller beantragt, so soll man den Bericht der Kommission über diesen Gegenstand abwarten.
Abg. v Brodowski: Wenn der Herr Finanzminister verspricht, vollkommen ausreichende Antwort auf die Erinnerungen und Zweifel der Kommission zu geben, so bin ich damit einverstanden.
Finanzminister Hansemann: Wenn die Kommission mit den Erläuterungen, die sie vom Ministerium erhalten wird, nicht zufrieden ist, so kann sie sich bei der Versammlung beschweren.
Auf Vorschlag des Präsidenten Grabow wird der Antrag an die Finanz-Kommission uberwiesen.
Abg. Jonas (Geh. Reg.-Rath) hat eine schleunige Interpellation an das Justizministerium eingebracht, dahin lautend:
„ob dasselbe bereit sei, eine den veränderten öffentlichen Zuständen entsprechende Vorlage über die Bestrafung der politischen Verbrechen und Vergehen in möglichst kurzer Frist einzubringen.“
Diese Interpellation wird sehr stark unterstützt und als dringend anerkannt, worauf der Interpellant seinen Antrag begründet.
Justizminister Märker: Der Herr Redner wünscht eine Aenderung der materiellen Gesetzgebung in Betreff politischer Verbrechen und Vergehen, es ist indessen auch eine Aenderung der formellen Gesetzgebung nothwendig, nämlich die Einführung von Geschwornengerichten. Ein Gesetzentwurf über Geschwornengerichte ist auch bereits im Ministerium ausgearbeitet und wird nächstens im gesammten Staatsministerium zur Berathung kommen und sodann der Versammlung vorgelegt werden. Durch die Einführung von Geschwornen wird die Auslegung der Strafgesetze bei politischen Vergehen eine andere werden, was schon eine Beruhigung gewähren kann. Uebrigens seien die Strafgesetze für politische Vergehen, namentlich die §§. 151 u. folg. Tit. II. des Allg. Landrechts einer gänzlichen Umarbeitung bedürftig. Es bleibe jedoch höchst bedenklich, einzelne Theile aus dem Strafgesetzbuche herauszureißen. Trotzdem bin ich jedoch nicht abgeneigt, zur Beseitigung der §§. 151 u. folg. und derjenigen über Schmähschriften einen Gesetzentwurf einzubringen. Dies wäre sogar schon geschehen, wenn nicht der transitorische Preßgesetzentwurf eine gleiche Beseitigung ausgesprochen hätte.
Der Präsident Grabow fordert hierauf den Vorsitzenden der Verfassungs-Kommission, Abg. Waldeck auf, da eben des transitorischen Preßgesetzes Erwähnung geschehen, über den Stand der Berathung Bericht zu erstatten.
Abg. Waldeck: Die Verfassungs-Kommission hatte beschlossen, ein provisorisches Preßgesetz zu entwerfen, war aber bald zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Einrichtung der Geschwornengerichte mit einem neuen Preßgesetze Hand in Hand gehen müsse, da das Preßgesetz sonst seinem Zweck nicht entsprechen könne. Der desfallsige Gesetzentwurf ist von der niedergesetzten Kommission seit 8 Tagen beendet, seit einigen Tagen bereits gedruckt und an die Mitglieder der Verfassungskommission vertheilt worden, welche morgen eine Sitzung zu dessen Berathung hält.
Die Versammlung geht hierauf zur fernern Berathung des Bürgerwehrgesetzes über.
Abschnitt I. Berechtigung und Verpflichtung zum Dienste.
§. 8. Jeder Preuße nach vollendetem 24. und vor zurückgelegtem 50. Lebensjahre ist, vorbehaltlich der unverkürzten Erfüllung der Militairpflicht, zum Dienste in der Bürgerwehr derjenigen Gemeinden berechtigt und verpflichtet, in welcher er seit wenigstens einem Jahre sich aufgehalten hat.
Auf Antrag des Abgeordneten Unruh wird noch folgender Zusatz zu §. 8 aufgenommen:
„Derjenige, welcher bereits in seinem frühern Wohnorte Mitglied der Bürgerwehr war, ist bei seiner Uebersiedelung nach einem andern Ort, zum sofortigen Eintritt in die dasige Bürgerwehr nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.“
§. 9. Der Dienst in der Bürgerwehr ist unvereinbar mit dem Amte eines Verwaltungschefs des Regierungsbezirks oder Kreises, Bürgermeisters, eines exekutiven Sicherheitsbeamten, Beamten der Staatsanwaltschaft, Gerichtspräsidenten oder Direktors, Untersuchungsrichters, Einzelrichters, Ortsschulzen oder eines jeden andern Vorstehers einer Gemeinde, einer im aktiven Dienste befindlichen Militairperson, eines Vorstehers und Gefangenwärters in einer Gefangenen-Anstalt.
§. 10. Zum Dienste sind nicht verpflichtet: 1. Minister, 2. Geistliche, 3. Gränz-, Zoll-, Steuer-, Forstschutz- und Postbeamte, 4. Eisenbahnbeamte, 5. Lootsen.
Abg. Kosch hat das Amendement gestellt, auch die Aerzte von der Dienstpflicht auszunehmen, was er in einer längern Rede zu motiviren sucht. Das Amendement wird jedoch verworfen. Ein anderes Amendement, welches auch die Apotheker von der Wehrpflicht entbinden will, wird vor der Abstimmung zurückgenommen.
Zu §. 11 wird vom Abg. Behnsch folgendes Zusatz-Amendement gestellt:
„Die Weigerung das §. 7 vorgesehene feierliche Gelöbniß abzulegen, entbindet weder von der Bürgerwehrpflicht noch ist sie ein Grund zum Ausschluß.“
Die Amendement giebt zu einer lebhaften Debatte Veranlassung. Der Justiz-Minister erklärt: die Regierung müsse sich gegen dasselbe erklären. Durch die Annahme des Behnschen Amendement würde § 7. der nach langer Debatte angenommen sei, wieder aufgehoben werden. Auch erhalte man durch dessen Annahme zwei Arten von Bürgerwehr: solche, welche erklärten ihre Pflicht erfüllen zu wollen und solche, welche dies nicht erklärten.
Das Amendement wird verworfen.
§. 11. Ausgeschlossen von der Bürgerwehr sind diejenigen, welche sich in Folge rechtskräftiger richterlicher Erkenntnisse nicht im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte befinden.
Abschnitt II. Stammlisten der Bürgerwehrpflichtigen.
§. 12. In jeder Gemeinde wird eine Stammliste aller derjenigen angelegt, welche in Gemäßheit der §. §. 8 bis 11. zur Bürgerwehr heranzuziehen sind.
Ueber §. 13. erhebt sich eine längere Debatte. Abg. Ludwig stellt folgende Amendements:
a) statt der Worte: wird von dem Gemeinde-Vorsteher gefertigt — wird von dem Gemeinde-Vorstande gefertigt; und
b) statt: bei der Gemeinde-Vertretung anbringen — bei dem Gemeinde-Vorstande anbringen;
c) die Worte: „unter dem Vorsitze des Gemeinde-Vorstehers“ zu streichen.
Ein Abgeordneter wollte noch einen Zusatz zwischen den zweiten und dritten Satz des Paragraphen haben, welcher lautet: „bezweckt die angebrachte Bemerkung gegen die Stammliste die Ausschließung eines Dritten, so muß solche demselben binnen 48 Stunden mitgetheilt werden;“ wird aber nicht angenommen.
Nach längerer Debatte und nachdem sich auch der Justizminister für das Amendement Ludwig ausgesprochen, wird dasselbe mit großer Majorität angenommen, und der Paragraph lautet:
§ 13. Die Stammliste wird von dem Gemeindevorstande gefertigt; sie wird jedes Jahr erneuert und vom 1. bis 15. Dezember zu Jedermanns Einsicht auf dem Sekretariate der Gemeinde offen gelegt. Jedes Mitglied kann bis zum 20. Dezember einschließlich seine Bemerkungen gegen die Stammliste bei dem Gemeindevorstande anbringen. In der Zeit vom 21. bis 31. Dezember wird die Stammliste von der Gemeindevertretung revidirt und mit Rücksicht auf die eingegangenen Bemerkungen oder von Amtswegen berichtigt und festgestellt. Die festgestellte Liste wird vom 1. bis 15. Jan. auf dem Sekretariate der Gemeinde offen gelegt. Gegen die Feststellung geht die Berufung an die Kreisverwaltung, welche darüber endgültig entscheidet.
Hierauf werden der Abschnitt III. Dienstvergehen der Bürgerwehrpflichtigen §§ 14-21; Abschnitt IV. Von der Pflicht, den Dienst der Bürgerwehr in Person zu leisten, und Befreiungen von der Dienstleistung, §§ 22-26; und Abschnitt V. Bildung der Bürgerwehr, §§ 27-43 ohne Abänderung, ganz nach dem Entwurf der Centralabtheilung angenommen.
Der folgende Abschnitt über die Wahl und Ernennung der Vorgesetzten ruft gleich beim § 44 eine lebhafte Debatte hervor, es handelt sich dabei um das Prinzip der directen oder indirekten Wahl. Der Entwurf der Centralabtheilung lautet:
§ 44. Die Anführer der Bürgerwehr bis zum Hauptmann hinauf einschließlich, werden von allen Bürgerwehrmännern der Dienstwehrliste gewählt.
Abgeordneter Kehl stellt folgendes Amendement: „Die Anführer bis zum Major hinauf einschließlich, werden von allen Bürgerwehrmännern der Dienstwehrliste gewählt.“
Abg. Berends stellt folgendes Amendement: die Worte: „bis zum Hauptmann hinauf einschließlich,“ auszulassen.
Beide Amendements finden starke Unterstützung.
Abg. Kehl: Ich bin für direkte Wahlen in allen Fällen, wo dieselben, wie in diesem Falle, durch die Zahl der Wähler und durch die Lokalverhältnisse ausführbar sind. Das Vertrauen des Bataillons muß der Major noth-
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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