Neue Rheinische Zeitung. Nr. 83. Köln, 23. August 1848.[Deutschland] semann durch öffentliche Provokationen zu einem Zweikampf bringen wollten, aber auch Männer in ihren Reihen zählten, welche auch weitere gewaltsame Mittel nicht scheuten. - Der Kongreß der Gutsbesitzer hat in seiner gestrigen Sitzung mehrere Proteste an den König, an die Vereinbarer-Versammlung und an das Staatsministerium gegen Hrn. Hansemann angenommen. Besonders stark soll sich dabei Graf Arnim-Boytzenburg, der Exminister, gegen ihn ausgesprochen haben. Heute wurde der vom demokratischen Kreis-Ausschuß der Mark-Brandenburg zusammenberufene Kreis-Kongreß der demokratischen Vereine eröffnet. In der Vormittagssitzung wurde die Geschäftsordnung festgestellt und die Wahl eines Präsidenten vorgenommen. In der Nachmittags-Sitzung beschäftigte man sich mit dem Programm und einem Antrage Benary's: An allen Orten demokratische Wahlcomite's zu begründen, die einem Central-Wahlcomite dessen Sitz in Berlin sein soll, untergeordnet sein sollten. Mehrere Mitglieder der Linken haben Briefe von demokratisch-gesinnten Offizieren aus den Provinzen erhalten, worin auf die Nothwendigkeit aufmerksam gemacht wird,"daß der bekannte Beschluß, den Offizieren die Enthaltung von allen reaktionären Bestrebungen zur Ehrensache zu machen" von dem Kriegsminister promulgirt werde, da der Uebermuth der aristokratischen Offiziere bereits nicht mehr zu ertragen sei. Demzufolge haben wir nächstens eine Interpellation des Kriegsministers über diese Angelegenheit zu erwarten. Auch über die Düsseldorfer Vorfälle wird es an einer Interpellation nicht fehlen. Es fragt sich nur, ob sie vor der Tagesordnung als dringend anerkannt wird, da die Rechte von Hrn. Hansemann in ihrer Abendversammlung den festen Befehl erhalten hat, keine Interpellationen und dringende Anträge mehr vor der Tagesordnung einbringen zu lassen. Bekanntlich ist in Frankfurt bei der Nationalversammlung der Antrag gestellt, daß alle kleinen deutschen Fürsten, deren Staaten unter 1/2 Million Einwohner haben, mediatisirt, und das Vereinigte Gebiet dieser kleinen Staaten unter den direkten Befehl der Central-Gewalt gebracht werden solle. Der Anhalt-Dessauische Minister Habichst soll nun vor einigen Tagen deshalb hier gewesen sein, um einem solchen Schritte von hier aus entgegenzuarbeiten. Man erzählt sich sogar, daß ein näheres Anschließen an Preußen von Seiten des Herzogs von Dessau in Aussicht gestellt worden sei, besser ausgedrückt: der Herzog von Dessau will lieber in Preußen als in Deutschland aufgehen. Morgen findet in der Vereinbarer-Versammlung die Neuwahl des Präsidenten und der vier Vice-Präsidenten statt. Die Linke hat sich zu diesem Behuf mit dem linken Centrum geeinigt, und man hat beschlossen, Hrn. Grabow, als außer den Parteien stehend, wieder zum Präsidenten, dagegen als Vicepräsidenten Waldeck und Johann Jacoby von der Linken, Kosch u. Philipps vom linken Centrum zu wählen. - In der Dienstags Sitzung wird endlich die Habeas-Corpus-Akte berathen werden. In Charlottenburg hatte sich vor einigen Tagen ein demokratischer Klub gebildet, Mitglieder dessen Zahl sich täglich mehrte. Schon gestern und vorgestern umringte die Charlottenburger Bourgeoisie in Verbindung mit dem Lumpenproletariat das Sitzungslokal und stieß mannigfache Drohungen aus, bis sie denn endlich heute den Muth faßten, ins Sitzungslokal des Klubs hineinzudringen und die anwesenden Mitglieder mittelst Stockschlägen auseinanderzutreiben. Mehrere Klubmitglieder wurden noch auf der Flucht gefährlich verwundet. 15 Berlin, 20. Aug. Die Soldaten des in Posen neueingerückten 5. Regiments fangen an, daselbst die allgemeine Erbitterung auch unter den Deutschen gegen sich hervorzurufen. Tagtäglich Aufläufe und Schlägereien; selbst Hr. Steinäcker, der "Vater" dieser wackern Brüder findet keinen Gehorsam mehr. Die Ursache dieser Raufereien ist nicht etwa in der Politik zu suchen. Das 5. Regiment kümmert sich nicht um dieses. Die Wuth hat darin ihren Grund, daß die Soldaten von den Fleischtöpfen Danzigs nach dem bereits ausgesogenen "Polackennest" versetzt worden sind. Ihre einzige Erquickung, zu der sie mit doppelter Lust Zuflucht nehmen, ist das gebrannte Wasser, vulgo Schnaps. Allein die Schenkwirthe finden keineswegs ihre Rechnung dabei; denn die Herren Preußen trinken zwar, sie essen zwar, aber sie bezahlen nicht mehr. Aus den Läden werden die Cigarren mit Gewalt weggenommen und Prügel an Zahlungsstatt ausgegeben. Posen bietet das Bild einer eroberten, Marodeuren überlassenen Stadt. Die Kerndisciplin der "wohlgeschulten" preußischen Mustersoldaten ist völlig aufgelöst. Berlin, 20. August. Der Maschinenbauarbeiter, Herr Lehns, sah gestern zwei Handwerksburschen in den Händen von Constablern; der eine dieser Handwerksburschen wurde aufs unmenschlichste behandelt, fast - sagt der Berichterstatter - auseinander gerissen; als der andere Handwerksbursch sein Wanderbuch hervorlangte, um sich zu legitimiren, schrie einer der Constabler: "Ach was! ich sch- was ins Wanderbuch; das gilt hier nicht." Auf die Bemerkung eines der Umstehenden, daß, wenn die Burschen auch schuldig wären, solch eine Behandlung sich nicht gezieme, rief ein Bürgerwehrmann von sehr beträchtlichem Leibesumfang:"Schuldig oder unschuldig, das ist egal, Stricke für die Hunde!" (B. Z. H.)Breslau, 18. Aug. Einem Gerüchte zufolge soll Warschau bombardirt worden sein. Wie Reisende, welche mit dem oberschlesischen Krakauer Zuge angekommen sind, erzählen, soll in Petersburg und Moskau ein bedeutender Aufstand ausgebrochen sein, so daß der Kaiser sich nach Kronstadt flüchten mußte. (A. D. Z.) * Nach Privatbriefen aus Breslau vom 18. August kamen mit dem oberschlesischen Bahnzuge, der diese Nachrichten brachte, auch ein russischer Kourier und der preußische Konsul aus Warschau an, die sogleich ihre Reise nach Berlin fortsetzten. Die Nachricht vom Aufstande in Petersburg soll gestern in Warschau eingetroffen sein. Einige Personen wollten zwar wissen, daß Warschau 5 Stunden lang bombardirt und der Aufstand unterdrückt worden; dagegen behauptet man andererseits, daß es dort überhaupt zu keinem wirklichen Ausbruch gekommen. In Kalisch wurden übrigens schon vor einigen Tagen eine Anzahl Polen, darunter mehrere aus dem Posen'schen, in einem Lokale, wo sie sich angeblich in konspiratorischer Absicht versammelt hatten, von Kosacken überfallen, auf Kibitken gepackt und nach Rußland abgeführt. Danzig, 12. August. Unser Magistrat hat, im Einverständnisse mit den Stadtverordneten, und, was ihm nicht oft begegnet, diesmal auch im Einverständnisse mit dem bei weiten größten Theile der Einwohnerschaft, eine Petition, oder einen Protest, wie man es nennen will, an die preußische Nationalversammlung in Betreff des Bürgerwehr-Gesetz-Entwurfs, wie solcher aus den Berathungen der Minister hervorgegangen, abgehen lassen. Vielen Anklang findet auch der von Elbing aus angeregte Vorschlag des Zusammentrittes von Abgeordneten der westpreußischen Städte in unsern Mauern, um gemeinsam einen Protest wieder die Gemeinde-Ordnung zu berathen. (N. K. Z.)Czarnikow, Großh. Polen, 15. August. Der Vorsteher des demokratischen Klubs, Dr. Meyer, hatte eine Volksversammlung veranstaltet und in derselben vier Beschwerden gegen den Landrath Junker vorgelesen. Es veranlaßte hierauf das Volk diesem eine Katzenmusik zu bringen, welche dahin ausartete, daß die Haufen in das Haus des Landraths drangen, um sich seiner Person zu bemächtigen, welches ihnen jedoch nicht gelang. Indessen wurden die Fenster und Thüren zerschlagen und andere Zerstörungen an den Möbeln verübt, bis das Militär, die 6te Kompagnie des 14. Infanterie-Regiments zu Hülfe kam. (V. Z.) 111 Karlsruhe, 19. August. Der edle Herzog von Modena, der in so schmählicher Flucht seine Staaten hatte verlassen müssen, ist jetzt im Gefolge von einigen 1000 östreichischen Bajonetten jubelnd in sein "geliebtes" Herzogthum zurückgekehrt. Von ihm hätte man am wenigsten eine Amnestie erwartet, die sämmtlichen Rebellen zu Gute kommen soll, mit Ausschuß der eigentlichen Chefs, welchen jedoch Zeit zur Auswanderung gegönnt wird. Mag auch in der Praxis diese Amnestie eine oft wunderbar Anwendung erleiden, so ist doch gegen ihren Wortlaut nichts zu erinnern. Man vergleiche damit folgende Verordnung, die der badische Landesvater zu erlassen geruht: §. 1. Das strafgerichtliche Verfahren gegen die Theilnehmer an den stattgefundenen hochverrätherischen Unternehmungen, welche durch das Gesetz vom 16. Mai d. J. vor das in Freiburg niedergesetzte Untersuchungsgericht gewiesen sind, wird, wenn dieselben vor Gericht oder in einer Eingabe an das Justizministerium ein gesetzliches Verhalten versprechen und um Begnadigung bitten, eingestellt, vorbehaltlich jedoch der im § 2 bestimmten Ausnahmen. §. 2. Ausgeschlossen von der Begünstigung des §. 1 sind diejenigen Theilnehmer, welche bei einer derartigen hochverrätherischen Unternehmung 1) als Anführer oder Anstifter, oder als Führer bewaffneter Schaaren thätig waren, - oder 2) als Beamte des Staats, der Kirche, oder Schule, oder als Bürgermeister ihre besonderen Pflichten verletzten, oder überhaupt als öffentliche Diener ihre Stellung zur Beförderung des hochverrätherischen Unternehmens mißbrauchten, oder welche 3) durch unzweideutige Aufforderungen in Volksversammlungen, in öffentlich verbreiteten Aufrufen oder Druckschriften, oder durch Werbungen mittelst Herumreisens, oder durch Täuschungen, Einschüchterungen, und Drohungen Andere zur Theilnahme verleiteten, oder zu verleiten suchten, - oder 4) zugleich an einem gemeinen Verbrecher, z. B. an einer Tödtung, Verwundung, Plünderung, an einem Raub, an einer Erpressung u. dgl. Theil nahmen, oder einen Fahneneid gebrochen haben, - oder welche sonst 5) eine besonders gefährliche Thätigkeit durch Herbeischaffung oder Vertheilung von Waffen oder Schießbedarf, Sturmläuten, Signalgeben, Errichtung von Barrikaden, Zerstörung der Eisenbahn, oder Unterbrechung der Kommunikation auf solcher, u. dgl. entwickelten; 6) mit Schußwaffen an einem Gefechte Theil genommen haben, oder 7) mit einer auswärtigen Macht oder einer auswärtigen Faktion Verbindungen anknüpften oder anknüpfen suchten. Selbst ein russisches Ministerium hätte nicht die Frechheit gehabt, einen solchen Mummenschanz für eine Amnestie auszugeben. Sogar am Lichtenberg'schen Messer, das bekanntlich weder Heft noch Klinge hatte, war mehr Realität, als an dieser Amnestie. Doch nein! Es ist eine Amnestie und zwar für die badische Regierung, indem sie mittelst dieser Verordnung sich unter dem Schein der Gnade aller Derer entledigt, die sie ohne den mindesten Grund einer Schuld Monate lang im Kerker festgehalten, mit denen sie jetzt nichts anzufangen weiß, mit denen sie sich selbst vor einem badischen Gerichtshofe blamiren würde. Statt selbst zu bereuen, verlangt sie von den Mißhandelten Reue! * Rendsburg, 19. August. In der heutigen Sitzung der schleswig-holsteinischen Konstituirenden wurde der Antrag angenommen: daß sich der Verfassungsausschuß sofort constituire und seine Arbeiten auch nach eingetretener Vertagung fortsetze, daß der Präsident den von diesem Ausschuß eingelieferten Bericht sofort zum Druck befördere, und daß das Bureau (die Präsidenten und Secretaire) über die Einberufung enscheide. Auf die schon geschehenen und noch zu erwartenden Beschlußnahmen, wodurch die übereilt ausgesprochene Vertagung möglichst wieder gut gemacht werden soll, scheint aber Olshausens Entlassungsgesuch nicht ohne Einfluß geblieben zu sein. 61 Wien, 18. August. 23te Sitzung des Reichstags. Vorsitz: Schmitt; Anfang halb 11 Uhr; Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung; Wahlberichte; Berathung über den Antrag des Abg. Kudlich; letzte Lesung der Geschäftsordnung. Dobblhof theilt mit, daß der Kaiser am Samstag um 9 Uhr auf dem Glacis eine große Parade (der Truppen oder Garden, oder beider?) abhalten und dabei über den baldigen ehrenvollen Frieden mit Italien Mittheilungen machen werde. - Der Gemeindeausschuß (wegen absoluter Unpopularität völlig im Verscheiden) legt das Programm eines heute Abend von Penzing nach Schönbrunn statthabenden, von ihm veranstalteten Fackelzugs vor und ladet den Reichstag dazu ein. (Der Fackelzug unterblieb wegen schlechter Witterung und gänzlicher Theilnahmlosigkeit von Seiten des Volkes. Das Ansehen des Kaisers scheint also auf Null herabgesunken?) Nun folgt eine Reihe von Interpellationen, die namentlich den Kriegsminister Latour in die Enge treiben. Zimmer interpellirt ihn wegen der vom deutschen Reichsministerium nach Schleswig-Holstein bestellten Truppen; wegen der durch das Truppenkorps Weldens verübten Zerstörung von Sermida jenseits des Po; wegen der Beschießung Bologna's durch Perzlas; Sierakowski interpellirt ihn wegen der vom General Lichtenstein geschehenen Wiedereinsetzung des Herzogs von Modena, weil es der Thronrede zuwider sei, einem Volk einen Herrscher aufzudrängen; Löhner desgleichen über das Ergebniß des kriegsgerichtlichen Prozesses wider den ehemaligen Gouverneur von Venedig, Grafen Zichy; ferner darüber, ob gegen den Civilgouverneur von Venedig, Grafen Palffy, ein Verfahren eingeleitet sei und ob man schlechte Beamte immer noch nur mit Pensionirung und Orden bestrafe, wie den Gouverneur von Tirol? Der Justizminister versichert, eine Untersuchung sei eingeleitet. Brauner interpellirt Dobblhof wegen der Provinziallandtage, worauf Kapusczak, ein Bauer aus Galizien, die Tribüne besteigt, um über den Antrag Kudlich's zu reden. Geschweige Entschädigung zu geben, will er noch Entschädigung haben von Gutsbesitzern und Adel. "Die Bauern Galiziens," sagt er, "haben statt 100 durch 300 Tage gerobotet, der Grundherr rechnete 3 Tage nur für einen. Wer hat also zu entschädigen? Die ganze Woche mußte der Bauer arbeiten, am Sonntage warf man ihn in den Viehstall, munterte ihn mit Knitteln zur Arbeit auf und wenn er für sein schwaches Weib um Schonung bat, hieß es: Spanne dich für dein Weib an! Wenn die Herrschaften selber erklären, sie hätten die Robot geschenkt, wozu dann entschädigen? Der Bauer braucht sich für das Geschenk auch nicht einmal zu bedanken, da er erst am 12. April d. J., zu einer Zeit gegeben worden, wo unsere edlen deutschen Brüder für unsere Rechte aufgetreten; dieser Dank gebührt unsern deutschen Brüdern und dem gütigen Kaiser. (Beifall im Centrum, Zischen auf der Linken.) Wir wurden als Sklaven angesehen, mußten 300 Schritte von dem Hause des Grundherrn stille halten; mußten zum Juden gehen, wollten wir etwas bei ihm ausrichten (Beifall im Centrum), denn in sein Haus durften wir nicht kommen. "Der Bauer stinkt" hieß es, und wir sollten Entschädigung leisten? Die Peitsche, die sich um unsern matten Körper wand, ja, die könnten wir erlassen." Umlauft spricht viel in allgemeinen Sätzen, doch scheint er für Aufhebung ohne Entschädigung zu sein. Wo das größte Unrecht gewesen, mit dem Bauer, müsse man beginnen Recht zu schaffen. (Beifall.) Hier sei noch ein Stück Leibeigenschaft, wo eine ganze Klasse allein durch die Geburt zu niedrigen Knechtsdiensten, zu Schweiß und Blut getränkter Prästationen gegenüber einem hochgebornen Unterdrücker verpflichtet sei. Die Kette, die Bank, der Stock seien gar treffliche Mobilare in der Herrschaftskanzlei. Ob das nicht Embleme der Leibeigenschaft seien. (Allgemeiner Beifall.) Es gebe kein Verbrechen und keine Unthat, die im Laufe der Jahrhunderte nicht unter dem Mantel obrigkeitlicher Hoheitsrechte begangen worden wären. Die Freiheit, und wäre sie hundertmal zu Boden getreten, sei das ewig Unverletzliche. Alle Konsequenzen, die aus einer solchen Unterdrückung abgeleitet worden (Entschädigung) seien entschieden ohne Rechtsboden. Recht und Freiheit seien identisch, es gebe nur ein Recht, und dieses sei die Freiheit. Alle Gesetze, alle Institutionen, welche die Freiheit um ein haarbreit mehr einschränken, als der Zweck des Staatsverbandes es erheischt, seien Unrecht. Ob eine neue Saat solchen Unrechts nicht ausgestreut werden solle? Möge der Reichstag die Vergangenheit in ihr finsteres Nichts zurücksinken lassen, damit nicht noch Schlimmeres heraufbeschworen werde u. s. w. (Lauter Beifall.) Dylewski (galizischer Grundherr) spricht wider die Behauptungen Kapusczak's und will Beweise; die Veranlassung des Hasses zwischen Bauer und Grundherr sei von der Obrigkeit gekommen. Kapusczak sei auf einem Gute gewählt, dessen Eigenthümer Graf Stadion sei, weshalb er gewiß soviel von Unterthänigkeit und Gehorsam zu erzählen gewußt. (Heiterkeit.) Es kollidirten zwei Grundsätze, nämlich Robot als Pflicht und als Recht. Erste müsse unbedingt fallen, letzte nur gegen Entschädigung. Möge die Entschädigung eine noch so geringe sein, so müsse sie doch ausgesprochen werden, um den Grundsatz zu retten; es sei besser, einen Fetzen von Ehrlichkeit zu retten, als sich auf die unsichere See der Grundsatzlosigkeit zu begeben. (Theilweiser Beifall, theilweise Zeichen des Mißfallens.) Proschak beantragt, die Sache an die Abtheilungen zu verweisen, und von diesen alle Amendements in ein Hauptamendement bringen zu lassen, worüber ein Beschluß gefaßt werden könnte. Löhner ist dagegen. Schuselka will, daß das Präsidium die Parteien ersuche, unter sich einige Redner zu wählen, die ihre Ansichten vertheidigen sollen, und sich alle Antragsteller in einem Antrag vereinigen zu lassen. - Der Präsident will die Geschäftsordnung nicht verlassen, Schuselka möge also ein Antrag stellen. Kovolkabo ist für Fortsetzung der Debatte; [Fortsetzung] piern von der für die Fürsten und die auserlesenen Abgeordneten reservirten Erhöhung hinab in die Reihen des patriotischen Volkes. Es war ein imposanter Anblick. Voran der edle stattliche Gagern in der ganzen gesunden Fülle seiner irdischen Erhabenheit. Hinter ihm eine nicht weniger bemerkenswerthe Figur, einem Apollo ähnlich der am Herunterkommen ist - dem die ambrosischen Locken anfangen auszufallen, der aber noch immer Anmuth und Manneswürde verräth, in Gang und Geberde. Ich fragte den ersten besten Nachbar, ob er den bedeutenden Herrn kenne. "Das ist der Herr Müller!" antwortete er mir mit besonderem Nachdruck und ich muß mich schämen, ich hätte beinah gelacht. Kann es ein größeres Unglück für Jemanden, der berühmt werden will - und von jedem ehrenwerthen Deputirten kann man doch gewiß erwarten, daß er wenigstens in etwa den verwerflichen Durst nach Ruhm besitzt - kann es, sage ich, etwas schlimmeres für einen solchen Ruhmdürftigen geben, als wenn er Müller heißt, wenn er gerade den Namen trägt unter dem schon so viele ausgezeichnete Männer bekannt sind, daß man den einen oft nicht mehr von dem andern zu unterscheiden weiß und den Wald nicht mehr vor lauter Bäumen sieht? Müller! Müller! ein solcher Name ist entsetzlich; von der Geburt an hat einem schon das Schicksal einen Strich durch die Rechnung gemacht! Giebt es nicht schon einen Johannes Müller, einen Wilhelm Müller, ja sogar einen Wolfgang Müller? Was sollen wir noch mit einem neuen Müller anfangen? Armer Herr Müller! Außer Herrn Müller gewahrte man indeß auch noch einen dritten Versammelten, der es für seine Pflicht hielt sich zu den übrigen Gästen herabzulassen. Es war dies der stille Dulder, es war dies der Mann, der achtzehn Jahre lang für die deutsche Freiheit gedarbet hat, es war derselbe Mann dem die Republik nur über den Leib, über die Leiche geht und der so sehr von der glorreichen Zukunft Deutschland's überzeugt ist, daß er schon jetzt die Kaperprämien für unsere zukünftigen Admiräle bestimmt haben will - es war mit einem Worte niemand anders als der Hiob der National-Versammlung, es war der herrliche Dulder Jacobus Venedey. Zeus, Müller und Hiob schritten von Tisch zu Tisch und es versteht sich von selbst, daß alle Kehlen jubelten und alle Römer klirrten. Heiterkeit thronte auf Kronions Stirn. Er hatte die Donnerkeile seiner Rede in die Taschen des schwarzen Fracks gesteckt und spielte nur leicht mit dem unschädlichen Wetterleuchten seines unerforschlichen Geistes. Müller suchte seinem Gotte durch eine freundlich-würdige Gelassenheit den rechten Hintergrund zu geben; er war gewissermaßen die schöne Abendwolke auf der die Blitze seines Meisters hin- und herzuckten. Hiob, mit einem schmerzlich-süßen Lächeln säuselte hinter den Beiden her wie ein milder Westwind. Gern wäre ich den Dreien mit dem Auge gefolgt um zuzuschauen wie sie schwatzend, nickend und händeschüttelnd von Tisch zu Tisch zogen; aber sie verschwanden bald im Gewühle und ich verfügte mich daher zurück an meinen Platz. - Es freute mich nicht wenig dort meine alten Tafelgenossen, den Oestreicher und den Preußen wiederzufinden. Der Letztere war so eben, nach unsäglichen Anstrengungen, mit seiner Torte eingetroffen und der Schwarz-weiße und der Schwarz-roth-goldne schickten sich auch sofort an, ihre Beute in vollkommener deutscher Einigkeit zu theilen. Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußlands bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sein solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte. Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaciren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? "Allerdings!" rief der Preuße und: "Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!" bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen. Als ich aber die drei so glücklich essen sah und als mir bei der Torte, Gott weiß wie, plötzlich das arme Polen in den Sinn kam, da fing es an, mir in den Adern zu sieden und zu kochen. Hat denn der allmächtige Bäcker, der große Schöpfer diese hübsche Torte, dieses schöne Polen nur deshalb geschaffen, damit ihr mit Gabeln und Messern, mit Kartätschen und Shrappnells darüber herfallen sollt, um Alles ineinander zu schlagen und um es für ewig zu vertilgen? Mein Herz pochte rascher. Und als der vielfräßig-absolutistische, der westphälische Russe und als der konstitutionelle Preuße und der etwas demokratischere Oesterreicher sich nun erhoben, um wieder auf irgend eine Lumperei anzustoßen, da griff ich nach meinem Glase und: Es lebe die Republik! rief ich, daß es bis hinauf unter die Decke des Gürzenich klang. Ich hatte nicht mehr die Zeit, um nach dem Eindruck zu sehen, den mein unerhörter Frevel auf die Theiler der Torte hervorbringen mußte, denn in demselben Augenblick, wo ich mit der Rechten den Römer erhob und wo das verhängnißvolle Wort meinen Lippen entfloh, fühlte ich meine nach hinten fahrende Linke von eiserner Faust gefaßt und entsetzt wandte ich mich um. Zeus Kronion, der große Gagern, stand vor mir. Auf seiner Wanderung durch den Saal war er mit seinem Gefolge auch zu unserem Tisch gekommenn - jawohl, Zeus hatte mich gefaßt mit eigner Faust. Kalt lief's mir über den Rücken. Jetzt gehts dir schlecht! Wie Jupiter der Erste den Prometheus an den Kaukasus, damit ihm ein Geier die Leber aushacke, so wird jetzt Jupiter der Zweite, der edle Gagern, Dich an den Domkrahnen hängen, damit die dummen Konstitutionellen ihre schlechten Witze über Dich reißen! Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf flog. Ja, baumeln wirst Du da oben, schon in aller Herrgotts Frühe und alle deine Feinde werden kommen und lachen über Dich. Da wird der Herr Inckermann-Sternau kommen und rufen: Seht, dort hängt der Kerl, der über meine Verse gespottet hat! und der Hr. Dr. Gustav [Deutschland] semann durch öffentliche Provokationen zu einem Zweikampf bringen wollten, aber auch Männer in ihren Reihen zählten, welche auch weitere gewaltsame Mittel nicht scheuten. ‒ Der Kongreß der Gutsbesitzer hat in seiner gestrigen Sitzung mehrere Proteste an den König, an die Vereinbarer-Versammlung und an das Staatsministerium gegen Hrn. Hansemann angenommen. Besonders stark soll sich dabei Graf Arnim-Boytzenburg, der Exminister, gegen ihn ausgesprochen haben. Heute wurde der vom demokratischen Kreis-Ausschuß der Mark-Brandenburg zusammenberufene Kreis-Kongreß der demokratischen Vereine eröffnet. In der Vormittagssitzung wurde die Geschäftsordnung festgestellt und die Wahl eines Präsidenten vorgenommen. In der Nachmittags-Sitzung beschäftigte man sich mit dem Programm und einem Antrage Benary's: An allen Orten demokratische Wahlcomite's zu begründen, die einem Central-Wahlcomite dessen Sitz in Berlin sein soll, untergeordnet sein sollten. Mehrere Mitglieder der Linken haben Briefe von demokratisch-gesinnten Offizieren aus den Provinzen erhalten, worin auf die Nothwendigkeit aufmerksam gemacht wird,„daß der bekannte Beschluß, den Offizieren die Enthaltung von allen reaktionären Bestrebungen zur Ehrensache zu machen“ von dem Kriegsminister promulgirt werde, da der Uebermuth der aristokratischen Offiziere bereits nicht mehr zu ertragen sei. Demzufolge haben wir nächstens eine Interpellation des Kriegsministers über diese Angelegenheit zu erwarten. Auch über die Düsseldorfer Vorfälle wird es an einer Interpellation nicht fehlen. Es fragt sich nur, ob sie vor der Tagesordnung als dringend anerkannt wird, da die Rechte von Hrn. Hansemann in ihrer Abendversammlung den festen Befehl erhalten hat, keine Interpellationen und dringende Anträge mehr vor der Tagesordnung einbringen zu lassen. Bekanntlich ist in Frankfurt bei der Nationalversammlung der Antrag gestellt, daß alle kleinen deutschen Fürsten, deren Staaten unter 1/2 Million Einwohner haben, mediatisirt, und das Vereinigte Gebiet dieser kleinen Staaten unter den direkten Befehl der Central-Gewalt gebracht werden solle. Der Anhalt-Dessauische Minister Habichst soll nun vor einigen Tagen deshalb hier gewesen sein, um einem solchen Schritte von hier aus entgegenzuarbeiten. Man erzählt sich sogar, daß ein näheres Anschließen an Preußen von Seiten des Herzogs von Dessau in Aussicht gestellt worden sei, besser ausgedrückt: der Herzog von Dessau will lieber in Preußen als in Deutschland aufgehen. Morgen findet in der Vereinbarer-Versammlung die Neuwahl des Präsidenten und der vier Vice-Präsidenten statt. Die Linke hat sich zu diesem Behuf mit dem linken Centrum geeinigt, und man hat beschlossen, Hrn. Grabow, als außer den Parteien stehend, wieder zum Präsidenten, dagegen als Vicepräsidenten Waldeck und Johann Jacoby von der Linken, Kosch u. Philipps vom linken Centrum zu wählen. ‒ In der Dienstags Sitzung wird endlich die Habeas-Corpus-Akte berathen werden. In Charlottenburg hatte sich vor einigen Tagen ein demokratischer Klub gebildet, Mitglieder dessen Zahl sich täglich mehrte. Schon gestern und vorgestern umringte die Charlottenburger Bourgeoisie in Verbindung mit dem Lumpenproletariat das Sitzungslokal und stieß mannigfache Drohungen aus, bis sie denn endlich heute den Muth faßten, ins Sitzungslokal des Klubs hineinzudringen und die anwesenden Mitglieder mittelst Stockschlägen auseinanderzutreiben. Mehrere Klubmitglieder wurden noch auf der Flucht gefährlich verwundet. 15 Berlin, 20. Aug. Die Soldaten des in Posen neueingerückten 5. Regiments fangen an, daselbst die allgemeine Erbitterung auch unter den Deutschen gegen sich hervorzurufen. Tagtäglich Aufläufe und Schlägereien; selbst Hr. Steinäcker, der „Vater“ dieser wackern Brüder findet keinen Gehorsam mehr. Die Ursache dieser Raufereien ist nicht etwa in der Politik zu suchen. Das 5. Regiment kümmert sich nicht um dieses. Die Wuth hat darin ihren Grund, daß die Soldaten von den Fleischtöpfen Danzigs nach dem bereits ausgesogenen „Polackennest“ versetzt worden sind. Ihre einzige Erquickung, zu der sie mit doppelter Lust Zuflucht nehmen, ist das gebrannte Wasser, vulgo Schnaps. Allein die Schenkwirthe finden keineswegs ihre Rechnung dabei; denn die Herren Preußen trinken zwar, sie essen zwar, aber sie bezahlen nicht mehr. Aus den Läden werden die Cigarren mit Gewalt weggenommen und Prügel an Zahlungsstatt ausgegeben. Posen bietet das Bild einer eroberten, Marodeuren überlassenen Stadt. Die Kerndisciplin der „wohlgeschulten“ preußischen Mustersoldaten ist völlig aufgelöst. Berlin, 20. August. Der Maschinenbauarbeiter, Herr Lehns, sah gestern zwei Handwerksburschen in den Händen von Constablern; der eine dieser Handwerksburschen wurde aufs unmenschlichste behandelt, fast ‒ sagt der Berichterstatter ‒ auseinander gerissen; als der andere Handwerksbursch sein Wanderbuch hervorlangte, um sich zu legitimiren, schrie einer der Constabler: „Ach was! ich sch‒ was ins Wanderbuch; das gilt hier nicht.“ Auf die Bemerkung eines der Umstehenden, daß, wenn die Burschen auch schuldig wären, solch eine Behandlung sich nicht gezieme, rief ein Bürgerwehrmann von sehr beträchtlichem Leibesumfang:„Schuldig oder unschuldig, das ist egal, Stricke für die Hunde!“ (B. Z. H.)Breslau, 18. Aug. Einem Gerüchte zufolge soll Warschau bombardirt worden sein. Wie Reisende, welche mit dem oberschlesischen Krakauer Zuge angekommen sind, erzählen, soll in Petersburg und Moskau ein bedeutender Aufstand ausgebrochen sein, so daß der Kaiser sich nach Kronstadt flüchten mußte. (A. D. Z.) * Nach Privatbriefen aus Breslau vom 18. August kamen mit dem oberschlesischen Bahnzuge, der diese Nachrichten brachte, auch ein russischer Kourier und der preußische Konsul aus Warschau an, die sogleich ihre Reise nach Berlin fortsetzten. Die Nachricht vom Aufstande in Petersburg soll gestern in Warschau eingetroffen sein. Einige Personen wollten zwar wissen, daß Warschau 5 Stunden lang bombardirt und der Aufstand unterdrückt worden; dagegen behauptet man andererseits, daß es dort überhaupt zu keinem wirklichen Ausbruch gekommen. In Kalisch wurden übrigens schon vor einigen Tagen eine Anzahl Polen, darunter mehrere aus dem Posen'schen, in einem Lokale, wo sie sich angeblich in konspiratorischer Absicht versammelt hatten, von Kosacken überfallen, auf Kibitken gepackt und nach Rußland abgeführt. Danzig, 12. August. Unser Magistrat hat, im Einverständnisse mit den Stadtverordneten, und, was ihm nicht oft begegnet, diesmal auch im Einverständnisse mit dem bei weiten größten Theile der Einwohnerschaft, eine Petition, oder einen Protest, wie man es nennen will, an die preußische Nationalversammlung in Betreff des Bürgerwehr-Gesetz-Entwurfs, wie solcher aus den Berathungen der Minister hervorgegangen, abgehen lassen. Vielen Anklang findet auch der von Elbing aus angeregte Vorschlag des Zusammentrittes von Abgeordneten der westpreußischen Städte in unsern Mauern, um gemeinsam einen Protest wieder die Gemeinde-Ordnung zu berathen. (N. K. Z.)Czarnikow, Großh. Polen, 15. August. Der Vorsteher des demokratischen Klubs, Dr. Meyer, hatte eine Volksversammlung veranstaltet und in derselben vier Beschwerden gegen den Landrath Junker vorgelesen. Es veranlaßte hierauf das Volk diesem eine Katzenmusik zu bringen, welche dahin ausartete, daß die Haufen in das Haus des Landraths drangen, um sich seiner Person zu bemächtigen, welches ihnen jedoch nicht gelang. Indessen wurden die Fenster und Thüren zerschlagen und andere Zerstörungen an den Möbeln verübt, bis das Militär, die 6te Kompagnie des 14. Infanterie-Regiments zu Hülfe kam. (V. Z.) 111 Karlsruhe, 19. August. Der edle Herzog von Modena, der in so schmählicher Flucht seine Staaten hatte verlassen müssen, ist jetzt im Gefolge von einigen 1000 östreichischen Bajonetten jubelnd in sein „geliebtes“ Herzogthum zurückgekehrt. Von ihm hätte man am wenigsten eine Amnestie erwartet, die sämmtlichen Rebellen zu Gute kommen soll, mit Ausschuß der eigentlichen Chefs, welchen jedoch Zeit zur Auswanderung gegönnt wird. Mag auch in der Praxis diese Amnestie eine oft wunderbar Anwendung erleiden, so ist doch gegen ihren Wortlaut nichts zu erinnern. Man vergleiche damit folgende Verordnung, die der badische Landesvater zu erlassen geruht: §. 1. Das strafgerichtliche Verfahren gegen die Theilnehmer an den stattgefundenen hochverrätherischen Unternehmungen, welche durch das Gesetz vom 16. Mai d. J. vor das in Freiburg niedergesetzte Untersuchungsgericht gewiesen sind, wird, wenn dieselben vor Gericht oder in einer Eingabe an das Justizministerium ein gesetzliches Verhalten versprechen und um Begnadigung bitten, eingestellt, vorbehaltlich jedoch der im § 2 bestimmten Ausnahmen. §. 2. Ausgeschlossen von der Begünstigung des §. 1 sind diejenigen Theilnehmer, welche bei einer derartigen hochverrätherischen Unternehmung 1) als Anführer oder Anstifter, oder als Führer bewaffneter Schaaren thätig waren, ‒ oder 2) als Beamte des Staats, der Kirche, oder Schule, oder als Bürgermeister ihre besonderen Pflichten verletzten, oder überhaupt als öffentliche Diener ihre Stellung zur Beförderung des hochverrätherischen Unternehmens mißbrauchten, oder welche 3) durch unzweideutige Aufforderungen in Volksversammlungen, in öffentlich verbreiteten Aufrufen oder Druckschriften, oder durch Werbungen mittelst Herumreisens, oder durch Täuschungen, Einschüchterungen, und Drohungen Andere zur Theilnahme verleiteten, oder zu verleiten suchten, ‒ oder 4) zugleich an einem gemeinen Verbrecher, z. B. an einer Tödtung, Verwundung, Plünderung, an einem Raub, an einer Erpressung u. dgl. Theil nahmen, oder einen Fahneneid gebrochen haben, ‒ oder welche sonst 5) eine besonders gefährliche Thätigkeit durch Herbeischaffung oder Vertheilung von Waffen oder Schießbedarf, Sturmläuten, Signalgeben, Errichtung von Barrikaden, Zerstörung der Eisenbahn, oder Unterbrechung der Kommunikation auf solcher, u. dgl. entwickelten; 6) mit Schußwaffen an einem Gefechte Theil genommen haben, oder 7) mit einer auswärtigen Macht oder einer auswärtigen Faktion Verbindungen anknüpften oder anknüpfen suchten. Selbst ein russisches Ministerium hätte nicht die Frechheit gehabt, einen solchen Mummenschanz für eine Amnestie auszugeben. Sogar am Lichtenberg'schen Messer, das bekanntlich weder Heft noch Klinge hatte, war mehr Realität, als an dieser Amnestie. Doch nein! Es ist eine Amnestie und zwar für die badische Regierung, indem sie mittelst dieser Verordnung sich unter dem Schein der Gnade aller Derer entledigt, die sie ohne den mindesten Grund einer Schuld Monate lang im Kerker festgehalten, mit denen sie jetzt nichts anzufangen weiß, mit denen sie sich selbst vor einem badischen Gerichtshofe blamiren würde. Statt selbst zu bereuen, verlangt sie von den Mißhandelten Reue! * Rendsburg, 19. August. In der heutigen Sitzung der schleswig-holsteinischen Konstituirenden wurde der Antrag angenommen: daß sich der Verfassungsausschuß sofort constituire und seine Arbeiten auch nach eingetretener Vertagung fortsetze, daß der Präsident den von diesem Ausschuß eingelieferten Bericht sofort zum Druck befördere, und daß das Bureau (die Präsidenten und Secretaire) über die Einberufung enscheide. Auf die schon geschehenen und noch zu erwartenden Beschlußnahmen, wodurch die übereilt ausgesprochene Vertagung möglichst wieder gut gemacht werden soll, scheint aber Olshausens Entlassungsgesuch nicht ohne Einfluß geblieben zu sein. 61 Wien, 18. August. 23te Sitzung des Reichstags. Vorsitz: Schmitt; Anfang halb 11 Uhr; Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung; Wahlberichte; Berathung über den Antrag des Abg. Kudlich; letzte Lesung der Geschäftsordnung. Dobblhof theilt mit, daß der Kaiser am Samstag um 9 Uhr auf dem Glacis eine große Parade (der Truppen oder Garden, oder beider?) abhalten und dabei über den baldigen ehrenvollen Frieden mit Italien Mittheilungen machen werde. ‒ Der Gemeindeausschuß (wegen absoluter Unpopularität völlig im Verscheiden) legt das Programm eines heute Abend von Penzing nach Schönbrunn statthabenden, von ihm veranstalteten Fackelzugs vor und ladet den Reichstag dazu ein. (Der Fackelzug unterblieb wegen schlechter Witterung und gänzlicher Theilnahmlosigkeit von Seiten des Volkes. Das Ansehen des Kaisers scheint also auf Null herabgesunken?) Nun folgt eine Reihe von Interpellationen, die namentlich den Kriegsminister Latour in die Enge treiben. Zimmer interpellirt ihn wegen der vom deutschen Reichsministerium nach Schleswig-Holstein bestellten Truppen; wegen der durch das Truppenkorps Weldens verübten Zerstörung von Sermida jenseits des Po; wegen der Beschießung Bologna's durch Perzlas; Sierakowski interpellirt ihn wegen der vom General Lichtenstein geschehenen Wiedereinsetzung des Herzogs von Modena, weil es der Thronrede zuwider sei, einem Volk einen Herrscher aufzudrängen; Löhner desgleichen über das Ergebniß des kriegsgerichtlichen Prozesses wider den ehemaligen Gouverneur von Venedig, Grafen Zichy; ferner darüber, ob gegen den Civilgouverneur von Venedig, Grafen Palffy, ein Verfahren eingeleitet sei und ob man schlechte Beamte immer noch nur mit Pensionirung und Orden bestrafe, wie den Gouverneur von Tirol? Der Justizminister versichert, eine Untersuchung sei eingeleitet. Brauner interpellirt Dobblhof wegen der Provinziallandtage, worauf Kapusczak, ein Bauer aus Galizien, die Tribüne besteigt, um über den Antrag Kudlich's zu reden. Geschweige Entschädigung zu geben, will er noch Entschädigung haben von Gutsbesitzern und Adel. „Die Bauern Galiziens,“ sagt er, „haben statt 100 durch 300 Tage gerobotet, der Grundherr rechnete 3 Tage nur für einen. Wer hat also zu entschädigen? Die ganze Woche mußte der Bauer arbeiten, am Sonntage warf man ihn in den Viehstall, munterte ihn mit Knitteln zur Arbeit auf und wenn er für sein schwaches Weib um Schonung bat, hieß es: Spanne dich für dein Weib an! Wenn die Herrschaften selber erklären, sie hätten die Robot geschenkt, wozu dann entschädigen? Der Bauer braucht sich für das Geschenk auch nicht einmal zu bedanken, da er erst am 12. April d. J., zu einer Zeit gegeben worden, wo unsere edlen deutschen Brüder für unsere Rechte aufgetreten; dieser Dank gebührt unsern deutschen Brüdern und dem gütigen Kaiser. (Beifall im Centrum, Zischen auf der Linken.) Wir wurden als Sklaven angesehen, mußten 300 Schritte von dem Hause des Grundherrn stille halten; mußten zum Juden gehen, wollten wir etwas bei ihm ausrichten (Beifall im Centrum), denn in sein Haus durften wir nicht kommen. „Der Bauer stinkt“ hieß es, und wir sollten Entschädigung leisten? Die Peitsche, die sich um unsern matten Körper wand, ja, die könnten wir erlassen.“ Umlauft spricht viel in allgemeinen Sätzen, doch scheint er für Aufhebung ohne Entschädigung zu sein. Wo das größte Unrecht gewesen, mit dem Bauer, müsse man beginnen Recht zu schaffen. (Beifall.) Hier sei noch ein Stück Leibeigenschaft, wo eine ganze Klasse allein durch die Geburt zu niedrigen Knechtsdiensten, zu Schweiß und Blut getränkter Prästationen gegenüber einem hochgebornen Unterdrücker verpflichtet sei. Die Kette, die Bank, der Stock seien gar treffliche Mobilare in der Herrschaftskanzlei. Ob das nicht Embleme der Leibeigenschaft seien. (Allgemeiner Beifall.) Es gebe kein Verbrechen und keine Unthat, die im Laufe der Jahrhunderte nicht unter dem Mantel obrigkeitlicher Hoheitsrechte begangen worden wären. Die Freiheit, und wäre sie hundertmal zu Boden getreten, sei das ewig Unverletzliche. Alle Konsequenzen, die aus einer solchen Unterdrückung abgeleitet worden (Entschädigung) seien entschieden ohne Rechtsboden. Recht und Freiheit seien identisch, es gebe nur ein Recht, und dieses sei die Freiheit. Alle Gesetze, alle Institutionen, welche die Freiheit um ein haarbreit mehr einschränken, als der Zweck des Staatsverbandes es erheischt, seien Unrecht. Ob eine neue Saat solchen Unrechts nicht ausgestreut werden solle? Möge der Reichstag die Vergangenheit in ihr finsteres Nichts zurücksinken lassen, damit nicht noch Schlimmeres heraufbeschworen werde u. s. w. (Lauter Beifall.) Dylewski (galizischer Grundherr) spricht wider die Behauptungen Kapusczak's und will Beweise; die Veranlassung des Hasses zwischen Bauer und Grundherr sei von der Obrigkeit gekommen. Kapusczak sei auf einem Gute gewählt, dessen Eigenthümer Graf Stadion sei, weshalb er gewiß soviel von Unterthänigkeit und Gehorsam zu erzählen gewußt. (Heiterkeit.) Es kollidirten zwei Grundsätze, nämlich Robot als Pflicht und als Recht. Erste müsse unbedingt fallen, letzte nur gegen Entschädigung. Möge die Entschädigung eine noch so geringe sein, so müsse sie doch ausgesprochen werden, um den Grundsatz zu retten; es sei besser, einen Fetzen von Ehrlichkeit zu retten, als sich auf die unsichere See der Grundsatzlosigkeit zu begeben. (Theilweiser Beifall, theilweise Zeichen des Mißfallens.) Proschak beantragt, die Sache an die Abtheilungen zu verweisen, und von diesen alle Amendements in ein Hauptamendement bringen zu lassen, worüber ein Beschluß gefaßt werden könnte. Löhner ist dagegen. Schuselka will, daß das Präsidium die Parteien ersuche, unter sich einige Redner zu wählen, die ihre Ansichten vertheidigen sollen, und sich alle Antragsteller in einem Antrag vereinigen zu lassen. ‒ Der Präsident will die Geschäftsordnung nicht verlassen, Schuselka möge also ein Antrag stellen. Kovolkabo ist für Fortsetzung der Debatte; [Fortsetzung] piern von der für die Fürsten und die auserlesenen Abgeordneten reservirten Erhöhung hinab in die Reihen des patriotischen Volkes. Es war ein imposanter Anblick. Voran der edle stattliche Gagern in der ganzen gesunden Fülle seiner irdischen Erhabenheit. Hinter ihm eine nicht weniger bemerkenswerthe Figur, einem Apollo ähnlich der am Herunterkommen ist ‒ dem die ambrosischen Locken anfangen auszufallen, der aber noch immer Anmuth und Manneswürde verräth, in Gang und Geberde. Ich fragte den ersten besten Nachbar, ob er den bedeutenden Herrn kenne. „Das ist der Herr Müller!“ antwortete er mir mit besonderem Nachdruck und ich muß mich schämen, ich hätte beinah gelacht. Kann es ein größeres Unglück für Jemanden, der berühmt werden will ‒ und von jedem ehrenwerthen Deputirten kann man doch gewiß erwarten, daß er wenigstens in etwa den verwerflichen Durst nach Ruhm besitzt ‒ kann es, sage ich, etwas schlimmeres für einen solchen Ruhmdürftigen geben, als wenn er Müller heißt, wenn er gerade den Namen trägt unter dem schon so viele ausgezeichnete Männer bekannt sind, daß man den einen oft nicht mehr von dem andern zu unterscheiden weiß und den Wald nicht mehr vor lauter Bäumen sieht? Müller! Müller! ein solcher Name ist entsetzlich; von der Geburt an hat einem schon das Schicksal einen Strich durch die Rechnung gemacht! Giebt es nicht schon einen Johannes Müller, einen Wilhelm Müller, ja sogar einen Wolfgang Müller? Was sollen wir noch mit einem neuen Müller anfangen? Armer Herr Müller! Außer Herrn Müller gewahrte man indeß auch noch einen dritten Versammelten, der es für seine Pflicht hielt sich zu den übrigen Gästen herabzulassen. Es war dies der stille Dulder, es war dies der Mann, der achtzehn Jahre lang für die deutsche Freiheit gedarbet hat, es war derselbe Mann dem die Republik nur über den Leib, über die Leiche geht und der so sehr von der glorreichen Zukunft Deutschland's überzeugt ist, daß er schon jetzt die Kaperprämien für unsere zukünftigen Admiräle bestimmt haben will ‒ es war mit einem Worte niemand anders als der Hiob der National-Versammlung, es war der herrliche Dulder Jacobus Venedey. Zeus, Müller und Hiob schritten von Tisch zu Tisch und es versteht sich von selbst, daß alle Kehlen jubelten und alle Römer klirrten. Heiterkeit thronte auf Kronions Stirn. Er hatte die Donnerkeile seiner Rede in die Taschen des schwarzen Fracks gesteckt und spielte nur leicht mit dem unschädlichen Wetterleuchten seines unerforschlichen Geistes. Müller suchte seinem Gotte durch eine freundlich-würdige Gelassenheit den rechten Hintergrund zu geben; er war gewissermaßen die schöne Abendwolke auf der die Blitze seines Meisters hin- und herzuckten. Hiob, mit einem schmerzlich-süßen Lächeln säuselte hinter den Beiden her wie ein milder Westwind. Gern wäre ich den Dreien mit dem Auge gefolgt um zuzuschauen wie sie schwatzend, nickend und händeschüttelnd von Tisch zu Tisch zogen; aber sie verschwanden bald im Gewühle und ich verfügte mich daher zurück an meinen Platz. ‒ Es freute mich nicht wenig dort meine alten Tafelgenossen, den Oestreicher und den Preußen wiederzufinden. Der Letztere war so eben, nach unsäglichen Anstrengungen, mit seiner Torte eingetroffen und der Schwarz-weiße und der Schwarz-roth-goldne schickten sich auch sofort an, ihre Beute in vollkommener deutscher Einigkeit zu theilen. Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußlands bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sein solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte. Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaciren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? „Allerdings!“ rief der Preuße und: „Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!“ bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen. Als ich aber die drei so glücklich essen sah und als mir bei der Torte, Gott weiß wie, plötzlich das arme Polen in den Sinn kam, da fing es an, mir in den Adern zu sieden und zu kochen. Hat denn der allmächtige Bäcker, der große Schöpfer diese hübsche Torte, dieses schöne Polen nur deshalb geschaffen, damit ihr mit Gabeln und Messern, mit Kartätschen und Shrappnells darüber herfallen sollt, um Alles ineinander zu schlagen und um es für ewig zu vertilgen? Mein Herz pochte rascher. Und als der vielfräßig-absolutistische, der westphälische Russe und als der konstitutionelle Preuße und der etwas demokratischere Oesterreicher sich nun erhoben, um wieder auf irgend eine Lumperei anzustoßen, da griff ich nach meinem Glase und: Es lebe die Republik! rief ich, daß es bis hinauf unter die Decke des Gürzenich klang. Ich hatte nicht mehr die Zeit, um nach dem Eindruck zu sehen, den mein unerhörter Frevel auf die Theiler der Torte hervorbringen mußte, denn in demselben Augenblick, wo ich mit der Rechten den Römer erhob und wo das verhängnißvolle Wort meinen Lippen entfloh, fühlte ich meine nach hinten fahrende Linke von eiserner Faust gefaßt und entsetzt wandte ich mich um. Zeus Kronion, der große Gagern, stand vor mir. Auf seiner Wanderung durch den Saal war er mit seinem Gefolge auch zu unserem Tisch gekommenn ‒ jawohl, Zeus hatte mich gefaßt mit eigner Faust. Kalt lief's mir über den Rücken. Jetzt gehts dir schlecht! Wie Jupiter der Erste den Prometheus an den Kaukasus, damit ihm ein Geier die Leber aushacke, so wird jetzt Jupiter der Zweite, der edle Gagern, Dich an den Domkrahnen hängen, damit die dummen Konstitutionellen ihre schlechten Witze über Dich reißen! Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf flog. Ja, baumeln wirst Du da oben, schon in aller Herrgotts Frühe und alle deine Feinde werden kommen und lachen über Dich. Da wird der Herr Inckermann-Sternau kommen und rufen: Seht, dort hängt der Kerl, der über meine Verse gespottet hat! und der Hr. Dr. Gustav <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="0420"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar083_004a" type="jArticle"> <p>semann durch öffentliche Provokationen zu einem Zweikampf bringen wollten, aber auch Männer in ihren Reihen zählten, welche auch <hi rendition="#g">weitere</hi> gewaltsame Mittel nicht scheuten. ‒ Der Kongreß der Gutsbesitzer hat in seiner gestrigen Sitzung mehrere Proteste an den König, an die Vereinbarer-Versammlung und an das Staatsministerium gegen Hrn. Hansemann angenommen. Besonders stark soll sich dabei Graf <hi rendition="#g">Arnim-Boytzenburg</hi>, der Exminister, gegen ihn ausgesprochen haben.</p> <p>Heute wurde der vom demokratischen Kreis-Ausschuß der Mark-Brandenburg zusammenberufene Kreis-Kongreß der demokratischen Vereine eröffnet. In der Vormittagssitzung wurde die Geschäftsordnung festgestellt und die Wahl eines Präsidenten vorgenommen. In der Nachmittags-Sitzung beschäftigte man sich mit dem Programm und einem Antrage <hi rendition="#g">Benary's:</hi> An allen Orten demokratische Wahlcomite's zu begründen, die einem Central-Wahlcomite dessen Sitz in Berlin sein soll, untergeordnet sein sollten.</p> <p>Mehrere Mitglieder der Linken haben Briefe von demokratisch-gesinnten Offizieren aus den Provinzen erhalten, worin auf die Nothwendigkeit aufmerksam gemacht wird,„daß der bekannte Beschluß, den Offizieren die Enthaltung von allen reaktionären Bestrebungen zur Ehrensache zu machen“ von dem Kriegsminister promulgirt werde, da der Uebermuth der aristokratischen Offiziere bereits nicht mehr zu ertragen sei. Demzufolge haben wir nächstens eine Interpellation des Kriegsministers über diese Angelegenheit zu erwarten. Auch über die Düsseldorfer Vorfälle wird es an einer Interpellation nicht fehlen. Es fragt sich nur, ob sie vor der Tagesordnung als dringend anerkannt wird, da die Rechte von Hrn. Hansemann in ihrer Abendversammlung den festen Befehl erhalten hat, keine Interpellationen und dringende Anträge mehr vor der Tagesordnung einbringen zu lassen.</p> <p>Bekanntlich ist in Frankfurt bei der Nationalversammlung der Antrag gestellt, daß alle kleinen deutschen Fürsten, deren Staaten unter 1/2 Million Einwohner haben, mediatisirt, und das Vereinigte Gebiet dieser kleinen Staaten unter den direkten Befehl der Central-Gewalt gebracht werden solle. Der Anhalt-Dessauische Minister <hi rendition="#g">Habichst</hi> soll nun vor einigen Tagen deshalb hier gewesen sein, um einem solchen Schritte von hier aus entgegenzuarbeiten. Man erzählt sich sogar, daß ein näheres Anschließen an Preußen von Seiten des Herzogs von Dessau in Aussicht gestellt worden sei, besser ausgedrückt: der Herzog von Dessau will lieber in Preußen als in Deutschland aufgehen.</p> <p>Morgen findet in der Vereinbarer-Versammlung die Neuwahl des Präsidenten und der vier Vice-Präsidenten statt. Die Linke hat sich zu diesem Behuf mit dem linken Centrum geeinigt, und man hat beschlossen, Hrn. Grabow, als außer den Parteien stehend, wieder zum Präsidenten, dagegen als Vicepräsidenten <hi rendition="#g">Waldeck</hi> und <hi rendition="#g">Johann Jacoby</hi> von der Linken, <hi rendition="#g">Kosch</hi> u. <hi rendition="#g">Philipps</hi> vom linken Centrum zu wählen. ‒ In der Dienstags Sitzung wird endlich die Habeas-Corpus-Akte berathen werden.</p> <p>In Charlottenburg hatte sich vor einigen Tagen ein demokratischer Klub gebildet, Mitglieder dessen Zahl sich täglich mehrte. Schon gestern und vorgestern umringte die Charlottenburger Bourgeoisie in Verbindung mit dem Lumpenproletariat das Sitzungslokal und stieß mannigfache Drohungen aus, bis sie denn endlich heute den Muth faßten, ins Sitzungslokal des Klubs hineinzudringen und die anwesenden Mitglieder mittelst Stockschlägen auseinanderzutreiben. Mehrere Klubmitglieder wurden noch auf der Flucht gefährlich verwundet.</p> </div> <div xml:id="ar083_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Berlin, 20. Aug.</head> <p>Die Soldaten des in Posen neueingerückten 5. Regiments fangen an, daselbst die allgemeine Erbitterung auch unter den Deutschen gegen sich hervorzurufen. Tagtäglich Aufläufe und Schlägereien; selbst Hr. Steinäcker, der „Vater“ dieser wackern Brüder findet keinen Gehorsam mehr. Die Ursache dieser Raufereien ist nicht etwa in der Politik zu suchen. Das 5. Regiment kümmert sich nicht um dieses. Die Wuth hat darin ihren Grund, daß die Soldaten von den Fleischtöpfen Danzigs nach dem bereits ausgesogenen „Polackennest“ versetzt worden sind. Ihre einzige Erquickung, zu der sie mit doppelter Lust Zuflucht nehmen, ist das gebrannte Wasser, vulgo Schnaps. Allein die Schenkwirthe finden keineswegs ihre Rechnung dabei; denn die Herren Preußen trinken zwar, sie essen zwar, aber sie bezahlen nicht mehr. Aus den Läden werden die Cigarren mit Gewalt weggenommen und Prügel an Zahlungsstatt ausgegeben. Posen bietet das Bild einer eroberten, Marodeuren überlassenen Stadt. Die Kerndisciplin der „wohlgeschulten“ preußischen Mustersoldaten ist völlig aufgelöst.</p> </div> <div xml:id="ar083_006" type="jArticle"> <head>Berlin, 20. August.</head> <p>Der Maschinenbauarbeiter, Herr Lehns, sah gestern zwei Handwerksburschen in den Händen von Constablern; der eine dieser Handwerksburschen wurde aufs unmenschlichste behandelt, fast ‒ sagt der Berichterstatter ‒ auseinander gerissen; als der andere Handwerksbursch sein Wanderbuch hervorlangte, um sich zu legitimiren, schrie einer der Constabler: „Ach was! ich sch‒ was ins Wanderbuch; das gilt hier nicht.“ Auf die Bemerkung eines der Umstehenden, daß, wenn die Burschen auch schuldig wären, solch eine Behandlung sich nicht gezieme, rief ein Bürgerwehrmann von sehr beträchtlichem Leibesumfang:„Schuldig oder unschuldig, das ist egal, Stricke für die Hunde!“</p> <bibl>(B. Z. H.)</bibl> </div> <div xml:id="ar083_007" type="jArticle"> <head>Breslau, 18. Aug.</head> <p>Einem Gerüchte zufolge soll Warschau bombardirt worden sein. Wie Reisende, welche mit dem oberschlesischen Krakauer Zuge angekommen sind, erzählen, soll in Petersburg und Moskau ein bedeutender Aufstand ausgebrochen sein, so daß der Kaiser sich nach Kronstadt flüchten mußte.</p> <bibl>(A. D. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar083_008" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Nach Privatbriefen aus Breslau vom 18. August kamen mit dem oberschlesischen Bahnzuge, der diese Nachrichten brachte, auch ein russischer Kourier und der preußische Konsul aus Warschau an, die sogleich ihre Reise nach Berlin fortsetzten. Die Nachricht vom Aufstande in Petersburg soll gestern in Warschau eingetroffen sein. Einige Personen wollten zwar wissen, daß Warschau 5 Stunden lang bombardirt und der Aufstand unterdrückt worden; dagegen behauptet man andererseits, daß es dort überhaupt zu keinem wirklichen Ausbruch gekommen.</p> <p>In Kalisch wurden übrigens schon vor einigen Tagen eine Anzahl Polen, darunter mehrere aus dem Posen'schen, in einem Lokale, wo sie sich angeblich in konspiratorischer Absicht versammelt hatten, von Kosacken überfallen, auf Kibitken gepackt und nach Rußland abgeführt.</p> </div> <div xml:id="ar083_009" type="jArticle"> <head>Danzig, 12. August.</head> <p>Unser Magistrat hat, im Einverständnisse mit den Stadtverordneten, und, was ihm nicht oft begegnet, diesmal auch im Einverständnisse mit dem bei weiten größten Theile der Einwohnerschaft, eine Petition, oder einen Protest, wie man es nennen will, an die preußische Nationalversammlung in Betreff des Bürgerwehr-Gesetz-Entwurfs, wie solcher aus den Berathungen der Minister hervorgegangen, abgehen lassen. Vielen Anklang findet auch der von Elbing aus angeregte Vorschlag des Zusammentrittes von Abgeordneten der westpreußischen Städte in unsern Mauern, um gemeinsam einen Protest wieder die Gemeinde-Ordnung zu berathen.</p> <bibl>(N. K. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar083_010" type="jArticle"> <head>Czarnikow, Großh. Polen, 15. August.</head> <p>Der Vorsteher des demokratischen Klubs, Dr. Meyer, hatte eine Volksversammlung veranstaltet und in derselben vier Beschwerden gegen den Landrath Junker vorgelesen. Es veranlaßte hierauf das Volk diesem eine Katzenmusik zu bringen, welche dahin ausartete, daß die Haufen in das Haus des Landraths drangen, um sich seiner Person zu bemächtigen, welches ihnen jedoch nicht gelang. Indessen wurden die Fenster und Thüren zerschlagen und andere Zerstörungen an den Möbeln verübt, bis das Militär, die 6te Kompagnie des 14. Infanterie-Regiments zu Hülfe kam.</p> <bibl>(V. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar083_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>111</author></bibl> Karlsruhe, 19. August.</head> <p>Der edle Herzog von Modena, der in so schmählicher Flucht seine Staaten hatte verlassen müssen, ist jetzt im Gefolge von einigen 1000 östreichischen Bajonetten jubelnd in sein „geliebtes“ Herzogthum zurückgekehrt. Von ihm hätte man am wenigsten eine Amnestie erwartet, die sämmtlichen Rebellen zu Gute kommen soll, mit Ausschuß der eigentlichen Chefs, welchen jedoch Zeit zur Auswanderung gegönnt wird. Mag auch in der Praxis diese Amnestie eine oft wunderbar Anwendung erleiden, so ist doch gegen ihren Wortlaut nichts zu erinnern. Man vergleiche damit folgende Verordnung, die der badische Landesvater zu erlassen geruht:</p> <p>§. 1.</p> <p>Das strafgerichtliche Verfahren gegen die Theilnehmer an den stattgefundenen hochverrätherischen Unternehmungen, welche durch das Gesetz vom 16. Mai d. J. vor das in Freiburg niedergesetzte Untersuchungsgericht gewiesen sind, wird, wenn dieselben vor Gericht oder in einer Eingabe an das Justizministerium ein gesetzliches Verhalten versprechen und um Begnadigung bitten, eingestellt, vorbehaltlich jedoch der im § 2 bestimmten Ausnahmen.</p> <p>§. 2.</p> <p>Ausgeschlossen von der Begünstigung des §. 1 sind diejenigen Theilnehmer, welche bei einer derartigen hochverrätherischen Unternehmung</p> <p>1) als Anführer oder Anstifter, oder als Führer bewaffneter Schaaren thätig waren, ‒ oder</p> <p>2) als Beamte des Staats, der Kirche, oder Schule, oder als Bürgermeister ihre besonderen Pflichten verletzten, oder überhaupt als öffentliche Diener ihre Stellung zur Beförderung des hochverrätherischen Unternehmens mißbrauchten, oder welche</p> <p>3) durch unzweideutige Aufforderungen in Volksversammlungen, in öffentlich verbreiteten Aufrufen oder Druckschriften, oder durch Werbungen mittelst Herumreisens, oder durch Täuschungen, Einschüchterungen, und Drohungen Andere zur Theilnahme verleiteten, oder zu verleiten suchten, ‒ oder</p> <p>4) zugleich an einem gemeinen Verbrecher, z. B. an einer Tödtung, Verwundung, Plünderung, an einem Raub, an einer Erpressung u. dgl. Theil nahmen, oder einen Fahneneid gebrochen haben, ‒ oder welche sonst</p> <p>5) eine besonders gefährliche Thätigkeit durch Herbeischaffung oder Vertheilung von Waffen oder Schießbedarf, Sturmläuten, Signalgeben, Errichtung von Barrikaden, Zerstörung der Eisenbahn, oder Unterbrechung der Kommunikation auf solcher, u. dgl. entwickelten;</p> <p>6) mit Schußwaffen an einem Gefechte Theil genommen haben, oder</p> <p>7) mit einer auswärtigen Macht oder einer auswärtigen Faktion Verbindungen anknüpften oder anknüpfen suchten.</p> <p>Selbst ein russisches Ministerium hätte nicht die Frechheit gehabt, einen solchen Mummenschanz für eine Amnestie auszugeben. Sogar am Lichtenberg'schen Messer, das bekanntlich weder Heft noch Klinge hatte, war mehr Realität, als an dieser Amnestie. Doch nein! Es ist eine Amnestie und zwar für die badische Regierung, indem sie mittelst dieser Verordnung sich unter dem Schein der Gnade aller Derer entledigt, die sie ohne den mindesten Grund einer Schuld Monate lang im Kerker festgehalten, mit denen sie jetzt nichts anzufangen weiß, mit denen sie sich selbst vor einem badischen Gerichtshofe blamiren würde. Statt selbst zu bereuen, verlangt sie von den Mißhandelten Reue!</p> </div> <div xml:id="ar083_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rendsburg, 19. August.</head> <p>In der heutigen Sitzung der schleswig-holsteinischen Konstituirenden wurde der Antrag angenommen: daß sich der Verfassungsausschuß sofort constituire und seine Arbeiten auch nach eingetretener Vertagung fortsetze, daß der Präsident den von diesem Ausschuß eingelieferten Bericht sofort zum Druck befördere, und daß das Bureau (die Präsidenten und Secretaire) über die Einberufung enscheide. Auf die schon geschehenen und noch zu erwartenden Beschlußnahmen, wodurch die übereilt ausgesprochene Vertagung möglichst wieder gut gemacht werden soll, scheint aber Olshausens Entlassungsgesuch nicht ohne Einfluß geblieben zu sein.</p> </div> <div xml:id="ar083_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 18. August.</head> <p>23te Sitzung des Reichstags. Vorsitz: Schmitt; Anfang halb 11 Uhr; Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung; Wahlberichte; Berathung über den Antrag des Abg. <hi rendition="#g">Kudlich;</hi> letzte Lesung der Geschäftsordnung.</p> <p><hi rendition="#g">Dobblhof</hi> theilt mit, daß der Kaiser am Samstag um 9 Uhr auf dem Glacis eine große Parade (der Truppen oder Garden, oder beider?) abhalten und dabei über den baldigen ehrenvollen Frieden mit Italien Mittheilungen machen werde. ‒ Der Gemeindeausschuß (wegen absoluter Unpopularität völlig im Verscheiden) legt das Programm eines heute Abend von Penzing nach Schönbrunn statthabenden, von ihm veranstalteten Fackelzugs vor und ladet den Reichstag dazu ein. (Der Fackelzug unterblieb wegen schlechter Witterung und gänzlicher Theilnahmlosigkeit von Seiten des Volkes. Das Ansehen des Kaisers scheint also auf Null herabgesunken?)</p> <p>Nun folgt eine Reihe von Interpellationen, die namentlich den Kriegsminister Latour in die Enge treiben.</p> <p><hi rendition="#g">Zimmer</hi> interpellirt ihn wegen der vom deutschen Reichsministerium nach Schleswig-Holstein bestellten Truppen; wegen der durch das Truppenkorps Weldens verübten Zerstörung von Sermida jenseits des Po; wegen der Beschießung Bologna's durch Perzlas; <hi rendition="#g">Sierakowski</hi> interpellirt ihn wegen der vom General Lichtenstein geschehenen Wiedereinsetzung des Herzogs von Modena, weil es der Thronrede zuwider sei, einem Volk einen Herrscher aufzudrängen; <hi rendition="#g">Löhner</hi> desgleichen über das Ergebniß des kriegsgerichtlichen Prozesses wider den ehemaligen Gouverneur von Venedig, Grafen Zichy; ferner darüber, ob gegen den Civilgouverneur von Venedig, Grafen Palffy, ein Verfahren eingeleitet sei und ob man schlechte Beamte immer noch nur mit Pensionirung und Orden bestrafe, wie den Gouverneur von Tirol? Der Justizminister versichert, eine Untersuchung sei eingeleitet. <hi rendition="#g">Brauner</hi> interpellirt Dobblhof wegen der Provinziallandtage, worauf <hi rendition="#g">Kapusczak,</hi> ein Bauer aus Galizien, die Tribüne besteigt, um über den Antrag Kudlich's zu reden. Geschweige Entschädigung zu geben, will er noch Entschädigung haben von Gutsbesitzern und Adel. „Die Bauern Galiziens,“ sagt er, „haben statt 100 durch 300 Tage gerobotet, der Grundherr rechnete 3 Tage nur für einen. Wer hat also zu entschädigen? Die ganze Woche mußte der Bauer arbeiten, am Sonntage warf man ihn in den Viehstall, munterte ihn mit Knitteln zur Arbeit auf und wenn er für sein schwaches Weib um Schonung bat, hieß es: Spanne dich für dein Weib an! Wenn die Herrschaften selber erklären, sie hätten die Robot geschenkt, wozu dann entschädigen? Der Bauer braucht sich für das Geschenk auch nicht einmal zu bedanken, da er erst am 12. April d. J., zu einer Zeit gegeben worden, wo unsere edlen deutschen Brüder für unsere Rechte aufgetreten; dieser Dank gebührt unsern deutschen Brüdern und dem gütigen Kaiser. (Beifall im Centrum, Zischen auf der Linken.) Wir wurden als Sklaven angesehen, mußten 300 Schritte von dem Hause des Grundherrn stille halten; mußten zum Juden gehen, wollten wir etwas bei ihm ausrichten (Beifall im Centrum), denn in sein Haus durften wir nicht kommen. „Der Bauer stinkt“ hieß es, und wir sollten Entschädigung leisten? Die Peitsche, die sich um unsern matten Körper wand, ja, die könnten wir erlassen.“</p> <p><hi rendition="#g">Umlauft</hi> spricht viel in allgemeinen Sätzen, doch scheint er für Aufhebung ohne Entschädigung zu sein. Wo das größte Unrecht gewesen, mit dem Bauer, müsse man beginnen Recht zu schaffen. (Beifall.) Hier sei noch ein Stück Leibeigenschaft, wo eine ganze Klasse allein durch die Geburt zu niedrigen Knechtsdiensten, zu Schweiß und Blut getränkter Prästationen gegenüber einem hochgebornen Unterdrücker verpflichtet sei. Die Kette, die Bank, der Stock seien gar treffliche Mobilare in der Herrschaftskanzlei. Ob das nicht Embleme der Leibeigenschaft seien. (Allgemeiner Beifall.) Es gebe kein Verbrechen und keine Unthat, die im Laufe der Jahrhunderte nicht unter dem Mantel obrigkeitlicher Hoheitsrechte begangen worden wären. Die Freiheit, und wäre sie hundertmal zu Boden getreten, sei das ewig Unverletzliche. Alle Konsequenzen, die aus einer solchen Unterdrückung abgeleitet worden (Entschädigung) seien entschieden ohne Rechtsboden. Recht und Freiheit seien identisch, es gebe nur ein Recht, und dieses sei die Freiheit. Alle Gesetze, alle Institutionen, welche die Freiheit um ein haarbreit mehr einschränken, als der Zweck des Staatsverbandes es erheischt, seien Unrecht. Ob eine neue Saat solchen Unrechts nicht ausgestreut werden solle? Möge der Reichstag die Vergangenheit in ihr finsteres Nichts zurücksinken lassen, damit nicht noch Schlimmeres heraufbeschworen werde u. s. w. (Lauter Beifall.)</p> <p><hi rendition="#g">Dylewski</hi> (galizischer Grundherr) spricht wider die Behauptungen Kapusczak's und will Beweise; die Veranlassung des Hasses zwischen Bauer und Grundherr sei von der Obrigkeit gekommen. Kapusczak sei auf einem Gute gewählt, dessen Eigenthümer Graf Stadion sei, weshalb er gewiß soviel von Unterthänigkeit und Gehorsam zu erzählen gewußt. (Heiterkeit.) Es kollidirten zwei Grundsätze, nämlich Robot als Pflicht und als Recht. Erste müsse unbedingt fallen, letzte nur gegen Entschädigung. Möge die Entschädigung eine noch so geringe sein, so müsse sie doch ausgesprochen werden, um den Grundsatz zu retten; es sei besser, einen Fetzen von Ehrlichkeit zu retten, als sich auf die unsichere See der Grundsatzlosigkeit zu begeben. (Theilweiser Beifall, theilweise Zeichen des Mißfallens.)</p> <p><hi rendition="#g">Proschak</hi> beantragt, die Sache an die Abtheilungen zu verweisen, und von diesen alle Amendements in ein Hauptamendement bringen zu lassen, worüber ein Beschluß gefaßt werden könnte.</p> <p><hi rendition="#g">Löhner</hi> ist dagegen. <hi rendition="#g">Schuselka</hi> will, daß das Präsidium die Parteien ersuche, unter sich einige Redner zu wählen, die ihre Ansichten vertheidigen sollen, und sich alle Antragsteller in einem Antrag vereinigen zu lassen. ‒ Der <hi rendition="#g">Präsident</hi> will die Geschäftsordnung nicht verlassen, Schuselka möge also ein Antrag stellen. <hi rendition="#g">Kovolkabo</hi> ist für Fortsetzung der Debatte; </p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar083_014" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> piern von der für die Fürsten und die auserlesenen Abgeordneten reservirten Erhöhung hinab in die Reihen des patriotischen Volkes.</p> <p>Es war ein imposanter Anblick. Voran der edle stattliche Gagern in der ganzen gesunden Fülle seiner irdischen Erhabenheit. Hinter ihm eine nicht weniger bemerkenswerthe Figur, einem Apollo ähnlich der am Herunterkommen ist ‒ dem die ambrosischen Locken anfangen auszufallen, der aber noch immer Anmuth und Manneswürde verräth, in Gang und Geberde. Ich fragte den ersten besten Nachbar, ob er den bedeutenden Herrn kenne. „Das ist der Herr Müller!“ antwortete er mir mit besonderem Nachdruck und ich muß mich schämen, ich hätte beinah gelacht.</p> <p>Kann es ein größeres Unglück für Jemanden, der berühmt werden will ‒ und von jedem ehrenwerthen Deputirten kann man doch gewiß erwarten, daß er wenigstens in etwa den verwerflichen Durst nach Ruhm besitzt ‒ kann es, sage ich, etwas schlimmeres für einen solchen Ruhmdürftigen geben, als wenn er Müller heißt, wenn er gerade den Namen trägt unter dem schon so viele ausgezeichnete Männer bekannt sind, daß man den einen oft nicht mehr von dem andern zu unterscheiden weiß und den Wald nicht mehr vor lauter Bäumen sieht? Müller! Müller! ein solcher Name ist entsetzlich; von der Geburt an hat einem schon das Schicksal einen Strich durch die Rechnung gemacht! Giebt es nicht schon einen Johannes Müller, einen Wilhelm Müller, ja sogar einen Wolfgang Müller?</p> <p>Was sollen wir noch mit einem neuen Müller anfangen? Armer Herr Müller!</p> <p>Außer Herrn Müller gewahrte man indeß auch noch einen dritten Versammelten, der es für seine Pflicht hielt sich zu den übrigen Gästen herabzulassen. Es war dies der stille Dulder, es war dies der Mann, der achtzehn Jahre lang für die deutsche Freiheit gedarbet hat, es war derselbe Mann dem die Republik nur über den Leib, über die Leiche geht und der so sehr von der glorreichen Zukunft Deutschland's überzeugt ist, daß er schon jetzt die Kaperprämien für unsere zukünftigen Admiräle bestimmt haben will ‒ es war mit einem Worte niemand anders als der Hiob der National-Versammlung, es war der herrliche Dulder Jacobus Venedey.</p> <p>Zeus, Müller und Hiob schritten von Tisch zu Tisch und es versteht sich von selbst, daß alle Kehlen jubelten und alle Römer klirrten.</p> <p>Heiterkeit thronte auf Kronions Stirn. Er hatte die Donnerkeile seiner Rede in die Taschen des schwarzen Fracks gesteckt und spielte nur leicht mit dem unschädlichen Wetterleuchten seines unerforschlichen Geistes. Müller suchte seinem Gotte durch eine freundlich-würdige Gelassenheit den rechten Hintergrund zu geben; er war gewissermaßen die schöne Abendwolke auf der die Blitze seines Meisters hin- und herzuckten. Hiob, mit einem schmerzlich-süßen Lächeln säuselte hinter den Beiden her wie ein milder Westwind. Gern wäre ich den Dreien mit dem Auge gefolgt um zuzuschauen wie sie schwatzend, nickend und händeschüttelnd von Tisch zu Tisch zogen; aber sie verschwanden bald im Gewühle und ich verfügte mich daher zurück an meinen Platz. ‒ Es freute mich nicht wenig dort meine alten Tafelgenossen, den Oestreicher und den Preußen wiederzufinden. Der Letztere war so eben, nach unsäglichen Anstrengungen, mit seiner Torte eingetroffen und der Schwarz-weiße und der Schwarz-roth-goldne schickten sich auch sofort an, ihre Beute in vollkommener deutscher Einigkeit zu theilen.</p> <p>Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußlands bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sein solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte.</p> <p>Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaciren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? „Allerdings!“ rief der Preuße und: „Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!“ bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen.</p> <p>Als ich aber die drei so glücklich essen sah und als mir bei der Torte, Gott weiß wie, plötzlich das arme Polen in den Sinn kam, da fing es an, mir in den Adern zu sieden und zu kochen. Hat denn der allmächtige Bäcker, der große Schöpfer diese hübsche Torte, dieses schöne Polen nur deshalb geschaffen, damit ihr mit Gabeln und Messern, mit Kartätschen und Shrappnells darüber herfallen sollt, um Alles ineinander zu schlagen und um es für ewig zu vertilgen? Mein Herz pochte rascher. Und als der vielfräßig-absolutistische, der westphälische Russe und als der konstitutionelle Preuße und der etwas demokratischere Oesterreicher sich nun erhoben, um wieder auf irgend eine Lumperei anzustoßen, da griff ich nach meinem Glase und: Es lebe die Republik! rief ich, daß es bis hinauf unter die Decke des Gürzenich klang. Ich hatte nicht mehr die Zeit, um nach dem Eindruck zu sehen, den mein unerhörter Frevel auf die Theiler der Torte hervorbringen mußte, denn in demselben Augenblick, wo ich mit der Rechten den Römer erhob und wo das verhängnißvolle Wort meinen Lippen entfloh, fühlte ich meine nach hinten fahrende Linke von eiserner Faust gefaßt und entsetzt wandte ich mich um. Zeus Kronion, der große Gagern, stand vor mir. Auf seiner Wanderung durch den Saal war er mit seinem Gefolge auch zu unserem Tisch gekommenn ‒ jawohl, Zeus hatte mich gefaßt mit eigner Faust. Kalt lief's mir über den Rücken. Jetzt gehts dir schlecht! Wie Jupiter der Erste den Prometheus an den Kaukasus, damit ihm ein Geier die Leber aushacke, so wird jetzt Jupiter der Zweite, der edle Gagern, Dich an den Domkrahnen hängen, damit die dummen Konstitutionellen ihre schlechten Witze über Dich reißen! Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf flog. Ja, baumeln wirst Du da oben, schon in aller Herrgotts Frühe und alle deine Feinde werden kommen und lachen über Dich. Da wird der Herr Inckermann-Sternau kommen und rufen: Seht, dort hängt der Kerl, der über meine Verse gespottet hat! und der Hr. Dr. Gustav</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0420/0002]
[Deutschland] semann durch öffentliche Provokationen zu einem Zweikampf bringen wollten, aber auch Männer in ihren Reihen zählten, welche auch weitere gewaltsame Mittel nicht scheuten. ‒ Der Kongreß der Gutsbesitzer hat in seiner gestrigen Sitzung mehrere Proteste an den König, an die Vereinbarer-Versammlung und an das Staatsministerium gegen Hrn. Hansemann angenommen. Besonders stark soll sich dabei Graf Arnim-Boytzenburg, der Exminister, gegen ihn ausgesprochen haben.
Heute wurde der vom demokratischen Kreis-Ausschuß der Mark-Brandenburg zusammenberufene Kreis-Kongreß der demokratischen Vereine eröffnet. In der Vormittagssitzung wurde die Geschäftsordnung festgestellt und die Wahl eines Präsidenten vorgenommen. In der Nachmittags-Sitzung beschäftigte man sich mit dem Programm und einem Antrage Benary's: An allen Orten demokratische Wahlcomite's zu begründen, die einem Central-Wahlcomite dessen Sitz in Berlin sein soll, untergeordnet sein sollten.
Mehrere Mitglieder der Linken haben Briefe von demokratisch-gesinnten Offizieren aus den Provinzen erhalten, worin auf die Nothwendigkeit aufmerksam gemacht wird,„daß der bekannte Beschluß, den Offizieren die Enthaltung von allen reaktionären Bestrebungen zur Ehrensache zu machen“ von dem Kriegsminister promulgirt werde, da der Uebermuth der aristokratischen Offiziere bereits nicht mehr zu ertragen sei. Demzufolge haben wir nächstens eine Interpellation des Kriegsministers über diese Angelegenheit zu erwarten. Auch über die Düsseldorfer Vorfälle wird es an einer Interpellation nicht fehlen. Es fragt sich nur, ob sie vor der Tagesordnung als dringend anerkannt wird, da die Rechte von Hrn. Hansemann in ihrer Abendversammlung den festen Befehl erhalten hat, keine Interpellationen und dringende Anträge mehr vor der Tagesordnung einbringen zu lassen.
Bekanntlich ist in Frankfurt bei der Nationalversammlung der Antrag gestellt, daß alle kleinen deutschen Fürsten, deren Staaten unter 1/2 Million Einwohner haben, mediatisirt, und das Vereinigte Gebiet dieser kleinen Staaten unter den direkten Befehl der Central-Gewalt gebracht werden solle. Der Anhalt-Dessauische Minister Habichst soll nun vor einigen Tagen deshalb hier gewesen sein, um einem solchen Schritte von hier aus entgegenzuarbeiten. Man erzählt sich sogar, daß ein näheres Anschließen an Preußen von Seiten des Herzogs von Dessau in Aussicht gestellt worden sei, besser ausgedrückt: der Herzog von Dessau will lieber in Preußen als in Deutschland aufgehen.
Morgen findet in der Vereinbarer-Versammlung die Neuwahl des Präsidenten und der vier Vice-Präsidenten statt. Die Linke hat sich zu diesem Behuf mit dem linken Centrum geeinigt, und man hat beschlossen, Hrn. Grabow, als außer den Parteien stehend, wieder zum Präsidenten, dagegen als Vicepräsidenten Waldeck und Johann Jacoby von der Linken, Kosch u. Philipps vom linken Centrum zu wählen. ‒ In der Dienstags Sitzung wird endlich die Habeas-Corpus-Akte berathen werden.
In Charlottenburg hatte sich vor einigen Tagen ein demokratischer Klub gebildet, Mitglieder dessen Zahl sich täglich mehrte. Schon gestern und vorgestern umringte die Charlottenburger Bourgeoisie in Verbindung mit dem Lumpenproletariat das Sitzungslokal und stieß mannigfache Drohungen aus, bis sie denn endlich heute den Muth faßten, ins Sitzungslokal des Klubs hineinzudringen und die anwesenden Mitglieder mittelst Stockschlägen auseinanderzutreiben. Mehrere Klubmitglieder wurden noch auf der Flucht gefährlich verwundet.
15 Berlin, 20. Aug. Die Soldaten des in Posen neueingerückten 5. Regiments fangen an, daselbst die allgemeine Erbitterung auch unter den Deutschen gegen sich hervorzurufen. Tagtäglich Aufläufe und Schlägereien; selbst Hr. Steinäcker, der „Vater“ dieser wackern Brüder findet keinen Gehorsam mehr. Die Ursache dieser Raufereien ist nicht etwa in der Politik zu suchen. Das 5. Regiment kümmert sich nicht um dieses. Die Wuth hat darin ihren Grund, daß die Soldaten von den Fleischtöpfen Danzigs nach dem bereits ausgesogenen „Polackennest“ versetzt worden sind. Ihre einzige Erquickung, zu der sie mit doppelter Lust Zuflucht nehmen, ist das gebrannte Wasser, vulgo Schnaps. Allein die Schenkwirthe finden keineswegs ihre Rechnung dabei; denn die Herren Preußen trinken zwar, sie essen zwar, aber sie bezahlen nicht mehr. Aus den Läden werden die Cigarren mit Gewalt weggenommen und Prügel an Zahlungsstatt ausgegeben. Posen bietet das Bild einer eroberten, Marodeuren überlassenen Stadt. Die Kerndisciplin der „wohlgeschulten“ preußischen Mustersoldaten ist völlig aufgelöst.
Berlin, 20. August. Der Maschinenbauarbeiter, Herr Lehns, sah gestern zwei Handwerksburschen in den Händen von Constablern; der eine dieser Handwerksburschen wurde aufs unmenschlichste behandelt, fast ‒ sagt der Berichterstatter ‒ auseinander gerissen; als der andere Handwerksbursch sein Wanderbuch hervorlangte, um sich zu legitimiren, schrie einer der Constabler: „Ach was! ich sch‒ was ins Wanderbuch; das gilt hier nicht.“ Auf die Bemerkung eines der Umstehenden, daß, wenn die Burschen auch schuldig wären, solch eine Behandlung sich nicht gezieme, rief ein Bürgerwehrmann von sehr beträchtlichem Leibesumfang:„Schuldig oder unschuldig, das ist egal, Stricke für die Hunde!“
(B. Z. H.) Breslau, 18. Aug. Einem Gerüchte zufolge soll Warschau bombardirt worden sein. Wie Reisende, welche mit dem oberschlesischen Krakauer Zuge angekommen sind, erzählen, soll in Petersburg und Moskau ein bedeutender Aufstand ausgebrochen sein, so daß der Kaiser sich nach Kronstadt flüchten mußte.
(A. D. Z.) * Nach Privatbriefen aus Breslau vom 18. August kamen mit dem oberschlesischen Bahnzuge, der diese Nachrichten brachte, auch ein russischer Kourier und der preußische Konsul aus Warschau an, die sogleich ihre Reise nach Berlin fortsetzten. Die Nachricht vom Aufstande in Petersburg soll gestern in Warschau eingetroffen sein. Einige Personen wollten zwar wissen, daß Warschau 5 Stunden lang bombardirt und der Aufstand unterdrückt worden; dagegen behauptet man andererseits, daß es dort überhaupt zu keinem wirklichen Ausbruch gekommen.
In Kalisch wurden übrigens schon vor einigen Tagen eine Anzahl Polen, darunter mehrere aus dem Posen'schen, in einem Lokale, wo sie sich angeblich in konspiratorischer Absicht versammelt hatten, von Kosacken überfallen, auf Kibitken gepackt und nach Rußland abgeführt.
Danzig, 12. August. Unser Magistrat hat, im Einverständnisse mit den Stadtverordneten, und, was ihm nicht oft begegnet, diesmal auch im Einverständnisse mit dem bei weiten größten Theile der Einwohnerschaft, eine Petition, oder einen Protest, wie man es nennen will, an die preußische Nationalversammlung in Betreff des Bürgerwehr-Gesetz-Entwurfs, wie solcher aus den Berathungen der Minister hervorgegangen, abgehen lassen. Vielen Anklang findet auch der von Elbing aus angeregte Vorschlag des Zusammentrittes von Abgeordneten der westpreußischen Städte in unsern Mauern, um gemeinsam einen Protest wieder die Gemeinde-Ordnung zu berathen.
(N. K. Z.) Czarnikow, Großh. Polen, 15. August. Der Vorsteher des demokratischen Klubs, Dr. Meyer, hatte eine Volksversammlung veranstaltet und in derselben vier Beschwerden gegen den Landrath Junker vorgelesen. Es veranlaßte hierauf das Volk diesem eine Katzenmusik zu bringen, welche dahin ausartete, daß die Haufen in das Haus des Landraths drangen, um sich seiner Person zu bemächtigen, welches ihnen jedoch nicht gelang. Indessen wurden die Fenster und Thüren zerschlagen und andere Zerstörungen an den Möbeln verübt, bis das Militär, die 6te Kompagnie des 14. Infanterie-Regiments zu Hülfe kam.
(V. Z.) 111 Karlsruhe, 19. August. Der edle Herzog von Modena, der in so schmählicher Flucht seine Staaten hatte verlassen müssen, ist jetzt im Gefolge von einigen 1000 östreichischen Bajonetten jubelnd in sein „geliebtes“ Herzogthum zurückgekehrt. Von ihm hätte man am wenigsten eine Amnestie erwartet, die sämmtlichen Rebellen zu Gute kommen soll, mit Ausschuß der eigentlichen Chefs, welchen jedoch Zeit zur Auswanderung gegönnt wird. Mag auch in der Praxis diese Amnestie eine oft wunderbar Anwendung erleiden, so ist doch gegen ihren Wortlaut nichts zu erinnern. Man vergleiche damit folgende Verordnung, die der badische Landesvater zu erlassen geruht:
§. 1.
Das strafgerichtliche Verfahren gegen die Theilnehmer an den stattgefundenen hochverrätherischen Unternehmungen, welche durch das Gesetz vom 16. Mai d. J. vor das in Freiburg niedergesetzte Untersuchungsgericht gewiesen sind, wird, wenn dieselben vor Gericht oder in einer Eingabe an das Justizministerium ein gesetzliches Verhalten versprechen und um Begnadigung bitten, eingestellt, vorbehaltlich jedoch der im § 2 bestimmten Ausnahmen.
§. 2.
Ausgeschlossen von der Begünstigung des §. 1 sind diejenigen Theilnehmer, welche bei einer derartigen hochverrätherischen Unternehmung
1) als Anführer oder Anstifter, oder als Führer bewaffneter Schaaren thätig waren, ‒ oder
2) als Beamte des Staats, der Kirche, oder Schule, oder als Bürgermeister ihre besonderen Pflichten verletzten, oder überhaupt als öffentliche Diener ihre Stellung zur Beförderung des hochverrätherischen Unternehmens mißbrauchten, oder welche
3) durch unzweideutige Aufforderungen in Volksversammlungen, in öffentlich verbreiteten Aufrufen oder Druckschriften, oder durch Werbungen mittelst Herumreisens, oder durch Täuschungen, Einschüchterungen, und Drohungen Andere zur Theilnahme verleiteten, oder zu verleiten suchten, ‒ oder
4) zugleich an einem gemeinen Verbrecher, z. B. an einer Tödtung, Verwundung, Plünderung, an einem Raub, an einer Erpressung u. dgl. Theil nahmen, oder einen Fahneneid gebrochen haben, ‒ oder welche sonst
5) eine besonders gefährliche Thätigkeit durch Herbeischaffung oder Vertheilung von Waffen oder Schießbedarf, Sturmläuten, Signalgeben, Errichtung von Barrikaden, Zerstörung der Eisenbahn, oder Unterbrechung der Kommunikation auf solcher, u. dgl. entwickelten;
6) mit Schußwaffen an einem Gefechte Theil genommen haben, oder
7) mit einer auswärtigen Macht oder einer auswärtigen Faktion Verbindungen anknüpften oder anknüpfen suchten.
Selbst ein russisches Ministerium hätte nicht die Frechheit gehabt, einen solchen Mummenschanz für eine Amnestie auszugeben. Sogar am Lichtenberg'schen Messer, das bekanntlich weder Heft noch Klinge hatte, war mehr Realität, als an dieser Amnestie. Doch nein! Es ist eine Amnestie und zwar für die badische Regierung, indem sie mittelst dieser Verordnung sich unter dem Schein der Gnade aller Derer entledigt, die sie ohne den mindesten Grund einer Schuld Monate lang im Kerker festgehalten, mit denen sie jetzt nichts anzufangen weiß, mit denen sie sich selbst vor einem badischen Gerichtshofe blamiren würde. Statt selbst zu bereuen, verlangt sie von den Mißhandelten Reue!
* Rendsburg, 19. August. In der heutigen Sitzung der schleswig-holsteinischen Konstituirenden wurde der Antrag angenommen: daß sich der Verfassungsausschuß sofort constituire und seine Arbeiten auch nach eingetretener Vertagung fortsetze, daß der Präsident den von diesem Ausschuß eingelieferten Bericht sofort zum Druck befördere, und daß das Bureau (die Präsidenten und Secretaire) über die Einberufung enscheide. Auf die schon geschehenen und noch zu erwartenden Beschlußnahmen, wodurch die übereilt ausgesprochene Vertagung möglichst wieder gut gemacht werden soll, scheint aber Olshausens Entlassungsgesuch nicht ohne Einfluß geblieben zu sein.
61 Wien, 18. August. 23te Sitzung des Reichstags. Vorsitz: Schmitt; Anfang halb 11 Uhr; Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung; Wahlberichte; Berathung über den Antrag des Abg. Kudlich; letzte Lesung der Geschäftsordnung.
Dobblhof theilt mit, daß der Kaiser am Samstag um 9 Uhr auf dem Glacis eine große Parade (der Truppen oder Garden, oder beider?) abhalten und dabei über den baldigen ehrenvollen Frieden mit Italien Mittheilungen machen werde. ‒ Der Gemeindeausschuß (wegen absoluter Unpopularität völlig im Verscheiden) legt das Programm eines heute Abend von Penzing nach Schönbrunn statthabenden, von ihm veranstalteten Fackelzugs vor und ladet den Reichstag dazu ein. (Der Fackelzug unterblieb wegen schlechter Witterung und gänzlicher Theilnahmlosigkeit von Seiten des Volkes. Das Ansehen des Kaisers scheint also auf Null herabgesunken?)
Nun folgt eine Reihe von Interpellationen, die namentlich den Kriegsminister Latour in die Enge treiben.
Zimmer interpellirt ihn wegen der vom deutschen Reichsministerium nach Schleswig-Holstein bestellten Truppen; wegen der durch das Truppenkorps Weldens verübten Zerstörung von Sermida jenseits des Po; wegen der Beschießung Bologna's durch Perzlas; Sierakowski interpellirt ihn wegen der vom General Lichtenstein geschehenen Wiedereinsetzung des Herzogs von Modena, weil es der Thronrede zuwider sei, einem Volk einen Herrscher aufzudrängen; Löhner desgleichen über das Ergebniß des kriegsgerichtlichen Prozesses wider den ehemaligen Gouverneur von Venedig, Grafen Zichy; ferner darüber, ob gegen den Civilgouverneur von Venedig, Grafen Palffy, ein Verfahren eingeleitet sei und ob man schlechte Beamte immer noch nur mit Pensionirung und Orden bestrafe, wie den Gouverneur von Tirol? Der Justizminister versichert, eine Untersuchung sei eingeleitet. Brauner interpellirt Dobblhof wegen der Provinziallandtage, worauf Kapusczak, ein Bauer aus Galizien, die Tribüne besteigt, um über den Antrag Kudlich's zu reden. Geschweige Entschädigung zu geben, will er noch Entschädigung haben von Gutsbesitzern und Adel. „Die Bauern Galiziens,“ sagt er, „haben statt 100 durch 300 Tage gerobotet, der Grundherr rechnete 3 Tage nur für einen. Wer hat also zu entschädigen? Die ganze Woche mußte der Bauer arbeiten, am Sonntage warf man ihn in den Viehstall, munterte ihn mit Knitteln zur Arbeit auf und wenn er für sein schwaches Weib um Schonung bat, hieß es: Spanne dich für dein Weib an! Wenn die Herrschaften selber erklären, sie hätten die Robot geschenkt, wozu dann entschädigen? Der Bauer braucht sich für das Geschenk auch nicht einmal zu bedanken, da er erst am 12. April d. J., zu einer Zeit gegeben worden, wo unsere edlen deutschen Brüder für unsere Rechte aufgetreten; dieser Dank gebührt unsern deutschen Brüdern und dem gütigen Kaiser. (Beifall im Centrum, Zischen auf der Linken.) Wir wurden als Sklaven angesehen, mußten 300 Schritte von dem Hause des Grundherrn stille halten; mußten zum Juden gehen, wollten wir etwas bei ihm ausrichten (Beifall im Centrum), denn in sein Haus durften wir nicht kommen. „Der Bauer stinkt“ hieß es, und wir sollten Entschädigung leisten? Die Peitsche, die sich um unsern matten Körper wand, ja, die könnten wir erlassen.“
Umlauft spricht viel in allgemeinen Sätzen, doch scheint er für Aufhebung ohne Entschädigung zu sein. Wo das größte Unrecht gewesen, mit dem Bauer, müsse man beginnen Recht zu schaffen. (Beifall.) Hier sei noch ein Stück Leibeigenschaft, wo eine ganze Klasse allein durch die Geburt zu niedrigen Knechtsdiensten, zu Schweiß und Blut getränkter Prästationen gegenüber einem hochgebornen Unterdrücker verpflichtet sei. Die Kette, die Bank, der Stock seien gar treffliche Mobilare in der Herrschaftskanzlei. Ob das nicht Embleme der Leibeigenschaft seien. (Allgemeiner Beifall.) Es gebe kein Verbrechen und keine Unthat, die im Laufe der Jahrhunderte nicht unter dem Mantel obrigkeitlicher Hoheitsrechte begangen worden wären. Die Freiheit, und wäre sie hundertmal zu Boden getreten, sei das ewig Unverletzliche. Alle Konsequenzen, die aus einer solchen Unterdrückung abgeleitet worden (Entschädigung) seien entschieden ohne Rechtsboden. Recht und Freiheit seien identisch, es gebe nur ein Recht, und dieses sei die Freiheit. Alle Gesetze, alle Institutionen, welche die Freiheit um ein haarbreit mehr einschränken, als der Zweck des Staatsverbandes es erheischt, seien Unrecht. Ob eine neue Saat solchen Unrechts nicht ausgestreut werden solle? Möge der Reichstag die Vergangenheit in ihr finsteres Nichts zurücksinken lassen, damit nicht noch Schlimmeres heraufbeschworen werde u. s. w. (Lauter Beifall.)
Dylewski (galizischer Grundherr) spricht wider die Behauptungen Kapusczak's und will Beweise; die Veranlassung des Hasses zwischen Bauer und Grundherr sei von der Obrigkeit gekommen. Kapusczak sei auf einem Gute gewählt, dessen Eigenthümer Graf Stadion sei, weshalb er gewiß soviel von Unterthänigkeit und Gehorsam zu erzählen gewußt. (Heiterkeit.) Es kollidirten zwei Grundsätze, nämlich Robot als Pflicht und als Recht. Erste müsse unbedingt fallen, letzte nur gegen Entschädigung. Möge die Entschädigung eine noch so geringe sein, so müsse sie doch ausgesprochen werden, um den Grundsatz zu retten; es sei besser, einen Fetzen von Ehrlichkeit zu retten, als sich auf die unsichere See der Grundsatzlosigkeit zu begeben. (Theilweiser Beifall, theilweise Zeichen des Mißfallens.)
Proschak beantragt, die Sache an die Abtheilungen zu verweisen, und von diesen alle Amendements in ein Hauptamendement bringen zu lassen, worüber ein Beschluß gefaßt werden könnte.
Löhner ist dagegen. Schuselka will, daß das Präsidium die Parteien ersuche, unter sich einige Redner zu wählen, die ihre Ansichten vertheidigen sollen, und sich alle Antragsteller in einem Antrag vereinigen zu lassen. ‒ Der Präsident will die Geschäftsordnung nicht verlassen, Schuselka möge also ein Antrag stellen. Kovolkabo ist für Fortsetzung der Debatte;
[Fortsetzung] piern von der für die Fürsten und die auserlesenen Abgeordneten reservirten Erhöhung hinab in die Reihen des patriotischen Volkes.
Es war ein imposanter Anblick. Voran der edle stattliche Gagern in der ganzen gesunden Fülle seiner irdischen Erhabenheit. Hinter ihm eine nicht weniger bemerkenswerthe Figur, einem Apollo ähnlich der am Herunterkommen ist ‒ dem die ambrosischen Locken anfangen auszufallen, der aber noch immer Anmuth und Manneswürde verräth, in Gang und Geberde. Ich fragte den ersten besten Nachbar, ob er den bedeutenden Herrn kenne. „Das ist der Herr Müller!“ antwortete er mir mit besonderem Nachdruck und ich muß mich schämen, ich hätte beinah gelacht.
Kann es ein größeres Unglück für Jemanden, der berühmt werden will ‒ und von jedem ehrenwerthen Deputirten kann man doch gewiß erwarten, daß er wenigstens in etwa den verwerflichen Durst nach Ruhm besitzt ‒ kann es, sage ich, etwas schlimmeres für einen solchen Ruhmdürftigen geben, als wenn er Müller heißt, wenn er gerade den Namen trägt unter dem schon so viele ausgezeichnete Männer bekannt sind, daß man den einen oft nicht mehr von dem andern zu unterscheiden weiß und den Wald nicht mehr vor lauter Bäumen sieht? Müller! Müller! ein solcher Name ist entsetzlich; von der Geburt an hat einem schon das Schicksal einen Strich durch die Rechnung gemacht! Giebt es nicht schon einen Johannes Müller, einen Wilhelm Müller, ja sogar einen Wolfgang Müller?
Was sollen wir noch mit einem neuen Müller anfangen? Armer Herr Müller!
Außer Herrn Müller gewahrte man indeß auch noch einen dritten Versammelten, der es für seine Pflicht hielt sich zu den übrigen Gästen herabzulassen. Es war dies der stille Dulder, es war dies der Mann, der achtzehn Jahre lang für die deutsche Freiheit gedarbet hat, es war derselbe Mann dem die Republik nur über den Leib, über die Leiche geht und der so sehr von der glorreichen Zukunft Deutschland's überzeugt ist, daß er schon jetzt die Kaperprämien für unsere zukünftigen Admiräle bestimmt haben will ‒ es war mit einem Worte niemand anders als der Hiob der National-Versammlung, es war der herrliche Dulder Jacobus Venedey.
Zeus, Müller und Hiob schritten von Tisch zu Tisch und es versteht sich von selbst, daß alle Kehlen jubelten und alle Römer klirrten.
Heiterkeit thronte auf Kronions Stirn. Er hatte die Donnerkeile seiner Rede in die Taschen des schwarzen Fracks gesteckt und spielte nur leicht mit dem unschädlichen Wetterleuchten seines unerforschlichen Geistes. Müller suchte seinem Gotte durch eine freundlich-würdige Gelassenheit den rechten Hintergrund zu geben; er war gewissermaßen die schöne Abendwolke auf der die Blitze seines Meisters hin- und herzuckten. Hiob, mit einem schmerzlich-süßen Lächeln säuselte hinter den Beiden her wie ein milder Westwind. Gern wäre ich den Dreien mit dem Auge gefolgt um zuzuschauen wie sie schwatzend, nickend und händeschüttelnd von Tisch zu Tisch zogen; aber sie verschwanden bald im Gewühle und ich verfügte mich daher zurück an meinen Platz. ‒ Es freute mich nicht wenig dort meine alten Tafelgenossen, den Oestreicher und den Preußen wiederzufinden. Der Letztere war so eben, nach unsäglichen Anstrengungen, mit seiner Torte eingetroffen und der Schwarz-weiße und der Schwarz-roth-goldne schickten sich auch sofort an, ihre Beute in vollkommener deutscher Einigkeit zu theilen.
Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußlands bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sein solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte.
Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaciren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? „Allerdings!“ rief der Preuße und: „Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!“ bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen.
Als ich aber die drei so glücklich essen sah und als mir bei der Torte, Gott weiß wie, plötzlich das arme Polen in den Sinn kam, da fing es an, mir in den Adern zu sieden und zu kochen. Hat denn der allmächtige Bäcker, der große Schöpfer diese hübsche Torte, dieses schöne Polen nur deshalb geschaffen, damit ihr mit Gabeln und Messern, mit Kartätschen und Shrappnells darüber herfallen sollt, um Alles ineinander zu schlagen und um es für ewig zu vertilgen? Mein Herz pochte rascher. Und als der vielfräßig-absolutistische, der westphälische Russe und als der konstitutionelle Preuße und der etwas demokratischere Oesterreicher sich nun erhoben, um wieder auf irgend eine Lumperei anzustoßen, da griff ich nach meinem Glase und: Es lebe die Republik! rief ich, daß es bis hinauf unter die Decke des Gürzenich klang. Ich hatte nicht mehr die Zeit, um nach dem Eindruck zu sehen, den mein unerhörter Frevel auf die Theiler der Torte hervorbringen mußte, denn in demselben Augenblick, wo ich mit der Rechten den Römer erhob und wo das verhängnißvolle Wort meinen Lippen entfloh, fühlte ich meine nach hinten fahrende Linke von eiserner Faust gefaßt und entsetzt wandte ich mich um. Zeus Kronion, der große Gagern, stand vor mir. Auf seiner Wanderung durch den Saal war er mit seinem Gefolge auch zu unserem Tisch gekommenn ‒ jawohl, Zeus hatte mich gefaßt mit eigner Faust. Kalt lief's mir über den Rücken. Jetzt gehts dir schlecht! Wie Jupiter der Erste den Prometheus an den Kaukasus, damit ihm ein Geier die Leber aushacke, so wird jetzt Jupiter der Zweite, der edle Gagern, Dich an den Domkrahnen hängen, damit die dummen Konstitutionellen ihre schlechten Witze über Dich reißen! Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf flog. Ja, baumeln wirst Du da oben, schon in aller Herrgotts Frühe und alle deine Feinde werden kommen und lachen über Dich. Da wird der Herr Inckermann-Sternau kommen und rufen: Seht, dort hängt der Kerl, der über meine Verse gespottet hat! und der Hr. Dr. Gustav
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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