Neue Rheinische Zeitung. Nr. 76. Köln, 15. August 1848.Kehl (Duisburg), Jungbluth (Aachen), Hermann (Elberfeld), Forstmann (Duisburg), Ploenius (Altenkirchen), Bredt (Elberfeld), v. d. Loe (Geldern), Krabbe (Kempen), Pelzer (Lennep), Eschmann (Waldbroel), Luckhaus (Lennep). * Memel, 8. August. Von der so viel besprochenen Cholera hat sich auch hier in Memel bereits ein Fall gezeigt, indem die Frau eines hiesigen Fuhrmannes diese Krankheit aus Mirau mitbrachte jedoch auch wieder fast gänzlich genesen ist. Weitere Erkrankungen sind bis jetzt noch nicht bekannt geworden. Stuttgart, 8. August. In der gestern hier gehaltenen Generalversammlung des Landesausschusses der vaterländischen Vereine wurde unter Anderem ein Gesuch an die Regierung um eine besondere neu zu wählende konstitutirende Ständeversammlung beschlossen. Da Sie im Großherzogthum Hessen in dieser Beziehung ganz in demselben Falle sind, so dürfte Begründung und Ziel dieser Petition für Ihre Mitbürger besonderes Interesse haben. Der Landesausschuß motivirte mit Einstimmigkeit sein Verlangen durch den Beschluß der Nationalversammlung in Frankfurt so: Da die Vorrechte des Adels aufgehoben sind, so muß kraft dieser Bestimmung die erste Kammer, welche eine bevorrechtete Adelskammer ist, so wie die Vertretung des Adels in der zweiten Kammer fallen; um dies aber zu ordnen ist eine konstituirende Versammlung dringendstes Bedürfniß.(M. Z.) 17 Prag, 9. August. Mit dem seiner Haft entlassenen Dr. Brauner fährt (im Einverständniß mit dem Stadtkollegium) eine Deputation von 9 Bürgern nach Wien, um das Ministerium zu bitten, daß die Gefangenen auf dem Prager Schloß gegen eine Bürgschaft von vierzig Prager Bürgern auf freien Fuß gesetzt werden. Unter den noch Verhafteten befinden sich namentlich nur noch Graf Adalbert Deym, Fastr und Villani. -- Der Ministerialbescheid über das Corps Swornost soll bereits angekommen sein; das Corps erwartet mit Sehnsucht den Erlaß, welchen seine Bürgerehre wieder herstellen soll, will sich jedoch hernach von selbst auflösen. Unter allen debütirenden Schriftstellern ist wohl keiner so schlecht weggekommen, als der Fürst Windischgrätz. Fast sämmtliche hiesigen Journalisten fallen über seine unglückliche Kundmachung her und zerfleischen sie dermaßen, daß bald nichts mehr als ein Lüskelett von ihr übrig bleiben wird. Allein der Fürst gibt auch zu viel Blößen; wenn das Machwerk noch etwas fein angelegt gewesen wäre! -- aber so sagt man darin, daß der Hof der Technik am Pfingstmontag schon um 9 Uhr aufgerissen worden sei, und das Schönste bei der Sache ist, daß der Hof der Technik gar nicht gepflastert ist, einige Steinplatten ausgenommen, die sich unter dem Thorwege befinden. Die bisher aus der Haft Entlassenen haben durch öffentlichen Anschlag eine Versammlung anberaumt, in welcher sie gegen das Verfahren protestiren und eine neue Untersuchung eingeleitet wissen wollen. Mehrere Doktoren der Rechte und andern Juristen haben auf den 10. August eine Versammlung ihrer Kollegen zusammenberufen, in welcher man, da aus der Prager Revolution und den darüber veröffentlichten Schriften des Generals weder logisch noch rechtlich auf eine Verschwörung geschlossen werden kann, zur Rettung der Ehre der Hauptstadt und der ganzen Nation, über die Kundmachung des Generals ein Gutachten erlassen will, woraus man entnehmen könne, was in rechtlicher Beziehung von den Untersuchungsresultaten zu halten sei, und daß gegen die Beschuldigung der "weitverzweigten Verschwörung" beim Kaiser und dem Reichstage ein feierlicher Protest eingelegt werden solle. Die Stadt ist ruhig, allein immer noch sieht man des Abends zahlreiche Patrouillen auf den Straßen und das Schloß, so wie das Lager vor dem Porschitschen Thore ist voller Militär. 61 Wien, 10. Aug. Der Kriegsminister Latour, der bisher im Reichstage nur dann den Mund aufgethan, um durch Verkündung absolutistischer Siegesberichte seinen demokratischen Muth auf die Probe zu stellen oder den antideutschen und antifreitlichen habitus der Armee zu vertreten, erhielt auch in der gestrigen Sitzung gegen zwei Uhr durch den Empfang einer telegraphischen Depesche aus Cilli wiederum Gelegenheit, die eben lebhaft geführte Verhandlung des Reichstags über Aufhebung aller dinglichen und persönlichen Unterthänigkeits-Verhältnisse mit der durch diese Depesche ihm überkommenen Botschaft zu unterbrechen, Radetzky habe am Sonntag 6. d. M. Vormittags 10 Uhr, natürlich unter dem banalen Geleite allgemeinen Jubels, seinen Einzug in Mailand gehalten, die Stadt sei vollkommen ruhig. Der Reichstag, welcher die absolutistische Kanonen Cholera vielleicht wittern mochte, beobachtete eine Weile ein bedeutungsvolles Schweigen und fuhr dann, ohne allen Jubel-Ausdruck, in seiner Berathung fort. -- Kurz vor dem Eintreffen dieses italiänischen Sirokko hatte der Abgeordnete Turke an das Ministerium die Frage gestellt, 1) ob es Schritte gethan, daß, wie es in der Thronrede heiße, in Italien nichts Anderes als ein ehrenvoller Friede erkämpft werde, 2) ob das in der Abendbeilage der Wiener Zeitung vom 8. mitgetheilte barbarische Verfahren des Welden'schen Korps begründet sei, 3) ob Radetzky, der sich Mailand mit einer Armee nähere, die noch immer als Vorkämpferin des Absolutismus angesehen werden müsse, Befehle erhalten habe, schonender zu verfahren als seine Proklamation vom 27. Juli es verheiße? -- Darauf antwortete zuerst der von der Kamarilla ganz ignorirte, gemüthliche liberale Doblhof, "das Ministerium habe Alles gethan, um zu baldigen Friedensunterhandlungen (?) zu gelangen, es müsse ein Gleiches aber auch von der andern Seite geschehen; Näheres könne er für jetzt nicht mittheilen." Auch der Kriegsminister wußte über das barbarische Verfahren Weldens nichts Näheres; das aber wußte er, daß Radetzki Pavia genomm[e]n, in Lodi sei, mit England unterhandle, sich Mailand nähere, ein piemontesisches Korps geschlagen habe; daß das 10 Jägerbataillon eine Batterie genommen, und daß Mailand im Wege der Kapitulation fallen werde oder, wenn es in seinem Fanatismus gegen Oesterreich, fortfahre mit Strenge gezüchtigt werden müsse; -- daß das Landvolk die österreichische Armee überall jubelnd empfangen habe und nur die Städte sich widerspenstig gezeigt hätten. Zusätzlich bemerkte Doblhof-Camphausen dann noch, "er hoffe, Oesterreichs Truppen würden wirklich Italiens Befreier sein!" Die eben erwähnte Verhandlung über die Aufhebung der Unterthänigkeit-Verhältnisse, eine Verhandlung deren Resultat den Bauer d. h. vielleicht 5/6 der ganzen Bevölkerung, aus dem Mittelalter herausheben wird, wurde durch einen schon früher mit Akklamation vom Reichstag aufgenommenen, jetzt aber verbessert eingebrachten Antrag des Abgeordneten Kudlich veranlaßt und mit Beseitigung einer nähern Prüfung durch eine Kommission, sofort in Vollberathung genommen. Nachdem in eine die Nothwendigkeit einer sofortigen Emanzipation des Bauernstandes gründlich und warm erörternden Rede der genannte Abgeordnete seinen Antrag zu motiviren gesucht hatte, wurde derselbe mit einer Ladung von Amendements so übergossen, daß noch manche Sitzung vergehen dürfte, bevor ein Endergebniß erfolgen kann. Schon die während 16 Sitzungen geführte Berathung über die Geschäftsordnung hat gezeigt, daß der Reichstag mit Wohlbedächtigkeit gut ausgepolstert ist und in dieser Beziehung, die einzige Kaiser-Rückkehr-Debatte ausgenommen, den andern deutschen Reichstagen würdig zur Seite gestellt werden kann. Die ihm jetzt unterbreitete Frage ist von mehren Abgeordneten indessen für so dringlich dargestellt worden, indem sie wie Kudlich sagte, die sofort zu beantwortende Thronrede des souveränen Volkes enthalte, daß bei der bereits faktisch ausgeübten Selbstemanzipation des Bauernstandes ihre definitive Erledigung innerhalb der ersten Tage erfolgen muß. Da der Finanzminister die Finanzfrage dem Reichstage als ebenso dringlich und wichtig empfohlen hat und sich überhaupt der absolut dringlichen Fragen aus dem österreichischen Staats-Chaos täglich neue hervorthun, so wird der Reichstag wenn er auch nicht überall will, nothgedrungen rascher und fleißiger arbeiten müssen, als bisher. Der Reichstag eines Landes voll der entsetzlichsten Verwirrung und des antediluvianischen Urmist's Oesterreichs begeht eine Sünde, wenn seine Sitzungen, wie bisher, gewöhnlich nur von 12 bis 2 oder 3 Uhr Mittags währen. Das Ministerium hat den Ritter v. Zaleski, einen gemüthlichen Liberalen a la Doblhof, zum Gouverneur in Galizien ernannt, um die dortige Büreaukratie und Soldateska niederzufeuern. Ungarn hat für seine eigene Bank 12 1/2 Millionen Banknoten geschaffen und die osterreichischen damit natürlich bedeutend beeinträchtigt. Inde irae et odium der hiesigen Schacherwelt. Der vom König von Ungarn zum Hochverräther erklärte, dann aber vom Kaiser von Oesterreich in Innspruck und vom deutschen Reichsverweser in dem Hofgesinde-Gebäude des Parks von Schönbrun empfangene, in Wien mit einem Fackelzug beehrte, von dem demokratischen Ministerium Doblhof und von der demokratischen Presse Wiens ungeschoren gelassene Banus von Kroatien -- Jelachich -- ist nicht etwa wieder nach Kroatien abgereist, sondern befindet sich zuverlässigen Nachrichten zufolge, ganz in der Nähe Wiens, nämlich in Grätz, wo er der schönen Gemahlin des metternich'schen Gouverneurs Grafen von Wickenburg en attentant die Kur machen soll. -- Die also um Wien kombinirte Thätigkeit Jellachich-Windischgrätz Radetzky, hat nun ihren geistigen Centralpunkt in unserer Mitte aufgestellt und durch den unvermeidlichen Stadion ein politisches, zur Kö##rung der Mehrheit des Reichstags ziemlich tölpelhaftes Programm bekannt werden lassen, welches bei einem so unvermeidlichen Ministerium Stadion natürlich eine liebenswürdige Zukunft verheitzt. In diesem Evangelium kommt unter Anderem nämlich vor: 1. Wir wollen die konstitutionelle Monarchie in ihrer vollsten Ausbildung mit allen ihren Konsequenzen u. s. w. 2. Als die erste und wesentlichste Konsequenz und Grundlage der konstitutionellen Monarchie betrachten wir ein volksthümliches Zweikammersystem (Geburts- und Schacher-Adel) doch Sie haben schon genug damit. Das Evangelium endet mit der Integrität und Souveränität des österreichischen Gesammtstaats und mit innigen, andauernden, nur Vortheil nicht Nachtheil bringenden Anschluß an Deutschland, wodurch Oesterreich stark und groß bleibe. Es ist in Stadt und Vorstädten das Gerücht verbreitet worden, Erzherzog Johann habe vor seiner Abreise nach Frankfurt dem gemüthlichen Doblhof zur Vertheilung an Arbeiter und herabgekommene Gewerbtreibende 1 Mill. Gulden C. M. zustellen lassen. Die Proletariermassen strömen heute zum Empfang herbei, ich darf also auch nicht fehlen, wenn ich auch fürchte, daß Doblhof davon nichts Näheres wissen will. Italien. * Briefe aus Bergamo vom 8. d. melden, daß die Stadt ganz verödet ist; denn wer irgend gekannt, ist ausgewandert. Den Sicherheitsdienst versahen die wenigen noch zurückgebliebenen Wachen. Die Oestreicher lagerten auf den Bastionen, die Kanonen gegen die Stadt gerichtet, und in den Umgebungen der Stadt. Karl Albert soll den Rest des Staatsschatzes, 7-8 Millionen, mitgenommen haben. Man fürchtete Plünderung von Seite des Pöbels. Die jungen Leute flohen in Masse, weil es hieß, Radetzki wolle sie unter das Militär stecken und nach Ungarn schicken. Die Kolonne Gorbuldi soll sich nach der Schweiz zurückgezogen und dort die Waffen niedergelegt haben. Es hieß, die Oestreicher wollten die piemontesische Festung Alessandria besetzen. -- Folgendes ist das neueste Bülletin Radetzky's: "Hauptquartier Mailand, 6. August 1848. Die Stadt Mailand ist unser! Sie hat sich der Gnade Sr. Maj. Kaisers ergeben, und ich bin Mittag 12 Uhr mit meiner tapferen Armee in selbe eingezogen. Die piemontesische Armee hat diese Stadt heute verlassen und muß, nach einer mit ihr und der Stadt Mailand geschlossenen Konvention, bis 7 Uhr Abends über den Ticino, mithin außerhalb der Gränzen des k. Gebiets sein. Die Armee hat vor zwei Wochen ihre Offensive von Verona aus ergriffen -- sie hat während dieser Zeit bei Sommacampagna, Custozza, Volta, Cremona, Pizzighetone und zwei Tage vor Mailand siegreiche Schlachten und Gefechte geliefert, und ist nun den vierzehnten Tag Herr der lombardischen Hauptstadt. Die Armee und ihre Führer glauben somit ihre Schuldigkeit für ihren geliebten Kaiser und das geliebte Vaterland treulich erfüllt zu haben, denn kein Feind steht mehr auf lombardischem Boden. Turin, 7. Aug.
Die Nachricht von der Kapitulation ist hier eingetroffen. Seit zwei Tagen war man aufs Schlimmste gefaßt. "L'Opinione" gibt die Nachrichten mit schwarzem Rande eingefaßt. Man erfährt zugleich, daß der Judas -- Karl Albert -- mit genauer Noth seinem wohlverdienten Schicksale, von den Mailändern massakrirt zu werden, entgangen ist. In der Provinz Ivrea sind 30,000 Freiwillige unter die Waffen geeilt; das Volk ist keineswegs entmuthigt, aber wüthend im höchsten Grade. Gioberti wird Minister des Unterrichts; Ratazzi (Advokat) des Handels und Ackerbau's. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt. Turin, 8. Aug.
Das neue Ministerium hat in Masse seine Entlassung gegeben. Rom, 2. Aug. Mamiani hat seine Entlassung abermals eingereicht und erklärt, sie sei unwiderruflich. Die Deputirten haben die sofortige Erlassung einer Adresse an die Parlamente von Toskana, Sardinien und Neapel beschlossen, um darin zu gemeinsamen Maaßregeln wegen Rettung des Vaterlandes aufzufordern. Graf Fabbri soll mit Bildung eines neuen Kabinets beauftragt sein, die Deputirten haben die Mobilisation von 12,000 Nationalgarden, die Bildung einer Fremdenlegion von eben solcher Stärke, die Berufung eines tüchtigen Generals aus der Fremde und die Bewilligung ein esaußerordentlichen Kredits von 4 Mill. Scudis beschlossen. -- Das neue Ministerium ist, wie uns vor Absendung des Briefes versichert wird, bereits zu Stande gekommen und wie folgt, zusammengesetzt: Graf Fabbri, Inneres; Corboli Bussi, Auswärtiges; Lauro Lauri, Finanzen; Campello, Krieg; Galletti, Polizei; Sturbinetti, öffentliche Arbeiten. Großbritannien. London, 12. August. Der Standard macht heute die Mittheilung, daß die Königin sehr wahrscheinlich, am Donnerstag den 24. d. beide Parlamentshäuser in Person vertagen werde. Die gestrige Unterhaussitzung war ohne alles Interesse. In Irland bleibt Alles ruhig und Rich. O'German jun. ist der Einzige, der noch mit einigen Insurgenten im Felde stehen soll. Französische Republik. Paris, 12. Aug. Zwei Mitglieder der Nationalversammlung werden in Anklagezustand versetzt werden. Die Regierung wird heute wie es heißt, die nöthige Autorisation verlangen. Diese 2 Mitglieder sind keine andere als Louis Blanc und Caussidiere. -- Der Moniteur enthält heute folgenden Artikel: "In keiner Epoche unsrer Geschichte lastete eine größere Verantwortlichkeit auf der Regierung als auf der Cavaignac's. Die Schicksale Frankreichs, und, wie Europa selbst zugibt, der ganzen gebildeten Welt liegen so zu sagen in seinen Händen. Diese Wahrheit tritt nach der letzten Wendung der Dinge in Italien um so klarer vor Augen -- einer Wendung, welche die Regierung zuerst voraussah, und welcher vorzubeugen ihr wirklich gelungen wäre, wenn Italien weniger Selbstvertrauen in seine eigene Kräfte gesetzt hätte. In Gegenwart so wichtiger Ereignisse, bei aller Rücksicht auf das allgemeine Interesse, das Italien in Frankreich einflößt, sah sich jedoch die Regierung gezwungen, die herkömmlichen Nothwendigkeiten der französischen Politik und die augenblickliche Lage der Republik in's Auge zu fassen, ehe sie einen Weg einschlug, von dem nothwendigerweise Krieg oder Frieden vielleicht ganz Europa's abhängt. Sie begriff, daß sie in einer Zeit, wo die Entwickelung und Sicherheit der kommerziellen Verbindungen die Grundbedingung des Wohlstandes und Einflusses der Völker genannt wird, vor allen Dingen die industriellen Interessen berücksichtigen müsse. Durchdrungen von der Nothwendigkeit, den öffentlichen Kredit herzustellen, der sich wieder herzustellen beginnt; überzeugt, daß Frankreich aus keinerlei Rücksicht, niemals mit den Gesetzen der Ehre transigiren dürfe, bestrebte sich die Regierung, die Würde des französischen Namens mit den gerechten und legitimen Forderungen des Privatinteresses in Einklang zu bringen. In einem Wort, den Krieg anzunehmen, wenn es die Ehre erheische; ihn anzunehmen, nicht im Namen eines Souveräns, dessen Partikularideen den Wünschen und Bedürfnissen seines Volkes zu oft fremd entgegen gerichtet sind, sondern im Namen des Landes selbst, im Namen der Nationalversammlung der einzigen Schiedsrichterin über Krieg und Frieden. Ihn (den Krieg) im Gegentheile zu vermeiden, ohne indessen irgend eine nähere Pflicht zu schwächen und ohne von dem Rang herabzusteigen, welchen Frankreich im europäischen Concert einnehmen muß; wenn dieses Vermeiden überhaupt möglich. Solchergestalt war die Linie des Benehmens, die sich die Regierung vorzeichnete; dies die einzige Politik, die ihr der Republik würdig schien. Diese Politik hat die Regierung ohne alle Hinterlist befolgt. Sie kann sich schon genügend belohnt fühlen, bei dem Gedanken ganz Frankreich die Hoffnung theilen zu lassen, den Frieden in Italien durch Vermittelung Frankreichs wie Englands bald hergestellt zu sehen." Der Rest des Artikels ist reine Phrase. Er malt die glücklichen Resultate des französisch-englischen Einverständnisses auf der spanischen Halbinsel und drückt die Hoffnung aus, daß ein ähnliches Resultat auch in der italischen Frage erzielt werde. Dem Kampf in den schleswig-holsteinschen Herzogthümern -- schließt der Artikel -- für relativ sekundäre Interessen (also Absatzkanäle für die deutsche Marine sind für Hrn. Cavaignac-Senard sekundäre Interessen) muß Einhalt gethan werden (doit etre arrete). Das deutsche Parlament, wir zweifeln daran nicht, wird sicher wollen, daß sein erster Akt eine Handlung der Versöhnung sei und es wird seine Kräfte mit den unsrigen vereinen, um einen Friedensschluß (accord) zu Stande zu bringen, der schon zu lange verzögert ist. Es wird nicht vergessen, daß die Ausgedehntheit seiner Handlungen von seiner Weisheit abhängt (le parlament allemand n'oubliera pas que l'efficacite de son action depend de sa sagesse). -- National-Versammlung. Sitzung vom 12. Aug. Große Truppenlagerungen um Präfektur, Justizpalais und Stadthaus. Die Tribünen sind frühzeitig gefüllt. Ein Repräsentant zeigt dicht in unserer Nähe seinem Nachbar einen Brief, den er eben aus Italien erhalten und welcher ihm anzeigt, daß Radetzki und Karl Albert einen Waffenstillstand auf 45 Tage geschlossen, und daß während dieser Zeit die beiden Armeen die ihnen bezeichneten Punkte längst der piemontesischen Gränze besetzt halten. Nach Erledigung von Petitionen etc. nimmt Louis Blanc das Wort: Fast alle Journale brächten an diesem Morgen mit halbamtlicher Miene Artikel, in denen gesagt sei, daß Cavaignac mit vielen Repräsentanten übereingekommen, auf simple oder motivirte Tagesordnung anzutragen. Man habe gestern lange über die Aktenstücke diskutirt u. s. w. Dieß lasse voraussetzen, daß einzelne Aktenstücke gewissen Gliedern mitgetheilt worden. Er protestire gegen eine solche Parteilichkeit und dringe wiederholt darauf, den Druck und die Vertheilung des Berichts nebst Beilagen so viel als möglich zu beschleunigen. Ledrü-Rollin protestirt ebenfalls gegen jede partielle Veröffentlichung der Aktenstücke an einzelne Repräsentanten. Caussidiere desgleichen. Er will nur noch 3 bis 4 Tage warten und sich dem Verdacht eines Räubers aussetzen. Marrast erklärt, daß der Druck nicht vor nächstem Mittwoch und Donnerstag vollendet sein könne. Die Versammlung beschließt bis Donnerstag zu warten. An diesem Tage solle aber die Vertheilung unfehlbar erfolgen und dann die Diskussion am Montag den 21. August beginnen. Die große Schlacht bleibt also bis dahin ausgesetzt. Affre bittet schriftlich, dieser Diskussion aus Zartgefühl nicht beiwohnen zu dürfen. Bewilligt. Nach Erledigung neuer Bittschriften beräth die Versammlung Militärunterstützung und sonstige unerhebliche Gegenstände der Tagesordnung. Man entsinnt sich, daß der Oberst Lespinasse und der General Lebreton im Anfang Juli den Antrag gestellt hatten, denjenigen Militärpensionären eine Ausnahme von dem Dekret der provisorischen Regierung vom 13. März rücksichtlich des Stellenanhäufungsgesetzes zu gestatten, welche einen zu niedrigen Jahresgehalt bezögen, um leben zu können. Man solle ihnen daher erlauben, kleine Civilstellen anzunehmen, wenn beide Gehälter die Summe von 2000 Fr. jährlich nicht überstiegen. Dahirel stellte den Antrag, diese Ausnahme jedem Militärpensionär zu gestatten, dessen Gehalt 1000 Fr. nicht übersteige. Die Diskussion zwischen Lespinasse und dem Kriegsminister Lamoriciere war ziemlich heftig und endigte unter großem Tumult erst gegen 6 Uhr mit Annahme des Gesetzes. Goudchaux theilt der Versammlung mit, daß das neue Anleihen der jüngsten Votirung bereits vollständig gedeckt sei. Vallette trägt darauf an, am nächsten Montag keine Sitzung zu halten, damit die Versammlung drei Feiertage habe. Nächsten Dienstag sei bekanntlich Mariahimmelfahrt. Die Versammlung entscheidet, daß sie am Montag sitze und geht um 6 Uhr auseinander. Galizien. Cernowitz, 1. Aug. Die Cholera ist bei uns im Zunehmen und noch mehr die Furcht vor derselben. Viele Läden sind geschlossen: der Verkehr stockt und die vermöglicheren Einwohner flüchten sich bereits in das Gebirge. Amtliche Nachrichten. Ich will auf Ihren Vortrag genehmigen, daß auch in der Armee, gleichwie im Civil-Staatsdienste, die Einreichung geheimer Konduitenlisten aufhöre. Da aber behufs der Beschlußnahme über die Verwendung von Offizieren und die Wiederbesetzung erledigter Stellen, welche oft keinen Aufschub erleidet, genügende Nachrichten über die Dienstlaufbahn und die Befähigung der Offiziere bereit liegen müssen, so haben Sie in Erwägung zu nehmen und mir vorzuschlagen, in welcher Art die bisherigen geheimen Konduitenlisten durch eine Eingabe zu ersetzen sind, deren Inhalt zur Beurtheilung der Qualifikation der Offiziere genügen und zur Kenntniß der betreffenden Offiziere gelangen kann. In Ansehung der Militär-Beamten ist dagegen ebenso, wie in Ansehung der Civil-Beamten, zu verfahren. Bellevue, den 29. Juli 1848. (gez.) Friedrich Wilhelm. (contrasign.) Frhr. v. Schreckenstein. Handelsnachrichten. [irrelevantes Material]
Kehl (Duisburg), Jungbluth (Aachen), Hermann (Elberfeld), Forstmann (Duisburg), Ploenius (Altenkirchen), Bredt (Elberfeld), v. d. Loë (Geldern), Krabbe (Kempen), Pelzer (Lennep), Eschmann (Waldbroel), Luckhaus (Lennep). * Memel, 8. August. Von der so viel besprochenen Cholera hat sich auch hier in Memel bereits ein Fall gezeigt, indem die Frau eines hiesigen Fuhrmannes diese Krankheit aus Mirau mitbrachte jedoch auch wieder fast gänzlich genesen ist. Weitere Erkrankungen sind bis jetzt noch nicht bekannt geworden. Stuttgart, 8. August. In der gestern hier gehaltenen Generalversammlung des Landesausschusses der vaterländischen Vereine wurde unter Anderem ein Gesuch an die Regierung um eine besondere neu zu wählende konstitutirende Ständeversammlung beschlossen. Da Sie im Großherzogthum Hessen in dieser Beziehung ganz in demselben Falle sind, so dürfte Begründung und Ziel dieser Petition für Ihre Mitbürger besonderes Interesse haben. Der Landesausschuß motivirte mit Einstimmigkeit sein Verlangen durch den Beschluß der Nationalversammlung in Frankfurt so: Da die Vorrechte des Adels aufgehoben sind, so muß kraft dieser Bestimmung die erste Kammer, welche eine bevorrechtete Adelskammer ist, so wie die Vertretung des Adels in der zweiten Kammer fallen; um dies aber zu ordnen ist eine konstituirende Versammlung dringendstes Bedürfniß.(M. Z.) 17 Prag, 9. August. Mit dem seiner Haft entlassenen Dr. Brauner fährt (im Einverständniß mit dem Stadtkollegium) eine Deputation von 9 Bürgern nach Wien, um das Ministerium zu bitten, daß die Gefangenen auf dem Prager Schloß gegen eine Bürgschaft von vierzig Prager Bürgern auf freien Fuß gesetzt werden. Unter den noch Verhafteten befinden sich namentlich nur noch Graf Adalbert Deym, Fastr und Villani. — Der Ministerialbescheid über das Corps Swornost soll bereits angekommen sein; das Corps erwartet mit Sehnsucht den Erlaß, welchen seine Bürgerehre wieder herstellen soll, will sich jedoch hernach von selbst auflösen. Unter allen debütirenden Schriftstellern ist wohl keiner so schlecht weggekommen, als der Fürst Windischgrätz. Fast sämmtliche hiesigen Journalisten fallen über seine unglückliche Kundmachung her und zerfleischen sie dermaßen, daß bald nichts mehr als ein Lüskelett von ihr übrig bleiben wird. Allein der Fürst gibt auch zu viel Blößen; wenn das Machwerk noch etwas fein angelegt gewesen wäre! — aber so sagt man darin, daß der Hof der Technik am Pfingstmontag schon um 9 Uhr aufgerissen worden sei, und das Schönste bei der Sache ist, daß der Hof der Technik gar nicht gepflastert ist, einige Steinplatten ausgenommen, die sich unter dem Thorwege befinden. Die bisher aus der Haft Entlassenen haben durch öffentlichen Anschlag eine Versammlung anberaumt, in welcher sie gegen das Verfahren protestiren und eine neue Untersuchung eingeleitet wissen wollen. Mehrere Doktoren der Rechte und andern Juristen haben auf den 10. August eine Versammlung ihrer Kollegen zusammenberufen, in welcher man, da aus der Prager Revolution und den darüber veröffentlichten Schriften des Generals weder logisch noch rechtlich auf eine Verschwörung geschlossen werden kann, zur Rettung der Ehre der Hauptstadt und der ganzen Nation, über die Kundmachung des Generals ein Gutachten erlassen will, woraus man entnehmen könne, was in rechtlicher Beziehung von den Untersuchungsresultaten zu halten sei, und daß gegen die Beschuldigung der „weitverzweigten Verschwörung“ beim Kaiser und dem Reichstage ein feierlicher Protest eingelegt werden solle. Die Stadt ist ruhig, allein immer noch sieht man des Abends zahlreiche Patrouillen auf den Straßen und das Schloß, so wie das Lager vor dem Porschitschen Thore ist voller Militär. 61 Wien, 10. Aug. Der Kriegsminister Latour, der bisher im Reichstage nur dann den Mund aufgethan, um durch Verkündung absolutistischer Siegesberichte seinen demokratischen Muth auf die Probe zu stellen oder den antideutschen und antifreitlichen habitus der Armee zu vertreten, erhielt auch in der gestrigen Sitzung gegen zwei Uhr durch den Empfang einer telegraphischen Depesche aus Cilli wiederum Gelegenheit, die eben lebhaft geführte Verhandlung des Reichstags über Aufhebung aller dinglichen und persönlichen Unterthänigkeits-Verhältnisse mit der durch diese Depesche ihm überkommenen Botschaft zu unterbrechen, Radetzky habe am Sonntag 6. d. M. Vormittags 10 Uhr, natürlich unter dem banalen Geleite allgemeinen Jubels, seinen Einzug in Mailand gehalten, die Stadt sei vollkommen ruhig. Der Reichstag, welcher die absolutistische Kanonen Cholera vielleicht wittern mochte, beobachtete eine Weile ein bedeutungsvolles Schweigen und fuhr dann, ohne allen Jubel-Ausdruck, in seiner Berathung fort. — Kurz vor dem Eintreffen dieses italiänischen Sirokko hatte der Abgeordnete Turke an das Ministerium die Frage gestellt, 1) ob es Schritte gethan, daß, wie es in der Thronrede heiße, in Italien nichts Anderes als ein ehrenvoller Friede erkämpft werde, 2) ob das in der Abendbeilage der Wiener Zeitung vom 8. mitgetheilte barbarische Verfahren des Welden'schen Korps begründet sei, 3) ob Radetzky, der sich Mailand mit einer Armee nähere, die noch immer als Vorkämpferin des Absolutismus angesehen werden müsse, Befehle erhalten habe, schonender zu verfahren als seine Proklamation vom 27. Juli es verheiße? — Darauf antwortete zuerst der von der Kamarilla ganz ignorirte, gemüthliche liberale Doblhof, „das Ministerium habe Alles gethan, um zu baldigen Friedensunterhandlungen (?) zu gelangen, es müsse ein Gleiches aber auch von der andern Seite geschehen; Näheres könne er für jetzt nicht mittheilen.“ Auch der Kriegsminister wußte über das barbarische Verfahren Weldens nichts Näheres; das aber wußte er, daß Radetzki Pavia genomm[e]n, in Lodi sei, mit England unterhandle, sich Mailand nähere, ein piemontesisches Korps geschlagen habe; daß das 10 Jägerbataillon eine Batterie genommen, und daß Mailand im Wege der Kapitulation fallen werde oder, wenn es in seinem Fanatismus gegen Oesterreich, fortfahre mit Strenge gezüchtigt werden müsse; — daß das Landvolk die österreichische Armee überall jubelnd empfangen habe und nur die Städte sich widerspenstig gezeigt hätten. Zusätzlich bemerkte Doblhof-Camphausen dann noch, „er hoffe, Oesterreichs Truppen würden wirklich Italiens Befreier sein!“ Die eben erwähnte Verhandlung über die Aufhebung der Unterthänigkeit-Verhältnisse, eine Verhandlung deren Resultat den Bauer d. h. vielleicht 5/6 der ganzen Bevölkerung, aus dem Mittelalter herausheben wird, wurde durch einen schon früher mit Akklamation vom Reichstag aufgenommenen, jetzt aber verbessert eingebrachten Antrag des Abgeordneten Kudlich veranlaßt und mit Beseitigung einer nähern Prüfung durch eine Kommission, sofort in Vollberathung genommen. Nachdem in eine die Nothwendigkeit einer sofortigen Emanzipation des Bauernstandes gründlich und warm erörternden Rede der genannte Abgeordnete seinen Antrag zu motiviren gesucht hatte, wurde derselbe mit einer Ladung von Amendements so übergossen, daß noch manche Sitzung vergehen dürfte, bevor ein Endergebniß erfolgen kann. Schon die während 16 Sitzungen geführte Berathung über die Geschäftsordnung hat gezeigt, daß der Reichstag mit Wohlbedächtigkeit gut ausgepolstert ist und in dieser Beziehung, die einzige Kaiser-Rückkehr-Debatte ausgenommen, den andern deutschen Reichstagen würdig zur Seite gestellt werden kann. Die ihm jetzt unterbreitete Frage ist von mehren Abgeordneten indessen für so dringlich dargestellt worden, indem sie wie Kudlich sagte, die sofort zu beantwortende Thronrede des souveränen Volkes enthalte, daß bei der bereits faktisch ausgeübten Selbstemanzipation des Bauernstandes ihre definitive Erledigung innerhalb der ersten Tage erfolgen muß. Da der Finanzminister die Finanzfrage dem Reichstage als ebenso dringlich und wichtig empfohlen hat und sich überhaupt der absolut dringlichen Fragen aus dem österreichischen Staats-Chaos täglich neue hervorthun, so wird der Reichstag wenn er auch nicht überall will, nothgedrungen rascher und fleißiger arbeiten müssen, als bisher. Der Reichstag eines Landes voll der entsetzlichsten Verwirrung und des antediluvianischen Urmist's Oesterreichs begeht eine Sünde, wenn seine Sitzungen, wie bisher, gewöhnlich nur von 12 bis 2 oder 3 Uhr Mittags währen. Das Ministerium hat den Ritter v. Zaleski, einen gemüthlichen Liberalen à la Doblhof, zum Gouverneur in Galizien ernannt, um die dortige Büreaukratie und Soldateska niederzufeuern. Ungarn hat für seine eigene Bank 12 1/2 Millionen Banknoten geschaffen und die osterreichischen damit natürlich bedeutend beeinträchtigt. Inde irae et odium der hiesigen Schacherwelt. Der vom König von Ungarn zum Hochverräther erklärte, dann aber vom Kaiser von Oesterreich in Innspruck und vom deutschen Reichsverweser in dem Hofgesinde-Gebäude des Parks von Schönbrun empfangene, in Wien mit einem Fackelzug beehrte, von dem demokratischen Ministerium Doblhof und von der demokratischen Presse Wiens ungeschoren gelassene Banus von Kroatien — Jelachich — ist nicht etwa wieder nach Kroatien abgereist, sondern befindet sich zuverlässigen Nachrichten zufolge, ganz in der Nähe Wiens, nämlich in Grätz, wo er der schönen Gemahlin des metternich'schen Gouverneurs Grafen von Wickenburg en attentant die Kur machen soll. — Die also um Wien kombinirte Thätigkeit Jellachich-Windischgrätz Radetzky, hat nun ihren geistigen Centralpunkt in unserer Mitte aufgestellt und durch den unvermeidlichen Stadion ein politisches, zur Kö##rung der Mehrheit des Reichstags ziemlich tölpelhaftes Programm bekannt werden lassen, welches bei einem so unvermeidlichen Ministerium Stadion natürlich eine liebenswürdige Zukunft verheitzt. In diesem Evangelium kommt unter Anderem nämlich vor: 1. Wir wollen die konstitutionelle Monarchie in ihrer vollsten Ausbildung mit allen ihren Konsequenzen u. s. w. 2. Als die erste und wesentlichste Konsequenz und Grundlage der konstitutionellen Monarchie betrachten wir ein volksthümliches Zweikammersystem (Geburts- und Schacher-Adel) doch Sie haben schon genug damit. Das Evangelium endet mit der Integrität und Souveränität des österreichischen Gesammtstaats und mit innigen, andauernden, nur Vortheil nicht Nachtheil bringenden Anschluß an Deutschland, wodurch Oesterreich stark und groß bleibe. Es ist in Stadt und Vorstädten das Gerücht verbreitet worden, Erzherzog Johann habe vor seiner Abreise nach Frankfurt dem gemüthlichen Doblhof zur Vertheilung an Arbeiter und herabgekommene Gewerbtreibende 1 Mill. Gulden C. M. zustellen lassen. Die Proletariermassen strömen heute zum Empfang herbei, ich darf also auch nicht fehlen, wenn ich auch fürchte, daß Doblhof davon nichts Näheres wissen will. Italien. * Briefe aus Bergamo vom 8. d. melden, daß die Stadt ganz verödet ist; denn wer irgend gekannt, ist ausgewandert. Den Sicherheitsdienst versahen die wenigen noch zurückgebliebenen Wachen. Die Oestreicher lagerten auf den Bastionen, die Kanonen gegen die Stadt gerichtet, und in den Umgebungen der Stadt. Karl Albert soll den Rest des Staatsschatzes, 7-8 Millionen, mitgenommen haben. Man fürchtete Plünderung von Seite des Pöbels. Die jungen Leute flohen in Masse, weil es hieß, Radetzki wolle sie unter das Militär stecken und nach Ungarn schicken. Die Kolonne Gorbuldi soll sich nach der Schweiz zurückgezogen und dort die Waffen niedergelegt haben. Es hieß, die Oestreicher wollten die piemontesische Festung Alessandria besetzen. — Folgendes ist das neueste Bülletin Radetzky's: „Hauptquartier Mailand, 6. August 1848. Die Stadt Mailand ist unser! Sie hat sich der Gnade Sr. Maj. Kaisers ergeben, und ich bin Mittag 12 Uhr mit meiner tapferen Armee in selbe eingezogen. Die piemontesische Armee hat diese Stadt heute verlassen und muß, nach einer mit ihr und der Stadt Mailand geschlossenen Konvention, bis 7 Uhr Abends über den Ticino, mithin außerhalb der Gränzen des k. Gebiets sein. Die Armee hat vor zwei Wochen ihre Offensive von Verona aus ergriffen — sie hat während dieser Zeit bei Sommacampagna, Custozza, Volta, Cremona, Pizzighetone und zwei Tage vor Mailand siegreiche Schlachten und Gefechte geliefert, und ist nun den vierzehnten Tag Herr der lombardischen Hauptstadt. Die Armee und ihre Führer glauben somit ihre Schuldigkeit für ihren geliebten Kaiser und das geliebte Vaterland treulich erfüllt zu haben, denn kein Feind steht mehr auf lombardischem Boden. Turin, 7. Aug.
Die Nachricht von der Kapitulation ist hier eingetroffen. Seit zwei Tagen war man aufs Schlimmste gefaßt. „L'Opinione“ gibt die Nachrichten mit schwarzem Rande eingefaßt. Man erfährt zugleich, daß der Judas — Karl Albert — mit genauer Noth seinem wohlverdienten Schicksale, von den Mailändern massakrirt zu werden, entgangen ist. In der Provinz Ivrea sind 30,000 Freiwillige unter die Waffen geeilt; das Volk ist keineswegs entmuthigt, aber wüthend im höchsten Grade. Gioberti wird Minister des Unterrichts; Ratazzi (Advokat) des Handels und Ackerbau's. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt. Turin, 8. Aug.
Das neue Ministerium hat in Masse seine Entlassung gegeben. Rom, 2. Aug. Mamiani hat seine Entlassung abermals eingereicht und erklärt, sie sei unwiderruflich. Die Deputirten haben die sofortige Erlassung einer Adresse an die Parlamente von Toskana, Sardinien und Neapel beschlossen, um darin zu gemeinsamen Maaßregeln wegen Rettung des Vaterlandes aufzufordern. Graf Fabbri soll mit Bildung eines neuen Kabinets beauftragt sein, die Deputirten haben die Mobilisation von 12,000 Nationalgarden, die Bildung einer Fremdenlegion von eben solcher Stärke, die Berufung eines tüchtigen Generals aus der Fremde und die Bewilligung ein esaußerordentlichen Kredits von 4 Mill. Scudis beschlossen. — Das neue Ministerium ist, wie uns vor Absendung des Briefes versichert wird, bereits zu Stande gekommen und wie folgt, zusammengesetzt: Graf Fabbri, Inneres; Corboli Bussi, Auswärtiges; Lauro Lauri, Finanzen; Campello, Krieg; Galletti, Polizei; Sturbinetti, öffentliche Arbeiten. Großbritannien. London, 12. August. Der Standard macht heute die Mittheilung, daß die Königin sehr wahrscheinlich, am Donnerstag den 24. d. beide Parlamentshäuser in Person vertagen werde. Die gestrige Unterhaussitzung war ohne alles Interesse. In Irland bleibt Alles ruhig und Rich. O'German jun. ist der Einzige, der noch mit einigen Insurgenten im Felde stehen soll. Französische Republik. Paris, 12. Aug. Zwei Mitglieder der Nationalversammlung werden in Anklagezustand versetzt werden. Die Regierung wird heute wie es heißt, die nöthige Autorisation verlangen. Diese 2 Mitglieder sind keine andere als Louis Blanc und Caussidiére. — Der Moniteur enthält heute folgenden Artikel: „In keiner Epoche unsrer Geschichte lastete eine größere Verantwortlichkeit auf der Regierung als auf der Cavaignac's. Die Schicksale Frankreichs, und, wie Europa selbst zugibt, der ganzen gebildeten Welt liegen so zu sagen in seinen Händen. Diese Wahrheit tritt nach der letzten Wendung der Dinge in Italien um so klarer vor Augen — einer Wendung, welche die Regierung zuerst voraussah, und welcher vorzubeugen ihr wirklich gelungen wäre, wenn Italien weniger Selbstvertrauen in seine eigene Kräfte gesetzt hätte. In Gegenwart so wichtiger Ereignisse, bei aller Rücksicht auf das allgemeine Interesse, das Italien in Frankreich einflößt, sah sich jedoch die Regierung gezwungen, die herkömmlichen Nothwendigkeiten der französischen Politik und die augenblickliche Lage der Republik in's Auge zu fassen, ehe sie einen Weg einschlug, von dem nothwendigerweise Krieg oder Frieden vielleicht ganz Europa's abhängt. Sie begriff, daß sie in einer Zeit, wo die Entwickelung und Sicherheit der kommerziellen Verbindungen die Grundbedingung des Wohlstandes und Einflusses der Völker genannt wird, vor allen Dingen die industriellen Interessen berücksichtigen müsse. Durchdrungen von der Nothwendigkeit, den öffentlichen Kredit herzustellen, der sich wieder herzustellen beginnt; überzeugt, daß Frankreich aus keinerlei Rücksicht, niemals mit den Gesetzen der Ehre transigiren dürfe, bestrebte sich die Regierung, die Würde des französischen Namens mit den gerechten und legitimen Forderungen des Privatinteresses in Einklang zu bringen. In einem Wort, den Krieg anzunehmen, wenn es die Ehre erheische; ihn anzunehmen, nicht im Namen eines Souveräns, dessen Partikularideen den Wünschen und Bedürfnissen seines Volkes zu oft fremd entgegen gerichtet sind, sondern im Namen des Landes selbst, im Namen der Nationalversammlung der einzigen Schiedsrichterin über Krieg und Frieden. Ihn (den Krieg) im Gegentheile zu vermeiden, ohne indessen irgend eine nähere Pflicht zu schwächen und ohne von dem Rang herabzusteigen, welchen Frankreich im europäischen Concert einnehmen muß; wenn dieses Vermeiden überhaupt möglich. Solchergestalt war die Linie des Benehmens, die sich die Regierung vorzeichnete; dies die einzige Politik, die ihr der Republik würdig schien. Diese Politik hat die Regierung ohne alle Hinterlist befolgt. Sie kann sich schon genügend belohnt fühlen, bei dem Gedanken ganz Frankreich die Hoffnung theilen zu lassen, den Frieden in Italien durch Vermittelung Frankreichs wie Englands bald hergestellt zu sehen.“ Der Rest des Artikels ist reine Phrase. Er malt die glücklichen Resultate des französisch-englischen Einverständnisses auf der spanischen Halbinsel und drückt die Hoffnung aus, daß ein ähnliches Resultat auch in der italischen Frage erzielt werde. Dem Kampf in den schleswig-holsteinschen Herzogthümern — schließt der Artikel — für relativ sekundäre Interessen (also Absatzkanäle für die deutsche Marine sind für Hrn. Cavaignac-Senard sekundäre Interessen) muß Einhalt gethan werden (doit être arrèté). Das deutsche Parlament, wir zweifeln daran nicht, wird sicher wollen, daß sein erster Akt eine Handlung der Versöhnung sei und es wird seine Kräfte mit den unsrigen vereinen, um einen Friedensschluß (accord) zu Stande zu bringen, der schon zu lange verzögert ist. Es wird nicht vergessen, daß die Ausgedehntheit seiner Handlungen von seiner Weisheit abhängt (le parlament allemand n'oubliera pas que l'éfficacité de son action depend de sa sagesse). — National-Versammlung. Sitzung vom 12. Aug. Große Truppenlagerungen um Präfektur, Justizpalais und Stadthaus. Die Tribünen sind frühzeitig gefüllt. Ein Repräsentant zeigt dicht in unserer Nähe seinem Nachbar einen Brief, den er eben aus Italien erhalten und welcher ihm anzeigt, daß Radetzki und Karl Albert einen Waffenstillstand auf 45 Tage geschlossen, und daß während dieser Zeit die beiden Armeen die ihnen bezeichneten Punkte längst der piemontesischen Gränze besetzt halten. Nach Erledigung von Petitionen etc. nimmt Louis Blanc das Wort: Fast alle Journale brächten an diesem Morgen mit halbamtlicher Miene Artikel, in denen gesagt sei, daß Cavaignac mit vielen Repräsentanten übereingekommen, auf simple oder motivirte Tagesordnung anzutragen. Man habe gestern lange über die Aktenstücke diskutirt u. s. w. Dieß lasse voraussetzen, daß einzelne Aktenstücke gewissen Gliedern mitgetheilt worden. Er protestire gegen eine solche Parteilichkeit und dringe wiederholt darauf, den Druck und die Vertheilung des Berichts nebst Beilagen so viel als möglich zu beschleunigen. Ledrü-Rollin protestirt ebenfalls gegen jede partielle Veröffentlichung der Aktenstücke an einzelne Repräsentanten. Caussidière desgleichen. Er will nur noch 3 bis 4 Tage warten und sich dem Verdacht eines Räubers aussetzen. Marrast erklärt, daß der Druck nicht vor nächstem Mittwoch und Donnerstag vollendet sein könne. Die Versammlung beschließt bis Donnerstag zu warten. An diesem Tage solle aber die Vertheilung unfehlbar erfolgen und dann die Diskussion am Montag den 21. August beginnen. Die große Schlacht bleibt also bis dahin ausgesetzt. Affre bittet schriftlich, dieser Diskussion aus Zartgefühl nicht beiwohnen zu dürfen. Bewilligt. Nach Erledigung neuer Bittschriften beräth die Versammlung Militärunterstützung und sonstige unerhebliche Gegenstände der Tagesordnung. Man entsinnt sich, daß der Oberst Lespinasse und der General Lebreton im Anfang Juli den Antrag gestellt hatten, denjenigen Militärpensionären eine Ausnahme von dem Dekret der provisorischen Regierung vom 13. März rücksichtlich des Stellenanhäufungsgesetzes zu gestatten, welche einen zu niedrigen Jahresgehalt bezögen, um leben zu können. Man solle ihnen daher erlauben, kleine Civilstellen anzunehmen, wenn beide Gehälter die Summe von 2000 Fr. jährlich nicht überstiegen. Dahirel stellte den Antrag, diese Ausnahme jedem Militärpensionär zu gestatten, dessen Gehalt 1000 Fr. nicht übersteige. Die Diskussion zwischen Lespinasse und dem Kriegsminister Lamoriciere war ziemlich heftig und endigte unter großem Tumult erst gegen 6 Uhr mit Annahme des Gesetzes. Goudchaux theilt der Versammlung mit, daß das neue Anleihen der jüngsten Votirung bereits vollständig gedeckt sei. Vallette trägt darauf an, am nächsten Montag keine Sitzung zu halten, damit die Versammlung drei Feiertage habe. Nächsten Dienstag sei bekanntlich Mariahimmelfahrt. Die Versammlung entscheidet, daß sie am Montag sitze und geht um 6 Uhr auseinander. Galizien. Cernowitz, 1. Aug. Die Cholera ist bei uns im Zunehmen und noch mehr die Furcht vor derselben. Viele Läden sind geschlossen: der Verkehr stockt und die vermöglicheren Einwohner flüchten sich bereits in das Gebirge. Amtliche Nachrichten. Ich will auf Ihren Vortrag genehmigen, daß auch in der Armee, gleichwie im Civil-Staatsdienste, die Einreichung geheimer Konduitenlisten aufhöre. Da aber behufs der Beschlußnahme über die Verwendung von Offizieren und die Wiederbesetzung erledigter Stellen, welche oft keinen Aufschub erleidet, genügende Nachrichten über die Dienstlaufbahn und die Befähigung der Offiziere bereit liegen müssen, so haben Sie in Erwägung zu nehmen und mir vorzuschlagen, in welcher Art die bisherigen geheimen Konduitenlisten durch eine Eingabe zu ersetzen sind, deren Inhalt zur Beurtheilung der Qualifikation der Offiziere genügen und zur Kenntniß der betreffenden Offiziere gelangen kann. In Ansehung der Militär-Beamten ist dagegen ebenso, wie in Ansehung der Civil-Beamten, zu verfahren. Bellevue, den 29. Juli 1848. (gez.) Friedrich Wilhelm. (contrasign.) Frhr. v. Schreckenstein. Handelsnachrichten. [irrelevantes Material]
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar076_003" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="0388"/> Kehl (Duisburg), Jungbluth (Aachen), Hermann (Elberfeld), Forstmann (Duisburg), Ploenius (Altenkirchen), Bredt (Elberfeld), v. d. Loë (Geldern), Krabbe (Kempen), Pelzer (Lennep), Eschmann (Waldbroel), Luckhaus (Lennep).</p> </div> <div xml:id="ar076_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Memel, 8. August.</head> <p>Von der so viel besprochenen Cholera hat sich auch hier in Memel bereits ein Fall gezeigt, indem die Frau eines hiesigen Fuhrmannes diese Krankheit aus Mirau mitbrachte jedoch auch wieder fast gänzlich genesen ist. Weitere Erkrankungen sind bis jetzt noch nicht bekannt geworden.</p> </div> <div xml:id="ar076_005" type="jArticle"> <head>Stuttgart, 8. August.</head> <p>In der gestern hier gehaltenen Generalversammlung des Landesausschusses der vaterländischen Vereine wurde unter Anderem ein Gesuch an die Regierung um eine besondere neu zu wählende konstitutirende Ständeversammlung beschlossen. Da Sie im Großherzogthum Hessen in dieser Beziehung ganz in demselben Falle sind, so dürfte Begründung und Ziel dieser Petition für Ihre Mitbürger besonderes Interesse haben. Der Landesausschuß motivirte mit Einstimmigkeit sein Verlangen durch den Beschluß der Nationalversammlung in Frankfurt so: Da die Vorrechte des Adels aufgehoben sind, so muß kraft dieser Bestimmung die erste Kammer, welche eine bevorrechtete Adelskammer ist, so wie die Vertretung des Adels in der zweiten Kammer fallen; um dies aber zu ordnen ist eine konstituirende Versammlung dringendstes Bedürfniß.<bibl>(M. Z.)</bibl> </p> </div> <div xml:id="ar076_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Prag, 9. August.</head> <p>Mit dem seiner Haft entlassenen Dr. Brauner fährt (im Einverständniß mit dem Stadtkollegium) eine Deputation von 9 Bürgern nach Wien, um das Ministerium zu bitten, daß die Gefangenen auf dem Prager Schloß gegen eine Bürgschaft von vierzig Prager Bürgern auf freien Fuß gesetzt werden. Unter den noch Verhafteten befinden sich namentlich nur noch Graf Adalbert Deym, Fastr und Villani. — Der Ministerialbescheid über das Corps Swornost soll bereits angekommen sein; das Corps erwartet mit Sehnsucht den Erlaß, welchen seine Bürgerehre wieder herstellen soll, will sich jedoch hernach von selbst auflösen.</p> <p>Unter allen debütirenden Schriftstellern ist wohl keiner so schlecht weggekommen, als der Fürst Windischgrätz. Fast sämmtliche hiesigen Journalisten fallen über seine unglückliche Kundmachung her und zerfleischen sie dermaßen, daß bald nichts mehr als ein Lüskelett von ihr übrig bleiben wird. Allein der Fürst gibt auch zu viel Blößen; wenn das Machwerk noch etwas fein angelegt gewesen wäre! — aber so sagt man darin, daß der Hof der Technik am Pfingstmontag schon um 9 Uhr aufgerissen worden sei, und das Schönste bei der Sache ist, daß der Hof der Technik gar nicht gepflastert ist, einige Steinplatten ausgenommen, die sich unter dem Thorwege befinden. Die bisher aus der Haft Entlassenen haben durch öffentlichen Anschlag eine Versammlung anberaumt, in welcher sie gegen das Verfahren protestiren und eine neue Untersuchung eingeleitet wissen wollen. Mehrere Doktoren der Rechte und andern Juristen haben auf den 10. August eine Versammlung ihrer Kollegen zusammenberufen, in welcher man, da aus der Prager Revolution und den darüber veröffentlichten Schriften des Generals weder logisch noch rechtlich auf eine Verschwörung geschlossen werden kann, zur Rettung der Ehre der Hauptstadt und der ganzen Nation, über die Kundmachung des Generals ein Gutachten erlassen will, woraus man entnehmen könne, was in rechtlicher Beziehung von den Untersuchungsresultaten zu halten sei, und daß gegen die Beschuldigung der „weitverzweigten Verschwörung“ beim Kaiser und dem Reichstage ein feierlicher Protest eingelegt werden solle.</p> <p>Die Stadt ist ruhig, allein immer noch sieht man des Abends zahlreiche Patrouillen auf den Straßen und das Schloß, so wie das Lager vor dem Porschitschen Thore ist voller Militär.</p> </div> <div xml:id="ar076_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 10. Aug.</head> <p>Der Kriegsminister Latour, der bisher im Reichstage nur dann den Mund aufgethan, um durch Verkündung absolutistischer Siegesberichte seinen demokratischen Muth auf die Probe zu stellen oder den antideutschen und antifreitlichen habitus der Armee zu vertreten, erhielt auch in der gestrigen Sitzung gegen zwei Uhr durch den Empfang einer telegraphischen Depesche aus Cilli wiederum Gelegenheit, die eben lebhaft geführte Verhandlung des Reichstags über Aufhebung aller dinglichen und persönlichen Unterthänigkeits-Verhältnisse mit der durch diese Depesche ihm überkommenen Botschaft zu unterbrechen, Radetzky habe am Sonntag 6. d. M. Vormittags 10 Uhr, natürlich unter dem banalen Geleite allgemeinen Jubels, seinen Einzug in Mailand gehalten, die Stadt sei vollkommen ruhig. Der Reichstag, welcher die absolutistische Kanonen Cholera vielleicht wittern mochte, beobachtete eine Weile ein bedeutungsvolles Schweigen und fuhr dann, ohne allen Jubel-Ausdruck, in seiner Berathung fort. — Kurz vor dem Eintreffen dieses italiänischen Sirokko hatte der Abgeordnete Turke an das Ministerium die Frage gestellt, 1) ob es Schritte gethan, daß, wie es in der Thronrede heiße, in Italien nichts Anderes als ein ehrenvoller Friede erkämpft werde, 2) ob das in der Abendbeilage der Wiener Zeitung vom 8. mitgetheilte barbarische Verfahren des Welden'schen Korps begründet sei, 3) ob Radetzky, der sich Mailand mit einer Armee nähere, die noch immer als Vorkämpferin des Absolutismus angesehen werden müsse, Befehle erhalten habe, schonender zu verfahren als seine Proklamation vom 27. Juli es verheiße? — Darauf antwortete zuerst der von der Kamarilla ganz ignorirte, gemüthliche liberale Doblhof, „das Ministerium habe Alles gethan, um zu baldigen Friedensunterhandlungen (?) zu gelangen, es müsse ein Gleiches aber auch von der andern Seite geschehen; Näheres könne er für jetzt nicht mittheilen.“ Auch der Kriegsminister wußte über das barbarische Verfahren Weldens nichts Näheres; das aber wußte er, daß Radetzki Pavia genomm[e]n, in Lodi sei, mit England unterhandle, sich Mailand nähere, ein piemontesisches Korps geschlagen habe; daß das 10 Jägerbataillon eine Batterie genommen, und daß Mailand im Wege der Kapitulation fallen werde oder, wenn es in seinem Fanatismus gegen Oesterreich, fortfahre mit Strenge gezüchtigt werden müsse; — daß das Landvolk die österreichische Armee überall jubelnd empfangen habe und nur die Städte sich widerspenstig gezeigt hätten. Zusätzlich bemerkte Doblhof-Camphausen dann noch, „er hoffe, Oesterreichs Truppen würden wirklich Italiens Befreier sein!“</p> <p>Die eben erwähnte Verhandlung über die Aufhebung der Unterthänigkeit-Verhältnisse, eine Verhandlung deren Resultat den Bauer d. h. vielleicht 5/6 der ganzen Bevölkerung, aus dem Mittelalter herausheben wird, wurde durch einen schon früher mit Akklamation vom Reichstag aufgenommenen, jetzt aber verbessert eingebrachten Antrag des Abgeordneten <hi rendition="#g">Kudlich</hi> veranlaßt und mit Beseitigung einer nähern Prüfung durch eine Kommission, sofort in Vollberathung genommen. Nachdem in eine die Nothwendigkeit einer sofortigen Emanzipation des Bauernstandes gründlich und warm erörternden Rede der genannte Abgeordnete seinen Antrag zu motiviren gesucht hatte, wurde derselbe mit einer Ladung von Amendements so übergossen, daß noch manche Sitzung vergehen dürfte, bevor ein Endergebniß erfolgen kann. Schon die während 16 Sitzungen geführte Berathung über die Geschäftsordnung hat gezeigt, daß der Reichstag mit Wohlbedächtigkeit gut ausgepolstert ist und in dieser Beziehung, die einzige Kaiser-Rückkehr-Debatte ausgenommen, den andern deutschen Reichstagen würdig zur Seite gestellt werden kann. Die ihm jetzt unterbreitete Frage ist von mehren Abgeordneten indessen für so dringlich dargestellt worden, indem sie wie Kudlich sagte, die sofort zu beantwortende Thronrede des souveränen Volkes enthalte, daß bei der bereits faktisch ausgeübten Selbstemanzipation des Bauernstandes ihre definitive Erledigung innerhalb der ersten Tage erfolgen muß. Da der Finanzminister die Finanzfrage dem Reichstage als ebenso dringlich und wichtig empfohlen hat und sich überhaupt der absolut dringlichen Fragen aus dem österreichischen Staats-Chaos täglich neue hervorthun, so wird der Reichstag wenn er auch nicht überall will, nothgedrungen rascher und fleißiger arbeiten müssen, als bisher. Der Reichstag eines Landes voll der entsetzlichsten Verwirrung und des antediluvianischen Urmist's Oesterreichs begeht eine Sünde, wenn seine Sitzungen, wie bisher, gewöhnlich nur von 12 bis 2 oder 3 Uhr Mittags währen.</p> <p>Das Ministerium hat den Ritter v. Zaleski, einen gemüthlichen Liberalen à la Doblhof, zum Gouverneur in Galizien ernannt, um die dortige Büreaukratie und Soldateska niederzufeuern.</p> <p>Ungarn hat für seine eigene Bank 12 1/2 Millionen Banknoten geschaffen und die osterreichischen damit natürlich bedeutend beeinträchtigt. Inde irae et odium der hiesigen Schacherwelt.</p> <p>Der vom König von Ungarn zum Hochverräther erklärte, dann aber vom Kaiser von Oesterreich in Innspruck und vom deutschen Reichsverweser in dem Hofgesinde-Gebäude des Parks von Schönbrun empfangene, in Wien mit einem Fackelzug beehrte, von dem demokratischen Ministerium Doblhof und von der demokratischen Presse Wiens ungeschoren gelassene Banus von Kroatien — Jelachich — ist nicht etwa wieder nach Kroatien abgereist, sondern befindet sich zuverlässigen Nachrichten zufolge, ganz in der Nähe Wiens, nämlich in Grätz, wo er der schönen Gemahlin des metternich'schen Gouverneurs Grafen von Wickenburg en attentant die Kur machen soll. — Die also um Wien kombinirte Thätigkeit Jellachich-Windischgrätz Radetzky, hat nun ihren geistigen Centralpunkt in unserer Mitte aufgestellt und durch den unvermeidlichen Stadion ein politisches, zur Kö##rung der Mehrheit des Reichstags ziemlich tölpelhaftes Programm bekannt werden lassen, welches bei einem so unvermeidlichen Ministerium Stadion natürlich eine liebenswürdige Zukunft verheitzt. In diesem Evangelium kommt unter Anderem nämlich vor:</p> <p>1. Wir wollen die konstitutionelle Monarchie in ihrer vollsten Ausbildung mit allen ihren Konsequenzen u. s. w.</p> <p>2. Als die erste und wesentlichste Konsequenz und Grundlage der konstitutionellen Monarchie betrachten wir ein volksthümliches Zweikammersystem (Geburts- und Schacher-Adel) doch Sie haben schon genug damit. Das Evangelium endet mit der Integrität und Souveränität des österreichischen Gesammtstaats und mit innigen, andauernden, nur Vortheil nicht Nachtheil bringenden Anschluß an Deutschland, wodurch Oesterreich stark und groß bleibe.</p> <p>Es ist in Stadt und Vorstädten das Gerücht verbreitet worden, Erzherzog Johann habe vor seiner Abreise nach Frankfurt dem gemüthlichen Doblhof zur Vertheilung an Arbeiter und herabgekommene Gewerbtreibende 1 Mill. Gulden C. M. zustellen lassen. Die Proletariermassen strömen heute zum Empfang herbei, ich darf also auch nicht fehlen, wenn ich auch fürchte, daß Doblhof davon nichts Näheres wissen will.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar076_008" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Briefe aus Bergamo vom 8. d. melden, daß die Stadt ganz verödet ist; denn wer irgend gekannt, ist ausgewandert. Den Sicherheitsdienst versahen die wenigen noch zurückgebliebenen Wachen. Die Oestreicher lagerten auf den Bastionen, die Kanonen gegen die Stadt gerichtet, und in den Umgebungen der Stadt. Karl Albert soll den Rest des Staatsschatzes, 7-8 Millionen, mitgenommen haben. Man fürchtete Plünderung von Seite des Pöbels. Die jungen Leute flohen in Masse, weil es hieß, Radetzki wolle sie unter das Militär stecken und nach Ungarn schicken. Die Kolonne Gorbuldi soll sich nach der Schweiz zurückgezogen und dort die Waffen niedergelegt haben. Es hieß, die Oestreicher wollten die piemontesische Festung Alessandria besetzen.</p> <p>— Folgendes ist das neueste Bülletin Radetzky's:</p> <p>„Hauptquartier <hi rendition="#g">Mailand,</hi> 6. August 1848. Die Stadt Mailand ist unser! Sie hat sich der Gnade Sr. Maj. Kaisers ergeben, und ich bin Mittag 12 Uhr mit meiner tapferen Armee in selbe eingezogen. Die piemontesische Armee hat diese Stadt heute verlassen und muß, nach einer mit ihr und der Stadt Mailand geschlossenen Konvention, bis 7 Uhr Abends über den Ticino, mithin außerhalb der Gränzen des k. Gebiets sein. Die Armee hat vor zwei Wochen ihre Offensive von Verona aus ergriffen — sie hat während dieser Zeit bei Sommacampagna, Custozza, Volta, Cremona, Pizzighetone und zwei Tage vor Mailand siegreiche Schlachten und Gefechte geliefert, und ist nun den vierzehnten Tag Herr der lombardischen Hauptstadt. Die Armee und ihre Führer glauben somit ihre Schuldigkeit für ihren geliebten Kaiser und das geliebte Vaterland treulich erfüllt zu haben, denn kein Feind steht mehr auf lombardischem Boden.</p> </div> <div xml:id="ar076_009" type="jArticle"> <head>Turin, 7. Aug.</head> <p>Die Nachricht von der Kapitulation ist hier eingetroffen. Seit zwei Tagen war man aufs Schlimmste gefaßt. „L'Opinione“ gibt die Nachrichten mit schwarzem Rande eingefaßt. Man erfährt zugleich, daß der Judas — Karl Albert — mit genauer Noth seinem wohlverdienten Schicksale, von den Mailändern massakrirt zu werden, entgangen ist. In der Provinz Ivrea sind 30,000 Freiwillige unter die Waffen geeilt; das Volk ist keineswegs entmuthigt, aber wüthend im höchsten Grade. Gioberti wird Minister des Unterrichts; Ratazzi (Advokat) des Handels und Ackerbau's. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt.</p> </div> <div xml:id="ar076_010" type="jArticle"> <head>Turin, 8. Aug.</head> <p>Das neue Ministerium hat in Masse seine Entlassung gegeben.</p> </div> <div xml:id="ar076_011" type="jArticle"> <head>Rom, 2. Aug.</head> <p>Mamiani hat seine Entlassung abermals eingereicht und erklärt, sie sei unwiderruflich. Die Deputirten haben die sofortige Erlassung einer Adresse an die Parlamente von Toskana, Sardinien und Neapel beschlossen, um darin zu gemeinsamen Maaßregeln wegen Rettung des Vaterlandes aufzufordern. Graf Fabbri soll mit Bildung eines neuen Kabinets beauftragt sein, die Deputirten haben die Mobilisation von 12,000 Nationalgarden, die Bildung einer Fremdenlegion von eben solcher Stärke, die Berufung eines tüchtigen Generals aus der Fremde und die Bewilligung ein esaußerordentlichen Kredits von 4 Mill. Scudis beschlossen.</p> <p>— Das neue Ministerium ist, wie uns vor Absendung des Briefes versichert wird, bereits zu Stande gekommen und wie folgt, zusammengesetzt: Graf Fabbri, Inneres; Corboli Bussi, Auswärtiges; Lauro Lauri, Finanzen; Campello, Krieg; Galletti, Polizei; Sturbinetti, öffentliche Arbeiten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar076_012" type="jArticle"> <head>London, 12. August.</head> <p>Der Standard macht heute die Mittheilung, daß die Königin sehr wahrscheinlich, am Donnerstag den 24. d. beide Parlamentshäuser in Person vertagen werde.</p> <p>Die gestrige Unterhaussitzung war ohne alles Interesse. In Irland bleibt Alles ruhig und Rich. O'German jun. ist der Einzige, der noch mit einigen Insurgenten im Felde stehen soll.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar076_013" type="jArticle"> <head>Paris, 12. Aug.</head> <p>Zwei Mitglieder der Nationalversammlung werden in Anklagezustand versetzt werden. Die Regierung wird heute wie es heißt, die nöthige Autorisation verlangen. Diese 2 Mitglieder sind keine andere als Louis Blanc und Caussidiére.</p> <p>— Der Moniteur enthält heute folgenden Artikel: „In keiner Epoche unsrer Geschichte lastete eine größere Verantwortlichkeit auf der Regierung als auf der Cavaignac's. Die Schicksale Frankreichs, und, wie Europa selbst zugibt, der ganzen gebildeten Welt liegen so zu sagen in seinen Händen. Diese Wahrheit tritt nach der letzten Wendung der Dinge in Italien um so klarer vor Augen — einer Wendung, welche die Regierung zuerst voraussah, und welcher vorzubeugen ihr wirklich gelungen wäre, wenn Italien weniger Selbstvertrauen in seine eigene Kräfte gesetzt hätte. In Gegenwart so wichtiger Ereignisse, bei aller Rücksicht auf das allgemeine Interesse, das Italien in Frankreich einflößt, sah sich jedoch die Regierung gezwungen, die herkömmlichen Nothwendigkeiten der französischen Politik und die augenblickliche Lage der Republik in's Auge zu fassen, ehe sie einen Weg einschlug, von dem nothwendigerweise Krieg oder Frieden vielleicht ganz Europa's abhängt. Sie begriff, daß sie in einer Zeit, wo die Entwickelung und Sicherheit der kommerziellen Verbindungen die Grundbedingung des Wohlstandes und Einflusses der Völker genannt wird, vor allen Dingen die industriellen Interessen berücksichtigen müsse. Durchdrungen von der Nothwendigkeit, den öffentlichen Kredit herzustellen, der sich wieder herzustellen beginnt; überzeugt, daß Frankreich aus keinerlei Rücksicht, niemals mit den Gesetzen der Ehre transigiren dürfe, bestrebte sich die Regierung, die Würde des französischen Namens mit den gerechten und legitimen Forderungen des Privatinteresses in Einklang zu bringen. In einem Wort, den Krieg anzunehmen, wenn es die Ehre erheische; ihn anzunehmen, nicht im Namen eines Souveräns, dessen Partikularideen den Wünschen und Bedürfnissen seines Volkes zu oft fremd entgegen gerichtet sind, sondern im Namen des Landes selbst, im Namen der Nationalversammlung der einzigen Schiedsrichterin über Krieg und Frieden. Ihn (den Krieg) im Gegentheile zu vermeiden, ohne indessen irgend eine nähere Pflicht zu schwächen und ohne von dem Rang herabzusteigen, welchen Frankreich im europäischen Concert einnehmen muß; wenn dieses Vermeiden überhaupt möglich. Solchergestalt war die Linie des Benehmens, die sich die Regierung vorzeichnete; dies die einzige Politik, die ihr der Republik würdig schien.</p> <p>Diese Politik hat die Regierung ohne alle Hinterlist befolgt. Sie kann sich schon genügend belohnt fühlen, bei dem Gedanken ganz Frankreich die Hoffnung theilen zu lassen, den Frieden in Italien durch Vermittelung Frankreichs wie Englands bald hergestellt zu sehen.“</p> <p>Der Rest des Artikels ist reine Phrase. Er malt die glücklichen Resultate des französisch-englischen Einverständnisses auf der spanischen Halbinsel und drückt die Hoffnung aus, daß ein ähnliches Resultat auch in der italischen Frage erzielt werde.</p> <p>Dem Kampf in den schleswig-holsteinschen Herzogthümern — schließt der Artikel — für relativ sekundäre Interessen (also Absatzkanäle für die deutsche Marine sind für Hrn. Cavaignac-Senard sekundäre Interessen) muß Einhalt gethan werden (doit être arrèté). Das deutsche Parlament, wir zweifeln daran nicht, wird sicher wollen, daß sein erster Akt eine Handlung der Versöhnung sei und es wird seine Kräfte mit den unsrigen vereinen, um einen Friedensschluß (accord) zu Stande zu bringen, der schon zu lange verzögert ist. Es wird nicht vergessen, daß die Ausgedehntheit seiner Handlungen von seiner Weisheit abhängt (le parlament allemand n'oubliera pas que l'éfficacité de son action depend de sa sagesse).</p> <p>— <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 12. Aug. Große Truppenlagerungen um Präfektur, Justizpalais und Stadthaus. Die Tribünen sind frühzeitig gefüllt. Ein Repräsentant zeigt dicht in unserer Nähe seinem Nachbar einen Brief, den er eben aus Italien erhalten und welcher ihm anzeigt, daß Radetzki und Karl Albert einen Waffenstillstand auf 45 Tage geschlossen, und daß während dieser Zeit die beiden Armeen die ihnen bezeichneten Punkte längst der piemontesischen Gränze besetzt halten.</p> <p>Nach Erledigung von Petitionen etc. nimmt Louis Blanc das Wort: Fast alle Journale brächten an diesem Morgen mit halbamtlicher Miene Artikel, in denen gesagt sei, daß Cavaignac mit vielen Repräsentanten übereingekommen, auf simple oder motivirte Tagesordnung anzutragen. Man habe gestern lange über die Aktenstücke diskutirt u. s. w. Dieß lasse voraussetzen, daß einzelne Aktenstücke gewissen Gliedern mitgetheilt worden. Er protestire gegen eine solche Parteilichkeit und dringe wiederholt darauf, den Druck und die Vertheilung des Berichts nebst Beilagen so viel als möglich zu beschleunigen.</p> <p>Ledrü-Rollin protestirt ebenfalls gegen jede partielle Veröffentlichung der Aktenstücke an einzelne Repräsentanten.</p> <p>Caussidière desgleichen. Er will nur noch 3 bis 4 Tage warten und sich dem Verdacht eines Räubers aussetzen.</p> <p>Marrast erklärt, daß der Druck nicht vor nächstem Mittwoch und Donnerstag vollendet sein könne.</p> <p>Die Versammlung beschließt bis Donnerstag zu warten. An diesem Tage solle aber die Vertheilung unfehlbar erfolgen und dann die Diskussion am Montag den 21. August beginnen.</p> <p>Die große Schlacht bleibt also bis dahin ausgesetzt.</p> <p>Affre bittet schriftlich, dieser Diskussion aus Zartgefühl nicht beiwohnen zu dürfen. Bewilligt.</p> <p>Nach Erledigung neuer Bittschriften beräth die Versammlung Militärunterstützung und sonstige unerhebliche Gegenstände der Tagesordnung.</p> <p>Man entsinnt sich, daß der Oberst Lespinasse und der General Lebreton im Anfang Juli den Antrag gestellt hatten, denjenigen Militärpensionären eine Ausnahme von dem Dekret der provisorischen Regierung vom 13. März rücksichtlich des Stellenanhäufungsgesetzes zu gestatten, welche einen zu niedrigen Jahresgehalt bezögen, um leben zu können. Man solle ihnen daher erlauben, kleine Civilstellen anzunehmen, wenn beide Gehälter die Summe von 2000 Fr. jährlich nicht überstiegen.</p> <p><hi rendition="#g">Dahirel</hi> stellte den Antrag, diese Ausnahme jedem Militärpensionär zu gestatten, dessen Gehalt 1000 Fr. nicht übersteige.</p> <p>Die Diskussion zwischen Lespinasse und dem Kriegsminister Lamoriciere war ziemlich heftig und endigte unter großem Tumult erst gegen 6 Uhr mit Annahme des Gesetzes.</p> <p>Goudchaux theilt der Versammlung mit, daß das neue Anleihen der jüngsten Votirung bereits vollständig gedeckt sei.</p> <p>Vallette trägt darauf an, am nächsten Montag keine Sitzung zu halten, damit die Versammlung drei Feiertage habe. Nächsten Dienstag sei bekanntlich Mariahimmelfahrt.</p> <p>Die Versammlung entscheidet, daß sie am Montag sitze und geht um 6 Uhr auseinander.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Galizien.</head> <div xml:id="ar076_014" type="jArticle"> <head>Cernowitz, 1. Aug.</head> <p>Die Cholera ist bei uns im Zunehmen und noch mehr die Furcht vor derselben. Viele Läden sind geschlossen: der Verkehr stockt und die vermöglicheren Einwohner flüchten sich bereits in das Gebirge.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Amtliche Nachrichten.</head> <div xml:id="ar076_015" type="jArticle"> <p>Ich will auf Ihren Vortrag genehmigen, daß auch in der Armee, gleichwie im Civil-Staatsdienste, die Einreichung geheimer Konduitenlisten aufhöre. Da aber behufs der Beschlußnahme über die Verwendung von Offizieren und die Wiederbesetzung erledigter Stellen, welche oft keinen Aufschub erleidet, genügende Nachrichten über die Dienstlaufbahn und die Befähigung der Offiziere bereit liegen müssen, so haben Sie in Erwägung zu nehmen und mir vorzuschlagen, in welcher Art die bisherigen geheimen Konduitenlisten durch eine Eingabe zu ersetzen sind, deren Inhalt zur Beurtheilung der Qualifikation der Offiziere genügen und zur Kenntniß der betreffenden Offiziere gelangen kann. In Ansehung der Militär-Beamten ist dagegen ebenso, wie in Ansehung der Civil-Beamten, zu verfahren.</p> <p>Bellevue, den 29. Juli 1848.</p> <p>(gez.) <hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm</hi>.</p> <p>(contrasign.) Frhr. v. Schreckenstein.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Handelsnachrichten.</head> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </text> </TEI> [0388/0002]
Kehl (Duisburg), Jungbluth (Aachen), Hermann (Elberfeld), Forstmann (Duisburg), Ploenius (Altenkirchen), Bredt (Elberfeld), v. d. Loë (Geldern), Krabbe (Kempen), Pelzer (Lennep), Eschmann (Waldbroel), Luckhaus (Lennep).
* Memel, 8. August. Von der so viel besprochenen Cholera hat sich auch hier in Memel bereits ein Fall gezeigt, indem die Frau eines hiesigen Fuhrmannes diese Krankheit aus Mirau mitbrachte jedoch auch wieder fast gänzlich genesen ist. Weitere Erkrankungen sind bis jetzt noch nicht bekannt geworden.
Stuttgart, 8. August. In der gestern hier gehaltenen Generalversammlung des Landesausschusses der vaterländischen Vereine wurde unter Anderem ein Gesuch an die Regierung um eine besondere neu zu wählende konstitutirende Ständeversammlung beschlossen. Da Sie im Großherzogthum Hessen in dieser Beziehung ganz in demselben Falle sind, so dürfte Begründung und Ziel dieser Petition für Ihre Mitbürger besonderes Interesse haben. Der Landesausschuß motivirte mit Einstimmigkeit sein Verlangen durch den Beschluß der Nationalversammlung in Frankfurt so: Da die Vorrechte des Adels aufgehoben sind, so muß kraft dieser Bestimmung die erste Kammer, welche eine bevorrechtete Adelskammer ist, so wie die Vertretung des Adels in der zweiten Kammer fallen; um dies aber zu ordnen ist eine konstituirende Versammlung dringendstes Bedürfniß.(M. Z.)
17 Prag, 9. August. Mit dem seiner Haft entlassenen Dr. Brauner fährt (im Einverständniß mit dem Stadtkollegium) eine Deputation von 9 Bürgern nach Wien, um das Ministerium zu bitten, daß die Gefangenen auf dem Prager Schloß gegen eine Bürgschaft von vierzig Prager Bürgern auf freien Fuß gesetzt werden. Unter den noch Verhafteten befinden sich namentlich nur noch Graf Adalbert Deym, Fastr und Villani. — Der Ministerialbescheid über das Corps Swornost soll bereits angekommen sein; das Corps erwartet mit Sehnsucht den Erlaß, welchen seine Bürgerehre wieder herstellen soll, will sich jedoch hernach von selbst auflösen.
Unter allen debütirenden Schriftstellern ist wohl keiner so schlecht weggekommen, als der Fürst Windischgrätz. Fast sämmtliche hiesigen Journalisten fallen über seine unglückliche Kundmachung her und zerfleischen sie dermaßen, daß bald nichts mehr als ein Lüskelett von ihr übrig bleiben wird. Allein der Fürst gibt auch zu viel Blößen; wenn das Machwerk noch etwas fein angelegt gewesen wäre! — aber so sagt man darin, daß der Hof der Technik am Pfingstmontag schon um 9 Uhr aufgerissen worden sei, und das Schönste bei der Sache ist, daß der Hof der Technik gar nicht gepflastert ist, einige Steinplatten ausgenommen, die sich unter dem Thorwege befinden. Die bisher aus der Haft Entlassenen haben durch öffentlichen Anschlag eine Versammlung anberaumt, in welcher sie gegen das Verfahren protestiren und eine neue Untersuchung eingeleitet wissen wollen. Mehrere Doktoren der Rechte und andern Juristen haben auf den 10. August eine Versammlung ihrer Kollegen zusammenberufen, in welcher man, da aus der Prager Revolution und den darüber veröffentlichten Schriften des Generals weder logisch noch rechtlich auf eine Verschwörung geschlossen werden kann, zur Rettung der Ehre der Hauptstadt und der ganzen Nation, über die Kundmachung des Generals ein Gutachten erlassen will, woraus man entnehmen könne, was in rechtlicher Beziehung von den Untersuchungsresultaten zu halten sei, und daß gegen die Beschuldigung der „weitverzweigten Verschwörung“ beim Kaiser und dem Reichstage ein feierlicher Protest eingelegt werden solle.
Die Stadt ist ruhig, allein immer noch sieht man des Abends zahlreiche Patrouillen auf den Straßen und das Schloß, so wie das Lager vor dem Porschitschen Thore ist voller Militär.
61 Wien, 10. Aug. Der Kriegsminister Latour, der bisher im Reichstage nur dann den Mund aufgethan, um durch Verkündung absolutistischer Siegesberichte seinen demokratischen Muth auf die Probe zu stellen oder den antideutschen und antifreitlichen habitus der Armee zu vertreten, erhielt auch in der gestrigen Sitzung gegen zwei Uhr durch den Empfang einer telegraphischen Depesche aus Cilli wiederum Gelegenheit, die eben lebhaft geführte Verhandlung des Reichstags über Aufhebung aller dinglichen und persönlichen Unterthänigkeits-Verhältnisse mit der durch diese Depesche ihm überkommenen Botschaft zu unterbrechen, Radetzky habe am Sonntag 6. d. M. Vormittags 10 Uhr, natürlich unter dem banalen Geleite allgemeinen Jubels, seinen Einzug in Mailand gehalten, die Stadt sei vollkommen ruhig. Der Reichstag, welcher die absolutistische Kanonen Cholera vielleicht wittern mochte, beobachtete eine Weile ein bedeutungsvolles Schweigen und fuhr dann, ohne allen Jubel-Ausdruck, in seiner Berathung fort. — Kurz vor dem Eintreffen dieses italiänischen Sirokko hatte der Abgeordnete Turke an das Ministerium die Frage gestellt, 1) ob es Schritte gethan, daß, wie es in der Thronrede heiße, in Italien nichts Anderes als ein ehrenvoller Friede erkämpft werde, 2) ob das in der Abendbeilage der Wiener Zeitung vom 8. mitgetheilte barbarische Verfahren des Welden'schen Korps begründet sei, 3) ob Radetzky, der sich Mailand mit einer Armee nähere, die noch immer als Vorkämpferin des Absolutismus angesehen werden müsse, Befehle erhalten habe, schonender zu verfahren als seine Proklamation vom 27. Juli es verheiße? — Darauf antwortete zuerst der von der Kamarilla ganz ignorirte, gemüthliche liberale Doblhof, „das Ministerium habe Alles gethan, um zu baldigen Friedensunterhandlungen (?) zu gelangen, es müsse ein Gleiches aber auch von der andern Seite geschehen; Näheres könne er für jetzt nicht mittheilen.“ Auch der Kriegsminister wußte über das barbarische Verfahren Weldens nichts Näheres; das aber wußte er, daß Radetzki Pavia genomm[e]n, in Lodi sei, mit England unterhandle, sich Mailand nähere, ein piemontesisches Korps geschlagen habe; daß das 10 Jägerbataillon eine Batterie genommen, und daß Mailand im Wege der Kapitulation fallen werde oder, wenn es in seinem Fanatismus gegen Oesterreich, fortfahre mit Strenge gezüchtigt werden müsse; — daß das Landvolk die österreichische Armee überall jubelnd empfangen habe und nur die Städte sich widerspenstig gezeigt hätten. Zusätzlich bemerkte Doblhof-Camphausen dann noch, „er hoffe, Oesterreichs Truppen würden wirklich Italiens Befreier sein!“
Die eben erwähnte Verhandlung über die Aufhebung der Unterthänigkeit-Verhältnisse, eine Verhandlung deren Resultat den Bauer d. h. vielleicht 5/6 der ganzen Bevölkerung, aus dem Mittelalter herausheben wird, wurde durch einen schon früher mit Akklamation vom Reichstag aufgenommenen, jetzt aber verbessert eingebrachten Antrag des Abgeordneten Kudlich veranlaßt und mit Beseitigung einer nähern Prüfung durch eine Kommission, sofort in Vollberathung genommen. Nachdem in eine die Nothwendigkeit einer sofortigen Emanzipation des Bauernstandes gründlich und warm erörternden Rede der genannte Abgeordnete seinen Antrag zu motiviren gesucht hatte, wurde derselbe mit einer Ladung von Amendements so übergossen, daß noch manche Sitzung vergehen dürfte, bevor ein Endergebniß erfolgen kann. Schon die während 16 Sitzungen geführte Berathung über die Geschäftsordnung hat gezeigt, daß der Reichstag mit Wohlbedächtigkeit gut ausgepolstert ist und in dieser Beziehung, die einzige Kaiser-Rückkehr-Debatte ausgenommen, den andern deutschen Reichstagen würdig zur Seite gestellt werden kann. Die ihm jetzt unterbreitete Frage ist von mehren Abgeordneten indessen für so dringlich dargestellt worden, indem sie wie Kudlich sagte, die sofort zu beantwortende Thronrede des souveränen Volkes enthalte, daß bei der bereits faktisch ausgeübten Selbstemanzipation des Bauernstandes ihre definitive Erledigung innerhalb der ersten Tage erfolgen muß. Da der Finanzminister die Finanzfrage dem Reichstage als ebenso dringlich und wichtig empfohlen hat und sich überhaupt der absolut dringlichen Fragen aus dem österreichischen Staats-Chaos täglich neue hervorthun, so wird der Reichstag wenn er auch nicht überall will, nothgedrungen rascher und fleißiger arbeiten müssen, als bisher. Der Reichstag eines Landes voll der entsetzlichsten Verwirrung und des antediluvianischen Urmist's Oesterreichs begeht eine Sünde, wenn seine Sitzungen, wie bisher, gewöhnlich nur von 12 bis 2 oder 3 Uhr Mittags währen.
Das Ministerium hat den Ritter v. Zaleski, einen gemüthlichen Liberalen à la Doblhof, zum Gouverneur in Galizien ernannt, um die dortige Büreaukratie und Soldateska niederzufeuern.
Ungarn hat für seine eigene Bank 12 1/2 Millionen Banknoten geschaffen und die osterreichischen damit natürlich bedeutend beeinträchtigt. Inde irae et odium der hiesigen Schacherwelt.
Der vom König von Ungarn zum Hochverräther erklärte, dann aber vom Kaiser von Oesterreich in Innspruck und vom deutschen Reichsverweser in dem Hofgesinde-Gebäude des Parks von Schönbrun empfangene, in Wien mit einem Fackelzug beehrte, von dem demokratischen Ministerium Doblhof und von der demokratischen Presse Wiens ungeschoren gelassene Banus von Kroatien — Jelachich — ist nicht etwa wieder nach Kroatien abgereist, sondern befindet sich zuverlässigen Nachrichten zufolge, ganz in der Nähe Wiens, nämlich in Grätz, wo er der schönen Gemahlin des metternich'schen Gouverneurs Grafen von Wickenburg en attentant die Kur machen soll. — Die also um Wien kombinirte Thätigkeit Jellachich-Windischgrätz Radetzky, hat nun ihren geistigen Centralpunkt in unserer Mitte aufgestellt und durch den unvermeidlichen Stadion ein politisches, zur Kö##rung der Mehrheit des Reichstags ziemlich tölpelhaftes Programm bekannt werden lassen, welches bei einem so unvermeidlichen Ministerium Stadion natürlich eine liebenswürdige Zukunft verheitzt. In diesem Evangelium kommt unter Anderem nämlich vor:
1. Wir wollen die konstitutionelle Monarchie in ihrer vollsten Ausbildung mit allen ihren Konsequenzen u. s. w.
2. Als die erste und wesentlichste Konsequenz und Grundlage der konstitutionellen Monarchie betrachten wir ein volksthümliches Zweikammersystem (Geburts- und Schacher-Adel) doch Sie haben schon genug damit. Das Evangelium endet mit der Integrität und Souveränität des österreichischen Gesammtstaats und mit innigen, andauernden, nur Vortheil nicht Nachtheil bringenden Anschluß an Deutschland, wodurch Oesterreich stark und groß bleibe.
Es ist in Stadt und Vorstädten das Gerücht verbreitet worden, Erzherzog Johann habe vor seiner Abreise nach Frankfurt dem gemüthlichen Doblhof zur Vertheilung an Arbeiter und herabgekommene Gewerbtreibende 1 Mill. Gulden C. M. zustellen lassen. Die Proletariermassen strömen heute zum Empfang herbei, ich darf also auch nicht fehlen, wenn ich auch fürchte, daß Doblhof davon nichts Näheres wissen will.
Italien. * Briefe aus Bergamo vom 8. d. melden, daß die Stadt ganz verödet ist; denn wer irgend gekannt, ist ausgewandert. Den Sicherheitsdienst versahen die wenigen noch zurückgebliebenen Wachen. Die Oestreicher lagerten auf den Bastionen, die Kanonen gegen die Stadt gerichtet, und in den Umgebungen der Stadt. Karl Albert soll den Rest des Staatsschatzes, 7-8 Millionen, mitgenommen haben. Man fürchtete Plünderung von Seite des Pöbels. Die jungen Leute flohen in Masse, weil es hieß, Radetzki wolle sie unter das Militär stecken und nach Ungarn schicken. Die Kolonne Gorbuldi soll sich nach der Schweiz zurückgezogen und dort die Waffen niedergelegt haben. Es hieß, die Oestreicher wollten die piemontesische Festung Alessandria besetzen.
— Folgendes ist das neueste Bülletin Radetzky's:
„Hauptquartier Mailand, 6. August 1848. Die Stadt Mailand ist unser! Sie hat sich der Gnade Sr. Maj. Kaisers ergeben, und ich bin Mittag 12 Uhr mit meiner tapferen Armee in selbe eingezogen. Die piemontesische Armee hat diese Stadt heute verlassen und muß, nach einer mit ihr und der Stadt Mailand geschlossenen Konvention, bis 7 Uhr Abends über den Ticino, mithin außerhalb der Gränzen des k. Gebiets sein. Die Armee hat vor zwei Wochen ihre Offensive von Verona aus ergriffen — sie hat während dieser Zeit bei Sommacampagna, Custozza, Volta, Cremona, Pizzighetone und zwei Tage vor Mailand siegreiche Schlachten und Gefechte geliefert, und ist nun den vierzehnten Tag Herr der lombardischen Hauptstadt. Die Armee und ihre Führer glauben somit ihre Schuldigkeit für ihren geliebten Kaiser und das geliebte Vaterland treulich erfüllt zu haben, denn kein Feind steht mehr auf lombardischem Boden.
Turin, 7. Aug.Die Nachricht von der Kapitulation ist hier eingetroffen. Seit zwei Tagen war man aufs Schlimmste gefaßt. „L'Opinione“ gibt die Nachrichten mit schwarzem Rande eingefaßt. Man erfährt zugleich, daß der Judas — Karl Albert — mit genauer Noth seinem wohlverdienten Schicksale, von den Mailändern massakrirt zu werden, entgangen ist. In der Provinz Ivrea sind 30,000 Freiwillige unter die Waffen geeilt; das Volk ist keineswegs entmuthigt, aber wüthend im höchsten Grade. Gioberti wird Minister des Unterrichts; Ratazzi (Advokat) des Handels und Ackerbau's. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt.
Turin, 8. Aug.Das neue Ministerium hat in Masse seine Entlassung gegeben.
Rom, 2. Aug. Mamiani hat seine Entlassung abermals eingereicht und erklärt, sie sei unwiderruflich. Die Deputirten haben die sofortige Erlassung einer Adresse an die Parlamente von Toskana, Sardinien und Neapel beschlossen, um darin zu gemeinsamen Maaßregeln wegen Rettung des Vaterlandes aufzufordern. Graf Fabbri soll mit Bildung eines neuen Kabinets beauftragt sein, die Deputirten haben die Mobilisation von 12,000 Nationalgarden, die Bildung einer Fremdenlegion von eben solcher Stärke, die Berufung eines tüchtigen Generals aus der Fremde und die Bewilligung ein esaußerordentlichen Kredits von 4 Mill. Scudis beschlossen.
— Das neue Ministerium ist, wie uns vor Absendung des Briefes versichert wird, bereits zu Stande gekommen und wie folgt, zusammengesetzt: Graf Fabbri, Inneres; Corboli Bussi, Auswärtiges; Lauro Lauri, Finanzen; Campello, Krieg; Galletti, Polizei; Sturbinetti, öffentliche Arbeiten.
Großbritannien. London, 12. August. Der Standard macht heute die Mittheilung, daß die Königin sehr wahrscheinlich, am Donnerstag den 24. d. beide Parlamentshäuser in Person vertagen werde.
Die gestrige Unterhaussitzung war ohne alles Interesse. In Irland bleibt Alles ruhig und Rich. O'German jun. ist der Einzige, der noch mit einigen Insurgenten im Felde stehen soll.
Französische Republik. Paris, 12. Aug. Zwei Mitglieder der Nationalversammlung werden in Anklagezustand versetzt werden. Die Regierung wird heute wie es heißt, die nöthige Autorisation verlangen. Diese 2 Mitglieder sind keine andere als Louis Blanc und Caussidiére.
— Der Moniteur enthält heute folgenden Artikel: „In keiner Epoche unsrer Geschichte lastete eine größere Verantwortlichkeit auf der Regierung als auf der Cavaignac's. Die Schicksale Frankreichs, und, wie Europa selbst zugibt, der ganzen gebildeten Welt liegen so zu sagen in seinen Händen. Diese Wahrheit tritt nach der letzten Wendung der Dinge in Italien um so klarer vor Augen — einer Wendung, welche die Regierung zuerst voraussah, und welcher vorzubeugen ihr wirklich gelungen wäre, wenn Italien weniger Selbstvertrauen in seine eigene Kräfte gesetzt hätte. In Gegenwart so wichtiger Ereignisse, bei aller Rücksicht auf das allgemeine Interesse, das Italien in Frankreich einflößt, sah sich jedoch die Regierung gezwungen, die herkömmlichen Nothwendigkeiten der französischen Politik und die augenblickliche Lage der Republik in's Auge zu fassen, ehe sie einen Weg einschlug, von dem nothwendigerweise Krieg oder Frieden vielleicht ganz Europa's abhängt. Sie begriff, daß sie in einer Zeit, wo die Entwickelung und Sicherheit der kommerziellen Verbindungen die Grundbedingung des Wohlstandes und Einflusses der Völker genannt wird, vor allen Dingen die industriellen Interessen berücksichtigen müsse. Durchdrungen von der Nothwendigkeit, den öffentlichen Kredit herzustellen, der sich wieder herzustellen beginnt; überzeugt, daß Frankreich aus keinerlei Rücksicht, niemals mit den Gesetzen der Ehre transigiren dürfe, bestrebte sich die Regierung, die Würde des französischen Namens mit den gerechten und legitimen Forderungen des Privatinteresses in Einklang zu bringen. In einem Wort, den Krieg anzunehmen, wenn es die Ehre erheische; ihn anzunehmen, nicht im Namen eines Souveräns, dessen Partikularideen den Wünschen und Bedürfnissen seines Volkes zu oft fremd entgegen gerichtet sind, sondern im Namen des Landes selbst, im Namen der Nationalversammlung der einzigen Schiedsrichterin über Krieg und Frieden. Ihn (den Krieg) im Gegentheile zu vermeiden, ohne indessen irgend eine nähere Pflicht zu schwächen und ohne von dem Rang herabzusteigen, welchen Frankreich im europäischen Concert einnehmen muß; wenn dieses Vermeiden überhaupt möglich. Solchergestalt war die Linie des Benehmens, die sich die Regierung vorzeichnete; dies die einzige Politik, die ihr der Republik würdig schien.
Diese Politik hat die Regierung ohne alle Hinterlist befolgt. Sie kann sich schon genügend belohnt fühlen, bei dem Gedanken ganz Frankreich die Hoffnung theilen zu lassen, den Frieden in Italien durch Vermittelung Frankreichs wie Englands bald hergestellt zu sehen.“
Der Rest des Artikels ist reine Phrase. Er malt die glücklichen Resultate des französisch-englischen Einverständnisses auf der spanischen Halbinsel und drückt die Hoffnung aus, daß ein ähnliches Resultat auch in der italischen Frage erzielt werde.
Dem Kampf in den schleswig-holsteinschen Herzogthümern — schließt der Artikel — für relativ sekundäre Interessen (also Absatzkanäle für die deutsche Marine sind für Hrn. Cavaignac-Senard sekundäre Interessen) muß Einhalt gethan werden (doit être arrèté). Das deutsche Parlament, wir zweifeln daran nicht, wird sicher wollen, daß sein erster Akt eine Handlung der Versöhnung sei und es wird seine Kräfte mit den unsrigen vereinen, um einen Friedensschluß (accord) zu Stande zu bringen, der schon zu lange verzögert ist. Es wird nicht vergessen, daß die Ausgedehntheit seiner Handlungen von seiner Weisheit abhängt (le parlament allemand n'oubliera pas que l'éfficacité de son action depend de sa sagesse).
— National-Versammlung. Sitzung vom 12. Aug. Große Truppenlagerungen um Präfektur, Justizpalais und Stadthaus. Die Tribünen sind frühzeitig gefüllt. Ein Repräsentant zeigt dicht in unserer Nähe seinem Nachbar einen Brief, den er eben aus Italien erhalten und welcher ihm anzeigt, daß Radetzki und Karl Albert einen Waffenstillstand auf 45 Tage geschlossen, und daß während dieser Zeit die beiden Armeen die ihnen bezeichneten Punkte längst der piemontesischen Gränze besetzt halten.
Nach Erledigung von Petitionen etc. nimmt Louis Blanc das Wort: Fast alle Journale brächten an diesem Morgen mit halbamtlicher Miene Artikel, in denen gesagt sei, daß Cavaignac mit vielen Repräsentanten übereingekommen, auf simple oder motivirte Tagesordnung anzutragen. Man habe gestern lange über die Aktenstücke diskutirt u. s. w. Dieß lasse voraussetzen, daß einzelne Aktenstücke gewissen Gliedern mitgetheilt worden. Er protestire gegen eine solche Parteilichkeit und dringe wiederholt darauf, den Druck und die Vertheilung des Berichts nebst Beilagen so viel als möglich zu beschleunigen.
Ledrü-Rollin protestirt ebenfalls gegen jede partielle Veröffentlichung der Aktenstücke an einzelne Repräsentanten.
Caussidière desgleichen. Er will nur noch 3 bis 4 Tage warten und sich dem Verdacht eines Räubers aussetzen.
Marrast erklärt, daß der Druck nicht vor nächstem Mittwoch und Donnerstag vollendet sein könne.
Die Versammlung beschließt bis Donnerstag zu warten. An diesem Tage solle aber die Vertheilung unfehlbar erfolgen und dann die Diskussion am Montag den 21. August beginnen.
Die große Schlacht bleibt also bis dahin ausgesetzt.
Affre bittet schriftlich, dieser Diskussion aus Zartgefühl nicht beiwohnen zu dürfen. Bewilligt.
Nach Erledigung neuer Bittschriften beräth die Versammlung Militärunterstützung und sonstige unerhebliche Gegenstände der Tagesordnung.
Man entsinnt sich, daß der Oberst Lespinasse und der General Lebreton im Anfang Juli den Antrag gestellt hatten, denjenigen Militärpensionären eine Ausnahme von dem Dekret der provisorischen Regierung vom 13. März rücksichtlich des Stellenanhäufungsgesetzes zu gestatten, welche einen zu niedrigen Jahresgehalt bezögen, um leben zu können. Man solle ihnen daher erlauben, kleine Civilstellen anzunehmen, wenn beide Gehälter die Summe von 2000 Fr. jährlich nicht überstiegen.
Dahirel stellte den Antrag, diese Ausnahme jedem Militärpensionär zu gestatten, dessen Gehalt 1000 Fr. nicht übersteige.
Die Diskussion zwischen Lespinasse und dem Kriegsminister Lamoriciere war ziemlich heftig und endigte unter großem Tumult erst gegen 6 Uhr mit Annahme des Gesetzes.
Goudchaux theilt der Versammlung mit, daß das neue Anleihen der jüngsten Votirung bereits vollständig gedeckt sei.
Vallette trägt darauf an, am nächsten Montag keine Sitzung zu halten, damit die Versammlung drei Feiertage habe. Nächsten Dienstag sei bekanntlich Mariahimmelfahrt.
Die Versammlung entscheidet, daß sie am Montag sitze und geht um 6 Uhr auseinander.
Galizien. Cernowitz, 1. Aug. Die Cholera ist bei uns im Zunehmen und noch mehr die Furcht vor derselben. Viele Läden sind geschlossen: der Verkehr stockt und die vermöglicheren Einwohner flüchten sich bereits in das Gebirge.
Amtliche Nachrichten. Ich will auf Ihren Vortrag genehmigen, daß auch in der Armee, gleichwie im Civil-Staatsdienste, die Einreichung geheimer Konduitenlisten aufhöre. Da aber behufs der Beschlußnahme über die Verwendung von Offizieren und die Wiederbesetzung erledigter Stellen, welche oft keinen Aufschub erleidet, genügende Nachrichten über die Dienstlaufbahn und die Befähigung der Offiziere bereit liegen müssen, so haben Sie in Erwägung zu nehmen und mir vorzuschlagen, in welcher Art die bisherigen geheimen Konduitenlisten durch eine Eingabe zu ersetzen sind, deren Inhalt zur Beurtheilung der Qualifikation der Offiziere genügen und zur Kenntniß der betreffenden Offiziere gelangen kann. In Ansehung der Militär-Beamten ist dagegen ebenso, wie in Ansehung der Civil-Beamten, zu verfahren.
Bellevue, den 29. Juli 1848.
(gez.) Friedrich Wilhelm.
(contrasign.) Frhr. v. Schreckenstein.
Handelsnachrichten. _
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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