Neue Rheinische Zeitung. Nr. 70. Köln, 9. August 1848.ihre miserabeln Kleinen in Obhut; ja es wird von karlistischen Herzoginnen und von Stadtwegen sogar Arbeit ihnen verschafft, "deren Ertrag kaum hinreichen würde um ihre Toilette in Stand zu setzen wenn sie Abends in der, durch diese republikanische Mildthätigkeit ihnen auferlegten Prostitution das letzte Existenzmittel suchen; übrigens wie kommt's (sagt Impartial du Nord) daß ihr immer der ungeheuren Majorität eurer Brüder und Schwestern Arbeit aufpackt, während ihr faulenzt und das Geld mißbraucht oder die manchmal so nutzwidrige, alberne Scheinarbeit des Kleinhandels treibt, die wenig mehr ist als eine geschäftige Faulenzerei? Warum produzirt ihr denn gar nichts oder dummes Zeug (betises), während dem Arbeiter wie einem Maulthier die ganze furchtbare Herkuleslast des Produzirens aufgeladen wird; auch ist es ein Zeichen von Blödsinn oder von Niederträchtigkeit, laßt es euch gesagt sein, dem Arbeiterstande stets Sparsamkeit, Knickerei, Geiz zu predigen, ihm der nicht wie ihr überflüßiges zu gewinnen vermag; blödsinnig oder infam ist es endlich, wenn ihr der Arbeiterklasse ein wohlgehäbiges Alter, eine Pflegestelle im Fall von Invalidität verheißt unter der Bedingung, daß sie fleißig, redlich und tugendhaft gelebt. Seid ihr denn etwa mit diesen drei erbaulichen Eigenschaften, die euch so sehr am Arbeiter zu reizen scheinen, ausgestattet? ich behaupte nein, und ihr habt deshalb auch kein Recht zu jener Forderung" u. s. w. Die Munizipalwahlen sind auch an Orten legitimistisch ausgefallen wo selbst vor dem Februar liberale Personen gewählt wurden; "ein Zeichen, sagt die Gazette de France, daß unsre unverdorbnen Provinzen satt sind des Regifugiums (Königsflucht) und ein Febrifugium (Fiebermittel) suchen gegen die 1793ger Seuche." Soviel ist gewiß, die Bauern des Südens sind in Masse gewonnen, da "Henri der Erlöser" alle Abgaben abschaffen wird, wie die Pfarrer und Gutsbesitzer ihnen weißmachen. - Die Arrestationen nehmen einen frischen Aufschwung; einige Studenten der Rechte, sind nachträglich auch kasematirt. Ueber die fünfwöchentliche Haft des jetzt entlassenen wackern deutschen Demokraten, Schriftsetzer Hartmann aus Baiern, erfährt man nunmehr die scheußlichsten Details; ohne Ursache am Abend nach dem Bourgeoisietriumph auf offner Straße und allein gehend arretirt, von hochnäsigen Bourgeoislieutenants als "verdächtige Physiognomie" erklärt, ward er am Morgen vom Offizier um die Ursache seiner Haft befragt und als er antworten wollte mit dem Geschrei "Schweigen Sie" zur Ruhe verdammt; dann ins Palais de Justice, gebunden nebst dreißig Insurgenten abgeführt, wobei die Mobilen und Infanteristen durch Kolben- und Bajonettstöße vielen die Kleider und die Haut zerrissen, namentlich als dieser militärische Eifer durch die aus den Läden hervoreilenden in die Hände klatschenden und Bravo jauchzenden Bourgeois und Bourgeoisdamen der Chaussee d'Antin und Boulevards seine Anerkennung fand; die Damen wehten Tücher und schrieen vive la mobile, die Messieurs drückten den Helden die Hand und brüllten: "schießt uns diese Kanaillen in Blousen nieder." Im Justizpalast war die Behandlung bestialisch, man gab ihnen absichtlich faules Stroh voll Läuse, ließ sie einmal Stunden lang im Platzregen im Hof stehen, gab ihnen stinkende Suppen in einem großen Kessel wo jeder mit einem hölzernen Löffel (dessen Stiel so lang daß er den Nachbaren ins Gesicht stoßen mußte niederkniete während auf den Dachbalkonen umliegender Bourgeoishäuser geputzte Damen und Herrn auf sie herablorgnettirten und laut lachten. Ganz dasselbe fand in den Kasematten statt, wo zudemnoch der für 80 berechnete fast ganz dunkle, mit Kalkstaub erfüllte, glühendheiße Raum mit 160 Gefangnen gefüllt ward, so daß an kein Liegen anfangs zu denken war; die Insurgenten waren zum Theil noch rohe, zum Theil schon wahrhaft gebildete aufopferungssüchtige Ouvriers, aber alle gleichmäßig todeskühn und durch die Kerkermartern in stetem Haß gegen die Tyrannenklasse erhalten. "Sie setzen uns den Fuß auf den Nacken, sie speien uns an, sie ziehen uns das Fell vom Leibe, denn das Hemde haben sie schon unter L. Philipp uns gestohlen: gut, aber wenn wir todt sind kommen wieder neue," so sprachen sie alle unter sich und sogar manchmal zu den sie verspottenden Offizieren und Gemeinen der Wache des Fort de l'Est. Vor der Verleumdung: sie hätten plündern wollen, schauderten sie alle. Man wird die "Hauptbrigands," Klubpräsidenten und Atelierchefs nach dem Senegal führen, wo das Guineafieber schneller, stiller und wohlfeiler die Bourgeoisrache vollziehen wird, als dies in Paris sich machen ließe. Die übrigen kommen anderswohin. Man glaubt bereits Cavaignac werde nicht über die Dauer des Riesenprozesses hinaus sich zum Werkzeug der Thermidorier hergeben, und lieber mit den Lamartinisten als mit den Thiersisten weiter regieren wollen. Es soll ihm in dieser Beziehung nach dem Schluß des die letztern so sehr in ihrer perfiden Niedertracht enthüllenden Rapports eine bezeichnende Aeußerung entfahren sein. 12 Paris, 5. August.
Der Bericht der Untersuchungskommission ist erschienen. Nie hat ein schmählicheres Machwerk seit dem 24. Februar das Tageslicht erblickt. Statt einer politischen Würdigung der Thatsachen, haben wir eine der gemeinsten Anklagen gegen Louis Blanc, Caussidiere, Ledru-Rollin und Proudhon. Dieser Bericht ist ganz im Dunkeln, ohne Confrontation angefertigt worden. Odilon Barrot, der Präsident der Kommission, konnte es nicht verschmerzen, daß man am 24. Febr. seiner Politik Stöckchen in der Form von Barrikaden vorgesetzt habe. An diesen Stöckchen war kein anderer Schuld, als Ledru-Rollin, Louis Blanc und Caussidiere; und nun sucht er sich auf die perfideste Weise an ihnen zu rächen. Wie ward Odilon Barron Chef dieser Untersuchungskommission? Am 24. Februar sind die Ereignisse dem Herrn Odilon Barrot über den Kopf gewachsen; er hielt noch an der Regence, während die Republik schon da war; am 24. Juni war es die Kammer, die von den Ereignissen überflügelt worden. Die sich so schnell auf einander folgenden Manifestationen hatten sie irre an der Republik gemacht, die sie eben im Begriff war, auf "breitester Grundlage" auszuarbeiten. Durch die Junirevolution war die Februarrevolution ihr wankend geworden. Also die Kammer stand am 24. Juni daran, wo Odilon Barrot schon am 24. Febr. gestanden hatte. Sie glaubte daher sich an keinen bessern Mann wenden zu können, als an Odilon Barrot, um zu wissen, wo sie daran war mit der Politik, mit der Republik, mit den Revolutionen im Allgemeinen; um sich mit der Republik und der Revolution auszugleichen, zu vereinbaren. Es wurde eine Kommission mit Odilon Barrot an der Spitze ernannt, welche dem Zusammenhang der verschiedenen Insurrektionen und Insurrektionsversuche nachspüren und eine sogenannte politische Untersuchung veranstalten sollte. Aber die Kommission, indem sie den Insurrektionen auf die Spur kommen wollte, verlor ihre Spur in der Februar-Revolution. Indem sie die Männer der Februarrevolution in die folgenden Insurrektionen verwickelte, hob sie den Unterschied zwischen ersterer und letzterer auf. Die allzugroße Gründlichkeit und Tiefe der Kommission war ihr Untergang. Sie wollte eine "Vereinbarung" auf preußische Manier zu Stande bringen, und rannte sich preußisch fest: sie verrannte sich in die Februar-Barrikaden. Durch ihr ungeschicktes Zerren an den Februar-Barrikaden, brachte sie die Juni-Barrikaden wieder zu Ehren, und mußte die Barrikaden im Allgemeinen als letzten Grund alles Rechtes gelten lassen. Sie gelangte zu der Erkenntniß, daß jede Gränzfeststellung, jede Definition des Rechts am Ende hinausläuft auf eine Reduktion ad absurdum - ad barricadum. Gehn wir jetzt näher auf auf den Bericht ein. In einer langen Einleitung sucht die Kommission festzustellen, daß das ihr anvertraute Mandat ein rein politisches und kein gerichtliches sei. "Die Untersuchung ist durch die Insurrektion vom 23. Juni veranlaßt worden, und Sie haben dieselbe auf den 15. Mai ausgedehnt, weil Sie mit Recht vermutheten, daß ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen stattfinden müsse." Jetzt spricht der Bericht ein Langes und Breites über die Nothwendigkeit einer solchen Untersuchung, über das Heil, das aus derselben für das Land entspringen könnte, wenn sie die Grundursache des Uebels kennte, und über das Glück, welches Odilot Barron und Genossen empfänden, mit dieser Untersuchung beauftragt worden zu sein. Die Phrasen Odilon Barrotis erscheinen hier in ihrer breiten Hohlheit. "Die tempelschänderischen Versuche, welche die National-Versammlung und die ganze gesellschaftliche Ordnung bedroht haben, bieten eine merkwürdige Seite dar: So verbrecherisch sie waren, in Hinsicht auf ihren Zweck, und gehässig in Hinsicht auf die Mittel zur Erlangung desselben, so entblößt erscheinen sie von jeder Ursache, von jedem Vorwande. In der ganzen Weltgeschichte hat man nie ein Beispiel eines ähnlichen Angriffs gesehn". Hr. Odilon Barrot will der Welt Heil bringen, indem er ihr die Ursache der Attentate aufdeckt, und Hr. Odilon Barrot bekennt gleich im Anfange, daß die Attentate jeder Ursache ermangeln. Ist die Ermangelung jeder Ursache zum Attentate auch eine Ursache? "Die National-Versammlung war sehnsüchtig vom ganzen Lande herbeigewünscht worden. Die Republik wurde durch einstimmige Akklamation proklamirt. Die National-Versammlung der Dienste eingedenk, welche die provisorische Regierung geleistet, dekretirte mit hinreißendem Gefühle: die provisorische Regierung hat sich um das Vaterland verdient gemacht". In dieser provisorischen Regierung hat Odilon Barrot nicht figurirt, und ungeachtet "Spaltungen in ihr obwalteten behielt die Versammlung die Hauptelemente derselben bei". - Die National-Versammlung, "um das Elend nicht ohne Beistand zu lassen", hat sogar nach dem 15. Mai die National-Ateliers beibehalten, und trotz dieser Vorsorge brach der 24. Juni heran, "welcher die große und edle Hauptstadt in ein Schlachtfeld verwandelt, also daß die Bürger eines Vaterlandes, einer und derselben Stadt die Waffen gegeneinander ergriffen". - Von der Ursache wissen wir immer noch nichts, noch weniger über den Zusammenhang des 24. Juni mit dem 15. Mai. "Die beiden Ereignisse unterscheiden sich dadurch von einander, daß der 15. Mai die Aufhebung der National-Versammlung bezweckte. Die Milliarde mit der man die Reichen besteuern wollte, war nur eine Zuthat, eine Beilage. . . . Der 15. Mai hatte mehr einen politischen als sozialen Charakter. . . . Der 24. Juni, ein Ausfluß der Konferenzen im Luxembourg, hat ein kommunistisches Element: Die Proklamationen, die Eigennamen - Alles deutet auf Kommunismus hin". Nach dieser Einleitung, die mit einer Menge ähnlicher ausweichender Phrasen begleitet ist, kommen wir dann endlich zum ersten Kapitel: Allgemeine Ursachen: "Die Kommission hätte gewünscht ihre Nachforschungen weiter auszudehnen," - bis wie weit? - "aber das Dekret, vermittelst dessen Sie über die Vergangenheit die Erklärung der Anerkennung des Landes (der Republik) geworfen haben, gebot uns ein ehrfürchtiges Schweigen vor den Beschlüssen der Versammlung" ... "Aber keine Wirkung ohne Ursache" und durch diese und ähnliche Phrasen gelangt die Kommission doch über diesen Beschluß hinaus, und von Wirkung zu Wirkung kommt sie dann zuvörderst bis zum 16. Bülletin vom 15. April, worin es heißt: "Sollte in den Wahlen die soziale Wahrheit nicht zum Siege gelangen, so bleibt dem Volke, welches die Barrikaden gemacht, nichts übrig, als seinen Willen abermals zu offenbaren." Um dieses Bülletin noch schwärzer zu machen, wird nachgewiesen, daß eine berühmte Frau (G. Sand) 3 verschieden redigirte Schemata über dasselbe Thema hingeschickt, und daß das revolutionärste den Vorzug erhalten. Das war eine falsche Manier, eine Revolution zu verstehen. Die Männer, welche die Revolution gemacht, haben sie nicht verstanden. Die Männer, welche, wie Odilon Barrot, sie gezwungener Weise acceptiren mußten, geben nun gute Lehren, wie sie zu verstehen war. Dann folgen wieder die Zwistigkeiten innerhalb der provisorischen Regierung, wie Ledru-Rollin, der Erklärung Lamartinr's zu Trotz, eine Expedition gegen Belgien bewaffnet habe, und wie überhaupt diese Spaltungen in der Regierung eine Spaltung in der Nation zu Wege gebracht. Von Ledru-Rollin geht die Anklage auf Louis Blanc über. N. B. Wir halten noch immer an den allgemeinen Ursachen. Hier bieten dann die Reden, die Louis Blanc im Luxembourg vor den Arbeiter-Deleguirten gehalten hat, reichen Stoff dar zu allgemeinen Betrachtungen über ihren Einfluß auf die Juni-Ereignisse. Louis Blanc habe die Deleguirten der Arbeiter als die wahren Volksrepräsentanten darstellen wollen. Louis Blanc habe das Proletariat eine Sklaverei geheißen, und die Sklaven aufgefordert, ihre Ketten zu brechen. Die jetzige Gesellschaft sei nach Louis Blanc ein infames System: es lebe die Republik, die den Unterschied zwischen Armen und Reichen aufheben wird. - Nach diesen moralischen Betrachtungen über den Luxembourg kommen die erbaulichen Bemerkungen über die National-Atteliers, und hiermit schließen die allgemeinen Ursachen, die Prädispositionen. Jetzt folgt ein Kapitel überschrieben: Crisen unter der provisorischen Regierung. Dieses Kapitel, das eigentlich nicht über den 15. Mai hinausgehen sollte, verliert sich in die Anfänge der Februar-Revolution. Wie man weiß, wurden im Anfange März die Voltigeur-Kompagnien, die sogenannten Bärenmützen der Nationalgarde aufgelöst. Um einer reaktionären Bewegung von dieser Seite zuvorzukommen, fand am 17. März eine große Volksmanifestation Statt. Diese Volksmanifestation wird im Berichte auf's Seltsamste entstellt. "Die Volksleidenschaften, von allen Seiten aufgewiegelt, machten ihren ersten Ausfall auf den öffentlichen Platz und bis zum Sitze der provisorischen Regierung im Saale des Stadthauses. Gewichtige Zeugnisse bezeichnen uns die Hand Caussidiere's und Louis Blanc als Leiter dieser Bewegung." Wer dieser ersten Manifestation beigewohnt hat, wird sich erinnern, mit welcher Mäßigung sie der reaktionären Partei, vom moralischen Odilon Barrot unterstützt, entgegentrat. Absichtlich kam das Volk ohne Waffen, obgleich es nach seinem eben erlangten Siege Ursache hatte, der reaktionären Partei ganz anders gegenüberzutreten. Dieser Angriff Odilon Barrot's auf die Manifestation vom März ist ein direkter Angriff auf die Manifestation vom Februar. Nun folgen die Aeußerungen in den Klubs, wo man allenthalben das Recht der Insurrektion proklamirt habe, im Falle die Wahlen sich nicht zu Gunsten der Republik erklärte: lauter horreurs für Odilon Barrot, der unglücklicher Weise sich für die Regence schon zugesagt hatte, zu einer Zeit wo es so einträglich gewesen wäre, republikanisch zu sein. Am 3. April habe Caussidiere die Kommissäre zusammenberufen: sie sollten den alten aristokratischen Quartiers wissen lassen, daß sie sich ja hüten möchten eine reaktionäre Manifestation oder Bewegung vorzunehmen. 400,000 Arbeiter seien bereit, tabla rasa zu Paris zu machen, bei dem mindesten Reaktionsversuche; hierzu brauchte man keine Waffen; deutsche Schwefelhölzchen genügten. (Man erinnere sich, wie sehr die verschiedenen Aristokraten-Quartiere säumten, den neuen Nationalgardisten Waffen zu geben.) Ja, Caussidiere habe eigene Feuerbomben in Angers bestellt, weil er die Schwefelhölzchen nicht zuverlässig hielt. Hier gesellt sich das Lächerliche zum Gehässigen des Berichts. Am 16. April war Morgens bei Sobrier und Abends bei Ledru Rollin große Diskussion über die Einsetzung eines Comites' du salut publique. In diesem Comite hätten Namen, wie Raspail, Cabet u. s. w. figurirt. Es ist dies die Einleitung zu der Manifestation vom 16. April. Caussidiere wird beschuldigt, der Urheber dieses Komplotts gewesen zu sein. "Die Nationalgarde hat dieses Mal Paris von den Arbeitern gerettet!" Und den 16. März? da haben die Arbeiter Paris von der Nationalgarde gerettet. "Aber die besiegte Anarchie ruhte nicht." Vom Ministerium des Innern aus (Ledru Rollin) seien ganze Ballot's von aufrührischen Journalen über Paris und die Departements verbreitet worden, und hätten den 15. Mai vorbereitet. Hier beginnt ein neues Kapitel, der 15. Mai überschrieben. 15. Mai. "Der Klub der Klubs, unter der Direktion Sobrier's, und der Klub der Menschenrechte fixiren vor allen unser Augenmerk. "Versuchen wir eine Auseinandersetzung ihrer Organisation, ihrer geheimen Macht, ihres gefährlichen und anormalen Einflusses zu geben, den sie auf Paris ausgeübt haben." Folgt dann eine Beschreibung der Wohnung Sobrier's, wie dieselbe einer Festung, einem Arsenal geglichen hätte, wie er sein Journal "la Commune de Paris", redigirt, und in beständiger Korrespondenz mit den Männern der Regierung gestanden hätte. Sobrier habe bezahlte Agenten ausgeschickt, um Frankreich zu bearbeiten, und "ein Widerwille ergreift die Kommission, wenn sie liest, wie in den diesen Agenten mitgegebenen Instruktionen über viele hier sitzende Mitglieder gesprochen worden." Odilon Barrot! Jetzt kommen dann wieder die bekannten Vorzeichen einer heftigen Erschütterung: Der Geist der National-Ateliers, der Geist der Deleguirten im Luxembourg, der "zügellose Geist" der Klub's u. s. w. Dann die Bedeutung vom 15. Mai: Die Dekrete, welche man bei Sobrier vorgefunden, und mittelst deren er die beabsichtigte Aufhebung der Nationalversammlung zu rechtfertigen suchte. Man habe Caussidiere an seiner Stelle gelassen, obgleich man wußte, daß man nicht auf ihn zählen konnte. Am 14. Mai, wo die exekutive Kommission Berathung pflegte über die für den kommenden Tag vorzunehmenden Maßregeln, sei Caussidiere ungeachtet einer Einladung nicht erschienen; Caussidiere und Louis Blanc wären allein am 15. Mai Schuld gewesen. Ersterer habe schon am 4. Mai zu einem Beamten gesagt, er werde die Nationalversammlung zum Fenster hinaus werfen lassen. Ein anderer Beamter bezeuge, daß Caussidiere auf den 15. Mai die Lastträger von der Halle auf die Präfektur zusammenberufen habe, um von dorten aus auf die Nationalgardisten zu schießen. Als man auf der Präfektur die Auflösung der Nationalversammlung gemeldet, habe man die Trommel gerührt und ein Hoch den neuen Mitgliedern der provisorischen Regierung gebracht, unter denen Caussidiere sich befunden. Letzterer sei nicht eher aus seinem Zimmer gewichen, als bis die Sache sich entschieden, und da habe er sich auf Seiten der Sieger geschlagen u. s. w. Das nennt Herr Odilon Barrot einen politischen Bericht! Aber noch nicht genug! Ein Repräsentant (ein Denunziant) will von Courtais die Aeußerung vernommen haben, daß die Manifestation vom 15. Mai nicht recht zu zählen wagte auf Caussidiere. Also Letzterer habe ein doppeltes Spiel gespielt. Von Caussidiere geht der Bericht wieder auf Louis Blanc über. Am 14. Mai war Louis Blanc bei Barbes! Am 15. in der Frühe war er an der Bastille, da habe man seine Spur verloren; Louis Blanc behauptet: er habe mit einigen seiner Freunde in einem Cafe gefrühstückt: aber auf einmal sei eine Kolonne von Arbeitern erschienen, und habe geschrien: vive Louis Blanc! Diese Kolonne sei eine von denjenigen gewesen, die nach der Versammlung zu Gunsten der Polen-Demonstration gezogen. In der Kammer, als Raspail von der Tribüne herab die Petition lesen wollte, habe Louis Blanc Stillschweigen mit den Worten geboten: "das Recht der Petition ist geheiligt; laßt ihn lesen!" Louis Blanc habe in der Kammer mit Barbes und Albert den Hineinstürmenden Beifall zugewinkt! Er habe den Arbeitern Glück gewünscht, das Recht der Petition wieder erobert zu haben. Jetzt kommt wieder die schon einmal als nichtig erkannte Anklage: Louis Blanc sei im Stadthause gewesen. Ein neuer Beweis: Ein Arbeiter, der im Stadthause war, bittet seine Frau, in einem Briefe sich nicht zu beunruhigen: er sei mit Albert und Louis Blanc. Und alle diese Polizei-Details sind mit einer politischen Gravität behandelt, die Odilon Barrot bei jedem Worte verrathen. Wir wissen noch immer nicht den Zusammenhang zwischen d. 15. Mai und dem 24. Juni. Dieser Uebergang ist mit einem Phrasenapparate eingeleitet, der uns nicht die gringste Aufklärung gibt. "Die Häupter vom 15. Mai waren in Vincenes eingesperrt, aber die Leidenschaften tobten fort." Alles folgende enthält nur wieder Ausfälle auf die frühere Kommission, gute Lehren und direkte Angriffe gegen Caussidiere, Louis Blanc und Proudhon. Caussidiere hätte das sogenannte "heilige Bataillon" wieder gebildet. Die Montagne erscheint wieder, obgleich die Montagnards aufgelöst werden. Die Blindheit des Ministers Recurt, der zu seinen Agenten gesagt habe, keine Rapports ihm mehr zu bringen: die Blindheit Aller, die da nicht verständen, daß die prädisponirende Ursache die Hauptsache bei Beleuchtung der Juni-Insurrektion sei. Die National-Ateliers seien wieder der Haupt-Heerd derselben gewesen. Caussidiere habe zwar ein Zeugniß beigebracht, daß er an den Tagen der Juni-Ereignisse am 23. Juni in der Kammer gesessen habe; aber nichts desto weniger sei es noch nicht erwiesen, ob er nicht auch hinter den Barrikaden gewesen. Die lächerlichste Anklage (Siehe den Verfolg in der Beilage.) Nachtrag. Frankfurt, 7. Aug. In der heutigen 56. Sitzung der verfassunggebenden Reichsversammlung stand auf der Tagesordnung die Diskussion des Ausschußberichtes über die Petitionen und Anträge für Ertheilung einer Amnestie wegen politischer Vergehen. Wiedenmann trägt im Namen des Ausschusses an, über diese Petitionen und Anträge zur motivirten Tagesordnung überzugehen. v. Itzstein bemerkt, er sei von Hecker ersucht, zu erklären, daß derselbe für sich keine Amnestie verlange, daß er aber bitte, die gefangenen und flüchtigen Theilnehmer seiner Schilderhebung zu amnestiren. An der Diskussion betheiligten sich die Abgeordneten Hagen, Schoder, Simon von Trier, Biedermann, Wiesner, Edel und Brentano. Als letzterer, welcher sehr lebhaft für Ertheilung einer Amnestie sprach, die Bemerkung machte. "Wollen Sie Die, welche in Baden die Waffen ergriffen haben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?" - entstand ein beispiellos starker Tumult, der mehrere Minuten lang anhielt. Es gelang dem Vicepräsidenten von Soiron, welcher den Vorsitz führte, nicht, die Ruhe wieder herzustellen. Von der Rechten wurde fortwährend mit großer Heftigkeit der Ruf erhoben: "Herunter mit dem Redner!" während die Linke "Fortreden" verlangte. Viele Mitglieder drängten sich um die Rednerbühne, auf der Brentano sich behauptet. Der Vicepräsident v. Soiron sieht sich endlich genöthigt, sich zu bedecken und die Sitzung für geschlossen zu erklären. Die Versammlung trennte sich nur langsam in größter Aufregung. (Fr. J.)ihre miserabeln Kleinen in Obhut; ja es wird von karlistischen Herzoginnen und von Stadtwegen sogar Arbeit ihnen verschafft, „deren Ertrag kaum hinreichen würde um ihre Toilette in Stand zu setzen wenn sie Abends in der, durch diese republikanische Mildthätigkeit ihnen auferlegten Prostitution das letzte Existenzmittel suchen; übrigens wie kommt's (sagt Impartial du Nord) daß ihr immer der ungeheuren Majorität eurer Brüder und Schwestern Arbeit aufpackt, während ihr faulenzt und das Geld mißbraucht oder die manchmal so nutzwidrige, alberne Scheinarbeit des Kleinhandels treibt, die wenig mehr ist als eine geschäftige Faulenzerei? Warum produzirt ihr denn gar nichts oder dummes Zeug (bêtises), während dem Arbeiter wie einem Maulthier die ganze furchtbare Herkuleslast des Produzirens aufgeladen wird; auch ist es ein Zeichen von Blödsinn oder von Niederträchtigkeit, laßt es euch gesagt sein, dem Arbeiterstande stets Sparsamkeit, Knickerei, Geiz zu predigen, ihm der nicht wie ihr überflüßiges zu gewinnen vermag; blödsinnig oder infam ist es endlich, wenn ihr der Arbeiterklasse ein wohlgehäbiges Alter, eine Pflegestelle im Fall von Invalidität verheißt unter der Bedingung, daß sie fleißig, redlich und tugendhaft gelebt. Seid ihr denn etwa mit diesen drei erbaulichen Eigenschaften, die euch so sehr am Arbeiter zu reizen scheinen, ausgestattet? ich behaupte nein, und ihr habt deshalb auch kein Recht zu jener Forderung“ u. s. w. Die Munizipalwahlen sind auch an Orten legitimistisch ausgefallen wo selbst vor dem Februar liberale Personen gewählt wurden; „ein Zeichen, sagt die Gazette de France, daß unsre unverdorbnen Provinzen satt sind des Regifugiums (Königsflucht) und ein Febrifugium (Fiebermittel) suchen gegen die 1793ger Seuche.“ Soviel ist gewiß, die Bauern des Südens sind in Masse gewonnen, da „Henri der Erlöser“ alle Abgaben abschaffen wird, wie die Pfarrer und Gutsbesitzer ihnen weißmachen. ‒ Die Arrestationen nehmen einen frischen Aufschwung; einige Studenten der Rechte, sind nachträglich auch kasematirt. Ueber die fünfwöchentliche Haft des jetzt entlassenen wackern deutschen Demokraten, Schriftsetzer Hartmann aus Baiern, erfährt man nunmehr die scheußlichsten Details; ohne Ursache am Abend nach dem Bourgeoisietriumph auf offner Straße und allein gehend arretirt, von hochnäsigen Bourgeoislieutenants als „verdächtige Physiognomie“ erklärt, ward er am Morgen vom Offizier um die Ursache seiner Haft befragt und als er antworten wollte mit dem Geschrei „Schweigen Sie“ zur Ruhe verdammt; dann ins Palais de Justice, gebunden nebst dreißig Insurgenten abgeführt, wobei die Mobilen und Infanteristen durch Kolben- und Bajonettstöße vielen die Kleider und die Haut zerrissen, namentlich als dieser militärische Eifer durch die aus den Läden hervoreilenden in die Hände klatschenden und Bravo jauchzenden Bourgeois und Bourgeoisdamen der Chaussee d'Antin und Boulevards seine Anerkennung fand; die Damen wehten Tücher und schrieen vive la mobile, die Messieurs drückten den Helden die Hand und brüllten: „schießt uns diese Kanaillen in Blousen nieder.“ Im Justizpalast war die Behandlung bestialisch, man gab ihnen absichtlich faules Stroh voll Läuse, ließ sie einmal Stunden lang im Platzregen im Hof stehen, gab ihnen stinkende Suppen in einem großen Kessel wo jeder mit einem hölzernen Löffel (dessen Stiel so lang daß er den Nachbaren ins Gesicht stoßen mußte niederkniete während auf den Dachbalkonen umliegender Bourgeoishäuser geputzte Damen und Herrn auf sie herablorgnettirten und laut lachten. Ganz dasselbe fand in den Kasematten statt, wo zudemnoch der für 80 berechnete fast ganz dunkle, mit Kalkstaub erfüllte, glühendheiße Raum mit 160 Gefangnen gefüllt ward, so daß an kein Liegen anfangs zu denken war; die Insurgenten waren zum Theil noch rohe, zum Theil schon wahrhaft gebildete aufopferungssüchtige Ouvriers, aber alle gleichmäßig todeskühn und durch die Kerkermartern in stetem Haß gegen die Tyrannenklasse erhalten. „Sie setzen uns den Fuß auf den Nacken, sie speien uns an, sie ziehen uns das Fell vom Leibe, denn das Hemde haben sie schon unter L. Philipp uns gestohlen: gut, aber wenn wir todt sind kommen wieder neue,“ so sprachen sie alle unter sich und sogar manchmal zu den sie verspottenden Offizieren und Gemeinen der Wache des Fort de l'Est. Vor der Verleumdung: sie hätten plündern wollen, schauderten sie alle. Man wird die „Hauptbrigands,“ Klubpräsidenten und Atelierchefs nach dem Senegal führen, wo das Guineafieber schneller, stiller und wohlfeiler die Bourgeoisrache vollziehen wird, als dies in Paris sich machen ließe. Die übrigen kommen anderswohin. Man glaubt bereits Cavaignac werde nicht über die Dauer des Riesenprozesses hinaus sich zum Werkzeug der Thermidorier hergeben, und lieber mit den Lamartinisten als mit den Thiersisten weiter regieren wollen. Es soll ihm in dieser Beziehung nach dem Schluß des die letztern so sehr in ihrer perfiden Niedertracht enthüllenden Rapports eine bezeichnende Aeußerung entfahren sein. 12 Paris, 5. August.
Der Bericht der Untersuchungskommission ist erschienen. Nie hat ein schmählicheres Machwerk seit dem 24. Februar das Tageslicht erblickt. Statt einer politischen Würdigung der Thatsachen, haben wir eine der gemeinsten Anklagen gegen Louis Blanc, Caussidiére, Ledru-Rollin und Proudhon. Dieser Bericht ist ganz im Dunkeln, ohne Confrontation angefertigt worden. Odilon Barrot, der Präsident der Kommission, konnte es nicht verschmerzen, daß man am 24. Febr. seiner Politik Stöckchen in der Form von Barrikaden vorgesetzt habe. An diesen Stöckchen war kein anderer Schuld, als Ledru-Rollin, Louis Blanc und Caussidiére; und nun sucht er sich auf die perfideste Weise an ihnen zu rächen. Wie ward Odilon Barron Chef dieser Untersuchungskommission? Am 24. Februar sind die Ereignisse dem Herrn Odilon Barrot über den Kopf gewachsen; er hielt noch an der Regence, während die Republik schon da war; am 24. Juni war es die Kammer, die von den Ereignissen überflügelt worden. Die sich so schnell auf einander folgenden Manifestationen hatten sie irre an der Republik gemacht, die sie eben im Begriff war, auf „breitester Grundlage“ auszuarbeiten. Durch die Junirevolution war die Februarrevolution ihr wankend geworden. Also die Kammer stand am 24. Juni daran, wo Odilon Barrot schon am 24. Febr. gestanden hatte. Sie glaubte daher sich an keinen bessern Mann wenden zu können, als an Odilon Barrot, um zu wissen, wo sie daran war mit der Politik, mit der Republik, mit den Revolutionen im Allgemeinen; um sich mit der Republik und der Revolution auszugleichen, zu vereinbaren. Es wurde eine Kommission mit Odilon Barrot an der Spitze ernannt, welche dem Zusammenhang der verschiedenen Insurrektionen und Insurrektionsversuche nachspüren und eine sogenannte politische Untersuchung veranstalten sollte. Aber die Kommission, indem sie den Insurrektionen auf die Spur kommen wollte, verlor ihre Spur in der Februar-Revolution. Indem sie die Männer der Februarrevolution in die folgenden Insurrektionen verwickelte, hob sie den Unterschied zwischen ersterer und letzterer auf. Die allzugroße Gründlichkeit und Tiefe der Kommission war ihr Untergang. Sie wollte eine „Vereinbarung“ auf preußische Manier zu Stande bringen, und rannte sich preußisch fest: sie verrannte sich in die Februar-Barrikaden. Durch ihr ungeschicktes Zerren an den Februar-Barrikaden, brachte sie die Juni-Barrikaden wieder zu Ehren, und mußte die Barrikaden im Allgemeinen als letzten Grund alles Rechtes gelten lassen. Sie gelangte zu der Erkenntniß, daß jede Gränzfeststellung, jede Definition des Rechts am Ende hinausläuft auf eine Reduktion ad absurdum ‒ ad barricadum. Gehn wir jetzt näher auf auf den Bericht ein. In einer langen Einleitung sucht die Kommission festzustellen, daß das ihr anvertraute Mandat ein rein politisches und kein gerichtliches sei. „Die Untersuchung ist durch die Insurrektion vom 23. Juni veranlaßt worden, und Sie haben dieselbe auf den 15. Mai ausgedehnt, weil Sie mit Recht vermutheten, daß ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen stattfinden müsse.“ Jetzt spricht der Bericht ein Langes und Breites über die Nothwendigkeit einer solchen Untersuchung, über das Heil, das aus derselben für das Land entspringen könnte, wenn sie die Grundursache des Uebels kennte, und über das Glück, welches Odilot Barron und Genossen empfänden, mit dieser Untersuchung beauftragt worden zu sein. Die Phrasen Odilon Barrotis erscheinen hier in ihrer breiten Hohlheit. „Die tempelschänderischen Versuche, welche die National-Versammlung und die ganze gesellschaftliche Ordnung bedroht haben, bieten eine merkwürdige Seite dar: So verbrecherisch sie waren, in Hinsicht auf ihren Zweck, und gehässig in Hinsicht auf die Mittel zur Erlangung desselben, so entblößt erscheinen sie von jeder Ursache, von jedem Vorwande. In der ganzen Weltgeschichte hat man nie ein Beispiel eines ähnlichen Angriffs gesehn“. Hr. Odilon Barrot will der Welt Heil bringen, indem er ihr die Ursache der Attentate aufdeckt, und Hr. Odilon Barrot bekennt gleich im Anfange, daß die Attentate jeder Ursache ermangeln. Ist die Ermangelung jeder Ursache zum Attentate auch eine Ursache? „Die National-Versammlung war sehnsüchtig vom ganzen Lande herbeigewünscht worden. Die Republik wurde durch einstimmige Akklamation proklamirt. Die National-Versammlung der Dienste eingedenk, welche die provisorische Regierung geleistet, dekretirte mit hinreißendem Gefühle: die provisorische Regierung hat sich um das Vaterland verdient gemacht“. In dieser provisorischen Regierung hat Odilon Barrot nicht figurirt, und ungeachtet „Spaltungen in ihr obwalteten behielt die Versammlung die Hauptelemente derselben bei“. ‒ Die National-Versammlung, „um das Elend nicht ohne Beistand zu lassen“, hat sogar nach dem 15. Mai die National-Ateliers beibehalten, und trotz dieser Vorsorge brach der 24. Juni heran, „welcher die große und edle Hauptstadt in ein Schlachtfeld verwandelt, also daß die Bürger eines Vaterlandes, einer und derselben Stadt die Waffen gegeneinander ergriffen“. ‒ Von der Ursache wissen wir immer noch nichts, noch weniger über den Zusammenhang des 24. Juni mit dem 15. Mai. „Die beiden Ereignisse unterscheiden sich dadurch von einander, daß der 15. Mai die Aufhebung der National-Versammlung bezweckte. Die Milliarde mit der man die Reichen besteuern wollte, war nur eine Zuthat, eine Beilage. . . . Der 15. Mai hatte mehr einen politischen als sozialen Charakter. . . . Der 24. Juni, ein Ausfluß der Konferenzen im Luxembourg, hat ein kommunistisches Element: Die Proklamationen, die Eigennamen ‒ Alles deutet auf Kommunismus hin“. Nach dieser Einleitung, die mit einer Menge ähnlicher ausweichender Phrasen begleitet ist, kommen wir dann endlich zum ersten Kapitel: Allgemeine Ursachen: „Die Kommission hätte gewünscht ihre Nachforschungen weiter auszudehnen,“ ‒ bis wie weit? ‒ „aber das Dekret, vermittelst dessen Sie über die Vergangenheit die Erklärung der Anerkennung des Landes (der Republik) geworfen haben, gebot uns ein ehrfürchtiges Schweigen vor den Beschlüssen der Versammlung“ … „Aber keine Wirkung ohne Ursache“ und durch diese und ähnliche Phrasen gelangt die Kommission doch über diesen Beschluß hinaus, und von Wirkung zu Wirkung kommt sie dann zuvörderst bis zum 16. Bülletin vom 15. April, worin es heißt: „Sollte in den Wahlen die soziale Wahrheit nicht zum Siege gelangen, so bleibt dem Volke, welches die Barrikaden gemacht, nichts übrig, als seinen Willen abermals zu offenbaren.“ Um dieses Bülletin noch schwärzer zu machen, wird nachgewiesen, daß eine berühmte Frau (G. Sand) 3 verschieden redigirte Schemata über dasselbe Thema hingeschickt, und daß das revolutionärste den Vorzug erhalten. Das war eine falsche Manier, eine Revolution zu verstehen. Die Männer, welche die Revolution gemacht, haben sie nicht verstanden. Die Männer, welche, wie Odilon Barrot, sie gezwungener Weise acceptiren mußten, geben nun gute Lehren, wie sie zu verstehen war. Dann folgen wieder die Zwistigkeiten innerhalb der provisorischen Regierung, wie Ledru-Rollin, der Erklärung Lamartinr's zu Trotz, eine Expedition gegen Belgien bewaffnet habe, und wie überhaupt diese Spaltungen in der Regierung eine Spaltung in der Nation zu Wege gebracht. Von Ledru-Rollin geht die Anklage auf Louis Blanc über. N. B. Wir halten noch immer an den allgemeinen Ursachen. Hier bieten dann die Reden, die Louis Blanc im Luxembourg vor den Arbeiter-Deleguirten gehalten hat, reichen Stoff dar zu allgemeinen Betrachtungen über ihren Einfluß auf die Juni-Ereignisse. Louis Blanc habe die Deleguirten der Arbeiter als die wahren Volksrepräsentanten darstellen wollen. Louis Blanc habe das Proletariat eine Sklaverei geheißen, und die Sklaven aufgefordert, ihre Ketten zu brechen. Die jetzige Gesellschaft sei nach Louis Blanc ein infames System: es lebe die Republik, die den Unterschied zwischen Armen und Reichen aufheben wird. ‒ Nach diesen moralischen Betrachtungen über den Luxembourg kommen die erbaulichen Bemerkungen über die National-Atteliers, und hiermit schließen die allgemeinen Ursachen, die Prädispositionen. Jetzt folgt ein Kapitel überschrieben: Crisen unter der provisorischen Regierung. Dieses Kapitel, das eigentlich nicht über den 15. Mai hinausgehen sollte, verliert sich in die Anfänge der Februar-Revolution. Wie man weiß, wurden im Anfange März die Voltigeur-Kompagnien, die sogenannten Bärenmützen der Nationalgarde aufgelöst. Um einer reaktionären Bewegung von dieser Seite zuvorzukommen, fand am 17. März eine große Volksmanifestation Statt. Diese Volksmanifestation wird im Berichte auf's Seltsamste entstellt. „Die Volksleidenschaften, von allen Seiten aufgewiegelt, machten ihren ersten Ausfall auf den öffentlichen Platz und bis zum Sitze der provisorischen Regierung im Saale des Stadthauses. Gewichtige Zeugnisse bezeichnen uns die Hand Caussidière's und Louis Blanc als Leiter dieser Bewegung.“ Wer dieser ersten Manifestation beigewohnt hat, wird sich erinnern, mit welcher Mäßigung sie der reaktionären Partei, vom moralischen Odilon Barrot unterstützt, entgegentrat. Absichtlich kam das Volk ohne Waffen, obgleich es nach seinem eben erlangten Siege Ursache hatte, der reaktionären Partei ganz anders gegenüberzutreten. Dieser Angriff Odilon Barrot's auf die Manifestation vom März ist ein direkter Angriff auf die Manifestation vom Februar. Nun folgen die Aeußerungen in den Klubs, wo man allenthalben das Recht der Insurrektion proklamirt habe, im Falle die Wahlen sich nicht zu Gunsten der Republik erklärte: lauter horreurs für Odilon Barrot, der unglücklicher Weise sich für die Regence schon zugesagt hatte, zu einer Zeit wo es so einträglich gewesen wäre, republikanisch zu sein. Am 3. April habe Caussidière die Kommissäre zusammenberufen: sie sollten den alten aristokratischen Quartiers wissen lassen, daß sie sich ja hüten möchten eine reaktionäre Manifestation oder Bewegung vorzunehmen. 400,000 Arbeiter seien bereit, tabla rasa zu Paris zu machen, bei dem mindesten Reaktionsversuche; hierzu brauchte man keine Waffen; deutsche Schwefelhölzchen genügten. (Man erinnere sich, wie sehr die verschiedenen Aristokraten-Quartiere säumten, den neuen Nationalgardisten Waffen zu geben.) Ja, Caussidière habe eigene Feuerbomben in Angers bestellt, weil er die Schwefelhölzchen nicht zuverlässig hielt. Hier gesellt sich das Lächerliche zum Gehässigen des Berichts. Am 16. April war Morgens bei Sobrier und Abends bei Ledru Rollin große Diskussion über die Einsetzung eines Comités' du salut publique. In diesem Comité hätten Namen, wie Raspail, Cabet u. s. w. figurirt. Es ist dies die Einleitung zu der Manifestation vom 16. April. Caussidière wird beschuldigt, der Urheber dieses Komplotts gewesen zu sein. „Die Nationalgarde hat dieses Mal Paris von den Arbeitern gerettet!“ Und den 16. März? da haben die Arbeiter Paris von der Nationalgarde gerettet. „Aber die besiegte Anarchie ruhte nicht.“ Vom Ministerium des Innern aus (Ledru Rollin) seien ganze Ballot's von aufrührischen Journalen über Paris und die Departements verbreitet worden, und hätten den 15. Mai vorbereitet. Hier beginnt ein neues Kapitel, der 15. Mai überschrieben. 15. Mai. „Der Klub der Klubs, unter der Direktion Sobrier's, und der Klub der Menschenrechte fixiren vor allen unser Augenmerk. „Versuchen wir eine Auseinandersetzung ihrer Organisation, ihrer geheimen Macht, ihres gefährlichen und anormalen Einflusses zu geben, den sie auf Paris ausgeübt haben.“ Folgt dann eine Beschreibung der Wohnung Sobrier's, wie dieselbe einer Festung, einem Arsenal geglichen hätte, wie er sein Journal „la Commune de Paris“, redigirt, und in beständiger Korrespondenz mit den Männern der Regierung gestanden hätte. Sobrier habe bezahlte Agenten ausgeschickt, um Frankreich zu bearbeiten, und „ein Widerwille ergreift die Kommission, wenn sie liest, wie in den diesen Agenten mitgegebenen Instruktionen über viele hier sitzende Mitglieder gesprochen worden.“ Odilon Barrot! Jetzt kommen dann wieder die bekannten Vorzeichen einer heftigen Erschütterung: Der Geist der National-Ateliers, der Geist der Deleguirten im Luxembourg, der „zügellose Geist“ der Klub's u. s. w. Dann die Bedeutung vom 15. Mai: Die Dekrete, welche man bei Sobrier vorgefunden, und mittelst deren er die beabsichtigte Aufhebung der Nationalversammlung zu rechtfertigen suchte. Man habe Caussidière an seiner Stelle gelassen, obgleich man wußte, daß man nicht auf ihn zählen konnte. Am 14. Mai, wo die exekutive Kommission Berathung pflegte über die für den kommenden Tag vorzunehmenden Maßregeln, sei Caussidière ungeachtet einer Einladung nicht erschienen; Caussidière und Louis Blanc wären allein am 15. Mai Schuld gewesen. Ersterer habe schon am 4. Mai zu einem Beamten gesagt, er werde die Nationalversammlung zum Fenster hinaus werfen lassen. Ein anderer Beamter bezeuge, daß Caussidière auf den 15. Mai die Lastträger von der Halle auf die Präfektur zusammenberufen habe, um von dorten aus auf die Nationalgardisten zu schießen. Als man auf der Präfektur die Auflösung der Nationalversammlung gemeldet, habe man die Trommel gerührt und ein Hoch den neuen Mitgliedern der provisorischen Regierung gebracht, unter denen Caussidière sich befunden. Letzterer sei nicht eher aus seinem Zimmer gewichen, als bis die Sache sich entschieden, und da habe er sich auf Seiten der Sieger geschlagen u. s. w. Das nennt Herr Odilon Barrot einen politischen Bericht! Aber noch nicht genug! Ein Repräsentant (ein Denunziant) will von Courtais die Aeußerung vernommen haben, daß die Manifestation vom 15. Mai nicht recht zu zählen wagte auf Caussidière. Also Letzterer habe ein doppeltes Spiel gespielt. Von Caussidière geht der Bericht wieder auf Louis Blanc über. Am 14. Mai war Louis Blanc bei Barbés! Am 15. in der Frühe war er an der Bastille, da habe man seine Spur verloren; Louis Blanc behauptet: er habe mit einigen seiner Freunde in einem Café gefrühstückt: aber auf einmal sei eine Kolonne von Arbeitern erschienen, und habe geschrien: vive Louis Blanc! Diese Kolonne sei eine von denjenigen gewesen, die nach der Versammlung zu Gunsten der Polen-Demonstration gezogen. In der Kammer, als Raspail von der Tribüne herab die Petition lesen wollte, habe Louis Blanc Stillschweigen mit den Worten geboten: „das Recht der Petition ist geheiligt; laßt ihn lesen!“ Louis Blanc habe in der Kammer mit Barbés und Albert den Hineinstürmenden Beifall zugewinkt! Er habe den Arbeitern Glück gewünscht, das Recht der Petition wieder erobert zu haben. Jetzt kommt wieder die schon einmal als nichtig erkannte Anklage: Louis Blanc sei im Stadthause gewesen. Ein neuer Beweis: Ein Arbeiter, der im Stadthause war, bittet seine Frau, in einem Briefe sich nicht zu beunruhigen: er sei mit Albert und Louis Blanc. Und alle diese Polizei-Details sind mit einer politischen Gravität behandelt, die Odilon Barrot bei jedem Worte verrathen. Wir wissen noch immer nicht den Zusammenhang zwischen d. 15. Mai und dem 24. Juni. Dieser Uebergang ist mit einem Phrasenapparate eingeleitet, der uns nicht die gringste Aufklärung gibt. „Die Häupter vom 15. Mai waren in Vincenes eingesperrt, aber die Leidenschaften tobten fort.“ Alles folgende enthält nur wieder Ausfälle auf die frühere Kommission, gute Lehren und direkte Angriffe gegen Caussidière, Louis Blanc und Proudhon. Caussidiére hätte das sogenannte „heilige Bataillon“ wieder gebildet. Die Montagne erscheint wieder, obgleich die Montagnards aufgelöst werden. Die Blindheit des Ministers Recurt, der zu seinen Agenten gesagt habe, keine Rapports ihm mehr zu bringen: die Blindheit Aller, die da nicht verständen, daß die prädisponirende Ursache die Hauptsache bei Beleuchtung der Juni-Insurrektion sei. Die National-Ateliers seien wieder der Haupt-Heerd derselben gewesen. Caussidiére habe zwar ein Zeugniß beigebracht, daß er an den Tagen der Juni-Ereignisse am 23. Juni in der Kammer gesessen habe; aber nichts desto weniger sei es noch nicht erwiesen, ob er nicht auch hinter den Barrikaden gewesen. Die lächerlichste Anklage (Siehe den Verfolg in der Beilage.) Nachtrag. Frankfurt, 7. Aug. In der heutigen 56. Sitzung der verfassunggebenden Reichsversammlung stand auf der Tagesordnung die Diskussion des Ausschußberichtes über die Petitionen und Anträge für Ertheilung einer Amnestie wegen politischer Vergehen. Wiedenmann trägt im Namen des Ausschusses an, über diese Petitionen und Anträge zur motivirten Tagesordnung überzugehen. v. Itzstein bemerkt, er sei von Hecker ersucht, zu erklären, daß derselbe für sich keine Amnestie verlange, daß er aber bitte, die gefangenen und flüchtigen Theilnehmer seiner Schilderhebung zu amnestiren. An der Diskussion betheiligten sich die Abgeordneten Hagen, Schoder, Simon von Trier, Biedermann, Wiesner, Edel und Brentano. Als letzterer, welcher sehr lebhaft für Ertheilung einer Amnestie sprach, die Bemerkung machte. „Wollen Sie Die, welche in Baden die Waffen ergriffen haben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?“ ‒ entstand ein beispiellos starker Tumult, der mehrere Minuten lang anhielt. Es gelang dem Vicepräsidenten von Soiron, welcher den Vorsitz führte, nicht, die Ruhe wieder herzustellen. Von der Rechten wurde fortwährend mit großer Heftigkeit der Ruf erhoben: „Herunter mit dem Redner!“ während die Linke „Fortreden“ verlangte. Viele Mitglieder drängten sich um die Rednerbühne, auf der Brentano sich behauptet. Der Vicepräsident v. Soiron sieht sich endlich genöthigt, sich zu bedecken und die Sitzung für geschlossen zu erklären. Die Versammlung trennte sich nur langsam in größter Aufregung. (Fr. J.)<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar070_027" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="0354"/> ihre miserabeln Kleinen in Obhut; ja es wird von karlistischen Herzoginnen und von Stadtwegen sogar Arbeit ihnen verschafft, „deren Ertrag kaum hinreichen würde um ihre Toilette in Stand zu setzen wenn sie Abends in der, durch diese republikanische Mildthätigkeit ihnen auferlegten Prostitution das letzte Existenzmittel suchen; übrigens wie kommt's (sagt Impartial du Nord) daß ihr immer der ungeheuren Majorität eurer Brüder und Schwestern Arbeit aufpackt, während ihr faulenzt und das Geld mißbraucht oder die manchmal so nutzwidrige, alberne Scheinarbeit des Kleinhandels treibt, die wenig mehr ist als eine geschäftige Faulenzerei? Warum produzirt ihr denn gar nichts oder dummes Zeug (bêtises), während dem Arbeiter wie einem Maulthier die ganze furchtbare Herkuleslast des Produzirens aufgeladen wird; auch ist es ein Zeichen von Blödsinn oder von Niederträchtigkeit, laßt es euch gesagt sein, dem Arbeiterstande stets Sparsamkeit, Knickerei, Geiz zu predigen, ihm der nicht wie ihr überflüßiges zu gewinnen vermag; blödsinnig oder infam ist es endlich, wenn ihr der Arbeiterklasse ein wohlgehäbiges Alter, eine Pflegestelle im Fall von Invalidität verheißt unter der Bedingung, daß sie fleißig, redlich und tugendhaft gelebt. Seid ihr denn etwa mit diesen drei erbaulichen Eigenschaften, die euch so sehr am Arbeiter zu reizen scheinen, ausgestattet? ich behaupte <hi rendition="#g">nein,</hi> und ihr habt deshalb auch kein Recht zu jener Forderung“ u. s. w. Die Munizipalwahlen sind auch an Orten legitimistisch ausgefallen wo selbst vor dem Februar liberale Personen gewählt wurden; „ein Zeichen, sagt die Gazette de France, daß unsre unverdorbnen Provinzen satt sind des <hi rendition="#g">Regifugiums</hi> (Königsflucht) und ein <hi rendition="#g">Febrifugium</hi> (Fiebermittel) suchen gegen die 1793ger Seuche.“ Soviel ist gewiß, die Bauern des Südens sind in Masse gewonnen, da „Henri der Erlöser“ alle Abgaben abschaffen wird, wie die Pfarrer und Gutsbesitzer ihnen weißmachen. ‒ Die Arrestationen nehmen einen frischen Aufschwung; einige Studenten der Rechte, sind nachträglich auch kasematirt. Ueber die fünfwöchentliche Haft des jetzt entlassenen wackern deutschen Demokraten, Schriftsetzer Hartmann aus Baiern, erfährt man nunmehr die scheußlichsten Details; <hi rendition="#g">ohne</hi> Ursache am Abend nach dem Bourgeoisietriumph auf offner Straße und allein gehend arretirt, von hochnäsigen Bourgeoislieutenants als „verdächtige Physiognomie“ erklärt, ward er am Morgen vom Offizier um die Ursache seiner Haft befragt und als er antworten wollte mit dem Geschrei „Schweigen Sie“ zur Ruhe verdammt; dann ins Palais de Justice, gebunden nebst dreißig Insurgenten abgeführt, wobei die Mobilen und Infanteristen durch Kolben- und Bajonettstöße vielen die Kleider und die Haut zerrissen, namentlich als dieser militärische Eifer <hi rendition="#g">durch die aus den Läden hervoreilenden in die Hände klatschenden und Bravo jauchzenden Bourgeois und Bourgeoisdamen der Chaussee d'Antin und Boulevards seine Anerkennung fand;</hi> die Damen wehten Tücher und schrieen vive la mobile, die Messieurs drückten den Helden die Hand und brüllten: „schießt uns diese Kanaillen in Blousen nieder.“ Im Justizpalast war die Behandlung bestialisch, man gab ihnen absichtlich faules Stroh voll Läuse, ließ sie einmal Stunden lang im Platzregen im Hof stehen, gab ihnen stinkende Suppen in einem großen Kessel wo jeder mit einem hölzernen Löffel (<hi rendition="#g">dessen Stiel so lang daß er den Nachbaren ins Gesicht stoßen mußte</hi> niederkniete während auf den Dachbalkonen umliegender Bourgeoishäuser <hi rendition="#g">geputzte Damen und Herrn auf sie herablorgnettirten und laut lachten.</hi> Ganz dasselbe fand in den Kasematten statt, wo zudemnoch der für 80 berechnete fast ganz dunkle, mit Kalkstaub erfüllte, glühendheiße Raum mit 160 Gefangnen gefüllt ward, so daß an kein Liegen anfangs zu denken war; die Insurgenten waren zum Theil noch rohe, zum Theil schon wahrhaft gebildete aufopferungssüchtige Ouvriers, aber alle gleichmäßig todeskühn und durch die Kerkermartern in stetem Haß gegen die Tyrannenklasse erhalten. „Sie setzen uns den Fuß auf den Nacken, sie speien uns an, sie ziehen uns das Fell vom Leibe, denn das Hemde haben sie schon unter L. Philipp uns gestohlen: gut, aber wenn wir todt sind kommen wieder neue,“ so sprachen sie <hi rendition="#g">alle</hi> unter sich und sogar manchmal zu den sie verspottenden Offizieren und Gemeinen der Wache des Fort de l'Est. Vor der Verleumdung: sie hätten plündern wollen, schauderten sie <hi rendition="#g">alle.</hi> Man wird die „Hauptbrigands,“ Klubpräsidenten und Atelierchefs nach dem Senegal führen, wo das Guineafieber schneller, stiller und wohlfeiler die Bourgeoisrache vollziehen wird, als dies in Paris sich machen ließe. Die übrigen kommen anderswohin.</p> <p>Man glaubt bereits Cavaignac werde nicht über die Dauer des Riesenprozesses hinaus sich zum Werkzeug der Thermidorier hergeben, und lieber mit den Lamartinisten als mit den Thiersisten weiter regieren wollen. Es soll ihm in dieser Beziehung nach dem Schluß des die letztern so sehr in ihrer perfiden Niedertracht enthüllenden Rapports eine bezeichnende Aeußerung entfahren sein.</p> </div> <div xml:id="ar070_028" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 5. August.</head> <p>Der Bericht der Untersuchungskommission ist erschienen. Nie hat ein schmählicheres Machwerk seit dem 24. Februar das Tageslicht erblickt. Statt einer politischen Würdigung der Thatsachen, haben wir eine der gemeinsten Anklagen gegen Louis Blanc, Caussidiére, Ledru-Rollin und Proudhon. Dieser Bericht ist ganz im Dunkeln, ohne Confrontation angefertigt worden. Odilon Barrot, der Präsident der Kommission, konnte es nicht verschmerzen, daß man am 24. Febr. seiner Politik Stöckchen in der Form von Barrikaden vorgesetzt habe. An diesen Stöckchen war kein anderer Schuld, als Ledru-Rollin, Louis Blanc und Caussidiére; und nun sucht er sich auf die perfideste Weise an ihnen zu rächen. Wie ward Odilon Barron Chef dieser Untersuchungskommission?</p> <p>Am 24. Februar sind die Ereignisse dem Herrn Odilon Barrot über den Kopf gewachsen; er hielt noch an der Regence, während die Republik schon da war; am 24. Juni war es die Kammer, die von den Ereignissen überflügelt worden. Die sich so schnell auf einander folgenden Manifestationen hatten sie irre an der Republik gemacht, die sie eben im Begriff war, auf „breitester Grundlage“ auszuarbeiten. Durch die Junirevolution war die Februarrevolution ihr wankend geworden. Also die Kammer stand am 24. Juni daran, wo Odilon Barrot schon am 24. Febr. gestanden hatte. Sie glaubte daher sich an keinen bessern Mann wenden zu können, als an Odilon Barrot, um zu wissen, wo sie daran war mit der Politik, mit der Republik, mit den Revolutionen im Allgemeinen; um sich mit der Republik und der Revolution auszugleichen, zu vereinbaren. Es wurde eine Kommission mit Odilon Barrot an der Spitze ernannt, welche dem Zusammenhang der verschiedenen Insurrektionen und Insurrektionsversuche nachspüren und eine sogenannte politische Untersuchung veranstalten sollte. Aber die Kommission, indem sie den Insurrektionen auf die Spur kommen wollte, verlor ihre Spur in der Februar-Revolution. Indem sie die Männer der Februarrevolution in die folgenden Insurrektionen verwickelte, hob sie den Unterschied zwischen ersterer und letzterer auf. Die allzugroße Gründlichkeit und Tiefe der Kommission war ihr Untergang. Sie wollte eine „Vereinbarung“ auf preußische Manier zu Stande bringen, und rannte sich preußisch fest: sie verrannte sich in die Februar-Barrikaden. Durch ihr ungeschicktes Zerren an den Februar-Barrikaden, brachte sie die Juni-Barrikaden wieder zu Ehren, und mußte die Barrikaden im Allgemeinen als letzten Grund alles Rechtes gelten lassen. Sie gelangte zu der Erkenntniß, daß jede Gränzfeststellung, jede Definition des Rechts am Ende hinausläuft auf eine Reduktion ad absurdum ‒ ad barricadum. Gehn wir jetzt näher auf auf den Bericht ein.</p> <p>In einer langen Einleitung sucht die Kommission festzustellen, daß das ihr anvertraute Mandat ein rein politisches und kein gerichtliches sei.</p> <p>„Die Untersuchung ist durch die Insurrektion vom 23. Juni veranlaßt worden, und Sie haben dieselbe auf den 15. Mai ausgedehnt, weil Sie mit Recht vermutheten, daß ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen stattfinden müsse.“ Jetzt spricht der Bericht ein Langes und Breites über die Nothwendigkeit einer solchen Untersuchung, über das Heil, das aus derselben für das Land entspringen könnte, wenn sie die Grundursache des Uebels kennte, und über das Glück, welches Odilot Barron und Genossen empfänden, mit dieser Untersuchung beauftragt worden zu sein. Die Phrasen Odilon Barrotis erscheinen hier in ihrer breiten Hohlheit.</p> <p>„Die tempelschänderischen Versuche, welche die National-Versammlung und die ganze gesellschaftliche Ordnung bedroht haben, bieten eine merkwürdige Seite dar: So verbrecherisch sie waren, in Hinsicht auf ihren Zweck, und gehässig in Hinsicht auf die Mittel zur Erlangung desselben, so entblößt erscheinen sie von jeder Ursache, von jedem Vorwande. In der ganzen Weltgeschichte hat man nie ein Beispiel eines ähnlichen Angriffs gesehn“. Hr. Odilon Barrot will der Welt Heil bringen, indem er ihr die Ursache der Attentate aufdeckt, und Hr. Odilon Barrot bekennt gleich im Anfange, daß die Attentate jeder Ursache ermangeln. Ist die Ermangelung jeder Ursache zum Attentate auch eine Ursache?</p> <p>„Die National-Versammlung war sehnsüchtig vom ganzen Lande herbeigewünscht worden. Die Republik wurde durch einstimmige Akklamation proklamirt. Die National-Versammlung der Dienste eingedenk, welche die provisorische Regierung geleistet, dekretirte mit hinreißendem Gefühle: die provisorische Regierung hat sich um das Vaterland verdient gemacht“.</p> <p>In dieser provisorischen Regierung hat Odilon Barrot nicht figurirt, und ungeachtet „Spaltungen in ihr obwalteten behielt die Versammlung die Hauptelemente derselben bei“. ‒ Die National-Versammlung, „um das Elend nicht ohne Beistand zu lassen“, hat sogar nach dem 15. Mai die National-Ateliers beibehalten, und trotz dieser Vorsorge brach der 24. Juni heran, „welcher die große und edle Hauptstadt in ein Schlachtfeld verwandelt, also daß die Bürger <hi rendition="#g">eines</hi> Vaterlandes, einer und derselben Stadt die Waffen gegeneinander ergriffen“. ‒ Von der Ursache wissen wir immer noch nichts, noch weniger über den Zusammenhang des 24. Juni mit dem 15. Mai. „Die beiden Ereignisse unterscheiden sich dadurch von einander, daß der 15. Mai die Aufhebung der National-Versammlung bezweckte. Die Milliarde mit der man die Reichen besteuern wollte, war nur eine Zuthat, eine Beilage. . . . Der 15. Mai hatte mehr einen politischen als sozialen Charakter. . . . Der 24. Juni, ein Ausfluß der Konferenzen im Luxembourg, hat ein kommunistisches Element: Die Proklamationen, die Eigennamen ‒ Alles deutet auf Kommunismus hin“.</p> <p>Nach dieser Einleitung, die mit einer Menge ähnlicher ausweichender Phrasen begleitet ist, kommen wir dann endlich zum ersten Kapitel:</p> <p>Allgemeine Ursachen:</p> <p>„Die Kommission hätte gewünscht ihre Nachforschungen weiter auszudehnen,“ ‒ bis wie weit? ‒ „aber das Dekret, vermittelst dessen Sie über die Vergangenheit die Erklärung der Anerkennung des Landes (der Republik) geworfen haben, gebot uns ein ehrfürchtiges Schweigen vor den Beschlüssen der Versammlung“ … „Aber keine Wirkung ohne Ursache“ und durch diese und ähnliche Phrasen gelangt die Kommission doch über diesen Beschluß hinaus, und von Wirkung zu Wirkung kommt sie dann zuvörderst bis zum 16. Bülletin vom 15. April, worin es heißt: „Sollte in den Wahlen die soziale Wahrheit nicht zum Siege gelangen, so bleibt dem Volke, welches die Barrikaden gemacht, nichts übrig, als seinen Willen abermals zu offenbaren.“ Um dieses Bülletin noch schwärzer zu machen, wird nachgewiesen, daß eine berühmte Frau (G. Sand) 3 verschieden redigirte Schemata über dasselbe Thema hingeschickt, und daß das revolutionärste den Vorzug erhalten. Das war eine falsche Manier, eine Revolution zu verstehen. Die Männer, welche die Revolution gemacht, haben sie nicht verstanden. Die Männer, welche, wie Odilon Barrot, sie gezwungener Weise acceptiren mußten, geben nun gute Lehren, wie sie zu verstehen war. Dann folgen wieder die Zwistigkeiten innerhalb der provisorischen Regierung, wie Ledru-Rollin, der Erklärung Lamartinr's zu Trotz, eine Expedition gegen Belgien bewaffnet habe, und wie überhaupt diese Spaltungen in der Regierung eine Spaltung in der Nation zu Wege gebracht. Von Ledru-Rollin geht die Anklage auf Louis Blanc über. N. B. Wir halten noch immer an den allgemeinen Ursachen. Hier bieten dann die Reden, die Louis Blanc im Luxembourg vor den Arbeiter-Deleguirten gehalten hat, reichen Stoff dar zu allgemeinen Betrachtungen über ihren Einfluß auf die Juni-Ereignisse. Louis Blanc habe die Deleguirten der Arbeiter als die wahren Volksrepräsentanten darstellen wollen. Louis Blanc habe das Proletariat eine Sklaverei geheißen, und die Sklaven aufgefordert, ihre Ketten zu brechen. Die jetzige Gesellschaft sei nach Louis Blanc ein infames System: es lebe die Republik, die den Unterschied zwischen Armen und Reichen aufheben wird. ‒ Nach diesen moralischen Betrachtungen über den Luxembourg kommen die erbaulichen Bemerkungen über die National-Atteliers, und hiermit schließen die allgemeinen Ursachen, die Prädispositionen. Jetzt folgt ein Kapitel überschrieben:</p> <p>Crisen unter der provisorischen Regierung.</p> <p>Dieses Kapitel, das eigentlich nicht über den 15. Mai hinausgehen sollte, verliert sich in die Anfänge der Februar-Revolution. Wie man weiß, wurden im Anfange März die Voltigeur-Kompagnien, die sogenannten Bärenmützen der Nationalgarde aufgelöst. Um einer reaktionären Bewegung von dieser Seite zuvorzukommen, fand am 17. März eine große Volksmanifestation Statt. Diese Volksmanifestation wird im Berichte auf's Seltsamste entstellt. „Die Volksleidenschaften, von allen Seiten aufgewiegelt, machten ihren ersten Ausfall auf den öffentlichen Platz und bis zum Sitze der provisorischen Regierung im Saale des Stadthauses. Gewichtige Zeugnisse bezeichnen uns die Hand Caussidière's und Louis Blanc als Leiter dieser Bewegung.“ Wer dieser ersten Manifestation beigewohnt hat, wird sich erinnern, mit welcher Mäßigung sie der reaktionären Partei, vom moralischen Odilon Barrot unterstützt, entgegentrat. Absichtlich kam das Volk ohne Waffen, obgleich es nach seinem eben erlangten Siege Ursache hatte, der reaktionären Partei ganz anders gegenüberzutreten. Dieser Angriff Odilon Barrot's auf die Manifestation vom März ist ein direkter Angriff auf die Manifestation vom Februar. Nun folgen die Aeußerungen in den Klubs, wo man allenthalben das Recht der Insurrektion proklamirt habe, im Falle die Wahlen sich nicht zu Gunsten der Republik erklärte: lauter horreurs für Odilon Barrot, der unglücklicher Weise sich für die Regence schon zugesagt hatte, zu einer Zeit wo es so einträglich gewesen wäre, republikanisch zu sein. Am 3. April habe Caussidière die Kommissäre zusammenberufen: sie sollten den alten aristokratischen Quartiers wissen lassen, daß sie sich ja hüten möchten eine reaktionäre Manifestation oder Bewegung vorzunehmen. 400,000 Arbeiter seien bereit, tabla rasa zu Paris zu machen, bei dem mindesten Reaktionsversuche; hierzu brauchte man keine Waffen; deutsche Schwefelhölzchen genügten. (Man erinnere sich, wie sehr die verschiedenen Aristokraten-Quartiere säumten, den neuen Nationalgardisten Waffen zu geben.) Ja, Caussidière habe eigene Feuerbomben in Angers bestellt, weil er die Schwefelhölzchen nicht zuverlässig hielt. Hier gesellt sich das Lächerliche zum Gehässigen des Berichts.</p> <p>Am 16. April war Morgens bei Sobrier und Abends bei Ledru Rollin große Diskussion über die Einsetzung eines Comités' du salut publique. In diesem Comité hätten Namen, wie Raspail, Cabet u. s. w. figurirt. Es ist dies die Einleitung zu der Manifestation vom 16. April. Caussidière wird beschuldigt, der Urheber dieses Komplotts gewesen zu sein. „Die Nationalgarde hat dieses Mal Paris von den Arbeitern gerettet!“ Und den 16. März? da haben die Arbeiter Paris von der Nationalgarde gerettet. „Aber die besiegte Anarchie ruhte nicht.“ Vom Ministerium des Innern aus (Ledru Rollin) seien ganze Ballot's von aufrührischen Journalen über Paris und die Departements verbreitet worden, und hätten den 15. Mai vorbereitet. Hier beginnt ein neues Kapitel, der 15. Mai überschrieben.</p> <p>15. Mai.</p> <p>„Der Klub der Klubs, unter der Direktion Sobrier's, und der Klub der Menschenrechte fixiren vor allen unser Augenmerk.</p> <p>„Versuchen wir eine Auseinandersetzung ihrer Organisation, ihrer geheimen Macht, ihres gefährlichen und anormalen Einflusses zu geben, den sie auf Paris ausgeübt haben.“ Folgt dann eine Beschreibung der Wohnung Sobrier's, wie dieselbe einer Festung, einem Arsenal geglichen hätte, wie er sein Journal „la Commune de Paris“, redigirt, und in beständiger Korrespondenz mit den Männern der Regierung gestanden hätte. Sobrier habe bezahlte Agenten ausgeschickt, um Frankreich zu bearbeiten, und „ein Widerwille ergreift die Kommission, wenn sie liest, wie in den diesen Agenten mitgegebenen Instruktionen über viele hier sitzende Mitglieder gesprochen worden.“ Odilon Barrot! Jetzt kommen dann wieder die bekannten Vorzeichen einer heftigen Erschütterung: Der Geist der National-Ateliers, der Geist der Deleguirten im Luxembourg, der „zügellose Geist“ der Klub's u. s. w. Dann die Bedeutung vom 15. Mai: Die Dekrete, welche man bei Sobrier vorgefunden, und mittelst deren er die beabsichtigte Aufhebung der Nationalversammlung zu rechtfertigen suchte. Man habe Caussidière an seiner Stelle gelassen, obgleich man wußte, daß man nicht auf ihn zählen konnte. Am 14. Mai, wo die exekutive Kommission Berathung pflegte über die für den kommenden Tag vorzunehmenden Maßregeln, sei Caussidière ungeachtet einer Einladung nicht erschienen; Caussidière und Louis Blanc wären allein am 15. Mai Schuld gewesen. Ersterer habe schon am 4. Mai zu einem Beamten gesagt, er werde die Nationalversammlung zum Fenster hinaus werfen lassen. Ein anderer Beamter bezeuge, daß Caussidière auf den 15. Mai die Lastträger von der Halle auf die Präfektur zusammenberufen habe, um von dorten aus auf die Nationalgardisten zu schießen. Als man auf der Präfektur die Auflösung der Nationalversammlung gemeldet, habe man die Trommel gerührt und ein Hoch den neuen Mitgliedern der provisorischen Regierung gebracht, unter denen Caussidière sich befunden. Letzterer sei nicht eher aus seinem Zimmer gewichen, als bis die Sache sich entschieden, und da habe er sich auf Seiten der Sieger geschlagen u. s. w. Das nennt Herr Odilon Barrot einen politischen Bericht! Aber noch nicht genug! Ein Repräsentant (ein Denunziant) will von Courtais die Aeußerung vernommen haben, daß die Manifestation vom 15. Mai nicht recht zu zählen wagte auf Caussidière. Also Letzterer habe ein doppeltes Spiel gespielt. Von Caussidière geht der Bericht wieder auf Louis Blanc über. Am 14. Mai war Louis Blanc bei Barbés! Am 15. in der Frühe war er an der Bastille, da habe man seine Spur verloren; Louis Blanc behauptet: er habe mit einigen seiner Freunde in einem Café gefrühstückt: aber auf einmal sei eine Kolonne von Arbeitern erschienen, und habe geschrien: vive Louis Blanc! Diese Kolonne sei eine von denjenigen gewesen, die nach der Versammlung zu Gunsten der Polen-Demonstration gezogen. In der Kammer, als Raspail von der Tribüne herab die Petition lesen wollte, habe Louis Blanc Stillschweigen mit den Worten geboten: „das Recht der Petition ist geheiligt; laßt ihn lesen!“ Louis Blanc habe in der Kammer mit Barbés und Albert den Hineinstürmenden Beifall zugewinkt! Er habe den Arbeitern Glück gewünscht, das Recht der Petition wieder erobert zu haben. Jetzt kommt wieder die schon einmal als nichtig erkannte Anklage: Louis Blanc sei im Stadthause gewesen. Ein neuer Beweis: Ein Arbeiter, der im Stadthause war, bittet seine Frau, in einem Briefe sich nicht zu beunruhigen: er sei mit Albert und Louis Blanc. Und alle diese Polizei-Details sind mit einer politischen Gravität behandelt, die Odilon Barrot bei jedem Worte verrathen. Wir wissen noch immer nicht den Zusammenhang zwischen d. 15. Mai und dem 24. Juni. Dieser Uebergang ist mit einem Phrasenapparate eingeleitet, der uns nicht die gringste Aufklärung gibt. „Die Häupter vom 15. Mai waren in Vincenes eingesperrt, aber die Leidenschaften tobten fort.“ Alles folgende enthält nur wieder Ausfälle auf die frühere Kommission, gute Lehren und direkte Angriffe gegen Caussidière, Louis Blanc und Proudhon. Caussidiére hätte das sogenannte „heilige Bataillon“ wieder gebildet. Die Montagne erscheint wieder, obgleich die Montagnards aufgelöst werden. Die Blindheit des Ministers Recurt, der zu seinen Agenten gesagt habe, keine Rapports ihm mehr zu bringen: die Blindheit Aller, die da nicht verständen, daß die prädisponirende Ursache die Hauptsache bei Beleuchtung der Juni-Insurrektion sei. Die National-Ateliers seien wieder der Haupt-Heerd derselben gewesen.</p> <p>Caussidiére habe zwar ein Zeugniß beigebracht, daß er an den Tagen der Juni-Ereignisse am 23. Juni in der Kammer gesessen habe; aber nichts desto weniger sei es noch nicht erwiesen, ob er nicht auch hinter den Barrikaden gewesen. Die lächerlichste Anklage</p> <p> <ref type="link"> <hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</hi> </ref> </p> </div> </div> <div n="1"> <head>Nachtrag.</head> <div xml:id="ar070_029" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 7. Aug.</head> <p>In der heutigen 56. Sitzung der verfassunggebenden Reichsversammlung stand auf der Tagesordnung die Diskussion des Ausschußberichtes über die Petitionen und Anträge für Ertheilung einer Amnestie wegen politischer Vergehen. Wiedenmann trägt im Namen des Ausschusses an, über diese Petitionen und Anträge zur motivirten Tagesordnung überzugehen. v. Itzstein bemerkt, er sei von Hecker ersucht, zu erklären, daß derselbe für sich keine Amnestie verlange, daß er aber bitte, die gefangenen und flüchtigen Theilnehmer seiner Schilderhebung zu amnestiren. An der Diskussion betheiligten sich die Abgeordneten Hagen, Schoder, Simon von Trier, Biedermann, Wiesner, Edel und Brentano. Als letzterer, welcher sehr lebhaft für Ertheilung einer Amnestie sprach, die Bemerkung machte. „Wollen Sie Die, welche in Baden die Waffen ergriffen haben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?“ ‒ entstand ein beispiellos starker Tumult, der mehrere Minuten lang anhielt. Es gelang dem Vicepräsidenten von Soiron, welcher den Vorsitz führte, nicht, die Ruhe wieder herzustellen. Von der Rechten wurde fortwährend mit großer Heftigkeit der Ruf erhoben: „Herunter mit dem Redner!“ während die Linke „Fortreden“ verlangte. Viele Mitglieder drängten sich um die Rednerbühne, auf der Brentano sich behauptet. Der Vicepräsident v. Soiron sieht sich endlich genöthigt, sich zu bedecken und die Sitzung für geschlossen zu erklären. Die Versammlung trennte sich nur langsam in größter Aufregung.</p> <bibl>(Fr. J.)</bibl> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0354/0004]
ihre miserabeln Kleinen in Obhut; ja es wird von karlistischen Herzoginnen und von Stadtwegen sogar Arbeit ihnen verschafft, „deren Ertrag kaum hinreichen würde um ihre Toilette in Stand zu setzen wenn sie Abends in der, durch diese republikanische Mildthätigkeit ihnen auferlegten Prostitution das letzte Existenzmittel suchen; übrigens wie kommt's (sagt Impartial du Nord) daß ihr immer der ungeheuren Majorität eurer Brüder und Schwestern Arbeit aufpackt, während ihr faulenzt und das Geld mißbraucht oder die manchmal so nutzwidrige, alberne Scheinarbeit des Kleinhandels treibt, die wenig mehr ist als eine geschäftige Faulenzerei? Warum produzirt ihr denn gar nichts oder dummes Zeug (bêtises), während dem Arbeiter wie einem Maulthier die ganze furchtbare Herkuleslast des Produzirens aufgeladen wird; auch ist es ein Zeichen von Blödsinn oder von Niederträchtigkeit, laßt es euch gesagt sein, dem Arbeiterstande stets Sparsamkeit, Knickerei, Geiz zu predigen, ihm der nicht wie ihr überflüßiges zu gewinnen vermag; blödsinnig oder infam ist es endlich, wenn ihr der Arbeiterklasse ein wohlgehäbiges Alter, eine Pflegestelle im Fall von Invalidität verheißt unter der Bedingung, daß sie fleißig, redlich und tugendhaft gelebt. Seid ihr denn etwa mit diesen drei erbaulichen Eigenschaften, die euch so sehr am Arbeiter zu reizen scheinen, ausgestattet? ich behaupte nein, und ihr habt deshalb auch kein Recht zu jener Forderung“ u. s. w. Die Munizipalwahlen sind auch an Orten legitimistisch ausgefallen wo selbst vor dem Februar liberale Personen gewählt wurden; „ein Zeichen, sagt die Gazette de France, daß unsre unverdorbnen Provinzen satt sind des Regifugiums (Königsflucht) und ein Febrifugium (Fiebermittel) suchen gegen die 1793ger Seuche.“ Soviel ist gewiß, die Bauern des Südens sind in Masse gewonnen, da „Henri der Erlöser“ alle Abgaben abschaffen wird, wie die Pfarrer und Gutsbesitzer ihnen weißmachen. ‒ Die Arrestationen nehmen einen frischen Aufschwung; einige Studenten der Rechte, sind nachträglich auch kasematirt. Ueber die fünfwöchentliche Haft des jetzt entlassenen wackern deutschen Demokraten, Schriftsetzer Hartmann aus Baiern, erfährt man nunmehr die scheußlichsten Details; ohne Ursache am Abend nach dem Bourgeoisietriumph auf offner Straße und allein gehend arretirt, von hochnäsigen Bourgeoislieutenants als „verdächtige Physiognomie“ erklärt, ward er am Morgen vom Offizier um die Ursache seiner Haft befragt und als er antworten wollte mit dem Geschrei „Schweigen Sie“ zur Ruhe verdammt; dann ins Palais de Justice, gebunden nebst dreißig Insurgenten abgeführt, wobei die Mobilen und Infanteristen durch Kolben- und Bajonettstöße vielen die Kleider und die Haut zerrissen, namentlich als dieser militärische Eifer durch die aus den Läden hervoreilenden in die Hände klatschenden und Bravo jauchzenden Bourgeois und Bourgeoisdamen der Chaussee d'Antin und Boulevards seine Anerkennung fand; die Damen wehten Tücher und schrieen vive la mobile, die Messieurs drückten den Helden die Hand und brüllten: „schießt uns diese Kanaillen in Blousen nieder.“ Im Justizpalast war die Behandlung bestialisch, man gab ihnen absichtlich faules Stroh voll Läuse, ließ sie einmal Stunden lang im Platzregen im Hof stehen, gab ihnen stinkende Suppen in einem großen Kessel wo jeder mit einem hölzernen Löffel (dessen Stiel so lang daß er den Nachbaren ins Gesicht stoßen mußte niederkniete während auf den Dachbalkonen umliegender Bourgeoishäuser geputzte Damen und Herrn auf sie herablorgnettirten und laut lachten. Ganz dasselbe fand in den Kasematten statt, wo zudemnoch der für 80 berechnete fast ganz dunkle, mit Kalkstaub erfüllte, glühendheiße Raum mit 160 Gefangnen gefüllt ward, so daß an kein Liegen anfangs zu denken war; die Insurgenten waren zum Theil noch rohe, zum Theil schon wahrhaft gebildete aufopferungssüchtige Ouvriers, aber alle gleichmäßig todeskühn und durch die Kerkermartern in stetem Haß gegen die Tyrannenklasse erhalten. „Sie setzen uns den Fuß auf den Nacken, sie speien uns an, sie ziehen uns das Fell vom Leibe, denn das Hemde haben sie schon unter L. Philipp uns gestohlen: gut, aber wenn wir todt sind kommen wieder neue,“ so sprachen sie alle unter sich und sogar manchmal zu den sie verspottenden Offizieren und Gemeinen der Wache des Fort de l'Est. Vor der Verleumdung: sie hätten plündern wollen, schauderten sie alle. Man wird die „Hauptbrigands,“ Klubpräsidenten und Atelierchefs nach dem Senegal führen, wo das Guineafieber schneller, stiller und wohlfeiler die Bourgeoisrache vollziehen wird, als dies in Paris sich machen ließe. Die übrigen kommen anderswohin.
Man glaubt bereits Cavaignac werde nicht über die Dauer des Riesenprozesses hinaus sich zum Werkzeug der Thermidorier hergeben, und lieber mit den Lamartinisten als mit den Thiersisten weiter regieren wollen. Es soll ihm in dieser Beziehung nach dem Schluß des die letztern so sehr in ihrer perfiden Niedertracht enthüllenden Rapports eine bezeichnende Aeußerung entfahren sein.
12 Paris, 5. August. Der Bericht der Untersuchungskommission ist erschienen. Nie hat ein schmählicheres Machwerk seit dem 24. Februar das Tageslicht erblickt. Statt einer politischen Würdigung der Thatsachen, haben wir eine der gemeinsten Anklagen gegen Louis Blanc, Caussidiére, Ledru-Rollin und Proudhon. Dieser Bericht ist ganz im Dunkeln, ohne Confrontation angefertigt worden. Odilon Barrot, der Präsident der Kommission, konnte es nicht verschmerzen, daß man am 24. Febr. seiner Politik Stöckchen in der Form von Barrikaden vorgesetzt habe. An diesen Stöckchen war kein anderer Schuld, als Ledru-Rollin, Louis Blanc und Caussidiére; und nun sucht er sich auf die perfideste Weise an ihnen zu rächen. Wie ward Odilon Barron Chef dieser Untersuchungskommission?
Am 24. Februar sind die Ereignisse dem Herrn Odilon Barrot über den Kopf gewachsen; er hielt noch an der Regence, während die Republik schon da war; am 24. Juni war es die Kammer, die von den Ereignissen überflügelt worden. Die sich so schnell auf einander folgenden Manifestationen hatten sie irre an der Republik gemacht, die sie eben im Begriff war, auf „breitester Grundlage“ auszuarbeiten. Durch die Junirevolution war die Februarrevolution ihr wankend geworden. Also die Kammer stand am 24. Juni daran, wo Odilon Barrot schon am 24. Febr. gestanden hatte. Sie glaubte daher sich an keinen bessern Mann wenden zu können, als an Odilon Barrot, um zu wissen, wo sie daran war mit der Politik, mit der Republik, mit den Revolutionen im Allgemeinen; um sich mit der Republik und der Revolution auszugleichen, zu vereinbaren. Es wurde eine Kommission mit Odilon Barrot an der Spitze ernannt, welche dem Zusammenhang der verschiedenen Insurrektionen und Insurrektionsversuche nachspüren und eine sogenannte politische Untersuchung veranstalten sollte. Aber die Kommission, indem sie den Insurrektionen auf die Spur kommen wollte, verlor ihre Spur in der Februar-Revolution. Indem sie die Männer der Februarrevolution in die folgenden Insurrektionen verwickelte, hob sie den Unterschied zwischen ersterer und letzterer auf. Die allzugroße Gründlichkeit und Tiefe der Kommission war ihr Untergang. Sie wollte eine „Vereinbarung“ auf preußische Manier zu Stande bringen, und rannte sich preußisch fest: sie verrannte sich in die Februar-Barrikaden. Durch ihr ungeschicktes Zerren an den Februar-Barrikaden, brachte sie die Juni-Barrikaden wieder zu Ehren, und mußte die Barrikaden im Allgemeinen als letzten Grund alles Rechtes gelten lassen. Sie gelangte zu der Erkenntniß, daß jede Gränzfeststellung, jede Definition des Rechts am Ende hinausläuft auf eine Reduktion ad absurdum ‒ ad barricadum. Gehn wir jetzt näher auf auf den Bericht ein.
In einer langen Einleitung sucht die Kommission festzustellen, daß das ihr anvertraute Mandat ein rein politisches und kein gerichtliches sei.
„Die Untersuchung ist durch die Insurrektion vom 23. Juni veranlaßt worden, und Sie haben dieselbe auf den 15. Mai ausgedehnt, weil Sie mit Recht vermutheten, daß ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen stattfinden müsse.“ Jetzt spricht der Bericht ein Langes und Breites über die Nothwendigkeit einer solchen Untersuchung, über das Heil, das aus derselben für das Land entspringen könnte, wenn sie die Grundursache des Uebels kennte, und über das Glück, welches Odilot Barron und Genossen empfänden, mit dieser Untersuchung beauftragt worden zu sein. Die Phrasen Odilon Barrotis erscheinen hier in ihrer breiten Hohlheit.
„Die tempelschänderischen Versuche, welche die National-Versammlung und die ganze gesellschaftliche Ordnung bedroht haben, bieten eine merkwürdige Seite dar: So verbrecherisch sie waren, in Hinsicht auf ihren Zweck, und gehässig in Hinsicht auf die Mittel zur Erlangung desselben, so entblößt erscheinen sie von jeder Ursache, von jedem Vorwande. In der ganzen Weltgeschichte hat man nie ein Beispiel eines ähnlichen Angriffs gesehn“. Hr. Odilon Barrot will der Welt Heil bringen, indem er ihr die Ursache der Attentate aufdeckt, und Hr. Odilon Barrot bekennt gleich im Anfange, daß die Attentate jeder Ursache ermangeln. Ist die Ermangelung jeder Ursache zum Attentate auch eine Ursache?
„Die National-Versammlung war sehnsüchtig vom ganzen Lande herbeigewünscht worden. Die Republik wurde durch einstimmige Akklamation proklamirt. Die National-Versammlung der Dienste eingedenk, welche die provisorische Regierung geleistet, dekretirte mit hinreißendem Gefühle: die provisorische Regierung hat sich um das Vaterland verdient gemacht“.
In dieser provisorischen Regierung hat Odilon Barrot nicht figurirt, und ungeachtet „Spaltungen in ihr obwalteten behielt die Versammlung die Hauptelemente derselben bei“. ‒ Die National-Versammlung, „um das Elend nicht ohne Beistand zu lassen“, hat sogar nach dem 15. Mai die National-Ateliers beibehalten, und trotz dieser Vorsorge brach der 24. Juni heran, „welcher die große und edle Hauptstadt in ein Schlachtfeld verwandelt, also daß die Bürger eines Vaterlandes, einer und derselben Stadt die Waffen gegeneinander ergriffen“. ‒ Von der Ursache wissen wir immer noch nichts, noch weniger über den Zusammenhang des 24. Juni mit dem 15. Mai. „Die beiden Ereignisse unterscheiden sich dadurch von einander, daß der 15. Mai die Aufhebung der National-Versammlung bezweckte. Die Milliarde mit der man die Reichen besteuern wollte, war nur eine Zuthat, eine Beilage. . . . Der 15. Mai hatte mehr einen politischen als sozialen Charakter. . . . Der 24. Juni, ein Ausfluß der Konferenzen im Luxembourg, hat ein kommunistisches Element: Die Proklamationen, die Eigennamen ‒ Alles deutet auf Kommunismus hin“.
Nach dieser Einleitung, die mit einer Menge ähnlicher ausweichender Phrasen begleitet ist, kommen wir dann endlich zum ersten Kapitel:
Allgemeine Ursachen:
„Die Kommission hätte gewünscht ihre Nachforschungen weiter auszudehnen,“ ‒ bis wie weit? ‒ „aber das Dekret, vermittelst dessen Sie über die Vergangenheit die Erklärung der Anerkennung des Landes (der Republik) geworfen haben, gebot uns ein ehrfürchtiges Schweigen vor den Beschlüssen der Versammlung“ … „Aber keine Wirkung ohne Ursache“ und durch diese und ähnliche Phrasen gelangt die Kommission doch über diesen Beschluß hinaus, und von Wirkung zu Wirkung kommt sie dann zuvörderst bis zum 16. Bülletin vom 15. April, worin es heißt: „Sollte in den Wahlen die soziale Wahrheit nicht zum Siege gelangen, so bleibt dem Volke, welches die Barrikaden gemacht, nichts übrig, als seinen Willen abermals zu offenbaren.“ Um dieses Bülletin noch schwärzer zu machen, wird nachgewiesen, daß eine berühmte Frau (G. Sand) 3 verschieden redigirte Schemata über dasselbe Thema hingeschickt, und daß das revolutionärste den Vorzug erhalten. Das war eine falsche Manier, eine Revolution zu verstehen. Die Männer, welche die Revolution gemacht, haben sie nicht verstanden. Die Männer, welche, wie Odilon Barrot, sie gezwungener Weise acceptiren mußten, geben nun gute Lehren, wie sie zu verstehen war. Dann folgen wieder die Zwistigkeiten innerhalb der provisorischen Regierung, wie Ledru-Rollin, der Erklärung Lamartinr's zu Trotz, eine Expedition gegen Belgien bewaffnet habe, und wie überhaupt diese Spaltungen in der Regierung eine Spaltung in der Nation zu Wege gebracht. Von Ledru-Rollin geht die Anklage auf Louis Blanc über. N. B. Wir halten noch immer an den allgemeinen Ursachen. Hier bieten dann die Reden, die Louis Blanc im Luxembourg vor den Arbeiter-Deleguirten gehalten hat, reichen Stoff dar zu allgemeinen Betrachtungen über ihren Einfluß auf die Juni-Ereignisse. Louis Blanc habe die Deleguirten der Arbeiter als die wahren Volksrepräsentanten darstellen wollen. Louis Blanc habe das Proletariat eine Sklaverei geheißen, und die Sklaven aufgefordert, ihre Ketten zu brechen. Die jetzige Gesellschaft sei nach Louis Blanc ein infames System: es lebe die Republik, die den Unterschied zwischen Armen und Reichen aufheben wird. ‒ Nach diesen moralischen Betrachtungen über den Luxembourg kommen die erbaulichen Bemerkungen über die National-Atteliers, und hiermit schließen die allgemeinen Ursachen, die Prädispositionen. Jetzt folgt ein Kapitel überschrieben:
Crisen unter der provisorischen Regierung.
Dieses Kapitel, das eigentlich nicht über den 15. Mai hinausgehen sollte, verliert sich in die Anfänge der Februar-Revolution. Wie man weiß, wurden im Anfange März die Voltigeur-Kompagnien, die sogenannten Bärenmützen der Nationalgarde aufgelöst. Um einer reaktionären Bewegung von dieser Seite zuvorzukommen, fand am 17. März eine große Volksmanifestation Statt. Diese Volksmanifestation wird im Berichte auf's Seltsamste entstellt. „Die Volksleidenschaften, von allen Seiten aufgewiegelt, machten ihren ersten Ausfall auf den öffentlichen Platz und bis zum Sitze der provisorischen Regierung im Saale des Stadthauses. Gewichtige Zeugnisse bezeichnen uns die Hand Caussidière's und Louis Blanc als Leiter dieser Bewegung.“ Wer dieser ersten Manifestation beigewohnt hat, wird sich erinnern, mit welcher Mäßigung sie der reaktionären Partei, vom moralischen Odilon Barrot unterstützt, entgegentrat. Absichtlich kam das Volk ohne Waffen, obgleich es nach seinem eben erlangten Siege Ursache hatte, der reaktionären Partei ganz anders gegenüberzutreten. Dieser Angriff Odilon Barrot's auf die Manifestation vom März ist ein direkter Angriff auf die Manifestation vom Februar. Nun folgen die Aeußerungen in den Klubs, wo man allenthalben das Recht der Insurrektion proklamirt habe, im Falle die Wahlen sich nicht zu Gunsten der Republik erklärte: lauter horreurs für Odilon Barrot, der unglücklicher Weise sich für die Regence schon zugesagt hatte, zu einer Zeit wo es so einträglich gewesen wäre, republikanisch zu sein. Am 3. April habe Caussidière die Kommissäre zusammenberufen: sie sollten den alten aristokratischen Quartiers wissen lassen, daß sie sich ja hüten möchten eine reaktionäre Manifestation oder Bewegung vorzunehmen. 400,000 Arbeiter seien bereit, tabla rasa zu Paris zu machen, bei dem mindesten Reaktionsversuche; hierzu brauchte man keine Waffen; deutsche Schwefelhölzchen genügten. (Man erinnere sich, wie sehr die verschiedenen Aristokraten-Quartiere säumten, den neuen Nationalgardisten Waffen zu geben.) Ja, Caussidière habe eigene Feuerbomben in Angers bestellt, weil er die Schwefelhölzchen nicht zuverlässig hielt. Hier gesellt sich das Lächerliche zum Gehässigen des Berichts.
Am 16. April war Morgens bei Sobrier und Abends bei Ledru Rollin große Diskussion über die Einsetzung eines Comités' du salut publique. In diesem Comité hätten Namen, wie Raspail, Cabet u. s. w. figurirt. Es ist dies die Einleitung zu der Manifestation vom 16. April. Caussidière wird beschuldigt, der Urheber dieses Komplotts gewesen zu sein. „Die Nationalgarde hat dieses Mal Paris von den Arbeitern gerettet!“ Und den 16. März? da haben die Arbeiter Paris von der Nationalgarde gerettet. „Aber die besiegte Anarchie ruhte nicht.“ Vom Ministerium des Innern aus (Ledru Rollin) seien ganze Ballot's von aufrührischen Journalen über Paris und die Departements verbreitet worden, und hätten den 15. Mai vorbereitet. Hier beginnt ein neues Kapitel, der 15. Mai überschrieben.
15. Mai.
„Der Klub der Klubs, unter der Direktion Sobrier's, und der Klub der Menschenrechte fixiren vor allen unser Augenmerk.
„Versuchen wir eine Auseinandersetzung ihrer Organisation, ihrer geheimen Macht, ihres gefährlichen und anormalen Einflusses zu geben, den sie auf Paris ausgeübt haben.“ Folgt dann eine Beschreibung der Wohnung Sobrier's, wie dieselbe einer Festung, einem Arsenal geglichen hätte, wie er sein Journal „la Commune de Paris“, redigirt, und in beständiger Korrespondenz mit den Männern der Regierung gestanden hätte. Sobrier habe bezahlte Agenten ausgeschickt, um Frankreich zu bearbeiten, und „ein Widerwille ergreift die Kommission, wenn sie liest, wie in den diesen Agenten mitgegebenen Instruktionen über viele hier sitzende Mitglieder gesprochen worden.“ Odilon Barrot! Jetzt kommen dann wieder die bekannten Vorzeichen einer heftigen Erschütterung: Der Geist der National-Ateliers, der Geist der Deleguirten im Luxembourg, der „zügellose Geist“ der Klub's u. s. w. Dann die Bedeutung vom 15. Mai: Die Dekrete, welche man bei Sobrier vorgefunden, und mittelst deren er die beabsichtigte Aufhebung der Nationalversammlung zu rechtfertigen suchte. Man habe Caussidière an seiner Stelle gelassen, obgleich man wußte, daß man nicht auf ihn zählen konnte. Am 14. Mai, wo die exekutive Kommission Berathung pflegte über die für den kommenden Tag vorzunehmenden Maßregeln, sei Caussidière ungeachtet einer Einladung nicht erschienen; Caussidière und Louis Blanc wären allein am 15. Mai Schuld gewesen. Ersterer habe schon am 4. Mai zu einem Beamten gesagt, er werde die Nationalversammlung zum Fenster hinaus werfen lassen. Ein anderer Beamter bezeuge, daß Caussidière auf den 15. Mai die Lastträger von der Halle auf die Präfektur zusammenberufen habe, um von dorten aus auf die Nationalgardisten zu schießen. Als man auf der Präfektur die Auflösung der Nationalversammlung gemeldet, habe man die Trommel gerührt und ein Hoch den neuen Mitgliedern der provisorischen Regierung gebracht, unter denen Caussidière sich befunden. Letzterer sei nicht eher aus seinem Zimmer gewichen, als bis die Sache sich entschieden, und da habe er sich auf Seiten der Sieger geschlagen u. s. w. Das nennt Herr Odilon Barrot einen politischen Bericht! Aber noch nicht genug! Ein Repräsentant (ein Denunziant) will von Courtais die Aeußerung vernommen haben, daß die Manifestation vom 15. Mai nicht recht zu zählen wagte auf Caussidière. Also Letzterer habe ein doppeltes Spiel gespielt. Von Caussidière geht der Bericht wieder auf Louis Blanc über. Am 14. Mai war Louis Blanc bei Barbés! Am 15. in der Frühe war er an der Bastille, da habe man seine Spur verloren; Louis Blanc behauptet: er habe mit einigen seiner Freunde in einem Café gefrühstückt: aber auf einmal sei eine Kolonne von Arbeitern erschienen, und habe geschrien: vive Louis Blanc! Diese Kolonne sei eine von denjenigen gewesen, die nach der Versammlung zu Gunsten der Polen-Demonstration gezogen. In der Kammer, als Raspail von der Tribüne herab die Petition lesen wollte, habe Louis Blanc Stillschweigen mit den Worten geboten: „das Recht der Petition ist geheiligt; laßt ihn lesen!“ Louis Blanc habe in der Kammer mit Barbés und Albert den Hineinstürmenden Beifall zugewinkt! Er habe den Arbeitern Glück gewünscht, das Recht der Petition wieder erobert zu haben. Jetzt kommt wieder die schon einmal als nichtig erkannte Anklage: Louis Blanc sei im Stadthause gewesen. Ein neuer Beweis: Ein Arbeiter, der im Stadthause war, bittet seine Frau, in einem Briefe sich nicht zu beunruhigen: er sei mit Albert und Louis Blanc. Und alle diese Polizei-Details sind mit einer politischen Gravität behandelt, die Odilon Barrot bei jedem Worte verrathen. Wir wissen noch immer nicht den Zusammenhang zwischen d. 15. Mai und dem 24. Juni. Dieser Uebergang ist mit einem Phrasenapparate eingeleitet, der uns nicht die gringste Aufklärung gibt. „Die Häupter vom 15. Mai waren in Vincenes eingesperrt, aber die Leidenschaften tobten fort.“ Alles folgende enthält nur wieder Ausfälle auf die frühere Kommission, gute Lehren und direkte Angriffe gegen Caussidière, Louis Blanc und Proudhon. Caussidiére hätte das sogenannte „heilige Bataillon“ wieder gebildet. Die Montagne erscheint wieder, obgleich die Montagnards aufgelöst werden. Die Blindheit des Ministers Recurt, der zu seinen Agenten gesagt habe, keine Rapports ihm mehr zu bringen: die Blindheit Aller, die da nicht verständen, daß die prädisponirende Ursache die Hauptsache bei Beleuchtung der Juni-Insurrektion sei. Die National-Ateliers seien wieder der Haupt-Heerd derselben gewesen.
Caussidiére habe zwar ein Zeugniß beigebracht, daß er an den Tagen der Juni-Ereignisse am 23. Juni in der Kammer gesessen habe; aber nichts desto weniger sei es noch nicht erwiesen, ob er nicht auch hinter den Barrikaden gewesen. Die lächerlichste Anklage
(Siehe den Verfolg in der Beilage.)
Nachtrag. Frankfurt, 7. Aug. In der heutigen 56. Sitzung der verfassunggebenden Reichsversammlung stand auf der Tagesordnung die Diskussion des Ausschußberichtes über die Petitionen und Anträge für Ertheilung einer Amnestie wegen politischer Vergehen. Wiedenmann trägt im Namen des Ausschusses an, über diese Petitionen und Anträge zur motivirten Tagesordnung überzugehen. v. Itzstein bemerkt, er sei von Hecker ersucht, zu erklären, daß derselbe für sich keine Amnestie verlange, daß er aber bitte, die gefangenen und flüchtigen Theilnehmer seiner Schilderhebung zu amnestiren. An der Diskussion betheiligten sich die Abgeordneten Hagen, Schoder, Simon von Trier, Biedermann, Wiesner, Edel und Brentano. Als letzterer, welcher sehr lebhaft für Ertheilung einer Amnestie sprach, die Bemerkung machte. „Wollen Sie Die, welche in Baden die Waffen ergriffen haben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?“ ‒ entstand ein beispiellos starker Tumult, der mehrere Minuten lang anhielt. Es gelang dem Vicepräsidenten von Soiron, welcher den Vorsitz führte, nicht, die Ruhe wieder herzustellen. Von der Rechten wurde fortwährend mit großer Heftigkeit der Ruf erhoben: „Herunter mit dem Redner!“ während die Linke „Fortreden“ verlangte. Viele Mitglieder drängten sich um die Rednerbühne, auf der Brentano sich behauptet. Der Vicepräsident v. Soiron sieht sich endlich genöthigt, sich zu bedecken und die Sitzung für geschlossen zu erklären. Die Versammlung trennte sich nur langsam in größter Aufregung.
(Fr. J.)
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