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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 57. Köln, 27. Juli 1848. Beilage.

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Beilage zu Nr. 57 der Neuen Rhein. Zeitg.
Donnerstag 27. Juli 1848.
Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Ein Zeitungskampf). Frankfurt. (Die Reaktion. - Sitzung der Nationalversammlung vom 24. Juli). Berlin. (Vereinbarungssitzung. - Abschaffung der Todesstrafe. - Milde. - Verfassungsentwurf). Mainz. (Die Darmstädter Versammlung). Innsbruck. (Aeußerung eines Redemptoristen). Wien. (Nachrichten aus den Donaufürstenthümern. - Absetzung des Grafen Leo Thun).

Holland. Mastricht. (Belagerungszustand erklärt).

Italien. Turin. (Deputirtenkammerverhandlungen. - Gioberti angekommen. - Neue Ministerliste). Bologna. (Wuth gegen den Papst. - General Zucchi). Neapel. (Die königl. Truppen im Vortheil. - Geheime Sitzung der Deputirtenkammer. - Offener Krieg zwischen ihr und dem Ministerium).

Französische Republik. Paris. (Die neuen Thermidorianer. - Sociale Diebe. - Das Proletariat in den Provinzen. - Das principe d'ordre. - Nationalversammlung vom 24. Juli. - Mittheilung des Berliner Kabinets. - Das Journal "la Republique" über die Reaktion. - Ein neuer Brief Louis Napoleons).

Großbritannien. London. (Unterhaussitzung. - Die Bill über Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte für Irland passirt. - Telegraphische Depesche aus Liverpool). Dublin. (Die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte und die Stimmung der Irländer.

Ungarn. Pesth. (Unglücksfall).

Donaufürstenthümer. Jassy. (Der Einmarsch der Russen).

Rußland. Petersburg. (Cholera).

Amerika. (Proklamation des Präsidenten der Vereinigten Staaten. - Gute Aussichten für Aerndte. - Port-au Prince. - Martinique. - Bermuda. - Versuch Mitchell zu befreien. - Cuba).

[Deutschland]

§. 64.

Die erste Kammer (Senat) besteht aus 175 Mitgliedern.

§. 65.

Die Mitglieder des Senats werden durch die Bezirks- und Kreisvertreter erwählt. Die vereinigten Bezirks- und Kreisvertreter eines Bezirks bilden je einen Wahlkörper und wählen die nach der Bevölkerung auf den Bezirk treffende Zahl der Abgeordneten.

§. 66.

Das Nähere über die Ausführung der Wahlen bestimmt das Wahlausführungs-Gesetz.

§. 67.

Die Legislatur-Periode des Senats wird auf sechs Jahre festgesetzt. Nach Ablauf dieser Periode wird der Senat neu gewählt. Ein Gleiches geschieht im Falle seiner Auflösung. In beiden Fällen sind die bisherigen Mitglieder wieder wählbar.

§. 68.

Wählbar zum Senats-Mitgliede ist jeder Preuße, der das vierzigste Lebensjahr vollendet, den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte nicht verloren hat und bereits ein Jahr lang in Preußen seinen Wohnsitz hat.

§. 69.

Die Erwählung von Stellvertretern für die Mitglieder beider Kammern ist unzulässig.

§. 70.

Die Kammern werden durch ren König regelmäßig im Monat November jeden Jahres und außerdem, so oft es die Umstände erheischen, einberufen. Am letzten Tage dieses Monats, so wie spätestens am zehnten Tage nach dem Tode des Königs versammeln sich dieselben von Rechts wegen.

Ist im letzteren Falle eine oder die andere Kammer aufgelöst und erst auf einen späteren Zeitpunkt wieder einberufen, so tritt die aufgelöste Kammer bis zum Zusammentritt der Neugewählten in Wirksamkeit.

Bis zur Eidesleistung des Thronfolgers oder des Regenten, übt das Staats-Ministerium unter seiner Verantwortlichkeit die Königliche Gewalt aus.

§. 71.

Die Eröffnung und die Schließung der Kammern geschieht durch den König in Person oder durch einen dazu von ihm beauftragten Minister in einer Sitzung der vereinigten Kammern.

Beide Kammern werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und geschlossen.

Wird eine Kammer aufgelöst, so setzt die andere ihre Sitzungen aus.

§. 72.

Dem Könige so wie jeder Kammer steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.

Vorschläge, welche durch eine der Kammern oder durch den König verworfen worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden.

Jeder Gesetzvorschlag über Einnahme und Ausgabe des Staates, so wie über Ergänzung des stehenden Heeres, muß zuerst von der Kammer der Abgeordneten genehmigt werden.

§. 73.

Eine jede Kammer hat die Befugniß, Kommissionen zur Untersuchung von Thatsachen zu ernennen, mit dem Rechte, unter Mitwirkung richterlicher Beamten eidlich Zeugen zu vernehmen und die Behörden zur Assistenz zu requiriren.

§. 74.

Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist.

Jede Kammer faßt ihre Beschlüsse nach absoluter Stimmermehrheit vorbehaltlich der durch die Geschäfts-Ordnung für Wahlen etwa zu bestimmenden Ausnahmen.

§. 75.

Jede Kammer prüft die Legitimation ihrer Mitglieder und entscheidet darüber. Sie regelt ihren Geschäftsgang durch eine Geschäfts-Ordnung, und erwählt ihren Präsidenten, ihre Vice-Präsidenten und Sekretäre.

Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in die Kammer. Durch die Annahme eines besoldeten Staatsamtes oder einer Beförderung im Staatsdienste verliert jedes Mitglied einer Kammer Sitz und Stimme in derselben und kann seine Stelle nur durch eine neue Wahl wieder erlangen.

Niemand kann Mitglied beider Kammern sein.

§. 76.

Jede Kammer hat für sich das Recht, Adressen an den König zu richten.

Niemand darf den Kammern oder einer derselben in Person eine Bittschrift oder Adresse überreichen.

Jede Kammer kann die an sie gerichteten Schriften an die Minister überweisen und von denselben Auskunft über eingehende Beschwerden verlangen.

§. 77.

Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Jede Kammer tritt auf den Antrag ihres Präsidenten oder von 10 Mitgliedern zu einer geheimen Sitzung zusammen, in welcher dann zunächst über diesen Antrag zu beschließen ist.

§. 78.

Die Mitglieder beider Kammern sind Vertreter des ganzen Volkes. Sie stimmen nach ihrer freien Ueberzeugung und sind an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden.

§. 79.

Sie können für ihre Abstimmungen oder für die in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete abgegebenen schriftlichen oder mündlichen Aeußerungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

Kein Mitglied einer Kammer kann ohne ihre Genehmigung während der Sitzungs-Periode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder binnen der nächsten 24 Stunden nach derselben ergriffen wird.

Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden nothwendig.

Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied einer Kammer und eine jede Untersuchungs- oder Civil-Haft wird für die Dauer der Sitzung aufgehoben, wenn die betreffende Kammer es verlangt.

§. 80.

Die Mitglieder beider Kammern erhalten aus der Staats-Kasse Reisekosten und Diäten nach Maßgabe des Gesetzes. Ein Verzicht hierauf ist unstatthaft.

Tit. VI.

Von der richterlichen Gewalt.

§. 81.

Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch unabhängige, keiner andern Autorität als der des Gesetzes unterworfenen Gerichte ausgeübt.

Die Urtheile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt.

§. 82.

Die Richter werden vom Könige für ihre Lebenszeit ernannt. Sie können nur durch Urtheil und Recht aus Gründen, welche die Gesetze vorgeschrieben und bestimmt haben, ihres Amtes entsetzt, zeitweise enthoben, unfreiwillig an eine andere Stelle gesetzt oder pensionirt werden.

Auf die Versetzungen, welche durch Veränderungen in der Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke nöthig werden, findet diese Bestimmung keine Anwendung.

Auf die Staats-Anwälte finden diese Bestimmungen keine Anwendung.

§. 83.

Das Richteramt ist mit der gleichzeitigen Verwaltung eines andern Staatsamtes unvereinbar. Ausnahmen finden nur auf Grund eines Gesetzes statt.

§. 84.

Die Verleihung von Titeln, die nicht unmittelbar mit dem Amte verbunden sind, und von Orden, so wie die Zuwendung von Gratifikationen an Richter darf nicht stattfinden.

§. 85.

Es sollen im ganzen Umfange der Monarchie Einzelrichter, Landgerichte und Appellationsgerichte eingerichtet werden.

Die Organisation wird durch das Gesetz bestimmt, welches der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde beigefügt ist.

§. 86.

Niemand darf zu einem Richteramte berufen werden, welcher sich nicht zu demselben nach näherer Vorschrift der Gesetze befähigt hat.

§. 87.

Handels- und Gewerbegerichte sollen im Wege der Gesetzgebung an den Orten eingerichtet werden, wo das Bedürfniß solche erfordert.

Die Einrichtung der zur Aufrechterhaltung militärischer Disziplin nothwendigen Militärgerichte wird durch das Gesetz bestimmt.

Die Organisation, Zuständigkeit und das Verfahren bei den Handels-, Gewerbe- und Militär-Gerichten, die Ernennung ihrer Mitglieder, die besonderen Verhältnisse der Letzteren und die Dauer ihres Amtes werden durch das Gesetz festgestellt.

§. 88.

Sobald ein gleichmäßiges gerichtliches Verfahren eingeführt sein wird, sollen die noch bestehenden obersten Gerichtshöfe zu einem einzigen vereinigt werden.

§. 89.

Alle Funktionen, welche nicht im Rechtsprechen bestehen oder dasselbe vorbereiten, sollen von den Gerichten getrennt werden.

Ausnahme bestimmt das Gesetz.

§. 90.

Die Verhandlungen vor dem erkennenden Gericht in Civil- und Strafsachen sollen öffentlich sein. Die Oeffentlichkeit kann jedoch durch ein öffentlich zu verkündendes Urtheil ausgeschlossen werden, wenn sie der Ordnung oder den guten Sitten Gefahr droht. In Civilsachen kann die Oeffentlichkeit durch das Gesetz beschränkt werden.

§. 91.

Bei den mit schweren Strafen bedrohten Handlungen (Verbrechen), so wie bei politischen und Preßvergehen, darf die Entscheidung über die Schuld des Angeklagten nur durch Geschworene erfolgen, deren Einrichtung durch ein Gesetz geregelt wird, welches der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde beigefügt ist.

§. 92.

Die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungs-Behörden wird durch das Gesetz bestimmt. Ueber Kompetenz-Konflikte zwischen den Gerichten und der Verwaltung entscheidet ein durch das Gesetz bezeichneter Gerichtshof.

§. 93.

Es ist keine vorgängige Genehmigung der Behörden nöthig, um öffentliche Civil- und Militär-Beamte wegen der durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübten Rechtsverletzungen gerichtlich zu belangen.

Tit. VII.

Von der Finanzverwaltung.

§. 94.

Alle Einnahmen und Ausgaben müssen für jedes Jahr im Voraus veranchlagt und auf den Staatshaushalts-Etat gebracht werden. Letzterer wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt.

§. 95.

Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur, so weit sie in den Staatshaushalts-Etat aufgenommen oder durch besondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden.

§. 96.

In Betreff der Steuern können Bevorzugungen nicht eingeführt werden. Die bestehende Steuergesetzgebung soll einer Revision unterworfen und dabei jede solche Bevorzugung abgeschafft werden.

§. 97.

Gebühren können Staats- oder Kommunalbeamte nur auf Grund des Gesetzes erheben.

§. 98.

Die Aufnahme von Anleihen für die Staatskasse findet nur auf Grund eines Gesetzes statt. Dasselbe gilt von der Uebernahme von Garantieen zu Lasten des Staates.

§. 99.

Zu Etats-Ueberschreitungen ist die nachträgliche Genehmigung der Kammern erforderlich.

Die Rechnungen über den Staatshaushalt werden von der Ober-Rechnungskammer geprüft und festgestellt. Die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt jedes Jahres wird von der Ober-Rechnungskammer den Kammern zur Entlastung der Staatsregierung vorgelegt.

Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und Befugnisse der Ober-Rechnungskammer bestimmen.

[Französische Republik]

dienen kann. Ich will durch meine Uneigennützigkeit die Wahrheit meines Patriotismus beweisen, ich will diejenigen, die mich ehrgeiziger Pläne beschuldigen, eines Bessern überführen.

Wollen Sie, Herr Präsident, ein zweites Mal von der National-Versammlung meine Demission genehmigen lassen; drücken Sie ihr meinen Schmerz aus, noch keinen Antheil an ihren Arbeiten nehmen zu können, so wie meine sehnlichsten Wünsche für das Wohl der Republik.

Genehmigen Sie etc.

Louis Napoleon Bonaparte.

P. S. Ich hatte diesen Brief am 8. Juli abgeschickt; ich weiß nicht, warum er Ihnen nicht zugekommen ist.

London, den 17. Juli.

- National-Versammlung. Sitzung vom 24. Juli. George Lafayette eröffnet dieselbe um 1 1/4 Uhr. Marrast sitzt auf einer der untersten Bänke links. Nach Verlesung des Protokolls ladet Lafayette den Letzteren ein den Präsidentensitz einzunehmen. Marrast nähert sich demselben, ohne, wie üblich, den abtretenden Präsidirenden zu umarmen. Er hält sodann eine Rede, die im Wesentlichen folgendermaßen lautet: "Ich danke der Versammlung für das mir geschenkte Vertrauen; ich hoffe dieselbe wird meiner Schwäche zu Hülfe kommen; Ruhe der Diskussion sei das erste Erforderniß, vorzüglich von dem Augenblicke an, wo Sie die neue Verfassung berathen. Dank Ihrer Energie können Sie heute in aller Sicherheit die Fragen der höchsten politischen Wichtigkeit berühren. Nicht nur in den Straßen von Paris, sondern auch in den Geistern herrsche Ruhe. Die Agitation, die dem Handel und der Industrie so großen Schaden verursacht, habe aufgehört. Nie sei wohl ein Augenlick günstiger gewesen die letzte Hand an ein so wichtiges Werk zu legen, wie die Verfassung der Republik zu nennen. Herrsche noch Parteispalt, so werde er gewiß baldige Aussöhnung finden." Schließlich hält er eine Lobrede auf Dornes, den in den Junitagen gefallenen Redakteur des "National," seines Blattes.

Diese Antrittsrede fand auf den rechten, tiefen linken und mittleren Bänken großen Beifall.

Cavaignac, Ministerpräsident, legt unmittelbar darauf einen Gesetzentwurf vor, welcher die Pension der Mutter des Dornes, verwittwete Brigade-Generalin gleiches Namens, von 2400 Frs. auf 3000 Frs. als Nationalbelohnung erhöht.

Genehmigt. G. Sarrut stattet seinen Bericht über die Abatuccische Ersatzwahl auf Corsika ab; die, wie man weiß, auf Prinz Louis Napoleon Bonaparte gefallen. Der Ausschuß findet mit Ausnahme einiger vom Präfekten in Ajaccio hervorgehobenen Punkte nichts Anstößiges, und trägt auf Zulassung des Gewählten Präsident Marrast liest der Versammlung einen Brief des Prinzen aus London vom 20. Juli vor, worin er unter Angabe der frühern Gründe die Wahl ausschlägt. "Ich will, heißt es im Briefe, Diejenigen, welche mich des Ehrgeizes bezüchtigen, überzeugen, daß sie sich irren. Nichtsdestoweniger verzichte ich nicht darauf, mich später mit dem schönen Titel eines französischen Volksvertreters zu zieren." (Lärm.)

An den Minister des Innern verwiesen. Türk erinnert an seinen Antrag rücksichtlich eines neuen Systems für den Hypothekenkredit, und verlangt sofortige Debatte.

Goudchaux und Cavaignac bekämpfen jedoch die Dringlichkeit, und der Antrag wird vertagt.

Guerin beantragt den Rückkauf der Lyoner Bahn durch den Staat.

Brunet erklärt, daß nach den Erklärungen des Staatsbautenministers von diesem Rückkaufe gar keine Rede mehr sein könne.

Cavaignac ergänzt diese Bemerkung, indem er der Versammlung anzeigt, daß die Unterhandlungen im Gegentheile ihren besten Fortgang nähmen, und daß die Regierung nur deren Abschluß gewärtige, um der Versammlung einen definitiven Gesetzentwurf vorzulegen. Daß werde hoffentlich nächster Tage geschehen. (Beifall.) (Vergesse man nicht, daß die Armee diese Linie dringend braucht.)

v. Corcelles stattet Bericht über den Antrag ab, der eine Steuer auf alle Hypothekenkapitalien verlangt.

Stimmen: Was beschloß der Ausschuß?

Corcelles: Verwerfung des Antrags.

Die Versammlung folgte diesem Beispiele.

Gouin, Berichterstatter des Finanzausschusses, besteigt nun die Bühne, um über die neuen Anleihen zu berichten. Tiefe Stille tritt im Saale ein. Eine allgemeine Diskussion fand gar nicht statt. Die Versammlung schritt sogleich zur Berathung des 1sten Artikels, der also lautet: "Die Verbindlichkeiten des letzten (Rothschild'schen) Anleihens von 250 Millionen, sind während der letzten Verfallterminen nicht erfüllt worden. Dieser Anleihevertrag wird daher für null und nichtig erklärt, was die unerfüllten Zahlungen der nicht ausgelieferten Staatsrenten betrifft." Genehmigt.

Art. 2. "Dem Finanzminister ist ein Kredit von 13,131,500 Fr. in 5 pCt. Renten (vom 22 März 1848 an) zum Course von ... eröffnet."

Guerin bedauert, daß man die Anleihe in 5 pCt. Renten machen wolle. Er empfehle die 3 pCt.

Goudchaux vertheidigt den Entwurf, weil er das Geschäft in 5 pCt. für leichter operirbar hält.

Nach kurzer Erwiderung Guerins, wurde auch der 2. Artikel angenommen.

Die Artikel 3, 4, 5 und 7 handeln vom Modus der Rückzahlung und Einzahlung.

Die Diskussion über sie war kurz. Ihre Annahme wird ausgesprochen.

Jetzt gehen wir - setzte Goudchaux fort - zum Preise der Anleihe über ...

Stimmen: Es ist noch nicht 3 Uhr. Warten Sie, bis die Börse geschlossen!

Die Sitzung wird suspendirt.

Um 3 Uhr 5 Minuten erscheint Goudchaux wieder auf der Bühne und hält eine feierliche Einleitung zur Festsetzung des Courspreises. Ich glaube, schließt er, daß der Cours von 75 Fr. 25 Cent. pro Hundert, der schicklichste Preis ist. (Aufsehen zur

Beilage zu Nr. 57 der Neuen Rhein. Zeitg.
Donnerstag 27. Juli 1848.
Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Ein Zeitungskampf). Frankfurt. (Die Reaktion. ‒ Sitzung der Nationalversammlung vom 24. Juli). Berlin. (Vereinbarungssitzung. ‒ Abschaffung der Todesstrafe. ‒ Milde. ‒ Verfassungsentwurf). Mainz. (Die Darmstädter Versammlung). Innsbruck. (Aeußerung eines Redemptoristen). Wien. (Nachrichten aus den Donaufürstenthümern. ‒ Absetzung des Grafen Leo Thun).

Holland. Mastricht. (Belagerungszustand erklärt).

Italien. Turin. (Deputirtenkammerverhandlungen. ‒ Gioberti angekommen. ‒ Neue Ministerliste). Bologna. (Wuth gegen den Papst. ‒ General Zucchi). Neapel. (Die königl. Truppen im Vortheil. ‒ Geheime Sitzung der Deputirtenkammer. ‒ Offener Krieg zwischen ihr und dem Ministerium).

Französische Republik. Paris. (Die neuen Thermidorianer. ‒ Sociale Diebe. ‒ Das Proletariat in den Provinzen. ‒ Das principe d'ordre. ‒ Nationalversammlung vom 24. Juli. ‒ Mittheilung des Berliner Kabinets. ‒ Das Journal „la République“ über die Reaktion. ‒ Ein neuer Brief Louis Napoleons).

Großbritannien. London. (Unterhaussitzung. ‒ Die Bill über Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte für Irland passirt. ‒ Telegraphische Depesche aus Liverpool). Dublin. (Die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte und die Stimmung der Irländer.

Ungarn. Pesth. (Unglücksfall).

Donaufürstenthümer. Jassy. (Der Einmarsch der Russen).

Rußland. Petersburg. (Cholera).

Amerika. (Proklamation des Präsidenten der Vereinigten Staaten. ‒ Gute Aussichten für Aerndte. ‒ Port-au Prince. ‒ Martinique. ‒ Bermuda. ‒ Versuch Mitchell zu befreien. ‒ Cuba).

[Deutschland]

§. 64.

Die erste Kammer (Senat) besteht aus 175 Mitgliedern.

§. 65.

Die Mitglieder des Senats werden durch die Bezirks- und Kreisvertreter erwählt. Die vereinigten Bezirks- und Kreisvertreter eines Bezirks bilden je einen Wahlkörper und wählen die nach der Bevölkerung auf den Bezirk treffende Zahl der Abgeordneten.

§. 66.

Das Nähere über die Ausführung der Wahlen bestimmt das Wahlausführungs-Gesetz.

§. 67.

Die Legislatur-Periode des Senats wird auf sechs Jahre festgesetzt. Nach Ablauf dieser Periode wird der Senat neu gewählt. Ein Gleiches geschieht im Falle seiner Auflösung. In beiden Fällen sind die bisherigen Mitglieder wieder wählbar.

§. 68.

Wählbar zum Senats-Mitgliede ist jeder Preuße, der das vierzigste Lebensjahr vollendet, den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte nicht verloren hat und bereits ein Jahr lang in Preußen seinen Wohnsitz hat.

§. 69.

Die Erwählung von Stellvertretern für die Mitglieder beider Kammern ist unzulässig.

§. 70.

Die Kammern werden durch ren König regelmäßig im Monat November jeden Jahres und außerdem, so oft es die Umstände erheischen, einberufen. Am letzten Tage dieses Monats, so wie spätestens am zehnten Tage nach dem Tode des Königs versammeln sich dieselben von Rechts wegen.

Ist im letzteren Falle eine oder die andere Kammer aufgelöst und erst auf einen späteren Zeitpunkt wieder einberufen, so tritt die aufgelöste Kammer bis zum Zusammentritt der Neugewählten in Wirksamkeit.

Bis zur Eidesleistung des Thronfolgers oder des Regenten, übt das Staats-Ministerium unter seiner Verantwortlichkeit die Königliche Gewalt aus.

§. 71.

Die Eröffnung und die Schließung der Kammern geschieht durch den König in Person oder durch einen dazu von ihm beauftragten Minister in einer Sitzung der vereinigten Kammern.

Beide Kammern werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und geschlossen.

Wird eine Kammer aufgelöst, so setzt die andere ihre Sitzungen aus.

§. 72.

Dem Könige so wie jeder Kammer steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.

Vorschläge, welche durch eine der Kammern oder durch den König verworfen worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden.

Jeder Gesetzvorschlag über Einnahme und Ausgabe des Staates, so wie über Ergänzung des stehenden Heeres, muß zuerst von der Kammer der Abgeordneten genehmigt werden.

§. 73.

Eine jede Kammer hat die Befugniß, Kommissionen zur Untersuchung von Thatsachen zu ernennen, mit dem Rechte, unter Mitwirkung richterlicher Beamten eidlich Zeugen zu vernehmen und die Behörden zur Assistenz zu requiriren.

§. 74.

Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist.

Jede Kammer faßt ihre Beschlüsse nach absoluter Stimmermehrheit vorbehaltlich der durch die Geschäfts-Ordnung für Wahlen etwa zu bestimmenden Ausnahmen.

§. 75.

Jede Kammer prüft die Legitimation ihrer Mitglieder und entscheidet darüber. Sie regelt ihren Geschäftsgang durch eine Geschäfts-Ordnung, und erwählt ihren Präsidenten, ihre Vice-Präsidenten und Sekretäre.

Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in die Kammer. Durch die Annahme eines besoldeten Staatsamtes oder einer Beförderung im Staatsdienste verliert jedes Mitglied einer Kammer Sitz und Stimme in derselben und kann seine Stelle nur durch eine neue Wahl wieder erlangen.

Niemand kann Mitglied beider Kammern sein.

§. 76.

Jede Kammer hat für sich das Recht, Adressen an den König zu richten.

Niemand darf den Kammern oder einer derselben in Person eine Bittschrift oder Adresse überreichen.

Jede Kammer kann die an sie gerichteten Schriften an die Minister überweisen und von denselben Auskunft über eingehende Beschwerden verlangen.

§. 77.

Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Jede Kammer tritt auf den Antrag ihres Präsidenten oder von 10 Mitgliedern zu einer geheimen Sitzung zusammen, in welcher dann zunächst über diesen Antrag zu beschließen ist.

§. 78.

Die Mitglieder beider Kammern sind Vertreter des ganzen Volkes. Sie stimmen nach ihrer freien Ueberzeugung und sind an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden.

§. 79.

Sie können für ihre Abstimmungen oder für die in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete abgegebenen schriftlichen oder mündlichen Aeußerungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

Kein Mitglied einer Kammer kann ohne ihre Genehmigung während der Sitzungs-Periode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder binnen der nächsten 24 Stunden nach derselben ergriffen wird.

Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden nothwendig.

Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied einer Kammer und eine jede Untersuchungs- oder Civil-Haft wird für die Dauer der Sitzung aufgehoben, wenn die betreffende Kammer es verlangt.

§. 80.

Die Mitglieder beider Kammern erhalten aus der Staats-Kasse Reisekosten und Diäten nach Maßgabe des Gesetzes. Ein Verzicht hierauf ist unstatthaft.

Tit. VI.

Von der richterlichen Gewalt.

§. 81.

Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch unabhängige, keiner andern Autorität als der des Gesetzes unterworfenen Gerichte ausgeübt.

Die Urtheile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt.

§. 82.

Die Richter werden vom Könige für ihre Lebenszeit ernannt. Sie können nur durch Urtheil und Recht aus Gründen, welche die Gesetze vorgeschrieben und bestimmt haben, ihres Amtes entsetzt, zeitweise enthoben, unfreiwillig an eine andere Stelle gesetzt oder pensionirt werden.

Auf die Versetzungen, welche durch Veränderungen in der Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke nöthig werden, findet diese Bestimmung keine Anwendung.

Auf die Staats-Anwälte finden diese Bestimmungen keine Anwendung.

§. 83.

Das Richteramt ist mit der gleichzeitigen Verwaltung eines andern Staatsamtes unvereinbar. Ausnahmen finden nur auf Grund eines Gesetzes statt.

§. 84.

Die Verleihung von Titeln, die nicht unmittelbar mit dem Amte verbunden sind, und von Orden, so wie die Zuwendung von Gratifikationen an Richter darf nicht stattfinden.

§. 85.

Es sollen im ganzen Umfange der Monarchie Einzelrichter, Landgerichte und Appellationsgerichte eingerichtet werden.

Die Organisation wird durch das Gesetz bestimmt, welches der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde beigefügt ist.

§. 86.

Niemand darf zu einem Richteramte berufen werden, welcher sich nicht zu demselben nach näherer Vorschrift der Gesetze befähigt hat.

§. 87.

Handels- und Gewerbegerichte sollen im Wege der Gesetzgebung an den Orten eingerichtet werden, wo das Bedürfniß solche erfordert.

Die Einrichtung der zur Aufrechterhaltung militärischer Disziplin nothwendigen Militärgerichte wird durch das Gesetz bestimmt.

Die Organisation, Zuständigkeit und das Verfahren bei den Handels-, Gewerbe- und Militär-Gerichten, die Ernennung ihrer Mitglieder, die besonderen Verhältnisse der Letzteren und die Dauer ihres Amtes werden durch das Gesetz festgestellt.

§. 88.

Sobald ein gleichmäßiges gerichtliches Verfahren eingeführt sein wird, sollen die noch bestehenden obersten Gerichtshöfe zu einem einzigen vereinigt werden.

§. 89.

Alle Funktionen, welche nicht im Rechtsprechen bestehen oder dasselbe vorbereiten, sollen von den Gerichten getrennt werden.

Ausnahme bestimmt das Gesetz.

§. 90.

Die Verhandlungen vor dem erkennenden Gericht in Civil- und Strafsachen sollen öffentlich sein. Die Oeffentlichkeit kann jedoch durch ein öffentlich zu verkündendes Urtheil ausgeschlossen werden, wenn sie der Ordnung oder den guten Sitten Gefahr droht. In Civilsachen kann die Oeffentlichkeit durch das Gesetz beschränkt werden.

§. 91.

Bei den mit schweren Strafen bedrohten Handlungen (Verbrechen), so wie bei politischen und Preßvergehen, darf die Entscheidung über die Schuld des Angeklagten nur durch Geschworene erfolgen, deren Einrichtung durch ein Gesetz geregelt wird, welches der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde beigefügt ist.

§. 92.

Die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungs-Behörden wird durch das Gesetz bestimmt. Ueber Kompetenz-Konflikte zwischen den Gerichten und der Verwaltung entscheidet ein durch das Gesetz bezeichneter Gerichtshof.

§. 93.

Es ist keine vorgängige Genehmigung der Behörden nöthig, um öffentliche Civil- und Militär-Beamte wegen der durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübten Rechtsverletzungen gerichtlich zu belangen.

Tit. VII.

Von der Finanzverwaltung.

§. 94.

Alle Einnahmen und Ausgaben müssen für jedes Jahr im Voraus veranchlagt und auf den Staatshaushalts-Etat gebracht werden. Letzterer wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt.

§. 95.

Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur, so weit sie in den Staatshaushalts-Etat aufgenommen oder durch besondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden.

§. 96.

In Betreff der Steuern können Bevorzugungen nicht eingeführt werden. Die bestehende Steuergesetzgebung soll einer Revision unterworfen und dabei jede solche Bevorzugung abgeschafft werden.

§. 97.

Gebühren können Staats- oder Kommunalbeamte nur auf Grund des Gesetzes erheben.

§. 98.

Die Aufnahme von Anleihen für die Staatskasse findet nur auf Grund eines Gesetzes statt. Dasselbe gilt von der Uebernahme von Garantieen zu Lasten des Staates.

§. 99.

Zu Etats-Ueberschreitungen ist die nachträgliche Genehmigung der Kammern erforderlich.

Die Rechnungen über den Staatshaushalt werden von der Ober-Rechnungskammer geprüft und festgestellt. Die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt jedes Jahres wird von der Ober-Rechnungskammer den Kammern zur Entlastung der Staatsregierung vorgelegt.

Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und Befugnisse der Ober-Rechnungskammer bestimmen.

[Französische Republik]

dienen kann. Ich will durch meine Uneigennützigkeit die Wahrheit meines Patriotismus beweisen, ich will diejenigen, die mich ehrgeiziger Pläne beschuldigen, eines Bessern überführen.

Wollen Sie, Herr Präsident, ein zweites Mal von der National-Versammlung meine Demission genehmigen lassen; drücken Sie ihr meinen Schmerz aus, noch keinen Antheil an ihren Arbeiten nehmen zu können, so wie meine sehnlichsten Wünsche für das Wohl der Republik.

Genehmigen Sie etc.

Louis Napoleon Bonaparte.

P. S. Ich hatte diesen Brief am 8. Juli abgeschickt; ich weiß nicht, warum er Ihnen nicht zugekommen ist.

London, den 17. Juli.

National-Versammlung. Sitzung vom 24. Juli. George Lafayette eröffnet dieselbe um 1 1/4 Uhr. Marrast sitzt auf einer der untersten Bänke links. Nach Verlesung des Protokolls ladet Lafayette den Letzteren ein den Präsidentensitz einzunehmen. Marrast nähert sich demselben, ohne, wie üblich, den abtretenden Präsidirenden zu umarmen. Er hält sodann eine Rede, die im Wesentlichen folgendermaßen lautet: „Ich danke der Versammlung für das mir geschenkte Vertrauen; ich hoffe dieselbe wird meiner Schwäche zu Hülfe kommen; Ruhe der Diskussion sei das erste Erforderniß, vorzüglich von dem Augenblicke an, wo Sie die neue Verfassung berathen. Dank Ihrer Energie können Sie heute in aller Sicherheit die Fragen der höchsten politischen Wichtigkeit berühren. Nicht nur in den Straßen von Paris, sondern auch in den Geistern herrsche Ruhe. Die Agitation, die dem Handel und der Industrie so großen Schaden verursacht, habe aufgehört. Nie sei wohl ein Augenlick günstiger gewesen die letzte Hand an ein so wichtiges Werk zu legen, wie die Verfassung der Republik zu nennen. Herrsche noch Parteispalt, so werde er gewiß baldige Aussöhnung finden.“ Schließlich hält er eine Lobrede auf Dornes, den in den Junitagen gefallenen Redakteur des „National,“ seines Blattes.

Diese Antrittsrede fand auf den rechten, tiefen linken und mittleren Bänken großen Beifall.

Cavaignac, Ministerpräsident, legt unmittelbar darauf einen Gesetzentwurf vor, welcher die Pension der Mutter des Dornes, verwittwete Brigade-Generalin gleiches Namens, von 2400 Frs. auf 3000 Frs. als Nationalbelohnung erhöht.

Genehmigt. G. Sarrut stattet seinen Bericht über die Abatuccische Ersatzwahl auf Corsika ab; die, wie man weiß, auf Prinz Louis Napoleon Bonaparte gefallen. Der Ausschuß findet mit Ausnahme einiger vom Präfekten in Ajaccio hervorgehobenen Punkte nichts Anstößiges, und trägt auf Zulassung des Gewählten Präsident Marrast liest der Versammlung einen Brief des Prinzen aus London vom 20. Juli vor, worin er unter Angabe der frühern Gründe die Wahl ausschlägt. „Ich will, heißt es im Briefe, Diejenigen, welche mich des Ehrgeizes bezüchtigen, überzeugen, daß sie sich irren. Nichtsdestoweniger verzichte ich nicht darauf, mich später mit dem schönen Titel eines französischen Volksvertreters zu zieren.“ (Lärm.)

An den Minister des Innern verwiesen. Türk erinnert an seinen Antrag rücksichtlich eines neuen Systems für den Hypothekenkredit, und verlangt sofortige Debatte.

Goudchaux und Cavaignac bekämpfen jedoch die Dringlichkeit, und der Antrag wird vertagt.

Guerin beantragt den Rückkauf der Lyoner Bahn durch den Staat.

Brunet erklärt, daß nach den Erklärungen des Staatsbautenministers von diesem Rückkaufe gar keine Rede mehr sein könne.

Cavaignac ergänzt diese Bemerkung, indem er der Versammlung anzeigt, daß die Unterhandlungen im Gegentheile ihren besten Fortgang nähmen, und daß die Regierung nur deren Abschluß gewärtige, um der Versammlung einen definitiven Gesetzentwurf vorzulegen. Daß werde hoffentlich nächster Tage geschehen. (Beifall.) (Vergesse man nicht, daß die Armee diese Linie dringend braucht.)

v. Corcelles stattet Bericht über den Antrag ab, der eine Steuer auf alle Hypothekenkapitalien verlangt.

Stimmen: Was beschloß der Ausschuß?

Corcelles: Verwerfung des Antrags.

Die Versammlung folgte diesem Beispiele.

Gouin, Berichterstatter des Finanzausschusses, besteigt nun die Bühne, um über die neuen Anleihen zu berichten. Tiefe Stille tritt im Saale ein. Eine allgemeine Diskussion fand gar nicht statt. Die Versammlung schritt sogleich zur Berathung des 1sten Artikels, der also lautet: „Die Verbindlichkeiten des letzten (Rothschild'schen) Anleihens von 250 Millionen, sind während der letzten Verfallterminen nicht erfüllt worden. Dieser Anleihevertrag wird daher für null und nichtig erklärt, was die unerfüllten Zahlungen der nicht ausgelieferten Staatsrenten betrifft.“ Genehmigt.

Art. 2. „Dem Finanzminister ist ein Kredit von 13,131,500 Fr. in 5 pCt. Renten (vom 22 März 1848 an) zum Course von … eröffnet.“

Guerin bedauert, daß man die Anleihe in 5 pCt. Renten machen wolle. Er empfehle die 3 pCt.

Goudchaux vertheidigt den Entwurf, weil er das Geschäft in 5 pCt. für leichter operirbar hält.

Nach kurzer Erwiderung Guerins, wurde auch der 2. Artikel angenommen.

Die Artikel 3, 4, 5 und 7 handeln vom Modus der Rückzahlung und Einzahlung.

Die Diskussion über sie war kurz. Ihre Annahme wird ausgesprochen.

Jetzt gehen wir ‒ setzte Goudchaux fort ‒ zum Preise der Anleihe über …

Stimmen: Es ist noch nicht 3 Uhr. Warten Sie, bis die Börse geschlossen!

Die Sitzung wird suspendirt.

Um 3 Uhr 5 Minuten erscheint Goudchaux wieder auf der Bühne und hält eine feierliche Einleitung zur Festsetzung des Courspreises. Ich glaube, schließt er, daß der Cours von 75 Fr. 25 Cent. pro Hundert, der schicklichste Preis ist. (Aufsehen zur

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      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 57 der Neuen Rhein. Zeitg. </titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>Donnerstag 27. Juli 1848.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
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    <body>
      <div type="contents" n="1">
        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Köln. (Ein Zeitungskampf). Frankfurt. (Die                     Reaktion. &#x2012; Sitzung der Nationalversammlung vom 24. Juli). Berlin.                     (Vereinbarungssitzung. &#x2012; Abschaffung der Todesstrafe. &#x2012; Milde. &#x2012;                     Verfassungsentwurf). Mainz. (Die Darmstädter Versammlung). Innsbruck. (Aeußerung                     eines Redemptoristen). Wien. (Nachrichten aus den Donaufürstenthümern. &#x2012;                     Absetzung des Grafen Leo Thun).</p>
        <p><hi rendition="#g">Holland.</hi> Mastricht. (Belagerungszustand erklärt).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> Turin. (Deputirtenkammerverhandlungen. &#x2012;                     Gioberti angekommen. &#x2012; Neue Ministerliste). Bologna. (Wuth gegen den Papst. &#x2012;                     General Zucchi). Neapel. (Die königl. Truppen im Vortheil. &#x2012; Geheime Sitzung der                     Deputirtenkammer. &#x2012; Offener Krieg zwischen ihr und dem Ministerium).</p>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik.</hi> Paris. (Die neuen Thermidorianer.                     &#x2012; Sociale Diebe. &#x2012; Das Proletariat in den Provinzen. &#x2012; Das principe d'ordre. &#x2012;                     Nationalversammlung vom 24. Juli. &#x2012; Mittheilung des Berliner Kabinets. &#x2012; Das                     Journal &#x201E;la République&#x201C; über die Reaktion. &#x2012; Ein neuer Brief Louis                     Napoleons).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Unterhaussitzung. &#x2012; Die Bill                     über Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte für Irland passirt. &#x2012; Telegraphische                     Depesche aus Liverpool). Dublin. (Die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte und die                     Stimmung der Irländer.</p>
        <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi> Pesth. (Unglücksfall).</p>
        <p><hi rendition="#g">Donaufürstenthümer.</hi> Jassy. (Der Einmarsch der                     Russen).</p>
        <p><hi rendition="#g">Rußland.</hi> Petersburg. (Cholera).</p>
        <p><hi rendition="#g">Amerika.</hi> (Proklamation des Präsidenten der Vereinigten                     Staaten. &#x2012; Gute Aussichten für Aerndte. &#x2012; Port-au Prince. &#x2012; Martinique. &#x2012;                     Bermuda. &#x2012; Versuch Mitchell zu befreien. &#x2012; Cuba).</p>
      </div>
      <div n="1">
        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar057b_001" type="jArticle">
          <note type="editorial">Preussische Verfassung</note>
          <p>§. 64.</p>
          <p>Die erste Kammer (Senat) besteht aus 175 Mitgliedern.</p>
          <p>§. 65.</p>
          <p>Die Mitglieder des Senats werden durch die Bezirks- und Kreisvertreter                         erwählt. Die vereinigten Bezirks- und Kreisvertreter eines Bezirks bilden je                         einen Wahlkörper und wählen die nach der Bevölkerung auf den Bezirk                         treffende Zahl der Abgeordneten.</p>
          <p>§. 66.</p>
          <p>Das Nähere über die Ausführung der Wahlen bestimmt das                         Wahlausführungs-Gesetz.</p>
          <p>§. 67.</p>
          <p>Die Legislatur-Periode des Senats wird auf sechs Jahre festgesetzt. Nach                         Ablauf dieser Periode wird der Senat neu gewählt. Ein Gleiches geschieht im                         Falle seiner Auflösung. In beiden Fällen sind die bisherigen Mitglieder                         wieder wählbar.</p>
          <p>§. 68.</p>
          <p>Wählbar zum Senats-Mitgliede ist jeder Preuße, der das vierzigste Lebensjahr                         vollendet, den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte nicht verloren hat und                         bereits ein Jahr lang in Preußen seinen Wohnsitz hat.</p>
          <p>§. 69.</p>
          <p>Die Erwählung von Stellvertretern für die Mitglieder beider Kammern ist                         unzulässig.</p>
          <p>§. 70.</p>
          <p>Die Kammern werden durch ren König regelmäßig im Monat November jeden Jahres                         und außerdem, so oft es die Umstände erheischen, einberufen. Am letzten Tage                         dieses Monats, so wie spätestens am zehnten Tage nach dem Tode des Königs                         versammeln sich dieselben von Rechts wegen.</p>
          <p>Ist im letzteren Falle eine oder die andere Kammer aufgelöst und erst auf                         einen späteren Zeitpunkt wieder einberufen, so tritt die aufgelöste Kammer                         bis zum Zusammentritt der Neugewählten in Wirksamkeit. </p>
          <p>Bis zur Eidesleistung des Thronfolgers oder des Regenten, übt das                         Staats-Ministerium unter seiner Verantwortlichkeit die Königliche Gewalt                         aus.</p>
          <p>§. 71.</p>
          <p>Die Eröffnung und die Schließung der Kammern geschieht durch den König in                         Person oder durch einen dazu von ihm beauftragten Minister in einer Sitzung                         der vereinigten Kammern.</p>
          <p>Beide Kammern werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und                         geschlossen.</p>
          <p>Wird eine Kammer aufgelöst, so setzt die andere ihre Sitzungen aus.</p>
          <p>§. 72.</p>
          <p>Dem Könige so wie jeder Kammer steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.</p>
          <p>Vorschläge, welche durch eine der Kammern oder durch den König verworfen                         worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht                         werden.</p>
          <p>Jeder Gesetzvorschlag über Einnahme und Ausgabe des Staates, so wie über                         Ergänzung des stehenden Heeres, muß zuerst von der Kammer der Abgeordneten                         genehmigt werden.</p>
          <p>§. 73.</p>
          <p>Eine jede Kammer hat die Befugniß, Kommissionen zur Untersuchung von                         Thatsachen zu ernennen, mit dem Rechte, unter Mitwirkung richterlicher                         Beamten eidlich Zeugen zu vernehmen und die Behörden zur Assistenz zu                         requiriren.</p>
          <p>§. 74.</p>
          <p>Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit                         ihrer Mitglieder anwesend ist.</p>
          <p>Jede Kammer faßt ihre Beschlüsse nach absoluter Stimmermehrheit vorbehaltlich                         der durch die Geschäfts-Ordnung für Wahlen etwa zu bestimmenden                         Ausnahmen.</p>
          <p>§. 75.</p>
          <p>Jede Kammer prüft die Legitimation ihrer Mitglieder und entscheidet darüber.                         Sie regelt ihren Geschäftsgang durch eine Geschäfts-Ordnung, und erwählt                         ihren Präsidenten, ihre Vice-Präsidenten und Sekretäre.</p>
          <p>Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in die Kammer. Durch die Annahme                         eines besoldeten Staatsamtes oder einer Beförderung im Staatsdienste                         verliert jedes Mitglied einer Kammer Sitz und Stimme in derselben und kann                         seine Stelle nur durch eine neue Wahl wieder erlangen.</p>
          <p>Niemand kann Mitglied beider Kammern sein.</p>
          <p>§. 76.</p>
          <p>Jede Kammer hat für sich das Recht, Adressen an den König zu richten.</p>
          <p>Niemand darf den Kammern oder einer derselben in Person eine Bittschrift oder                         Adresse überreichen.</p>
          <p>Jede Kammer kann die an sie gerichteten Schriften an die Minister überweisen                         und von denselben Auskunft über eingehende Beschwerden verlangen.</p>
          <p>§. 77.</p>
          <p>Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Jede Kammer tritt auf den                         Antrag ihres Präsidenten oder von 10 Mitgliedern zu einer geheimen Sitzung                         zusammen, in welcher dann zunächst über diesen Antrag zu beschließen                         ist.</p>
          <p>§. 78.</p>
          <p>Die Mitglieder beider Kammern sind Vertreter des ganzen Volkes. Sie stimmen                         nach ihrer freien Ueberzeugung und sind an Aufträge und Instruktionen nicht                         gebunden.</p>
          <p>§. 79.</p>
          <p>Sie können für ihre Abstimmungen oder für die in ihrer Eigenschaft als                         Abgeordnete abgegebenen schriftlichen oder mündlichen Aeußerungen nicht zur                         Rechenschaft gezogen werden.</p>
          <p>Kein Mitglied einer Kammer kann ohne ihre Genehmigung während der                         Sitzungs-Periode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung                         gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder                         binnen der nächsten 24 Stunden nach derselben ergriffen wird.</p>
          <p>Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden nothwendig.</p>
          <p>Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied einer Kammer und eine jede                         Untersuchungs- oder Civil-Haft wird für die Dauer der Sitzung aufgehoben,                         wenn die betreffende Kammer es verlangt.</p>
          <p>§. 80.</p>
          <p>Die Mitglieder beider Kammern erhalten aus der Staats-Kasse Reisekosten und                         Diäten nach Maßgabe des Gesetzes. Ein Verzicht hierauf ist unstatthaft.</p>
          <p> <hi rendition="#b">Tit. VI.</hi> </p>
          <p>Von der richterlichen Gewalt.</p>
          <p>§. 81.</p>
          <p>Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch unabhängige, keiner                         andern Autorität als der des Gesetzes unterworfenen Gerichte ausgeübt.</p>
          <p>Die Urtheile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt.</p>
          <p>§. 82.</p>
          <p>Die Richter werden vom Könige für ihre Lebenszeit ernannt. Sie können nur                         durch Urtheil und Recht aus Gründen, welche die Gesetze vorgeschrieben und                         bestimmt haben, ihres Amtes entsetzt, zeitweise enthoben, unfreiwillig an                         eine andere Stelle gesetzt oder pensionirt werden.</p>
          <p>Auf die Versetzungen, welche durch Veränderungen in der Organisation der                         Gerichte oder ihrer Bezirke nöthig werden, findet diese Bestimmung keine                         Anwendung.</p>
          <p>Auf die Staats-Anwälte finden diese Bestimmungen keine Anwendung.</p>
          <p>§. 83.</p>
          <p>Das Richteramt ist mit der gleichzeitigen Verwaltung eines andern Staatsamtes                         unvereinbar. Ausnahmen finden nur auf Grund eines Gesetzes statt.</p>
          <p>§. 84.</p>
          <p>Die Verleihung von Titeln, die nicht unmittelbar mit dem Amte verbunden sind,                         und von Orden, so wie die Zuwendung von Gratifikationen an Richter darf                         nicht stattfinden.</p>
          <p>§. 85.</p>
          <p>Es sollen im ganzen Umfange der Monarchie Einzelrichter, Landgerichte und                         Appellationsgerichte eingerichtet werden.</p>
          <p>Die Organisation wird durch das Gesetz bestimmt, welches der gegenwärtigen                         Verfassungs-Urkunde beigefügt ist.</p>
          <p>§. 86.</p>
          <p>Niemand darf zu einem Richteramte berufen werden, welcher sich nicht zu                         demselben nach näherer Vorschrift der Gesetze befähigt hat.</p>
          <p>§. 87.</p>
          <p>Handels- und Gewerbegerichte sollen im Wege der Gesetzgebung an den Orten                         eingerichtet werden, wo das Bedürfniß solche erfordert.</p>
          <p>Die Einrichtung der zur Aufrechterhaltung militärischer Disziplin                         nothwendigen Militärgerichte wird durch das Gesetz bestimmt.</p>
          <p>Die Organisation, Zuständigkeit und das Verfahren bei den Handels-, Gewerbe-                         und Militär-Gerichten, die Ernennung ihrer Mitglieder, die besonderen                         Verhältnisse der Letzteren und die Dauer ihres Amtes werden durch das Gesetz                         festgestellt.</p>
          <p>§. 88.</p>
          <p>Sobald ein gleichmäßiges gerichtliches Verfahren eingeführt sein wird, sollen                         die noch bestehenden obersten Gerichtshöfe zu einem einzigen vereinigt                         werden.</p>
          <p>§. 89.</p>
          <p>Alle Funktionen, welche nicht im Rechtsprechen bestehen oder dasselbe                         vorbereiten, sollen von den Gerichten getrennt werden.</p>
          <p>Ausnahme bestimmt das Gesetz.</p>
          <p>§. 90.</p>
          <p>Die Verhandlungen vor dem erkennenden Gericht in Civil- und Strafsachen                         sollen öffentlich sein. Die Oeffentlichkeit kann jedoch durch ein öffentlich                         zu verkündendes Urtheil ausgeschlossen werden, wenn sie der Ordnung oder den                         guten Sitten Gefahr droht. In Civilsachen kann die Oeffentlichkeit durch das                         Gesetz beschränkt werden.</p>
          <p>§. 91.</p>
          <p>Bei den mit schweren Strafen bedrohten Handlungen (Verbrechen), so wie bei                         politischen und Preßvergehen, darf die Entscheidung über die Schuld des                         Angeklagten nur durch Geschworene erfolgen, deren Einrichtung durch ein                         Gesetz geregelt wird, welches der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde                         beigefügt ist.</p>
          <p>§. 92.</p>
          <p>Die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungs-Behörden wird durch das Gesetz                         bestimmt. Ueber Kompetenz-Konflikte zwischen den Gerichten und der                         Verwaltung entscheidet ein durch das Gesetz bezeichneter Gerichtshof.</p>
          <p>§. 93.</p>
          <p>Es ist keine vorgängige Genehmigung der Behörden nöthig, um öffentliche                         Civil- und Militär-Beamte wegen der durch Ueberschreitung ihrer                         Amtsbefugnisse verübten Rechtsverletzungen gerichtlich zu belangen.</p>
          <p> <hi rendition="#b">Tit. VII.</hi> </p>
          <p>Von der Finanzverwaltung.</p>
          <p>§. 94.</p>
          <p>Alle Einnahmen und Ausgaben müssen für jedes Jahr im Voraus veranchlagt und                         auf den Staatshaushalts-Etat gebracht werden. Letzterer wird jährlich durch                         ein Gesetz festgestellt.</p>
          <p>§. 95.</p>
          <p>Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur, so weit sie in den                         Staatshaushalts-Etat aufgenommen oder durch besondere Gesetze angeordnet                         sind, erhoben werden.</p>
          <p>§. 96.</p>
          <p>In Betreff der Steuern können Bevorzugungen nicht eingeführt werden. Die                         bestehende Steuergesetzgebung soll einer Revision unterworfen und dabei jede                         solche Bevorzugung abgeschafft werden.</p>
          <p>§. 97.</p>
          <p>Gebühren können Staats- oder Kommunalbeamte nur auf Grund des Gesetzes                         erheben.</p>
          <p>§. 98.</p>
          <p>Die Aufnahme von Anleihen für die Staatskasse findet nur auf Grund eines                         Gesetzes statt. Dasselbe gilt von der Uebernahme von Garantieen zu Lasten                         des Staates.</p>
          <p>§. 99.</p>
          <p>Zu Etats-Ueberschreitungen ist die nachträgliche Genehmigung der Kammern                         erforderlich.</p>
          <p>Die Rechnungen über den Staatshaushalt werden von der Ober-Rechnungskammer                         geprüft und festgestellt. Die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt                         jedes Jahres wird von der Ober-Rechnungskammer den Kammern zur Entlastung                         der Staatsregierung vorgelegt.</p>
          <p>Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und Befugnisse der                         Ober-Rechnungskammer bestimmen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>[Französische Republik]</head>
        <div xml:id="ar057b_003" type="jArticle">
          <p>dienen kann. Ich will durch meine Uneigennützigkeit die Wahrheit meines                         Patriotismus beweisen, ich will diejenigen, die mich ehrgeiziger Pläne                         beschuldigen, eines Bessern überführen.</p>
          <p>Wollen Sie, Herr Präsident, ein zweites Mal von der National-Versammlung                         meine Demission genehmigen lassen; drücken Sie ihr meinen Schmerz aus, noch                         keinen Antheil an ihren Arbeiten nehmen zu können, so wie meine sehnlichsten                         Wünsche für das Wohl der Republik.</p>
          <p>Genehmigen Sie etc.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Louis Napoleon Bonaparte.</hi> </p>
          <p>P. S. Ich hatte diesen Brief am 8. Juli abgeschickt; ich weiß nicht, warum er                         Ihnen nicht zugekommen ist.</p>
          <p>London, den 17. Juli.</p>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 24. Juli. George                         Lafayette eröffnet dieselbe um 1 1/4 Uhr. Marrast sitzt auf einer der                         untersten Bänke links. Nach Verlesung des Protokolls ladet Lafayette den                         Letzteren ein den Präsidentensitz einzunehmen. Marrast nähert sich                         demselben, ohne, wie üblich, den abtretenden Präsidirenden zu umarmen. Er                         hält sodann eine Rede, die im Wesentlichen folgendermaßen lautet: &#x201E;Ich danke                         der Versammlung für das mir geschenkte Vertrauen; ich hoffe dieselbe wird                         meiner Schwäche zu Hülfe kommen; Ruhe der Diskussion sei das erste                         Erforderniß, vorzüglich von dem Augenblicke an, wo Sie die neue Verfassung                         berathen. Dank Ihrer Energie können Sie heute in aller Sicherheit die Fragen                         der höchsten politischen Wichtigkeit berühren. Nicht nur in den Straßen von                         Paris, sondern auch in den Geistern herrsche Ruhe. Die Agitation, die dem                         Handel und der Industrie so großen Schaden verursacht, habe aufgehört. Nie                         sei wohl ein Augenlick günstiger gewesen die letzte Hand an ein so wichtiges                         Werk zu legen, wie die Verfassung der Republik zu nennen. Herrsche noch                         Parteispalt, so werde er gewiß baldige Aussöhnung finden.&#x201C; Schließlich hält                         er eine Lobrede auf Dornes, den in den Junitagen gefallenen Redakteur des                         &#x201E;National,&#x201C; seines Blattes.</p>
          <p>Diese Antrittsrede fand auf den rechten, tiefen linken und mittleren Bänken                         großen Beifall.</p>
          <p>Cavaignac, Ministerpräsident, legt unmittelbar darauf einen Gesetzentwurf                         vor, welcher die Pension der Mutter des Dornes, verwittwete                         Brigade-Generalin gleiches Namens, von 2400 Frs. auf 3000 Frs. als                         Nationalbelohnung erhöht.</p>
          <p>Genehmigt. <hi rendition="#g">G. Sarrut</hi> stattet seinen Bericht über die                         Abatuccische Ersatzwahl auf Corsika ab; die, wie man weiß, auf Prinz Louis                         Napoleon Bonaparte gefallen. Der Ausschuß findet mit Ausnahme einiger vom                         Präfekten in Ajaccio hervorgehobenen Punkte nichts Anstößiges, und trägt auf                         Zulassung des Gewählten Präsident Marrast liest der Versammlung einen Brief                         des Prinzen aus London vom 20. Juli vor, worin er unter Angabe der frühern                         Gründe die Wahl ausschlägt. &#x201E;Ich will, heißt es im Briefe, Diejenigen,                         welche mich des Ehrgeizes bezüchtigen, überzeugen, daß sie sich irren.                         Nichtsdestoweniger verzichte ich nicht darauf, mich später mit dem schönen                         Titel eines französischen Volksvertreters zu zieren.&#x201C; (Lärm.)</p>
          <p>An den Minister des Innern verwiesen. Türk erinnert an seinen Antrag                         rücksichtlich eines neuen Systems für den Hypothekenkredit, und verlangt                         sofortige Debatte.</p>
          <p>Goudchaux und Cavaignac bekämpfen jedoch die Dringlichkeit, und der Antrag                         wird vertagt.</p>
          <p>Guerin beantragt den Rückkauf der <hi rendition="#g">Lyoner</hi> Bahn durch                         den Staat.</p>
          <p>Brunet erklärt, daß nach den Erklärungen des Staatsbautenministers von diesem                         Rückkaufe gar keine Rede mehr sein könne.</p>
          <p>Cavaignac ergänzt diese Bemerkung, indem er der Versammlung anzeigt, daß die                         Unterhandlungen im Gegentheile ihren besten Fortgang nähmen, und daß die                         Regierung nur deren Abschluß gewärtige, um der Versammlung einen definitiven                         Gesetzentwurf vorzulegen. Daß werde hoffentlich nächster Tage geschehen.                         (Beifall.) (Vergesse man nicht, daß die Armee diese Linie dringend                         braucht.)</p>
          <p>v. Corcelles stattet Bericht über den Antrag ab, der eine Steuer auf alle                         Hypothekenkapitalien verlangt.</p>
          <p>Stimmen: Was beschloß der Ausschuß?</p>
          <p>Corcelles: Verwerfung des Antrags.</p>
          <p>Die Versammlung folgte diesem Beispiele.</p>
          <p>Gouin, Berichterstatter des Finanzausschusses, besteigt nun die Bühne, um                         über die neuen Anleihen zu berichten. Tiefe Stille tritt im Saale ein. Eine                         allgemeine Diskussion fand gar nicht statt. Die Versammlung schritt sogleich                         zur Berathung des 1sten Artikels, der also lautet: &#x201E;Die Verbindlichkeiten                         des letzten (Rothschild'schen) Anleihens von 250 Millionen, sind während der                         letzten Verfallterminen nicht erfüllt worden. Dieser Anleihevertrag wird                         daher für null und nichtig erklärt, was die unerfüllten Zahlungen der nicht                         ausgelieferten Staatsrenten betrifft.&#x201C; Genehmigt.</p>
          <p>Art. 2. &#x201E;Dem Finanzminister ist ein Kredit von 13,131,500 Fr. in 5 pCt.                         Renten (vom 22 März 1848 an) zum Course von &#x2026; eröffnet.&#x201C;</p>
          <p>Guerin bedauert, daß man die Anleihe in 5 pCt. Renten machen wolle. Er                         empfehle die 3 pCt.</p>
          <p>Goudchaux vertheidigt den Entwurf, weil er das Geschäft in 5 pCt. für                         leichter operirbar hält.</p>
          <p>Nach kurzer Erwiderung Guerins, wurde auch der 2. Artikel angenommen.</p>
          <p>Die Artikel 3, 4, 5 und 7 handeln vom Modus der Rückzahlung und                         Einzahlung.</p>
          <p>Die Diskussion über sie war kurz. Ihre Annahme wird ausgesprochen.</p>
          <p>Jetzt gehen wir &#x2012; setzte Goudchaux fort &#x2012; zum Preise der Anleihe über &#x2026;</p>
          <p><hi rendition="#g">Stimmen:</hi> Es ist noch nicht 3 Uhr. Warten Sie, bis die                         Börse geschlossen!</p>
          <p>Die Sitzung wird suspendirt.</p>
          <p>Um 3 Uhr 5 Minuten erscheint Goudchaux wieder auf der Bühne und hält eine                         feierliche Einleitung zur Festsetzung des Courspreises. Ich glaube, schließt                         er, daß der Cours von 75 Fr. 25 Cent. pro Hundert, der schicklichste Preis                         ist. (Aufsehen zur
</p>
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[0285/0001] Beilage zu Nr. 57 der Neuen Rhein. Zeitg. Donnerstag 27. Juli 1848. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Ein Zeitungskampf). Frankfurt. (Die Reaktion. ‒ Sitzung der Nationalversammlung vom 24. Juli). Berlin. (Vereinbarungssitzung. ‒ Abschaffung der Todesstrafe. ‒ Milde. ‒ Verfassungsentwurf). Mainz. (Die Darmstädter Versammlung). Innsbruck. (Aeußerung eines Redemptoristen). Wien. (Nachrichten aus den Donaufürstenthümern. ‒ Absetzung des Grafen Leo Thun). Holland. Mastricht. (Belagerungszustand erklärt). Italien. Turin. (Deputirtenkammerverhandlungen. ‒ Gioberti angekommen. ‒ Neue Ministerliste). Bologna. (Wuth gegen den Papst. ‒ General Zucchi). Neapel. (Die königl. Truppen im Vortheil. ‒ Geheime Sitzung der Deputirtenkammer. ‒ Offener Krieg zwischen ihr und dem Ministerium). Französische Republik. Paris. (Die neuen Thermidorianer. ‒ Sociale Diebe. ‒ Das Proletariat in den Provinzen. ‒ Das principe d'ordre. ‒ Nationalversammlung vom 24. Juli. ‒ Mittheilung des Berliner Kabinets. ‒ Das Journal „la République“ über die Reaktion. ‒ Ein neuer Brief Louis Napoleons). Großbritannien. London. (Unterhaussitzung. ‒ Die Bill über Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte für Irland passirt. ‒ Telegraphische Depesche aus Liverpool). Dublin. (Die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte und die Stimmung der Irländer. Ungarn. Pesth. (Unglücksfall). Donaufürstenthümer. Jassy. (Der Einmarsch der Russen). Rußland. Petersburg. (Cholera). Amerika. (Proklamation des Präsidenten der Vereinigten Staaten. ‒ Gute Aussichten für Aerndte. ‒ Port-au Prince. ‒ Martinique. ‒ Bermuda. ‒ Versuch Mitchell zu befreien. ‒ Cuba). [Deutschland] §. 64. Die erste Kammer (Senat) besteht aus 175 Mitgliedern. §. 65. Die Mitglieder des Senats werden durch die Bezirks- und Kreisvertreter erwählt. Die vereinigten Bezirks- und Kreisvertreter eines Bezirks bilden je einen Wahlkörper und wählen die nach der Bevölkerung auf den Bezirk treffende Zahl der Abgeordneten. §. 66. Das Nähere über die Ausführung der Wahlen bestimmt das Wahlausführungs-Gesetz. §. 67. Die Legislatur-Periode des Senats wird auf sechs Jahre festgesetzt. Nach Ablauf dieser Periode wird der Senat neu gewählt. Ein Gleiches geschieht im Falle seiner Auflösung. In beiden Fällen sind die bisherigen Mitglieder wieder wählbar. §. 68. Wählbar zum Senats-Mitgliede ist jeder Preuße, der das vierzigste Lebensjahr vollendet, den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte nicht verloren hat und bereits ein Jahr lang in Preußen seinen Wohnsitz hat. §. 69. Die Erwählung von Stellvertretern für die Mitglieder beider Kammern ist unzulässig. §. 70. Die Kammern werden durch ren König regelmäßig im Monat November jeden Jahres und außerdem, so oft es die Umstände erheischen, einberufen. Am letzten Tage dieses Monats, so wie spätestens am zehnten Tage nach dem Tode des Königs versammeln sich dieselben von Rechts wegen. Ist im letzteren Falle eine oder die andere Kammer aufgelöst und erst auf einen späteren Zeitpunkt wieder einberufen, so tritt die aufgelöste Kammer bis zum Zusammentritt der Neugewählten in Wirksamkeit. Bis zur Eidesleistung des Thronfolgers oder des Regenten, übt das Staats-Ministerium unter seiner Verantwortlichkeit die Königliche Gewalt aus. §. 71. Die Eröffnung und die Schließung der Kammern geschieht durch den König in Person oder durch einen dazu von ihm beauftragten Minister in einer Sitzung der vereinigten Kammern. Beide Kammern werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und geschlossen. Wird eine Kammer aufgelöst, so setzt die andere ihre Sitzungen aus. §. 72. Dem Könige so wie jeder Kammer steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen. Vorschläge, welche durch eine der Kammern oder durch den König verworfen worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden. Jeder Gesetzvorschlag über Einnahme und Ausgabe des Staates, so wie über Ergänzung des stehenden Heeres, muß zuerst von der Kammer der Abgeordneten genehmigt werden. §. 73. Eine jede Kammer hat die Befugniß, Kommissionen zur Untersuchung von Thatsachen zu ernennen, mit dem Rechte, unter Mitwirkung richterlicher Beamten eidlich Zeugen zu vernehmen und die Behörden zur Assistenz zu requiriren. §. 74. Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist. Jede Kammer faßt ihre Beschlüsse nach absoluter Stimmermehrheit vorbehaltlich der durch die Geschäfts-Ordnung für Wahlen etwa zu bestimmenden Ausnahmen. §. 75. Jede Kammer prüft die Legitimation ihrer Mitglieder und entscheidet darüber. Sie regelt ihren Geschäftsgang durch eine Geschäfts-Ordnung, und erwählt ihren Präsidenten, ihre Vice-Präsidenten und Sekretäre. Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in die Kammer. Durch die Annahme eines besoldeten Staatsamtes oder einer Beförderung im Staatsdienste verliert jedes Mitglied einer Kammer Sitz und Stimme in derselben und kann seine Stelle nur durch eine neue Wahl wieder erlangen. Niemand kann Mitglied beider Kammern sein. §. 76. Jede Kammer hat für sich das Recht, Adressen an den König zu richten. Niemand darf den Kammern oder einer derselben in Person eine Bittschrift oder Adresse überreichen. Jede Kammer kann die an sie gerichteten Schriften an die Minister überweisen und von denselben Auskunft über eingehende Beschwerden verlangen. §. 77. Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Jede Kammer tritt auf den Antrag ihres Präsidenten oder von 10 Mitgliedern zu einer geheimen Sitzung zusammen, in welcher dann zunächst über diesen Antrag zu beschließen ist. §. 78. Die Mitglieder beider Kammern sind Vertreter des ganzen Volkes. Sie stimmen nach ihrer freien Ueberzeugung und sind an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden. §. 79. Sie können für ihre Abstimmungen oder für die in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete abgegebenen schriftlichen oder mündlichen Aeußerungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Kein Mitglied einer Kammer kann ohne ihre Genehmigung während der Sitzungs-Periode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder binnen der nächsten 24 Stunden nach derselben ergriffen wird. Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden nothwendig. Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied einer Kammer und eine jede Untersuchungs- oder Civil-Haft wird für die Dauer der Sitzung aufgehoben, wenn die betreffende Kammer es verlangt. §. 80. Die Mitglieder beider Kammern erhalten aus der Staats-Kasse Reisekosten und Diäten nach Maßgabe des Gesetzes. Ein Verzicht hierauf ist unstatthaft. Tit. VI. Von der richterlichen Gewalt. §. 81. Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch unabhängige, keiner andern Autorität als der des Gesetzes unterworfenen Gerichte ausgeübt. Die Urtheile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt. §. 82. Die Richter werden vom Könige für ihre Lebenszeit ernannt. Sie können nur durch Urtheil und Recht aus Gründen, welche die Gesetze vorgeschrieben und bestimmt haben, ihres Amtes entsetzt, zeitweise enthoben, unfreiwillig an eine andere Stelle gesetzt oder pensionirt werden. Auf die Versetzungen, welche durch Veränderungen in der Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke nöthig werden, findet diese Bestimmung keine Anwendung. Auf die Staats-Anwälte finden diese Bestimmungen keine Anwendung. §. 83. Das Richteramt ist mit der gleichzeitigen Verwaltung eines andern Staatsamtes unvereinbar. Ausnahmen finden nur auf Grund eines Gesetzes statt. §. 84. Die Verleihung von Titeln, die nicht unmittelbar mit dem Amte verbunden sind, und von Orden, so wie die Zuwendung von Gratifikationen an Richter darf nicht stattfinden. §. 85. Es sollen im ganzen Umfange der Monarchie Einzelrichter, Landgerichte und Appellationsgerichte eingerichtet werden. Die Organisation wird durch das Gesetz bestimmt, welches der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde beigefügt ist. §. 86. Niemand darf zu einem Richteramte berufen werden, welcher sich nicht zu demselben nach näherer Vorschrift der Gesetze befähigt hat. §. 87. Handels- und Gewerbegerichte sollen im Wege der Gesetzgebung an den Orten eingerichtet werden, wo das Bedürfniß solche erfordert. Die Einrichtung der zur Aufrechterhaltung militärischer Disziplin nothwendigen Militärgerichte wird durch das Gesetz bestimmt. Die Organisation, Zuständigkeit und das Verfahren bei den Handels-, Gewerbe- und Militär-Gerichten, die Ernennung ihrer Mitglieder, die besonderen Verhältnisse der Letzteren und die Dauer ihres Amtes werden durch das Gesetz festgestellt. §. 88. Sobald ein gleichmäßiges gerichtliches Verfahren eingeführt sein wird, sollen die noch bestehenden obersten Gerichtshöfe zu einem einzigen vereinigt werden. §. 89. Alle Funktionen, welche nicht im Rechtsprechen bestehen oder dasselbe vorbereiten, sollen von den Gerichten getrennt werden. Ausnahme bestimmt das Gesetz. §. 90. Die Verhandlungen vor dem erkennenden Gericht in Civil- und Strafsachen sollen öffentlich sein. Die Oeffentlichkeit kann jedoch durch ein öffentlich zu verkündendes Urtheil ausgeschlossen werden, wenn sie der Ordnung oder den guten Sitten Gefahr droht. In Civilsachen kann die Oeffentlichkeit durch das Gesetz beschränkt werden. §. 91. Bei den mit schweren Strafen bedrohten Handlungen (Verbrechen), so wie bei politischen und Preßvergehen, darf die Entscheidung über die Schuld des Angeklagten nur durch Geschworene erfolgen, deren Einrichtung durch ein Gesetz geregelt wird, welches der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde beigefügt ist. §. 92. Die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungs-Behörden wird durch das Gesetz bestimmt. Ueber Kompetenz-Konflikte zwischen den Gerichten und der Verwaltung entscheidet ein durch das Gesetz bezeichneter Gerichtshof. §. 93. Es ist keine vorgängige Genehmigung der Behörden nöthig, um öffentliche Civil- und Militär-Beamte wegen der durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübten Rechtsverletzungen gerichtlich zu belangen. Tit. VII. Von der Finanzverwaltung. §. 94. Alle Einnahmen und Ausgaben müssen für jedes Jahr im Voraus veranchlagt und auf den Staatshaushalts-Etat gebracht werden. Letzterer wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt. §. 95. Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur, so weit sie in den Staatshaushalts-Etat aufgenommen oder durch besondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden. §. 96. In Betreff der Steuern können Bevorzugungen nicht eingeführt werden. Die bestehende Steuergesetzgebung soll einer Revision unterworfen und dabei jede solche Bevorzugung abgeschafft werden. §. 97. Gebühren können Staats- oder Kommunalbeamte nur auf Grund des Gesetzes erheben. §. 98. Die Aufnahme von Anleihen für die Staatskasse findet nur auf Grund eines Gesetzes statt. Dasselbe gilt von der Uebernahme von Garantieen zu Lasten des Staates. §. 99. Zu Etats-Ueberschreitungen ist die nachträgliche Genehmigung der Kammern erforderlich. Die Rechnungen über den Staatshaushalt werden von der Ober-Rechnungskammer geprüft und festgestellt. Die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt jedes Jahres wird von der Ober-Rechnungskammer den Kammern zur Entlastung der Staatsregierung vorgelegt. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und Befugnisse der Ober-Rechnungskammer bestimmen. [Französische Republik] dienen kann. Ich will durch meine Uneigennützigkeit die Wahrheit meines Patriotismus beweisen, ich will diejenigen, die mich ehrgeiziger Pläne beschuldigen, eines Bessern überführen. Wollen Sie, Herr Präsident, ein zweites Mal von der National-Versammlung meine Demission genehmigen lassen; drücken Sie ihr meinen Schmerz aus, noch keinen Antheil an ihren Arbeiten nehmen zu können, so wie meine sehnlichsten Wünsche für das Wohl der Republik. Genehmigen Sie etc. Louis Napoleon Bonaparte. P. S. Ich hatte diesen Brief am 8. Juli abgeschickt; ich weiß nicht, warum er Ihnen nicht zugekommen ist. London, den 17. Juli. ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 24. Juli. George Lafayette eröffnet dieselbe um 1 1/4 Uhr. Marrast sitzt auf einer der untersten Bänke links. Nach Verlesung des Protokolls ladet Lafayette den Letzteren ein den Präsidentensitz einzunehmen. Marrast nähert sich demselben, ohne, wie üblich, den abtretenden Präsidirenden zu umarmen. Er hält sodann eine Rede, die im Wesentlichen folgendermaßen lautet: „Ich danke der Versammlung für das mir geschenkte Vertrauen; ich hoffe dieselbe wird meiner Schwäche zu Hülfe kommen; Ruhe der Diskussion sei das erste Erforderniß, vorzüglich von dem Augenblicke an, wo Sie die neue Verfassung berathen. Dank Ihrer Energie können Sie heute in aller Sicherheit die Fragen der höchsten politischen Wichtigkeit berühren. Nicht nur in den Straßen von Paris, sondern auch in den Geistern herrsche Ruhe. Die Agitation, die dem Handel und der Industrie so großen Schaden verursacht, habe aufgehört. Nie sei wohl ein Augenlick günstiger gewesen die letzte Hand an ein so wichtiges Werk zu legen, wie die Verfassung der Republik zu nennen. Herrsche noch Parteispalt, so werde er gewiß baldige Aussöhnung finden.“ Schließlich hält er eine Lobrede auf Dornes, den in den Junitagen gefallenen Redakteur des „National,“ seines Blattes. Diese Antrittsrede fand auf den rechten, tiefen linken und mittleren Bänken großen Beifall. Cavaignac, Ministerpräsident, legt unmittelbar darauf einen Gesetzentwurf vor, welcher die Pension der Mutter des Dornes, verwittwete Brigade-Generalin gleiches Namens, von 2400 Frs. auf 3000 Frs. als Nationalbelohnung erhöht. Genehmigt. G. Sarrut stattet seinen Bericht über die Abatuccische Ersatzwahl auf Corsika ab; die, wie man weiß, auf Prinz Louis Napoleon Bonaparte gefallen. Der Ausschuß findet mit Ausnahme einiger vom Präfekten in Ajaccio hervorgehobenen Punkte nichts Anstößiges, und trägt auf Zulassung des Gewählten Präsident Marrast liest der Versammlung einen Brief des Prinzen aus London vom 20. Juli vor, worin er unter Angabe der frühern Gründe die Wahl ausschlägt. „Ich will, heißt es im Briefe, Diejenigen, welche mich des Ehrgeizes bezüchtigen, überzeugen, daß sie sich irren. Nichtsdestoweniger verzichte ich nicht darauf, mich später mit dem schönen Titel eines französischen Volksvertreters zu zieren.“ (Lärm.) An den Minister des Innern verwiesen. Türk erinnert an seinen Antrag rücksichtlich eines neuen Systems für den Hypothekenkredit, und verlangt sofortige Debatte. Goudchaux und Cavaignac bekämpfen jedoch die Dringlichkeit, und der Antrag wird vertagt. Guerin beantragt den Rückkauf der Lyoner Bahn durch den Staat. Brunet erklärt, daß nach den Erklärungen des Staatsbautenministers von diesem Rückkaufe gar keine Rede mehr sein könne. Cavaignac ergänzt diese Bemerkung, indem er der Versammlung anzeigt, daß die Unterhandlungen im Gegentheile ihren besten Fortgang nähmen, und daß die Regierung nur deren Abschluß gewärtige, um der Versammlung einen definitiven Gesetzentwurf vorzulegen. Daß werde hoffentlich nächster Tage geschehen. (Beifall.) (Vergesse man nicht, daß die Armee diese Linie dringend braucht.) v. Corcelles stattet Bericht über den Antrag ab, der eine Steuer auf alle Hypothekenkapitalien verlangt. Stimmen: Was beschloß der Ausschuß? Corcelles: Verwerfung des Antrags. Die Versammlung folgte diesem Beispiele. Gouin, Berichterstatter des Finanzausschusses, besteigt nun die Bühne, um über die neuen Anleihen zu berichten. Tiefe Stille tritt im Saale ein. Eine allgemeine Diskussion fand gar nicht statt. Die Versammlung schritt sogleich zur Berathung des 1sten Artikels, der also lautet: „Die Verbindlichkeiten des letzten (Rothschild'schen) Anleihens von 250 Millionen, sind während der letzten Verfallterminen nicht erfüllt worden. Dieser Anleihevertrag wird daher für null und nichtig erklärt, was die unerfüllten Zahlungen der nicht ausgelieferten Staatsrenten betrifft.“ Genehmigt. Art. 2. „Dem Finanzminister ist ein Kredit von 13,131,500 Fr. in 5 pCt. Renten (vom 22 März 1848 an) zum Course von … eröffnet.“ Guerin bedauert, daß man die Anleihe in 5 pCt. Renten machen wolle. Er empfehle die 3 pCt. Goudchaux vertheidigt den Entwurf, weil er das Geschäft in 5 pCt. für leichter operirbar hält. Nach kurzer Erwiderung Guerins, wurde auch der 2. Artikel angenommen. Die Artikel 3, 4, 5 und 7 handeln vom Modus der Rückzahlung und Einzahlung. Die Diskussion über sie war kurz. Ihre Annahme wird ausgesprochen. Jetzt gehen wir ‒ setzte Goudchaux fort ‒ zum Preise der Anleihe über … Stimmen: Es ist noch nicht 3 Uhr. Warten Sie, bis die Börse geschlossen! Die Sitzung wird suspendirt. Um 3 Uhr 5 Minuten erscheint Goudchaux wieder auf der Bühne und hält eine feierliche Einleitung zur Festsetzung des Courspreises. Ich glaube, schließt er, daß der Cours von 75 Fr. 25 Cent. pro Hundert, der schicklichste Preis ist. (Aufsehen zur

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 57. Köln, 27. Juli 1848. Beilage, S. 0285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz057b_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.