Neue Rheinische Zeitung. Nr. 42. Köln, 12. Juli 1848.Herren, es ist jeden Tag möglich, daß in Berlin die Republik proklamirt wird. (Ruf: Nein - nicht die Republik!) Meine Herren, verstehen Sie mich recht, ich sage, es ist möglich, daß die Republik proklamirt wird, daß die Kammer aufgelöst wird etc. Dann müssen wir vorbereitet sein, in Ost und West, unser Blut daran zu setzen, daß König und Vaterland bleibe, daß König und Vaterland wachse. (?) (Jubel.) Hauptmann Wittich aus Wesel. Er sei vorhin mißverstanden worden, um dem zu begegnen, sage er, daß er es sei, der den konstitutionellen Klub gegründet in Wesel gegen die Wühlerei. (Bravo!) Präsident Lent schlägt vor, aus jedem Ort, aus dem sich Bewohner hier befänden, solle einer gewählt werden zur Abfassung der Statuten, und der sich verpflichtet, in seiner Heimath einen konst. Verein zu gründen für König und Vaterland gegen die Republik oder Gesetzlosigkeit. Hülsmann aus Münster, Markaner. Mit Gott für König und Vaterland haben wir gefochten. (Bravo.) Unser König will ein einiges Deutschland, dafür sollen Alle kämpfen, wir stehen für König Vaterland. Gessler, ein alter Lützow, Westfale: Unser Wahlspruch war "Vorwärts!" Meine Herren, lassen Sie uns eine Ansprache erlassen an unser Heer. Die Treue unseres Heeres war es, die den Thron gerettet hat! Lent schlägt am Schluß vor, es solle eine Kommission ernannt werden zur Erklärung, daß alle fest halten an König und Vaterland. Meine Herren, die Lüge herrscht und die Wahrheit geht betteln. So weit ist mit uns gekommen. Die Wühler haben uns einen neuen Herrgott eingesetzt, sie wollen uns auf unsern sichtbaren Thron auch noch einen neuen König setzen. Hauptmann Schimmel aus Münster, Markaner, im Kommandotone: Sie dürfen nicht hier auseinander gehen, bevor sie nicht etwas gethan. Sie müssen noch heut etwas beschließen. So wie heute kommen wir nie wieder zusammen. (Bravo!) Lent schlägt vor, daß die Sitzung bis 3 Uhr ausgesetzt wird, damit die Abgeordneten die Statuten berathen. Wird angenommen. Um 4 Uhr, Eröffnung der Sitzung. Lent: Die Kommission habe ihren Auftrag zu erfüllen gesucht. Der Entwurf sei fertig: Alle Mitglieder wollen das Recht des Königs schützen (Scandal, man kann nichts verstehen, es wird nach Republikanern gefahndet). Die Versammlung erklärt sich für die konstitutionelle Monarchie im engsten Anschluß an Deutschland. Die Versammelten wollen in Rheinland und Westfalen in vollem Ernste dahin wirken (Scandal). Professor Huber redet, aber unverständlich. Doktor Bracht aus Elberfeld: Meine Herren, der Redner war und ist der Redakteur des berüchtigten Janus, der Eichhornsche Prinzipien vertreten hat (herunter, herunter!). Der Doktor Bracht wird vom Lieutenant Spemann aus Hoerde insultirt und mit Hülfe Anderer hinausgeworfen. Es entsteht Mordscandal und die Versammlung marschirt unter Voraustritt des Musikkorps nach dem Speisesaal, dort wird "Ich bin ein Preuße" und andere konstitutionellen Lieder gesungen, viel geredet, gegessen und getrunken etc. Abends fahnden die "alten Krieger" in allen Wirthshäusern nach Republikanern, die aufgehenkt werden sollen. Man ist sehr unzufrieden mit der Aufnahme, da einige alte Krieger in Schlafstuben speisen mußten, wegen Mangel an Platz. 19 Berlin, 9. Juli. Die vor einigen Tagen vom Schloßhauptmann beabsichtigte abermalige Einsetzung der eisernen Thorgitter im königlichen Schloß, mußte wegen Protestation der Bürgerwehr wieder unterbleiben. Diese eisernen Gitter sollen bekanntlich die drei Zugänge zu dem ersten Schloßhof absperren. Der freie und ungehinderte Durchgang durch die Schloßportale ist aber seit Jahrhunderten eine den Einwohnern Berlins zugestandene Berechtigung. Aus diesem Grunde wurden auch am 14. Juni, als man die eisernen Gitterthore einsetzen wollte, dieselben vom Volke mit Gewalt entfernt. Man hört nicht, daß eine Untersuchung über diese gewaltsame Entfernung eingeleitet worden wäre. - Dem Vernehmen nach beabsichtigt das königliche General-Postamt das Postporto für Versendung der inländischen Zeitungen dergestalt herabzusetzen, daß es künftig nur 25 pCt. des Zeitungspreises betragen soll. Hannover, 8. Juli Heute Morgens gegen 11 Uhr ist die allgemeine Ständeversammlung vertagt worden. Aus der letzten Sitzung der zweiten Kammer ist eine anziehende Mittheilung zu machen. Es ward nämlich ein Scheeiben des Gesammtministerii verlesen, aus welchem man erfuhr, daß die Wahl des Erzherzogs Johann zum vorläufigen Reichsverweser Deutschlands Seitens Hannovers anerkannt worden sei. Zugleich hörte man nun aber weiter, daß wenn das Parlament in Frankfurt gewisse Gränzen in den von ihm zu fassenden Beschlüssen überschreiten werde, Hannover sich damit nicht einverstanden erklären könne. Die deutschen Fürsten könnten nicht Untergebene des Reichsverwesers werden. König Ernst August habe gern und bereitwillig Opfer gebracht, und werde sie auch bringen, um zur Einigung Deutschlands mitzuwirken, aber wenn man zu viel von ihm verlange, so werde er sein Land verlassen. Es ist kaum möglich, den Eindruck zu beschreiben, der durch diese Mittheilung in der Kammer hervorgebracht wurde. Es herrschte ein allgemeines Schweigen, und erst nach Verlauf einiger Minuten erhob sich Merz aus Hildesheim, und bat, daß eine Stelle des Schreibens, in welcher vom Könige die Rede sei, noch einmal verlesen werden möge. Stüve erhob sich und erklärte: Der König sei entschlossen, das Land zu verlassen, wenn man von Frankfurt her zu viel von ihm verlange. v. Bodungen: Ich will auf die Sache selbst nicht weiter eingehen. Aber höchlich bin ich erfreut, daß der Erzherzog Johann als Reichsverweser anerkannt worden ist. Er wird das Vertrauen wieder herstellen und so bringe ich ihm ein: Hoch der Erzherzog Johann! Als Bodungen sich setzte herrschte wiederum einen Augenblick lang tiefe Stille in der Kammer. Da erhob sich Lang. Ich habe mich ungemein gefreut, sagte er, aber ich bin auch zugleich von einem sehr schmerzlichen Gefühle ergriffen worden. Es freut mich, daß Erzherzog Johann als Reichsverweser anerkannt worden ist, aber ich bin betrübt über viele Stellen des eben verlesenen Schreibens. Die Nationalversammlung ist die letzte Hoffnung Deutschlands. Lehzen erörtert, daß in dem Schreiben des Gesammtministerii durchaus nichts Bedenkliches enthalten sei. Hantelmann: Ueber die Sache noch zu verhandeln, ist zu spät. Der Abgeordnete für Münden (Bodungen) hat dem Reichsverweser Johann ein Hoch gebracht, möge sich jetzt die ganze Kammer erheben und den Reichsverweser hoch leben lassen. Die ganze Kammer erhebt sich, und ruft dreimal hintereinander: Hoch Johann! Auf der Tribüne stimmt man lebhaft ein in diesen Ruf. Dann erhob sich Stüve und brachte dem Könige Ernst August ein Hoch, in welches die Kammer einstimmte. Es wurde dies Hoch dreimal wiederholt. Nachdem die Sitzung dann für einige Zeit aufgehoben worden war, wurde das Vertagungsschreiben verlesen. (Br. Z.)*Dresden, 7. Juli. Der Entwurf des neuen Wahlgesetzes wurde heute, trotz der gestern von der Deputirtenkammer erfolgten Annahme, Seitens der Regierung zurückgenommen. Der Minister Oberländer erklärte, daß die Zurücknahme des Gesetzentwurfs deshalb geschehen, weil die Regierung sich überzeugt habe, daß derselbe nicht allenthalben den Wünschen und Ansichten der Kammer entspreche, und fügte die Erklärung bei, dnß das Ministerium sofort an die Ausarbeitung eines neuen Gesetzes gehen werde, wobei alle in der Kammer vertheidigten Ansichten, auch die, welche die Majorität der Kammer nicht erlangt hätten, nochmals in sorgfältige Erwägung gezogen werden sollten. Bei der Verhandlung über die finanziellen Zustände Sachsens gab Minister Oberländer einen Nachweis über den Stand der Staatsschuld des Landes, aus welchem hervorging, daß dieselbe (inklusive der Eisenbahnanleihe) nicht über 40. Mill. Thlr. betrage, während der Staat hierfür einen Gegensatz von mindestens 70 Mill. Thlr., nämlich 35 Mill. mobiles und 35 Mill. immobiles (Kammergüter, Staatsgebäude und Staatsforsten) Staatsvermögen aufzuweisen habe, woraus man die beruhigende Ueberzeugung schöpfen könne, daß die Vermögensverhältnisse Sachsens günstiger seien als die irgend eines andern Staats. Darmstadt, 9. Juli. Nach dem Frankfurter Journal scheinen die Odenwälder Bauern wieder unruhig zu werden. Es kommen Steuerverweigungen und Mißhandlungen der Steuerbeamten vor. Der eingehegte Park des Grafen Erbach wird stark von Wilddieben besucht. Es sind deßhalb heute ein Bataillon Infanterie, eine Schwadron Chevauxlegers, zwei Kanonen und zwei Haubitzen nach Michelstadt von hier abmarschiert. ** Darmstadt, 9. Juli. Schon seit einiger Zeit ertönt in der "freien Hessischen Zeitung" der Unkenruf "eines Juristen" : Ob denn die alten Gesetze nicht mehr existirten, um die Schreier zur Ruhe zu bringen, und was ihrer Anwendung im Wege stehe? Das Ministerium Zimmermann hat den befreundeten Ruf vernommen, sein Erlaß vom 7. d. beweist uns, daß die Erinnerung nicht unbeachtet geblieben ist. Dieser Erlaß, der uns lebhaft wieder an die glorreiche Herrschaft eines du Thil erinnert, ist zugleich die erste politische Lebensäußerung des neuen Ministeriums, wie des neuen Großherzogs. Er ist unzweifelhaft dazu bestimmt, uns vorzubereiten auf die Dinge, die da kommen sollen. Es ist darin viel die Rede von der Entwicklung, die wir seit dem 6. März gemacht hätten, aber in der That haben wir uns zu nichts entwickelt, außer zu Versprechungen, auf deren Erfüllung wir nun schon seit vier Monaten vergebens warten. Nicht einmal Associationsfreiheit ist gesetzlich festgestellt, denn am 6. März wurde nur versprochen, in Betreff derselben den Ständen ein Gesetz vorzulegen. Und die freie Presse! Wer hindert die Behörden, dieselbe durch Anwendung der noch bestehenden Gesetze so unfrei zu machen, wie sie es durch die Censur nur irgend werden konnte? Das Militär ist zwar auf die Verfassung vereidigt, aber auf eine Verfassung, die die Freiheit des Volkes nicht sichert. Es selbst ist in der alten Verfassung geblieben, und es steht nichts im Wege, es morgen zur Unterdrückung aller Volksfreiheit zu verwenden. Das ist unsere Entwicklung. "Diese Entwicklung zu stören, hat sich," wie das Ministerium sagt, "eine Partei zum Ziele gesetzt, welche immer unverhüllter ihre Plane darlegt, die auf Umsturz alles Bestehenden durch unausgesetzte Anfeindung aller öffentlichen Autorität, durch Drohung und Gewalt gerichtet sind. Diesem Treiben entgegenzutreten, die Freunde der Ordnung zu beruhigen und zu thätiger Unterstützung der Ordnung zu ermuthigen, die Irregeleiteten zu warnen, wenden Wir Uns an Unser Volk, mit der Versicherung, daß alle gesetzlichen Mittel zur Bekämpfung der Feinde der Ordnung angewendet werden sollen. Zunächst wird das wohl den großen Volksversammlungen gelten, deren uns in nächster Zeit mehrere bevorstehen. 17 Prag, 6. Juli. Wenn wir einen Blick auf unsere blutigen Ereignisse, die schon wieder durch das furchtbare Drama unseres westlichen Nachbarvolkes in den Hintergrund gedrängt sind, zurückwerfen, so müssen wir immer mehr bedauern, daß wir von den Errungenschaften unserer Revolution, nichts weiter noch haben als die Preßfreiheit, deren wir uns in Prag nicht bedienen dürfen, indem bei dem geringsten freisinnigen Worte die Redakteure der Zeitschriften zum Grafen Thun gerufen werden, und man ihnen bedeutet, nichts Aufreizendes zu schreiben, wenn sie nicht eingesteckt und standrechtlich behandelt sein wollen. Ich gebe Ihnen also einen kleinen Vorgeschmack von dem, was Sie erwarten würde, wenn es Sr. Majestät einfallen sollte, Köln in Belagerungszustand zu erklären - liebenswürdige Proben der Kanonen-Preßfreiheit. Die Oeffentlichkeit des Gerichtsverfahrens verläugnet man hier nicht nur ganz, obgleich der viel weit verzweigtere Polenprozeß doch öffentlich verhandelt wurde, sondern im Gegentheil man bedeckt die "Verschwörung" mit dem undurchdringlichsten Schleier einer ächt Metternich'schen Justiz. Und wirklich, wenn man nicht Männer wie Graf Buquoi, Baron Vilani etc. nebst etwa hundert andern mehr oder minder hochgestellten Personen im Gefängnisse sähe, wenn man nicht die Proklamation des Fürsten Windisch-Grätz vor Augen hätte, welcher die Bürgerschaft benachrichtigt, daß sie lügenhaften Gerüchten, nach welchen die Gefangenen wieder freigelassen worden sein, keinen Glauben beimessen solle, sondern daß die Untersuchung ihren Gang gehe und die für schuldig Befundenen nach der ganzen Strenge der Gesetze bestraft werden würden - man könnte die ganze Geschichte der Verschwörung für eine Mystifikation halten, trotzdem, daß ein großer Theil der deutschen Journale die Geschichte der Gründung einer slavischen Republik so genau weiß, die ganzen Fäden der Verschwörung so genau in den Händen hat, daß wir, z. B. dem R-Correspondenten der "Deutschen Allgemeinen" keinen bessern Rath geben können, als sich zur Untersuchungskommission im Schlosse zu schlagen; er würde der ganzen erlauchten Kommission die Hälfte der Arbeit ersparen. Daß ein Verständniß zwischen den Repräsentanten der verschiedenen Slavenstämme dagewesen sein muß, ist wohl nicht zu leugnen, daß mehrere dieser Personen sich mit kühnen Plänen trugen, wohl auch nicht; aber eben so wenig, daß von 5-600 Personen, die in Prag den achttägigen Kampf unterhalten, nicht zwanzig Eingeweihte waren, wenn es überhaupt welche gab, daß nirgends eine Spur von Organisation zu sehen ist. Die Barrikaden wurden da aufgeworfen, wo sich ein Haufe Menschen fand und in solcher Masse, daß die Hälfte davon überflüßig war. Von Kommando war keine Spur zu sehen. Man vertheidigte sich da, wo man angegriffen wurde. Munition war nur sehr spärlich vorhanden und Geld gar nicht, denn die Barrikadenopfer, größtentheils Studenten und nur wenige aus den niedern Klassen, nährten sich fast die ganze Zeit über von schwarzem Brod. Es ist gewiß und nicht zu bestreiten, daß die große Masse der Kämpfenden nur gegen Reaktion, gegen Militärdespotie sich zu schlagen glaubte - wenn es eine Verschwörung gab, so war sie nur Wenigen bekannt und noch ganz unorganisirt für den Ausbruch. Was einen Kampf der Cchechen gegen die Deutschen anbelangt, so war keine Spur davon zu sehen. Nicht ein beleidigendes Wort gegen einen Deutschen ist gefallen, nicht eine Bewegung gegen die sonst hier so verhaßten Juden; Deutsche und Cchechen haben Barrikaden gebaut, Cchechen und Deutsche sich auf ihnen geschlagen und was den Schutz anbetrifft, den der General Windisch-Grätz, der Retter der deutschen Nationalität, den Deutschen hat angedeihen lassen, so beschränkt er sich darauf, daß er auf die Kleinseite zog und Cchechen und Deutsche ohne Unterschied niederschoß. Ich will sie nicht mehr mit den Details des Kampfes behelligen, sie sind Ihnen genugsam bekannt. Ueber unserer Stadt ruht eine gewisse dumpfe Schwüle; der Belagerungszustand, der Gedanke an eine weitverzweigte Verschwörung drückt Alle, und nichts verlautet von der Untersuchung. Der böhmische Landtag wird nun erst nach Beendigung des Wienerreichstages zusammen berufen werden, die Wahlen zum letztern werden von der cchechischen Partei nur ganz passiv betrieben und es bedarf Wahlkommissäre, um die Wahlen auf dem Lande zu leiten. Die böhmischen und vorzüglich slavischen Farben sind gänzlich verschwunden. Das Nationalcomite ist aufgelöst und alle seine Akte sind für ungültig erklärt. Wir sehen mit Ungeduld der Eröffnung von oben entgegen, die uns über unsere Verhältnisse aufklären wird, über eine "Verschwörung, die ganz Deutschland in Schrecken setzte" über das Gespenst, das sich zwischen unsern beiden Völker drängt, und nur die schwarz-roth-goldne Larve des alten Metternich'schen Systems ist. * Wien, 6. Juli. Dr. C. Libelt hat an die Allgem. Oestr. Z. folgendes Schreiben gerichtet: In der Abendbeilage der Allg. Oestr. Ztg. vom 25. Juni. Nr. 174 wird aus Prag berichtet, daß nach dem Abzuge des Militärs auf den Hradschin, ein Comite aus drei Mitgliedern: Palacky, Libelt und Bakunin, zusammengetreten sei, von dem die bekannten Forderungen der Böhmen ausgingen. In der nächstfolgenden Beilage vom 26. d. M. wird aus Wien eines Briefes Erwähnung gethan, den ich an die Breslauer Zeitung geschrieben, und auf die Ereignisse in Prag im Voraus aufmerksam gemacht haben soll. Ich erkläre hiermit, daß beide Angaben völlig erdichtet sind. Ich habe keinen Brief an die Breslauer Zeitung geschrieben, auch in keinem andern Schreiben auf Ereignisse aufmerksam gemacht, die ich weder gewünscht, noch vorhergesehen habe. Eben so ist an dem Zusammentreten des angeblichen Comite's, und einer von ihm erlassenen Proklamation kein wahres Wort. Wenn es heute zur Tagesordnung geworden ist, die Polen zum Sündenbock aller politischen Umtriebe zu machen, so sehen wir Polen recht gut ein, von wo aus, und zu welchem Zwecke, diese geschäftigen Verläumdungen ausgestreut werden. Es gilt den Racenhaß zu vollenden, und namentlich das gebildete Polen von dem gebildeten Europa zu trennen, um es gegen, nicht für das Letztere zu stimmen, daß aber die geehrten deutschen Redaktionen, im guten Glauben, in diesen Plan eingehen, und die offenbarsten Lügen in ihre Blätter aufnehmen, das ist's, was uns Polen, mehr verwundert als verwundet. Genehmigen Sie etc. Karlsbad, 2. Juli 1848. ergebenster Diener, Dr. Carl Libelt. Wien, 7. Juli. Der Erzherzog Johann hat nachstehende Proklamation erlassen: "Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt hat mich zum Reichs-Verweser erwählt und durch ihre Abgeordneten aufgefordert, diesem ehrenvollen Rufe ungesäumt zu folgen. "Oestreicher! Ihr kennt meine unveränderte Gesinnung für unser gemeinsames deutsches Vaterland; Ihr kennt meine heißen Wünsche für sein Wohl, seine Macht und Ehre. "Diese Wünsche, ich weiß es, stehen mit Euren Gefühlen in vollkommenem Einklange, und ich habe es daher als eine heilige Pflicht erkannt, das Amt zu übernehmen, welches mir Eure Vertreter in Frankfurt und mit ihnen alle Eure deutschen Brüder anvertrauen. "Dasselbe wird, gestützt von der Nationalversammlung und befestigt durch das gesammte deutsche Volk, den Gedanken der Einheit Deutschlands zur That gestalten, - es wird für die Freiheit und für das Recht des deutschen Volkes, für das Gesetz und die Ordnung in dem ganzen deutschen Gebiete eine neue Gewähr darbieten. "Ich glaube daher, die mir von unserem Kaiser für die Zeit seiner Abwesenheit übertragenen Regentenpflichten nicht zu verletzen, ich glaube sie vielmehr mit hoffnungsreicherem Erfolge zu erfüllen, indem ich beide gleichwichtige und innig verbundene Sendungen annehme. "Ich werde mit der an mich gesendeten Deputation nach Frankfurt gehen, um das hohe Amt des Reichsverwesers anzutreten, und dann wieder zu Euch zurückzukehren, um als Stellvertreter des Kaisers am 18. Juli den Reichstag in Wien feierlich zu eröffnen. Wien, 6. Juli 1848. Johann." Polen.
Lemberg, 30. Juni. Die ruthenischen Komite's tauchen in Galizien immer mehr und mehr auf. Auch in Alt-Brody besteht ein ruthenischer Verein zur Wahrung der Volksrechte mit besonderer Würdigung der ruthenischen Interessen. Dessen Mitglieder sind nur Geistliche und Bauern; in letzterer Zeit trat demselben ein städtischer Beamter bei. Es ist nicht zu läugnen, daß die Entstehung der ruthenischen Komites in der Opposition gegen das Polenthum ihren Grund hat, und daß die Regierung diese mehr soutenirt als die polnischen, deren Tendenzen sich zum Radikalismus hinneigen. Der Jesuitenorden muß in Folge eines Ministerialerlasses nun auch Galizien bis zum 15. Juli verlassen. Wie bekannt, hat dieser Orden in Galizien folgende 4 Posten inne: zu Lemberg ein adeliges Convict, in Westgalizien und zwar zu Neusandec ein Gymnasium, in Ostgalizien und zwar zu Tarnopol ein Gymnasium und eine phylosophische Lehranstalt, endlich zu Starowies, Sandecer Kreises, welches Dorf zugleich ein Eigenthum dieses Ordens ist, eine Pflanzschule und Verbannungsort für die Jesuiten in Galizien. Dieser Orden hatte, wie zu ersehen, seine Arme über ganz Galizien ausgebreitet. Allgemein wird behauptet, daß auch die von den Jesuiten bis nun besorgten Lehranstalten aufgehoben werden. Ein neuer Gubernialerlaß verbietet das Tragen der einfachen (polnischen) Adler. Die Sachen doppelt genommen, dauern länger und sind stärker! - An der russischen Gränze bei Radziwilow hat sich ein Korps von 60,000 Mann zusammengezogen, dessen Bestimmung vielseitig gedeutet wird. - In Lemberg haben sich die beiden bis jetzt feindlich entgegengesetzten Rada narodowa, die polnische und die ruthenische, feierlichst vereinigt, und neben der roth-weißen weht nunmehr ruhig und friedlich auch die gelb-blaue Fahne. (A. Oestr. Z.)Donaufürstenthümer.
Bucharest, 24. Juni. Seit vorgestern hatten mehrere Verhaftungen stattgefunden, einige der Häupter der Bewegung aber hatten sich versteckt und erschienen gestern Abend im Fürstenhof an der Spitze einer unabsehbaren Menge, welche jetzt dieselben Forderungen an den Fürsten stellte, die vor einigen Wochen bereits in einer Petition von einigen jüngern Bojaren gemacht worden waren, mit neuen ebenso tiefgreifenden vermehrt. Seit jener Zeit waren ein russischer Kommissär und ein Pascha von Seite der Pforte eingetroffen. Wahrscheinlich in Folge der Eingebungen des Ersteren waren die vorgenommenen Verhaftungen erfolgt, die aber den Ausschlag für die andere Seite hervorriefen. Vorgestern Abend waren auf den Fürsten in der Dunkelheit, im Augenblick als er im offenen Wagen in die Stadt von einem Ausfluge zurückkehrte, drei Schüsse gefallen, wovon einer in die Epaulette ging. Dies mag Anlaß gewesen sein, warum der Fürst gestern früh sich in die beiden Kasernen verfügte; in der der Infanterie wurde er vom Fähnrich aufgefordert, die Konstitution und die Landesfreiheiten auf die Fahne zu beschwören, was auch geschah, nachdem die Offiziere erklärt hatten, daß sie sich nicht gegen das Volk brauchen lassen würden. Kaum war der Fürst in seiner Wohnung angelangt, so fuhren die Offiziere in 25 bis 30 Wagen zu ihm. Dieses Auftreten des Offizierkorps sicherte und beschleunigte den Erfolg, denn wenn es auch in den Absichten des Fürsten gelegen hätte, sich den Volkswünschen zu widersetzen, was ich aus guten Gründen sehr bezweifeln muß, so war ihm jetzt das Mittel jeden Widerstandes benommen. An der gestrigen Versammlung im Fürstenhause (denn von Aufstand war gar nicht die Rede) nahmen die ganze jüngere Generation, der Kaufmannstand und die Offiziere Theil, aber alle Großbojaren und Weißbärte fehlten, da die Cholera dieselben meist verscheucht hatte. Der Fürst bewilligte und unterschrieb 22 Punkte, darunter 1) Preßfreiheit; 2) Abschaffung der Leibeigenschaft der Zigeuner und der Bauern, sowie aller Feudallasten; 3) Reduktion der Civilliste auf die Hälfte; 4) Verabschiedung der bisherigen Herren, es ist jeden Tag möglich, daß in Berlin die Republik proklamirt wird. (Ruf: Nein ‒ nicht die Republik!) Meine Herren, verstehen Sie mich recht, ich sage, es ist möglich, daß die Republik proklamirt wird, daß die Kammer aufgelöst wird etc. Dann müssen wir vorbereitet sein, in Ost und West, unser Blut daran zu setzen, daß König und Vaterland bleibe, daß König und Vaterland wachse. (?) (Jubel.) Hauptmann Wittich aus Wesel. Er sei vorhin mißverstanden worden, um dem zu begegnen, sage er, daß er es sei, der den konstitutionellen Klub gegründet in Wesel gegen die Wühlerei. (Bravo!) Präsident Lent schlägt vor, aus jedem Ort, aus dem sich Bewohner hier befänden, solle einer gewählt werden zur Abfassung der Statuten, und der sich verpflichtet, in seiner Heimath einen konst. Verein zu gründen für König und Vaterland gegen die Republik oder Gesetzlosigkeit. Hülsmann aus Münster, Markaner. Mit Gott für König und Vaterland haben wir gefochten. (Bravo.) Unser König will ein einiges Deutschland, dafür sollen Alle kämpfen, wir stehen für König Vaterland. Gessler, ein alter Lützow, Westfale: Unser Wahlspruch war „Vorwärts!“ Meine Herren, lassen Sie uns eine Ansprache erlassen an unser Heer. Die Treue unseres Heeres war es, die den Thron gerettet hat! Lent schlägt am Schluß vor, es solle eine Kommission ernannt werden zur Erklärung, daß alle fest halten an König und Vaterland. Meine Herren, die Lüge herrscht und die Wahrheit geht betteln. So weit ist mit uns gekommen. Die Wühler haben uns einen neuen Herrgott eingesetzt, sie wollen uns auf unsern sichtbaren Thron auch noch einen neuen König setzen. Hauptmann Schimmel aus Münster, Markaner, im Kommandotone: Sie dürfen nicht hier auseinander gehen, bevor sie nicht etwas gethan. Sie müssen noch heut etwas beschließen. So wie heute kommen wir nie wieder zusammen. (Bravo!) Lent schlägt vor, daß die Sitzung bis 3 Uhr ausgesetzt wird, damit die Abgeordneten die Statuten berathen. Wird angenommen. Um 4 Uhr, Eröffnung der Sitzung. Lent: Die Kommission habe ihren Auftrag zu erfüllen gesucht. Der Entwurf sei fertig: Alle Mitglieder wollen das Recht des Königs schützen (Scandal, man kann nichts verstehen, es wird nach Republikanern gefahndet). Die Versammlung erklärt sich für die konstitutionelle Monarchie im engsten Anschluß an Deutschland. Die Versammelten wollen in Rheinland und Westfalen in vollem Ernste dahin wirken (Scandal). Professor Huber redet, aber unverständlich. Doktor Bracht aus Elberfeld: Meine Herren, der Redner war und ist der Redakteur des berüchtigten Janus, der Eichhornsche Prinzipien vertreten hat (herunter, herunter!). Der Doktor Bracht wird vom Lieutenant Spemann aus Hoerde insultirt und mit Hülfe Anderer hinausgeworfen. Es entsteht Mordscandal und die Versammlung marschirt unter Voraustritt des Musikkorps nach dem Speisesaal, dort wird „Ich bin ein Preuße“ und andere konstitutionellen Lieder gesungen, viel geredet, gegessen und getrunken etc. Abends fahnden die „alten Krieger“ in allen Wirthshäusern nach Republikanern, die aufgehenkt werden sollen. Man ist sehr unzufrieden mit der Aufnahme, da einige alte Krieger in Schlafstuben speisen mußten, wegen Mangel an Platz. 19 Berlin, 9. Juli. Die vor einigen Tagen vom Schloßhauptmann beabsichtigte abermalige Einsetzung der eisernen Thorgitter im königlichen Schloß, mußte wegen Protestation der Bürgerwehr wieder unterbleiben. Diese eisernen Gitter sollen bekanntlich die drei Zugänge zu dem ersten Schloßhof absperren. Der freie und ungehinderte Durchgang durch die Schloßportale ist aber seit Jahrhunderten eine den Einwohnern Berlins zugestandene Berechtigung. Aus diesem Grunde wurden auch am 14. Juni, als man die eisernen Gitterthore einsetzen wollte, dieselben vom Volke mit Gewalt entfernt. Man hört nicht, daß eine Untersuchung über diese gewaltsame Entfernung eingeleitet worden wäre. ‒ Dem Vernehmen nach beabsichtigt das königliche General-Postamt das Postporto für Versendung der inländischen Zeitungen dergestalt herabzusetzen, daß es künftig nur 25 pCt. des Zeitungspreises betragen soll. Hannover, 8. Juli Heute Morgens gegen 11 Uhr ist die allgemeine Ständeversammlung vertagt worden. Aus der letzten Sitzung der zweiten Kammer ist eine anziehende Mittheilung zu machen. Es ward nämlich ein Scheeiben des Gesammtministerii verlesen, aus welchem man erfuhr, daß die Wahl des Erzherzogs Johann zum vorläufigen Reichsverweser Deutschlands Seitens Hannovers anerkannt worden sei. Zugleich hörte man nun aber weiter, daß wenn das Parlament in Frankfurt gewisse Gränzen in den von ihm zu fassenden Beschlüssen überschreiten werde, Hannover sich damit nicht einverstanden erklären könne. Die deutschen Fürsten könnten nicht Untergebene des Reichsverwesers werden. König Ernst August habe gern und bereitwillig Opfer gebracht, und werde sie auch bringen, um zur Einigung Deutschlands mitzuwirken, aber wenn man zu viel von ihm verlange, so werde er sein Land verlassen. Es ist kaum möglich, den Eindruck zu beschreiben, der durch diese Mittheilung in der Kammer hervorgebracht wurde. Es herrschte ein allgemeines Schweigen, und erst nach Verlauf einiger Minuten erhob sich Merz aus Hildesheim, und bat, daß eine Stelle des Schreibens, in welcher vom Könige die Rede sei, noch einmal verlesen werden möge. Stüve erhob sich und erklärte: Der König sei entschlossen, das Land zu verlassen, wenn man von Frankfurt her zu viel von ihm verlange. v. Bodungen: Ich will auf die Sache selbst nicht weiter eingehen. Aber höchlich bin ich erfreut, daß der Erzherzog Johann als Reichsverweser anerkannt worden ist. Er wird das Vertrauen wieder herstellen und so bringe ich ihm ein: Hoch der Erzherzog Johann! Als Bodungen sich setzte herrschte wiederum einen Augenblick lang tiefe Stille in der Kammer. Da erhob sich Lang. Ich habe mich ungemein gefreut, sagte er, aber ich bin auch zugleich von einem sehr schmerzlichen Gefühle ergriffen worden. Es freut mich, daß Erzherzog Johann als Reichsverweser anerkannt worden ist, aber ich bin betrübt über viele Stellen des eben verlesenen Schreibens. Die Nationalversammlung ist die letzte Hoffnung Deutschlands. Lehzen erörtert, daß in dem Schreiben des Gesammtministerii durchaus nichts Bedenkliches enthalten sei. Hantelmann: Ueber die Sache noch zu verhandeln, ist zu spät. Der Abgeordnete für Münden (Bodungen) hat dem Reichsverweser Johann ein Hoch gebracht, möge sich jetzt die ganze Kammer erheben und den Reichsverweser hoch leben lassen. Die ganze Kammer erhebt sich, und ruft dreimal hintereinander: Hoch Johann! Auf der Tribüne stimmt man lebhaft ein in diesen Ruf. Dann erhob sich Stüve und brachte dem Könige Ernst August ein Hoch, in welches die Kammer einstimmte. Es wurde dies Hoch dreimal wiederholt. Nachdem die Sitzung dann für einige Zeit aufgehoben worden war, wurde das Vertagungsschreiben verlesen. (Br. Z.)*Dresden, 7. Juli. Der Entwurf des neuen Wahlgesetzes wurde heute, trotz der gestern von der Deputirtenkammer erfolgten Annahme, Seitens der Regierung zurückgenommen. Der Minister Oberländer erklärte, daß die Zurücknahme des Gesetzentwurfs deshalb geschehen, weil die Regierung sich überzeugt habe, daß derselbe nicht allenthalben den Wünschen und Ansichten der Kammer entspreche, und fügte die Erklärung bei, dnß das Ministerium sofort an die Ausarbeitung eines neuen Gesetzes gehen werde, wobei alle in der Kammer vertheidigten Ansichten, auch die, welche die Majorität der Kammer nicht erlangt hätten, nochmals in sorgfältige Erwägung gezogen werden sollten. Bei der Verhandlung über die finanziellen Zustände Sachsens gab Minister Oberländer einen Nachweis über den Stand der Staatsschuld des Landes, aus welchem hervorging, daß dieselbe (inklusive der Eisenbahnanleihe) nicht über 40. Mill. Thlr. betrage, während der Staat hierfür einen Gegensatz von mindestens 70 Mill. Thlr., nämlich 35 Mill. mobiles und 35 Mill. immobiles (Kammergüter, Staatsgebäude und Staatsforsten) Staatsvermögen aufzuweisen habe, woraus man die beruhigende Ueberzeugung schöpfen könne, daß die Vermögensverhältnisse Sachsens günstiger seien als die irgend eines andern Staats. Darmstadt, 9. Juli. Nach dem Frankfurter Journal scheinen die Odenwälder Bauern wieder unruhig zu werden. Es kommen Steuerverweigungen und Mißhandlungen der Steuerbeamten vor. Der eingehegte Park des Grafen Erbach wird stark von Wilddieben besucht. Es sind deßhalb heute ein Bataillon Infanterie, eine Schwadron Chevauxlegers, zwei Kanonen und zwei Haubitzen nach Michelstadt von hier abmarschiert. ** Darmstadt, 9. Juli. Schon seit einiger Zeit ertönt in der „freien Hessischen Zeitung“ der Unkenruf „eines Juristen“ : Ob denn die alten Gesetze nicht mehr existirten, um die Schreier zur Ruhe zu bringen, und was ihrer Anwendung im Wege stehe? Das Ministerium Zimmermann hat den befreundeten Ruf vernommen, sein Erlaß vom 7. d. beweist uns, daß die Erinnerung nicht unbeachtet geblieben ist. Dieser Erlaß, der uns lebhaft wieder an die glorreiche Herrschaft eines du Thil erinnert, ist zugleich die erste politische Lebensäußerung des neuen Ministeriums, wie des neuen Großherzogs. Er ist unzweifelhaft dazu bestimmt, uns vorzubereiten auf die Dinge, die da kommen sollen. Es ist darin viel die Rede von der Entwicklung, die wir seit dem 6. März gemacht hätten, aber in der That haben wir uns zu nichts entwickelt, außer zu Versprechungen, auf deren Erfüllung wir nun schon seit vier Monaten vergebens warten. Nicht einmal Associationsfreiheit ist gesetzlich festgestellt, denn am 6. März wurde nur versprochen, in Betreff derselben den Ständen ein Gesetz vorzulegen. Und die freie Presse! Wer hindert die Behörden, dieselbe durch Anwendung der noch bestehenden Gesetze so unfrei zu machen, wie sie es durch die Censur nur irgend werden konnte? Das Militär ist zwar auf die Verfassung vereidigt, aber auf eine Verfassung, die die Freiheit des Volkes nicht sichert. Es selbst ist in der alten Verfassung geblieben, und es steht nichts im Wege, es morgen zur Unterdrückung aller Volksfreiheit zu verwenden. Das ist unsere Entwicklung. „Diese Entwicklung zu stören, hat sich,“ wie das Ministerium sagt, „eine Partei zum Ziele gesetzt, welche immer unverhüllter ihre Plane darlegt, die auf Umsturz alles Bestehenden durch unausgesetzte Anfeindung aller öffentlichen Autorität, durch Drohung und Gewalt gerichtet sind. Diesem Treiben entgegenzutreten, die Freunde der Ordnung zu beruhigen und zu thätiger Unterstützung der Ordnung zu ermuthigen, die Irregeleiteten zu warnen, wenden Wir Uns an Unser Volk, mit der Versicherung, daß alle gesetzlichen Mittel zur Bekämpfung der Feinde der Ordnung angewendet werden sollen. Zunächst wird das wohl den großen Volksversammlungen gelten, deren uns in nächster Zeit mehrere bevorstehen. 17 Prag, 6. Juli. Wenn wir einen Blick auf unsere blutigen Ereignisse, die schon wieder durch das furchtbare Drama unseres westlichen Nachbarvolkes in den Hintergrund gedrängt sind, zurückwerfen, so müssen wir immer mehr bedauern, daß wir von den Errungenschaften unserer Revolution, nichts weiter noch haben als die Preßfreiheit, deren wir uns in Prag nicht bedienen dürfen, indem bei dem geringsten freisinnigen Worte die Redakteure der Zeitschriften zum Grafen Thun gerufen werden, und man ihnen bedeutet, nichts Aufreizendes zu schreiben, wenn sie nicht eingesteckt und standrechtlich behandelt sein wollen. Ich gebe Ihnen also einen kleinen Vorgeschmack von dem, was Sie erwarten würde, wenn es Sr. Majestät einfallen sollte, Köln in Belagerungszustand zu erklären ‒ liebenswürdige Proben der Kanonen-Preßfreiheit. Die Oeffentlichkeit des Gerichtsverfahrens verläugnet man hier nicht nur ganz, obgleich der viel weit verzweigtere Polenprozeß doch öffentlich verhandelt wurde, sondern im Gegentheil man bedeckt die „Verschwörung“ mit dem undurchdringlichsten Schleier einer ächt Metternich'schen Justiz. Und wirklich, wenn man nicht Männer wie Graf Buquoi, Baron Vilani etc. nebst etwa hundert andern mehr oder minder hochgestellten Personen im Gefängnisse sähe, wenn man nicht die Proklamation des Fürsten Windisch-Grätz vor Augen hätte, welcher die Bürgerschaft benachrichtigt, daß sie lügenhaften Gerüchten, nach welchen die Gefangenen wieder freigelassen worden sein, keinen Glauben beimessen solle, sondern daß die Untersuchung ihren Gang gehe und die für schuldig Befundenen nach der ganzen Strenge der Gesetze bestraft werden würden ‒ man könnte die ganze Geschichte der Verschwörung für eine Mystifikation halten, trotzdem, daß ein großer Theil der deutschen Journale die Geschichte der Gründung einer slavischen Republik so genau weiß, die ganzen Fäden der Verschwörung so genau in den Händen hat, daß wir, z. B. dem R-Correspondenten der „Deutschen Allgemeinen“ keinen bessern Rath geben können, als sich zur Untersuchungskommission im Schlosse zu schlagen; er würde der ganzen erlauchten Kommission die Hälfte der Arbeit ersparen. Daß ein Verständniß zwischen den Repräsentanten der verschiedenen Slavenstämme dagewesen sein muß, ist wohl nicht zu leugnen, daß mehrere dieser Personen sich mit kühnen Plänen trugen, wohl auch nicht; aber eben so wenig, daß von 5‒600 Personen, die in Prag den achttägigen Kampf unterhalten, nicht zwanzig Eingeweihte waren, wenn es überhaupt welche gab, daß nirgends eine Spur von Organisation zu sehen ist. Die Barrikaden wurden da aufgeworfen, wo sich ein Haufe Menschen fand und in solcher Masse, daß die Hälfte davon überflüßig war. Von Kommando war keine Spur zu sehen. Man vertheidigte sich da, wo man angegriffen wurde. Munition war nur sehr spärlich vorhanden und Geld gar nicht, denn die Barrikadenopfer, größtentheils Studenten und nur wenige aus den niedern Klassen, nährten sich fast die ganze Zeit über von schwarzem Brod. Es ist gewiß und nicht zu bestreiten, daß die große Masse der Kämpfenden nur gegen Reaktion, gegen Militärdespotie sich zu schlagen glaubte ‒ wenn es eine Verschwörung gab, so war sie nur Wenigen bekannt und noch ganz unorganisirt für den Ausbruch. Was einen Kampf der Cchechen gegen die Deutschen anbelangt, so war keine Spur davon zu sehen. Nicht ein beleidigendes Wort gegen einen Deutschen ist gefallen, nicht eine Bewegung gegen die sonst hier so verhaßten Juden; Deutsche und Cchechen haben Barrikaden gebaut, Cchechen und Deutsche sich auf ihnen geschlagen und was den Schutz anbetrifft, den der General Windisch-Grätz, der Retter der deutschen Nationalität, den Deutschen hat angedeihen lassen, so beschränkt er sich darauf, daß er auf die Kleinseite zog und Cchechen und Deutsche ohne Unterschied niederschoß. Ich will sie nicht mehr mit den Details des Kampfes behelligen, sie sind Ihnen genugsam bekannt. Ueber unserer Stadt ruht eine gewisse dumpfe Schwüle; der Belagerungszustand, der Gedanke an eine weitverzweigte Verschwörung drückt Alle, und nichts verlautet von der Untersuchung. Der böhmische Landtag wird nun erst nach Beendigung des Wienerreichstages zusammen berufen werden, die Wahlen zum letztern werden von der cchechischen Partei nur ganz passiv betrieben und es bedarf Wahlkommissäre, um die Wahlen auf dem Lande zu leiten. Die böhmischen und vorzüglich slavischen Farben sind gänzlich verschwunden. Das Nationalcomité ist aufgelöst und alle seine Akte sind für ungültig erklärt. Wir sehen mit Ungeduld der Eröffnung von oben entgegen, die uns über unsere Verhältnisse aufklären wird, über eine „Verschwörung, die ganz Deutschland in Schrecken setzte“ über das Gespenst, das sich zwischen unsern beiden Völker drängt, und nur die schwarz-roth-goldne Larve des alten Metternich'schen Systems ist. * Wien, 6. Juli. Dr. C. Libelt hat an die Allgem. Oestr. Z. folgendes Schreiben gerichtet: In der Abendbeilage der Allg. Oestr. Ztg. vom 25. Juni. Nr. 174 wird aus Prag berichtet, daß nach dem Abzuge des Militärs auf den Hradschin, ein Comité aus drei Mitgliedern: Palacky, Libelt und Bakunin, zusammengetreten sei, von dem die bekannten Forderungen der Böhmen ausgingen. In der nächstfolgenden Beilage vom 26. d. M. wird aus Wien eines Briefes Erwähnung gethan, den ich an die Breslauer Zeitung geschrieben, und auf die Ereignisse in Prag im Voraus aufmerksam gemacht haben soll. Ich erkläre hiermit, daß beide Angaben völlig erdichtet sind. Ich habe keinen Brief an die Breslauer Zeitung geschrieben, auch in keinem andern Schreiben auf Ereignisse aufmerksam gemacht, die ich weder gewünscht, noch vorhergesehen habe. Eben so ist an dem Zusammentreten des angeblichen Comité's, und einer von ihm erlassenen Proklamation kein wahres Wort. Wenn es heute zur Tagesordnung geworden ist, die Polen zum Sündenbock aller politischen Umtriebe zu machen, so sehen wir Polen recht gut ein, von wo aus, und zu welchem Zwecke, diese geschäftigen Verläumdungen ausgestreut werden. Es gilt den Racenhaß zu vollenden, und namentlich das gebildete Polen von dem gebildeten Europa zu trennen, um es gegen, nicht für das Letztere zu stimmen, daß aber die geehrten deutschen Redaktionen, im guten Glauben, in diesen Plan eingehen, und die offenbarsten Lügen in ihre Blätter aufnehmen, das ist's, was uns Polen, mehr verwundert als verwundet. Genehmigen Sie etc. Karlsbad, 2. Juli 1848. ergebenster Diener, Dr. Carl Libelt. Wien, 7. Juli. Der Erzherzog Johann hat nachstehende Proklamation erlassen: „Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt hat mich zum Reichs-Verweser erwählt und durch ihre Abgeordneten aufgefordert, diesem ehrenvollen Rufe ungesäumt zu folgen. „Oestreicher! Ihr kennt meine unveränderte Gesinnung für unser gemeinsames deutsches Vaterland; Ihr kennt meine heißen Wünsche für sein Wohl, seine Macht und Ehre. „Diese Wünsche, ich weiß es, stehen mit Euren Gefühlen in vollkommenem Einklange, und ich habe es daher als eine heilige Pflicht erkannt, das Amt zu übernehmen, welches mir Eure Vertreter in Frankfurt und mit ihnen alle Eure deutschen Brüder anvertrauen. „Dasselbe wird, gestützt von der Nationalversammlung und befestigt durch das gesammte deutsche Volk, den Gedanken der Einheit Deutschlands zur That gestalten, ‒ es wird für die Freiheit und für das Recht des deutschen Volkes, für das Gesetz und die Ordnung in dem ganzen deutschen Gebiete eine neue Gewähr darbieten. „Ich glaube daher, die mir von unserem Kaiser für die Zeit seiner Abwesenheit übertragenen Regentenpflichten nicht zu verletzen, ich glaube sie vielmehr mit hoffnungsreicherem Erfolge zu erfüllen, indem ich beide gleichwichtige und innig verbundene Sendungen annehme. „Ich werde mit der an mich gesendeten Deputation nach Frankfurt gehen, um das hohe Amt des Reichsverwesers anzutreten, und dann wieder zu Euch zurückzukehren, um als Stellvertreter des Kaisers am 18. Juli den Reichstag in Wien feierlich zu eröffnen. Wien, 6. Juli 1848. Johann.“ Polen.
Lemberg, 30. Juni. Die ruthenischen Komité's tauchen in Galizien immer mehr und mehr auf. Auch in Alt-Brody besteht ein ruthenischer Verein zur Wahrung der Volksrechte mit besonderer Würdigung der ruthenischen Interessen. Dessen Mitglieder sind nur Geistliche und Bauern; in letzterer Zeit trat demselben ein städtischer Beamter bei. Es ist nicht zu läugnen, daß die Entstehung der ruthenischen Komités in der Opposition gegen das Polenthum ihren Grund hat, und daß die Regierung diese mehr soutenirt als die polnischen, deren Tendenzen sich zum Radikalismus hinneigen. Der Jesuitenorden muß in Folge eines Ministerialerlasses nun auch Galizien bis zum 15. Juli verlassen. Wie bekannt, hat dieser Orden in Galizien folgende 4 Posten inne: zu Lemberg ein adeliges Convict, in Westgalizien und zwar zu Neusandec ein Gymnasium, in Ostgalizien und zwar zu Tarnopol ein Gymnasium und eine phylosophische Lehranstalt, endlich zu Starowies, Sandecer Kreises, welches Dorf zugleich ein Eigenthum dieses Ordens ist, eine Pflanzschule und Verbannungsort für die Jesuiten in Galizien. Dieser Orden hatte, wie zu ersehen, seine Arme über ganz Galizien ausgebreitet. Allgemein wird behauptet, daß auch die von den Jesuiten bis nun besorgten Lehranstalten aufgehoben werden. Ein neuer Gubernialerlaß verbietet das Tragen der einfachen (polnischen) Adler. Die Sachen doppelt genommen, dauern länger und sind stärker! ‒ An der russischen Gränze bei Radziwilow hat sich ein Korps von 60,000 Mann zusammengezogen, dessen Bestimmung vielseitig gedeutet wird. ‒ In Lemberg haben sich die beiden bis jetzt feindlich entgegengesetzten Rada narodowa, die polnische und die ruthenische, feierlichst vereinigt, und neben der roth-weißen weht nunmehr ruhig und friedlich auch die gelb-blaue Fahne. (A. Oestr. Z.)Donaufürstenthümer.
Bucharest, 24. Juni. Seit vorgestern hatten mehrere Verhaftungen stattgefunden, einige der Häupter der Bewegung aber hatten sich versteckt und erschienen gestern Abend im Fürstenhof an der Spitze einer unabsehbaren Menge, welche jetzt dieselben Forderungen an den Fürsten stellte, die vor einigen Wochen bereits in einer Petition von einigen jüngern Bojaren gemacht worden waren, mit neuen ebenso tiefgreifenden vermehrt. Seit jener Zeit waren ein russischer Kommissär und ein Pascha von Seite der Pforte eingetroffen. Wahrscheinlich in Folge der Eingebungen des Ersteren waren die vorgenommenen Verhaftungen erfolgt, die aber den Ausschlag für die andere Seite hervorriefen. Vorgestern Abend waren auf den Fürsten in der Dunkelheit, im Augenblick als er im offenen Wagen in die Stadt von einem Ausfluge zurückkehrte, drei Schüsse gefallen, wovon einer in die Epaulette ging. Dies mag Anlaß gewesen sein, warum der Fürst gestern früh sich in die beiden Kasernen verfügte; in der der Infanterie wurde er vom Fähnrich aufgefordert, die Konstitution und die Landesfreiheiten auf die Fahne zu beschwören, was auch geschah, nachdem die Offiziere erklärt hatten, daß sie sich nicht gegen das Volk brauchen lassen würden. Kaum war der Fürst in seiner Wohnung angelangt, so fuhren die Offiziere in 25 bis 30 Wagen zu ihm. Dieses Auftreten des Offizierkorps sicherte und beschleunigte den Erfolg, denn wenn es auch in den Absichten des Fürsten gelegen hätte, sich den Volkswünschen zu widersetzen, was ich aus guten Gründen sehr bezweifeln muß, so war ihm jetzt das Mittel jeden Widerstandes benommen. An der gestrigen Versammlung im Fürstenhause (denn von Aufstand war gar nicht die Rede) nahmen die ganze jüngere Generation, der Kaufmannstand und die Offiziere Theil, aber alle Großbojaren und Weißbärte fehlten, da die Cholera dieselben meist verscheucht hatte. Der Fürst bewilligte und unterschrieb 22 Punkte, darunter 1) Preßfreiheit; 2) Abschaffung der Leibeigenschaft der Zigeuner und der Bauern, sowie aller Feudallasten; 3) Reduktion der Civilliste auf die Hälfte; 4) Verabschiedung der bisherigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar042_004" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="0208"/> Herren, es ist jeden Tag möglich, daß in Berlin die Republik proklamirt wird. (Ruf: Nein ‒ nicht die Republik!) Meine Herren, verstehen Sie mich recht, ich sage, es ist möglich, daß die Republik proklamirt wird, daß die Kammer aufgelöst wird etc. Dann müssen wir vorbereitet sein, in Ost und West, unser Blut daran zu setzen, daß König und Vaterland bleibe, daß <hi rendition="#g">König</hi> und <hi rendition="#g">Vaterland</hi> wachse. (?) (Jubel.)</p> <p>Hauptmann <hi rendition="#g">Wittich</hi> aus Wesel. Er sei vorhin mißverstanden worden, um dem zu begegnen, sage er, daß er es sei, der den konstitutionellen Klub gegründet in Wesel gegen die Wühlerei. (Bravo!)</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Lent</hi> schlägt vor, aus jedem Ort, aus dem sich Bewohner hier befänden, solle einer gewählt werden zur Abfassung der Statuten, und der sich verpflichtet, in seiner Heimath einen konst. Verein zu gründen für König und Vaterland gegen die Republik oder Gesetzlosigkeit.</p> <p><hi rendition="#g">Hülsmann</hi> aus Münster, Markaner. Mit Gott für König und Vaterland haben wir gefochten. (Bravo.) Unser König will ein einiges Deutschland, dafür sollen Alle kämpfen, wir stehen für König Vaterland.</p> <p><hi rendition="#g">Gessler,</hi> ein alter Lützow, Westfale: Unser Wahlspruch war „Vorwärts!“ Meine Herren, lassen Sie uns eine Ansprache erlassen an unser Heer. Die Treue unseres Heeres war es, die den Thron gerettet hat!</p> <p><hi rendition="#g">Lent</hi> schlägt am Schluß vor, es solle eine Kommission ernannt werden zur Erklärung, daß alle fest halten an König und Vaterland. Meine Herren, die Lüge herrscht und die Wahrheit geht betteln. So weit ist mit uns gekommen. Die Wühler haben uns einen neuen Herrgott eingesetzt, sie wollen uns auf unsern sichtbaren Thron auch noch einen neuen König setzen.</p> <p>Hauptmann <hi rendition="#g">Schimmel</hi> aus Münster, Markaner, im Kommandotone: Sie dürfen nicht hier auseinander gehen, bevor sie nicht etwas gethan. Sie müssen noch heut etwas beschließen. So wie heute kommen wir nie wieder zusammen. (Bravo!)</p> <p><hi rendition="#g">Lent</hi> schlägt vor, daß die Sitzung bis 3 Uhr ausgesetzt wird, damit die Abgeordneten die Statuten berathen. Wird angenommen.</p> <p>Um 4 Uhr, Eröffnung der Sitzung.</p> <p><hi rendition="#g">Lent:</hi> Die Kommission habe ihren Auftrag zu erfüllen gesucht. Der Entwurf sei fertig: Alle Mitglieder wollen das Recht des Königs schützen (Scandal, man kann nichts verstehen, es wird nach Republikanern gefahndet). Die Versammlung erklärt sich für die konstitutionelle Monarchie im engsten Anschluß an Deutschland. Die Versammelten wollen in Rheinland und Westfalen in vollem Ernste dahin wirken (Scandal).</p> <p>Professor <hi rendition="#g">Huber</hi> redet, aber unverständlich.</p> <p>Doktor <hi rendition="#g">Bracht</hi> aus Elberfeld: Meine Herren, der Redner war und ist der Redakteur des berüchtigten Janus, der Eichhornsche Prinzipien vertreten hat (herunter, herunter!). Der Doktor Bracht wird vom Lieutenant Spemann aus Hoerde insultirt und mit Hülfe Anderer hinausgeworfen. Es entsteht Mordscandal und die Versammlung marschirt unter Voraustritt des Musikkorps nach dem Speisesaal, dort wird „Ich bin ein Preuße“ und andere konstitutionellen Lieder gesungen, viel geredet, gegessen und getrunken etc. Abends fahnden die „alten Krieger“ in allen Wirthshäusern nach Republikanern, die aufgehenkt werden sollen. Man ist sehr unzufrieden mit der Aufnahme, da einige alte Krieger in Schlafstuben speisen mußten, wegen Mangel an Platz.</p> </div> <div xml:id="ar042_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>19</author></bibl> Berlin, 9. Juli.</head> <p>Die vor einigen Tagen vom Schloßhauptmann beabsichtigte abermalige Einsetzung der eisernen Thorgitter im königlichen Schloß, mußte wegen Protestation der Bürgerwehr wieder unterbleiben. Diese eisernen Gitter sollen bekanntlich die drei Zugänge zu dem ersten Schloßhof absperren. Der freie und ungehinderte Durchgang durch die Schloßportale ist aber seit Jahrhunderten eine den Einwohnern Berlins zugestandene Berechtigung. Aus diesem Grunde wurden auch am 14. Juni, als man die eisernen Gitterthore einsetzen wollte, dieselben vom Volke mit Gewalt entfernt. Man hört nicht, daß eine Untersuchung über diese gewaltsame Entfernung eingeleitet worden wäre.</p> <p>‒ Dem Vernehmen nach beabsichtigt das königliche General-Postamt das Postporto für Versendung der inländischen Zeitungen dergestalt herabzusetzen, daß es künftig nur 25 pCt. des Zeitungspreises betragen soll.</p> </div> <div xml:id="ar042_006" type="jArticle"> <head>Hannover, 8. Juli</head> <p>Heute Morgens gegen 11 Uhr ist die allgemeine Ständeversammlung vertagt worden. Aus der letzten Sitzung der zweiten Kammer ist eine anziehende Mittheilung zu machen. Es ward nämlich ein Scheeiben des Gesammtministerii verlesen, aus welchem man erfuhr, daß die Wahl des Erzherzogs Johann zum vorläufigen Reichsverweser Deutschlands Seitens Hannovers anerkannt worden sei. Zugleich hörte man nun aber weiter, daß wenn das Parlament in Frankfurt gewisse Gränzen in den von ihm zu fassenden Beschlüssen überschreiten werde, Hannover sich damit nicht einverstanden erklären könne. Die deutschen Fürsten könnten nicht Untergebene des Reichsverwesers werden. König Ernst August habe gern und bereitwillig Opfer gebracht, und werde sie auch bringen, um zur Einigung Deutschlands mitzuwirken, aber wenn man zu viel von ihm verlange, so werde er sein Land verlassen. Es ist kaum möglich, den Eindruck zu beschreiben, der durch diese Mittheilung in der Kammer hervorgebracht wurde. Es herrschte ein allgemeines Schweigen, und erst nach Verlauf einiger Minuten erhob sich Merz aus Hildesheim, und bat, daß eine Stelle des Schreibens, in welcher vom Könige die Rede sei, noch einmal verlesen werden möge. Stüve erhob sich und erklärte: Der König sei entschlossen, das Land zu verlassen, wenn man von Frankfurt her zu viel von ihm verlange. v. Bodungen: Ich will auf die Sache selbst nicht weiter eingehen. Aber höchlich bin ich erfreut, daß der Erzherzog Johann als Reichsverweser anerkannt worden ist. Er wird das Vertrauen wieder herstellen und so bringe ich ihm ein: Hoch der Erzherzog Johann! Als Bodungen sich setzte herrschte wiederum einen Augenblick lang tiefe Stille in der Kammer. Da erhob sich Lang. Ich habe mich ungemein gefreut, sagte er, aber ich bin auch zugleich von einem sehr schmerzlichen Gefühle ergriffen worden. Es freut mich, daß Erzherzog Johann als Reichsverweser anerkannt worden ist, aber ich bin betrübt über viele Stellen des eben verlesenen Schreibens. Die Nationalversammlung ist die letzte Hoffnung Deutschlands. Lehzen erörtert, daß in dem Schreiben des Gesammtministerii durchaus nichts Bedenkliches enthalten sei. Hantelmann: Ueber die Sache noch zu verhandeln, ist zu spät. Der Abgeordnete für Münden (Bodungen) hat dem Reichsverweser Johann ein Hoch gebracht, möge sich jetzt die ganze Kammer erheben und den Reichsverweser hoch leben lassen. Die ganze Kammer erhebt sich, und ruft dreimal hintereinander: Hoch Johann! Auf der Tribüne stimmt man lebhaft ein in diesen Ruf. Dann erhob sich Stüve und brachte dem Könige Ernst August ein Hoch, in welches die Kammer einstimmte. Es wurde dies Hoch dreimal wiederholt.</p> <p>Nachdem die Sitzung dann für einige Zeit aufgehoben worden war, wurde das Vertagungsschreiben verlesen.</p> <bibl>(Br. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar042_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Dresden, 7. Juli.</head> <p>Der Entwurf des neuen Wahlgesetzes wurde heute, trotz der gestern von der Deputirtenkammer erfolgten Annahme, Seitens der Regierung zurückgenommen. Der Minister Oberländer erklärte, daß die Zurücknahme des Gesetzentwurfs deshalb geschehen, weil die Regierung sich überzeugt habe, daß derselbe nicht allenthalben den Wünschen und Ansichten der Kammer entspreche, und fügte die Erklärung bei, dnß das Ministerium sofort an die Ausarbeitung eines neuen Gesetzes gehen werde, wobei alle in der Kammer vertheidigten Ansichten, auch die, welche die Majorität der Kammer nicht erlangt hätten, nochmals in sorgfältige Erwägung gezogen werden sollten. Bei der Verhandlung über die finanziellen Zustände Sachsens gab Minister Oberländer einen Nachweis über den Stand der Staatsschuld des Landes, aus welchem hervorging, daß dieselbe (inklusive der Eisenbahnanleihe) nicht über 40. Mill. Thlr. betrage, während der Staat hierfür einen Gegensatz von mindestens 70 Mill. Thlr., nämlich 35 Mill. mobiles und 35 Mill. immobiles (Kammergüter, Staatsgebäude und Staatsforsten) Staatsvermögen aufzuweisen habe, woraus man die beruhigende Ueberzeugung schöpfen könne, daß die Vermögensverhältnisse Sachsens günstiger seien als die irgend eines andern Staats.</p> </div> <div xml:id="ar042_008" type="jArticle"> <head>Darmstadt, 9. Juli.</head> <p>Nach dem Frankfurter Journal scheinen die Odenwälder Bauern wieder unruhig zu werden. Es kommen Steuerverweigungen und Mißhandlungen der Steuerbeamten vor. Der eingehegte Park des Grafen Erbach wird stark von Wilddieben besucht. Es sind deßhalb heute ein Bataillon Infanterie, eine Schwadron Chevauxlegers, zwei Kanonen und zwei Haubitzen nach Michelstadt von hier abmarschiert.</p> </div> <div xml:id="ar042_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Darmstadt, 9. Juli.</head> <p>Schon seit einiger Zeit ertönt in der „freien Hessischen Zeitung“ der Unkenruf „eines Juristen“ : Ob denn die alten Gesetze nicht mehr existirten, um die Schreier zur Ruhe zu bringen, und was ihrer Anwendung im Wege stehe? Das Ministerium Zimmermann hat den befreundeten Ruf vernommen, sein Erlaß vom 7. d. beweist uns, daß die Erinnerung nicht unbeachtet geblieben ist. Dieser Erlaß, der uns lebhaft wieder an die glorreiche Herrschaft eines du Thil erinnert, ist zugleich die erste politische Lebensäußerung des neuen Ministeriums, wie des neuen Großherzogs. Er ist unzweifelhaft dazu bestimmt, uns vorzubereiten auf die Dinge, die da kommen sollen. Es ist darin viel die Rede von der Entwicklung, die wir seit dem 6. März gemacht hätten, aber in der That haben wir uns zu nichts entwickelt, außer zu Versprechungen, auf deren Erfüllung wir nun schon seit vier Monaten vergebens warten. Nicht einmal Associationsfreiheit ist gesetzlich festgestellt, denn am 6. März wurde nur versprochen, in Betreff derselben den Ständen ein Gesetz vorzulegen. Und die freie Presse! Wer hindert die Behörden, dieselbe durch Anwendung der noch bestehenden Gesetze so unfrei zu machen, wie sie es durch die Censur nur irgend werden konnte? Das Militär ist zwar auf die Verfassung vereidigt, aber auf eine Verfassung, die die Freiheit des Volkes nicht sichert. Es selbst ist in der alten Verfassung geblieben, und es steht nichts im Wege, es morgen zur Unterdrückung aller Volksfreiheit zu verwenden. Das ist unsere Entwicklung. „Diese Entwicklung zu <hi rendition="#g">stören,</hi> hat sich,“ wie das Ministerium sagt, „eine Partei zum Ziele gesetzt, welche immer unverhüllter ihre Plane darlegt, die auf Umsturz alles Bestehenden durch unausgesetzte Anfeindung aller öffentlichen Autorität, durch Drohung und Gewalt gerichtet sind. <hi rendition="#g">Diesem Treiben entgegenzutreten,</hi> die Freunde der Ordnung zu beruhigen und zu <hi rendition="#g">thätiger</hi> Unterstützung der Ordnung zu ermuthigen, die Irregeleiteten zu warnen, wenden Wir Uns an Unser Volk, <hi rendition="#g">mit der Versicherung, daß alle gesetzlichen Mittel zur Bekämpfung der Feinde der Ordnung angewendet werden sollen.</hi> Zunächst wird das wohl den großen Volksversammlungen gelten, deren uns in nächster Zeit mehrere bevorstehen.</p> </div> <div xml:id="ar042_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Prag, 6. Juli.</head> <p>Wenn wir einen Blick auf unsere blutigen Ereignisse, die schon wieder durch das furchtbare Drama unseres westlichen Nachbarvolkes in den Hintergrund gedrängt sind, zurückwerfen, so müssen wir immer mehr bedauern, daß wir von den Errungenschaften unserer Revolution, nichts weiter noch haben als die Preßfreiheit, deren wir uns in Prag nicht bedienen dürfen, indem bei dem geringsten freisinnigen Worte die Redakteure der Zeitschriften zum Grafen Thun gerufen werden, und man ihnen bedeutet, nichts Aufreizendes zu schreiben, wenn sie nicht eingesteckt und standrechtlich behandelt sein wollen. Ich gebe Ihnen also einen kleinen Vorgeschmack von dem, was Sie erwarten würde, wenn es Sr. Majestät einfallen sollte, Köln in Belagerungszustand zu erklären ‒ liebenswürdige Proben der Kanonen-Preßfreiheit. Die Oeffentlichkeit des Gerichtsverfahrens verläugnet man hier nicht nur ganz, obgleich der viel weit verzweigtere Polenprozeß doch öffentlich verhandelt wurde, sondern im Gegentheil man bedeckt die „Verschwörung“ mit dem undurchdringlichsten Schleier einer ächt Metternich'schen Justiz. Und wirklich, wenn man nicht Männer wie Graf Buquoi, Baron Vilani etc. nebst etwa hundert andern mehr oder minder hochgestellten Personen im Gefängnisse sähe, wenn man nicht die Proklamation des Fürsten Windisch-Grätz vor Augen hätte, welcher die Bürgerschaft benachrichtigt, daß sie lügenhaften Gerüchten, nach welchen die Gefangenen wieder freigelassen worden sein, keinen Glauben beimessen solle, sondern daß die Untersuchung ihren Gang gehe und die für schuldig Befundenen nach der ganzen Strenge der Gesetze bestraft werden würden ‒ man könnte die ganze Geschichte der Verschwörung für eine Mystifikation halten, trotzdem, daß ein großer Theil der deutschen Journale die Geschichte der Gründung einer slavischen Republik so genau weiß, die ganzen Fäden der Verschwörung so genau in den Händen hat, daß wir, z. B. dem R-Correspondenten der „Deutschen Allgemeinen“ keinen bessern Rath geben können, als sich zur Untersuchungskommission im Schlosse zu schlagen; er würde der ganzen erlauchten Kommission die Hälfte der Arbeit ersparen. Daß ein Verständniß zwischen den Repräsentanten der verschiedenen Slavenstämme dagewesen sein muß, ist wohl nicht zu leugnen, daß mehrere dieser Personen sich mit kühnen Plänen trugen, wohl auch nicht; aber eben so wenig, daß von 5‒600 Personen, die in Prag den achttägigen Kampf unterhalten, nicht zwanzig Eingeweihte waren, wenn es überhaupt welche gab, daß nirgends eine Spur von Organisation zu sehen ist. Die Barrikaden wurden da aufgeworfen, wo sich ein Haufe Menschen fand und in solcher Masse, daß die Hälfte davon überflüßig war. Von Kommando war keine Spur zu sehen. Man vertheidigte sich da, wo man angegriffen wurde. Munition war nur sehr spärlich vorhanden und Geld gar nicht, denn die Barrikadenopfer, größtentheils Studenten und nur wenige aus den niedern Klassen, nährten sich fast die ganze Zeit über von schwarzem Brod. Es ist gewiß und nicht zu bestreiten, daß die große Masse der Kämpfenden nur gegen Reaktion, gegen Militärdespotie sich zu schlagen glaubte ‒ wenn es eine Verschwörung gab, so war sie nur Wenigen bekannt und noch ganz unorganisirt für den Ausbruch. Was einen Kampf der Cchechen gegen die Deutschen anbelangt, so war keine Spur davon zu sehen. Nicht ein beleidigendes Wort gegen einen Deutschen ist gefallen, nicht eine Bewegung gegen die sonst hier so verhaßten Juden; Deutsche und Cchechen haben Barrikaden gebaut, Cchechen und Deutsche sich auf ihnen geschlagen und was den Schutz anbetrifft, den der General Windisch-Grätz, der Retter der deutschen Nationalität, den Deutschen hat angedeihen lassen, so beschränkt er sich darauf, daß er auf die Kleinseite zog und Cchechen und Deutsche ohne Unterschied niederschoß. Ich will sie nicht mehr mit den Details des Kampfes behelligen, sie sind Ihnen genugsam bekannt.</p> <p>Ueber unserer Stadt ruht eine gewisse dumpfe Schwüle; der Belagerungszustand, der Gedanke an eine weitverzweigte Verschwörung drückt Alle, und nichts verlautet von der Untersuchung. Der böhmische Landtag wird nun erst nach Beendigung des Wienerreichstages zusammen berufen werden, die Wahlen zum letztern werden von der cchechischen Partei nur ganz passiv betrieben und es bedarf Wahlkommissäre, um die Wahlen auf dem Lande zu leiten. Die böhmischen und vorzüglich slavischen Farben sind gänzlich verschwunden. Das Nationalcomité ist aufgelöst und alle seine Akte sind für ungültig erklärt. Wir sehen mit Ungeduld der Eröffnung von oben entgegen, die uns über unsere Verhältnisse aufklären wird, über eine „Verschwörung, die ganz Deutschland in Schrecken setzte“ über das Gespenst, das sich zwischen unsern beiden Völker drängt, und nur die schwarz-roth-goldne Larve des alten Metternich'schen Systems ist.</p> </div> <div xml:id="ar042_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 6. Juli.</head> <p>Dr. C. Libelt hat an die Allgem. Oestr. Z. folgendes Schreiben gerichtet:</p> <p>In der Abendbeilage der Allg. Oestr. Ztg. vom 25. Juni. Nr. 174 wird aus Prag berichtet, daß nach dem Abzuge des Militärs auf den Hradschin, ein Comité aus drei Mitgliedern: Palacky, Libelt und Bakunin, zusammengetreten sei, von dem die bekannten Forderungen der Böhmen ausgingen. In der nächstfolgenden Beilage vom 26. d. M. wird aus Wien eines Briefes Erwähnung gethan, den ich an die Breslauer Zeitung geschrieben, und auf die Ereignisse in Prag im Voraus aufmerksam gemacht haben soll.</p> <p>Ich erkläre hiermit, daß beide Angaben völlig erdichtet sind. Ich habe keinen Brief an die Breslauer Zeitung geschrieben, auch in keinem andern Schreiben auf Ereignisse aufmerksam gemacht, die ich weder gewünscht, noch vorhergesehen habe. Eben so ist an dem Zusammentreten des angeblichen Comité's, und einer von ihm erlassenen Proklamation kein wahres Wort.</p> <p>Wenn es heute zur Tagesordnung geworden ist, die Polen zum Sündenbock aller politischen Umtriebe zu machen, so sehen wir Polen recht gut ein, von wo aus, und zu welchem Zwecke, diese geschäftigen Verläumdungen ausgestreut werden. Es gilt den Racenhaß zu vollenden, und namentlich das gebildete Polen von dem gebildeten Europa zu trennen, um es <hi rendition="#g">gegen,</hi> nicht <hi rendition="#g">für</hi> das Letztere zu stimmen, daß aber die geehrten deutschen Redaktionen, im guten Glauben, in diesen Plan eingehen, und die offenbarsten Lügen in ihre Blätter aufnehmen, das ist's, was uns Polen, mehr verwundert als verwundet.</p> <p>Genehmigen Sie etc.</p> <p>Karlsbad, 2. Juli 1848.</p> <p>ergebenster Diener, Dr. Carl Libelt.</p> </div> <div xml:id="ar042_012" type="jArticle"> <head>Wien, 7. Juli.</head> <p>Der Erzherzog Johann hat nachstehende Proklamation erlassen:</p> <p>„Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt hat mich zum Reichs-Verweser erwählt und durch ihre Abgeordneten aufgefordert, diesem ehrenvollen Rufe ungesäumt zu folgen.</p> <p>„Oestreicher! Ihr kennt meine unveränderte Gesinnung für unser gemeinsames deutsches Vaterland; Ihr kennt meine heißen Wünsche für sein Wohl, seine Macht und Ehre.</p> <p>„Diese Wünsche, ich weiß es, stehen mit Euren Gefühlen in vollkommenem Einklange, und ich habe es daher als eine heilige Pflicht erkannt, das Amt zu übernehmen, welches mir Eure Vertreter in Frankfurt und mit ihnen alle Eure deutschen Brüder anvertrauen.</p> <p>„Dasselbe wird, gestützt von der Nationalversammlung und befestigt durch das gesammte deutsche Volk, den Gedanken der Einheit Deutschlands zur That gestalten, ‒ es wird für die Freiheit und für das Recht des deutschen Volkes, für das Gesetz und die Ordnung in dem ganzen deutschen Gebiete eine neue Gewähr darbieten.</p> <p>„Ich glaube daher, die mir von unserem Kaiser für die Zeit seiner Abwesenheit übertragenen Regentenpflichten nicht zu verletzen, ich glaube sie vielmehr mit hoffnungsreicherem Erfolge zu erfüllen, indem ich beide gleichwichtige und innig verbundene Sendungen annehme.</p> <p>„Ich werde mit der an mich gesendeten Deputation nach Frankfurt gehen, um das hohe Amt des Reichsverwesers anzutreten, und dann wieder zu Euch zurückzukehren, um als Stellvertreter des Kaisers am 18. Juli den Reichstag in Wien feierlich zu eröffnen.</p> <p>Wien, 6. Juli 1848. Johann.“</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Polen.</head> <div xml:id="ar042_013" type="jArticle"> <head>Lemberg, 30. Juni.</head> <p>Die ruthenischen Komité's tauchen in Galizien immer mehr und mehr auf. Auch in Alt-Brody besteht ein ruthenischer Verein zur Wahrung der Volksrechte mit besonderer Würdigung der ruthenischen Interessen. Dessen Mitglieder sind nur Geistliche und Bauern; in letzterer Zeit trat demselben ein städtischer Beamter bei. Es ist nicht zu läugnen, daß die Entstehung der ruthenischen Komités in der Opposition gegen das Polenthum ihren Grund hat, und daß die Regierung diese mehr soutenirt als die polnischen, deren Tendenzen sich zum Radikalismus hinneigen.</p> <p>Der Jesuitenorden muß in Folge eines Ministerialerlasses nun auch Galizien bis zum 15. Juli verlassen. Wie bekannt, hat dieser Orden in Galizien folgende 4 Posten inne: zu Lemberg ein adeliges Convict, in Westgalizien und zwar zu Neusandec ein Gymnasium, in Ostgalizien und zwar zu Tarnopol ein Gymnasium und eine phylosophische Lehranstalt, endlich zu Starowies, Sandecer Kreises, welches Dorf zugleich ein Eigenthum dieses Ordens ist, eine Pflanzschule und Verbannungsort für die Jesuiten in Galizien. Dieser Orden hatte, wie zu ersehen, seine Arme über ganz Galizien ausgebreitet. Allgemein wird behauptet, daß auch die von den Jesuiten bis nun besorgten Lehranstalten aufgehoben werden.</p> <p>Ein neuer Gubernialerlaß verbietet das Tragen der einfachen (polnischen) Adler. Die Sachen doppelt genommen, dauern länger und sind stärker! ‒ An der russischen Gränze bei Radziwilow hat sich ein Korps von 60,000 Mann zusammengezogen, dessen Bestimmung vielseitig gedeutet wird. ‒ In Lemberg haben sich die beiden bis jetzt feindlich entgegengesetzten Rada narodowa, die polnische und die ruthenische, feierlichst vereinigt, und neben der roth-weißen weht nunmehr ruhig und friedlich auch die gelb-blaue Fahne.</p> <bibl>(A. Oestr. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Donaufürstenthümer.</head> <div xml:id="ar042_014" type="jArticle"> <head>Bucharest, 24. Juni.</head> <p>Seit vorgestern hatten mehrere Verhaftungen stattgefunden, einige der Häupter der Bewegung aber hatten sich versteckt und erschienen gestern Abend im Fürstenhof an der Spitze einer unabsehbaren Menge, welche jetzt dieselben Forderungen an den Fürsten stellte, die vor einigen Wochen bereits in einer Petition von einigen jüngern Bojaren gemacht worden waren, mit neuen ebenso tiefgreifenden vermehrt. Seit jener Zeit waren ein russischer Kommissär und ein Pascha von Seite der Pforte eingetroffen. Wahrscheinlich in Folge der Eingebungen des Ersteren waren die vorgenommenen Verhaftungen erfolgt, die aber den Ausschlag für die andere Seite hervorriefen. Vorgestern Abend waren auf den Fürsten in der Dunkelheit, im Augenblick als er im offenen Wagen in die Stadt von einem Ausfluge zurückkehrte, drei Schüsse gefallen, wovon einer in die Epaulette ging. Dies mag Anlaß gewesen sein, warum der Fürst gestern früh sich in die beiden Kasernen verfügte; in der der Infanterie wurde er vom Fähnrich aufgefordert, die Konstitution und die Landesfreiheiten auf die Fahne zu beschwören, was auch geschah, nachdem die Offiziere erklärt hatten, daß sie sich nicht gegen das Volk brauchen lassen würden. Kaum war der Fürst in seiner Wohnung angelangt, so fuhren die Offiziere in 25 bis 30 Wagen zu ihm. Dieses Auftreten des Offizierkorps sicherte und beschleunigte den Erfolg, denn wenn es auch in den Absichten des Fürsten gelegen hätte, sich den Volkswünschen zu widersetzen, was ich aus guten Gründen sehr bezweifeln muß, so war ihm jetzt das Mittel jeden Widerstandes benommen. An der gestrigen Versammlung im Fürstenhause (denn von Aufstand war gar nicht die Rede) nahmen die ganze jüngere Generation, der Kaufmannstand und die Offiziere Theil, aber alle Großbojaren und Weißbärte fehlten, da die Cholera dieselben meist verscheucht hatte. Der Fürst bewilligte und unterschrieb 22 Punkte, darunter 1) Preßfreiheit; 2) Abschaffung der Leibeigenschaft der Zigeuner und der Bauern, sowie aller Feudallasten; 3) Reduktion der Civilliste auf die Hälfte; 4) Verabschiedung der bisherigen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0208/0002]
Herren, es ist jeden Tag möglich, daß in Berlin die Republik proklamirt wird. (Ruf: Nein ‒ nicht die Republik!) Meine Herren, verstehen Sie mich recht, ich sage, es ist möglich, daß die Republik proklamirt wird, daß die Kammer aufgelöst wird etc. Dann müssen wir vorbereitet sein, in Ost und West, unser Blut daran zu setzen, daß König und Vaterland bleibe, daß König und Vaterland wachse. (?) (Jubel.)
Hauptmann Wittich aus Wesel. Er sei vorhin mißverstanden worden, um dem zu begegnen, sage er, daß er es sei, der den konstitutionellen Klub gegründet in Wesel gegen die Wühlerei. (Bravo!)
Präsident Lent schlägt vor, aus jedem Ort, aus dem sich Bewohner hier befänden, solle einer gewählt werden zur Abfassung der Statuten, und der sich verpflichtet, in seiner Heimath einen konst. Verein zu gründen für König und Vaterland gegen die Republik oder Gesetzlosigkeit.
Hülsmann aus Münster, Markaner. Mit Gott für König und Vaterland haben wir gefochten. (Bravo.) Unser König will ein einiges Deutschland, dafür sollen Alle kämpfen, wir stehen für König Vaterland.
Gessler, ein alter Lützow, Westfale: Unser Wahlspruch war „Vorwärts!“ Meine Herren, lassen Sie uns eine Ansprache erlassen an unser Heer. Die Treue unseres Heeres war es, die den Thron gerettet hat!
Lent schlägt am Schluß vor, es solle eine Kommission ernannt werden zur Erklärung, daß alle fest halten an König und Vaterland. Meine Herren, die Lüge herrscht und die Wahrheit geht betteln. So weit ist mit uns gekommen. Die Wühler haben uns einen neuen Herrgott eingesetzt, sie wollen uns auf unsern sichtbaren Thron auch noch einen neuen König setzen.
Hauptmann Schimmel aus Münster, Markaner, im Kommandotone: Sie dürfen nicht hier auseinander gehen, bevor sie nicht etwas gethan. Sie müssen noch heut etwas beschließen. So wie heute kommen wir nie wieder zusammen. (Bravo!)
Lent schlägt vor, daß die Sitzung bis 3 Uhr ausgesetzt wird, damit die Abgeordneten die Statuten berathen. Wird angenommen.
Um 4 Uhr, Eröffnung der Sitzung.
Lent: Die Kommission habe ihren Auftrag zu erfüllen gesucht. Der Entwurf sei fertig: Alle Mitglieder wollen das Recht des Königs schützen (Scandal, man kann nichts verstehen, es wird nach Republikanern gefahndet). Die Versammlung erklärt sich für die konstitutionelle Monarchie im engsten Anschluß an Deutschland. Die Versammelten wollen in Rheinland und Westfalen in vollem Ernste dahin wirken (Scandal).
Professor Huber redet, aber unverständlich.
Doktor Bracht aus Elberfeld: Meine Herren, der Redner war und ist der Redakteur des berüchtigten Janus, der Eichhornsche Prinzipien vertreten hat (herunter, herunter!). Der Doktor Bracht wird vom Lieutenant Spemann aus Hoerde insultirt und mit Hülfe Anderer hinausgeworfen. Es entsteht Mordscandal und die Versammlung marschirt unter Voraustritt des Musikkorps nach dem Speisesaal, dort wird „Ich bin ein Preuße“ und andere konstitutionellen Lieder gesungen, viel geredet, gegessen und getrunken etc. Abends fahnden die „alten Krieger“ in allen Wirthshäusern nach Republikanern, die aufgehenkt werden sollen. Man ist sehr unzufrieden mit der Aufnahme, da einige alte Krieger in Schlafstuben speisen mußten, wegen Mangel an Platz.
19 Berlin, 9. Juli. Die vor einigen Tagen vom Schloßhauptmann beabsichtigte abermalige Einsetzung der eisernen Thorgitter im königlichen Schloß, mußte wegen Protestation der Bürgerwehr wieder unterbleiben. Diese eisernen Gitter sollen bekanntlich die drei Zugänge zu dem ersten Schloßhof absperren. Der freie und ungehinderte Durchgang durch die Schloßportale ist aber seit Jahrhunderten eine den Einwohnern Berlins zugestandene Berechtigung. Aus diesem Grunde wurden auch am 14. Juni, als man die eisernen Gitterthore einsetzen wollte, dieselben vom Volke mit Gewalt entfernt. Man hört nicht, daß eine Untersuchung über diese gewaltsame Entfernung eingeleitet worden wäre.
‒ Dem Vernehmen nach beabsichtigt das königliche General-Postamt das Postporto für Versendung der inländischen Zeitungen dergestalt herabzusetzen, daß es künftig nur 25 pCt. des Zeitungspreises betragen soll.
Hannover, 8. Juli Heute Morgens gegen 11 Uhr ist die allgemeine Ständeversammlung vertagt worden. Aus der letzten Sitzung der zweiten Kammer ist eine anziehende Mittheilung zu machen. Es ward nämlich ein Scheeiben des Gesammtministerii verlesen, aus welchem man erfuhr, daß die Wahl des Erzherzogs Johann zum vorläufigen Reichsverweser Deutschlands Seitens Hannovers anerkannt worden sei. Zugleich hörte man nun aber weiter, daß wenn das Parlament in Frankfurt gewisse Gränzen in den von ihm zu fassenden Beschlüssen überschreiten werde, Hannover sich damit nicht einverstanden erklären könne. Die deutschen Fürsten könnten nicht Untergebene des Reichsverwesers werden. König Ernst August habe gern und bereitwillig Opfer gebracht, und werde sie auch bringen, um zur Einigung Deutschlands mitzuwirken, aber wenn man zu viel von ihm verlange, so werde er sein Land verlassen. Es ist kaum möglich, den Eindruck zu beschreiben, der durch diese Mittheilung in der Kammer hervorgebracht wurde. Es herrschte ein allgemeines Schweigen, und erst nach Verlauf einiger Minuten erhob sich Merz aus Hildesheim, und bat, daß eine Stelle des Schreibens, in welcher vom Könige die Rede sei, noch einmal verlesen werden möge. Stüve erhob sich und erklärte: Der König sei entschlossen, das Land zu verlassen, wenn man von Frankfurt her zu viel von ihm verlange. v. Bodungen: Ich will auf die Sache selbst nicht weiter eingehen. Aber höchlich bin ich erfreut, daß der Erzherzog Johann als Reichsverweser anerkannt worden ist. Er wird das Vertrauen wieder herstellen und so bringe ich ihm ein: Hoch der Erzherzog Johann! Als Bodungen sich setzte herrschte wiederum einen Augenblick lang tiefe Stille in der Kammer. Da erhob sich Lang. Ich habe mich ungemein gefreut, sagte er, aber ich bin auch zugleich von einem sehr schmerzlichen Gefühle ergriffen worden. Es freut mich, daß Erzherzog Johann als Reichsverweser anerkannt worden ist, aber ich bin betrübt über viele Stellen des eben verlesenen Schreibens. Die Nationalversammlung ist die letzte Hoffnung Deutschlands. Lehzen erörtert, daß in dem Schreiben des Gesammtministerii durchaus nichts Bedenkliches enthalten sei. Hantelmann: Ueber die Sache noch zu verhandeln, ist zu spät. Der Abgeordnete für Münden (Bodungen) hat dem Reichsverweser Johann ein Hoch gebracht, möge sich jetzt die ganze Kammer erheben und den Reichsverweser hoch leben lassen. Die ganze Kammer erhebt sich, und ruft dreimal hintereinander: Hoch Johann! Auf der Tribüne stimmt man lebhaft ein in diesen Ruf. Dann erhob sich Stüve und brachte dem Könige Ernst August ein Hoch, in welches die Kammer einstimmte. Es wurde dies Hoch dreimal wiederholt.
Nachdem die Sitzung dann für einige Zeit aufgehoben worden war, wurde das Vertagungsschreiben verlesen.
(Br. Z.) *Dresden, 7. Juli. Der Entwurf des neuen Wahlgesetzes wurde heute, trotz der gestern von der Deputirtenkammer erfolgten Annahme, Seitens der Regierung zurückgenommen. Der Minister Oberländer erklärte, daß die Zurücknahme des Gesetzentwurfs deshalb geschehen, weil die Regierung sich überzeugt habe, daß derselbe nicht allenthalben den Wünschen und Ansichten der Kammer entspreche, und fügte die Erklärung bei, dnß das Ministerium sofort an die Ausarbeitung eines neuen Gesetzes gehen werde, wobei alle in der Kammer vertheidigten Ansichten, auch die, welche die Majorität der Kammer nicht erlangt hätten, nochmals in sorgfältige Erwägung gezogen werden sollten. Bei der Verhandlung über die finanziellen Zustände Sachsens gab Minister Oberländer einen Nachweis über den Stand der Staatsschuld des Landes, aus welchem hervorging, daß dieselbe (inklusive der Eisenbahnanleihe) nicht über 40. Mill. Thlr. betrage, während der Staat hierfür einen Gegensatz von mindestens 70 Mill. Thlr., nämlich 35 Mill. mobiles und 35 Mill. immobiles (Kammergüter, Staatsgebäude und Staatsforsten) Staatsvermögen aufzuweisen habe, woraus man die beruhigende Ueberzeugung schöpfen könne, daß die Vermögensverhältnisse Sachsens günstiger seien als die irgend eines andern Staats.
Darmstadt, 9. Juli. Nach dem Frankfurter Journal scheinen die Odenwälder Bauern wieder unruhig zu werden. Es kommen Steuerverweigungen und Mißhandlungen der Steuerbeamten vor. Der eingehegte Park des Grafen Erbach wird stark von Wilddieben besucht. Es sind deßhalb heute ein Bataillon Infanterie, eine Schwadron Chevauxlegers, zwei Kanonen und zwei Haubitzen nach Michelstadt von hier abmarschiert.
** Darmstadt, 9. Juli. Schon seit einiger Zeit ertönt in der „freien Hessischen Zeitung“ der Unkenruf „eines Juristen“ : Ob denn die alten Gesetze nicht mehr existirten, um die Schreier zur Ruhe zu bringen, und was ihrer Anwendung im Wege stehe? Das Ministerium Zimmermann hat den befreundeten Ruf vernommen, sein Erlaß vom 7. d. beweist uns, daß die Erinnerung nicht unbeachtet geblieben ist. Dieser Erlaß, der uns lebhaft wieder an die glorreiche Herrschaft eines du Thil erinnert, ist zugleich die erste politische Lebensäußerung des neuen Ministeriums, wie des neuen Großherzogs. Er ist unzweifelhaft dazu bestimmt, uns vorzubereiten auf die Dinge, die da kommen sollen. Es ist darin viel die Rede von der Entwicklung, die wir seit dem 6. März gemacht hätten, aber in der That haben wir uns zu nichts entwickelt, außer zu Versprechungen, auf deren Erfüllung wir nun schon seit vier Monaten vergebens warten. Nicht einmal Associationsfreiheit ist gesetzlich festgestellt, denn am 6. März wurde nur versprochen, in Betreff derselben den Ständen ein Gesetz vorzulegen. Und die freie Presse! Wer hindert die Behörden, dieselbe durch Anwendung der noch bestehenden Gesetze so unfrei zu machen, wie sie es durch die Censur nur irgend werden konnte? Das Militär ist zwar auf die Verfassung vereidigt, aber auf eine Verfassung, die die Freiheit des Volkes nicht sichert. Es selbst ist in der alten Verfassung geblieben, und es steht nichts im Wege, es morgen zur Unterdrückung aller Volksfreiheit zu verwenden. Das ist unsere Entwicklung. „Diese Entwicklung zu stören, hat sich,“ wie das Ministerium sagt, „eine Partei zum Ziele gesetzt, welche immer unverhüllter ihre Plane darlegt, die auf Umsturz alles Bestehenden durch unausgesetzte Anfeindung aller öffentlichen Autorität, durch Drohung und Gewalt gerichtet sind. Diesem Treiben entgegenzutreten, die Freunde der Ordnung zu beruhigen und zu thätiger Unterstützung der Ordnung zu ermuthigen, die Irregeleiteten zu warnen, wenden Wir Uns an Unser Volk, mit der Versicherung, daß alle gesetzlichen Mittel zur Bekämpfung der Feinde der Ordnung angewendet werden sollen. Zunächst wird das wohl den großen Volksversammlungen gelten, deren uns in nächster Zeit mehrere bevorstehen.
17 Prag, 6. Juli. Wenn wir einen Blick auf unsere blutigen Ereignisse, die schon wieder durch das furchtbare Drama unseres westlichen Nachbarvolkes in den Hintergrund gedrängt sind, zurückwerfen, so müssen wir immer mehr bedauern, daß wir von den Errungenschaften unserer Revolution, nichts weiter noch haben als die Preßfreiheit, deren wir uns in Prag nicht bedienen dürfen, indem bei dem geringsten freisinnigen Worte die Redakteure der Zeitschriften zum Grafen Thun gerufen werden, und man ihnen bedeutet, nichts Aufreizendes zu schreiben, wenn sie nicht eingesteckt und standrechtlich behandelt sein wollen. Ich gebe Ihnen also einen kleinen Vorgeschmack von dem, was Sie erwarten würde, wenn es Sr. Majestät einfallen sollte, Köln in Belagerungszustand zu erklären ‒ liebenswürdige Proben der Kanonen-Preßfreiheit. Die Oeffentlichkeit des Gerichtsverfahrens verläugnet man hier nicht nur ganz, obgleich der viel weit verzweigtere Polenprozeß doch öffentlich verhandelt wurde, sondern im Gegentheil man bedeckt die „Verschwörung“ mit dem undurchdringlichsten Schleier einer ächt Metternich'schen Justiz. Und wirklich, wenn man nicht Männer wie Graf Buquoi, Baron Vilani etc. nebst etwa hundert andern mehr oder minder hochgestellten Personen im Gefängnisse sähe, wenn man nicht die Proklamation des Fürsten Windisch-Grätz vor Augen hätte, welcher die Bürgerschaft benachrichtigt, daß sie lügenhaften Gerüchten, nach welchen die Gefangenen wieder freigelassen worden sein, keinen Glauben beimessen solle, sondern daß die Untersuchung ihren Gang gehe und die für schuldig Befundenen nach der ganzen Strenge der Gesetze bestraft werden würden ‒ man könnte die ganze Geschichte der Verschwörung für eine Mystifikation halten, trotzdem, daß ein großer Theil der deutschen Journale die Geschichte der Gründung einer slavischen Republik so genau weiß, die ganzen Fäden der Verschwörung so genau in den Händen hat, daß wir, z. B. dem R-Correspondenten der „Deutschen Allgemeinen“ keinen bessern Rath geben können, als sich zur Untersuchungskommission im Schlosse zu schlagen; er würde der ganzen erlauchten Kommission die Hälfte der Arbeit ersparen. Daß ein Verständniß zwischen den Repräsentanten der verschiedenen Slavenstämme dagewesen sein muß, ist wohl nicht zu leugnen, daß mehrere dieser Personen sich mit kühnen Plänen trugen, wohl auch nicht; aber eben so wenig, daß von 5‒600 Personen, die in Prag den achttägigen Kampf unterhalten, nicht zwanzig Eingeweihte waren, wenn es überhaupt welche gab, daß nirgends eine Spur von Organisation zu sehen ist. Die Barrikaden wurden da aufgeworfen, wo sich ein Haufe Menschen fand und in solcher Masse, daß die Hälfte davon überflüßig war. Von Kommando war keine Spur zu sehen. Man vertheidigte sich da, wo man angegriffen wurde. Munition war nur sehr spärlich vorhanden und Geld gar nicht, denn die Barrikadenopfer, größtentheils Studenten und nur wenige aus den niedern Klassen, nährten sich fast die ganze Zeit über von schwarzem Brod. Es ist gewiß und nicht zu bestreiten, daß die große Masse der Kämpfenden nur gegen Reaktion, gegen Militärdespotie sich zu schlagen glaubte ‒ wenn es eine Verschwörung gab, so war sie nur Wenigen bekannt und noch ganz unorganisirt für den Ausbruch. Was einen Kampf der Cchechen gegen die Deutschen anbelangt, so war keine Spur davon zu sehen. Nicht ein beleidigendes Wort gegen einen Deutschen ist gefallen, nicht eine Bewegung gegen die sonst hier so verhaßten Juden; Deutsche und Cchechen haben Barrikaden gebaut, Cchechen und Deutsche sich auf ihnen geschlagen und was den Schutz anbetrifft, den der General Windisch-Grätz, der Retter der deutschen Nationalität, den Deutschen hat angedeihen lassen, so beschränkt er sich darauf, daß er auf die Kleinseite zog und Cchechen und Deutsche ohne Unterschied niederschoß. Ich will sie nicht mehr mit den Details des Kampfes behelligen, sie sind Ihnen genugsam bekannt.
Ueber unserer Stadt ruht eine gewisse dumpfe Schwüle; der Belagerungszustand, der Gedanke an eine weitverzweigte Verschwörung drückt Alle, und nichts verlautet von der Untersuchung. Der böhmische Landtag wird nun erst nach Beendigung des Wienerreichstages zusammen berufen werden, die Wahlen zum letztern werden von der cchechischen Partei nur ganz passiv betrieben und es bedarf Wahlkommissäre, um die Wahlen auf dem Lande zu leiten. Die böhmischen und vorzüglich slavischen Farben sind gänzlich verschwunden. Das Nationalcomité ist aufgelöst und alle seine Akte sind für ungültig erklärt. Wir sehen mit Ungeduld der Eröffnung von oben entgegen, die uns über unsere Verhältnisse aufklären wird, über eine „Verschwörung, die ganz Deutschland in Schrecken setzte“ über das Gespenst, das sich zwischen unsern beiden Völker drängt, und nur die schwarz-roth-goldne Larve des alten Metternich'schen Systems ist.
* Wien, 6. Juli. Dr. C. Libelt hat an die Allgem. Oestr. Z. folgendes Schreiben gerichtet:
In der Abendbeilage der Allg. Oestr. Ztg. vom 25. Juni. Nr. 174 wird aus Prag berichtet, daß nach dem Abzuge des Militärs auf den Hradschin, ein Comité aus drei Mitgliedern: Palacky, Libelt und Bakunin, zusammengetreten sei, von dem die bekannten Forderungen der Böhmen ausgingen. In der nächstfolgenden Beilage vom 26. d. M. wird aus Wien eines Briefes Erwähnung gethan, den ich an die Breslauer Zeitung geschrieben, und auf die Ereignisse in Prag im Voraus aufmerksam gemacht haben soll.
Ich erkläre hiermit, daß beide Angaben völlig erdichtet sind. Ich habe keinen Brief an die Breslauer Zeitung geschrieben, auch in keinem andern Schreiben auf Ereignisse aufmerksam gemacht, die ich weder gewünscht, noch vorhergesehen habe. Eben so ist an dem Zusammentreten des angeblichen Comité's, und einer von ihm erlassenen Proklamation kein wahres Wort.
Wenn es heute zur Tagesordnung geworden ist, die Polen zum Sündenbock aller politischen Umtriebe zu machen, so sehen wir Polen recht gut ein, von wo aus, und zu welchem Zwecke, diese geschäftigen Verläumdungen ausgestreut werden. Es gilt den Racenhaß zu vollenden, und namentlich das gebildete Polen von dem gebildeten Europa zu trennen, um es gegen, nicht für das Letztere zu stimmen, daß aber die geehrten deutschen Redaktionen, im guten Glauben, in diesen Plan eingehen, und die offenbarsten Lügen in ihre Blätter aufnehmen, das ist's, was uns Polen, mehr verwundert als verwundet.
Genehmigen Sie etc.
Karlsbad, 2. Juli 1848.
ergebenster Diener, Dr. Carl Libelt.
Wien, 7. Juli. Der Erzherzog Johann hat nachstehende Proklamation erlassen:
„Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt hat mich zum Reichs-Verweser erwählt und durch ihre Abgeordneten aufgefordert, diesem ehrenvollen Rufe ungesäumt zu folgen.
„Oestreicher! Ihr kennt meine unveränderte Gesinnung für unser gemeinsames deutsches Vaterland; Ihr kennt meine heißen Wünsche für sein Wohl, seine Macht und Ehre.
„Diese Wünsche, ich weiß es, stehen mit Euren Gefühlen in vollkommenem Einklange, und ich habe es daher als eine heilige Pflicht erkannt, das Amt zu übernehmen, welches mir Eure Vertreter in Frankfurt und mit ihnen alle Eure deutschen Brüder anvertrauen.
„Dasselbe wird, gestützt von der Nationalversammlung und befestigt durch das gesammte deutsche Volk, den Gedanken der Einheit Deutschlands zur That gestalten, ‒ es wird für die Freiheit und für das Recht des deutschen Volkes, für das Gesetz und die Ordnung in dem ganzen deutschen Gebiete eine neue Gewähr darbieten.
„Ich glaube daher, die mir von unserem Kaiser für die Zeit seiner Abwesenheit übertragenen Regentenpflichten nicht zu verletzen, ich glaube sie vielmehr mit hoffnungsreicherem Erfolge zu erfüllen, indem ich beide gleichwichtige und innig verbundene Sendungen annehme.
„Ich werde mit der an mich gesendeten Deputation nach Frankfurt gehen, um das hohe Amt des Reichsverwesers anzutreten, und dann wieder zu Euch zurückzukehren, um als Stellvertreter des Kaisers am 18. Juli den Reichstag in Wien feierlich zu eröffnen.
Wien, 6. Juli 1848. Johann.“
Polen. Lemberg, 30. Juni. Die ruthenischen Komité's tauchen in Galizien immer mehr und mehr auf. Auch in Alt-Brody besteht ein ruthenischer Verein zur Wahrung der Volksrechte mit besonderer Würdigung der ruthenischen Interessen. Dessen Mitglieder sind nur Geistliche und Bauern; in letzterer Zeit trat demselben ein städtischer Beamter bei. Es ist nicht zu läugnen, daß die Entstehung der ruthenischen Komités in der Opposition gegen das Polenthum ihren Grund hat, und daß die Regierung diese mehr soutenirt als die polnischen, deren Tendenzen sich zum Radikalismus hinneigen.
Der Jesuitenorden muß in Folge eines Ministerialerlasses nun auch Galizien bis zum 15. Juli verlassen. Wie bekannt, hat dieser Orden in Galizien folgende 4 Posten inne: zu Lemberg ein adeliges Convict, in Westgalizien und zwar zu Neusandec ein Gymnasium, in Ostgalizien und zwar zu Tarnopol ein Gymnasium und eine phylosophische Lehranstalt, endlich zu Starowies, Sandecer Kreises, welches Dorf zugleich ein Eigenthum dieses Ordens ist, eine Pflanzschule und Verbannungsort für die Jesuiten in Galizien. Dieser Orden hatte, wie zu ersehen, seine Arme über ganz Galizien ausgebreitet. Allgemein wird behauptet, daß auch die von den Jesuiten bis nun besorgten Lehranstalten aufgehoben werden.
Ein neuer Gubernialerlaß verbietet das Tragen der einfachen (polnischen) Adler. Die Sachen doppelt genommen, dauern länger und sind stärker! ‒ An der russischen Gränze bei Radziwilow hat sich ein Korps von 60,000 Mann zusammengezogen, dessen Bestimmung vielseitig gedeutet wird. ‒ In Lemberg haben sich die beiden bis jetzt feindlich entgegengesetzten Rada narodowa, die polnische und die ruthenische, feierlichst vereinigt, und neben der roth-weißen weht nunmehr ruhig und friedlich auch die gelb-blaue Fahne.
(A. Oestr. Z.) Donaufürstenthümer. Bucharest, 24. Juni. Seit vorgestern hatten mehrere Verhaftungen stattgefunden, einige der Häupter der Bewegung aber hatten sich versteckt und erschienen gestern Abend im Fürstenhof an der Spitze einer unabsehbaren Menge, welche jetzt dieselben Forderungen an den Fürsten stellte, die vor einigen Wochen bereits in einer Petition von einigen jüngern Bojaren gemacht worden waren, mit neuen ebenso tiefgreifenden vermehrt. Seit jener Zeit waren ein russischer Kommissär und ein Pascha von Seite der Pforte eingetroffen. Wahrscheinlich in Folge der Eingebungen des Ersteren waren die vorgenommenen Verhaftungen erfolgt, die aber den Ausschlag für die andere Seite hervorriefen. Vorgestern Abend waren auf den Fürsten in der Dunkelheit, im Augenblick als er im offenen Wagen in die Stadt von einem Ausfluge zurückkehrte, drei Schüsse gefallen, wovon einer in die Epaulette ging. Dies mag Anlaß gewesen sein, warum der Fürst gestern früh sich in die beiden Kasernen verfügte; in der der Infanterie wurde er vom Fähnrich aufgefordert, die Konstitution und die Landesfreiheiten auf die Fahne zu beschwören, was auch geschah, nachdem die Offiziere erklärt hatten, daß sie sich nicht gegen das Volk brauchen lassen würden. Kaum war der Fürst in seiner Wohnung angelangt, so fuhren die Offiziere in 25 bis 30 Wagen zu ihm. Dieses Auftreten des Offizierkorps sicherte und beschleunigte den Erfolg, denn wenn es auch in den Absichten des Fürsten gelegen hätte, sich den Volkswünschen zu widersetzen, was ich aus guten Gründen sehr bezweifeln muß, so war ihm jetzt das Mittel jeden Widerstandes benommen. An der gestrigen Versammlung im Fürstenhause (denn von Aufstand war gar nicht die Rede) nahmen die ganze jüngere Generation, der Kaufmannstand und die Offiziere Theil, aber alle Großbojaren und Weißbärte fehlten, da die Cholera dieselben meist verscheucht hatte. Der Fürst bewilligte und unterschrieb 22 Punkte, darunter 1) Preßfreiheit; 2) Abschaffung der Leibeigenschaft der Zigeuner und der Bauern, sowie aller Feudallasten; 3) Reduktion der Civilliste auf die Hälfte; 4) Verabschiedung der bisherigen
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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