Neue Rheinische Zeitung. Nr. 32. Köln, 2. Juli 1848.17 Paris, 29. Juni. Die Hinrichtungen en masse sind richtig in Flor; in jeder Nacht erschießt die Linie und Mobile auf dem Marsfeld 50-100 Gefangene. Die Leichname werden theils an Ort und Stelle vergraben, theils auf die Kirchhöfe in große Gruben bei nächtlicher Weile spedirt. Die Zeitungsschreiber, welche über dieses sprechen würden, sitzen fest, und so kommt es, daß kein Wörtchen davon gelesen wird. Einige Tausende von Brigands (lies: Gefangenen) werden schleunigst nach Havre geführt werden, zur Deportation nach den paar transatlantischen Inselchen, welche der herrschenden Klasse Frankreichs von den Engländern noch übrig gelassen sind. Nichts wird versäumt, um das Proletariat jetzt in Verruf zu bringen; alle Augenblicke sieht man einen Gardemobile als "Märyrer" durch die Straßen in die Apotheke führen, wo ihm, als wäre er vergiftet, allerlei Essenzen eingeflößt werden, und die Leute jammern und ballen die Fäuste und schreien: ah les canailles, il faut les fusiller tous. In den Schlachttagen kam es öfter vor, daß Soldaten, die nichts als Schnaps und Rachenputzerwein im Magen hatten (an Essen war gar nicht zu denken), und die durch Hitze, Regen, Schweiß und Angst in viertägiger Nervenüberreizung waren, von Kolik befallen wurden; einige sollen in Reih' und Glied todt niedergesunken sein, was wohl kein Wunder ist, namentlich bei dem ungemein zarten Lebensalter der meisten Mobilgarden, die ohnehin auf ihre eigenen Kameraden feuern mußten. Da hieß es denn, wie immer in solchen Fällen, Marketenderinnen (nicht die militärischen, sondern die sogenannten ambulirenden) hätten Arsenikbranntwein eingeschenkt, und mehrere derselben wurden auf dem Fleck erschossen; z.B. Ecke der Rue Planche Mibray; dienstgefällige Pharmaceuten entdeckten natürlich sofort das vorausgesetzte Gift im Likör. - Gestern Abend noch wohnte ich dreimal vermeintlichen Vergiftungen Rue du Temple und Faubourg du Temple bei. Aehnliches erlebte man Place Maubert bei Weinmarchands. Daß Frauen in Milchtöpfen Brode und unter ihren Kleidern Kartuschen den Insurgenten zutrugen, hat namentlich sehr erbittert; einige Spaziergängerinnen in seidenen Kleidern, dem Anschein nach, schwanger, wurden im fashionablen Faubourg St. Germain arretirt, und man erleichterte sie um einige Dutzend Patronen. In den Reihen der Vertheidiger der sozialen Ordnung sah man weit weniger, fast gar keine Frauen; ich bemerkte eine einzige, fein angezogen und mit einem Säbel, die neben ihrem Mobilgarden eine Schanze gestürmt hatte, während sehr viele Proletarierinnen freiwillig mit ihren Säuglingen sich auf die Barrikaden setzten mit dem Ruf: "Lieber ein einziges mal durch eine Kugel sterben, als hundert mal im Elende verfaulen" (mieux vaut crever une bonne fois par une balle que pourrir cent fois dans la misere). Andere scheinen freilich nur wider Willen sich dorthin begeben zu haben. - Die Leichen der reichen Schlachtopfer werden jetzt mit Pomp begraben; heute z. B. der Major Masson, ein Avoue aus der 11. Legion; andere werden einbalsamirt in die Provinzen zu ihren Familien zurückgesandt. Noch immer strömen die Provinzialnationalgarden nach Paris; man quartirt sie ein, wo nur irgend noch Raum ist; Kirchen und Mairieen, Ballsäle, Schauspielhäuser (auch das des Herrn Alexander Dumas) sind Kasernen, Spitäler und Leichenhäuser geworden. Die Leute von Melun und Etampes kamen in Eilmärschen, wobei mehrere erkrankten, und brachten Wagen voll Brod und mehrere gekochte ganze Schweine mit, da es bei ihnen hieß, die "Räuber" hätten in Paris bereits alles in Beschlag genommen. - Nächstens wird eine großartige Todtenfeier bei den Champs Elyse's stattfinden, und ein Monument errichtet werden; man spricht von siebentausend auf dem Pflaster Gefallenen, abgerechnet die Insurgenten und die im Bett Gestorbenen. Diese Zahl will ich nicht verbürgen. Nächstens wird man auch die "Dokumente" veröffentlichen, die man im Hauptquartier der "Räuber", unweit der Station der Rothschildsbahn, erobert hat, wo die Chefs hinter fünffachen Barrikaden, aus Mauerblöcken, Zimmerbalken, Eisenstangen und Mörtel verfertigt, die Kommando's austheilten, gefunden hat. Sie sollen Proben d'une sceleratesse inouie et infernale sein, und es ist nur zu verwundern, warum die Verfasser derselben sich mit diesen verfänglichen Papieren herumschleppten, statt sie an einem sichern Orte zu verwahren. Vielleicht verhält es sich jedoch damit, wie mit den berüchtigten "Dokumenten" die die Bourgeoisgarde im Hause Sobrier's am 15. Mai fischte, und mit Burgunderwein durchtränkt, im "Siecle" abdruckte. So eben heißt es, im Faubourg St. Marcel, wo der Maire als Insurgent verhaftet worden, brächen bei Gelegenheit der allgemeinen Entwaffnung der 12. Legion, deren Oberst einst Barbes war, Unruhen aus; man hört einige Schüsse, und sieht Truppenmassen dorthin ziehen. Diese ganze Legion hat, mit Ausnahme von etwa einem Hunderttheil, auf Seiten der Insurrektion gestanden. Paris, 29. Juni. Das Ministerium ist definitiv zusammengesetzt, wie folgt: 1. Senard, Inneres; 2. Bastide, Auswärtiges; 3. Goudchaux, Finanzen; 4. Bethmont, Justiz; 5. Lamoriciere, Krieg; 6. Carnot, Unterricht; 7. Tourret, Ackerbau und Handel; 8. Recurt, Staatsbauten; 9. Leblanc, Admiral, Marine. - Der Moniteur enthält folgendes Amtliche: 1. Dekret, das erklärt, daß Senard, Präsident der Nationalversammlung, sich wohl um das Vaterland verdient gemacht. 2. Dekret, das dem General Cavaignac dieselbe Ehre ausspricht. 3. Dekret, in welchem die Nationalversammlung ihre Trauer um den Tod des Erzbischofs ausspricht. 4. Dekret, das den Generälen, Ober- und Unterlieutenants und Soldaten der städtischen und auswärtigen Bürgerwehren, der Armee, der Mobilgarde, der republikanischen Garde, den Zöglingen der Hochschule etc. den wärmsten Dank für die gegen die Insurgenten bewiesene Tapferkeit zollt. 5. Dekret, das die neuen Minister bekannt macht. - Der heutige Moniteur benachrichtigt diejenigen 2500 Fremden, die seit länger als fünf Jahren Frankreich bewohnen und bei der provisorischen Regierung um Verleihung des Bürgerrechts eingekommen waren, daß die ihnen von der provisorischen Regiegierung gestattete provisorische Ausübung des Wahlrechts bis auf weiteres wieder entzogen ist. - Derselbe Moniteur widerlegt heute erst eine Menge Gerüchte über vom Volke verübte Gräuel, z. B. Abschneiden der Ohren und Köpfe der Bürgerwehrmänner und der Mobilgarden, Zersägen der gefangenen Offiziere u. s. w., mit welchem sich die abonnentensüchtigen Bourgeoispresse so erbaulich ausstaffirt hatte. Diesen Vormittag hat eine Frauen-Revolution begonnen. Etwa fünfhundert Arbeiterinnen der Nationalwerkstätten hielten im Garten des Palais-Exroyal eine vorläufige Versammlung in welcher es sehr stürmisch herging. Es sind dies meist nur Delegirte, die sich über die einzuschlagenden Wege einigen sollen. In der That schlägt sich unser weibliches Proletariat nicht minder tapfer als das männliche. - Die Reforme bringt folgende offizielle Note: Einige Journale hatten angekündigt, daß man mehrere Frauen verhaftet, die vergifteten Wein und Branntwein den Soldaten verkauften. Verhaftungen von Markedenterinnen haben allerdings stattgefunden; aber es hat sich in Folge der chemischen Analyse, welche Herr Pelouze vorgenommen, auf die klarste Weise herausgestellt, daß auch nicht die Spur von einer giftigen Substanz in den so- Der berühmte Chemiker Pelouze ist derselbe, der zuerst die explodirende Kraft der in Salpetersäure getränkten Pflanzenfahne gleich in Beschlag genommenen Getränken sich vorgefunden haben entdeckt hat. Man hatte ebenfalls angezeigt, daß am 27. Juni eine Markedenterin arretirt worden sei, unter der Beschuldigung, vergifteten Branntwein im Quartier vom Gros-Caillon verkauft zu haben. Es wurde hinzugefügt, diese Markedenterin habe sich lebhaft widersetzt, als man sie arretiren wolle; man habe ihr nicht die Zeit gelassen, von einer Pistole Gebrauch zu machen etc. Die Frau, die im Quartier vom Gros-Caillon arretirt worden, ist keine Markedenterin; sie verkaufte keinen Branntwein, sondern sie war vom Branntwein berauscht. Die Maurer von Toulon haben folgenden Zettel in der ganzen Stadt anschlagen lassen: An die Eigenthümer Toulons! Bürger, wenn die Arbeit stillsteht, wenn der Arbeiter mit übereinandergeschlagenen Armen dasteht und gezwungen ist, nichts zu thun, und zwar in einer so beträchtlichen Stadt wie Toulon, dann leidet er: es mangeln ihm die beiden ersten und unumgänglichsten Bedingungen des Lebens: Arbeit und Brod. In dieser Lage sind gegenwärtig die Maurerarbeiter dieser Stadt. Es schmerzt sie, diese verzweifelte Lage kund thun zu müssen. Bürger, es steht in Eueer Gewalt, diesem beklagenswerthen Stande der Dinge Einhalt zu thun. Wartet nicht, bis der Arbeiter die gerechte Klage zu Euch gelangen läßt: Keine Arbeit. Ihr könnt diese Klage verstummen machen; die traurigen Umstände, welche die Arbeit gelähmt haben, verschwinden täglich mehr und mehr; aber unsere Hülfsquellen und unser Muth werden täglich minder, und die Entbehrungen, unter denen unsere Weiber und Kinder schmachten, täglich größer, schrecklicher. Der Arbeiter bedarf des Eigenthümers, der Eigenthümer des Arbeiters: sie sind gegenseitig nothwendig. Unsere Bedürfnisse sind immer dieselben; wir handeln immer unter derselben Nothwendigkeit. Noch ein Wort, Bürger, das letzte! den Arbeiter länger ohne Arbeit zu lassen, das hieße auf ihn alle Leiden ankommen lassen, die Euch ein Leichtes wären abzuwenden. Wir hegen die Ueberzeugung, daß Ihr sie abwenden werdet, weil wir überzeugt sind, daß Ihr unsere Brüder seid, wie wir die Eurigen. Im Namen der dreifach erhabenen Devise: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Wir bitten Euch, die Augen um Euch aufzuschlagen. Brüderlichen Gruß. Toulon, den 19. Juni 1848. (Die Maurer von Toulon.) Die meisten Plätze von Paris, wie der Platz vom Pantheon, Saint Michel, Petit-Pont, der Blumenmarkt und der Platz vor dem Rathhause sind in völlige Lager umgewandelt und mit Truppen aller Waffengattungen besetzt. Die Straße Pourtour St. Gervais hat namentlich viel gelitten. Die alten Häuser sind durchlöchett von Kugelschüssen, dicht nebeneinander. Die Häuser im Anfange der Rue St. Antoine, nahe bei der Straße Cloche Perche sind theilweise in den Grund geschossen, theilweise von Kanonenkugeln und schwerem Geschütze durchbohrt. Alle Acacienbäume, nahe bei der Bastille, sind von Kanonenkugeln wie abgesägt. Der Eingang des Faubourg St. Antoine und namentlich die Straße Charenton bieten einen schauderhaften Anblick dar. Alle Häuser sind wie durchstöbert von Kanonenkugeln; ganze Flügel sind umgeworfen; ganze Mauertheile sind niedergerissen. Die Thurmspitze der Kirche St. Etienne du Mont ist von einer Kanonenkugel fortgeschleudert worden. - Die Redakteure der "Republique Rouge" und des "Journal de la Canaille" sind auf den Barrikaden des Foubourg du Temple gefallen. Cavaigne ehemaliger Redakteur der "Comune de Paris" und Freund Sobriers ist arretirt. - Vier Generale sind gefallen, darunter ein Generallieutenant (Negrier) und 3 Brigadegenerale. Siebenzehn Generale sind verwundet, darunter fünf Generallieutenants, Bedeau, Duvivier, Regnault, la Fontaine und Clement Thomas. 31 höhere Offiziere sind getödtet, sowohl von der Linie, als von der Nationalgarde; über 112 höhere Offiziere sollen verwundet sein. Außerdem sind von der Nationalgarde 72 Offiziere getödtet und 218 verwundet. Die Linie soll ungefähr dieselbe Zahl verloren haben. Man zählt 5700 in den Spitälern und Feldlazarethen aufgenommene Verwundeten und 2000, die direkt in ihre eigne Wohnung gebracht worden sind. - Verflossene Nacht hat man sich im Gehölz von Boulogne geschlagen; ungefähr 600 Insurgenten hatten sich dorthin geflüchtet, General Lamoriciere hat sie mit einer Eskadron Kavallerie gesprengt. Sie sind größtentheils gefangen genommen und denen hinzugefügt worden, die nach dem eben erlassenen Dekret der N.-V. zur Deportation verurtheilt sind. Dies Dekret muß bald möglichst in Vollzug gesetzt werden, denn die Lage der Gefangenen in Paris ist unerträglich; sie sind größtentheils in die weiten Gewölbe der Tuilerien gesperrt, die unter dem Schlosse her bis zum Konkordiaplatz sich erstrecken. Es sind das dieselben Souterrains, durch welche Louis Philipp entflohen ist. Dort sind sie ohne Luft, ohne Licht, und schlagen sich unter einander in der Dunkelheit. - Wie Frankreich vor dem Bürgerkrieg und dem drohenden Bankerutt gerettet werden soll, es ist nicht abzusehen. Die Geschäfte stehen still, alle Welt ist ruinirt, Bald wird Niemand mehr beim besten Willen Steuern zahlen können. Der Bürgerkrieg dürfte nur für einen Augenblick ausgesetzt sein. Der Sieg hat die Frage nicht gelöst; es ist nur ein Waffenstillstand und bald wird die Zahl der Unzufriedenen groß genug sein, um den Wiederausbruch des Kampfes befürchten zu lassen. (Independ. Belge).Lamennais sagt in seinem "Peuple constituant": Was man auch von den Absichten der Insurgenten sagen möge, überall wo Repräsentanten zu ihnen kamen um sie anzureden, haben sie gesagt: Gesteht nur daß wir keine Plünderer sind. - In dem Proudhonschen Representant du Peuple lesen wir: Wir beklagen, wir bewundern sie aufrichtig, diese Nationalgarden, diese Liniensoldaten, diese Mobilgarden, die ihr Leben muthvoll für die Sache der Ordnung und der Familie hingegeben haben. Aber sind sie nicht ebenso bemitleidenswerth, diese unglücklichen Arbeiter, die für das Recht zu kämpfen und zu sterben glaubten, das jeder Mensch hat, von den Früchten seine Arbeit unter dem Himmel des Vaterlandes zu leben. Ach es ist das Elend, das ihnen die Flinte in die Hand gedrückt hat." Wir fügen hier die Bemerkung eines Korrespondenten der belgischen "Independance bei, die also lautet: "Nicht ein einziges Journal hat den Muth oder den Willen die Wahrheit zu sagen über die Ereignisse. Nicht nur der Belagerungszustand legt diese Zurückhaltung auf; man fühlt die Nothwendigkeit die Geister zu beruhigen, die noch tief aufgeregt sind von den Erlebnissen der letzten Tage. So hat man die Füsillade der vorletzten Nacht auf dem Karrousselplatz und dem Tuilerienquai, die sonst als eine furchtbare Katastrophe gegolten hätte, als einen bloßen Lärm dargestellt. Ueber den wirklichen Antheil, den die Nationalgarde an der Insurrektion genommen hat, geben die Journale ebenfalls keine genauen Aufklärungen. Es steht fest, daß von der ersten und zweiten Legion (bekanntlich der Nobelgarde) nur eine kleine Anzahl gemeiner Gardisten, jedoch ohne ihre Waffen und ihre Uniform sich betheiligt haben. Eben so ist es mit weniger Ausnahme in der dritten. Aber schon in diesen ersten Legionen kannte man gewisse übelangeschriebene Leute, theils als conspirirende Reaktionaire, theils als Anhänger der rothen Republik. Bei einem Theile derselben wurden Nachsuchungen angestellt, man fand Gewehre, Pulver und Blei bei ihnen, hinlänglich um eine Kompagnie zu bewaffnen. Selbst die Kleinkrämer, die klassischen Freunde der Ordnung, sollen nicht jeder Theilnahme an der Revolte fremd geblieben sein. - Aber hauptsächlich haben die 5., 7., 9. und 12. Legion, ohne gerade in zwei Theile getheilt zu sein, wie man gesagt hat, ihr Kontingent zur Insurrektion gestellt. Beim Pantheon kommandirte ein Bataillonschef, Namens Collet, die Insurgenten; er ist erschossen worden. Nationalgarden in Uniform sind in allen Barrikaden des Quartier Latin gesehen worden. Im Faubourg St. Antoine hat man ebenfalls mehrere Offiziere und Unteroffiziere der Nationalgarde ergriffen. Sehr viele, die nach Hause zurückgekehrt waren, wurden angezeigt und sofort verhaftet. Zu La Chapelle hatte der eine Bataillonschef den andern - es sind ihrer zwei da - gefangen genommen. In diesem Augenblick beginnen hier die Denunciationen, und die eine Hälfte der Gemeinde klagt die andere einer nur allzuwahren Theilnahme an dem Aufstande an." Ueber die Theilnahme der Arbeiter sagt derselbe Korrespondent: Ein Bewohner des Faubourgs St. Antoine versicherte mir gestern, daß im Ganzen mehr kleine Fabrikanten und Werkführer in den Barrikaden gewesen, als eigentliche Arbeiter. Aber unter Arbeitern verstand er vorzugsweise die seines Handwerks, Arbeiter auf Zimmern, die größtentheils Familienväter sind, die Fabrikarbeiter und Tagelöhner kann er nicht gemeint haben. Paris, 30. Juni. Die Restaurationspartei fängt schon an ihre Gedanken und Hoffnungen ganz offen auszusprechen; was sie in Paris noch nicht wagt, das gesteht sie unverschleiert in belgischen Journalen, die zum Ruhme ihres konstitutionellen Musterstaates begierig Alles aufnehmen, was die französische Republik herabzusetzen, ihr baldiges Ende wahrscheinlich zu machen geeignet ist. In der "Emanzipation" heißt es: der Sieg, den die Nationalgarde am 26. Juni zu Paris davongetragen hat, ist der erste Tag der Wiederherstellungen. Am 24. Februar war man herausgetreten aus der politischen Welt und der Gesellschaft. Am 26. Juni kehrt man zur gesellschaftlichen Ordnung zurück. Die Zeit, die Ueberlegung und der gesunde Sinn des Landes werden das Uebrige thun. - Die Menschen, die vom 23. bis 26. Juni einen Verzweiflungskampf fochten, sind, sagt ihr, dieselben, die am 24. Februar das Königthum gestürzt haben. Die Aufrührer, gegen welche die Armee und Nationalgarde so viel Muth und Entschlossenheit entfaltet haben, sind dieselbe Aufrührer, gegen welche Armee und Nationalgarde nicht marschiren wollte am 23. Februar. Keine Täuschungen, keine Lügen, das ist die reine Wahrheit. - Man glaubt eine der deutschen Provinzial-Adressen vor sich zu haben, die stets mit so viel täppischer Voreiligkeit die geheimen Pläne und Tendenzen der Reaktion ausplaudern, wenn man die nachstehende Petition der Nationalgarde von Rouen liest, die eben an die Nationalversammlung mit "zahlreichen Unterschriften" abgeht: "An die Mitglieder der National-Versammlung. Mitten im Herzen des Vaterlandes hat das Element des Umsturzes und der Vernichtung, verschworen gegen das Leben der Gesellschaft vier Tage lang sein schreckliches Banner aufgepflanzt. Die bewaffnete Nation hat seine furchtbare Herausforderung angenommen und der Kampf hat ein glorreiches Ende gehabt für die unerschrockenen Vertheidiger der öffentlichen Ordnung. Aber das reinste Blut ist vergossen worden und seine Spuren werden noch lange auf den Straßen und öffentlichen Plätzen von Paris sichtbar bleiben. Auf wen muß die Verantwortlichkeit dafür fallen? Die Nationalgarde steht nicht an sie auf die Regierung zu wälzen, d. h. auf die Vollziehungs-Kommission der Fünfe. Der Kampf war vorhergesehen und angekündigt. Was hat sie gethan ihm zuvorzukommen? Was hat sie gethan ihn zu unterdrücken? Die Insurgenten waren mit Waffen und Kriegsbedarf vollauf versehen. Woher sind sie dazu gelangt? Warum haben sie gleich von Anbeginn zahllose furchtbare Barrikaden erhoben ohne Hinderniß? Warum ist nicht gleich anfangs schleunig und kräftig eingeschritten worden? Die Vollziehungs-Kommission wußte was kommen sollte; sie hat es nicht verhindert. Beweist ihre Unthätigkeit nicht ihre Schuld? Darum hat sich auch ein ungeheurer Schrei des Entsetzens und der Verwerfung gegen sie erhoben. Sie ist gefallen. Das genügt nicht. Sie ist der Nation Rechenschaft schuldig für ihre Handlungen. Die Nationalgarde von Rouen verlangt, daß sie in Anklagestand versetzt werde." (Siehe den Verfolg in der Beilage.) Ungarn.
Pesth, 18. Juni. Der illyrische Aufstand ist immer im Zunehmen und unsere Regierung hat sich genöthigt gesehen, in den angränzenden Komitaten 40,000 Nationalgarden binnen 10 Tagen mobil zu machen. Außerdem werden zwei Lager regulärer Truppen bei Essek und Szegedin gebildet. Ziehen wir die Einwohnerzahl des aufständischen Gebietes und der zunächst betheiligten angränzenden Komitate in Betracht, so stellt sich ein günstigeres Verhältniß für die Ungarn heraus. Nach der neuesten Konscription nämlich zählen dort die Magyaren 1,323.402, die mit diesen verbündeten Deutschen 485,836, die großentheils ungarnfreundlichen Walachen 651,055, dagegen die Raizen oder Serbier 378,352, die Kroaten 72,949, die Slaven 66,425 Seelen. Diesem für die Ungarn günstigeren numerischen Verhältniß gegenüber haben aber die Illyrier für sich die Berge, die wohlgeübten und tapfern Gränzer, den Kampf der Vertheidigung für Nationalität und Selbstständigkeit und endlich die sehr bedenkliche Ver- 17 Paris, 29. Juni. Die Hinrichtungen en masse sind richtig in Flor; in jeder Nacht erschießt die Linie und Mobile auf dem Marsfeld 50-100 Gefangene. Die Leichname werden theils an Ort und Stelle vergraben, theils auf die Kirchhöfe in große Gruben bei nächtlicher Weile spedirt. Die Zeitungsschreiber, welche über dieses sprechen würden, sitzen fest, und so kommt es, daß kein Wörtchen davon gelesen wird. Einige Tausende von Brigands (lies: Gefangenen) werden schleunigst nach Havre geführt werden, zur Deportation nach den paar transatlantischen Inselchen, welche der herrschenden Klasse Frankreichs von den Engländern noch übrig gelassen sind. Nichts wird versäumt, um das Proletariat jetzt in Verruf zu bringen; alle Augenblicke sieht man einen Gardemobile als „Märyrer“ durch die Straßen in die Apotheke führen, wo ihm, als wäre er vergiftet, allerlei Essenzen eingeflößt werden, und die Leute jammern und ballen die Fäuste und schreien: ah les canailles, il faut les fusiller tous. In den Schlachttagen kam es öfter vor, daß Soldaten, die nichts als Schnaps und Rachenputzerwein im Magen hatten (an Essen war gar nicht zu denken), und die durch Hitze, Regen, Schweiß und Angst in viertägiger Nervenüberreizung waren, von Kolik befallen wurden; einige sollen in Reih' und Glied todt niedergesunken sein, was wohl kein Wunder ist, namentlich bei dem ungemein zarten Lebensalter der meisten Mobilgarden, die ohnehin auf ihre eigenen Kameraden feuern mußten. Da hieß es denn, wie immer in solchen Fällen, Marketenderinnen (nicht die militärischen, sondern die sogenannten ambulirenden) hätten Arsenikbranntwein eingeschenkt, und mehrere derselben wurden auf dem Fleck erschossen; z.B. Ecke der Rue Planche Mibray; dienstgefällige Pharmaceuten entdeckten natürlich sofort das vorausgesetzte Gift im Likör. ‒ Gestern Abend noch wohnte ich dreimal vermeintlichen Vergiftungen Rue du Temple und Faubourg du Temple bei. Aehnliches erlebte man Place Maubert bei Weinmarchands. Daß Frauen in Milchtöpfen Brode und unter ihren Kleidern Kartuschen den Insurgenten zutrugen, hat namentlich sehr erbittert; einige Spaziergängerinnen in seidenen Kleidern, dem Anschein nach, schwanger, wurden im fashionablen Faubourg St. Germain arretirt, und man erleichterte sie um einige Dutzend Patronen. In den Reihen der Vertheidiger der sozialen Ordnung sah man weit weniger, fast gar keine Frauen; ich bemerkte eine einzige, fein angezogen und mit einem Säbel, die neben ihrem Mobilgarden eine Schanze gestürmt hatte, während sehr viele Proletarierinnen freiwillig mit ihren Säuglingen sich auf die Barrikaden setzten mit dem Ruf: „Lieber ein einziges mal durch eine Kugel sterben, als hundert mal im Elende verfaulen“ (mieux vaut crever une bonne fois par une balle que pourrir cent fois dans la misére). Andere scheinen freilich nur wider Willen sich dorthin begeben zu haben. ‒ Die Leichen der reichen Schlachtopfer werden jetzt mit Pomp begraben; heute z. B. der Major Masson, ein Avoué aus der 11. Legion; andere werden einbalsamirt in die Provinzen zu ihren Familien zurückgesandt. Noch immer strömen die Provinzialnationalgarden nach Paris; man quartirt sie ein, wo nur irgend noch Raum ist; Kirchen und Mairieen, Ballsäle, Schauspielhäuser (auch das des Herrn Alexander Dumas) sind Kasernen, Spitäler und Leichenhäuser geworden. Die Leute von Melun und Etampes kamen in Eilmärschen, wobei mehrere erkrankten, und brachten Wagen voll Brod und mehrere gekochte ganze Schweine mit, da es bei ihnen hieß, die „Räuber“ hätten in Paris bereits alles in Beschlag genommen. ‒ Nächstens wird eine großartige Todtenfeier bei den Champs Elyse's stattfinden, und ein Monument errichtet werden; man spricht von siebentausend auf dem Pflaster Gefallenen, abgerechnet die Insurgenten und die im Bett Gestorbenen. Diese Zahl will ich nicht verbürgen. Nächstens wird man auch die „Dokumente“ veröffentlichen, die man im Hauptquartier der „Räuber“, unweit der Station der Rothschildsbahn, erobert hat, wo die Chefs hinter fünffachen Barrikaden, aus Mauerblöcken, Zimmerbalken, Eisenstangen und Mörtel verfertigt, die Kommando's austheilten, gefunden hat. Sie sollen Proben d'une scélératesse inouïe et infernale sein, und es ist nur zu verwundern, warum die Verfasser derselben sich mit diesen verfänglichen Papieren herumschleppten, statt sie an einem sichern Orte zu verwahren. Vielleicht verhält es sich jedoch damit, wie mit den berüchtigten „Dokumenten“ die die Bourgeoisgarde im Hause Sobrier's am 15. Mai fischte, und mit Burgunderwein durchtränkt, im „Siècle“ abdruckte. So eben heißt es, im Faubourg St. Marcel, wo der Maire als Insurgent verhaftet worden, brächen bei Gelegenheit der allgemeinen Entwaffnung der 12. Legion, deren Oberst einst Barbès war, Unruhen aus; man hört einige Schüsse, und sieht Truppenmassen dorthin ziehen. Diese ganze Legion hat, mit Ausnahme von etwa einem Hunderttheil, auf Seiten der Insurrektion gestanden. Paris, 29. Juni. Das Ministerium ist definitiv zusammengesetzt, wie folgt: 1. Senard, Inneres; 2. Bastide, Auswärtiges; 3. Goudchaux, Finanzen; 4. Bethmont, Justiz; 5. Lamoricière, Krieg; 6. Carnot, Unterricht; 7. Tourret, Ackerbau und Handel; 8. Recurt, Staatsbauten; 9. Leblanc, Admiral, Marine. ‒ Der Moniteur enthält folgendes Amtliche: 1. Dekret, das erklärt, daß Senard, Präsident der Nationalversammlung, sich wohl um das Vaterland verdient gemacht. 2. Dekret, das dem General Cavaignac dieselbe Ehre ausspricht. 3. Dekret, in welchem die Nationalversammlung ihre Trauer um den Tod des Erzbischofs ausspricht. 4. Dekret, das den Generälen, Ober- und Unterlieutenants und Soldaten der städtischen und auswärtigen Bürgerwehren, der Armee, der Mobilgarde, der republikanischen Garde, den Zöglingen der Hochschule etc. den wärmsten Dank für die gegen die Insurgenten bewiesene Tapferkeit zollt. 5. Dekret, das die neuen Minister bekannt macht. ‒ Der heutige Moniteur benachrichtigt diejenigen 2500 Fremden, die seit länger als fünf Jahren Frankreich bewohnen und bei der provisorischen Regierung um Verleihung des Bürgerrechts eingekommen waren, daß die ihnen von der provisorischen Regiegierung gestattete provisorische Ausübung des Wahlrechts bis auf weiteres wieder entzogen ist. ‒ Derselbe Moniteur widerlegt heute erst eine Menge Gerüchte über vom Volke verübte Gräuel, z. B. Abschneiden der Ohren und Köpfe der Bürgerwehrmänner und der Mobilgarden, Zersägen der gefangenen Offiziere u. s. w., mit welchem sich die abonnentensüchtigen Bourgeoispresse so erbaulich ausstaffirt hatte. Diesen Vormittag hat eine Frauen-Revolution begonnen. Etwa fünfhundert Arbeiterinnen der Nationalwerkstätten hielten im Garten des Palais-Exroyal eine vorläufige Versammlung in welcher es sehr stürmisch herging. Es sind dies meist nur Delegirte, die sich über die einzuschlagenden Wege einigen sollen. In der That schlägt sich unser weibliches Proletariat nicht minder tapfer als das männliche. ‒ Die Reforme bringt folgende offizielle Note: Einige Journale hatten angekündigt, daß man mehrere Frauen verhaftet, die vergifteten Wein und Branntwein den Soldaten verkauften. Verhaftungen von Markedenterinnen haben allerdings stattgefunden; aber es hat sich in Folge der chemischen Analyse, welche Herr Pelouze vorgenommen, auf die klarste Weise herausgestellt, daß auch nicht die Spur von einer giftigen Substanz in den so- Der berühmte Chemiker Pelouze ist derselbe, der zuerst die explodirende Kraft der in Salpetersäure getränkten Pflanzenfahne gleich in Beschlag genommenen Getränken sich vorgefunden haben entdeckt hat. Man hatte ebenfalls angezeigt, daß am 27. Juni eine Markedenterin arretirt worden sei, unter der Beschuldigung, vergifteten Branntwein im Quartier vom Gros-Caillon verkauft zu haben. Es wurde hinzugefügt, diese Markedenterin habe sich lebhaft widersetzt, als man sie arretiren wolle; man habe ihr nicht die Zeit gelassen, von einer Pistole Gebrauch zu machen etc. Die Frau, die im Quartier vom Gros-Caillon arretirt worden, ist keine Markedenterin; sie verkaufte keinen Branntwein, sondern sie war vom Branntwein berauscht. Die Maurer von Toulon haben folgenden Zettel in der ganzen Stadt anschlagen lassen: An die Eigenthümer Toulons! Bürger, wenn die Arbeit stillsteht, wenn der Arbeiter mit übereinandergeschlagenen Armen dasteht und gezwungen ist, nichts zu thun, und zwar in einer so beträchtlichen Stadt wie Toulon, dann leidet er: es mangeln ihm die beiden ersten und unumgänglichsten Bedingungen des Lebens: Arbeit und Brod. In dieser Lage sind gegenwärtig die Maurerarbeiter dieser Stadt. Es schmerzt sie, diese verzweifelte Lage kund thun zu müssen. Bürger, es steht in Eueer Gewalt, diesem beklagenswerthen Stande der Dinge Einhalt zu thun. Wartet nicht, bis der Arbeiter die gerechte Klage zu Euch gelangen läßt: Keine Arbeit. Ihr könnt diese Klage verstummen machen; die traurigen Umstände, welche die Arbeit gelähmt haben, verschwinden täglich mehr und mehr; aber unsere Hülfsquellen und unser Muth werden täglich minder, und die Entbehrungen, unter denen unsere Weiber und Kinder schmachten, täglich größer, schrecklicher. Der Arbeiter bedarf des Eigenthümers, der Eigenthümer des Arbeiters: sie sind gegenseitig nothwendig. Unsere Bedürfnisse sind immer dieselben; wir handeln immer unter derselben Nothwendigkeit. Noch ein Wort, Bürger, das letzte! den Arbeiter länger ohne Arbeit zu lassen, das hieße auf ihn alle Leiden ankommen lassen, die Euch ein Leichtes wären abzuwenden. Wir hegen die Ueberzeugung, daß Ihr sie abwenden werdet, weil wir überzeugt sind, daß Ihr unsere Brüder seid, wie wir die Eurigen. Im Namen der dreifach erhabenen Devise: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Wir bitten Euch, die Augen um Euch aufzuschlagen. Brüderlichen Gruß. Toulon, den 19. Juni 1848. (Die Maurer von Toulon.) Die meisten Plätze von Paris, wie der Platz vom Pantheon, Saint Michel, Petit-Pont, der Blumenmarkt und der Platz vor dem Rathhause sind in völlige Lager umgewandelt und mit Truppen aller Waffengattungen besetzt. Die Straße Pourtour St. Gervais hat namentlich viel gelitten. Die alten Häuser sind durchlöchett von Kugelschüssen, dicht nebeneinander. Die Häuser im Anfange der Rue St. Antoine, nahe bei der Straße Cloche Perche sind theilweise in den Grund geschossen, theilweise von Kanonenkugeln und schwerem Geschütze durchbohrt. Alle Acacienbäume, nahe bei der Bastille, sind von Kanonenkugeln wie abgesägt. Der Eingang des Faubourg St. Antoine und namentlich die Straße Charenton bieten einen schauderhaften Anblick dar. Alle Häuser sind wie durchstöbert von Kanonenkugeln; ganze Flügel sind umgeworfen; ganze Mauertheile sind niedergerissen. Die Thurmspitze der Kirche St. Etienne du Mont ist von einer Kanonenkugel fortgeschleudert worden. ‒ Die Redakteure der „Republique Rouge“ und des „Journal de la Canaille“ sind auf den Barrikaden des Foubourg du Temple gefallen. Cavaigne ehemaliger Redakteur der „Comune de Paris“ und Freund Sobriers ist arretirt. ‒ Vier Generale sind gefallen, darunter ein Generallieutenant (Negrier) und 3 Brigadegenerale. Siebenzehn Generale sind verwundet, darunter fünf Generallieutenants, Bedeau, Duvivier, Regnault, la Fontaine und Clement Thomas. 31 höhere Offiziere sind getödtet, sowohl von der Linie, als von der Nationalgarde; über 112 höhere Offiziere sollen verwundet sein. Außerdem sind von der Nationalgarde 72 Offiziere getödtet und 218 verwundet. Die Linie soll ungefähr dieselbe Zahl verloren haben. Man zählt 5700 in den Spitälern und Feldlazarethen aufgenommene Verwundeten und 2000, die direkt in ihre eigne Wohnung gebracht worden sind. ‒ Verflossene Nacht hat man sich im Gehölz von Boulogne geschlagen; ungefähr 600 Insurgenten hatten sich dorthin geflüchtet, General Lamoricière hat sie mit einer Eskadron Kavallerie gesprengt. Sie sind größtentheils gefangen genommen und denen hinzugefügt worden, die nach dem eben erlassenen Dekret der N.-V. zur Deportation verurtheilt sind. Dies Dekret muß bald möglichst in Vollzug gesetzt werden, denn die Lage der Gefangenen in Paris ist unerträglich; sie sind größtentheils in die weiten Gewölbe der Tuilerien gesperrt, die unter dem Schlosse her bis zum Konkordiaplatz sich erstrecken. Es sind das dieselben Souterrains, durch welche Louis Philipp entflohen ist. Dort sind sie ohne Luft, ohne Licht, und schlagen sich unter einander in der Dunkelheit. ‒ Wie Frankreich vor dem Bürgerkrieg und dem drohenden Bankerutt gerettet werden soll, es ist nicht abzusehen. Die Geschäfte stehen still, alle Welt ist ruinirt, Bald wird Niemand mehr beim besten Willen Steuern zahlen können. Der Bürgerkrieg dürfte nur für einen Augenblick ausgesetzt sein. Der Sieg hat die Frage nicht gelöst; es ist nur ein Waffenstillstand und bald wird die Zahl der Unzufriedenen groß genug sein, um den Wiederausbruch des Kampfes befürchten zu lassen. (Independ. Belge).Lamennais sagt in seinem „Peuple constituant“: Was man auch von den Absichten der Insurgenten sagen möge, überall wo Repräsentanten zu ihnen kamen um sie anzureden, haben sie gesagt: Gesteht nur daß wir keine Plünderer sind. ‒ In dem Proudhonschen Représentant du Peuple lesen wir: Wir beklagen, wir bewundern sie aufrichtig, diese Nationalgarden, diese Liniensoldaten, diese Mobilgarden, die ihr Leben muthvoll für die Sache der Ordnung und der Familie hingegeben haben. Aber sind sie nicht ebenso bemitleidenswerth, diese unglücklichen Arbeiter, die für das Recht zu kämpfen und zu sterben glaubten, das jeder Mensch hat, von den Früchten seine Arbeit unter dem Himmel des Vaterlandes zu leben. Ach es ist das Elend, das ihnen die Flinte in die Hand gedrückt hat.“ Wir fügen hier die Bemerkung eines Korrespondenten der belgischen „Indépendance bei, die also lautet: „Nicht ein einziges Journal hat den Muth oder den Willen die Wahrheit zu sagen über die Ereignisse. Nicht nur der Belagerungszustand legt diese Zurückhaltung auf; man fühlt die Nothwendigkeit die Geister zu beruhigen, die noch tief aufgeregt sind von den Erlebnissen der letzten Tage. So hat man die Füsillade der vorletzten Nacht auf dem Karrousselplatz und dem Tuilerienquai, die sonst als eine furchtbare Katastrophe gegolten hätte, als einen bloßen Lärm dargestellt. Ueber den wirklichen Antheil, den die Nationalgarde an der Insurrektion genommen hat, geben die Journale ebenfalls keine genauen Aufklärungen. Es steht fest, daß von der ersten und zweiten Legion (bekanntlich der Nobelgarde) nur eine kleine Anzahl gemeiner Gardisten, jedoch ohne ihre Waffen und ihre Uniform sich betheiligt haben. Eben so ist es mit weniger Ausnahme in der dritten. Aber schon in diesen ersten Legionen kannte man gewisse übelangeschriebene Leute, theils als conspirirende Reaktionaire, theils als Anhänger der rothen Republik. Bei einem Theile derselben wurden Nachsuchungen angestellt, man fand Gewehre, Pulver und Blei bei ihnen, hinlänglich um eine Kompagnie zu bewaffnen. Selbst die Kleinkrämer, die klassischen Freunde der Ordnung, sollen nicht jeder Theilnahme an der Revolte fremd geblieben sein. ‒ Aber hauptsächlich haben die 5., 7., 9. und 12. Legion, ohne gerade in zwei Theile getheilt zu sein, wie man gesagt hat, ihr Kontingent zur Insurrektion gestellt. Beim Pantheon kommandirte ein Bataillonschef, Namens Collet, die Insurgenten; er ist erschossen worden. Nationalgarden in Uniform sind in allen Barrikaden des Quartier Latin gesehen worden. Im Faubourg St. Antoine hat man ebenfalls mehrere Offiziere und Unteroffiziere der Nationalgarde ergriffen. Sehr viele, die nach Hause zurückgekehrt waren, wurden angezeigt und sofort verhaftet. Zu La Chapelle hatte der eine Bataillonschef den andern ‒ es sind ihrer zwei da ‒ gefangen genommen. In diesem Augenblick beginnen hier die Denunciationen, und die eine Hälfte der Gemeinde klagt die andere einer nur allzuwahren Theilnahme an dem Aufstande an.“ Ueber die Theilnahme der Arbeiter sagt derselbe Korrespondent: Ein Bewohner des Faubourgs St. Antoine versicherte mir gestern, daß im Ganzen mehr kleine Fabrikanten und Werkführer in den Barrikaden gewesen, als eigentliche Arbeiter. Aber unter Arbeitern verstand er vorzugsweise die seines Handwerks, Arbeiter auf Zimmern, die größtentheils Familienväter sind, die Fabrikarbeiter und Tagelöhner kann er nicht gemeint haben. Paris, 30. Juni. Die Restaurationspartei fängt schon an ihre Gedanken und Hoffnungen ganz offen auszusprechen; was sie in Paris noch nicht wagt, das gesteht sie unverschleiert in belgischen Journalen, die zum Ruhme ihres konstitutionellen Musterstaates begierig Alles aufnehmen, was die französische Republik herabzusetzen, ihr baldiges Ende wahrscheinlich zu machen geeignet ist. In der „Emanzipation“ heißt es: der Sieg, den die Nationalgarde am 26. Juni zu Paris davongetragen hat, ist der erste Tag der Wiederherstellungen. Am 24. Februar war man herausgetreten aus der politischen Welt und der Gesellschaft. Am 26. Juni kehrt man zur gesellschaftlichen Ordnung zurück. Die Zeit, die Ueberlegung und der gesunde Sinn des Landes werden das Uebrige thun. ‒ Die Menschen, die vom 23. bis 26. Juni einen Verzweiflungskampf fochten, sind, sagt ihr, dieselben, die am 24. Februar das Königthum gestürzt haben. Die Aufrührer, gegen welche die Armee und Nationalgarde so viel Muth und Entschlossenheit entfaltet haben, sind dieselbe Aufrührer, gegen welche Armee und Nationalgarde nicht marschiren wollte am 23. Februar. Keine Täuschungen, keine Lügen, das ist die reine Wahrheit. ‒ Man glaubt eine der deutschen Provinzial-Adressen vor sich zu haben, die stets mit so viel täppischer Voreiligkeit die geheimen Pläne und Tendenzen der Reaktion ausplaudern, wenn man die nachstehende Petition der Nationalgarde von Rouen liest, die eben an die Nationalversammlung mit „zahlreichen Unterschriften“ abgeht: „An die Mitglieder der National-Versammlung. Mitten im Herzen des Vaterlandes hat das Element des Umsturzes und der Vernichtung, verschworen gegen das Leben der Gesellschaft vier Tage lang sein schreckliches Banner aufgepflanzt. Die bewaffnete Nation hat seine furchtbare Herausforderung angenommen und der Kampf hat ein glorreiches Ende gehabt für die unerschrockenen Vertheidiger der öffentlichen Ordnung. Aber das reinste Blut ist vergossen worden und seine Spuren werden noch lange auf den Straßen und öffentlichen Plätzen von Paris sichtbar bleiben. Auf wen muß die Verantwortlichkeit dafür fallen? Die Nationalgarde steht nicht an sie auf die Regierung zu wälzen, d. h. auf die Vollziehungs-Kommission der Fünfe. Der Kampf war vorhergesehen und angekündigt. Was hat sie gethan ihm zuvorzukommen? Was hat sie gethan ihn zu unterdrücken? Die Insurgenten waren mit Waffen und Kriegsbedarf vollauf versehen. Woher sind sie dazu gelangt? Warum haben sie gleich von Anbeginn zahllose furchtbare Barrikaden erhoben ohne Hinderniß? Warum ist nicht gleich anfangs schleunig und kräftig eingeschritten worden? Die Vollziehungs-Kommission wußte was kommen sollte; sie hat es nicht verhindert. Beweist ihre Unthätigkeit nicht ihre Schuld? Darum hat sich auch ein ungeheurer Schrei des Entsetzens und der Verwerfung gegen sie erhoben. Sie ist gefallen. Das genügt nicht. Sie ist der Nation Rechenschaft schuldig für ihre Handlungen. Die Nationalgarde von Rouen verlangt, daß sie in Anklagestand versetzt werde.“ (Siehe den Verfolg in der Beilage.) Ungarn.
Pesth, 18. Juni. Der illyrische Aufstand ist immer im Zunehmen und unsere Regierung hat sich genöthigt gesehen, in den angränzenden Komitaten 40,000 Nationalgarden binnen 10 Tagen mobil zu machen. Außerdem werden zwei Lager regulärer Truppen bei Essek und Szegedin gebildet. Ziehen wir die Einwohnerzahl des aufständischen Gebietes und der zunächst betheiligten angränzenden Komitate in Betracht, so stellt sich ein günstigeres Verhältniß für die Ungarn heraus. Nach der neuesten Konscription nämlich zählen dort die Magyaren 1,323.402, die mit diesen verbündeten Deutschen 485,836, die großentheils ungarnfreundlichen Walachen 651,055, dagegen die Raizen oder Serbier 378,352, die Kroaten 72,949, die Slaven 66,425 Seelen. Diesem für die Ungarn günstigeren numerischen Verhältniß gegenüber haben aber die Illyrier für sich die Berge, die wohlgeübten und tapfern Gränzer, den Kampf der Vertheidigung für Nationalität und Selbstständigkeit und endlich die sehr bedenkliche Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0003" n="0159"/> <div xml:id="ar032_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 29. Juni.</head> <p>Die Hinrichtungen en masse sind richtig in Flor; in jeder Nacht erschießt die Linie und Mobile auf dem Marsfeld 50-100 Gefangene. Die Leichname werden theils an Ort und Stelle vergraben, theils auf die Kirchhöfe in große Gruben bei nächtlicher Weile spedirt. <hi rendition="#g">Die</hi> Zeitungsschreiber, welche über dieses sprechen würden, sitzen fest, und so kommt es, daß kein Wörtchen davon gelesen wird. Einige Tausende von Brigands (lies: Gefangenen) werden schleunigst nach Havre geführt werden, zur Deportation nach den paar transatlantischen Inselchen, welche der herrschenden Klasse Frankreichs von den Engländern noch übrig gelassen sind. Nichts wird versäumt, um das Proletariat jetzt in Verruf zu bringen; alle Augenblicke sieht man einen Gardemobile als „Märyrer“ durch die Straßen in die Apotheke führen, wo ihm, als wäre er vergiftet, allerlei Essenzen eingeflößt werden, und die Leute jammern und ballen die Fäuste und schreien: ah les canailles, il faut les fusiller tous. In den Schlachttagen kam es öfter vor, daß Soldaten, die nichts als Schnaps und Rachenputzerwein im Magen hatten (an Essen war gar nicht zu denken), und die durch Hitze, Regen, Schweiß und Angst in viertägiger Nervenüberreizung waren, von Kolik befallen wurden; einige sollen in Reih' und Glied todt niedergesunken sein, was wohl kein Wunder ist, namentlich bei dem ungemein zarten Lebensalter der meisten Mobilgarden, die ohnehin auf ihre eigenen Kameraden feuern mußten. Da hieß es denn, wie immer in solchen Fällen, Marketenderinnen (nicht die militärischen, sondern die sogenannten ambulirenden) hätten Arsenikbranntwein eingeschenkt, und mehrere derselben wurden auf dem Fleck erschossen; z.B. Ecke der Rue Planche Mibray; dienstgefällige Pharmaceuten entdeckten natürlich sofort das vorausgesetzte Gift im Likör. ‒ Gestern Abend noch wohnte ich dreimal vermeintlichen Vergiftungen Rue du Temple und Faubourg du Temple bei. Aehnliches erlebte man Place Maubert bei Weinmarchands. Daß Frauen in Milchtöpfen Brode und unter ihren Kleidern Kartuschen den Insurgenten zutrugen, hat namentlich sehr erbittert; einige Spaziergängerinnen in seidenen Kleidern, dem Anschein nach, schwanger, wurden im fashionablen Faubourg St. Germain arretirt, und man erleichterte sie um einige Dutzend Patronen. In den Reihen der Vertheidiger der sozialen Ordnung sah man weit weniger, fast gar keine Frauen; ich bemerkte eine einzige, fein angezogen und mit einem Säbel, die neben ihrem Mobilgarden eine Schanze gestürmt hatte, <hi rendition="#g">während sehr viele Proletarierinnen freiwillig mit ihren Säuglingen sich auf die Barrikaden setzten mit dem Ruf:</hi> „Lieber ein einziges mal durch eine Kugel sterben, als hundert mal im Elende verfaulen“ (mieux vaut crever une bonne fois par une balle que pourrir cent fois dans la misére). Andere scheinen freilich nur wider Willen sich dorthin begeben zu haben. ‒ Die Leichen der reichen Schlachtopfer werden jetzt mit Pomp begraben; heute z. B. der Major Masson, ein Avoué aus der 11. Legion; andere werden einbalsamirt in die Provinzen zu ihren Familien zurückgesandt. Noch immer strömen die Provinzialnationalgarden nach Paris; man quartirt sie ein, wo nur irgend noch Raum ist; Kirchen und Mairieen, Ballsäle, Schauspielhäuser (auch das des Herrn Alexander Dumas) sind Kasernen, Spitäler und Leichenhäuser geworden. Die Leute von Melun und Etampes kamen in Eilmärschen, wobei mehrere erkrankten, und brachten Wagen voll Brod und mehrere gekochte ganze Schweine mit, da es bei ihnen hieß, die „Räuber“ hätten in Paris bereits alles in Beschlag genommen. ‒ Nächstens wird eine großartige Todtenfeier bei den Champs Elyse's stattfinden, und ein Monument errichtet werden; man spricht von siebentausend auf dem Pflaster Gefallenen, abgerechnet die Insurgenten und die im Bett Gestorbenen. Diese Zahl will ich nicht verbürgen. Nächstens wird man auch die „Dokumente“ veröffentlichen, die man im Hauptquartier der „Räuber“, unweit der Station der Rothschildsbahn, erobert hat, wo die Chefs hinter fünffachen Barrikaden, aus Mauerblöcken, Zimmerbalken, Eisenstangen und Mörtel verfertigt, die Kommando's austheilten, gefunden hat. Sie sollen Proben d'une scélératesse inouïe et infernale sein, und es ist nur zu verwundern, warum die Verfasser derselben sich mit diesen verfänglichen Papieren herumschleppten, statt sie an einem sichern Orte zu verwahren. Vielleicht verhält es sich jedoch damit, wie mit den berüchtigten „Dokumenten“ die die Bourgeoisgarde im Hause Sobrier's am 15. Mai fischte, und mit Burgunderwein durchtränkt, im „Siècle“ abdruckte.</p> <p>So eben heißt es, im Faubourg St. Marcel, wo der Maire als Insurgent verhaftet worden, brächen bei Gelegenheit der allgemeinen Entwaffnung der 12. Legion, deren Oberst einst Barbès war, Unruhen aus; man hört einige Schüsse, und sieht Truppenmassen dorthin ziehen. Diese ganze Legion hat, <hi rendition="#g">mit Ausnahme von etwa einem Hunderttheil,</hi> auf Seiten der Insurrektion gestanden.</p> </div> <div xml:id="ar032_018" type="jArticle"> <head>Paris, 29. Juni.</head> <p>Das Ministerium ist definitiv zusammengesetzt, wie folgt:</p> <p>1. Senard, Inneres; 2. Bastide, Auswärtiges; 3. Goudchaux, Finanzen; 4. Bethmont, Justiz; 5. Lamoricière, Krieg; 6. Carnot, Unterricht; 7. Tourret, Ackerbau und Handel; 8. Recurt, Staatsbauten; 9. Leblanc, Admiral, Marine.</p> <p>‒ Der <hi rendition="#g">Moniteur</hi> enthält folgendes Amtliche: 1. Dekret, das erklärt, daß Senard, Präsident der Nationalversammlung, sich wohl um das Vaterland verdient gemacht.</p> <p>2. Dekret, das dem General Cavaignac dieselbe Ehre ausspricht.</p> <p>3. Dekret, in welchem die Nationalversammlung ihre Trauer um den Tod des Erzbischofs ausspricht.</p> <p>4. Dekret, das den Generälen, Ober- und Unterlieutenants und Soldaten der städtischen und auswärtigen Bürgerwehren, der Armee, der Mobilgarde, der republikanischen Garde, den Zöglingen der Hochschule etc. den wärmsten Dank für die gegen die Insurgenten bewiesene Tapferkeit zollt.</p> <p>5. Dekret, das die neuen Minister bekannt macht.</p> <p>‒ Der heutige Moniteur benachrichtigt diejenigen 2500 <hi rendition="#g">Fremden,</hi> die seit länger als fünf Jahren Frankreich bewohnen und bei der provisorischen Regierung um Verleihung des Bürgerrechts eingekommen waren, daß die ihnen von der provisorischen Regiegierung gestattete provisorische Ausübung des Wahlrechts bis auf weiteres wieder entzogen ist.</p> <p>‒ Derselbe <hi rendition="#g">Moniteur</hi> widerlegt heute erst eine Menge Gerüchte über vom Volke verübte Gräuel, z. B. Abschneiden der Ohren und Köpfe der Bürgerwehrmänner und der Mobilgarden, Zersägen der gefangenen Offiziere u. s. w., mit welchem sich die abonnentensüchtigen Bourgeoispresse so erbaulich ausstaffirt hatte.</p> <p>Diesen Vormittag hat eine <hi rendition="#g">Frauen-Revolution</hi> begonnen. Etwa fünfhundert Arbeiterinnen der Nationalwerkstätten hielten im Garten des Palais-Exroyal eine vorläufige Versammlung in welcher es sehr stürmisch herging. Es sind dies meist nur Delegirte, die sich über die einzuschlagenden Wege einigen sollen. In der That schlägt sich unser weibliches Proletariat nicht minder tapfer als das männliche.</p> <p>‒ Die Reforme bringt folgende offizielle Note: Einige Journale hatten angekündigt, daß man mehrere Frauen verhaftet, die vergifteten Wein und Branntwein den Soldaten verkauften. Verhaftungen von Markedenterinnen haben allerdings stattgefunden; aber es hat sich in Folge der chemischen Analyse, welche Herr Pelouze vorgenommen, auf die klarste Weise herausgestellt, daß auch nicht die Spur von einer giftigen Substanz in den so-</p> <p>Der berühmte Chemiker <hi rendition="#g">Pelouze</hi> ist derselbe, der zuerst die explodirende Kraft der in Salpetersäure getränkten Pflanzenfahne gleich in Beschlag genommenen Getränken sich vorgefunden haben entdeckt hat.</p> <p>Man hatte ebenfalls angezeigt, daß am 27. Juni eine Markedenterin arretirt worden sei, unter der Beschuldigung, vergifteten Branntwein im Quartier vom Gros-Caillon verkauft zu haben. Es wurde hinzugefügt, diese Markedenterin habe sich lebhaft widersetzt, als man sie arretiren wolle; man habe ihr nicht die Zeit gelassen, von einer Pistole Gebrauch zu machen etc.</p> <p>Die Frau, die im Quartier vom Gros-Caillon arretirt worden, ist keine Markedenterin; sie verkaufte keinen Branntwein, sondern sie war vom Branntwein berauscht.</p> <p>Die Maurer von Toulon haben folgenden Zettel in der ganzen Stadt anschlagen lassen:</p> <p>An die Eigenthümer Toulons!</p> <p>Bürger, wenn die Arbeit stillsteht, wenn der Arbeiter mit übereinandergeschlagenen Armen dasteht und gezwungen ist, nichts zu thun, und zwar in einer so beträchtlichen Stadt wie Toulon, dann leidet er: es mangeln ihm die beiden ersten und unumgänglichsten Bedingungen des Lebens:</p> <p>Arbeit und Brod.</p> <p>In dieser Lage sind gegenwärtig die Maurerarbeiter dieser Stadt.</p> <p>Es schmerzt sie, diese verzweifelte Lage kund thun zu müssen.</p> <p>Bürger, es steht in Eueer Gewalt, diesem beklagenswerthen Stande der Dinge Einhalt zu thun. Wartet nicht, bis der Arbeiter die gerechte Klage zu Euch gelangen läßt:</p> <p>Keine Arbeit.</p> <p>Ihr könnt diese Klage verstummen machen; die traurigen Umstände, welche die Arbeit gelähmt haben, verschwinden täglich mehr und mehr; aber unsere Hülfsquellen und unser Muth werden täglich minder, und die Entbehrungen, unter denen unsere Weiber und Kinder schmachten, täglich größer, schrecklicher.</p> <p>Der Arbeiter bedarf des Eigenthümers, der Eigenthümer des Arbeiters: sie sind gegenseitig nothwendig.</p> <p>Unsere Bedürfnisse sind immer dieselben; wir handeln immer unter derselben Nothwendigkeit. Noch ein Wort, Bürger, das letzte! den Arbeiter länger ohne Arbeit zu lassen, das hieße auf ihn alle Leiden ankommen lassen, die Euch ein Leichtes wären abzuwenden. Wir hegen die Ueberzeugung, daß Ihr sie abwenden werdet, weil wir überzeugt sind, daß Ihr unsere Brüder seid, wie wir die Eurigen.</p> <p>Im Namen der dreifach erhabenen Devise: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.</p> <p>Wir bitten Euch, die Augen um Euch aufzuschlagen.</p> <p>Brüderlichen Gruß.</p> </div> <div xml:id="ar032_019" type="jArticle"> <head>Toulon, den 19. Juni 1848.</head> <p>(Die Maurer von Toulon.)</p> <p>Die meisten Plätze von Paris, wie der Platz vom Pantheon, Saint Michel, Petit-Pont, der Blumenmarkt und der Platz vor dem Rathhause sind in völlige Lager umgewandelt und mit Truppen aller Waffengattungen besetzt.</p> <p>Die Straße Pourtour St. Gervais hat namentlich viel gelitten. Die alten Häuser sind durchlöchett von Kugelschüssen, dicht nebeneinander. Die Häuser im Anfange der Rue St. Antoine, nahe bei der Straße Cloche Perche sind theilweise in den Grund geschossen, theilweise von Kanonenkugeln und schwerem Geschütze durchbohrt.</p> <p>Alle Acacienbäume, nahe bei der Bastille, sind von Kanonenkugeln wie abgesägt.</p> <p>Der Eingang des Faubourg St. Antoine und namentlich die Straße Charenton bieten einen schauderhaften Anblick dar. Alle Häuser sind wie durchstöbert von Kanonenkugeln; ganze Flügel sind umgeworfen; ganze Mauertheile sind niedergerissen.</p> <p>Die Thurmspitze der Kirche St. Etienne du Mont ist von einer Kanonenkugel fortgeschleudert worden.</p> <p>‒ Die Redakteure der „Republique Rouge“ und des „Journal de la Canaille“ sind auf den Barrikaden des Foubourg du Temple gefallen. <hi rendition="#g">Cavaigne</hi> ehemaliger Redakteur der „Comune de Paris“ und Freund Sobriers ist arretirt.</p> <p>‒ Vier Generale sind gefallen, darunter ein Generallieutenant (Negrier) und 3 Brigadegenerale. Siebenzehn Generale sind verwundet, darunter fünf Generallieutenants, Bedeau, Duvivier, Regnault, la Fontaine und Clement Thomas. 31 höhere Offiziere sind getödtet, sowohl von der Linie, als von der Nationalgarde; über 112 höhere Offiziere sollen verwundet sein. Außerdem sind von der Nationalgarde 72 Offiziere getödtet und 218 verwundet. Die Linie soll ungefähr dieselbe Zahl verloren haben. Man zählt 5700 in den Spitälern und Feldlazarethen aufgenommene Verwundeten und 2000, die direkt in ihre eigne Wohnung gebracht worden sind.</p> <p>‒ Verflossene Nacht hat man sich im Gehölz von Boulogne geschlagen; ungefähr 600 Insurgenten hatten sich dorthin geflüchtet, General Lamoricière hat sie mit einer Eskadron Kavallerie gesprengt. Sie sind größtentheils gefangen genommen und denen hinzugefügt worden, die nach dem eben erlassenen Dekret der N.-V. zur Deportation verurtheilt sind. Dies Dekret muß bald möglichst in Vollzug gesetzt werden, denn <hi rendition="#g">die Lage der Gefangenen in Paris ist unerträglich;</hi> sie sind größtentheils in die weiten Gewölbe der Tuilerien gesperrt, die unter dem Schlosse her bis zum Konkordiaplatz sich erstrecken. Es sind das dieselben Souterrains, durch welche Louis Philipp entflohen ist. <hi rendition="#g">Dort sind sie ohne Luft, ohne Licht, und schlagen sich unter einander in der Dunkelheit.</hi> ‒ Wie Frankreich vor dem Bürgerkrieg und dem drohenden Bankerutt gerettet werden soll, es ist nicht abzusehen. Die Geschäfte stehen still, alle Welt ist ruinirt, Bald wird Niemand mehr beim besten Willen Steuern zahlen können. Der Bürgerkrieg dürfte nur für einen Augenblick ausgesetzt sein. Der Sieg hat die Frage nicht gelöst; es ist nur ein Waffenstillstand und bald wird die Zahl der Unzufriedenen groß genug sein, um den Wiederausbruch des Kampfes befürchten zu lassen.</p> <bibl>(Independ. Belge).</bibl> <p><hi rendition="#g">Lamennais</hi> sagt in seinem „Peuple constituant“: Was man auch von den Absichten der Insurgenten sagen möge, überall wo Repräsentanten zu ihnen kamen um sie anzureden, haben sie gesagt: <hi rendition="#g">Gesteht nur daß wir keine Plünderer sind.</hi> ‒ In dem <hi rendition="#g">Proudhonschen</hi> Représentant du Peuple lesen wir: Wir beklagen, wir bewundern sie aufrichtig, diese Nationalgarden, diese Liniensoldaten, diese Mobilgarden, die ihr Leben muthvoll für die Sache der Ordnung und der Familie hingegeben haben. Aber sind sie nicht ebenso bemitleidenswerth, diese unglücklichen Arbeiter, die für das Recht zu kämpfen und zu sterben glaubten, das jeder Mensch hat, von den Früchten seine Arbeit unter dem Himmel des Vaterlandes zu leben. Ach es ist das Elend, das ihnen die Flinte in die Hand gedrückt hat.“</p> <p>Wir fügen hier die Bemerkung eines Korrespondenten der belgischen „Indépendance bei, die also lautet: „<hi rendition="#g">Nicht ein einziges Journal hat den Muth oder den Willen die Wahrheit zu sagen über die Ereignisse.</hi> Nicht nur der Belagerungszustand legt diese Zurückhaltung auf; man fühlt die Nothwendigkeit die Geister zu beruhigen, die noch tief aufgeregt sind von den Erlebnissen der letzten Tage. So hat man die Füsillade der vorletzten Nacht auf dem Karrousselplatz und dem Tuilerienquai, die sonst als eine furchtbare Katastrophe gegolten hätte, als einen bloßen Lärm dargestellt. Ueber den wirklichen Antheil, den die Nationalgarde an der Insurrektion genommen hat, geben die Journale ebenfalls keine genauen Aufklärungen. Es steht fest, daß von der ersten und zweiten Legion (bekanntlich der Nobelgarde) nur eine kleine Anzahl gemeiner Gardisten, jedoch ohne ihre Waffen und ihre Uniform sich betheiligt haben. Eben so ist es mit weniger Ausnahme in der dritten. Aber schon in diesen ersten Legionen kannte man gewisse übelangeschriebene Leute, theils als conspirirende Reaktionaire, theils als Anhänger der rothen Republik. Bei einem Theile derselben wurden Nachsuchungen angestellt, man fand Gewehre, Pulver und Blei bei ihnen, hinlänglich um eine Kompagnie zu bewaffnen.</p> <p>Selbst die Kleinkrämer, die klassischen Freunde der Ordnung, sollen nicht jeder Theilnahme an der Revolte fremd geblieben sein. ‒ Aber hauptsächlich haben die 5., 7., 9. und 12. Legion, ohne gerade in zwei Theile getheilt zu sein, wie man gesagt hat, ihr Kontingent zur Insurrektion gestellt. Beim Pantheon kommandirte ein Bataillonschef, Namens Collet, die Insurgenten; er ist erschossen worden. Nationalgarden in Uniform sind in allen Barrikaden des Quartier Latin gesehen worden. Im Faubourg St. Antoine hat man ebenfalls mehrere Offiziere und Unteroffiziere der Nationalgarde ergriffen. Sehr viele, die nach Hause zurückgekehrt waren, wurden angezeigt und sofort verhaftet. Zu La Chapelle hatte der eine Bataillonschef den andern ‒ es sind ihrer zwei da ‒ gefangen genommen. In diesem Augenblick beginnen hier die Denunciationen, und die eine Hälfte der Gemeinde klagt die andere einer nur allzuwahren Theilnahme an dem Aufstande an.“</p> <p>Ueber die Theilnahme der Arbeiter sagt derselbe Korrespondent: Ein Bewohner des Faubourgs St. Antoine versicherte mir gestern, daß im Ganzen mehr kleine Fabrikanten und Werkführer in den Barrikaden gewesen, als eigentliche Arbeiter. Aber unter Arbeitern verstand er vorzugsweise die seines Handwerks, Arbeiter auf Zimmern, die größtentheils Familienväter sind, die Fabrikarbeiter und Tagelöhner kann er nicht gemeint haben.</p> </div> <div xml:id="ar032_020" type="jArticle"> <head>Paris, 30. Juni.</head> <p>Die Restaurationspartei fängt schon an ihre Gedanken und Hoffnungen ganz offen auszusprechen; was sie in Paris noch nicht wagt, das gesteht sie unverschleiert in belgischen Journalen, die zum Ruhme ihres konstitutionellen Musterstaates begierig Alles aufnehmen, was die französische Republik herabzusetzen, ihr baldiges Ende wahrscheinlich zu machen geeignet ist. In der „Emanzipation“ heißt es: der Sieg, den die Nationalgarde am 26. Juni zu Paris davongetragen hat, ist der erste Tag der <hi rendition="#g">Wiederherstellungen.</hi> Am 24. Februar war man herausgetreten aus der politischen Welt und der Gesellschaft. <hi rendition="#g">Am 26. Juni kehrt man zur gesellschaftlichen Ordnung zurück.</hi> Die Zeit, die Ueberlegung und der gesunde Sinn des Landes <hi rendition="#g">werden das Uebrige thun.</hi> ‒ Die Menschen, die vom 23. bis 26. Juni einen Verzweiflungskampf fochten, sind, sagt ihr, <hi rendition="#g">dieselben,</hi> die am 24. Februar das <hi rendition="#g">Königthum</hi> gestürzt haben. Die Aufrührer, gegen welche die Armee und Nationalgarde so viel Muth und Entschlossenheit entfaltet haben, sind dieselbe Aufrührer, gegen welche Armee und Nationalgarde nicht marschiren wollte am 23. Februar. Keine Täuschungen, keine Lügen, das ist die reine Wahrheit.</p> <p>‒ Man glaubt eine der deutschen Provinzial-Adressen vor sich zu haben, die stets mit so viel täppischer Voreiligkeit die geheimen Pläne und Tendenzen der Reaktion ausplaudern, wenn man die nachstehende Petition der Nationalgarde von Rouen liest, die eben an die Nationalversammlung mit „zahlreichen Unterschriften“ abgeht:</p> <p>„An die Mitglieder der National-Versammlung. Mitten im Herzen des Vaterlandes hat das Element des Umsturzes und der Vernichtung, verschworen gegen das Leben der Gesellschaft vier Tage lang sein schreckliches Banner aufgepflanzt. Die bewaffnete Nation hat seine furchtbare Herausforderung angenommen und der Kampf hat ein glorreiches Ende gehabt für die unerschrockenen Vertheidiger der öffentlichen Ordnung.</p> <p>Aber das reinste Blut ist vergossen worden und seine Spuren werden noch lange auf den Straßen und öffentlichen Plätzen von Paris sichtbar bleiben.</p> <p>Auf wen muß die Verantwortlichkeit dafür fallen? Die Nationalgarde steht nicht an sie auf die Regierung zu wälzen, d. h. auf die Vollziehungs-Kommission der Fünfe. Der Kampf war vorhergesehen und angekündigt. Was hat sie gethan ihm zuvorzukommen? Was hat sie gethan ihn zu unterdrücken? Die Insurgenten waren mit Waffen und Kriegsbedarf vollauf versehen. Woher sind sie dazu gelangt? Warum haben sie gleich von Anbeginn zahllose furchtbare Barrikaden erhoben ohne Hinderniß? Warum ist nicht gleich anfangs schleunig und kräftig eingeschritten worden?</p> <p>Die Vollziehungs-Kommission wußte was kommen sollte; sie hat es nicht verhindert. Beweist ihre Unthätigkeit nicht ihre Schuld?</p> <p>Darum hat sich auch ein ungeheurer Schrei des Entsetzens und der Verwerfung gegen sie erhoben. Sie ist gefallen. Das genügt nicht. Sie ist der Nation Rechenschaft schuldig für ihre Handlungen. Die Nationalgarde von Rouen verlangt, daß sie in Anklagestand versetzt werde.“</p> <p> <ref type="link"> <hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</hi> </ref> </p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar032_021" type="jArticle"> <head>Pesth, 18. Juni.</head> <p>Der illyrische Aufstand ist immer im Zunehmen und unsere Regierung hat sich genöthigt gesehen, in den angränzenden Komitaten 40,000 Nationalgarden binnen 10 Tagen mobil zu machen. Außerdem werden zwei Lager regulärer Truppen bei Essek und Szegedin gebildet. Ziehen wir die Einwohnerzahl des aufständischen Gebietes und der zunächst betheiligten angränzenden Komitate in Betracht, so stellt sich ein günstigeres Verhältniß für die Ungarn heraus. Nach der neuesten Konscription nämlich zählen dort die Magyaren 1,323.402, die mit diesen verbündeten Deutschen 485,836, die großentheils ungarnfreundlichen Walachen 651,055, dagegen die Raizen oder Serbier 378,352, die Kroaten 72,949, die Slaven 66,425 Seelen. Diesem für die Ungarn günstigeren numerischen Verhältniß gegenüber haben aber die Illyrier für sich die Berge, die wohlgeübten und tapfern Gränzer, den Kampf der Vertheidigung für Nationalität und Selbstständigkeit und endlich die sehr bedenkliche Ver- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0159/0003]
17 Paris, 29. Juni. Die Hinrichtungen en masse sind richtig in Flor; in jeder Nacht erschießt die Linie und Mobile auf dem Marsfeld 50-100 Gefangene. Die Leichname werden theils an Ort und Stelle vergraben, theils auf die Kirchhöfe in große Gruben bei nächtlicher Weile spedirt. Die Zeitungsschreiber, welche über dieses sprechen würden, sitzen fest, und so kommt es, daß kein Wörtchen davon gelesen wird. Einige Tausende von Brigands (lies: Gefangenen) werden schleunigst nach Havre geführt werden, zur Deportation nach den paar transatlantischen Inselchen, welche der herrschenden Klasse Frankreichs von den Engländern noch übrig gelassen sind. Nichts wird versäumt, um das Proletariat jetzt in Verruf zu bringen; alle Augenblicke sieht man einen Gardemobile als „Märyrer“ durch die Straßen in die Apotheke führen, wo ihm, als wäre er vergiftet, allerlei Essenzen eingeflößt werden, und die Leute jammern und ballen die Fäuste und schreien: ah les canailles, il faut les fusiller tous. In den Schlachttagen kam es öfter vor, daß Soldaten, die nichts als Schnaps und Rachenputzerwein im Magen hatten (an Essen war gar nicht zu denken), und die durch Hitze, Regen, Schweiß und Angst in viertägiger Nervenüberreizung waren, von Kolik befallen wurden; einige sollen in Reih' und Glied todt niedergesunken sein, was wohl kein Wunder ist, namentlich bei dem ungemein zarten Lebensalter der meisten Mobilgarden, die ohnehin auf ihre eigenen Kameraden feuern mußten. Da hieß es denn, wie immer in solchen Fällen, Marketenderinnen (nicht die militärischen, sondern die sogenannten ambulirenden) hätten Arsenikbranntwein eingeschenkt, und mehrere derselben wurden auf dem Fleck erschossen; z.B. Ecke der Rue Planche Mibray; dienstgefällige Pharmaceuten entdeckten natürlich sofort das vorausgesetzte Gift im Likör. ‒ Gestern Abend noch wohnte ich dreimal vermeintlichen Vergiftungen Rue du Temple und Faubourg du Temple bei. Aehnliches erlebte man Place Maubert bei Weinmarchands. Daß Frauen in Milchtöpfen Brode und unter ihren Kleidern Kartuschen den Insurgenten zutrugen, hat namentlich sehr erbittert; einige Spaziergängerinnen in seidenen Kleidern, dem Anschein nach, schwanger, wurden im fashionablen Faubourg St. Germain arretirt, und man erleichterte sie um einige Dutzend Patronen. In den Reihen der Vertheidiger der sozialen Ordnung sah man weit weniger, fast gar keine Frauen; ich bemerkte eine einzige, fein angezogen und mit einem Säbel, die neben ihrem Mobilgarden eine Schanze gestürmt hatte, während sehr viele Proletarierinnen freiwillig mit ihren Säuglingen sich auf die Barrikaden setzten mit dem Ruf: „Lieber ein einziges mal durch eine Kugel sterben, als hundert mal im Elende verfaulen“ (mieux vaut crever une bonne fois par une balle que pourrir cent fois dans la misére). Andere scheinen freilich nur wider Willen sich dorthin begeben zu haben. ‒ Die Leichen der reichen Schlachtopfer werden jetzt mit Pomp begraben; heute z. B. der Major Masson, ein Avoué aus der 11. Legion; andere werden einbalsamirt in die Provinzen zu ihren Familien zurückgesandt. Noch immer strömen die Provinzialnationalgarden nach Paris; man quartirt sie ein, wo nur irgend noch Raum ist; Kirchen und Mairieen, Ballsäle, Schauspielhäuser (auch das des Herrn Alexander Dumas) sind Kasernen, Spitäler und Leichenhäuser geworden. Die Leute von Melun und Etampes kamen in Eilmärschen, wobei mehrere erkrankten, und brachten Wagen voll Brod und mehrere gekochte ganze Schweine mit, da es bei ihnen hieß, die „Räuber“ hätten in Paris bereits alles in Beschlag genommen. ‒ Nächstens wird eine großartige Todtenfeier bei den Champs Elyse's stattfinden, und ein Monument errichtet werden; man spricht von siebentausend auf dem Pflaster Gefallenen, abgerechnet die Insurgenten und die im Bett Gestorbenen. Diese Zahl will ich nicht verbürgen. Nächstens wird man auch die „Dokumente“ veröffentlichen, die man im Hauptquartier der „Räuber“, unweit der Station der Rothschildsbahn, erobert hat, wo die Chefs hinter fünffachen Barrikaden, aus Mauerblöcken, Zimmerbalken, Eisenstangen und Mörtel verfertigt, die Kommando's austheilten, gefunden hat. Sie sollen Proben d'une scélératesse inouïe et infernale sein, und es ist nur zu verwundern, warum die Verfasser derselben sich mit diesen verfänglichen Papieren herumschleppten, statt sie an einem sichern Orte zu verwahren. Vielleicht verhält es sich jedoch damit, wie mit den berüchtigten „Dokumenten“ die die Bourgeoisgarde im Hause Sobrier's am 15. Mai fischte, und mit Burgunderwein durchtränkt, im „Siècle“ abdruckte.
So eben heißt es, im Faubourg St. Marcel, wo der Maire als Insurgent verhaftet worden, brächen bei Gelegenheit der allgemeinen Entwaffnung der 12. Legion, deren Oberst einst Barbès war, Unruhen aus; man hört einige Schüsse, und sieht Truppenmassen dorthin ziehen. Diese ganze Legion hat, mit Ausnahme von etwa einem Hunderttheil, auf Seiten der Insurrektion gestanden.
Paris, 29. Juni. Das Ministerium ist definitiv zusammengesetzt, wie folgt:
1. Senard, Inneres; 2. Bastide, Auswärtiges; 3. Goudchaux, Finanzen; 4. Bethmont, Justiz; 5. Lamoricière, Krieg; 6. Carnot, Unterricht; 7. Tourret, Ackerbau und Handel; 8. Recurt, Staatsbauten; 9. Leblanc, Admiral, Marine.
‒ Der Moniteur enthält folgendes Amtliche: 1. Dekret, das erklärt, daß Senard, Präsident der Nationalversammlung, sich wohl um das Vaterland verdient gemacht.
2. Dekret, das dem General Cavaignac dieselbe Ehre ausspricht.
3. Dekret, in welchem die Nationalversammlung ihre Trauer um den Tod des Erzbischofs ausspricht.
4. Dekret, das den Generälen, Ober- und Unterlieutenants und Soldaten der städtischen und auswärtigen Bürgerwehren, der Armee, der Mobilgarde, der republikanischen Garde, den Zöglingen der Hochschule etc. den wärmsten Dank für die gegen die Insurgenten bewiesene Tapferkeit zollt.
5. Dekret, das die neuen Minister bekannt macht.
‒ Der heutige Moniteur benachrichtigt diejenigen 2500 Fremden, die seit länger als fünf Jahren Frankreich bewohnen und bei der provisorischen Regierung um Verleihung des Bürgerrechts eingekommen waren, daß die ihnen von der provisorischen Regiegierung gestattete provisorische Ausübung des Wahlrechts bis auf weiteres wieder entzogen ist.
‒ Derselbe Moniteur widerlegt heute erst eine Menge Gerüchte über vom Volke verübte Gräuel, z. B. Abschneiden der Ohren und Köpfe der Bürgerwehrmänner und der Mobilgarden, Zersägen der gefangenen Offiziere u. s. w., mit welchem sich die abonnentensüchtigen Bourgeoispresse so erbaulich ausstaffirt hatte.
Diesen Vormittag hat eine Frauen-Revolution begonnen. Etwa fünfhundert Arbeiterinnen der Nationalwerkstätten hielten im Garten des Palais-Exroyal eine vorläufige Versammlung in welcher es sehr stürmisch herging. Es sind dies meist nur Delegirte, die sich über die einzuschlagenden Wege einigen sollen. In der That schlägt sich unser weibliches Proletariat nicht minder tapfer als das männliche.
‒ Die Reforme bringt folgende offizielle Note: Einige Journale hatten angekündigt, daß man mehrere Frauen verhaftet, die vergifteten Wein und Branntwein den Soldaten verkauften. Verhaftungen von Markedenterinnen haben allerdings stattgefunden; aber es hat sich in Folge der chemischen Analyse, welche Herr Pelouze vorgenommen, auf die klarste Weise herausgestellt, daß auch nicht die Spur von einer giftigen Substanz in den so-
Der berühmte Chemiker Pelouze ist derselbe, der zuerst die explodirende Kraft der in Salpetersäure getränkten Pflanzenfahne gleich in Beschlag genommenen Getränken sich vorgefunden haben entdeckt hat.
Man hatte ebenfalls angezeigt, daß am 27. Juni eine Markedenterin arretirt worden sei, unter der Beschuldigung, vergifteten Branntwein im Quartier vom Gros-Caillon verkauft zu haben. Es wurde hinzugefügt, diese Markedenterin habe sich lebhaft widersetzt, als man sie arretiren wolle; man habe ihr nicht die Zeit gelassen, von einer Pistole Gebrauch zu machen etc.
Die Frau, die im Quartier vom Gros-Caillon arretirt worden, ist keine Markedenterin; sie verkaufte keinen Branntwein, sondern sie war vom Branntwein berauscht.
Die Maurer von Toulon haben folgenden Zettel in der ganzen Stadt anschlagen lassen:
An die Eigenthümer Toulons!
Bürger, wenn die Arbeit stillsteht, wenn der Arbeiter mit übereinandergeschlagenen Armen dasteht und gezwungen ist, nichts zu thun, und zwar in einer so beträchtlichen Stadt wie Toulon, dann leidet er: es mangeln ihm die beiden ersten und unumgänglichsten Bedingungen des Lebens:
Arbeit und Brod.
In dieser Lage sind gegenwärtig die Maurerarbeiter dieser Stadt.
Es schmerzt sie, diese verzweifelte Lage kund thun zu müssen.
Bürger, es steht in Eueer Gewalt, diesem beklagenswerthen Stande der Dinge Einhalt zu thun. Wartet nicht, bis der Arbeiter die gerechte Klage zu Euch gelangen läßt:
Keine Arbeit.
Ihr könnt diese Klage verstummen machen; die traurigen Umstände, welche die Arbeit gelähmt haben, verschwinden täglich mehr und mehr; aber unsere Hülfsquellen und unser Muth werden täglich minder, und die Entbehrungen, unter denen unsere Weiber und Kinder schmachten, täglich größer, schrecklicher.
Der Arbeiter bedarf des Eigenthümers, der Eigenthümer des Arbeiters: sie sind gegenseitig nothwendig.
Unsere Bedürfnisse sind immer dieselben; wir handeln immer unter derselben Nothwendigkeit. Noch ein Wort, Bürger, das letzte! den Arbeiter länger ohne Arbeit zu lassen, das hieße auf ihn alle Leiden ankommen lassen, die Euch ein Leichtes wären abzuwenden. Wir hegen die Ueberzeugung, daß Ihr sie abwenden werdet, weil wir überzeugt sind, daß Ihr unsere Brüder seid, wie wir die Eurigen.
Im Namen der dreifach erhabenen Devise: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Wir bitten Euch, die Augen um Euch aufzuschlagen.
Brüderlichen Gruß.
Toulon, den 19. Juni 1848. (Die Maurer von Toulon.)
Die meisten Plätze von Paris, wie der Platz vom Pantheon, Saint Michel, Petit-Pont, der Blumenmarkt und der Platz vor dem Rathhause sind in völlige Lager umgewandelt und mit Truppen aller Waffengattungen besetzt.
Die Straße Pourtour St. Gervais hat namentlich viel gelitten. Die alten Häuser sind durchlöchett von Kugelschüssen, dicht nebeneinander. Die Häuser im Anfange der Rue St. Antoine, nahe bei der Straße Cloche Perche sind theilweise in den Grund geschossen, theilweise von Kanonenkugeln und schwerem Geschütze durchbohrt.
Alle Acacienbäume, nahe bei der Bastille, sind von Kanonenkugeln wie abgesägt.
Der Eingang des Faubourg St. Antoine und namentlich die Straße Charenton bieten einen schauderhaften Anblick dar. Alle Häuser sind wie durchstöbert von Kanonenkugeln; ganze Flügel sind umgeworfen; ganze Mauertheile sind niedergerissen.
Die Thurmspitze der Kirche St. Etienne du Mont ist von einer Kanonenkugel fortgeschleudert worden.
‒ Die Redakteure der „Republique Rouge“ und des „Journal de la Canaille“ sind auf den Barrikaden des Foubourg du Temple gefallen. Cavaigne ehemaliger Redakteur der „Comune de Paris“ und Freund Sobriers ist arretirt.
‒ Vier Generale sind gefallen, darunter ein Generallieutenant (Negrier) und 3 Brigadegenerale. Siebenzehn Generale sind verwundet, darunter fünf Generallieutenants, Bedeau, Duvivier, Regnault, la Fontaine und Clement Thomas. 31 höhere Offiziere sind getödtet, sowohl von der Linie, als von der Nationalgarde; über 112 höhere Offiziere sollen verwundet sein. Außerdem sind von der Nationalgarde 72 Offiziere getödtet und 218 verwundet. Die Linie soll ungefähr dieselbe Zahl verloren haben. Man zählt 5700 in den Spitälern und Feldlazarethen aufgenommene Verwundeten und 2000, die direkt in ihre eigne Wohnung gebracht worden sind.
‒ Verflossene Nacht hat man sich im Gehölz von Boulogne geschlagen; ungefähr 600 Insurgenten hatten sich dorthin geflüchtet, General Lamoricière hat sie mit einer Eskadron Kavallerie gesprengt. Sie sind größtentheils gefangen genommen und denen hinzugefügt worden, die nach dem eben erlassenen Dekret der N.-V. zur Deportation verurtheilt sind. Dies Dekret muß bald möglichst in Vollzug gesetzt werden, denn die Lage der Gefangenen in Paris ist unerträglich; sie sind größtentheils in die weiten Gewölbe der Tuilerien gesperrt, die unter dem Schlosse her bis zum Konkordiaplatz sich erstrecken. Es sind das dieselben Souterrains, durch welche Louis Philipp entflohen ist. Dort sind sie ohne Luft, ohne Licht, und schlagen sich unter einander in der Dunkelheit. ‒ Wie Frankreich vor dem Bürgerkrieg und dem drohenden Bankerutt gerettet werden soll, es ist nicht abzusehen. Die Geschäfte stehen still, alle Welt ist ruinirt, Bald wird Niemand mehr beim besten Willen Steuern zahlen können. Der Bürgerkrieg dürfte nur für einen Augenblick ausgesetzt sein. Der Sieg hat die Frage nicht gelöst; es ist nur ein Waffenstillstand und bald wird die Zahl der Unzufriedenen groß genug sein, um den Wiederausbruch des Kampfes befürchten zu lassen.
(Independ. Belge). Lamennais sagt in seinem „Peuple constituant“: Was man auch von den Absichten der Insurgenten sagen möge, überall wo Repräsentanten zu ihnen kamen um sie anzureden, haben sie gesagt: Gesteht nur daß wir keine Plünderer sind. ‒ In dem Proudhonschen Représentant du Peuple lesen wir: Wir beklagen, wir bewundern sie aufrichtig, diese Nationalgarden, diese Liniensoldaten, diese Mobilgarden, die ihr Leben muthvoll für die Sache der Ordnung und der Familie hingegeben haben. Aber sind sie nicht ebenso bemitleidenswerth, diese unglücklichen Arbeiter, die für das Recht zu kämpfen und zu sterben glaubten, das jeder Mensch hat, von den Früchten seine Arbeit unter dem Himmel des Vaterlandes zu leben. Ach es ist das Elend, das ihnen die Flinte in die Hand gedrückt hat.“
Wir fügen hier die Bemerkung eines Korrespondenten der belgischen „Indépendance bei, die also lautet: „Nicht ein einziges Journal hat den Muth oder den Willen die Wahrheit zu sagen über die Ereignisse. Nicht nur der Belagerungszustand legt diese Zurückhaltung auf; man fühlt die Nothwendigkeit die Geister zu beruhigen, die noch tief aufgeregt sind von den Erlebnissen der letzten Tage. So hat man die Füsillade der vorletzten Nacht auf dem Karrousselplatz und dem Tuilerienquai, die sonst als eine furchtbare Katastrophe gegolten hätte, als einen bloßen Lärm dargestellt. Ueber den wirklichen Antheil, den die Nationalgarde an der Insurrektion genommen hat, geben die Journale ebenfalls keine genauen Aufklärungen. Es steht fest, daß von der ersten und zweiten Legion (bekanntlich der Nobelgarde) nur eine kleine Anzahl gemeiner Gardisten, jedoch ohne ihre Waffen und ihre Uniform sich betheiligt haben. Eben so ist es mit weniger Ausnahme in der dritten. Aber schon in diesen ersten Legionen kannte man gewisse übelangeschriebene Leute, theils als conspirirende Reaktionaire, theils als Anhänger der rothen Republik. Bei einem Theile derselben wurden Nachsuchungen angestellt, man fand Gewehre, Pulver und Blei bei ihnen, hinlänglich um eine Kompagnie zu bewaffnen.
Selbst die Kleinkrämer, die klassischen Freunde der Ordnung, sollen nicht jeder Theilnahme an der Revolte fremd geblieben sein. ‒ Aber hauptsächlich haben die 5., 7., 9. und 12. Legion, ohne gerade in zwei Theile getheilt zu sein, wie man gesagt hat, ihr Kontingent zur Insurrektion gestellt. Beim Pantheon kommandirte ein Bataillonschef, Namens Collet, die Insurgenten; er ist erschossen worden. Nationalgarden in Uniform sind in allen Barrikaden des Quartier Latin gesehen worden. Im Faubourg St. Antoine hat man ebenfalls mehrere Offiziere und Unteroffiziere der Nationalgarde ergriffen. Sehr viele, die nach Hause zurückgekehrt waren, wurden angezeigt und sofort verhaftet. Zu La Chapelle hatte der eine Bataillonschef den andern ‒ es sind ihrer zwei da ‒ gefangen genommen. In diesem Augenblick beginnen hier die Denunciationen, und die eine Hälfte der Gemeinde klagt die andere einer nur allzuwahren Theilnahme an dem Aufstande an.“
Ueber die Theilnahme der Arbeiter sagt derselbe Korrespondent: Ein Bewohner des Faubourgs St. Antoine versicherte mir gestern, daß im Ganzen mehr kleine Fabrikanten und Werkführer in den Barrikaden gewesen, als eigentliche Arbeiter. Aber unter Arbeitern verstand er vorzugsweise die seines Handwerks, Arbeiter auf Zimmern, die größtentheils Familienväter sind, die Fabrikarbeiter und Tagelöhner kann er nicht gemeint haben.
Paris, 30. Juni. Die Restaurationspartei fängt schon an ihre Gedanken und Hoffnungen ganz offen auszusprechen; was sie in Paris noch nicht wagt, das gesteht sie unverschleiert in belgischen Journalen, die zum Ruhme ihres konstitutionellen Musterstaates begierig Alles aufnehmen, was die französische Republik herabzusetzen, ihr baldiges Ende wahrscheinlich zu machen geeignet ist. In der „Emanzipation“ heißt es: der Sieg, den die Nationalgarde am 26. Juni zu Paris davongetragen hat, ist der erste Tag der Wiederherstellungen. Am 24. Februar war man herausgetreten aus der politischen Welt und der Gesellschaft. Am 26. Juni kehrt man zur gesellschaftlichen Ordnung zurück. Die Zeit, die Ueberlegung und der gesunde Sinn des Landes werden das Uebrige thun. ‒ Die Menschen, die vom 23. bis 26. Juni einen Verzweiflungskampf fochten, sind, sagt ihr, dieselben, die am 24. Februar das Königthum gestürzt haben. Die Aufrührer, gegen welche die Armee und Nationalgarde so viel Muth und Entschlossenheit entfaltet haben, sind dieselbe Aufrührer, gegen welche Armee und Nationalgarde nicht marschiren wollte am 23. Februar. Keine Täuschungen, keine Lügen, das ist die reine Wahrheit.
‒ Man glaubt eine der deutschen Provinzial-Adressen vor sich zu haben, die stets mit so viel täppischer Voreiligkeit die geheimen Pläne und Tendenzen der Reaktion ausplaudern, wenn man die nachstehende Petition der Nationalgarde von Rouen liest, die eben an die Nationalversammlung mit „zahlreichen Unterschriften“ abgeht:
„An die Mitglieder der National-Versammlung. Mitten im Herzen des Vaterlandes hat das Element des Umsturzes und der Vernichtung, verschworen gegen das Leben der Gesellschaft vier Tage lang sein schreckliches Banner aufgepflanzt. Die bewaffnete Nation hat seine furchtbare Herausforderung angenommen und der Kampf hat ein glorreiches Ende gehabt für die unerschrockenen Vertheidiger der öffentlichen Ordnung.
Aber das reinste Blut ist vergossen worden und seine Spuren werden noch lange auf den Straßen und öffentlichen Plätzen von Paris sichtbar bleiben.
Auf wen muß die Verantwortlichkeit dafür fallen? Die Nationalgarde steht nicht an sie auf die Regierung zu wälzen, d. h. auf die Vollziehungs-Kommission der Fünfe. Der Kampf war vorhergesehen und angekündigt. Was hat sie gethan ihm zuvorzukommen? Was hat sie gethan ihn zu unterdrücken? Die Insurgenten waren mit Waffen und Kriegsbedarf vollauf versehen. Woher sind sie dazu gelangt? Warum haben sie gleich von Anbeginn zahllose furchtbare Barrikaden erhoben ohne Hinderniß? Warum ist nicht gleich anfangs schleunig und kräftig eingeschritten worden?
Die Vollziehungs-Kommission wußte was kommen sollte; sie hat es nicht verhindert. Beweist ihre Unthätigkeit nicht ihre Schuld?
Darum hat sich auch ein ungeheurer Schrei des Entsetzens und der Verwerfung gegen sie erhoben. Sie ist gefallen. Das genügt nicht. Sie ist der Nation Rechenschaft schuldig für ihre Handlungen. Die Nationalgarde von Rouen verlangt, daß sie in Anklagestand versetzt werde.“
(Siehe den Verfolg in der Beilage.)
Ungarn. Pesth, 18. Juni. Der illyrische Aufstand ist immer im Zunehmen und unsere Regierung hat sich genöthigt gesehen, in den angränzenden Komitaten 40,000 Nationalgarden binnen 10 Tagen mobil zu machen. Außerdem werden zwei Lager regulärer Truppen bei Essek und Szegedin gebildet. Ziehen wir die Einwohnerzahl des aufständischen Gebietes und der zunächst betheiligten angränzenden Komitate in Betracht, so stellt sich ein günstigeres Verhältniß für die Ungarn heraus. Nach der neuesten Konscription nämlich zählen dort die Magyaren 1,323.402, die mit diesen verbündeten Deutschen 485,836, die großentheils ungarnfreundlichen Walachen 651,055, dagegen die Raizen oder Serbier 378,352, die Kroaten 72,949, die Slaven 66,425 Seelen. Diesem für die Ungarn günstigeren numerischen Verhältniß gegenüber haben aber die Illyrier für sich die Berge, die wohlgeübten und tapfern Gränzer, den Kampf der Vertheidigung für Nationalität und Selbstständigkeit und endlich die sehr bedenkliche Ver-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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