Neue Rheinische Zeitung. Nr. 25. Köln, 25. Juni 1848.* Wien, 20. Juni. Der Kaiser wird die konstituirende Versammlung nicht in Person eröffnen, sondern durch den Erzherzog Johann eröffnen lassen. - Eine Ablösungsordnung für Illyrien ist erschienen, welche sich von den bisher in Deutschland eingeführten Reglements für Verwandlung der Feudallasten in Geldrente wenig unterscheidet. 39 Wien, 19. Juni Nachmittags. So eben wird in der ganzen Stadt Generalmarsch geschlagen und Militär und Nationalgarden ziehen gegen die Arbeiter, welche an die Linien heranrücken. Die früher eingetretene Beschwichtigung der Arbeiter hat also nicht lange vorgehalten. Italien.
** Rom, 13. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Turin, 16. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Neapel. Mehrere Crociati, die theils wegen Wunden, theils wegen andern Krankheiten, nach Neapel zurückkehrten, sind sofort in's Gefängniß geschleppt worden. Ihr Verbrechen ist, gegen die Oestreicher gekämpft zu haben. * Bologna, 13. Juni. Ein hiesiger Bürger hat mit Durando und Lentulus gesprochen, und von ihnen erfahren, daß die Bevölkerung von Vicenza, als sie viele ihrer Häuser von den feindlichen Bomben in Brand gesteckt sah, den Durando zur Kapitulation gezwungen hat. Der tapfere General zerbiß sich die Hände vor Wuth und Verzweiflung. Bologna, 10. Juni. Es sind hier an 40 polnische Offiziere eingetroffen, denen bald ein polnisches Bataillon von mehr als 600 Mann folgen wird. Sie kommen, nachdem sie durch den Verrath der preußischen Regierung zum Verlassen des Großherzogthums Posen gezwungen worden, um an dem Kampf für die Sache Italiens Theil zu nehmen. Sie sind vom Ministerium in Rom herzlich willkommen geheißen. Civitavecchia, 12. Juni. Ich habe sichere Nachrichten, daß das 2. Linienregiment und das 1. Bataillon Jäger, die nach Kalabrien geschickt wurden, bereits zu den Insurgenten übergegangen sind. Messina wird bombardirt. Vorgestern Abend gingen neue Truppen nach Kalabrien ab. Neapel steht auf dem Punkte, abermals bombardirt und von den Lazzaroni geplündert zu werden. (Il Contemporaneo.)** Neapel, 8. Juni. Das unter heutigem Datum veröffentlichte Gesetz über die Reorganisation der Nationalgarde ist ein neuer Beweis von der Heimtücke, mit der "Ferdinando Borbone" (wie ihn die italiänischen Blätter nennen), die unverschämtesten absolutistischen Zwecke unter den konstitutionellsten Redensarten zu verbergen sucht, "In Betracht, daß sofort eine neue Nationalgarde gebildet werden muß, um den ehrenvollen Dienst wahrzunehmen, den ihr die Gesetze auferlegen, sowohl bei den Wahlkollegien, die auf den 15. d. M. berufen sind, wie bei den gesetzgebenden Kammern, die am 1. des nächsten Monats feierlich eröffnet werden" ... dekretirt Ferdinand, daß in jedem der 12 Bezirke der Stadt Neapel eine Kompagnie Nationalgarde von 200 Mann gebildet und in drei Bataillone eingetheilt werden, die der Fürst v. Fondi, der Kav. Don Ant. Donnorso und Don Gennaro Pandolfelli befehligen sollen. "In jedem Bezirk wird ein Comite von vier Notabeln, die der Intendant der Provinz ernennt, binnen drei Tagen die nöthigen 200 Mann aus den Reihen der ehemaligen (guardia d'interna sicurezza) auswählen und dabei diejenigen hinzuziehen, die der Klasse der Hausbesitzer, der Beamten und der ansässigen Handwerker und Kaufleute angehören, und durch ihr Betragen der Aufrechthaltung der Ordnung und der Konstitution vom 10. Februar Garantien bieten." Diese 12 Kompagnien wählen dann ihre Offiziere und Unteroffiziere selbst. Dies Dekret, das "auf Antrag des Ministers des Innern" verfaßt sein soll, aber von keinem Minister kontrasignirt ist, schafft also unter dem Namen von Nationalgarde eine vollständige Polizeigarde. Die großen Bourgeois und die Beamten, die ihren Kern bilden, müssen sich zu diesem Gensdarmerie-Institut hergeben, und als ob ihre gesellschaftliche Stellung nicht schon hinreichende Garantien für die absolutistischen Gelüste des Königs böte, wird noch besonders dafür gesorgt, daß nur die "Bestgesinnten" hinzugezogen werden. Ferdinand, nicht zufrieden mit seiner Schweizergarde und Armee, hat nun auch seine Partei in der Stadt Neapel militärisch organisirt. Die Wahlkollegien und die Kammern werden unter einer von 2400 servilen Bürgerbajonetten getragenen Diktatur stimmen. Aber trotz alledem wird er den Gang der Revolution nicht aufhalten. Französische Republik.
39 Paris, 22. Juni. Der Groll der Massen steigt. Die Brigadiers der Nationalateliers (jetzt haben sie auch einen eigenen Klub) erlassen so eben eine Affische an Herrn Goudchaux, worin es heißt : "Herr Bankier, Sie freilich wären hoch erfreut, wenn die für die Ateliers der französischen Nation bestimmten Schatzgelder hübsch seitwärts in die Privatkassen der Industriellen flössen, die damit ja die fälligen Commercebillets abzahlen könnten. Aber bedenken Sie, Herr, daß wir auf den Barrikaden uns das ewige Anrecht auf Arbeitssicherung von Seiten der Republik erfochten haben. Sie freilich meinen, wir könnten 6 oder 8 Fr. bei Privaten verdienen, und zögen eigensinnig es vor, im Nationalatelier 25 Sous mit ""Nichtsthun"" zu gewinnen. Seien Sie so gütig, Herr Goudchaux, uns die Adressen der 6 und 8 Frankenarbeit zu geben. Nur ein Blinder würde läugnen, daß Sie die Nationalateliers zerstören wollen, obschon Sie sich des Wortes "Neuorganisiren" bedienen; oh, wir verstehen das nur allzu gut! Lügen auf Lügen trägt man über uns im Publikum herum, bald sollen wir dies, bald jenes verlangen oder verweigern. Aber wir sagen Ihnen ein für alle Mal, wir wollen nur drei Dinge: gute zweckmäßige Arbeit für Alle, guten Absatz und Tagelohn, endlich gute Versorgung in Krankheit und Alter. Sie wehklagen über das Loos des Kaufmanns, des Zwischenhändlers; was soll aber aus uns werden? wir zählen über hunderttausend in Paris allein, wo wir Ihnen Barrikaden bauten." - Der "Accusateur public" von Alfons Esquiros fragt: "Ihr Herren Ritter von der Chaussee d'Antin, ihr edeln Spieler au Lansquenet, die ihr unter L. Philipp so weidlich Escroquerie triebt, hier mit 4000, da mit 6000 Franken die Kleider- und Putzbazars betrogt, wie könnt ihr's doch wagen dem Ouvrier heute sein sogenanntes Nichtsthun vorzuwerfen?" - Der "Pilori" bringt eine große Vignette, wo Herr Adolph Thiers am Pranger steht mit Brille und lächelndem Gesichtchen: "L. A. Thiers, geb. 1797, 16. April (26. Germinal, Jahr V) zu Marseille, ist verurtheilt zur öffentlichen Ausstellung und Brandmarkung, als schuldig der Undankbarkeit, Intrigue, Geschichtsverfälschung, Lüge, Plünderung des Staatsschatzes, des Blutvergießens und des Hasses gegen unsere demokratisch-sociale Republik. Er gleicht dem indischen Reisenden in jenem Mährchen, der sich an die schönste Tafel setzt, satt speist, und beim Fortgehen Gift auf alle Gerichte streut. Er ist ein Figaro, der jedem Meister sich vermiethet und kratzfüßelt und hinterdrein ihn verräth; anfangs hieß er bloß Macchiavel die Milbe, oder Mirabeau die Fliege; später lernte er Millionen Franken taschenspielern, Zwanzigpfünder gießen, Menschen abschlachten, die Presse maulkorben; das war ein handgreiflicher Fortschritt. Bevor dieser Heros jedoch den Präsidententhron besteigt, möge er den Thron der Infamie, hier diesen Pranger, genießen." Held Bonaparte hat nur deshalb abgedankt, um bei den in Kurzem statthabenden Ersatzwahlen einige hunderttausend Stimmen mehr zu bekommen; an verschiedenen Wahlorten wird wieder tüchtig für ihn geworben. Die ganze Bonapartische Sippschaft ist jetzt auf den Beinen; die zwei auf den Repräsentantenbänken bereits sitzenden, aus Korsika, waren gleichsam die Vorposten; jetzt hat man den Sohn des Königs v. Westphalen zum Obersten der II. Nationalgardenlegion proponirt; Duelle fallen auch schon vor zwischen seinen Anhängern und den Lamartinisten. - Die Reaktion zeigt sich auf allen Ecken; z. B. reklamiren jetzt die Portiers vom Tuilerienschloß und Palais National 16,000 Franken Entschädigung für eingeschlagene Fenster u. s. w.; man hatte nämlich philanthropisch genug diese louisphilippschen Bedienten nach dem Februar in ihren Sinekuren belassen. Das Gerücht geht, Marrast wolle die Säle der Ouvrierklubs schließen; die "Republique rouge" bemerkt hiebei: "Maire von Paris war einst ein Pethion, und ein Bailly; unsere Väter brachen den Stab über sie; möge der Maire Marrast sich danach richten. Schön ist es wenn man väterlich geprügelt wird; schöner noch wenn man brüderlich im Namen der Republik gefoppt wird; die republikanische Garde, diese 2600 Wackern, die unser Caussidiere auserlesen, sind jetzt reorganisirt, d. h. man hat ihre 150, selbstgewählten Offiziere abgesetzt und Municipalgardenoffiziere oder deren Gleichgesinnte mit der Epaulette geschmückt; man hat manchen Soldaten verabschiedet und Expolicisten einrollirt. Aber Geduld, es kommt gewiß bald noch schöneres, liebe Pariser." Der "Tocsin des Travailleurs" ruft: "Herr Victor Hugo, ein Wort zwischen uns: Sie sind ein Napoleonist, ein Phrasenmacher, ein Volksfeind; in Ihrer langgezogenen Predigt haben Sie geschickt wie ein Jesuit die Ansicht ausgesprochen, die Leute der Nationalateliers seien eigentlich die Pariser Lazzaroni. Wir danken Ihnen, edler Dichter, für diese Infamie. Ha, der hohe Akademiker bückt sich, hebt die Steine auf, die Bourgeoishänden entfallen sind, und wirft nach dem Volke! Bravo. In wenig Tagen werden Tausende von Ouvriers aus Paris in die ferne Sologne marschiren müssen a einen Fr. per Tag, um dort Kanäle zu stechen, d. h. den pariser Bourgeois vom Alpdruck zu befreien; jetzt sind diese Werbungen freiwillig, bald sind sie gezwungen, und keiner darf sein Nationalgardengewehr mitnehmen, merkt's wohl. Und vergeßt nicht was Sibert uns in seinen Affischen zuruft: Die Thiere alein brauchen einen Herrn. Ihr wißt, die Zeitung der Nationalassemblee sagt: mit Lyon muß man endigen wie mit Paris. Ihr habt Alle gelesen daß die Bauern sich bethören lassen und einen Kaiser verlangen wegen der 45 Centimen; wenn Ihr in die Landes und Sologne kommt, belehrt sie eines Bessern; sagt ihnen sie sollen den Landvermessern in's Gesicht lachen, welche von den Royalisten in den Süden geschickt werden und aussprengen: die kommunistische Partei in Paris lasse schon jetzt die Aecker neu ausmessen, da die Bodentheilung nächstens losgehe. Klärt die armen Egoisten auf!" - National-Versammlung. Sitzung vom 22. Juni. Präsident Senard eröffnet dieselbe um 1 Uhr. Champrant dringt auf Wiederinkraftsetzung der Verordnung vom 10. Juni 1793 rücksichtlich der Gemeindegüter. Antony Thouret legt seinen Antrag auf Aufhebung des Tabakmonopols vom 1. Januar 1849 an vor. Dann debattirte man sich lange über den Antrag auf Gleichstellung der in Algerien ansäßigen Majorennen Franzosen; Isambert wollte sogar für diesen Gegenstand eine Dringlichkeitserklärung erwirkt sehen; allein die Versammlung zeigte damit keine solche Eile und ließ den Antrag vorläufig liegen. Admiral Casy bestieg dann die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er diesen Morgen Depeschen aus den Antillen erhalten, die ihm melden, daß auf Martinique und Guadeloupe ein allgemeiner Sklavenaufruhr ausgebrochen sei, daß sich die Eigenthümer der Pflanzungen durch die Flucht hätten retten müssen, und daß endlich der Gouverneur gezwungen worden sei, die Freiheit der Sklaven an beiden Orten auszusprechen. (Stimmen zur Rechten: Für das vergossene Eigenthümerblut ist die provis. Regierung verantwortlich! Zur Linken: Schweigen Sie! Schweigen Sie!) Mehrere Glieder hätten wo möglich gern sofort eine Anklage gegen jene Freiheitsdekrete geschleudert; allein sie sahen sich nicht unterstützt und die Versammlung kehrte nach ein Paar Minuten über Latrade's Arbeiter-Antrag, zur Getränkesteuer zurück. Das Gesetz der provis. Regierung vom 31. März wird mit dem 10. Juli abgeschafft und der Entwurf des Finanzausschusses genehmigt. Neue Niederlage der vorigen Regierung. Perree, achtbarer Epicier und Miteigenthümer des Siecle, erhielt dann das Wort zu seiner Interpellation. Ich will mich nicht als Werkzeug von Journalgerüchten und sonstigen Ausfällen enttäuschter Hoffnungen hinstellen, aber wenn man in fast allen Blättern solche Anschuldigungen liest, wie sie die Assemblee nationale im Boissy'schen Briefe aus Florenz, so glaube ich der Regierung eine Gelegenheit zu verschaffen, den guten Ruf unserer Vertreter im Auslande zu retten. Bastide, Minister des Auswärtigen, dankt dem Vorredner und erklärt, daß ihm die beantragte Reinigung des diplomatischen Corps um so leichter sei als er sich hierin vom Ausschuß für's Auswärtige fleißig unterstützt sehe. Die Versammlung schritt dann zur wichtigsten aller Tagesfragen, nämlich zur Eisenbahn-Expropriation. (4 Uhr.) Die Eisenbahnfrage glich eigentlich schon einer ausgepreßten Zitrone, noch ehe sie zur Diskussion kam. Die Presse hat sie bereits durchgepreßt und man kann sagen, daß wenig Saft mehr übrig bleibt. Die Kapitalisten sind gegen, die Proletarier für die Expropriation im Allgemeinen. Das ist die äußere Stimmung. Montalembert, Chef der ultramontanen Partei, sprach über anderthalb Stunden. Es war sehr erbaulich, den bekannten Jesuitenfreund über Staatsökonomie statt über aargauische oder luzerner Klöster sprechen zu hören. Der Staat, bewies er, dürfe weder als Producent, noch als Ausbeuter, noch als Kommissionar, noch als Industrieller auftreten. Er könne ihm höchstens das Post-, Salz- und Tabaksmonopol zugestehen. Sich des Eisenbahn-Eigenthums bemächtigen, heiße sich dem Kommunismus in den Rachen stürzen. Die Maschine ergriff erst den Zipfel des Kleides eines Kindes in der Fabrik und riß dann das Kind selbst hinab, rief der Redner. Heute nimmt man die Eisenbahnen, morgen wird man alles übrige Associationseigenthum ergreifen. Was der Redner am meisten noch fürchtet, sind die Arbeiterarmeen, welche die Expropriation nothwendig zur Folge haben werden und die eine fürchterliche Macht in den Händen der Expropriation sein werden. Der Redner donnerte noch fürchterlich gegen diese Eiegnthumangreifer um 61/2 Uhr und las Proudhonsche und Lerouxsche Artikel. Paris, 22. Juni. Bethmonts, des Justizministers, ungleiche Gerechtigkeits-Elle macht sich besonders der demokratischen Presse fühlbar. Seit einigen Tagen durften die Proletarierblätter: 1) der liebenswürdige Fauburger, Journal der Kanaille, 2) la Republique Rouge, 3) Journal des Sans-Culottes, 4) le Tocsin des Travailleurs, 5) le Bonnet Rouge u. s. w. nicht mehr aus gerufen werden. Die Assemblee nationale le Lampion und ein Haufen anderer reaktionärer Blätter, die hinter unschuldigen Titeln viel blutsüchtiger als jene Volksblätter sind, treiben dagegen ihr reaktionäres Handwerk ungestört fort. - Das Ministerium des Auswärtigen hat gestern von hier eine Note an den Vertreter der Republik in Berlin abgehen lassen, worin die Vollziehungsgewalt gegen die jüngste Theilung des Großherzogthums Posen protestirt. - Das Dekret, das von der Nationalversammlung die zur Mobilisirung von 300 Bataillonen Bürgerwehr nöthigen Kredite verlangt, hat unter dem hiesigen diplomatischen Corps große Aufregung verursacht. Dasselbe versammelte sich und ließ durch seinen Aeltesten, v. Brignole-Sales, Gesandten von Sardinien, bei dem Minister des Auswärtigen die Anfrage stellen, was diese allgemeine Nationalbewaffnung zu bedeuten habe und wie sich dieselbe mit den Versicherungen des Friedens und der europäischen Ruhe vertrüge? Bastide, Minister des Auswärtigen, hat darauf geantwortet: Diese Bewaffnung sei eine Maßregel allgemeiner Vorsicht, die durchaus keine Tücke berge (qui ne clache aucune arriere-pensee). Die Republik beabsichtige weder herauszufordern noch anzugreifen. - Gestern und heute sollen zwei von den Maßregeln ausgeführt werden, welche zur Auflösung der Nationalwerkstätten führen und von der Nationalversammlung mit so großem Eifer angenommen wurden. 1) Die Arbeit auf Stück, a la tache. 2) Die Aushebung aller jungen Arbeiter von 18 bis 25 Jahren für die Armee. Die erste Maßregel hat bereits gestern zu einer bedrohlichen Spaltung unter den Arbeitern selbst, in den Nationalwerkstätten von Puteaux, zwischen Neuilly und Suresne etc. etc. geführt und hätte sicher mit einem Blutbade geendet, wenn Trelat, der Staatsbautendoktor, nicht drei Bataillone der Mobilgarde aus der Courbevoie-Kaserne und 2 Regimenter Infanterie im Voraus auf den Platz gestellt hätte. Die Einen, durch den höheren Lohn verlockt, wollten arbeiten a la tache, die Mehrzahl hielt jedoch an dem sozialistischen Gleichheitsprinzipe Louis Blanc's fest. Wie das (russische) Aushebungssystem gelingen wird, darüber werden wir nächster Tage berichten. Großbritannien.
* London, 22. Juni. Wir lieferten gestern den Anfang der Mittwochs-Sitzung des Unterhauses. Die weitern Debatten waren so ohne alles Interesse für's Ausland, daß man damit erst kein Papier zu verschwenden braucht. - In der City wird nach Privatbriefen aus New-York behauptet, daß der Befehl zum Abmarsch der amerikanischen Truppen aus Mexiko bereits erlassen sei. - Konsols für Rechnung 835/8, 3/4. - Der am Hofe von St. James thätige Bevollmächtigte Dänemarks, Hr. Reetz, hat erklärt, daß seine Regierung die Vermittelungs-Vorschläge Englands, in Betreff der deutsch-dänischen Angelegenheiten, nicht annehmen könne. Die darüber gepflogenen Unterhandlungen sind demnach völlig abgebrochen. * London, 22. Juni. Für Weintrinker eröffnet sich in der südlichen Hemisphäre eine glänzende Aussicht. Nach "Landor's Bushman", unterliegt es gar keinem Zwei fel, daß West-Australien einst ein großes Weinland werden wird. "Seine Weingärten", heißt es in dem Journal, "gewinnen jedes Jahr an Umfang und Zahl. Das Produkt besitzt eine Qualität, die uns glauben läßt, daß es, wenn man hier erst besser die * Wien, 20. Juni. Der Kaiser wird die konstituirende Versammlung nicht in Person eröffnen, sondern durch den Erzherzog Johann eröffnen lassen. ‒ Eine Ablösungsordnung für Illyrien ist erschienen, welche sich von den bisher in Deutschland eingeführten Reglements für Verwandlung der Feudallasten in Geldrente wenig unterscheidet. 39 Wien, 19. Juni Nachmittags. So eben wird in der ganzen Stadt Generalmarsch geschlagen und Militär und Nationalgarden ziehen gegen die Arbeiter, welche an die Linien heranrücken. Die früher eingetretene Beschwichtigung der Arbeiter hat also nicht lange vorgehalten. Italien.
** Rom, 13. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Turin, 16. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Neapel. Mehrere Crociati, die theils wegen Wunden, theils wegen andern Krankheiten, nach Neapel zurückkehrten, sind sofort in's Gefängniß geschleppt worden. Ihr Verbrechen ist, gegen die Oestreicher gekämpft zu haben. * Bologna, 13. Juni. Ein hiesiger Bürger hat mit Durando und Lentulus gesprochen, und von ihnen erfahren, daß die Bevölkerung von Vicenza, als sie viele ihrer Häuser von den feindlichen Bomben in Brand gesteckt sah, den Durando zur Kapitulation gezwungen hat. Der tapfere General zerbiß sich die Hände vor Wuth und Verzweiflung. Bologna, 10. Juni. Es sind hier an 40 polnische Offiziere eingetroffen, denen bald ein polnisches Bataillon von mehr als 600 Mann folgen wird. Sie kommen, nachdem sie durch den Verrath der preußischen Regierung zum Verlassen des Großherzogthums Posen gezwungen worden, um an dem Kampf für die Sache Italiens Theil zu nehmen. Sie sind vom Ministerium in Rom herzlich willkommen geheißen. Civitavecchia, 12. Juni. Ich habe sichere Nachrichten, daß das 2. Linienregiment und das 1. Bataillon Jäger, die nach Kalabrien geschickt wurden, bereits zu den Insurgenten übergegangen sind. Messina wird bombardirt. Vorgestern Abend gingen neue Truppen nach Kalabrien ab. Neapel steht auf dem Punkte, abermals bombardirt und von den Lazzaroni geplündert zu werden. (Il Contemporaneo.)** Neapel, 8. Juni. Das unter heutigem Datum veröffentlichte Gesetz über die Reorganisation der Nationalgarde ist ein neuer Beweis von der Heimtücke, mit der „Ferdinando Borbone“ (wie ihn die italiänischen Blätter nennen), die unverschämtesten absolutistischen Zwecke unter den konstitutionellsten Redensarten zu verbergen sucht, „In Betracht, daß sofort eine neue Nationalgarde gebildet werden muß, um den ehrenvollen Dienst wahrzunehmen, den ihr die Gesetze auferlegen, sowohl bei den Wahlkollegien, die auf den 15. d. M. berufen sind, wie bei den gesetzgebenden Kammern, die am 1. des nächsten Monats feierlich eröffnet werden“ … dekretirt Ferdinand, daß in jedem der 12 Bezirke der Stadt Neapel eine Kompagnie Nationalgarde von 200 Mann gebildet und in drei Bataillone eingetheilt werden, die der Fürst v. Fondi, der Kav. Don Ant. Donnorso und Don Gennaro Pandolfelli befehligen sollen. „In jedem Bezirk wird ein Comité von vier Notabeln, die der Intendant der Provinz ernennt, binnen drei Tagen die nöthigen 200 Mann aus den Reihen der ehemaligen (guardia d'interna sicurezza) auswählen und dabei diejenigen hinzuziehen, die der Klasse der Hausbesitzer, der Beamten und der ansässigen Handwerker und Kaufleute angehören, und durch ihr Betragen der Aufrechthaltung der Ordnung und der Konstitution vom 10. Februar Garantien bieten.“ Diese 12 Kompagnien wählen dann ihre Offiziere und Unteroffiziere selbst. Dies Dekret, das „auf Antrag des Ministers des Innern“ verfaßt sein soll, aber von keinem Minister kontrasignirt ist, schafft also unter dem Namen von Nationalgarde eine vollständige Polizeigarde. Die großen Bourgeois und die Beamten, die ihren Kern bilden, müssen sich zu diesem Gensdarmerie-Institut hergeben, und als ob ihre gesellschaftliche Stellung nicht schon hinreichende Garantien für die absolutistischen Gelüste des Königs böte, wird noch besonders dafür gesorgt, daß nur die „Bestgesinnten“ hinzugezogen werden. Ferdinand, nicht zufrieden mit seiner Schweizergarde und Armee, hat nun auch seine Partei in der Stadt Neapel militärisch organisirt. Die Wahlkollegien und die Kammern werden unter einer von 2400 servilen Bürgerbajonetten getragenen Diktatur stimmen. Aber trotz alledem wird er den Gang der Revolution nicht aufhalten. Französische Republik.
39 Paris, 22. Juni. Der Groll der Massen steigt. Die Brigadiers der Nationalateliers (jetzt haben sie auch einen eigenen Klub) erlassen so eben eine Affische an Herrn Goudchaux, worin es heißt : „Herr Bankier, Sie freilich wären hoch erfreut, wenn die für die Ateliers der französischen Nation bestimmten Schatzgelder hübsch seitwärts in die Privatkassen der Industriellen flössen, die damit ja die fälligen Commercebillets abzahlen könnten. Aber bedenken Sie, Herr, daß wir auf den Barrikaden uns das ewige Anrecht auf Arbeitssicherung von Seiten der Republik erfochten haben. Sie freilich meinen, wir könnten 6 oder 8 Fr. bei Privaten verdienen, und zögen eigensinnig es vor, im Nationalatelier 25 Sous mit „„Nichtsthun““ zu gewinnen. Seien Sie so gütig, Herr Goudchaux, uns die Adressen der 6 und 8 Frankenarbeit zu geben. Nur ein Blinder würde läugnen, daß Sie die Nationalateliers zerstören wollen, obschon Sie sich des Wortes „Neuorganisiren“ bedienen; oh, wir verstehen das nur allzu gut! Lügen auf Lügen trägt man über uns im Publikum herum, bald sollen wir dies, bald jenes verlangen oder verweigern. Aber wir sagen Ihnen ein für alle Mal, wir wollen nur drei Dinge: gute zweckmäßige Arbeit für Alle, guten Absatz und Tagelohn, endlich gute Versorgung in Krankheit und Alter. Sie wehklagen über das Loos des Kaufmanns, des Zwischenhändlers; was soll aber aus uns werden? wir zählen über hunderttausend in Paris allein, wo wir Ihnen Barrikaden bauten.“ ‒ Der „Accusateur public“ von Alfons Esquiros fragt: „Ihr Herren Ritter von der Chaussée d'Antin, ihr edeln Spieler au Lansquenet, die ihr unter L. Philipp so weidlich Escroquerie triebt, hier mit 4000, da mit 6000 Franken die Kleider- und Putzbazars betrogt, wie könnt ihr's doch wagen dem Ouvrier heute sein sogenanntes Nichtsthun vorzuwerfen?“ ‒ Der „Pilori“ bringt eine große Vignette, wo Herr Adolph Thiers am Pranger steht mit Brille und lächelndem Gesichtchen: „L. A. Thiers, geb. 1797, 16. April (26. Germinal, Jahr V) zu Marseille, ist verurtheilt zur öffentlichen Ausstellung und Brandmarkung, als schuldig der Undankbarkeit, Intrigue, Geschichtsverfälschung, Lüge, Plünderung des Staatsschatzes, des Blutvergießens und des Hasses gegen unsere demokratisch-sociale Republik. Er gleicht dem indischen Reisenden in jenem Mährchen, der sich an die schönste Tafel setzt, satt speist, und beim Fortgehen Gift auf alle Gerichte streut. Er ist ein Figaro, der jedem Meister sich vermiethet und kratzfüßelt und hinterdrein ihn verräth; anfangs hieß er bloß Macchiavel die Milbe, oder Mirabeau die Fliege; später lernte er Millionen Franken taschenspielern, Zwanzigpfünder gießen, Menschen abschlachten, die Presse maulkorben; das war ein handgreiflicher Fortschritt. Bevor dieser Heros jedoch den Präsidententhron besteigt, möge er den Thron der Infamie, hier diesen Pranger, genießen.“ Held Bonaparte hat nur deshalb abgedankt, um bei den in Kurzem statthabenden Ersatzwahlen einige hunderttausend Stimmen mehr zu bekommen; an verschiedenen Wahlorten wird wieder tüchtig für ihn geworben. Die ganze Bonapartische Sippschaft ist jetzt auf den Beinen; die zwei auf den Repräsentantenbänken bereits sitzenden, aus Korsika, waren gleichsam die Vorposten; jetzt hat man den Sohn des Königs v. Westphalen zum Obersten der II. Nationalgardenlegion proponirt; Duelle fallen auch schon vor zwischen seinen Anhängern und den Lamartinisten. ‒ Die Reaktion zeigt sich auf allen Ecken; z. B. reklamiren jetzt die Portiers vom Tuilerienschloß und Palais National 16,000 Franken Entschädigung für eingeschlagene Fenster u. s. w.; man hatte nämlich philanthropisch genug diese louisphilippschen Bedienten nach dem Februar in ihren Sinekuren belassen. Das Gerücht geht, Marrast wolle die Säle der Ouvrierklubs schließen; die „Republique rouge“ bemerkt hiebei: „Maire von Paris war einst ein Péthion, und ein Bailly; unsere Väter brachen den Stab über sie; möge der Maire Marrast sich danach richten. Schön ist es wenn man väterlich geprügelt wird; schöner noch wenn man brüderlich im Namen der Republik gefoppt wird; die republikanische Garde, diese 2600 Wackern, die unser Caussidiere auserlesen, sind jetzt reorganisirt, d. h. man hat ihre 150, selbstgewählten Offiziere abgesetzt und Municipalgardenoffiziere oder deren Gleichgesinnte mit der Epaulette geschmückt; man hat manchen Soldaten verabschiedet und Expolicisten einrollirt. Aber Geduld, es kommt gewiß bald noch schöneres, liebe Pariser.“ Der „Tocsin des Travailleurs“ ruft: „Herr Victor Hugo, ein Wort zwischen uns: Sie sind ein Napoleonist, ein Phrasenmacher, ein Volksfeind; in Ihrer langgezogenen Predigt haben Sie geschickt wie ein Jesuit die Ansicht ausgesprochen, die Leute der Nationalateliers seien eigentlich die Pariser Lazzaroni. Wir danken Ihnen, edler Dichter, für diese Infamie. Ha, der hohe Akademiker bückt sich, hebt die Steine auf, die Bourgeoishänden entfallen sind, und wirft nach dem Volke! Bravo. In wenig Tagen werden Tausende von Ouvriers aus Paris in die ferne Sologne marschiren müssen à einen Fr. per Tag, um dort Kanäle zu stechen, d. h. den pariser Bourgeois vom Alpdruck zu befreien; jetzt sind diese Werbungen freiwillig, bald sind sie gezwungen, und keiner darf sein Nationalgardengewehr mitnehmen, merkt's wohl. Und vergeßt nicht was Sibert uns in seinen Affischen zuruft: Die Thiere alein brauchen einen Herrn. Ihr wißt, die Zeitung der Nationalassemblee sagt: mit Lyon muß man endigen wie mit Paris. Ihr habt Alle gelesen daß die Bauern sich bethören lassen und einen Kaiser verlangen wegen der 45 Centimen; wenn Ihr in die Landes und Sologne kommt, belehrt sie eines Bessern; sagt ihnen sie sollen den Landvermessern in's Gesicht lachen, welche von den Royalisten in den Süden geschickt werden und aussprengen: die kommunistische Partei in Paris lasse schon jetzt die Aecker neu ausmessen, da die Bodentheilung nächstens losgehe. Klärt die armen Egoisten auf!“ ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 22. Juni. Präsident Senard eröffnet dieselbe um 1 Uhr. Champrant dringt auf Wiederinkraftsetzung der Verordnung vom 10. Juni 1793 rücksichtlich der Gemeindegüter. Antony Thouret legt seinen Antrag auf Aufhebung des Tabakmonopols vom 1. Januar 1849 an vor. Dann debattirte man sich lange über den Antrag auf Gleichstellung der in Algerien ansäßigen Majorennen Franzosen; Isambert wollte sogar für diesen Gegenstand eine Dringlichkeitserklärung erwirkt sehen; allein die Versammlung zeigte damit keine solche Eile und ließ den Antrag vorläufig liegen. Admiral Casy bestieg dann die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er diesen Morgen Depeschen aus den Antillen erhalten, die ihm melden, daß auf Martinique und Guadeloupe ein allgemeiner Sklavenaufruhr ausgebrochen sei, daß sich die Eigenthümer der Pflanzungen durch die Flucht hätten retten müssen, und daß endlich der Gouverneur gezwungen worden sei, die Freiheit der Sklaven an beiden Orten auszusprechen. (Stimmen zur Rechten: Für das vergossene Eigenthümerblut ist die provis. Regierung verantwortlich! Zur Linken: Schweigen Sie! Schweigen Sie!) Mehrere Glieder hätten wo möglich gern sofort eine Anklage gegen jene Freiheitsdekrete geschleudert; allein sie sahen sich nicht unterstützt und die Versammlung kehrte nach ein Paar Minuten über Latrade's Arbeiter-Antrag, zur Getränkesteuer zurück. Das Gesetz der provis. Regierung vom 31. März wird mit dem 10. Juli abgeschafft und der Entwurf des Finanzausschusses genehmigt. Neue Niederlage der vorigen Regierung. Perrée, achtbarer Epicier und Miteigenthümer des Siecle, erhielt dann das Wort zu seiner Interpellation. Ich will mich nicht als Werkzeug von Journalgerüchten und sonstigen Ausfällen enttäuschter Hoffnungen hinstellen, aber wenn man in fast allen Blättern solche Anschuldigungen liest, wie sie die Assemblee nationale im Boissy'schen Briefe aus Florenz, so glaube ich der Regierung eine Gelegenheit zu verschaffen, den guten Ruf unserer Vertreter im Auslande zu retten. Bastide, Minister des Auswärtigen, dankt dem Vorredner und erklärt, daß ihm die beantragte Reinigung des diplomatischen Corps um so leichter sei als er sich hierin vom Ausschuß für's Auswärtige fleißig unterstützt sehe. Die Versammlung schritt dann zur wichtigsten aller Tagesfragen, nämlich zur Eisenbahn-Expropriation. (4 Uhr.) Die Eisenbahnfrage glich eigentlich schon einer ausgepreßten Zitrone, noch ehe sie zur Diskussion kam. Die Presse hat sie bereits durchgepreßt und man kann sagen, daß wenig Saft mehr übrig bleibt. Die Kapitalisten sind gegen, die Proletarier für die Expropriation im Allgemeinen. Das ist die äußere Stimmung. Montalembert, Chef der ultramontanen Partei, sprach über anderthalb Stunden. Es war sehr erbaulich, den bekannten Jesuitenfreund über Staatsökonomie statt über aargauische oder luzerner Klöster sprechen zu hören. Der Staat, bewies er, dürfe weder als Producent, noch als Ausbeuter, noch als Kommissionar, noch als Industrieller auftreten. Er könne ihm höchstens das Post-, Salz- und Tabaksmonopol zugestehen. Sich des Eisenbahn-Eigenthums bemächtigen, heiße sich dem Kommunismus in den Rachen stürzen. Die Maschine ergriff erst den Zipfel des Kleides eines Kindes in der Fabrik und riß dann das Kind selbst hinab, rief der Redner. Heute nimmt man die Eisenbahnen, morgen wird man alles übrige Associationseigenthum ergreifen. Was der Redner am meisten noch fürchtet, sind die Arbeiterarmeen, welche die Expropriation nothwendig zur Folge haben werden und die eine fürchterliche Macht in den Händen der Expropriation sein werden. Der Redner donnerte noch fürchterlich gegen diese Eiegnthumangreifer um 61/2 Uhr und las Proudhonsche und Lerouxsche Artikel. Paris, 22. Juni. Bethmonts, des Justizministers, ungleiche Gerechtigkeits-Elle macht sich besonders der demokratischen Presse fühlbar. Seit einigen Tagen durften die Proletarierblätter: 1) der liebenswürdige Fauburger, Journal der Kanaille, 2) la Republique Rouge, 3) Journal des Sans-Culottes, 4) le Tocsin des Travailleurs, 5) le Bonnet Rouge u. s. w. nicht mehr aus gerufen werden. Die Assemblée nationale le Lampion und ein Haufen anderer reaktionärer Blätter, die hinter unschuldigen Titeln viel blutsüchtiger als jene Volksblätter sind, treiben dagegen ihr reaktionäres Handwerk ungestört fort. ‒ Das Ministerium des Auswärtigen hat gestern von hier eine Note an den Vertreter der Republik in Berlin abgehen lassen, worin die Vollziehungsgewalt gegen die jüngste Theilung des Großherzogthums Posen protestirt. ‒ Das Dekret, das von der Nationalversammlung die zur Mobilisirung von 300 Bataillonen Bürgerwehr nöthigen Kredite verlangt, hat unter dem hiesigen diplomatischen Corps große Aufregung verursacht. Dasselbe versammelte sich und ließ durch seinen Aeltesten, v. Brignole-Sales, Gesandten von Sardinien, bei dem Minister des Auswärtigen die Anfrage stellen, was diese allgemeine Nationalbewaffnung zu bedeuten habe und wie sich dieselbe mit den Versicherungen des Friedens und der europäischen Ruhe vertrüge? Bastide, Minister des Auswärtigen, hat darauf geantwortet: Diese Bewaffnung sei eine Maßregel allgemeiner Vorsicht, die durchaus keine Tücke berge (qui ne clache aucune arriére-pensée). Die Republik beabsichtige weder herauszufordern noch anzugreifen. ‒ Gestern und heute sollen zwei von den Maßregeln ausgeführt werden, welche zur Auflösung der Nationalwerkstätten führen und von der Nationalversammlung mit so großem Eifer angenommen wurden. 1) Die Arbeit auf Stück, à la tâche. 2) Die Aushebung aller jungen Arbeiter von 18 bis 25 Jahren für die Armee. Die erste Maßregel hat bereits gestern zu einer bedrohlichen Spaltung unter den Arbeitern selbst, in den Nationalwerkstätten von Puteaux, zwischen Neuilly und Suresne etc. etc. geführt und hätte sicher mit einem Blutbade geendet, wenn Trelat, der Staatsbautendoktor, nicht drei Bataillone der Mobilgarde aus der Courbevoie-Kaserne und 2 Regimenter Infanterie im Voraus auf den Platz gestellt hätte. Die Einen, durch den höheren Lohn verlockt, wollten arbeiten à la tâche, die Mehrzahl hielt jedoch an dem sozialistischen Gleichheitsprinzipe Louis Blanc's fest. Wie das (russische) Aushebungssystem gelingen wird, darüber werden wir nächster Tage berichten. Großbritannien.
* London, 22. Juni. Wir lieferten gestern den Anfang der Mittwochs-Sitzung des Unterhauses. Die weitern Debatten waren so ohne alles Interesse für's Ausland, daß man damit erst kein Papier zu verschwenden braucht. ‒ In der City wird nach Privatbriefen aus New-York behauptet, daß der Befehl zum Abmarsch der amerikanischen Truppen aus Mexiko bereits erlassen sei. ‒ Konsols für Rechnung 835/8, 3/4. ‒ Der am Hofe von St. James thätige Bevollmächtigte Dänemarks, Hr. Reetz, hat erklärt, daß seine Regierung die Vermittelungs-Vorschläge Englands, in Betreff der deutsch-dänischen Angelegenheiten, nicht annehmen könne. Die darüber gepflogenen Unterhandlungen sind demnach völlig abgebrochen. * London, 22. Juni. Für Weintrinker eröffnet sich in der südlichen Hemisphäre eine glänzende Aussicht. Nach „Landor's Bushman“, unterliegt es gar keinem Zwei fel, daß West-Australien einst ein großes Weinland werden wird. „Seine Weingärten“, heißt es in dem Journal, „gewinnen jedes Jahr an Umfang und Zahl. Das Produkt besitzt eine Qualität, die uns glauben läßt, daß es, wenn man hier erst besser die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0003" n="0115"/> <div xml:id="ar025_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 20. Juni.</head> <p>Der Kaiser wird die konstituirende Versammlung nicht in Person eröffnen, sondern durch den Erzherzog Johann eröffnen lassen. ‒ Eine Ablösungsordnung für Illyrien ist erschienen, welche sich von den bisher in Deutschland eingeführten Reglements für Verwandlung der Feudallasten in Geldrente wenig unterscheidet.</p> </div> <div xml:id="ar025_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>39</author></bibl> Wien, 19. Juni Nachmittags.</head> <p>So eben wird in der ganzen Stadt Generalmarsch geschlagen und Militär und Nationalgarden ziehen gegen die Arbeiter, welche an die Linien heranrücken. Die früher eingetretene Beschwichtigung der Arbeiter hat also nicht lange vorgehalten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar025_019_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 25. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 174.</bibl></note> <head><bibl><author>**</author></bibl> Rom, 13. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar025_020_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 25. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 174.</bibl></note> <head>Rom, 13. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar025_021_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 25. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 174.</bibl></note> <head>Florenz, 10. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar025_022_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 25. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 174.</bibl></note> <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 16. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar025_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Neapel.</head> <p>Mehrere Crociati, die theils wegen Wunden, theils wegen andern Krankheiten, nach Neapel zurückkehrten, sind sofort in's Gefängniß geschleppt worden. Ihr Verbrechen ist, gegen die Oestreicher gekämpft zu haben.</p> </div> <div xml:id="ar025_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Bologna, 13. Juni.</head> <p>Ein hiesiger Bürger hat mit Durando und Lentulus gesprochen, und von ihnen erfahren, daß die Bevölkerung von Vicenza, als sie viele ihrer Häuser von den feindlichen Bomben in Brand gesteckt sah, den Durando zur Kapitulation <hi rendition="#g">gezwungen</hi> hat. Der tapfere General zerbiß sich die Hände vor Wuth und Verzweiflung.</p> </div> <div xml:id="ar025_025" type="jArticle"> <head>Bologna, 10. Juni.</head> <p>Es sind hier an 40 polnische Offiziere eingetroffen, denen bald ein polnisches Bataillon von mehr als 600 Mann folgen wird. Sie kommen, nachdem sie durch den Verrath der preußischen Regierung zum Verlassen des Großherzogthums Posen gezwungen worden, um an dem Kampf für die Sache Italiens Theil zu nehmen. Sie sind vom Ministerium in Rom herzlich willkommen geheißen.</p> </div> <div xml:id="ar025_026" type="jArticle"> <head>Civitavecchia, 12. Juni.</head> <p>Ich habe sichere Nachrichten, daß das 2. Linienregiment und das 1. Bataillon Jäger, die nach Kalabrien geschickt wurden, bereits zu den Insurgenten übergegangen sind. Messina wird bombardirt. Vorgestern Abend gingen neue Truppen nach Kalabrien ab. Neapel steht auf dem Punkte, abermals bombardirt und von den Lazzaroni geplündert zu werden.</p> <bibl>(Il Contemporaneo.)</bibl> </div> <div xml:id="ar025_027" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Neapel, 8. Juni.</head> <p>Das unter heutigem Datum veröffentlichte Gesetz über die Reorganisation der Nationalgarde ist ein neuer Beweis von der Heimtücke, mit der „Ferdinando Borbone“ (wie ihn die italiänischen Blätter nennen), die unverschämtesten absolutistischen Zwecke unter den konstitutionellsten Redensarten zu verbergen sucht, „In Betracht, daß sofort eine neue Nationalgarde gebildet werden muß, um den ehrenvollen Dienst wahrzunehmen, den ihr die Gesetze auferlegen, sowohl bei den Wahlkollegien, die auf den 15. d. M. berufen sind, wie bei den gesetzgebenden Kammern, die am 1. des nächsten Monats feierlich eröffnet werden“ … dekretirt Ferdinand, daß in jedem der 12 Bezirke der Stadt Neapel eine Kompagnie Nationalgarde von 200 Mann gebildet und in drei Bataillone eingetheilt werden, die der Fürst v. Fondi, der Kav. Don Ant. Donnorso und Don Gennaro Pandolfelli befehligen sollen. „In jedem Bezirk wird ein Comité von vier Notabeln, die der Intendant der Provinz ernennt, binnen drei Tagen die nöthigen 200 Mann aus den Reihen der ehemaligen (guardia d'interna sicurezza) auswählen und dabei diejenigen hinzuziehen, die der Klasse der Hausbesitzer, der Beamten und der ansässigen Handwerker und Kaufleute angehören, und durch ihr Betragen der Aufrechthaltung der Ordnung und der Konstitution vom 10. Februar Garantien bieten.“ Diese 12 Kompagnien wählen dann ihre Offiziere und Unteroffiziere selbst.</p> <p>Dies Dekret, das „auf Antrag des Ministers des Innern“ verfaßt sein soll, aber von <hi rendition="#g">keinem Minister kontrasignirt</hi> ist, schafft also unter dem Namen von Nationalgarde eine vollständige Polizeigarde. Die großen Bourgeois und die Beamten, die ihren Kern bilden, müssen sich zu diesem Gensdarmerie-Institut hergeben, und als ob ihre gesellschaftliche Stellung nicht schon hinreichende Garantien für die absolutistischen Gelüste des Königs böte, wird noch besonders dafür gesorgt, daß nur die „Bestgesinnten“ hinzugezogen werden. Ferdinand, nicht zufrieden mit seiner Schweizergarde und Armee, hat nun auch seine Partei in der Stadt Neapel militärisch organisirt. Die Wahlkollegien und die Kammern werden unter einer von 2400 servilen Bürgerbajonetten getragenen Diktatur stimmen.</p> <p>Aber trotz alledem wird er den Gang der Revolution nicht aufhalten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar025_028" type="jArticle"> <head><bibl><author>39</author></bibl> Paris, 22. Juni.</head> <p>Der Groll der Massen steigt. Die Brigadiers der Nationalateliers (jetzt haben sie auch einen eigenen Klub) erlassen so eben eine Affische an Herrn Goudchaux, worin es heißt : „Herr Bankier, Sie freilich wären hoch erfreut, wenn die für die Ateliers der französischen Nation bestimmten Schatzgelder hübsch seitwärts in die Privatkassen der Industriellen flössen, die damit ja die fälligen Commercebillets abzahlen könnten. Aber bedenken Sie, Herr, daß wir auf den Barrikaden uns das ewige Anrecht auf Arbeitssicherung von Seiten der Republik erfochten haben. Sie freilich meinen, wir könnten 6 oder 8 Fr. bei Privaten verdienen, und zögen eigensinnig es vor, im Nationalatelier 25 Sous mit „„Nichtsthun““ zu gewinnen. Seien Sie so gütig, Herr Goudchaux, uns die Adressen der 6 und 8 Frankenarbeit zu geben. Nur ein Blinder würde läugnen, daß Sie die Nationalateliers zerstören wollen, obschon Sie sich des Wortes „Neuorganisiren“ bedienen; oh, wir verstehen das nur allzu gut! Lügen auf Lügen trägt man über uns im Publikum herum, bald sollen wir dies, bald jenes verlangen oder verweigern. Aber wir sagen Ihnen ein für alle Mal, wir wollen nur drei Dinge: gute zweckmäßige Arbeit für Alle, guten Absatz und Tagelohn, endlich gute Versorgung in Krankheit und Alter. Sie wehklagen über das Loos des Kaufmanns, des Zwischenhändlers; was soll aber aus uns werden? wir zählen über hunderttausend in Paris allein, wo wir Ihnen Barrikaden bauten.“ ‒ Der „Accusateur public“ von Alfons Esquiros fragt: „Ihr Herren Ritter von der Chaussée d'Antin, ihr edeln Spieler au Lansquenet, die ihr unter L. Philipp so weidlich Escroquerie triebt, hier mit 4000, da mit 6000 Franken die Kleider- und Putzbazars betrogt, wie könnt ihr's doch wagen dem Ouvrier heute sein sogenanntes Nichtsthun vorzuwerfen?“ ‒ Der „Pilori“ bringt eine große Vignette, wo Herr Adolph Thiers am Pranger steht mit Brille und lächelndem Gesichtchen: „L. A. Thiers, geb. 1797, 16. April (26. Germinal, Jahr V) zu Marseille, ist verurtheilt zur öffentlichen Ausstellung und Brandmarkung, als schuldig der Undankbarkeit, Intrigue, Geschichtsverfälschung, Lüge, Plünderung des Staatsschatzes, des Blutvergießens und des Hasses gegen unsere demokratisch-sociale Republik. Er gleicht dem indischen Reisenden in jenem Mährchen, der sich an die schönste Tafel setzt, satt speist, und beim Fortgehen Gift auf alle Gerichte streut. Er ist ein Figaro, der jedem Meister sich vermiethet und kratzfüßelt und hinterdrein ihn verräth; anfangs hieß er bloß <hi rendition="#g">Macchiavel die Milbe,</hi> oder <hi rendition="#g">Mirabeau die Fliege;</hi> später lernte er Millionen Franken taschenspielern, Zwanzigpfünder gießen, Menschen abschlachten, die Presse maulkorben; das war ein handgreiflicher Fortschritt. Bevor dieser Heros jedoch den Präsidententhron besteigt, möge er den Thron der Infamie, hier diesen Pranger, genießen.“</p> <p>Held Bonaparte hat nur deshalb abgedankt, um bei den in Kurzem statthabenden Ersatzwahlen einige hunderttausend Stimmen mehr zu bekommen; an verschiedenen Wahlorten wird wieder tüchtig für ihn geworben. Die ganze Bonapartische Sippschaft ist jetzt auf den Beinen; die zwei auf den Repräsentantenbänken bereits sitzenden, aus Korsika, waren gleichsam die Vorposten; jetzt hat man den Sohn des Königs v. Westphalen zum Obersten der II. Nationalgardenlegion proponirt; Duelle fallen auch schon vor zwischen seinen Anhängern und den Lamartinisten. ‒ Die Reaktion zeigt sich auf allen Ecken; z. B. reklamiren jetzt die Portiers vom Tuilerienschloß und Palais National 16,000 Franken Entschädigung für eingeschlagene Fenster u. s. w.; man hatte nämlich philanthropisch genug diese louisphilippschen Bedienten nach dem Februar in ihren Sinekuren belassen. Das Gerücht geht, Marrast wolle die Säle der Ouvrierklubs schließen; die „Republique rouge“ bemerkt hiebei: „Maire von Paris war einst ein Péthion, und ein Bailly; unsere Väter brachen den Stab über sie; möge der Maire Marrast sich danach richten. Schön ist es wenn man <hi rendition="#g">väterlich</hi> geprügelt wird; schöner noch wenn man <hi rendition="#g">brüderlich</hi> im Namen der Republik gefoppt wird; die republikanische Garde, diese 2600 Wackern, die unser Caussidiere auserlesen, sind jetzt reorganisirt, d. h. man hat ihre 150, selbstgewählten Offiziere abgesetzt und Municipalgardenoffiziere oder deren Gleichgesinnte mit der Epaulette geschmückt; man hat manchen Soldaten verabschiedet und Expolicisten einrollirt. Aber Geduld, es kommt gewiß bald noch schöneres, liebe Pariser.“</p> <p>Der „Tocsin des Travailleurs“ ruft: „Herr Victor Hugo, ein Wort zwischen uns: Sie sind ein Napoleonist, ein Phrasenmacher, ein Volksfeind; in Ihrer langgezogenen Predigt haben Sie geschickt wie ein Jesuit die Ansicht ausgesprochen, die Leute der Nationalateliers seien eigentlich die Pariser Lazzaroni. Wir danken Ihnen, edler Dichter, für diese Infamie. Ha, der hohe Akademiker bückt sich, hebt die Steine auf, die Bourgeoishänden entfallen sind, und wirft nach dem Volke! Bravo. In wenig Tagen werden Tausende von Ouvriers aus Paris in die ferne Sologne marschiren müssen à einen Fr. per Tag, um dort Kanäle zu stechen, d. h. den pariser Bourgeois vom Alpdruck zu befreien; jetzt sind diese Werbungen freiwillig, bald sind sie gezwungen, und keiner darf sein Nationalgardengewehr <hi rendition="#g">mitnehmen,</hi> merkt's wohl. Und vergeßt nicht was Sibert uns in seinen Affischen zuruft: <hi rendition="#g">Die Thiere alein brauchen einen Herrn.</hi> Ihr wißt, die Zeitung der <hi rendition="#g">Nationalassemblee</hi> sagt: <hi rendition="#g">mit Lyon muß man endigen wie mit Paris.</hi> Ihr habt Alle gelesen daß die Bauern sich bethören lassen und einen Kaiser verlangen wegen der 45 Centimen; wenn Ihr in die Landes und Sologne kommt, belehrt sie eines Bessern; sagt ihnen sie sollen den Landvermessern in's Gesicht lachen, welche von den Royalisten in den Süden geschickt werden und aussprengen: die kommunistische Partei in Paris lasse schon jetzt die Aecker neu ausmessen, da die Bodentheilung nächstens losgehe. Klärt die armen Egoisten auf!“</p> </div> <div xml:id="ar025_029" type="jArticle"> <p>‒ <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 22. Juni. Präsident <hi rendition="#g">Senard</hi> eröffnet dieselbe um 1 Uhr. <hi rendition="#g">Champrant</hi> dringt auf Wiederinkraftsetzung der Verordnung vom 10. Juni 1793 rücksichtlich der Gemeindegüter. <hi rendition="#g">Antony Thouret</hi> legt seinen Antrag auf Aufhebung des <hi rendition="#g">Tabakmonopols</hi> vom 1. Januar 1849 an vor. Dann debattirte man sich lange über den Antrag auf Gleichstellung der in Algerien ansäßigen Majorennen Franzosen; <hi rendition="#g">Isambert</hi> wollte sogar für diesen Gegenstand eine Dringlichkeitserklärung erwirkt sehen; allein die Versammlung zeigte damit keine solche Eile und ließ den Antrag vorläufig liegen. Admiral <hi rendition="#g">Casy</hi> bestieg dann die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er diesen Morgen Depeschen aus den Antillen erhalten, die ihm melden, daß auf Martinique und Guadeloupe ein allgemeiner Sklavenaufruhr ausgebrochen sei, daß sich die Eigenthümer der Pflanzungen durch die Flucht hätten retten müssen, und daß endlich der Gouverneur gezwungen worden sei, die <hi rendition="#g">Freiheit der Sklaven</hi> an beiden Orten auszusprechen. (Stimmen zur Rechten: Für das vergossene Eigenthümerblut ist die provis. Regierung verantwortlich! Zur Linken: Schweigen Sie! Schweigen Sie!) Mehrere Glieder hätten wo möglich gern sofort eine Anklage gegen jene Freiheitsdekrete geschleudert; allein sie sahen sich nicht unterstützt und die Versammlung kehrte nach ein Paar Minuten über Latrade's Arbeiter-Antrag, zur Getränkesteuer zurück. Das Gesetz der provis. Regierung vom 31. März wird mit dem 10. Juli abgeschafft und der Entwurf des Finanzausschusses genehmigt. Neue Niederlage der vorigen Regierung.</p> <p><hi rendition="#g">Perrée,</hi> achtbarer Epicier und Miteigenthümer des Siecle, erhielt dann das Wort zu seiner Interpellation. Ich will mich nicht als Werkzeug von Journalgerüchten und sonstigen Ausfällen enttäuschter Hoffnungen hinstellen, aber wenn man in fast allen Blättern solche Anschuldigungen liest, wie sie die Assemblee nationale im Boissy'schen Briefe aus Florenz, so glaube ich der Regierung eine Gelegenheit zu verschaffen, den guten Ruf unserer Vertreter im Auslande zu retten.</p> <p><hi rendition="#g">Bastide,</hi> Minister des Auswärtigen, dankt dem Vorredner und erklärt, daß ihm die beantragte Reinigung des diplomatischen Corps um so leichter sei als er sich hierin vom Ausschuß für's Auswärtige fleißig unterstützt sehe. Die Versammlung schritt dann zur wichtigsten aller Tagesfragen, nämlich zur Eisenbahn-Expropriation. (4 Uhr.) Die Eisenbahnfrage glich eigentlich schon einer ausgepreßten Zitrone, noch ehe sie zur Diskussion kam. Die Presse hat sie bereits durchgepreßt und man kann sagen, daß wenig Saft mehr übrig bleibt. Die Kapitalisten sind gegen, die Proletarier für die Expropriation im Allgemeinen. Das ist die äußere Stimmung.</p> <p><hi rendition="#g">Montalembert,</hi> Chef der ultramontanen Partei, sprach über anderthalb Stunden. Es war sehr erbaulich, den bekannten Jesuitenfreund über Staatsökonomie statt über aargauische oder luzerner Klöster sprechen zu hören. Der Staat, bewies er, dürfe weder als Producent, noch als Ausbeuter, noch als Kommissionar, noch als Industrieller auftreten. Er könne ihm höchstens das Post-, Salz- und Tabaksmonopol zugestehen. Sich des Eisenbahn-Eigenthums bemächtigen, heiße sich dem Kommunismus in den Rachen stürzen. Die Maschine ergriff erst den Zipfel des Kleides eines Kindes in der Fabrik und riß dann das Kind selbst hinab, rief der Redner. Heute nimmt man die Eisenbahnen, morgen wird man alles übrige Associationseigenthum ergreifen. Was der Redner am meisten noch fürchtet, sind die Arbeiterarmeen, welche die Expropriation nothwendig zur Folge haben werden und die eine fürchterliche Macht in den Händen der Expropriation sein werden. Der Redner donnerte noch fürchterlich gegen diese Eiegnthumangreifer um 61/2 Uhr und las Proudhonsche und Lerouxsche Artikel.</p> </div> <div xml:id="ar025_030" type="jArticle"> <head>Paris, 22. Juni.</head> <p>Bethmonts, des Justizministers, ungleiche Gerechtigkeits-Elle macht sich besonders der demokratischen Presse fühlbar. Seit einigen Tagen durften die Proletarierblätter: 1) der liebenswürdige Fauburger, Journal der Kanaille, 2) la Republique Rouge, 3) Journal des Sans-Culottes, 4) le Tocsin des Travailleurs, 5) le Bonnet Rouge u. s. w. nicht mehr aus gerufen werden. Die Assemblée nationale le Lampion und ein Haufen anderer reaktionärer Blätter, die hinter unschuldigen Titeln viel blutsüchtiger als jene Volksblätter sind, treiben dagegen ihr reaktionäres Handwerk ungestört fort.</p> <p>‒ Das Ministerium des Auswärtigen hat gestern von hier eine Note an den Vertreter der Republik in Berlin abgehen lassen, worin die Vollziehungsgewalt gegen die jüngste Theilung des Großherzogthums Posen protestirt.</p> <p>‒ Das Dekret, das von der Nationalversammlung die zur <hi rendition="#g">Mobilisirung</hi> von 300 Bataillonen Bürgerwehr nöthigen Kredite verlangt, hat unter dem hiesigen diplomatischen Corps große Aufregung verursacht. Dasselbe versammelte sich und ließ durch seinen Aeltesten, v. Brignole-Sales, Gesandten von Sardinien, bei dem Minister des Auswärtigen die Anfrage stellen, was diese allgemeine Nationalbewaffnung zu bedeuten habe und wie sich dieselbe mit den Versicherungen des Friedens und der europäischen Ruhe vertrüge? Bastide, Minister des Auswärtigen, hat darauf geantwortet: Diese Bewaffnung sei eine Maßregel allgemeiner Vorsicht, die durchaus keine Tücke berge (qui ne clache aucune arriére-pensée). Die Republik beabsichtige weder herauszufordern noch anzugreifen.</p> <p>‒ Gestern und heute sollen zwei von den Maßregeln ausgeführt werden, welche zur Auflösung der Nationalwerkstätten führen und von der Nationalversammlung mit so großem Eifer angenommen wurden. 1) Die Arbeit auf Stück, à la tâche. 2) Die Aushebung aller jungen Arbeiter von 18 bis 25 Jahren für die Armee. Die erste Maßregel hat bereits gestern zu einer bedrohlichen Spaltung unter den Arbeitern selbst, in den Nationalwerkstätten von Puteaux, zwischen Neuilly und Suresne etc. etc. geführt und hätte sicher mit einem Blutbade geendet, wenn Trelat, der Staatsbautendoktor, nicht drei Bataillone der Mobilgarde aus der Courbevoie-Kaserne und 2 Regimenter Infanterie im Voraus auf den Platz gestellt hätte. Die Einen, durch den höheren Lohn verlockt, wollten arbeiten à la tâche, die Mehrzahl hielt jedoch an dem sozialistischen Gleichheitsprinzipe Louis Blanc's fest.</p> <p>Wie das (russische) Aushebungssystem gelingen wird, darüber werden wir nächster Tage berichten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar025_031" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 22. Juni.</head> <p>Wir lieferten gestern den Anfang der Mittwochs-Sitzung des Unterhauses. Die weitern Debatten waren so ohne alles Interesse für's Ausland, daß man damit erst kein Papier zu verschwenden braucht.</p> <p>‒ In der City wird nach Privatbriefen aus New-York behauptet, daß der Befehl zum Abmarsch der amerikanischen Truppen aus Mexiko bereits erlassen sei.</p> <p>‒ Konsols für Rechnung 835/8, 3/4.</p> <p>‒ Der am Hofe von St. James thätige Bevollmächtigte Dänemarks, Hr. Reetz, hat erklärt, daß seine Regierung die Vermittelungs-Vorschläge Englands, in Betreff der deutsch-dänischen Angelegenheiten, nicht annehmen könne. Die darüber gepflogenen Unterhandlungen sind demnach völlig abgebrochen.</p> </div> <div xml:id="ar025_032" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 22. Juni.</head> <p>Für Weintrinker eröffnet sich in der südlichen Hemisphäre eine glänzende Aussicht. Nach „Landor's Bushman“, unterliegt es gar keinem Zwei fel, daß West-Australien einst ein großes Weinland werden wird. „Seine Weingärten“, heißt es in dem Journal, „gewinnen jedes Jahr an Umfang und Zahl. Das Produkt besitzt eine Qualität, die uns glauben läßt, daß es, wenn man hier erst besser die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0115/0003]
* Wien, 20. Juni. Der Kaiser wird die konstituirende Versammlung nicht in Person eröffnen, sondern durch den Erzherzog Johann eröffnen lassen. ‒ Eine Ablösungsordnung für Illyrien ist erschienen, welche sich von den bisher in Deutschland eingeführten Reglements für Verwandlung der Feudallasten in Geldrente wenig unterscheidet.
39 Wien, 19. Juni Nachmittags. So eben wird in der ganzen Stadt Generalmarsch geschlagen und Militär und Nationalgarden ziehen gegen die Arbeiter, welche an die Linien heranrücken. Die früher eingetretene Beschwichtigung der Arbeiter hat also nicht lange vorgehalten.
Italien. ** Rom, 13. Juni. _ Rom, 13. Juni. _ Florenz, 10. Juni. _ * Turin, 16. Juni. _ * Neapel. Mehrere Crociati, die theils wegen Wunden, theils wegen andern Krankheiten, nach Neapel zurückkehrten, sind sofort in's Gefängniß geschleppt worden. Ihr Verbrechen ist, gegen die Oestreicher gekämpft zu haben.
* Bologna, 13. Juni. Ein hiesiger Bürger hat mit Durando und Lentulus gesprochen, und von ihnen erfahren, daß die Bevölkerung von Vicenza, als sie viele ihrer Häuser von den feindlichen Bomben in Brand gesteckt sah, den Durando zur Kapitulation gezwungen hat. Der tapfere General zerbiß sich die Hände vor Wuth und Verzweiflung.
Bologna, 10. Juni. Es sind hier an 40 polnische Offiziere eingetroffen, denen bald ein polnisches Bataillon von mehr als 600 Mann folgen wird. Sie kommen, nachdem sie durch den Verrath der preußischen Regierung zum Verlassen des Großherzogthums Posen gezwungen worden, um an dem Kampf für die Sache Italiens Theil zu nehmen. Sie sind vom Ministerium in Rom herzlich willkommen geheißen.
Civitavecchia, 12. Juni. Ich habe sichere Nachrichten, daß das 2. Linienregiment und das 1. Bataillon Jäger, die nach Kalabrien geschickt wurden, bereits zu den Insurgenten übergegangen sind. Messina wird bombardirt. Vorgestern Abend gingen neue Truppen nach Kalabrien ab. Neapel steht auf dem Punkte, abermals bombardirt und von den Lazzaroni geplündert zu werden.
(Il Contemporaneo.) ** Neapel, 8. Juni. Das unter heutigem Datum veröffentlichte Gesetz über die Reorganisation der Nationalgarde ist ein neuer Beweis von der Heimtücke, mit der „Ferdinando Borbone“ (wie ihn die italiänischen Blätter nennen), die unverschämtesten absolutistischen Zwecke unter den konstitutionellsten Redensarten zu verbergen sucht, „In Betracht, daß sofort eine neue Nationalgarde gebildet werden muß, um den ehrenvollen Dienst wahrzunehmen, den ihr die Gesetze auferlegen, sowohl bei den Wahlkollegien, die auf den 15. d. M. berufen sind, wie bei den gesetzgebenden Kammern, die am 1. des nächsten Monats feierlich eröffnet werden“ … dekretirt Ferdinand, daß in jedem der 12 Bezirke der Stadt Neapel eine Kompagnie Nationalgarde von 200 Mann gebildet und in drei Bataillone eingetheilt werden, die der Fürst v. Fondi, der Kav. Don Ant. Donnorso und Don Gennaro Pandolfelli befehligen sollen. „In jedem Bezirk wird ein Comité von vier Notabeln, die der Intendant der Provinz ernennt, binnen drei Tagen die nöthigen 200 Mann aus den Reihen der ehemaligen (guardia d'interna sicurezza) auswählen und dabei diejenigen hinzuziehen, die der Klasse der Hausbesitzer, der Beamten und der ansässigen Handwerker und Kaufleute angehören, und durch ihr Betragen der Aufrechthaltung der Ordnung und der Konstitution vom 10. Februar Garantien bieten.“ Diese 12 Kompagnien wählen dann ihre Offiziere und Unteroffiziere selbst.
Dies Dekret, das „auf Antrag des Ministers des Innern“ verfaßt sein soll, aber von keinem Minister kontrasignirt ist, schafft also unter dem Namen von Nationalgarde eine vollständige Polizeigarde. Die großen Bourgeois und die Beamten, die ihren Kern bilden, müssen sich zu diesem Gensdarmerie-Institut hergeben, und als ob ihre gesellschaftliche Stellung nicht schon hinreichende Garantien für die absolutistischen Gelüste des Königs böte, wird noch besonders dafür gesorgt, daß nur die „Bestgesinnten“ hinzugezogen werden. Ferdinand, nicht zufrieden mit seiner Schweizergarde und Armee, hat nun auch seine Partei in der Stadt Neapel militärisch organisirt. Die Wahlkollegien und die Kammern werden unter einer von 2400 servilen Bürgerbajonetten getragenen Diktatur stimmen.
Aber trotz alledem wird er den Gang der Revolution nicht aufhalten.
Französische Republik. 39 Paris, 22. Juni. Der Groll der Massen steigt. Die Brigadiers der Nationalateliers (jetzt haben sie auch einen eigenen Klub) erlassen so eben eine Affische an Herrn Goudchaux, worin es heißt : „Herr Bankier, Sie freilich wären hoch erfreut, wenn die für die Ateliers der französischen Nation bestimmten Schatzgelder hübsch seitwärts in die Privatkassen der Industriellen flössen, die damit ja die fälligen Commercebillets abzahlen könnten. Aber bedenken Sie, Herr, daß wir auf den Barrikaden uns das ewige Anrecht auf Arbeitssicherung von Seiten der Republik erfochten haben. Sie freilich meinen, wir könnten 6 oder 8 Fr. bei Privaten verdienen, und zögen eigensinnig es vor, im Nationalatelier 25 Sous mit „„Nichtsthun““ zu gewinnen. Seien Sie so gütig, Herr Goudchaux, uns die Adressen der 6 und 8 Frankenarbeit zu geben. Nur ein Blinder würde läugnen, daß Sie die Nationalateliers zerstören wollen, obschon Sie sich des Wortes „Neuorganisiren“ bedienen; oh, wir verstehen das nur allzu gut! Lügen auf Lügen trägt man über uns im Publikum herum, bald sollen wir dies, bald jenes verlangen oder verweigern. Aber wir sagen Ihnen ein für alle Mal, wir wollen nur drei Dinge: gute zweckmäßige Arbeit für Alle, guten Absatz und Tagelohn, endlich gute Versorgung in Krankheit und Alter. Sie wehklagen über das Loos des Kaufmanns, des Zwischenhändlers; was soll aber aus uns werden? wir zählen über hunderttausend in Paris allein, wo wir Ihnen Barrikaden bauten.“ ‒ Der „Accusateur public“ von Alfons Esquiros fragt: „Ihr Herren Ritter von der Chaussée d'Antin, ihr edeln Spieler au Lansquenet, die ihr unter L. Philipp so weidlich Escroquerie triebt, hier mit 4000, da mit 6000 Franken die Kleider- und Putzbazars betrogt, wie könnt ihr's doch wagen dem Ouvrier heute sein sogenanntes Nichtsthun vorzuwerfen?“ ‒ Der „Pilori“ bringt eine große Vignette, wo Herr Adolph Thiers am Pranger steht mit Brille und lächelndem Gesichtchen: „L. A. Thiers, geb. 1797, 16. April (26. Germinal, Jahr V) zu Marseille, ist verurtheilt zur öffentlichen Ausstellung und Brandmarkung, als schuldig der Undankbarkeit, Intrigue, Geschichtsverfälschung, Lüge, Plünderung des Staatsschatzes, des Blutvergießens und des Hasses gegen unsere demokratisch-sociale Republik. Er gleicht dem indischen Reisenden in jenem Mährchen, der sich an die schönste Tafel setzt, satt speist, und beim Fortgehen Gift auf alle Gerichte streut. Er ist ein Figaro, der jedem Meister sich vermiethet und kratzfüßelt und hinterdrein ihn verräth; anfangs hieß er bloß Macchiavel die Milbe, oder Mirabeau die Fliege; später lernte er Millionen Franken taschenspielern, Zwanzigpfünder gießen, Menschen abschlachten, die Presse maulkorben; das war ein handgreiflicher Fortschritt. Bevor dieser Heros jedoch den Präsidententhron besteigt, möge er den Thron der Infamie, hier diesen Pranger, genießen.“
Held Bonaparte hat nur deshalb abgedankt, um bei den in Kurzem statthabenden Ersatzwahlen einige hunderttausend Stimmen mehr zu bekommen; an verschiedenen Wahlorten wird wieder tüchtig für ihn geworben. Die ganze Bonapartische Sippschaft ist jetzt auf den Beinen; die zwei auf den Repräsentantenbänken bereits sitzenden, aus Korsika, waren gleichsam die Vorposten; jetzt hat man den Sohn des Königs v. Westphalen zum Obersten der II. Nationalgardenlegion proponirt; Duelle fallen auch schon vor zwischen seinen Anhängern und den Lamartinisten. ‒ Die Reaktion zeigt sich auf allen Ecken; z. B. reklamiren jetzt die Portiers vom Tuilerienschloß und Palais National 16,000 Franken Entschädigung für eingeschlagene Fenster u. s. w.; man hatte nämlich philanthropisch genug diese louisphilippschen Bedienten nach dem Februar in ihren Sinekuren belassen. Das Gerücht geht, Marrast wolle die Säle der Ouvrierklubs schließen; die „Republique rouge“ bemerkt hiebei: „Maire von Paris war einst ein Péthion, und ein Bailly; unsere Väter brachen den Stab über sie; möge der Maire Marrast sich danach richten. Schön ist es wenn man väterlich geprügelt wird; schöner noch wenn man brüderlich im Namen der Republik gefoppt wird; die republikanische Garde, diese 2600 Wackern, die unser Caussidiere auserlesen, sind jetzt reorganisirt, d. h. man hat ihre 150, selbstgewählten Offiziere abgesetzt und Municipalgardenoffiziere oder deren Gleichgesinnte mit der Epaulette geschmückt; man hat manchen Soldaten verabschiedet und Expolicisten einrollirt. Aber Geduld, es kommt gewiß bald noch schöneres, liebe Pariser.“
Der „Tocsin des Travailleurs“ ruft: „Herr Victor Hugo, ein Wort zwischen uns: Sie sind ein Napoleonist, ein Phrasenmacher, ein Volksfeind; in Ihrer langgezogenen Predigt haben Sie geschickt wie ein Jesuit die Ansicht ausgesprochen, die Leute der Nationalateliers seien eigentlich die Pariser Lazzaroni. Wir danken Ihnen, edler Dichter, für diese Infamie. Ha, der hohe Akademiker bückt sich, hebt die Steine auf, die Bourgeoishänden entfallen sind, und wirft nach dem Volke! Bravo. In wenig Tagen werden Tausende von Ouvriers aus Paris in die ferne Sologne marschiren müssen à einen Fr. per Tag, um dort Kanäle zu stechen, d. h. den pariser Bourgeois vom Alpdruck zu befreien; jetzt sind diese Werbungen freiwillig, bald sind sie gezwungen, und keiner darf sein Nationalgardengewehr mitnehmen, merkt's wohl. Und vergeßt nicht was Sibert uns in seinen Affischen zuruft: Die Thiere alein brauchen einen Herrn. Ihr wißt, die Zeitung der Nationalassemblee sagt: mit Lyon muß man endigen wie mit Paris. Ihr habt Alle gelesen daß die Bauern sich bethören lassen und einen Kaiser verlangen wegen der 45 Centimen; wenn Ihr in die Landes und Sologne kommt, belehrt sie eines Bessern; sagt ihnen sie sollen den Landvermessern in's Gesicht lachen, welche von den Royalisten in den Süden geschickt werden und aussprengen: die kommunistische Partei in Paris lasse schon jetzt die Aecker neu ausmessen, da die Bodentheilung nächstens losgehe. Klärt die armen Egoisten auf!“
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 22. Juni. Präsident Senard eröffnet dieselbe um 1 Uhr. Champrant dringt auf Wiederinkraftsetzung der Verordnung vom 10. Juni 1793 rücksichtlich der Gemeindegüter. Antony Thouret legt seinen Antrag auf Aufhebung des Tabakmonopols vom 1. Januar 1849 an vor. Dann debattirte man sich lange über den Antrag auf Gleichstellung der in Algerien ansäßigen Majorennen Franzosen; Isambert wollte sogar für diesen Gegenstand eine Dringlichkeitserklärung erwirkt sehen; allein die Versammlung zeigte damit keine solche Eile und ließ den Antrag vorläufig liegen. Admiral Casy bestieg dann die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er diesen Morgen Depeschen aus den Antillen erhalten, die ihm melden, daß auf Martinique und Guadeloupe ein allgemeiner Sklavenaufruhr ausgebrochen sei, daß sich die Eigenthümer der Pflanzungen durch die Flucht hätten retten müssen, und daß endlich der Gouverneur gezwungen worden sei, die Freiheit der Sklaven an beiden Orten auszusprechen. (Stimmen zur Rechten: Für das vergossene Eigenthümerblut ist die provis. Regierung verantwortlich! Zur Linken: Schweigen Sie! Schweigen Sie!) Mehrere Glieder hätten wo möglich gern sofort eine Anklage gegen jene Freiheitsdekrete geschleudert; allein sie sahen sich nicht unterstützt und die Versammlung kehrte nach ein Paar Minuten über Latrade's Arbeiter-Antrag, zur Getränkesteuer zurück. Das Gesetz der provis. Regierung vom 31. März wird mit dem 10. Juli abgeschafft und der Entwurf des Finanzausschusses genehmigt. Neue Niederlage der vorigen Regierung.
Perrée, achtbarer Epicier und Miteigenthümer des Siecle, erhielt dann das Wort zu seiner Interpellation. Ich will mich nicht als Werkzeug von Journalgerüchten und sonstigen Ausfällen enttäuschter Hoffnungen hinstellen, aber wenn man in fast allen Blättern solche Anschuldigungen liest, wie sie die Assemblee nationale im Boissy'schen Briefe aus Florenz, so glaube ich der Regierung eine Gelegenheit zu verschaffen, den guten Ruf unserer Vertreter im Auslande zu retten.
Bastide, Minister des Auswärtigen, dankt dem Vorredner und erklärt, daß ihm die beantragte Reinigung des diplomatischen Corps um so leichter sei als er sich hierin vom Ausschuß für's Auswärtige fleißig unterstützt sehe. Die Versammlung schritt dann zur wichtigsten aller Tagesfragen, nämlich zur Eisenbahn-Expropriation. (4 Uhr.) Die Eisenbahnfrage glich eigentlich schon einer ausgepreßten Zitrone, noch ehe sie zur Diskussion kam. Die Presse hat sie bereits durchgepreßt und man kann sagen, daß wenig Saft mehr übrig bleibt. Die Kapitalisten sind gegen, die Proletarier für die Expropriation im Allgemeinen. Das ist die äußere Stimmung.
Montalembert, Chef der ultramontanen Partei, sprach über anderthalb Stunden. Es war sehr erbaulich, den bekannten Jesuitenfreund über Staatsökonomie statt über aargauische oder luzerner Klöster sprechen zu hören. Der Staat, bewies er, dürfe weder als Producent, noch als Ausbeuter, noch als Kommissionar, noch als Industrieller auftreten. Er könne ihm höchstens das Post-, Salz- und Tabaksmonopol zugestehen. Sich des Eisenbahn-Eigenthums bemächtigen, heiße sich dem Kommunismus in den Rachen stürzen. Die Maschine ergriff erst den Zipfel des Kleides eines Kindes in der Fabrik und riß dann das Kind selbst hinab, rief der Redner. Heute nimmt man die Eisenbahnen, morgen wird man alles übrige Associationseigenthum ergreifen. Was der Redner am meisten noch fürchtet, sind die Arbeiterarmeen, welche die Expropriation nothwendig zur Folge haben werden und die eine fürchterliche Macht in den Händen der Expropriation sein werden. Der Redner donnerte noch fürchterlich gegen diese Eiegnthumangreifer um 61/2 Uhr und las Proudhonsche und Lerouxsche Artikel.
Paris, 22. Juni. Bethmonts, des Justizministers, ungleiche Gerechtigkeits-Elle macht sich besonders der demokratischen Presse fühlbar. Seit einigen Tagen durften die Proletarierblätter: 1) der liebenswürdige Fauburger, Journal der Kanaille, 2) la Republique Rouge, 3) Journal des Sans-Culottes, 4) le Tocsin des Travailleurs, 5) le Bonnet Rouge u. s. w. nicht mehr aus gerufen werden. Die Assemblée nationale le Lampion und ein Haufen anderer reaktionärer Blätter, die hinter unschuldigen Titeln viel blutsüchtiger als jene Volksblätter sind, treiben dagegen ihr reaktionäres Handwerk ungestört fort.
‒ Das Ministerium des Auswärtigen hat gestern von hier eine Note an den Vertreter der Republik in Berlin abgehen lassen, worin die Vollziehungsgewalt gegen die jüngste Theilung des Großherzogthums Posen protestirt.
‒ Das Dekret, das von der Nationalversammlung die zur Mobilisirung von 300 Bataillonen Bürgerwehr nöthigen Kredite verlangt, hat unter dem hiesigen diplomatischen Corps große Aufregung verursacht. Dasselbe versammelte sich und ließ durch seinen Aeltesten, v. Brignole-Sales, Gesandten von Sardinien, bei dem Minister des Auswärtigen die Anfrage stellen, was diese allgemeine Nationalbewaffnung zu bedeuten habe und wie sich dieselbe mit den Versicherungen des Friedens und der europäischen Ruhe vertrüge? Bastide, Minister des Auswärtigen, hat darauf geantwortet: Diese Bewaffnung sei eine Maßregel allgemeiner Vorsicht, die durchaus keine Tücke berge (qui ne clache aucune arriére-pensée). Die Republik beabsichtige weder herauszufordern noch anzugreifen.
‒ Gestern und heute sollen zwei von den Maßregeln ausgeführt werden, welche zur Auflösung der Nationalwerkstätten führen und von der Nationalversammlung mit so großem Eifer angenommen wurden. 1) Die Arbeit auf Stück, à la tâche. 2) Die Aushebung aller jungen Arbeiter von 18 bis 25 Jahren für die Armee. Die erste Maßregel hat bereits gestern zu einer bedrohlichen Spaltung unter den Arbeitern selbst, in den Nationalwerkstätten von Puteaux, zwischen Neuilly und Suresne etc. etc. geführt und hätte sicher mit einem Blutbade geendet, wenn Trelat, der Staatsbautendoktor, nicht drei Bataillone der Mobilgarde aus der Courbevoie-Kaserne und 2 Regimenter Infanterie im Voraus auf den Platz gestellt hätte. Die Einen, durch den höheren Lohn verlockt, wollten arbeiten à la tâche, die Mehrzahl hielt jedoch an dem sozialistischen Gleichheitsprinzipe Louis Blanc's fest.
Wie das (russische) Aushebungssystem gelingen wird, darüber werden wir nächster Tage berichten.
Großbritannien. * London, 22. Juni. Wir lieferten gestern den Anfang der Mittwochs-Sitzung des Unterhauses. Die weitern Debatten waren so ohne alles Interesse für's Ausland, daß man damit erst kein Papier zu verschwenden braucht.
‒ In der City wird nach Privatbriefen aus New-York behauptet, daß der Befehl zum Abmarsch der amerikanischen Truppen aus Mexiko bereits erlassen sei.
‒ Konsols für Rechnung 835/8, 3/4.
‒ Der am Hofe von St. James thätige Bevollmächtigte Dänemarks, Hr. Reetz, hat erklärt, daß seine Regierung die Vermittelungs-Vorschläge Englands, in Betreff der deutsch-dänischen Angelegenheiten, nicht annehmen könne. Die darüber gepflogenen Unterhandlungen sind demnach völlig abgebrochen.
* London, 22. Juni. Für Weintrinker eröffnet sich in der südlichen Hemisphäre eine glänzende Aussicht. Nach „Landor's Bushman“, unterliegt es gar keinem Zwei fel, daß West-Australien einst ein großes Weinland werden wird. „Seine Weingärten“, heißt es in dem Journal, „gewinnen jedes Jahr an Umfang und Zahl. Das Produkt besitzt eine Qualität, die uns glauben läßt, daß es, wenn man hier erst besser die
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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