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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 21. Köln, 21. Juni 1848. Beilage.

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Alles beruhte hier auf dem System, welchem Ihr Ausschuß folgen wollte. Die einander am schroffsten entgegenstehenden politischen Parteien möchten zu demselben Ziele auf entgegesetzten Wegen gelangen; die einen laden vielleicht bei ihren politischen Gegnern den Vorwurf der bedenklichsten Neuerung auf sich, erhalten dagegen von diesen den Vorwurf zurück, daß sie auf dem alten morschen Grunde das neue Gebäude aufführen wollen und somit nichts ausrichten werden.

Allein es lassen sich die beiden extremen Systeme schon darum schärfer bezeichnen, weil sie inmitten unseres Ausschusses ihre lebendigen Vertreter gefunden haben.

Das erste System erblickt, vermöge des Grundsatzes der Volkssouveränität, in der Nationalversammlung die erste und alleinige Quelle der Exekutivgewalt. Es verlangt eine Vollziehungsgewalt, von der Nationalversammlung allein ernannt und aus ihrem Schoße entspringend; ihre Aufgabe ist, die Beschlüsse der Nationalversammlung zu vollziehen. Dieses System nimmt keine Rücksicht auf die Rechte der deutschen Regierungen, keine auf ihr Organ, die Bundesversammlung. Wird es angenommen, so hat die Nationalversammlung die Regierung über Deutschland thatsächlich angetreten; es kann sein, daß sie sich ihres Rechts mit Mäßigung bedient und die bestehenden Regierungen fortbestehen läßt; allein die vollziehende Gewalt ist dem Grundsatze nach ihr, als der wahren und einzigen Centralgewalt, untergeordnet und so der Weg zur Republik praktisch angebahnt. Es ist hier nicht die Stelle für die Untersuchung, ob die Republik denn wirklich dem Volke, und einem Volke von 45 Millionen, mehr Freiheit und mehr Freiheitssicherstellung und mehr Macht nach Außen gewähre, als die monarchische Verfassung. Hier genügt die einfache Thatsache, daß die überwiegend große Mehrzahl unseres Volks der Monarchie anhängt, wovon die Folge, daß die Republik durch blutigen Bürgerkrieg und auf dem Wege langer Anarchie auf deutschem Boden errichtet werden könnte. Der Geist dieses republikanischen Systems zeichnet sich schon in verschiedenen Anträgen und Petitionen ab, welche in der Beilage (A) aufgeführt werden, am entwickelsten in dem Antrage der Ausschußmitglieder Robert Blum und von Trützschler (Beilage 1, 3.) Ihr Ausschuß erklärte sich gegen dieses System, mit einer Majorität von 13 gegen 2.

Das entgegengesetzte System schließt sich um so fester an die gegebenen Verhältnisse an. Es will die (immerhin 3) mit der Exekutivgewalt betrauten Männer von den Regierungen ernannt, und als Minister der Regierungen oder auch der Bundesversammlung angesehen wissen; sie sollen der National-Versammlung verantwortlich sein. Diesem Plane aber tritt ein Haupteinwand entgegen. Gleich in der ersten Ausschußsitzung vom 4. d. waren nämlich alle Mitglieder darin einverstanden, daß die Errichtung einer provisorischen Exekutivgewalt für Deutschland nothwendig sei, weil ohne sie man schwerlich hoffen könne, die mannichfachen Gefahren, die dem Vaterlande von Innen und von Außen drohen, zu überwinden. Wenn aber diese Wahrheit mit so großer Uebereinstimmung erkannt wird, so kommt es auch gewiß darauf an, eine Gewalt einzusetzen, die es wirklich und nicht blos dem Namen nach sei. Daß die deutsche Bundesversammlung neuerdings durch eine bedeutende Zahl verdienstvoller und vaterländisch bewährter Mitglieder verstärkt worden ist, wer möchte das in Abrede stellen. Von der andern Seite aber, wer möchte behaupten, daß durch diese veränderte Besetzung das Unmögliche möglich gemacht und es gelungen sei, das Uebel hinwegzutilgen, welche unvermeidlich an dieser ganzen Institution haften - die Uebel der Vielherrschaft und in Folge davon der streitenden, mithin gefährlich verzögernden Interessen. Daher die politische Thatlosigkeit und völlige Unbeholfenheit eines Gemeinwesens von so vielen Millionen Deutschen, in allen Fällen, wo im raschen einheitlichen Zusammenwirken das einzige Heil zu finden ist. Fragt es sich nun aber, ob durch die Zuordnung eines verantwortlichen Ministeriums diesem Uebel gesteuert werde, so liegt das Nein darauf in nächster Nähe. Es ist im hohen Grade thunlich, der constitutionelle Minister einer einzigen Regierung zu sein; ein solcher Minister wird aus allen Kräften die Würde seiner Regierung aufrecht halten; sobald er aber einen übermächtigen Willen aufkommen sieht, der mit seiner gewissenhaften Ueberzeugung im Widerspruche steht, so tritt er von seinem Amte zurück und ein anders überzeugter Minister tritt an seine Stelle. So bleibt Alles in ungestörter Ordnung. Wie es aber möglich sein könne, zu gleicher Zeit Minister von mehr als dreißig Regierungen zu sein, von welchen der Natur der Dinge nach ohnehin die eine hierhin, die andere dorthin will, und wie man in solcher Einrichtung eine Verbesserung der bisherigen Exekutivgewalt entdecken könne, das ist schwer zu begreifen. Blicken wir auf ganz neue Ereignisse. Es ist allbekannt, daß in dem obwaltenden dänischen Kriege gegen Deutschland, die Krone Preußen ihre Bundespflicht treulich erfüllt hat, daß aber andere norddeutsche Regierungen sich in Stellung ihrer Kontingente nachlässig bewiesen haben. Nun liegt es in der Natur der Verhältnisse, daß ein Ministerium seine Regierung vertrete und für ihre Beschlüsse verantwortlich sei, wie eines aber zugleich für Ja und für Nein, für Thun und Unterlassen verantwortlich sein könne, das ist schwer zu begreifen.

Dieses zweite System rühmt gern von sich, daß es an der bestehenden Ordnung, an der Bundesversammlung halte, indem es sie zugleich verbessere. Wie es mit der Verbesserung bewandt sei, davon war so eben die Rede, und es liegt das so klar vor Augen, daß die eifrigsten Vertheidiger des Systems sich gedrungen fühlen, um es zu halten, einen starken Schritt weiter zu gehen. Sie sagen: "die Bundesversammlung ist durch die letzten schwierigen Zeitläufe bereits gewöhnt, ohne Instruktionen zu handeln; sie wird eine ähnliche Befugniß fortan den Triumvirn beilegen, oder die Bundesregierungen veranlassen, es zu thun, also, daß die Triumvirn in allen eiligen Fällen aus eigener Macht handeln dürfen." Was aber hat man hiermit bewirkt? Man hat die Bundesversammlung hiermit in ein Schattenbild verwandelt, indem man die eiligen Fälle, d. h. alle Fälle wichtigerer Art, ihrer Mitwirkung entzieht, und man hat zu gleicher Zeit eine Zwittergestalt aus den Triumvirn gemacht. Denn für die gewöhnlichen Fälle sind die Minister (Minister der Bundesversammlung oder auch der Bundesregierungen, wie sich denn Jeder das in seiner Weise ausmalt), und als solche der Nationalversammlung verantwortlich; für die eiligen Fälle aber sie sind die Centralgewalt. Sollen sie nun auch als letztere der Nationalversammlung verantwortlich sein, so steht die Nationalversammlung über der sogenannten Centralgewalt und die Triumvirn sind in allen Hauptsachen lediglich Vollzieher der Befehle der Nationalversammlung. Dergestalt treten alle Bedenken des ersten Systems in dem zweiten hervor, sobald dieses nämlich den Versuch macht, etwas mehr zu leisten, als ein fünftes Rad thut, welches einem zerbrochenen Wagen aufhelfen soll. Ein Ausschußmitglied, v. Lindenau, hat ein gemischtes System aufgestellt, welches sich am meisten dem zweiten anzuschließen scheint. Es ist in der Beilage C abgedruckt. In dem Ausschusse fand dasselbe keine Unterstützung.

In der Mitte zwischen beiden Systemen steht ein drittes, welchem die Mehrzahl des Ausschusses ihren Beifall gibt. Es legt dasselbe eine wirkliche Regierungsgewalt in die Hände von drei Männern des Vertrauens provisorisch nieder und hat dessen kein Hehl; aber die Gewalt dieser drei beschränkt sich auf Alles, was die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates angeht, und greift somit weder in die Befugnisse der einzelnen Regierungen, noch in die Rechte ein, welche der Nationalversammlung als einer konstituirenden in Hinsicht auf das deutsche Verfassungswerk zustehen. Das Bundesdirektorium (denn diesen Namen würde die Gesammtheit dieser drei Männer führen) ernennt die erforderlichen Minister, die der Nat.-Versammlung für ihr Thun und Lassen verantwortlich sind.

(Schluß folgt.)

Köln, 18. Juni.

Am 14. d. M. wurde im Harf 'schen Saale nachstehende Adresse an die National-Versammlung zu Frankfurt verfaßt, und ogleich mit einer bedeutenden Menge von Unterschriften bedeckt.

Hohe Versammlung!

Die Kunde, daß im Ausschusse zur Vorbereitung des Verfassungsentwurfes "die Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate" mit dreizehn gegen zwölf Stimmen verworfen worden ist, hat unter den Katholiken Deutschlands großes Erstaunen und gerechte Entrüstung hervorgerufen. Wir Unterzeichnete protestiren daher feierlich gegen eine solche Ausführung der von allen Seiten verlangten, und vom Ausschusse selbst gebilligten Gewissensfreiheit. Mit fester Zuversicht erwarten wir, daß die Hohe Versammlung, als das Organ zur Herstellung wahrer Freiheit und Gerechtigkeit für Alle und in Allem, die Gewissens- und Kultusfreiheit, die Trägerin aller andern Freiheiten, in einer gerechtern und umsichtigern Weise behandeln wird, als dieses im Ausschusse geschehen ist. Wir Rheinländer wollen keine Art von Bevormundung, und am allerwenigsten Bevormundung in diesem Punkte. Wir wollen uns nicht mit ewiger Schmach und Schande vor unsern freien Nachbarn in Belgien beladen, wo man schon vor achtzehn Jahren diese Freiheit besser verstanden und ausgeführt hat. Wenn die Hohe Versammlung ihren verantwortungschweren Beruf durch die Vorsehung erhalten hat, so beruht ihre Kraft nicht im Willen der Gewalthaber, sondern im Vertrauen des deutschen Volkes. Sie wird, so hoffen wir zu Gott, das Vertrauen der vielen Millionen deutscher Herzen, denen ihr angestammter Glaube noch das kostbarste Erbtheil größerer und glücklicherer Vorfahren ist, nicht durch einen Schritt verwirken, der diesen mächtigen und wahren Kern der Nation der theuersten Freiheit zu berauben droht. - Zugleich mit diesem Proteste legen wir der Hohen Versammlung die Forderungen vor, deren vollständige Vertretung wir erwarten, soll unser Vertrauen zu den gewählten Abgeordneten gerechtfertigt werden und fortbestehen.

Die drei großen geistigen Freiheiten, Cultusfreiheit, Preßfreiheit, und Unterrichtsfreiheit müssen vollständig durchgeführt und nicht nur in vieldeutigen Worten verheißen werden.

Geschichte und Erfahrung haben das Volk hinreichend belehrt, daß Cultus- und Gewissensfreiheit, trotz einer in politischer Beziehung freien Verfassung, zur Lüge werden, wenn nicht volle Unabhängigkeit der Kirche vom Staate durchgeführt ist. Dem Rheinländer haben insbesondere die kölner Ereignisse diese Erfahrung im frischen und unauslöschlichen Andenken erhalten. - Wir verlangen daher Freiheit und Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate, und sehen dieselbe für die römisch-katholische Kirche verwirklicht durch:

a. Gänzliches Wegfallen des Placet von Seiten der Staatsgewalt.
b. Gänzliches Wegfallen des Einflusses der Staatsgewalt bei Besetzung geistlicher Aemter.
c. Aufhebung der Landsherrlichen Patronate.
d. Wegfallen der Berufung an die weltliche Gewalt in geistlichen Sachen
e. Freien Verkehr der Bischöfe mit dem Oberhaupte und mit ihren Untergebenen.
f. Garantie für die Unverletzlichkeit des Eigenthumes der Kirche, Anerkennung der Kirche als selbstständiges Rechtssubjekt, mit der freien Befugniß Güter zu erwerben, zu verwalten und zu veräußern.
g. Unbeschränkte Associations-Freiheit, ohne Ausschluß geistlicher Korporationen.

Da Preßfreiheit und Unterrichtsfreiheit mit der Cultusfreiheit in innigster Wechselbeziehung stehen, so verlangen wir ferner:

1. daß die Presse wahrhaft frei gegeben werde. Wir halten die Press nur dann erst für frei, wenn die Verfassung bestimmt, daß die Frage wegen Mißbrauchs der Presse ausschließlich durch Geschworene beurtheilt werden soll.
2. Unbeschränkte Lehr- und Unterrichtsfreiheit, unter Aufhebung aller Beschränkungen, welche derselben bisher entgegenstanden.

Deutschlands Zerrissenheit hat größtentheils ihren Grund in der konfessionellen Zwietracht. Der Friede der Konfessionen kann aber nur durch gleiche Berechtigung Aller, und durch völlige Unabhängigkeit Aller von der Staatsgewalt herbeigeführt werden. Wir halten nur dann eine wahrhafte und dauernde Einheit Deutschlands gesichert, wenn die Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate, unter Aufhebung aller entgegenstehenden Gesetze, in allen Territorien durch die Reichsgrundverfassung ausgesprochen und gewährleistet ist. Hierin finden wir eine der ersten Aufgaben der Hohen Reichsversammlung; diese Frage unberührt zu lassen, würde ein eben so beklagens werthes Unglück sein, wie ihre einseitige Behandlung im Geiste einer Partei.

Köln, am Vorabende des h. Pfingstfestes 1848.

Die Adresse liegt zum Unterzeichnen noch an folgenden Orten offen:

Bei den Hrn. Bachem, Marzellenstr. Nr. 20; Ludowigs, klein Martin Nr. 7; Thießen, Pfarrhaus von St. Alban; von Devivere, Christophstr. Nr. 1; Baudevin, Eigelstein Nr. 28; Hermanns, Augustinerbogen Nr. 7; Dr. Morkwort, Domstraße Nr. 7; Siebold, Pfarrhaus von St. Martin Riphahn, Große Sandkaul Nr. 26.

Adresse aus Stadt und Kreis Lauban (Schlesien) an die Berliner Versammlung.

Hohe Versammlung!

In der Voraussetzung, daß Einer hohen Versammlung die Mittheilung von Ansichten über den von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurf nicht unangemessen erscheinen wird, erlaubt sich der unterzeichnete Verein auch die seinige hierüber vorzulegen.

Dieselbe geht dahin, daß der vorgelegte Entwurf den Bedürfnissen unserer Zeit nicht entspricht, die Wohlfahrt des Volks dadurch nicht begründet werden wird und derselbe keine dauerhafte Grundlage für die künftige Entwickelung des Volks- und Staatslebens bietet.

Wir glauben, daß die Geschichte das System des neuen Konstitutionalismus bereits gerichtet hat und durch die Revolutionen des Jahres 1848 insbesondere die Hohlheit und Lüge derselben unwiderleglich bewiesen ist. Wir halten es für einen Rückschritt in Preußen mit diesem System erst noch experimentiren zu wollen; selbst die breitesten Grundlagen werden ihm keine Dauer geben. Das rein-konstitutionelle System schafft nur künstliche politische Gewalten, deren hauptsächliche Thätigkeit darin besteht, sich gegenseitig zu bekämpfen nicht aber die wahren Bedürfnisse der Nation zu befriedigen.

Wir verlangen von einer Verfassung, die dem Bedürfnisse und der Zeit entsprechen soll, nicht blos, daß dem Volke gewisse abstrakte politische Rechte gewährleistet werden und dasselbe durch Abgeordnete an der Gesetzgebung Theil nehme, wir verlangen vielmehr die Anerkennung und Durchführung des Grundsatzes, daß der Gesammtwille der Nation der allein berechtigte im Staate ist, und die Verfassung den Staat daher in allen Kreisen seiner Thätigkeit auf wahrhaft volksthümlichen Grundlagen organisire. Wir verlangen daher nur eine gesetzgebende Gewalt und ein beschränktes Veto des Königs. Wir verlangen aber auch, daß durch Gemeinde-, Kreis- und Privatordnungen die lokalen und partikularen Interessen gesichert, und Preußen vor einem Centralisationssysteme bewahrt werde, welches dem Volke die Selbstständigkeit und Autonomie in denjenigen Angelegenheiten entzieht, die für dasselbe die nächsten sind. Wir verlangen eine Wahl der Beamten durch das Volk, nicht blos in den Stadt- und Landgemeinden, sondern auch, theilweise wenigstens, bei den hohen administrativen Behörden, weil sonst die Bureaukratie nicht aufhören wird und die wahren Interessen des Volks nur kümmerlich zur Geltung und Anerkennung werden gebracht werden. Wir verlangen mit einem Worte möglichste Selbstregierung des Volks. Wir verlangen ferner, daß die wahrhaften Stände der Nation, nicht die künstlichen Stände des hohen Adels, der Rittergutsbesitzer etc. gesetzliche Organe zur Wahrung und Geltendmachung ihrer Interessen erhalten. Die Wohlfahrt des Volkes in materieller und geistiger Beziehung ist der alleinige Staatszweck; die Wohlfahrt des Volkes aber besteht in der Wohlfahrt der arbeiterden Klasse, der Landbauer, der Handwerker und übrigen Gewerbtreibenden. Sie sind der Staat, nicht der König mit einer oder zwei Kammern. Wir verlangen daher, daß diese Stände organisirt, und mit den Behörden in einen lebendigen Zusammenhang gebracht werden.

Man sollte glauben, es könne darüber kein Zweifel bestehen, daß die sociale Frage bald gelöst werden muß und daß jeder Tag, an welchem zu ihrer Lösung kein Schritt geschieht uns einem Abgrunde zuführt, in welchem unsere ganze Bildung und Civilisation zu Grunde zu gehen droht. Die unverschuldete Noth von Millionen, ist ebenso wenig eine Schickung des Himmels wie der Despotismus, und die Befreiung von dieser Noth, konstituirt erst die wahre Freiheit. Die Verfassung kann die sociale Frage nicht lösen, sie muß aber dem Staate solche Organisation geben, welche die Lösung derselben auf friedlichem Wege möglich macht. Wie verhielt sich nun der Verfassungsentwurf zu dieser Aufgabe? Er verspricht dem Volke Preßfreiheit, Associationsrecht, persönliche Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetze u. s. w. Das erste Recht des Menschen, aber auf Ausbildung seiner physischen und geistigen Kräfte, auf die Möglichkeit der Anwendung dieser Kräfte und den Genuß der Früchte seiner Thätigkeit wird nicht garantirt. Und gleichsam um die Lösung der socialen Frage unmöglich zu machen, konstituirt der Verfassungsentwurf in der ersten Kammer eine Gewalt, die die Herrschaft des Kapital, über die freie Arbeit zu verewigen bestimmt scheint.

Wird der vorgelegte Verfassungsentwurf angenommen, so lassen sich die Folgen leicht voraussehen. Die zweite Kammer wird das Bild des nicht befriedigten Volkswillens werden und ihre Haltung wird desto leidenschaftlicher ihre Forderungen werden desto ungestümer sein, je weniger der politischen Thätigkeit auch in andern Kreisen des Staatslebens ein Spielraum geboten ist, je mehr im Gegentheil in ihr sich alle Wünsche, alle Hoffnungen des Volks koncentriren. Sie wird sofort in einen scharfen Gegensatz treten zu der Krone und der ersten Kammer, zwei Gewalten, die ihre besondern Interessen für ebenso berechtigt ansehen werden, als die des Volks. So wird ein neuer Kampf der politischen Gewalten unter einander beginnen, ein Kampf eben so nachtheilig für die Wohlfahrt der Nation wie für die Krone, da er nur dazu dienen kann, die Bande immer mehr zu lösen, welche jetzt noch das Volk und unser Königshaus vereinigen.

Im Interesse der Nation wie der Krone, bitten wir daher Eine hohe Versammlung dem vorgelegten Verfassungsentwurfe ihre Zustimmung zu versagen und eine andere Verfassung auf wahrhaft volksthümlichen Grundlagen zu entwerfen.

Der Verein für die Volksthümliche Verfassung

Lauban, den 5. Juni 1848.

(Folgen einige Tausend Unterschriften.)

Leipzig.

Attentat auf die Preßfreiheit. Dem Kriminal-Amte Leipzigs hat es gefallen, gegen mich auf Grund der beiden Flugblätter: "Nieder mit dem Deutschen Kaiser!" und "freie Wahl und freie Presse," eine Untersuchung einzuleiten. Das Amt beruft sich wie gewöhnlich auf § 84 des Kriminalgesetzbuchs, das den alten Begriff "Hochverrath" der neuen Zeit aufbringen will. Aber das Alte hat nicht deshalb Recht, weil es alt ist. Das Kriminalgesetzbuch ist bekanntlich zu einer Zeit, wo man die Februarrevolution von 1848 noch nicht kannte, und man Personen entworfen, welche andere engherzige Ideen im Kopfe hatten, als wir sie heute haben.

Die Preßfreiheit umfaßt alle Gebiete des menschlichen Lebens, vor ihr ist nichts heilig und unverletzlich. Am wenigsten kann sie an verjährten Begriffen scheitern, wenn sie das edle Gut sein soll, als welches man sie allgemein schätzt. Ansichten und Ideen können, wenn wir keine Geistestortur wollen, nicht einem Urtheilspruch ausgesetzt werden; sie erkennen nichts Höheres und nur mit gleichen Waffen ist ein ehrlicher Kampf möglich. Nach dem Kriminalgesetzbuch ist jeder Republikaner ein Hochverräther : wozu Preßfreiheit? Die Hochverrathsparagraphen können also auf die neue Zeit keine Anwendung leiden, Preßfreiheit und Hochverrath können nicht neben einander gehen. Ja, diese Preßfreiheit selbst ist ein Hochverrath am Kriminalgesetzbuch, wonach gegen diejenigen zu verfahren wäre, welche die Preßfreiheit gewähren lassen.

Den Drucker zur Verantwortung zu ziehen, ist, wenn der Verleger bekannt, nicht einmal gesetzlich gestattet, es würde zu einem Schreckenssystem führen, gegen welches alle früheren Polizeimaßregeln Kinderspiele wären.

Ich erkläre demnach das Kriminalgesetzbuch mit seinem der neuen Freiheit hochverrätherischen Begriff als nicht maßgebend. Es sucht eine der meinigen entgegengesetzte Ansicht mit ungleichen Waffen zu bekämpfen d. h. zu unterdrücken.

E. O. Weller,

Buchhändler.

Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material]

Alles beruhte hier auf dem System, welchem Ihr Ausschuß folgen wollte. Die einander am schroffsten entgegenstehenden politischen Parteien möchten zu demselben Ziele auf entgegesetzten Wegen gelangen; die einen laden vielleicht bei ihren politischen Gegnern den Vorwurf der bedenklichsten Neuerung auf sich, erhalten dagegen von diesen den Vorwurf zurück, daß sie auf dem alten morschen Grunde das neue Gebäude aufführen wollen und somit nichts ausrichten werden.

Allein es lassen sich die beiden extremen Systeme schon darum schärfer bezeichnen, weil sie inmitten unseres Ausschusses ihre lebendigen Vertreter gefunden haben.

Das erste System erblickt, vermöge des Grundsatzes der Volkssouveränität, in der Nationalversammlung die erste und alleinige Quelle der Exekutivgewalt. Es verlangt eine Vollziehungsgewalt, von der Nationalversammlung allein ernannt und aus ihrem Schoße entspringend; ihre Aufgabe ist, die Beschlüsse der Nationalversammlung zu vollziehen. Dieses System nimmt keine Rücksicht auf die Rechte der deutschen Regierungen, keine auf ihr Organ, die Bundesversammlung. Wird es angenommen, so hat die Nationalversammlung die Regierung über Deutschland thatsächlich angetreten; es kann sein, daß sie sich ihres Rechts mit Mäßigung bedient und die bestehenden Regierungen fortbestehen läßt; allein die vollziehende Gewalt ist dem Grundsatze nach ihr, als der wahren und einzigen Centralgewalt, untergeordnet und so der Weg zur Republik praktisch angebahnt. Es ist hier nicht die Stelle für die Untersuchung, ob die Republik denn wirklich dem Volke, und einem Volke von 45 Millionen, mehr Freiheit und mehr Freiheitssicherstellung und mehr Macht nach Außen gewähre, als die monarchische Verfassung. Hier genügt die einfache Thatsache, daß die überwiegend große Mehrzahl unseres Volks der Monarchie anhängt, wovon die Folge, daß die Republik durch blutigen Bürgerkrieg und auf dem Wege langer Anarchie auf deutschem Boden errichtet werden könnte. Der Geist dieses republikanischen Systems zeichnet sich schon in verschiedenen Anträgen und Petitionen ab, welche in der Beilage (A) aufgeführt werden, am entwickelsten in dem Antrage der Ausschußmitglieder Robert Blum und von Trützschler (Beilage 1, 3.) Ihr Ausschuß erklärte sich gegen dieses System, mit einer Majorität von 13 gegen 2.

Das entgegengesetzte System schließt sich um so fester an die gegebenen Verhältnisse an. Es will die (immerhin 3) mit der Exekutivgewalt betrauten Männer von den Regierungen ernannt, und als Minister der Regierungen oder auch der Bundesversammlung angesehen wissen; sie sollen der National-Versammlung verantwortlich sein. Diesem Plane aber tritt ein Haupteinwand entgegen. Gleich in der ersten Ausschußsitzung vom 4. d. waren nämlich alle Mitglieder darin einverstanden, daß die Errichtung einer provisorischen Exekutivgewalt für Deutschland nothwendig sei, weil ohne sie man schwerlich hoffen könne, die mannichfachen Gefahren, die dem Vaterlande von Innen und von Außen drohen, zu überwinden. Wenn aber diese Wahrheit mit so großer Uebereinstimmung erkannt wird, so kommt es auch gewiß darauf an, eine Gewalt einzusetzen, die es wirklich und nicht blos dem Namen nach sei. Daß die deutsche Bundesversammlung neuerdings durch eine bedeutende Zahl verdienstvoller und vaterländisch bewährter Mitglieder verstärkt worden ist, wer möchte das in Abrede stellen. Von der andern Seite aber, wer möchte behaupten, daß durch diese veränderte Besetzung das Unmögliche möglich gemacht und es gelungen sei, das Uebel hinwegzutilgen, welche unvermeidlich an dieser ganzen Institution haften ‒ die Uebel der Vielherrschaft und in Folge davon der streitenden, mithin gefährlich verzögernden Interessen. Daher die politische Thatlosigkeit und völlige Unbeholfenheit eines Gemeinwesens von so vielen Millionen Deutschen, in allen Fällen, wo im raschen einheitlichen Zusammenwirken das einzige Heil zu finden ist. Fragt es sich nun aber, ob durch die Zuordnung eines verantwortlichen Ministeriums diesem Uebel gesteuert werde, so liegt das Nein darauf in nächster Nähe. Es ist im hohen Grade thunlich, der constitutionelle Minister einer einzigen Regierung zu sein; ein solcher Minister wird aus allen Kräften die Würde seiner Regierung aufrecht halten; sobald er aber einen übermächtigen Willen aufkommen sieht, der mit seiner gewissenhaften Ueberzeugung im Widerspruche steht, so tritt er von seinem Amte zurück und ein anders überzeugter Minister tritt an seine Stelle. So bleibt Alles in ungestörter Ordnung. Wie es aber möglich sein könne, zu gleicher Zeit Minister von mehr als dreißig Regierungen zu sein, von welchen der Natur der Dinge nach ohnehin die eine hierhin, die andere dorthin will, und wie man in solcher Einrichtung eine Verbesserung der bisherigen Exekutivgewalt entdecken könne, das ist schwer zu begreifen. Blicken wir auf ganz neue Ereignisse. Es ist allbekannt, daß in dem obwaltenden dänischen Kriege gegen Deutschland, die Krone Preußen ihre Bundespflicht treulich erfüllt hat, daß aber andere norddeutsche Regierungen sich in Stellung ihrer Kontingente nachlässig bewiesen haben. Nun liegt es in der Natur der Verhältnisse, daß ein Ministerium seine Regierung vertrete und für ihre Beschlüsse verantwortlich sei, wie eines aber zugleich für Ja und für Nein, für Thun und Unterlassen verantwortlich sein könne, das ist schwer zu begreifen.

Dieses zweite System rühmt gern von sich, daß es an der bestehenden Ordnung, an der Bundesversammlung halte, indem es sie zugleich verbessere. Wie es mit der Verbesserung bewandt sei, davon war so eben die Rede, und es liegt das so klar vor Augen, daß die eifrigsten Vertheidiger des Systems sich gedrungen fühlen, um es zu halten, einen starken Schritt weiter zu gehen. Sie sagen: „die Bundesversammlung ist durch die letzten schwierigen Zeitläufe bereits gewöhnt, ohne Instruktionen zu handeln; sie wird eine ähnliche Befugniß fortan den Triumvirn beilegen, oder die Bundesregierungen veranlassen, es zu thun, also, daß die Triumvirn in allen eiligen Fällen aus eigener Macht handeln dürfen.“ Was aber hat man hiermit bewirkt? Man hat die Bundesversammlung hiermit in ein Schattenbild verwandelt, indem man die eiligen Fälle, d. h. alle Fälle wichtigerer Art, ihrer Mitwirkung entzieht, und man hat zu gleicher Zeit eine Zwittergestalt aus den Triumvirn gemacht. Denn für die gewöhnlichen Fälle sind die Minister (Minister der Bundesversammlung oder auch der Bundesregierungen, wie sich denn Jeder das in seiner Weise ausmalt), und als solche der Nationalversammlung verantwortlich; für die eiligen Fälle aber sie sind die Centralgewalt. Sollen sie nun auch als letztere der Nationalversammlung verantwortlich sein, so steht die Nationalversammlung über der sogenannten Centralgewalt und die Triumvirn sind in allen Hauptsachen lediglich Vollzieher der Befehle der Nationalversammlung. Dergestalt treten alle Bedenken des ersten Systems in dem zweiten hervor, sobald dieses nämlich den Versuch macht, etwas mehr zu leisten, als ein fünftes Rad thut, welches einem zerbrochenen Wagen aufhelfen soll. Ein Ausschußmitglied, v. Lindenau, hat ein gemischtes System aufgestellt, welches sich am meisten dem zweiten anzuschließen scheint. Es ist in der Beilage C abgedruckt. In dem Ausschusse fand dasselbe keine Unterstützung.

In der Mitte zwischen beiden Systemen steht ein drittes, welchem die Mehrzahl des Ausschusses ihren Beifall gibt. Es legt dasselbe eine wirkliche Regierungsgewalt in die Hände von drei Männern des Vertrauens provisorisch nieder und hat dessen kein Hehl; aber die Gewalt dieser drei beschränkt sich auf Alles, was die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates angeht, und greift somit weder in die Befugnisse der einzelnen Regierungen, noch in die Rechte ein, welche der Nationalversammlung als einer konstituirenden in Hinsicht auf das deutsche Verfassungswerk zustehen. Das Bundesdirektorium (denn diesen Namen würde die Gesammtheit dieser drei Männer führen) ernennt die erforderlichen Minister, die der Nat.-Versammlung für ihr Thun und Lassen verantwortlich sind.

(Schluß folgt.)

Köln, 18. Juni.

Am 14. d. M. wurde im Harf 'schen Saale nachstehende Adresse an die National-Versammlung zu Frankfurt verfaßt, und ogleich mit einer bedeutenden Menge von Unterschriften bedeckt.

Hohe Versammlung!

Die Kunde, daß im Ausschusse zur Vorbereitung des Verfassungsentwurfes „die Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate“ mit dreizehn gegen zwölf Stimmen verworfen worden ist, hat unter den Katholiken Deutschlands großes Erstaunen und gerechte Entrüstung hervorgerufen. Wir Unterzeichnete protestiren daher feierlich gegen eine solche Ausführung der von allen Seiten verlangten, und vom Ausschusse selbst gebilligten Gewissensfreiheit. Mit fester Zuversicht erwarten wir, daß die Hohe Versammlung, als das Organ zur Herstellung wahrer Freiheit und Gerechtigkeit für Alle und in Allem, die Gewissens- und Kultusfreiheit, die Trägerin aller andern Freiheiten, in einer gerechtern und umsichtigern Weise behandeln wird, als dieses im Ausschusse geschehen ist. Wir Rheinländer wollen keine Art von Bevormundung, und am allerwenigsten Bevormundung in diesem Punkte. Wir wollen uns nicht mit ewiger Schmach und Schande vor unsern freien Nachbarn in Belgien beladen, wo man schon vor achtzehn Jahren diese Freiheit besser verstanden und ausgeführt hat. Wenn die Hohe Versammlung ihren verantwortungschweren Beruf durch die Vorsehung erhalten hat, so beruht ihre Kraft nicht im Willen der Gewalthaber, sondern im Vertrauen des deutschen Volkes. Sie wird, so hoffen wir zu Gott, das Vertrauen der vielen Millionen deutscher Herzen, denen ihr angestammter Glaube noch das kostbarste Erbtheil größerer und glücklicherer Vorfahren ist, nicht durch einen Schritt verwirken, der diesen mächtigen und wahren Kern der Nation der theuersten Freiheit zu berauben droht. ‒ Zugleich mit diesem Proteste legen wir der Hohen Versammlung die Forderungen vor, deren vollständige Vertretung wir erwarten, soll unser Vertrauen zu den gewählten Abgeordneten gerechtfertigt werden und fortbestehen.

Die drei großen geistigen Freiheiten, Cultusfreiheit, Preßfreiheit, und Unterrichtsfreiheit müssen vollständig durchgeführt und nicht nur in vieldeutigen Worten verheißen werden.

Geschichte und Erfahrung haben das Volk hinreichend belehrt, daß Cultus- und Gewissensfreiheit, trotz einer in politischer Beziehung freien Verfassung, zur Lüge werden, wenn nicht volle Unabhängigkeit der Kirche vom Staate durchgeführt ist. Dem Rheinländer haben insbesondere die kölner Ereignisse diese Erfahrung im frischen und unauslöschlichen Andenken erhalten. ‒ Wir verlangen daher Freiheit und Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate, und sehen dieselbe für die römisch-katholische Kirche verwirklicht durch:

a. Gänzliches Wegfallen des Placet von Seiten der Staatsgewalt.
b. Gänzliches Wegfallen des Einflusses der Staatsgewalt bei Besetzung geistlicher Aemter.
c. Aufhebung der Landsherrlichen Patronate.
d. Wegfallen der Berufung an die weltliche Gewalt in geistlichen Sachen
e. Freien Verkehr der Bischöfe mit dem Oberhaupte und mit ihren Untergebenen.
f. Garantie für die Unverletzlichkeit des Eigenthumes der Kirche, Anerkennung der Kirche als selbstständiges Rechtssubjekt, mit der freien Befugniß Güter zu erwerben, zu verwalten und zu veräußern.
g. Unbeschränkte Associations-Freiheit, ohne Ausschluß geistlicher Korporationen.

Da Preßfreiheit und Unterrichtsfreiheit mit der Cultusfreiheit in innigster Wechselbeziehung stehen, so verlangen wir ferner:

1. daß die Presse wahrhaft frei gegeben werde. Wir halten die Press nur dann erst für frei, wenn die Verfassung bestimmt, daß die Frage wegen Mißbrauchs der Presse ausschließlich durch Geschworene beurtheilt werden soll.
2. Unbeschränkte Lehr- und Unterrichtsfreiheit, unter Aufhebung aller Beschränkungen, welche derselben bisher entgegenstanden.

Deutschlands Zerrissenheit hat größtentheils ihren Grund in der konfessionellen Zwietracht. Der Friede der Konfessionen kann aber nur durch gleiche Berechtigung Aller, und durch völlige Unabhängigkeit Aller von der Staatsgewalt herbeigeführt werden. Wir halten nur dann eine wahrhafte und dauernde Einheit Deutschlands gesichert, wenn die Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate, unter Aufhebung aller entgegenstehenden Gesetze, in allen Territorien durch die Reichsgrundverfassung ausgesprochen und gewährleistet ist. Hierin finden wir eine der ersten Aufgaben der Hohen Reichsversammlung; diese Frage unberührt zu lassen, würde ein eben so beklagens werthes Unglück sein, wie ihre einseitige Behandlung im Geiste einer Partei.

Köln, am Vorabende des h. Pfingstfestes 1848.

Die Adresse liegt zum Unterzeichnen noch an folgenden Orten offen:

Bei den Hrn. Bachem, Marzellenstr. Nr. 20; Ludowigs, klein Martin Nr. 7; Thießen, Pfarrhaus von St. Alban; von Devivère, Christophstr. Nr. 1; Baudevin, Eigelstein Nr. 28; Hermanns, Augustinerbogen Nr. 7; Dr. Morkwort, Domstraße Nr. 7; Siebold, Pfarrhaus von St. Martin Riphahn, Große Sandkaul Nr. 26.

Adresse aus Stadt und Kreis Lauban (Schlesien) an die Berliner Versammlung.

Hohe Versammlung!

In der Voraussetzung, daß Einer hohen Versammlung die Mittheilung von Ansichten über den von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurf nicht unangemessen erscheinen wird, erlaubt sich der unterzeichnete Verein auch die seinige hierüber vorzulegen.

Dieselbe geht dahin, daß der vorgelegte Entwurf den Bedürfnissen unserer Zeit nicht entspricht, die Wohlfahrt des Volks dadurch nicht begründet werden wird und derselbe keine dauerhafte Grundlage für die künftige Entwickelung des Volks- und Staatslebens bietet.

Wir glauben, daß die Geschichte das System des neuen Konstitutionalismus bereits gerichtet hat und durch die Revolutionen des Jahres 1848 insbesondere die Hohlheit und Lüge derselben unwiderleglich bewiesen ist. Wir halten es für einen Rückschritt in Preußen mit diesem System erst noch experimentiren zu wollen; selbst die breitesten Grundlagen werden ihm keine Dauer geben. Das rein-konstitutionelle System schafft nur künstliche politische Gewalten, deren hauptsächliche Thätigkeit darin besteht, sich gegenseitig zu bekämpfen nicht aber die wahren Bedürfnisse der Nation zu befriedigen.

Wir verlangen von einer Verfassung, die dem Bedürfnisse und der Zeit entsprechen soll, nicht blos, daß dem Volke gewisse abstrakte politische Rechte gewährleistet werden und dasselbe durch Abgeordnete an der Gesetzgebung Theil nehme, wir verlangen vielmehr die Anerkennung und Durchführung des Grundsatzes, daß der Gesammtwille der Nation der allein berechtigte im Staate ist, und die Verfassung den Staat daher in allen Kreisen seiner Thätigkeit auf wahrhaft volksthümlichen Grundlagen organisire. Wir verlangen daher nur eine gesetzgebende Gewalt und ein beschränktes Veto des Königs. Wir verlangen aber auch, daß durch Gemeinde-, Kreis- und Privatordnungen die lokalen und partikularen Interessen gesichert, und Preußen vor einem Centralisationssysteme bewahrt werde, welches dem Volke die Selbstständigkeit und Autonomie in denjenigen Angelegenheiten entzieht, die für dasselbe die nächsten sind. Wir verlangen eine Wahl der Beamten durch das Volk, nicht blos in den Stadt- und Landgemeinden, sondern auch, theilweise wenigstens, bei den hohen administrativen Behörden, weil sonst die Bureaukratie nicht aufhören wird und die wahren Interessen des Volks nur kümmerlich zur Geltung und Anerkennung werden gebracht werden. Wir verlangen mit einem Worte möglichste Selbstregierung des Volks. Wir verlangen ferner, daß die wahrhaften Stände der Nation, nicht die künstlichen Stände des hohen Adels, der Rittergutsbesitzer etc. gesetzliche Organe zur Wahrung und Geltendmachung ihrer Interessen erhalten. Die Wohlfahrt des Volkes in materieller und geistiger Beziehung ist der alleinige Staatszweck; die Wohlfahrt des Volkes aber besteht in der Wohlfahrt der arbeiterden Klasse, der Landbauer, der Handwerker und übrigen Gewerbtreibenden. Sie sind der Staat, nicht der König mit einer oder zwei Kammern. Wir verlangen daher, daß diese Stände organisirt, und mit den Behörden in einen lebendigen Zusammenhang gebracht werden.

Man sollte glauben, es könne darüber kein Zweifel bestehen, daß die sociale Frage bald gelöst werden muß und daß jeder Tag, an welchem zu ihrer Lösung kein Schritt geschieht uns einem Abgrunde zuführt, in welchem unsere ganze Bildung und Civilisation zu Grunde zu gehen droht. Die unverschuldete Noth von Millionen, ist ebenso wenig eine Schickung des Himmels wie der Despotismus, und die Befreiung von dieser Noth, konstituirt erst die wahre Freiheit. Die Verfassung kann die sociale Frage nicht lösen, sie muß aber dem Staate solche Organisation geben, welche die Lösung derselben auf friedlichem Wege möglich macht. Wie verhielt sich nun der Verfassungsentwurf zu dieser Aufgabe? Er verspricht dem Volke Preßfreiheit, Associationsrecht, persönliche Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetze u. s. w. Das erste Recht des Menschen, aber auf Ausbildung seiner physischen und geistigen Kräfte, auf die Möglichkeit der Anwendung dieser Kräfte und den Genuß der Früchte seiner Thätigkeit wird nicht garantirt. Und gleichsam um die Lösung der socialen Frage unmöglich zu machen, konstituirt der Verfassungsentwurf in der ersten Kammer eine Gewalt, die die Herrschaft des Kapital, über die freie Arbeit zu verewigen bestimmt scheint.

Wird der vorgelegte Verfassungsentwurf angenommen, so lassen sich die Folgen leicht voraussehen. Die zweite Kammer wird das Bild des nicht befriedigten Volkswillens werden und ihre Haltung wird desto leidenschaftlicher ihre Forderungen werden desto ungestümer sein, je weniger der politischen Thätigkeit auch in andern Kreisen des Staatslebens ein Spielraum geboten ist, je mehr im Gegentheil in ihr sich alle Wünsche, alle Hoffnungen des Volks koncentriren. Sie wird sofort in einen scharfen Gegensatz treten zu der Krone und der ersten Kammer, zwei Gewalten, die ihre besondern Interessen für ebenso berechtigt ansehen werden, als die des Volks. So wird ein neuer Kampf der politischen Gewalten unter einander beginnen, ein Kampf eben so nachtheilig für die Wohlfahrt der Nation wie für die Krone, da er nur dazu dienen kann, die Bande immer mehr zu lösen, welche jetzt noch das Volk und unser Königshaus vereinigen.

Im Interesse der Nation wie der Krone, bitten wir daher Eine hohe Versammlung dem vorgelegten Verfassungsentwurfe ihre Zustimmung zu versagen und eine andere Verfassung auf wahrhaft volksthümlichen Grundlagen zu entwerfen.

Der Verein für die Volksthümliche Verfassung

Lauban, den 5. Juni 1848.

(Folgen einige Tausend Unterschriften.)

Leipzig.

Attentat auf die Preßfreiheit. Dem Kriminal-Amte Leipzigs hat es gefallen, gegen mich auf Grund der beiden Flugblätter: „Nieder mit dem Deutschen Kaiser!“ und „freie Wahl und freie Presse,“ eine Untersuchung einzuleiten. Das Amt beruft sich wie gewöhnlich auf § 84 des Kriminalgesetzbuchs, das den alten Begriff „Hochverrath“ der neuen Zeit aufbringen will. Aber das Alte hat nicht deshalb Recht, weil es alt ist. Das Kriminalgesetzbuch ist bekanntlich zu einer Zeit, wo man die Februarrevolution von 1848 noch nicht kannte, und man Personen entworfen, welche andere engherzige Ideen im Kopfe hatten, als wir sie heute haben.

Die Preßfreiheit umfaßt alle Gebiete des menschlichen Lebens, vor ihr ist nichts heilig und unverletzlich. Am wenigsten kann sie an verjährten Begriffen scheitern, wenn sie das edle Gut sein soll, als welches man sie allgemein schätzt. Ansichten und Ideen können, wenn wir keine Geistestortur wollen, nicht einem Urtheilspruch ausgesetzt werden; sie erkennen nichts Höheres und nur mit gleichen Waffen ist ein ehrlicher Kampf möglich. Nach dem Kriminalgesetzbuch ist jeder Republikaner ein Hochverräther : wozu Preßfreiheit? Die Hochverrathsparagraphen können also auf die neue Zeit keine Anwendung leiden, Preßfreiheit und Hochverrath können nicht neben einander gehen. Ja, diese Preßfreiheit selbst ist ein Hochverrath am Kriminalgesetzbuch, wonach gegen diejenigen zu verfahren wäre, welche die Preßfreiheit gewähren lassen.

Den Drucker zur Verantwortung zu ziehen, ist, wenn der Verleger bekannt, nicht einmal gesetzlich gestattet, es würde zu einem Schreckenssystem führen, gegen welches alle früheren Polizeimaßregeln Kinderspiele wären.

Ich erkläre demnach das Kriminalgesetzbuch mit seinem der neuen Freiheit hochverrätherischen Begriff als nicht maßgebend. Es sucht eine der meinigen entgegengesetzte Ansicht mit ungleichen Waffen zu bekämpfen d. h. zu unterdrücken.

E. O. Weller,

Buchhändler.

Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material]
<TEI>
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          <pb facs="#f0002" n="0094"/>
          <p>Alles beruhte hier auf dem System, welchem Ihr Ausschuß folgen wollte. Die                         einander am schroffsten entgegenstehenden politischen Parteien möchten zu                         demselben Ziele auf entgegesetzten Wegen gelangen; die einen laden                         vielleicht bei ihren politischen Gegnern den Vorwurf der bedenklichsten                         Neuerung auf sich, erhalten dagegen von diesen den Vorwurf zurück, daß sie                         auf dem alten morschen Grunde das neue Gebäude aufführen wollen und somit                         nichts ausrichten werden.</p>
          <p>Allein es lassen sich die beiden extremen Systeme schon darum schärfer                         bezeichnen, weil sie inmitten unseres Ausschusses ihre lebendigen Vertreter                         gefunden haben.</p>
          <p>Das erste System erblickt, vermöge des Grundsatzes der Volkssouveränität, in                         der Nationalversammlung die erste und alleinige Quelle der Exekutivgewalt.                         Es verlangt eine Vollziehungsgewalt, von der Nationalversammlung allein                         ernannt und aus ihrem Schoße entspringend; ihre Aufgabe ist, die Beschlüsse                         der Nationalversammlung zu vollziehen. Dieses System nimmt keine Rücksicht                         auf die Rechte der deutschen Regierungen, keine auf ihr Organ, die                         Bundesversammlung. Wird es angenommen, so hat die Nationalversammlung die                         Regierung über Deutschland thatsächlich angetreten; es kann sein, daß sie                         sich ihres Rechts mit Mäßigung bedient und die bestehenden Regierungen                         fortbestehen läßt; allein die vollziehende Gewalt ist dem Grundsatze nach                         ihr, als der wahren und einzigen Centralgewalt, untergeordnet und so der Weg                         zur Republik praktisch angebahnt. Es ist hier nicht die Stelle für die                         Untersuchung, ob die Republik denn wirklich dem Volke, und einem Volke von                         45 Millionen, mehr Freiheit und mehr Freiheitssicherstellung und mehr Macht                         nach Außen gewähre, als die monarchische Verfassung. Hier genügt die                         einfache Thatsache, daß die überwiegend große Mehrzahl unseres Volks der                         Monarchie anhängt, wovon die Folge, daß die Republik durch blutigen                         Bürgerkrieg und auf dem Wege langer Anarchie auf deutschem Boden errichtet                         werden könnte. Der Geist dieses republikanischen Systems zeichnet sich schon                         in verschiedenen Anträgen und Petitionen ab, welche in der Beilage (A)                         aufgeführt werden, am entwickelsten in dem Antrage der Ausschußmitglieder                         Robert Blum und von Trützschler (Beilage 1, 3.) Ihr Ausschuß erklärte sich                         gegen dieses System, mit einer Majorität von 13 gegen 2.</p>
          <p>Das entgegengesetzte System schließt sich um so fester an die gegebenen                         Verhältnisse an. Es will die (immerhin 3) mit der Exekutivgewalt betrauten                         Männer von den Regierungen ernannt, und als Minister der Regierungen oder                         auch der Bundesversammlung angesehen wissen; sie sollen der                         National-Versammlung verantwortlich sein. Diesem Plane aber tritt ein                         Haupteinwand entgegen. Gleich in der ersten Ausschußsitzung vom 4. d. waren                         nämlich <hi rendition="#g">alle</hi> Mitglieder darin einverstanden, daß die                         Errichtung einer provisorischen Exekutivgewalt für Deutschland nothwendig                         sei, weil ohne sie man schwerlich hoffen könne, die mannichfachen Gefahren,                         die dem Vaterlande von Innen und von Außen drohen, zu überwinden. Wenn aber                         diese Wahrheit mit so großer Uebereinstimmung erkannt wird, so kommt es auch                         gewiß darauf an, eine Gewalt einzusetzen, die es wirklich und nicht blos dem                         Namen nach sei. Daß die deutsche Bundesversammlung neuerdings durch eine                         bedeutende Zahl verdienstvoller und vaterländisch bewährter Mitglieder                         verstärkt worden ist, wer möchte das in Abrede stellen. Von der andern Seite                         aber, wer möchte behaupten, daß durch diese veränderte Besetzung das                         Unmögliche möglich gemacht und es gelungen sei, das Uebel hinwegzutilgen,                         welche unvermeidlich an dieser ganzen Institution haften &#x2012; die Uebel der                         Vielherrschaft und in Folge davon der streitenden, mithin gefährlich                         verzögernden Interessen. Daher die politische Thatlosigkeit und völlige                         Unbeholfenheit eines Gemeinwesens von so vielen Millionen Deutschen, in                         allen Fällen, wo im raschen einheitlichen Zusammenwirken das einzige Heil zu                         finden ist. Fragt es sich nun aber, ob durch die Zuordnung eines                         verantwortlichen Ministeriums diesem Uebel gesteuert werde, so liegt das                         Nein darauf in nächster Nähe. Es ist im hohen Grade thunlich, der                         constitutionelle Minister einer einzigen Regierung zu sein; ein solcher                         Minister wird aus allen Kräften die Würde seiner Regierung aufrecht halten;                         sobald er aber einen übermächtigen Willen aufkommen sieht, der mit seiner                         gewissenhaften Ueberzeugung im Widerspruche steht, so tritt er von seinem                         Amte zurück und ein anders überzeugter Minister tritt an seine Stelle. So                         bleibt Alles in ungestörter Ordnung. Wie es aber möglich sein könne, zu                         gleicher Zeit Minister von mehr als dreißig Regierungen zu sein, von welchen                         der Natur der Dinge nach ohnehin die eine hierhin, die andere dorthin will,                         und wie man in solcher Einrichtung eine Verbesserung der bisherigen                         Exekutivgewalt entdecken könne, das ist schwer zu begreifen. Blicken wir auf                         ganz neue Ereignisse. Es ist allbekannt, daß in dem obwaltenden dänischen                         Kriege gegen Deutschland, die Krone Preußen ihre Bundespflicht treulich                         erfüllt hat, daß aber andere norddeutsche Regierungen sich in Stellung ihrer                         Kontingente nachlässig bewiesen haben. Nun liegt es in der Natur der                         Verhältnisse, daß ein Ministerium seine Regierung vertrete und für ihre                         Beschlüsse verantwortlich sei, wie eines aber zugleich für Ja und für Nein,                         für Thun und Unterlassen verantwortlich sein könne, das ist schwer zu                         begreifen.</p>
          <p>Dieses zweite System rühmt gern von sich, daß es an der bestehenden Ordnung,                         an der Bundesversammlung halte, indem es sie zugleich verbessere. Wie es mit                         der Verbesserung bewandt sei, davon war so eben die Rede, und es liegt das                         so klar vor Augen, daß die eifrigsten Vertheidiger des Systems sich                         gedrungen fühlen, um es zu halten, einen starken Schritt weiter zu gehen.                         Sie sagen: &#x201E;die Bundesversammlung ist durch die letzten schwierigen                         Zeitläufe bereits gewöhnt, ohne Instruktionen zu handeln; sie wird eine                         ähnliche Befugniß fortan den Triumvirn beilegen, oder die Bundesregierungen                         veranlassen, es zu thun, also, daß die Triumvirn in allen eiligen Fällen aus                         eigener Macht handeln dürfen.&#x201C; Was aber hat man hiermit bewirkt? Man hat die                         Bundesversammlung hiermit in ein Schattenbild verwandelt, indem man die                         eiligen Fälle, d. h. alle Fälle wichtigerer Art, ihrer Mitwirkung entzieht,                         und man hat zu gleicher Zeit eine Zwittergestalt aus den Triumvirn gemacht.                         Denn für die gewöhnlichen Fälle sind die Minister (Minister der                         Bundesversammlung oder auch der Bundesregierungen, wie sich denn Jeder das                         in seiner Weise ausmalt), und als solche der Nationalversammlung                         verantwortlich; für die eiligen Fälle aber sie sind die Centralgewalt.                         Sollen sie nun auch als letztere der Nationalversammlung verantwortlich                         sein, so steht die Nationalversammlung über der sogenannten Centralgewalt                         und die Triumvirn sind in allen Hauptsachen lediglich Vollzieher der Befehle                         der Nationalversammlung. Dergestalt treten alle Bedenken des ersten Systems                         in dem zweiten hervor, sobald dieses nämlich den Versuch macht, etwas mehr                         zu leisten, als ein fünftes Rad thut, welches einem zerbrochenen Wagen                         aufhelfen soll. Ein Ausschußmitglied, v. Lindenau, hat ein gemischtes System                         aufgestellt, welches sich am meisten dem zweiten anzuschließen scheint. Es                         ist in der Beilage C abgedruckt. In dem Ausschusse fand dasselbe keine                         Unterstützung.</p>
          <p>In der Mitte zwischen beiden Systemen steht ein drittes, welchem die Mehrzahl                         des Ausschusses ihren Beifall gibt. Es legt dasselbe eine wirkliche                         Regierungsgewalt in die Hände von drei Männern des Vertrauens provisorisch                         nieder und hat dessen kein Hehl; aber die Gewalt dieser drei beschränkt sich                         auf Alles, was die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen                         Bundesstaates angeht, und greift somit weder in die Befugnisse der einzelnen                         Regierungen, noch in die Rechte ein, welche der Nationalversammlung als                         einer konstituirenden in Hinsicht auf das deutsche Verfassungswerk zustehen.                         Das Bundesdirektorium (denn diesen Namen würde die Gesammtheit dieser drei                         Männer führen) ernennt die erforderlichen Minister, die der Nat.-Versammlung                         für ihr Thun und Lassen verantwortlich sind.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Schluß folgt.)</ref>
          </p>
        </div>
      </div>
      <div type="jReadersLetters" n="1">
        <div xml:id="ar021b_009" type="jArticle">
          <head>Köln, 18. Juni.</head>
          <p>Am 14. d. M. wurde im Harf 'schen Saale nachstehende Adresse an die                         National-Versammlung zu Frankfurt verfaßt, und ogleich mit einer bedeutenden                         Menge von Unterschriften bedeckt.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Hohe Versammlung!</hi> </p>
          <p>Die Kunde, daß im Ausschusse zur Vorbereitung des Verfassungsentwurfes <hi rendition="#g">&#x201E;die Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate&#x201C;</hi> mit                         dreizehn gegen zwölf Stimmen verworfen worden ist, hat unter den Katholiken                         Deutschlands großes Erstaunen und gerechte Entrüstung hervorgerufen. Wir                         Unterzeichnete protestiren daher feierlich gegen eine solche Ausführung der                         von allen Seiten verlangten, und vom Ausschusse selbst gebilligten                         Gewissensfreiheit. Mit fester Zuversicht erwarten wir, daß die Hohe                         Versammlung, als das Organ zur Herstellung wahrer Freiheit und Gerechtigkeit                         für Alle und in Allem, die Gewissens- und Kultusfreiheit, die Trägerin aller                         andern Freiheiten, in einer gerechtern und umsichtigern Weise behandeln                         wird, als dieses im Ausschusse geschehen ist. Wir Rheinländer wollen keine                         Art von Bevormundung, und am allerwenigsten Bevormundung in diesem Punkte.                         Wir wollen uns nicht mit ewiger Schmach und Schande vor unsern freien                         Nachbarn in Belgien beladen, wo man schon vor achtzehn Jahren diese Freiheit                         besser verstanden und ausgeführt hat. Wenn die Hohe Versammlung ihren                         verantwortungschweren Beruf durch die Vorsehung erhalten hat, so beruht ihre                         Kraft nicht im Willen der Gewalthaber, sondern im Vertrauen des deutschen                         Volkes. Sie wird, so hoffen wir zu Gott, das Vertrauen der vielen Millionen                         deutscher Herzen, denen ihr angestammter Glaube noch das kostbarste Erbtheil                         größerer und glücklicherer Vorfahren ist, nicht durch einen Schritt                         verwirken, der diesen mächtigen und wahren Kern der Nation der theuersten                         Freiheit zu berauben droht. &#x2012; Zugleich mit diesem Proteste legen wir der                         Hohen Versammlung die Forderungen vor, deren vollständige Vertretung wir                         erwarten, soll unser Vertrauen zu den gewählten Abgeordneten gerechtfertigt                         werden und fortbestehen.</p>
          <p>Die drei großen geistigen Freiheiten, Cultusfreiheit, Preßfreiheit, und                         Unterrichtsfreiheit müssen vollständig durchgeführt und nicht nur in                         vieldeutigen Worten verheißen werden.</p>
          <p>Geschichte und Erfahrung haben das Volk hinreichend belehrt, daß Cultus- und                         Gewissensfreiheit, trotz einer in politischer Beziehung freien Verfassung,                         zur Lüge werden, wenn nicht volle Unabhängigkeit der Kirche vom Staate                         durchgeführt ist. Dem Rheinländer haben insbesondere die kölner Ereignisse                         diese Erfahrung im frischen und unauslöschlichen Andenken erhalten. &#x2012; Wir                         verlangen daher <hi rendition="#g">Freiheit und Unabhängigkeit jeder Kirche                             vom Staate,</hi> und sehen dieselbe für die römisch-katholische Kirche                         verwirklicht durch:</p>
          <p rendition="#et">a. Gänzliches Wegfallen des Placet von Seiten der                         Staatsgewalt.<lb/>
b. Gänzliches Wegfallen des Einflusses der Staatsgewalt                         bei Besetzung geistlicher Aemter.<lb/>
c. Aufhebung der Landsherrlichen                         Patronate.<lb/>
d. Wegfallen der Berufung an die weltliche Gewalt in                         geistlichen Sachen<lb/>
e. Freien Verkehr der Bischöfe mit dem Oberhaupte                         und mit ihren Untergebenen.<lb/>
f. Garantie für die Unverletzlichkeit des                         Eigenthumes der Kirche, Anerkennung der Kirche als selbstständiges                         Rechtssubjekt, mit der freien Befugniß Güter zu erwerben, zu verwalten und                         zu veräußern.<lb/>
g. Unbeschränkte Associations-Freiheit, ohne Ausschluß                         geistlicher Korporationen.</p>
          <p>Da Preßfreiheit und Unterrichtsfreiheit mit der Cultusfreiheit in innigster                         Wechselbeziehung stehen, so verlangen wir ferner:</p>
          <p rendition="#et">1. daß die Presse wahrhaft frei gegeben werde. Wir halten die                         Press nur dann erst für frei, wenn die Verfassung bestimmt, daß die Frage                         wegen Mißbrauchs der Presse ausschließlich durch Geschworene beurtheilt                         werden soll.<lb/>
2. Unbeschränkte Lehr- und Unterrichtsfreiheit, unter                         Aufhebung aller Beschränkungen, welche derselben bisher entgegenstanden.</p>
          <p>Deutschlands Zerrissenheit hat größtentheils ihren Grund in der                         konfessionellen Zwietracht. Der Friede der Konfessionen kann aber nur durch                         gleiche Berechtigung Aller, und durch völlige Unabhängigkeit Aller von der                         Staatsgewalt herbeigeführt werden. Wir halten nur dann eine wahrhafte und                         dauernde Einheit Deutschlands gesichert, wenn die Unabhängigkeit jeder                         Kirche vom Staate, unter Aufhebung aller entgegenstehenden Gesetze, in allen                         Territorien durch die Reichsgrundverfassung ausgesprochen und gewährleistet                         ist. Hierin finden wir eine der ersten Aufgaben der Hohen Reichsversammlung;                         diese Frage unberührt zu lassen, würde ein eben so beklagens werthes Unglück                         sein, wie ihre einseitige Behandlung im Geiste einer Partei.</p>
          <p>Köln, am Vorabende des h. Pfingstfestes 1848.</p>
          <p>Die Adresse liegt zum Unterzeichnen noch an folgenden Orten offen:</p>
          <p>Bei den Hrn. Bachem, Marzellenstr. Nr. 20; Ludowigs, klein Martin Nr. 7;                         Thießen, Pfarrhaus von St. Alban; von Devivère, Christophstr. Nr. 1;                         Baudevin, Eigelstein Nr. 28; Hermanns, Augustinerbogen Nr. 7; Dr. Morkwort,                         Domstraße Nr. 7; Siebold, Pfarrhaus von St. Martin Riphahn, Große Sandkaul                         Nr. 26.</p>
        </div>
      </div>
      <div type="jReadersLetters" n="1">
        <div xml:id="ar021b_010" type="jArticle">
          <head>Adresse aus Stadt und Kreis Lauban (Schlesien) an die Berliner                         Versammlung.</head>
          <p> <hi rendition="#g">Hohe Versammlung!</hi> </p>
          <p>In der Voraussetzung, daß Einer hohen Versammlung die Mittheilung von                         Ansichten über den von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurf nicht                         unangemessen erscheinen wird, erlaubt sich der unterzeichnete Verein auch                         die seinige hierüber vorzulegen.</p>
          <p>Dieselbe geht dahin, daß der vorgelegte Entwurf den Bedürfnissen unserer Zeit                         nicht entspricht, die Wohlfahrt des Volks dadurch nicht begründet werden                         wird und derselbe keine dauerhafte Grundlage für die künftige Entwickelung                         des Volks- und Staatslebens bietet.</p>
          <p>Wir glauben, daß die Geschichte das System des neuen Konstitutionalismus                         bereits gerichtet hat und durch die Revolutionen des Jahres 1848                         insbesondere die <hi rendition="#g">Hohlheit</hi> und Lüge derselben                         unwiderleglich bewiesen ist. Wir halten es für einen Rückschritt in Preußen                         mit diesem System erst noch experimentiren zu wollen; selbst die breitesten                         Grundlagen werden ihm keine Dauer geben. Das rein-konstitutionelle System                         schafft nur künstliche politische Gewalten, deren hauptsächliche Thätigkeit                         darin besteht, sich gegenseitig zu bekämpfen nicht aber die wahren                         Bedürfnisse der Nation zu befriedigen.</p>
          <p>Wir verlangen von einer Verfassung, die dem Bedürfnisse und der Zeit                         entsprechen soll, nicht blos, daß dem Volke gewisse abstrakte politische                         Rechte gewährleistet werden und dasselbe durch Abgeordnete an der                         Gesetzgebung Theil nehme, wir verlangen vielmehr die Anerkennung und                         Durchführung des Grundsatzes, daß der Gesammtwille der Nation der allein                         berechtigte im Staate ist, und die Verfassung den Staat daher in <hi rendition="#g">allen</hi> Kreisen seiner Thätigkeit auf wahrhaft                         volksthümlichen Grundlagen organisire. Wir verlangen daher nur <hi rendition="#g">eine</hi> gesetzgebende Gewalt und ein beschränktes Veto                         des Königs. Wir verlangen aber auch, daß durch Gemeinde-, Kreis- und                         Privatordnungen die lokalen und partikularen Interessen gesichert, und                         Preußen vor einem Centralisationssysteme bewahrt werde, welches dem Volke                         die Selbstständigkeit und Autonomie in denjenigen Angelegenheiten entzieht,                         die für dasselbe die nächsten sind. Wir verlangen eine Wahl der Beamten                         durch das Volk, nicht blos in den Stadt- und Landgemeinden, sondern auch,                         theilweise wenigstens, bei den hohen administrativen Behörden, weil sonst                         die Bureaukratie nicht aufhören wird und die wahren Interessen des Volks nur                         kümmerlich zur Geltung und Anerkennung werden gebracht werden. Wir verlangen                         mit einem Worte möglichste <hi rendition="#g">Selbstregierung</hi> des                         Volks. Wir verlangen ferner, daß die wahrhaften Stände der Nation, nicht die                         künstlichen Stände des hohen Adels, der Rittergutsbesitzer etc. gesetzliche                         Organe zur Wahrung und Geltendmachung ihrer Interessen erhalten. Die                         Wohlfahrt des Volkes in materieller und geistiger Beziehung ist der                         alleinige Staatszweck; die Wohlfahrt des Volkes aber besteht in der                         Wohlfahrt der arbeiterden Klasse, der Landbauer, der Handwerker und übrigen                         Gewerbtreibenden. <hi rendition="#g">Sie sind der Staat,</hi> nicht der                         König mit einer oder zwei Kammern. Wir verlangen daher, daß diese Stände                         organisirt, und mit den Behörden in einen lebendigen Zusammenhang gebracht                         werden.</p>
          <p>Man sollte glauben, es könne darüber kein Zweifel bestehen, daß die sociale                         Frage bald gelöst werden muß und daß jeder Tag, an welchem zu ihrer Lösung                         kein Schritt geschieht uns einem Abgrunde zuführt, in welchem unsere ganze                         Bildung und Civilisation zu Grunde zu gehen droht. Die unverschuldete Noth                         von Millionen, ist ebenso wenig eine Schickung des Himmels wie der                         Despotismus, und die Befreiung von dieser Noth, konstituirt erst die wahre                         Freiheit. Die Verfassung kann die sociale Frage nicht lösen, sie muß aber                         dem Staate solche Organisation geben, welche die Lösung derselben auf                         friedlichem Wege möglich macht. Wie verhielt sich nun der Verfassungsentwurf                         zu dieser Aufgabe? Er verspricht dem Volke Preßfreiheit, Associationsrecht,                         persönliche Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetze u. s. w. Das erste Recht                         des Menschen, aber auf Ausbildung seiner physischen und geistigen Kräfte,                         auf die Möglichkeit der Anwendung dieser Kräfte und den Genuß der Früchte                         seiner Thätigkeit wird nicht garantirt. Und gleichsam um die Lösung der                         socialen Frage unmöglich zu machen, konstituirt der Verfassungsentwurf in                         der ersten Kammer eine Gewalt, die die Herrschaft des Kapital, über die                         freie Arbeit zu verewigen bestimmt scheint.</p>
          <p>Wird der vorgelegte Verfassungsentwurf angenommen, so lassen sich die Folgen                         leicht voraussehen. Die zweite Kammer wird das Bild des nicht befriedigten                         Volkswillens werden und ihre Haltung wird desto leidenschaftlicher ihre                         Forderungen werden desto ungestümer sein, je weniger der politischen                         Thätigkeit auch in andern Kreisen des Staatslebens ein Spielraum geboten                         ist, je mehr im Gegentheil in ihr sich alle Wünsche, alle Hoffnungen des                         Volks koncentriren. Sie wird sofort in einen scharfen Gegensatz treten zu                         der Krone und der ersten Kammer, zwei Gewalten, die ihre besondern                         Interessen für ebenso berechtigt ansehen werden, als die des Volks. So wird                         ein neuer Kampf der politischen Gewalten unter einander beginnen, ein Kampf                         eben so nachtheilig für die Wohlfahrt der Nation wie für die Krone, da er                         nur dazu dienen kann, die Bande immer mehr zu lösen, welche jetzt noch das                         Volk und unser Königshaus vereinigen.</p>
          <p>Im Interesse der Nation wie der Krone, bitten wir daher Eine hohe Versammlung                         dem vorgelegten Verfassungsentwurfe ihre Zustimmung zu versagen und eine                         andere Verfassung auf wahrhaft volksthümlichen Grundlagen zu entwerfen.</p>
          <p rendition="#et">Der Verein für die Volksthümliche Verfassung</p>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#g">Lauban,</hi> den 5. Juni 1848.</p>
          <p>(Folgen einige Tausend Unterschriften.)</p>
        </div>
        <div xml:id="ar021b_011" type="jArticle">
          <head>Leipzig.</head>
          <p><hi rendition="#g">Attentat auf die Preßfreiheit.</hi> Dem Kriminal-Amte                         Leipzigs hat es gefallen, gegen mich auf Grund der beiden Flugblätter:                         &#x201E;Nieder mit dem Deutschen Kaiser!&#x201C; und &#x201E;freie Wahl und freie Presse,&#x201C; eine                         Untersuchung einzuleiten. Das Amt beruft sich wie gewöhnlich auf § 84 des                         Kriminalgesetzbuchs, das den alten Begriff &#x201E;Hochverrath&#x201C; der neuen Zeit                         aufbringen will. Aber das Alte hat nicht deshalb Recht, weil es alt ist. Das                         Kriminalgesetzbuch ist bekanntlich zu einer Zeit, wo man die                         Februarrevolution von 1848 noch nicht kannte, und man Personen entworfen,                         welche andere engherzige Ideen im Kopfe hatten, als wir sie heute haben.</p>
          <p>Die Preßfreiheit umfaßt alle Gebiete des menschlichen Lebens, vor ihr ist                         nichts heilig und unverletzlich. Am wenigsten kann sie an verjährten                         Begriffen scheitern, wenn sie das edle Gut sein soll, als welches man sie                         allgemein schätzt. Ansichten und Ideen können, wenn wir keine Geistestortur                         wollen, nicht einem Urtheilspruch ausgesetzt werden; sie erkennen nichts                         Höheres und nur mit <hi rendition="#g">gleichen</hi> Waffen ist ein                         ehrlicher Kampf möglich. Nach dem Kriminalgesetzbuch ist jeder Republikaner                         ein Hochverräther : wozu Preßfreiheit? Die Hochverrathsparagraphen können                         also auf die neue Zeit keine Anwendung leiden, Preßfreiheit und Hochverrath                         können nicht neben einander gehen. Ja, diese Preßfreiheit selbst ist ein                         Hochverrath am Kriminalgesetzbuch, wonach gegen diejenigen zu verfahren                         wäre, welche die Preßfreiheit gewähren lassen.</p>
          <p>Den Drucker zur Verantwortung zu ziehen, ist, wenn der Verleger bekannt,                         nicht einmal gesetzlich gestattet, es würde zu einem Schreckenssystem                         führen, gegen welches alle früheren Polizeimaßregeln Kinderspiele wären.</p>
          <p>Ich erkläre demnach das Kriminalgesetzbuch mit seinem der neuen Freiheit                         hochverrätherischen Begriff als nicht maßgebend. Es sucht eine der meinigen                         entgegengesetzte Ansicht mit ungleichen Waffen zu bekämpfen d. h. zu <hi rendition="#g">unterdrücken.</hi> </p>
          <p> <hi rendition="#g">E. O. Weller,</hi> </p>
          <p>Buchhändler.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Handels-Nachrichten.</head>
        <gap reason="insignificant"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0094/0002] Alles beruhte hier auf dem System, welchem Ihr Ausschuß folgen wollte. Die einander am schroffsten entgegenstehenden politischen Parteien möchten zu demselben Ziele auf entgegesetzten Wegen gelangen; die einen laden vielleicht bei ihren politischen Gegnern den Vorwurf der bedenklichsten Neuerung auf sich, erhalten dagegen von diesen den Vorwurf zurück, daß sie auf dem alten morschen Grunde das neue Gebäude aufführen wollen und somit nichts ausrichten werden. Allein es lassen sich die beiden extremen Systeme schon darum schärfer bezeichnen, weil sie inmitten unseres Ausschusses ihre lebendigen Vertreter gefunden haben. Das erste System erblickt, vermöge des Grundsatzes der Volkssouveränität, in der Nationalversammlung die erste und alleinige Quelle der Exekutivgewalt. Es verlangt eine Vollziehungsgewalt, von der Nationalversammlung allein ernannt und aus ihrem Schoße entspringend; ihre Aufgabe ist, die Beschlüsse der Nationalversammlung zu vollziehen. Dieses System nimmt keine Rücksicht auf die Rechte der deutschen Regierungen, keine auf ihr Organ, die Bundesversammlung. Wird es angenommen, so hat die Nationalversammlung die Regierung über Deutschland thatsächlich angetreten; es kann sein, daß sie sich ihres Rechts mit Mäßigung bedient und die bestehenden Regierungen fortbestehen läßt; allein die vollziehende Gewalt ist dem Grundsatze nach ihr, als der wahren und einzigen Centralgewalt, untergeordnet und so der Weg zur Republik praktisch angebahnt. Es ist hier nicht die Stelle für die Untersuchung, ob die Republik denn wirklich dem Volke, und einem Volke von 45 Millionen, mehr Freiheit und mehr Freiheitssicherstellung und mehr Macht nach Außen gewähre, als die monarchische Verfassung. Hier genügt die einfache Thatsache, daß die überwiegend große Mehrzahl unseres Volks der Monarchie anhängt, wovon die Folge, daß die Republik durch blutigen Bürgerkrieg und auf dem Wege langer Anarchie auf deutschem Boden errichtet werden könnte. Der Geist dieses republikanischen Systems zeichnet sich schon in verschiedenen Anträgen und Petitionen ab, welche in der Beilage (A) aufgeführt werden, am entwickelsten in dem Antrage der Ausschußmitglieder Robert Blum und von Trützschler (Beilage 1, 3.) Ihr Ausschuß erklärte sich gegen dieses System, mit einer Majorität von 13 gegen 2. Das entgegengesetzte System schließt sich um so fester an die gegebenen Verhältnisse an. Es will die (immerhin 3) mit der Exekutivgewalt betrauten Männer von den Regierungen ernannt, und als Minister der Regierungen oder auch der Bundesversammlung angesehen wissen; sie sollen der National-Versammlung verantwortlich sein. Diesem Plane aber tritt ein Haupteinwand entgegen. Gleich in der ersten Ausschußsitzung vom 4. d. waren nämlich alle Mitglieder darin einverstanden, daß die Errichtung einer provisorischen Exekutivgewalt für Deutschland nothwendig sei, weil ohne sie man schwerlich hoffen könne, die mannichfachen Gefahren, die dem Vaterlande von Innen und von Außen drohen, zu überwinden. Wenn aber diese Wahrheit mit so großer Uebereinstimmung erkannt wird, so kommt es auch gewiß darauf an, eine Gewalt einzusetzen, die es wirklich und nicht blos dem Namen nach sei. Daß die deutsche Bundesversammlung neuerdings durch eine bedeutende Zahl verdienstvoller und vaterländisch bewährter Mitglieder verstärkt worden ist, wer möchte das in Abrede stellen. Von der andern Seite aber, wer möchte behaupten, daß durch diese veränderte Besetzung das Unmögliche möglich gemacht und es gelungen sei, das Uebel hinwegzutilgen, welche unvermeidlich an dieser ganzen Institution haften ‒ die Uebel der Vielherrschaft und in Folge davon der streitenden, mithin gefährlich verzögernden Interessen. Daher die politische Thatlosigkeit und völlige Unbeholfenheit eines Gemeinwesens von so vielen Millionen Deutschen, in allen Fällen, wo im raschen einheitlichen Zusammenwirken das einzige Heil zu finden ist. Fragt es sich nun aber, ob durch die Zuordnung eines verantwortlichen Ministeriums diesem Uebel gesteuert werde, so liegt das Nein darauf in nächster Nähe. Es ist im hohen Grade thunlich, der constitutionelle Minister einer einzigen Regierung zu sein; ein solcher Minister wird aus allen Kräften die Würde seiner Regierung aufrecht halten; sobald er aber einen übermächtigen Willen aufkommen sieht, der mit seiner gewissenhaften Ueberzeugung im Widerspruche steht, so tritt er von seinem Amte zurück und ein anders überzeugter Minister tritt an seine Stelle. So bleibt Alles in ungestörter Ordnung. Wie es aber möglich sein könne, zu gleicher Zeit Minister von mehr als dreißig Regierungen zu sein, von welchen der Natur der Dinge nach ohnehin die eine hierhin, die andere dorthin will, und wie man in solcher Einrichtung eine Verbesserung der bisherigen Exekutivgewalt entdecken könne, das ist schwer zu begreifen. Blicken wir auf ganz neue Ereignisse. Es ist allbekannt, daß in dem obwaltenden dänischen Kriege gegen Deutschland, die Krone Preußen ihre Bundespflicht treulich erfüllt hat, daß aber andere norddeutsche Regierungen sich in Stellung ihrer Kontingente nachlässig bewiesen haben. Nun liegt es in der Natur der Verhältnisse, daß ein Ministerium seine Regierung vertrete und für ihre Beschlüsse verantwortlich sei, wie eines aber zugleich für Ja und für Nein, für Thun und Unterlassen verantwortlich sein könne, das ist schwer zu begreifen. Dieses zweite System rühmt gern von sich, daß es an der bestehenden Ordnung, an der Bundesversammlung halte, indem es sie zugleich verbessere. Wie es mit der Verbesserung bewandt sei, davon war so eben die Rede, und es liegt das so klar vor Augen, daß die eifrigsten Vertheidiger des Systems sich gedrungen fühlen, um es zu halten, einen starken Schritt weiter zu gehen. Sie sagen: „die Bundesversammlung ist durch die letzten schwierigen Zeitläufe bereits gewöhnt, ohne Instruktionen zu handeln; sie wird eine ähnliche Befugniß fortan den Triumvirn beilegen, oder die Bundesregierungen veranlassen, es zu thun, also, daß die Triumvirn in allen eiligen Fällen aus eigener Macht handeln dürfen.“ Was aber hat man hiermit bewirkt? Man hat die Bundesversammlung hiermit in ein Schattenbild verwandelt, indem man die eiligen Fälle, d. h. alle Fälle wichtigerer Art, ihrer Mitwirkung entzieht, und man hat zu gleicher Zeit eine Zwittergestalt aus den Triumvirn gemacht. Denn für die gewöhnlichen Fälle sind die Minister (Minister der Bundesversammlung oder auch der Bundesregierungen, wie sich denn Jeder das in seiner Weise ausmalt), und als solche der Nationalversammlung verantwortlich; für die eiligen Fälle aber sie sind die Centralgewalt. Sollen sie nun auch als letztere der Nationalversammlung verantwortlich sein, so steht die Nationalversammlung über der sogenannten Centralgewalt und die Triumvirn sind in allen Hauptsachen lediglich Vollzieher der Befehle der Nationalversammlung. Dergestalt treten alle Bedenken des ersten Systems in dem zweiten hervor, sobald dieses nämlich den Versuch macht, etwas mehr zu leisten, als ein fünftes Rad thut, welches einem zerbrochenen Wagen aufhelfen soll. Ein Ausschußmitglied, v. Lindenau, hat ein gemischtes System aufgestellt, welches sich am meisten dem zweiten anzuschließen scheint. Es ist in der Beilage C abgedruckt. In dem Ausschusse fand dasselbe keine Unterstützung. In der Mitte zwischen beiden Systemen steht ein drittes, welchem die Mehrzahl des Ausschusses ihren Beifall gibt. Es legt dasselbe eine wirkliche Regierungsgewalt in die Hände von drei Männern des Vertrauens provisorisch nieder und hat dessen kein Hehl; aber die Gewalt dieser drei beschränkt sich auf Alles, was die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates angeht, und greift somit weder in die Befugnisse der einzelnen Regierungen, noch in die Rechte ein, welche der Nationalversammlung als einer konstituirenden in Hinsicht auf das deutsche Verfassungswerk zustehen. Das Bundesdirektorium (denn diesen Namen würde die Gesammtheit dieser drei Männer führen) ernennt die erforderlichen Minister, die der Nat.-Versammlung für ihr Thun und Lassen verantwortlich sind. (Schluß folgt.) Köln, 18. Juni. Am 14. d. M. wurde im Harf 'schen Saale nachstehende Adresse an die National-Versammlung zu Frankfurt verfaßt, und ogleich mit einer bedeutenden Menge von Unterschriften bedeckt. Hohe Versammlung! Die Kunde, daß im Ausschusse zur Vorbereitung des Verfassungsentwurfes „die Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate“ mit dreizehn gegen zwölf Stimmen verworfen worden ist, hat unter den Katholiken Deutschlands großes Erstaunen und gerechte Entrüstung hervorgerufen. Wir Unterzeichnete protestiren daher feierlich gegen eine solche Ausführung der von allen Seiten verlangten, und vom Ausschusse selbst gebilligten Gewissensfreiheit. Mit fester Zuversicht erwarten wir, daß die Hohe Versammlung, als das Organ zur Herstellung wahrer Freiheit und Gerechtigkeit für Alle und in Allem, die Gewissens- und Kultusfreiheit, die Trägerin aller andern Freiheiten, in einer gerechtern und umsichtigern Weise behandeln wird, als dieses im Ausschusse geschehen ist. Wir Rheinländer wollen keine Art von Bevormundung, und am allerwenigsten Bevormundung in diesem Punkte. Wir wollen uns nicht mit ewiger Schmach und Schande vor unsern freien Nachbarn in Belgien beladen, wo man schon vor achtzehn Jahren diese Freiheit besser verstanden und ausgeführt hat. Wenn die Hohe Versammlung ihren verantwortungschweren Beruf durch die Vorsehung erhalten hat, so beruht ihre Kraft nicht im Willen der Gewalthaber, sondern im Vertrauen des deutschen Volkes. Sie wird, so hoffen wir zu Gott, das Vertrauen der vielen Millionen deutscher Herzen, denen ihr angestammter Glaube noch das kostbarste Erbtheil größerer und glücklicherer Vorfahren ist, nicht durch einen Schritt verwirken, der diesen mächtigen und wahren Kern der Nation der theuersten Freiheit zu berauben droht. ‒ Zugleich mit diesem Proteste legen wir der Hohen Versammlung die Forderungen vor, deren vollständige Vertretung wir erwarten, soll unser Vertrauen zu den gewählten Abgeordneten gerechtfertigt werden und fortbestehen. Die drei großen geistigen Freiheiten, Cultusfreiheit, Preßfreiheit, und Unterrichtsfreiheit müssen vollständig durchgeführt und nicht nur in vieldeutigen Worten verheißen werden. Geschichte und Erfahrung haben das Volk hinreichend belehrt, daß Cultus- und Gewissensfreiheit, trotz einer in politischer Beziehung freien Verfassung, zur Lüge werden, wenn nicht volle Unabhängigkeit der Kirche vom Staate durchgeführt ist. Dem Rheinländer haben insbesondere die kölner Ereignisse diese Erfahrung im frischen und unauslöschlichen Andenken erhalten. ‒ Wir verlangen daher Freiheit und Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate, und sehen dieselbe für die römisch-katholische Kirche verwirklicht durch: a. Gänzliches Wegfallen des Placet von Seiten der Staatsgewalt. b. Gänzliches Wegfallen des Einflusses der Staatsgewalt bei Besetzung geistlicher Aemter. c. Aufhebung der Landsherrlichen Patronate. d. Wegfallen der Berufung an die weltliche Gewalt in geistlichen Sachen e. Freien Verkehr der Bischöfe mit dem Oberhaupte und mit ihren Untergebenen. f. Garantie für die Unverletzlichkeit des Eigenthumes der Kirche, Anerkennung der Kirche als selbstständiges Rechtssubjekt, mit der freien Befugniß Güter zu erwerben, zu verwalten und zu veräußern. g. Unbeschränkte Associations-Freiheit, ohne Ausschluß geistlicher Korporationen. Da Preßfreiheit und Unterrichtsfreiheit mit der Cultusfreiheit in innigster Wechselbeziehung stehen, so verlangen wir ferner: 1. daß die Presse wahrhaft frei gegeben werde. Wir halten die Press nur dann erst für frei, wenn die Verfassung bestimmt, daß die Frage wegen Mißbrauchs der Presse ausschließlich durch Geschworene beurtheilt werden soll. 2. Unbeschränkte Lehr- und Unterrichtsfreiheit, unter Aufhebung aller Beschränkungen, welche derselben bisher entgegenstanden. Deutschlands Zerrissenheit hat größtentheils ihren Grund in der konfessionellen Zwietracht. Der Friede der Konfessionen kann aber nur durch gleiche Berechtigung Aller, und durch völlige Unabhängigkeit Aller von der Staatsgewalt herbeigeführt werden. Wir halten nur dann eine wahrhafte und dauernde Einheit Deutschlands gesichert, wenn die Unabhängigkeit jeder Kirche vom Staate, unter Aufhebung aller entgegenstehenden Gesetze, in allen Territorien durch die Reichsgrundverfassung ausgesprochen und gewährleistet ist. Hierin finden wir eine der ersten Aufgaben der Hohen Reichsversammlung; diese Frage unberührt zu lassen, würde ein eben so beklagens werthes Unglück sein, wie ihre einseitige Behandlung im Geiste einer Partei. Köln, am Vorabende des h. Pfingstfestes 1848. Die Adresse liegt zum Unterzeichnen noch an folgenden Orten offen: Bei den Hrn. Bachem, Marzellenstr. Nr. 20; Ludowigs, klein Martin Nr. 7; Thießen, Pfarrhaus von St. Alban; von Devivère, Christophstr. Nr. 1; Baudevin, Eigelstein Nr. 28; Hermanns, Augustinerbogen Nr. 7; Dr. Morkwort, Domstraße Nr. 7; Siebold, Pfarrhaus von St. Martin Riphahn, Große Sandkaul Nr. 26. Adresse aus Stadt und Kreis Lauban (Schlesien) an die Berliner Versammlung. Hohe Versammlung! In der Voraussetzung, daß Einer hohen Versammlung die Mittheilung von Ansichten über den von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurf nicht unangemessen erscheinen wird, erlaubt sich der unterzeichnete Verein auch die seinige hierüber vorzulegen. Dieselbe geht dahin, daß der vorgelegte Entwurf den Bedürfnissen unserer Zeit nicht entspricht, die Wohlfahrt des Volks dadurch nicht begründet werden wird und derselbe keine dauerhafte Grundlage für die künftige Entwickelung des Volks- und Staatslebens bietet. Wir glauben, daß die Geschichte das System des neuen Konstitutionalismus bereits gerichtet hat und durch die Revolutionen des Jahres 1848 insbesondere die Hohlheit und Lüge derselben unwiderleglich bewiesen ist. Wir halten es für einen Rückschritt in Preußen mit diesem System erst noch experimentiren zu wollen; selbst die breitesten Grundlagen werden ihm keine Dauer geben. Das rein-konstitutionelle System schafft nur künstliche politische Gewalten, deren hauptsächliche Thätigkeit darin besteht, sich gegenseitig zu bekämpfen nicht aber die wahren Bedürfnisse der Nation zu befriedigen. Wir verlangen von einer Verfassung, die dem Bedürfnisse und der Zeit entsprechen soll, nicht blos, daß dem Volke gewisse abstrakte politische Rechte gewährleistet werden und dasselbe durch Abgeordnete an der Gesetzgebung Theil nehme, wir verlangen vielmehr die Anerkennung und Durchführung des Grundsatzes, daß der Gesammtwille der Nation der allein berechtigte im Staate ist, und die Verfassung den Staat daher in allen Kreisen seiner Thätigkeit auf wahrhaft volksthümlichen Grundlagen organisire. Wir verlangen daher nur eine gesetzgebende Gewalt und ein beschränktes Veto des Königs. Wir verlangen aber auch, daß durch Gemeinde-, Kreis- und Privatordnungen die lokalen und partikularen Interessen gesichert, und Preußen vor einem Centralisationssysteme bewahrt werde, welches dem Volke die Selbstständigkeit und Autonomie in denjenigen Angelegenheiten entzieht, die für dasselbe die nächsten sind. Wir verlangen eine Wahl der Beamten durch das Volk, nicht blos in den Stadt- und Landgemeinden, sondern auch, theilweise wenigstens, bei den hohen administrativen Behörden, weil sonst die Bureaukratie nicht aufhören wird und die wahren Interessen des Volks nur kümmerlich zur Geltung und Anerkennung werden gebracht werden. Wir verlangen mit einem Worte möglichste Selbstregierung des Volks. Wir verlangen ferner, daß die wahrhaften Stände der Nation, nicht die künstlichen Stände des hohen Adels, der Rittergutsbesitzer etc. gesetzliche Organe zur Wahrung und Geltendmachung ihrer Interessen erhalten. Die Wohlfahrt des Volkes in materieller und geistiger Beziehung ist der alleinige Staatszweck; die Wohlfahrt des Volkes aber besteht in der Wohlfahrt der arbeiterden Klasse, der Landbauer, der Handwerker und übrigen Gewerbtreibenden. Sie sind der Staat, nicht der König mit einer oder zwei Kammern. Wir verlangen daher, daß diese Stände organisirt, und mit den Behörden in einen lebendigen Zusammenhang gebracht werden. Man sollte glauben, es könne darüber kein Zweifel bestehen, daß die sociale Frage bald gelöst werden muß und daß jeder Tag, an welchem zu ihrer Lösung kein Schritt geschieht uns einem Abgrunde zuführt, in welchem unsere ganze Bildung und Civilisation zu Grunde zu gehen droht. Die unverschuldete Noth von Millionen, ist ebenso wenig eine Schickung des Himmels wie der Despotismus, und die Befreiung von dieser Noth, konstituirt erst die wahre Freiheit. Die Verfassung kann die sociale Frage nicht lösen, sie muß aber dem Staate solche Organisation geben, welche die Lösung derselben auf friedlichem Wege möglich macht. Wie verhielt sich nun der Verfassungsentwurf zu dieser Aufgabe? Er verspricht dem Volke Preßfreiheit, Associationsrecht, persönliche Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetze u. s. w. Das erste Recht des Menschen, aber auf Ausbildung seiner physischen und geistigen Kräfte, auf die Möglichkeit der Anwendung dieser Kräfte und den Genuß der Früchte seiner Thätigkeit wird nicht garantirt. Und gleichsam um die Lösung der socialen Frage unmöglich zu machen, konstituirt der Verfassungsentwurf in der ersten Kammer eine Gewalt, die die Herrschaft des Kapital, über die freie Arbeit zu verewigen bestimmt scheint. Wird der vorgelegte Verfassungsentwurf angenommen, so lassen sich die Folgen leicht voraussehen. Die zweite Kammer wird das Bild des nicht befriedigten Volkswillens werden und ihre Haltung wird desto leidenschaftlicher ihre Forderungen werden desto ungestümer sein, je weniger der politischen Thätigkeit auch in andern Kreisen des Staatslebens ein Spielraum geboten ist, je mehr im Gegentheil in ihr sich alle Wünsche, alle Hoffnungen des Volks koncentriren. Sie wird sofort in einen scharfen Gegensatz treten zu der Krone und der ersten Kammer, zwei Gewalten, die ihre besondern Interessen für ebenso berechtigt ansehen werden, als die des Volks. So wird ein neuer Kampf der politischen Gewalten unter einander beginnen, ein Kampf eben so nachtheilig für die Wohlfahrt der Nation wie für die Krone, da er nur dazu dienen kann, die Bande immer mehr zu lösen, welche jetzt noch das Volk und unser Königshaus vereinigen. Im Interesse der Nation wie der Krone, bitten wir daher Eine hohe Versammlung dem vorgelegten Verfassungsentwurfe ihre Zustimmung zu versagen und eine andere Verfassung auf wahrhaft volksthümlichen Grundlagen zu entwerfen. Der Verein für die Volksthümliche Verfassung Lauban, den 5. Juni 1848. (Folgen einige Tausend Unterschriften.) Leipzig. Attentat auf die Preßfreiheit. Dem Kriminal-Amte Leipzigs hat es gefallen, gegen mich auf Grund der beiden Flugblätter: „Nieder mit dem Deutschen Kaiser!“ und „freie Wahl und freie Presse,“ eine Untersuchung einzuleiten. Das Amt beruft sich wie gewöhnlich auf § 84 des Kriminalgesetzbuchs, das den alten Begriff „Hochverrath“ der neuen Zeit aufbringen will. Aber das Alte hat nicht deshalb Recht, weil es alt ist. Das Kriminalgesetzbuch ist bekanntlich zu einer Zeit, wo man die Februarrevolution von 1848 noch nicht kannte, und man Personen entworfen, welche andere engherzige Ideen im Kopfe hatten, als wir sie heute haben. Die Preßfreiheit umfaßt alle Gebiete des menschlichen Lebens, vor ihr ist nichts heilig und unverletzlich. Am wenigsten kann sie an verjährten Begriffen scheitern, wenn sie das edle Gut sein soll, als welches man sie allgemein schätzt. Ansichten und Ideen können, wenn wir keine Geistestortur wollen, nicht einem Urtheilspruch ausgesetzt werden; sie erkennen nichts Höheres und nur mit gleichen Waffen ist ein ehrlicher Kampf möglich. Nach dem Kriminalgesetzbuch ist jeder Republikaner ein Hochverräther : wozu Preßfreiheit? Die Hochverrathsparagraphen können also auf die neue Zeit keine Anwendung leiden, Preßfreiheit und Hochverrath können nicht neben einander gehen. Ja, diese Preßfreiheit selbst ist ein Hochverrath am Kriminalgesetzbuch, wonach gegen diejenigen zu verfahren wäre, welche die Preßfreiheit gewähren lassen. Den Drucker zur Verantwortung zu ziehen, ist, wenn der Verleger bekannt, nicht einmal gesetzlich gestattet, es würde zu einem Schreckenssystem führen, gegen welches alle früheren Polizeimaßregeln Kinderspiele wären. Ich erkläre demnach das Kriminalgesetzbuch mit seinem der neuen Freiheit hochverrätherischen Begriff als nicht maßgebend. Es sucht eine der meinigen entgegengesetzte Ansicht mit ungleichen Waffen zu bekämpfen d. h. zu unterdrücken. E. O. Weller, Buchhändler. Handels-Nachrichten. _

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 21. Köln, 21. Juni 1848. Beilage, S. 0094. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz021b_1848/2>, abgerufen am 21.11.2024.