Neue Rheinische Zeitung. Nr. 21. Köln, 21. Juni 1848.von hören, daß bald wohl "die Russen kommen werden." Manche mögen eine russische Intervention noch nicht gerade für nothwendig halten - soviel ist gewiß: das letzte Argument, die ultimo ratio unserer Reaktionäre sind jetzt - die Kosacken. Die Russen, so hört man unsere Philister sagen, die Russen sind noch lange nicht unsere ärgsten Feinde; die Russen sind noch immer die beste Einquartirung, sie machen sehr wenig Ansprüche; die russische Infanterie steht sehr fest im Feuer; die russische Kavallerie hat sehr gute Pferde u. s. w. Eines unserer neuesten, jetzt wie die Pilze aus dem Boden hervorschießenden Wochenblätter, hat sogar auf eine russisch-preußische Allianz, als auf den letzten Nothanker, hingewiesen! Wien, 15. Juni. Das ungarische Infanterie-Regiment "Prinz Wasa" ist gestern und heute von hier mit dem Dampfboot nach Pesth abgegangen. Die dortigen Auftritte reduziren sich übrigens auf einen Militärexceß, der indeß doch blutig gewesen ist, und in dessen Folge 4 Kompagnien des italienischen Regiments "Ceccopieri" theilweise entwaffnet und nach Komorn verlegt worden sind. Auch erfährt man, daß der päbstliche Nuntius von Innsbruck abgerufen sei. Dagegen ist Monsignor Morichini (ehemaliger Nuntius in München) vom Pabste dorthin gesandt, ohne diplomatischen Charakter, sondern mit einer Spezial-Mission betraut: um die Vermittelung des Pabstes zur Beendigung des italienischen Krieges anzubieten. Man glaubt, daß der Pabst als die Basis der Vermittelung die Abtretung Mailands aufstelle; und Viele meinen, Oesterreich werde nicht abgeneigt sein, Mailand zu opfern, wenn es dadurch Venedig sich erhalten könne. Wien, 16. Juni. Die Wiener Zeitung meldet in ihrem amtlichen Theile: "Dem Ministerium ist im Laufe des gestrigen Tages nur eine telegraphische Anzeige des Bürgermeisters aus Prag zugekommen, nach deren Inhalte seit 8 Uhr Morgens die Stadt bombardirt wird und die Kommunikation mit dem Präsidium abgeschnitten ist. Das Ministerium bat dem Generale der Kavallerie, Grafen Mensdorff, und dem Hofrathe Klezansky bereits eventuelle Befehle ertheilt, und erwartet jeden Augenblick den Bericht und die Vorschläge der abgesendeten Kommissare, welche ermächtigt sind, die entsprechenden Maßregeln zur Herstellung der Ruhe unmittelbar in Anwendung zu bringen" Triest, 13. Juni. Die Admirale Bua und Albini von der italiänischen Flotte haben folgende Blokade-Erklärung gegen Triest erlassen: "Die beiden kommandirenden Admirale der sardinischen und venetianischen Schiffsdivisionen, geleitet von den philanthropischen Absichten ihrer Regierungen und erfüllt von der Achtung für das geheiligte Völkerrecht, welche die civilisirten Nationen ehrt und auszeichnet, hielten sich bei ihrer Kreuzung im Adriatischen Meere zur Vertheidigung der italiänischen Unabhängigkeitssache an den Grundgedanken, für den Handel keine Störung herbeizuführen, noch auch den Verkehr der Kauffahrteischiffe von irgend welcher Flagge, die österreichische mit inbegriffen, zu belästigen. "Daher würden sie in Uebereinstimmung mit diesen Grundsätzen sich zu jeder Art von Nachsicht zu Gunsten der Stadt Triest verpflichtet halten, falls dieselbe, blos mit Handels-Angelegenheiten beschäftigt und in ihrem friedlichen Charakter verharrend, sich jeder militärischen Operation enthalten hätte. "In Erwägung jedoch, daß die Stadt Triest, weit entfernt, ausschließlich eine Handelsstadt zu bleiben, die Function eines Kriegsplatzes übernommen hat, indem es durch ein Kastell und mehrere Batterieen befestigt worden, und mit einer zahlreichen Garnison besetzt ist, eine Division Kriegsschiffe aufgenommen hat, die fliehend vor dem italiänischen Geschwader durch Hülfe der österreichischen Lloyds-Dampfschiffe sich jetzt auf der Rhede in Angriffstellung befindet; indem es die Küste und die Höhen mit Kanonen besetzt, um das System des Kreuzfeuers zu verstärken; indem es sich der auf Kriegsfuß ausgerüsteten Dampfböte der Handelsgesellschaft des Lloyd bediente um die Blokade von Venedig aufrecht zu erhalten und jede Art kriegerischer Unternehmungen zu erleichtern; indem es bisher Mittelpunkt der gegen die Küste von Venedig gerichteten Feindseligkeiten und Ausgangspunkt für alle Beförderung von Truppen, Proviant- und Kriegsmaterial gewesen ist; indem es in der Nacht vom 6. Juni ohne die mindeste Herausforderung das Feuer gegen das italiänische Geschwader eröffnete, eben als dieses sich anschickte, Anker zu werfen, um den Tag darauf Unterhandlungen mit dem Gubernium einzuleiten; indem es ungeachtet des Schweigens der Flotten-Batterieen fortfuhr, Kanonenschüsse abzufeuern, von denen einige beim Rückprallen die sardinische Fregatte "St. Michaele" trafen; in Erwägung, ferner, mit welcher Heftigkeit man sich von Seiten der österreichischen Armee auf italiänischem Boden schlägt, erklären die beiden Admirale, sich berufend auf ihr Kriegsrecht und gestützt auf die Aussprüche der geachtetsten und anerkanntesten Publizisten, der Stadt und Rhede von Triest die Blokade für alle Schiffe unter österreichischer Flagge, beginnend vom 15. des laufenden Monats Juni, indem sie schließlich den Anfang der Blokade für alle anderen Flaggen auf den 15. Juli festsetzen. In Folge dieser Notifikation hat der Gouverneur Triest in Belagerungszustand erklärt. (J. d. öster. Lloyd.)Triest, 13. Juni. So eben (Abends um sechs Uhr) trifft das englische Dampfboot "Spitfire", von Venedig kommend, mit der Nachricht ein, das Vicenza von unseren Truppen bereits genommen worden ist und Padua bombardirt wurde. Apenrade, 15. Juni. Die preuß. Vorposten stehen 1/2 Stunde von hier. Hier hat man an einigen Stellen der Straßen das Pflaster aufgerissen und aus Bauholz, Steinen, Wagen etc. Barrikaden gemacht; ebenso an den verschiedenen Ausgängen der Stadt. Einige Zugänge hat man ganz verrammelt. Es werden überhaupt alle Vorkehrungen zur Vertheidigung der Stadt gegen etwaige Angriffe der Dänen getroffen. (B. Z.)Flensburg, 16. Juni. Die Insel Alsen soll fast gänzlich von dem dänischen Militär geräumt sein, welches nördlich nach dem Festlande geschifft zu sein scheint. - Ein anderes Schreiben sagt: Unsere Stadt und die nähere Umgegend derselben wird täglich stärker mit Truppen besetzt; oldenb. und hannov. Batterien sind in diesen Tagen nach Norden durchpassirt, oldenb. Infanterie nach Angeln aus-, hannov. Infanterie dagegen von Süden einmarschirt und mehr Truppen werden nachkommen. Das nördliche Schleswig ist noch immer nicht unser. (B. Z.)Waiblingen, 13. Juni. Das k. Oberamt dahier hat unterm Heutigen dem Stadtschultheißenamt Winnenden die Weisung gegeben, Hecker, von dem die Rede ging, daß er durch Würtemberg nach Frankfurt gehe, im Betretungsfalle festzunehmen etc. Schweiz.
Chur, 14. Juni. Die an der tiroler und italiänischen Grenze aufgestellten Schweizertruppen, sollten auf Anordnung der Tagsatzung entlassen werden. Eine Scharfschützenkompagnie ist auch bereits heute Mittag wieder hier angelangt. Die Bataillone waren auch bereits auf dem Rückmarsche begriffen, da begannen die Italiäner und Tiroler, die auf dem Stilfserjoch schon längere Zeit einander feindlich gegenüberstanden, die Feindseligkeiten. Deßwegen fand sich der eidgenössische Brigadier Gerwer veranlaßt, die Bataillone wieder zurückzurufen und sie in ihre frühern Standquartiere zu verlegen; mit diesem Schritt ist man hier so ziemlich allgemein zufrieden, da man überhaupt nicht begreifen konnte, daß man gerade jetzt, wo man stündlich einen Hauptschlag in Italien erwartet, die Grenzen entblößt. (Schw. M.)Italien.
8 Mailand, 13. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Florenz. Die Patria von Florenz schreibt: Wenn wir nicht falsch berichtet sind, so ist der italienische Bundestag, der drei Reformstaaten (Regno Italico, d. h. Sardinien, Piemont, Lombardei, Parma, Reggio, Toskana und Kirchenstaat) bereits vereinbart. Die drei Staaten bereiten jetzt eine italienische Gesandtschaft an den ungarischen Reichstag vor, um ihm für die zu Gunsten der italienischen Nationalität ausgesprochenen Gefühle zu danken. - Die römische Exoca schreibt aus Ravenna 31. Mai: Gestern kamen die Neapolitaner auf ihrem Rückmarsch hier an und zogen heute Morgen weiter nach Cervia. Der Padre Gavazzi kam um 9 Uhr und holte sie mit einigen jungen Leuten bei Classe fuori wieder ein, aber es gelang ihm nicht, ihre Feigheit zu besiegen, ja er konnte sich nicht lange bei ihnen halten, denn sie fingen an zu lärmen, zu schimpfen und zu drohen. Der neapolitanische Oberst, der diese Feiglinge befehligte, als er auf die Brücke von Bagnacavallo kam, sagte: Das ist das dritte Mal, unselige Brücke, daß ich dich mit Schande passire - und schoß sich eine Kugel durch den Kopf. - Der neapolitanische General Pepe, wird aus Bologna vom 7. Juni geschrieben, hat dagegen den Po passirt und ist mit 500 Freiwilligen der neapolitanischen Bürgergarde in Padua eingezogen. * Innsbruck. Die neuesten österreichischen Armeebulletins verdecken die Ohnmacht des östreichischen Heeres mit unendlich breiten Schilderungen. Kleine Märsche, Gefechte und so wie zur Herstellung der Kommunikationen. Welden hat Treviso nicht genommen, sondern erst zur Uebergabe aufgefordert und mit Bombardement bedroht. Französische Republik.
Paris, 18. Juni. Die Erhebung der Steuer von 45 Cent. hat die ganze Umgegend von Gueret in Aufregung gebracht. Die Bauern bedrohen mit Tod alle diejenigen, die sie zahlen oder erheben würden. Die Gendarmerie von Gueret wollte der Ortsbehörde Beistand leisten, um die Beitreibung der Steuern auf dem Lande zu bewirken. Es entstand daraus ein Kampf, in dem 4 Bauern gefangen genommen wurden. Mehr bedurfte es nicht, um den Aufstand allgemein zu machen. Die Sturmglocke wurde in allen umliegenden Gemeinden gezogen, und eine ungeheure Volksmasse strömte herbei, um auf Gueret zu ziehen, und die Gefangenen zu befreien. Sofort wurde in der Stadt der Rappel geschlagen und 400 Mann standen alsbald unter Waffen. Die insurgirten Bauern mit Flinten und Sensen bewaffnet, waren indessen an den Thoren der Stadt angelangt. Alle Anstrengungen der anwesenden Volksrepräsentanten und des Prokurators der Republik, die Bauern zu besänftigen, blieben ohne Erfolg. Ein Schuß, der, wie es scheint, von Seiten der Insurgenten fiel, gab das Signal zum Angriff. Die Nationalgardisten gaben Feuer, und 15 Bauern fielen mit einem Male. Ein panischer Schrecken bemächtigte sich ihrer; sie flohen nach allen Seiten, und 30 Mann ungefähr wurden arretirt. Die Nationalgarde ist immer noch unter Waffen; der Rappel wird geschlagen; denn man erwartet jeden Augenblick 6 bis 7 Gemeinden, die auf die Stadt ziehen. Zu Ahun hatte man am Freiheitsbaume Drohbriefe angeheftet gegen alle diejenigen, welche die 45 Centimes Steuer zahlen würden. Neben diesen Drohbriefen befanden sich Stricke an den Aesten des Baumes. Aehnliche Auftritte sind vorgefallen in den Departements der Haute-Garonne, der Tarn-et-Garonne u. s. w.; die Zulagesteuer von 45 Cts. auf das Grundeigenthum wird eine neue Jacquerie in's Leben rufen. 15 Paris, 18. Juni. Im Ministerium des Innern ist man den rothen Fäden auf die Spur gekommen, welche die alten Bourbonen mit den neuen zusammen knüpfen sollen. Es scheint gewiß, daß Louis Philipp dem Frohsdorfer Wunderkinde eine sehr schmeichelhafte Einladung hat zugehen lassen. - Gestern, nach dem Schluß der Sitzung der Nationalversammlung, bildete sich ein bedeutender Auflauf auf dem Platz Bourgogne und vor dem Eingangsgitter des Palastes der Nationalversammlung. Die Repräsentanten hörten bei ihrem Durchgang durch verschiedene Gruppen den Ruf: Die 25 Francsstücke sollen leben! Nieder mit den Repräsentanten! Es lebe Napoleon! Mehrere Arrestationen fanden auf dem Platze Statt. - Die Mobilgarden und die Truppen, welche den Palast Bourbon bewachen, traten unter die Waffen. Der General Negrier, begleitet von seinem Adiutanten, hat ihre Reihen durchlaufen. - Es bildet sich in diesem Augenblick eine Art Bourgeoisligue in den Reihen der Nationalgarde gewisser Städte des Nordens, um im Nothfall der Bourgeoisie von Paris zur Hülfe zu eilen. So z. B. zu Amiens und Cambrai. So in dem entfernteren Weichbild von Paris, in Brie-Comte-Robert. Ja ein Bataillonschef der Nationalgarde zu Paris veröffentlicht ein Schreiben an alle Nationalgarden von Frankreich und speziell an die der benachbarten Kommunen, worin er ihnen anempfiehlt, auf die Hauptstadt loszumarschiren, an dem Tage, wäre es auch nur ein einziger Tag, wo ihnen nur die Oppositionsjournale zukämen. Es ist dies ein offenbarer Aufruf zur Gesetzesverletzung, da die sedentaire Nationalgarde, im Unterschiede von der mobilen, unter keinem Vorwand die Gränzen ihres Bezirks überschreiten darf. Paris, 18. Juni. Der Moniteur bringt die in der Sitzung vom 6. d. angenommenen Vervollständigungen des mangelhaften floconschen Gewerkverständigengesetzes (conseils des prud'hommes). - Ein zweites Dekret erhöht die Zahl der Schiffslieutenants erster Klasse von 110 auf 325 im Gesammtumfange der franz. Marine. - Ein drittes Dekret spricht sich über ihr Dienstverhältniß zur See aus. Sie allein sollen künftig nur die Fahrzeuge von 160 Pferdekräfte, die Kanonirbriggs, Goeletten, Kutter und andern Fahrzeuge der Geschwader befehligen. - Der Moniteur vom 18 Juni enthält eine offizielle Tabelle über Produktion und Consumtion des Runkelrübenzuckers (su cre indigene) in ganz Frankreich vom Mai 1847 bis zum Ende d. Mai 1848. Hiernach beträgt die Gesammtmasse dieses vorzüglich in dem Aisne-, Nord, Oise, Pas de Calais, Somme und 14 anderen Departements gewonnenen Nahrungsstoffes während dieses Zeitraumes nicht weniger als 80,726,068 Kilogramme. - Den um Paris liegenden Garnisonen ist der Befehl zugegangen, sich auf den Wink marschfertig zu halten. - Der Verfassungsausschuß hat seine Arbeiten vollendet. Der neue Entwurf wird morgen gedruckt und vertheilt werden. Er zählt nicht weniger als 139 Artikel. - Die Untersuchung gegen die sogenannten Staatsverbrecher in Vincennes ist zu Ende. Thiers wurde gestern Abend, beim Verlassen des Sitzungssaales, persönlich von der Menge beleidigt.... Er hat die Wahl von Paris angenommen. In den übrigen Departements sind deshalb neue Wahlen vorzunehmen. - Unter den von der Polizei ergriffenen Papieren der Napoleoniden befinden sich auch Offizierdiplome, die der Prinz schon in London für die neue republikanische Kaisergarde ausgestellt hatte. - Seit gestern zeichnen sich die Anhänger des Prätendenten durch Medaillen aus, die sie an seidenem Bande auf dem Rockaufschlag tragen. Irrte sich unser Blick nicht, so sahen wir auf der einen Seite dieses Spielzeugs das Bildniß des Prinzen. Großbritannien.
* London, 17. Juni.
Ein frommer Engländer ist das posierlichste Wesen, was man sehen kann. Ein Engländer ist zu Allem fähig. Sechs Tage lang in der Woche schüttet er Sand in den Puderzucker und Cichorien in den Kaffe; sechs Tage lang kauft er die Milch mit Wasser und den edelsten Wein mit noch viel edlerem Schnapse; sechs Tage lang mischt er die Baumwolle zwischen die Wolle und das Eisen zwischen den Stahl; sechs Tage lang rudert er gleich einem geschäftigen Seeräuber auf allen Börsen herum, seiner Haut sich zu wehren und seine Zeit zu verkaufen so theuer als möglich; sechs Tage lang fabrizirt er wie jener Birminghamer Fabrikant Götzenbilder zum Export nach den Hochebnen Asiens oder nach den Inseln der Südsee; sechs Tage lang malträtirt er seine Arbeiter, seine "Hände" wie er es nennt, schlimmer als der Westindianer seinen Sklaven, als der Russe seinen Leibeignen; sechs Tage lang kennt er weder Vater noch Mutter, weder Bruder noch Schwester, weder Weib noch Kind; sechs Tage lang kennt er nur die Höhe des Disconto, nur des Wohlwollen seines Banquiers, nur Pfund, Schilling und Pence; sechs Tage lang denkt er nicht an Moses und die Propheten, nicht an Josua und die Richter, nicht an Saul und die Könige; sechs Tage lang denkt er nur an sich, und nur wieder an sich und nur immer an sich; kurz sechs Tage lang in der Woche ist der Engländer der wahre Engländer, der nie aus seiner Rolle fällt, der mit derselben Gemüthsruhe und mit derselben Gewissenhaftigkeit gerade so gut lügt und betrügt wie jeder andere ehrliche Mensch auch, so weit das Meer um die Küsten der Kontinente rollt, so weit der Spruch bekannt ist, daß die Sünde zwischen Käufer und Verkäufer steckt wie ein Nagel in der Wand. Kommt aber der Samstag Abend heran, ja, schlägt es 12 Uhr Nachts, da wäscht der Brite plötzlich seine Hände, er verzieht das Gesicht in die feierlichsten Falten, er macht große, moralische Augen und ist es Sonntag Morgen, da sehen wir ihn in die Kirche gehen, so steif und so anmuthig, fromm wie ein Lamm Gottes unschuldig, und wir hören ihn seinen David'schen Psalm singen so lieblich säuselnd, wie er dem Busen entschwebt der holdseligsten Jungfrau. Die Heuchelei erstreckte sich von jeher bei den Engländern von dem Ersten bis zum Letzten; sie ging hinab von dem Lord des Parlamentes, der aus höchst ökonomischen Gründen für die Emanzipation der Sklaven schwärmte, bis zu dem ärmsten Krämer der die um jeden Bleistift, um jedes Stück Siegellack irgend ein-n Spruch seines freihandelslustigen Protektors wickelte. Vor allen Andern zeichnen sich indeß stets die Helden und die Hirten der anglikanischen Kirche in der Handwerkswuth der Heuchelei aus. Wir hatten davon in den letzten Tagen wieder das herrlichste Beispiel. Sie erinnern sich vielleicht noch der ragged schools der sogenannten Lumpenschulen von denen ich Ihnen neulich schrieb? Diese echt englischen Anstalten, welche allen nackten, elternlosen und verlassenen Kindern größerer Städte zur beliebigen Benutzung offen stehen, sind gewiß in mancher Beziehung ein wahrer Segen für den unglücklichsten und verworfensten Theil der jugendlichen Bevölkerung. Die geistlichen Korporationen unterstützten sie auch; namentlich das Erziehungs-Bureau für die Londoner Diözese, den Bischof von London an der Spitze. Da wird aber neulich die jährliche Versammlung des Vorstandes gehalten und ehe man sich's versieht, tritt ein Herr Dodsworth, einer jener frommen Wütheriche auf, und legt den entschiedensten Protest dagegen ein, daß auch nur ein Pfennig zu weiterer Unterstützung hergegeben werde, wenn man nicht sofort in allen Lumpenschulen den Katechismus der anglikanischen Kirche einführe, und ihn zum Haupttexte des ganzen Unterrichtes mache. Die Kinder sollen weder schreiben, noch lesen, noch rechnen lernen, aber sie sollen wissen was in dem Katechismus der.Hochkirche steht; sie sollen lieber auf den Straßen, in den Schlupfwinkeln der Diebe, in dem Morrast der Bordelle zu elendigen Geschöpfen heranwachsen, wenn sie nicht gerade das lernen, was der einflußreiche Herr Dodsworth will, nämlich den Katechismus der Episkopal-Kirche. Wer ist dieser Herr Dodsworth? wer ist dieser große, grausame Philantrop? Zehn gegen eins gewettet, er hat auch schon einmal Sand in den Zucker gestreut und Cichorien in den Kaffe; sicher und gewiß hat er auch schon einmal Baumwolle zwischen die Wolle gemischt und Eisen zwischen den Stahl; sicher und gewiß geht er auch jeden Sonntag Morgen in die Hallen der Westminster Abtei um seinen davidschen Psalm zu singen; ja sicher und gewiß, der Herr Dodsworth wird nicht besser sein, wie alle seine frommen Kollegen - selbst der Bischof von London wies den Antrag dieses Menschen mit Indignation zurück. - In der Times vom 17. Juni befindet sich eine Korrespondenz aus Berlin vom 13., welche über einen Theil der dortigen Nationalversammlung sich also ausspricht: "Die Wahl von unwissenden und ehrlichen Bauern" hat lediglich dazu gedient, derjenigen Parthei die sich ihrer zuerst zu bemeistern wußte, einige willenlose Stimmen zu verschaffen. Die "Hampdens vom Dorf" haben bis jetzt ihre örtliche Reputation, ohne die sie doch wohl nicht gewählt worden wären, durch nichts gerechtfertigt. Von einer Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Pflichten ist noch keine Spur bei ihnen zu sehen gewesen. Ihr schäbiges und zurückstoßendes Aeußere zieht ihnen reichliche Sarkasmen auf den Hals. Man erzählt sich von ihnen allerlei unkultivirte oder als solche in einer verfeinerten Hauptstadt erscheinende Gewohnheiten, z. B. daß sie gekochtes Fleisch in Papier gewickelt in ihrem (Siehe den Verfolg in der Beilage.) von hören, daß bald wohl „die Russen kommen werden.“ Manche mögen eine russische Intervention noch nicht gerade für nothwendig halten ‒ soviel ist gewiß: das letzte Argument, die ultimo ratio unserer Reaktionäre sind jetzt ‒ die Kosacken. Die Russen, so hört man unsere Philister sagen, die Russen sind noch lange nicht unsere ärgsten Feinde; die Russen sind noch immer die beste Einquartirung, sie machen sehr wenig Ansprüche; die russische Infanterie steht sehr fest im Feuer; die russische Kavallerie hat sehr gute Pferde u. s. w. Eines unserer neuesten, jetzt wie die Pilze aus dem Boden hervorschießenden Wochenblätter, hat sogar auf eine russisch-preußische Allianz, als auf den letzten Nothanker, hingewiesen! Wien, 15. Juni. Das ungarische Infanterie-Regiment „Prinz Wasa“ ist gestern und heute von hier mit dem Dampfboot nach Pesth abgegangen. Die dortigen Auftritte reduziren sich übrigens auf einen Militärexceß, der indeß doch blutig gewesen ist, und in dessen Folge 4 Kompagnien des italienischen Regiments „Ceccopieri“ theilweise entwaffnet und nach Komorn verlegt worden sind. Auch erfährt man, daß der päbstliche Nuntius von Innsbruck abgerufen sei. Dagegen ist Monsignor Morichini (ehemaliger Nuntius in München) vom Pabste dorthin gesandt, ohne diplomatischen Charakter, sondern mit einer Spezial-Mission betraut: um die Vermittelung des Pabstes zur Beendigung des italienischen Krieges anzubieten. Man glaubt, daß der Pabst als die Basis der Vermittelung die Abtretung Mailands aufstelle; und Viele meinen, Oesterreich werde nicht abgeneigt sein, Mailand zu opfern, wenn es dadurch Venedig sich erhalten könne. Wien, 16. Juni. Die Wiener Zeitung meldet in ihrem amtlichen Theile: „Dem Ministerium ist im Laufe des gestrigen Tages nur eine telegraphische Anzeige des Bürgermeisters aus Prag zugekommen, nach deren Inhalte seit 8 Uhr Morgens die Stadt bombardirt wird und die Kommunikation mit dem Präsidium abgeschnitten ist. Das Ministerium bat dem Generale der Kavallerie, Grafen Mensdorff, und dem Hofrathe Klezansky bereits eventuelle Befehle ertheilt, und erwartet jeden Augenblick den Bericht und die Vorschläge der abgesendeten Kommissare, welche ermächtigt sind, die entsprechenden Maßregeln zur Herstellung der Ruhe unmittelbar in Anwendung zu bringen“ Triest, 13. Juni. Die Admirale Bua und Albini von der italiänischen Flotte haben folgende Blokade-Erklärung gegen Triest erlassen: „Die beiden kommandirenden Admirale der sardinischen und venetianischen Schiffsdivisionen, geleitet von den philanthropischen Absichten ihrer Regierungen und erfüllt von der Achtung für das geheiligte Völkerrecht, welche die civilisirten Nationen ehrt und auszeichnet, hielten sich bei ihrer Kreuzung im Adriatischen Meere zur Vertheidigung der italiänischen Unabhängigkeitssache an den Grundgedanken, für den Handel keine Störung herbeizuführen, noch auch den Verkehr der Kauffahrteischiffe von irgend welcher Flagge, die österreichische mit inbegriffen, zu belästigen. „Daher würden sie in Uebereinstimmung mit diesen Grundsätzen sich zu jeder Art von Nachsicht zu Gunsten der Stadt Triest verpflichtet halten, falls dieselbe, blos mit Handels-Angelegenheiten beschäftigt und in ihrem friedlichen Charakter verharrend, sich jeder militärischen Operation enthalten hätte. „In Erwägung jedoch, daß die Stadt Triest, weit entfernt, ausschließlich eine Handelsstadt zu bleiben, die Function eines Kriegsplatzes übernommen hat, indem es durch ein Kastell und mehrere Batterieen befestigt worden, und mit einer zahlreichen Garnison besetzt ist, eine Division Kriegsschiffe aufgenommen hat, die fliehend vor dem italiänischen Geschwader durch Hülfe der österreichischen Lloyds-Dampfschiffe sich jetzt auf der Rhede in Angriffstellung befindet; indem es die Küste und die Höhen mit Kanonen besetzt, um das System des Kreuzfeuers zu verstärken; indem es sich der auf Kriegsfuß ausgerüsteten Dampfböte der Handelsgesellschaft des Lloyd bediente um die Blokade von Venedig aufrecht zu erhalten und jede Art kriegerischer Unternehmungen zu erleichtern; indem es bisher Mittelpunkt der gegen die Küste von Venedig gerichteten Feindseligkeiten und Ausgangspunkt für alle Beförderung von Truppen, Proviant- und Kriegsmaterial gewesen ist; indem es in der Nacht vom 6. Juni ohne die mindeste Herausforderung das Feuer gegen das italiänische Geschwader eröffnete, eben als dieses sich anschickte, Anker zu werfen, um den Tag darauf Unterhandlungen mit dem Gubernium einzuleiten; indem es ungeachtet des Schweigens der Flotten-Batterieen fortfuhr, Kanonenschüsse abzufeuern, von denen einige beim Rückprallen die sardinische Fregatte „St. Michaele“ trafen; in Erwägung, ferner, mit welcher Heftigkeit man sich von Seiten der österreichischen Armee auf italiänischem Boden schlägt, erklären die beiden Admirale, sich berufend auf ihr Kriegsrecht und gestützt auf die Aussprüche der geachtetsten und anerkanntesten Publizisten, der Stadt und Rhede von Triest die Blokade für alle Schiffe unter österreichischer Flagge, beginnend vom 15. des laufenden Monats Juni, indem sie schließlich den Anfang der Blokade für alle anderen Flaggen auf den 15. Juli festsetzen. In Folge dieser Notifikation hat der Gouverneur Triest in Belagerungszustand erklärt. (J. d. öster. Lloyd.)Triest, 13. Juni. So eben (Abends um sechs Uhr) trifft das englische Dampfboot „Spitfire“, von Venedig kommend, mit der Nachricht ein, das Vicenza von unseren Truppen bereits genommen worden ist und Padua bombardirt wurde. Apenrade, 15. Juni. Die preuß. Vorposten stehen 1/2 Stunde von hier. Hier hat man an einigen Stellen der Straßen das Pflaster aufgerissen und aus Bauholz, Steinen, Wagen etc. Barrikaden gemacht; ebenso an den verschiedenen Ausgängen der Stadt. Einige Zugänge hat man ganz verrammelt. Es werden überhaupt alle Vorkehrungen zur Vertheidigung der Stadt gegen etwaige Angriffe der Dänen getroffen. (B. Z.)Flensburg, 16. Juni. Die Insel Alsen soll fast gänzlich von dem dänischen Militär geräumt sein, welches nördlich nach dem Festlande geschifft zu sein scheint. ‒ Ein anderes Schreiben sagt: Unsere Stadt und die nähere Umgegend derselben wird täglich stärker mit Truppen besetzt; oldenb. und hannov. Batterien sind in diesen Tagen nach Norden durchpassirt, oldenb. Infanterie nach Angeln aus-, hannov. Infanterie dagegen von Süden einmarschirt und mehr Truppen werden nachkommen. Das nördliche Schleswig ist noch immer nicht unser. (B. Z.)Waiblingen, 13. Juni. Das k. Oberamt dahier hat unterm Heutigen dem Stadtschultheißenamt Winnenden die Weisung gegeben, Hecker, von dem die Rede ging, daß er durch Würtemberg nach Frankfurt gehe, im Betretungsfalle festzunehmen etc. Schweiz.
Chur, 14. Juni. Die an der tiroler und italiänischen Grenze aufgestellten Schweizertruppen, sollten auf Anordnung der Tagsatzung entlassen werden. Eine Scharfschützenkompagnie ist auch bereits heute Mittag wieder hier angelangt. Die Bataillone waren auch bereits auf dem Rückmarsche begriffen, da begannen die Italiäner und Tiroler, die auf dem Stilfserjoch schon längere Zeit einander feindlich gegenüberstanden, die Feindseligkeiten. Deßwegen fand sich der eidgenössische Brigadier Gerwer veranlaßt, die Bataillone wieder zurückzurufen und sie in ihre frühern Standquartiere zu verlegen; mit diesem Schritt ist man hier so ziemlich allgemein zufrieden, da man überhaupt nicht begreifen konnte, daß man gerade jetzt, wo man stündlich einen Hauptschlag in Italien erwartet, die Grenzen entblößt. (Schw. M.)Italien.
8 Mailand, 13. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Florenz. Die Patria von Florenz schreibt: Wenn wir nicht falsch berichtet sind, so ist der italienische Bundestag, der drei Reformstaaten (Regno Italico, d. h. Sardinien, Piemont, Lombardei, Parma, Reggio, Toskana und Kirchenstaat) bereits vereinbart. Die drei Staaten bereiten jetzt eine italienische Gesandtschaft an den ungarischen Reichstag vor, um ihm für die zu Gunsten der italienischen Nationalität ausgesprochenen Gefühle zu danken. ‒ Die römische Exoca schreibt aus Ravenna 31. Mai: Gestern kamen die Neapolitaner auf ihrem Rückmarsch hier an und zogen heute Morgen weiter nach Cervia. Der Padre Gavazzi kam um 9 Uhr und holte sie mit einigen jungen Leuten bei Classe fuori wieder ein, aber es gelang ihm nicht, ihre Feigheit zu besiegen, ja er konnte sich nicht lange bei ihnen halten, denn sie fingen an zu lärmen, zu schimpfen und zu drohen. Der neapolitanische Oberst, der diese Feiglinge befehligte, als er auf die Brücke von Bagnacavallo kam, sagte: Das ist das dritte Mal, unselige Brücke, daß ich dich mit Schande passire ‒ und schoß sich eine Kugel durch den Kopf. ‒ Der neapolitanische General Pepe, wird aus Bologna vom 7. Juni geschrieben, hat dagegen den Po passirt und ist mit 500 Freiwilligen der neapolitanischen Bürgergarde in Padua eingezogen. * Innsbruck. Die neuesten österreichischen Armeebulletins verdecken die Ohnmacht des östreichischen Heeres mit unendlich breiten Schilderungen. Kleine Märsche, Gefechte und so wie zur Herstellung der Kommunikationen. Welden hat Treviso nicht genommen, sondern erst zur Uebergabe aufgefordert und mit Bombardement bedroht. Französische Republik.
Paris, 18. Juni. Die Erhebung der Steuer von 45 Cent. hat die ganze Umgegend von Guéret in Aufregung gebracht. Die Bauern bedrohen mit Tod alle diejenigen, die sie zahlen oder erheben würden. Die Gendarmerie von Guéret wollte der Ortsbehörde Beistand leisten, um die Beitreibung der Steuern auf dem Lande zu bewirken. Es entstand daraus ein Kampf, in dem 4 Bauern gefangen genommen wurden. Mehr bedurfte es nicht, um den Aufstand allgemein zu machen. Die Sturmglocke wurde in allen umliegenden Gemeinden gezogen, und eine ungeheure Volksmasse strömte herbei, um auf Guéret zu ziehen, und die Gefangenen zu befreien. Sofort wurde in der Stadt der Rappel geschlagen und 400 Mann standen alsbald unter Waffen. Die insurgirten Bauern mit Flinten und Sensen bewaffnet, waren indessen an den Thoren der Stadt angelangt. Alle Anstrengungen der anwesenden Volksrepräsentanten und des Prokurators der Republik, die Bauern zu besänftigen, blieben ohne Erfolg. Ein Schuß, der, wie es scheint, von Seiten der Insurgenten fiel, gab das Signal zum Angriff. Die Nationalgardisten gaben Feuer, und 15 Bauern fielen mit einem Male. Ein panischer Schrecken bemächtigte sich ihrer; sie flohen nach allen Seiten, und 30 Mann ungefähr wurden arretirt. Die Nationalgarde ist immer noch unter Waffen; der Rappel wird geschlagen; denn man erwartet jeden Augenblick 6 bis 7 Gemeinden, die auf die Stadt ziehen. Zu Ahun hatte man am Freiheitsbaume Drohbriefe angeheftet gegen alle diejenigen, welche die 45 Centimes Steuer zahlen würden. Neben diesen Drohbriefen befanden sich Stricke an den Aesten des Baumes. Aehnliche Auftritte sind vorgefallen in den Departements der Haute-Garonne, der Tarn-et-Garonne u. s. w.; die Zulagesteuer von 45 Cts. auf das Grundeigenthum wird eine neue Jacquerie in's Leben rufen. 15 Paris, 18. Juni. Im Ministerium des Innern ist man den rothen Fäden auf die Spur gekommen, welche die alten Bourbonen mit den neuen zusammen knüpfen sollen. Es scheint gewiß, daß Louis Philipp dem Frohsdorfer Wunderkinde eine sehr schmeichelhafte Einladung hat zugehen lassen. ‒ Gestern, nach dem Schluß der Sitzung der Nationalversammlung, bildete sich ein bedeutender Auflauf auf dem Platz Bourgogne und vor dem Eingangsgitter des Palastes der Nationalversammlung. Die Repräsentanten hörten bei ihrem Durchgang durch verschiedene Gruppen den Ruf: Die 25 Francsstücke sollen leben! Nieder mit den Repräsentanten! Es lebe Napoleon! Mehrere Arrestationen fanden auf dem Platze Statt. ‒ Die Mobilgarden und die Truppen, welche den Palast Bourbon bewachen, traten unter die Waffen. Der General Negrier, begleitet von seinem Adiutanten, hat ihre Reihen durchlaufen. ‒ Es bildet sich in diesem Augenblick eine Art Bourgeoisligue in den Reihen der Nationalgarde gewisser Städte des Nordens, um im Nothfall der Bourgeoisie von Paris zur Hülfe zu eilen. So z. B. zu Amiens und Cambrai. So in dem entfernteren Weichbild von Paris, in Brie-Comte-Robert. Ja ein Bataillonschef der Nationalgarde zu Paris veröffentlicht ein Schreiben an alle Nationalgarden von Frankreich und speziell an die der benachbarten Kommunen, worin er ihnen anempfiehlt, auf die Hauptstadt loszumarschiren, an dem Tage, wäre es auch nur ein einziger Tag, wo ihnen nur die Oppositionsjournale zukämen. Es ist dies ein offenbarer Aufruf zur Gesetzesverletzung, da die sedentaire Nationalgarde, im Unterschiede von der mobilen, unter keinem Vorwand die Gränzen ihres Bezirks überschreiten darf. Paris, 18. Juni. Der Moniteur bringt die in der Sitzung vom 6. d. angenommenen Vervollständigungen des mangelhaften floconschen Gewerkverständigengesetzes (conseils des prud'hommes). ‒ Ein zweites Dekret erhöht die Zahl der Schiffslieutenants erster Klasse von 110 auf 325 im Gesammtumfange der franz. Marine. ‒ Ein drittes Dekret spricht sich über ihr Dienstverhältniß zur See aus. Sie allein sollen künftig nur die Fahrzeuge von 160 Pferdekräfte, die Kanonirbriggs, Goeletten, Kutter und andern Fahrzeuge der Geschwader befehligen. ‒ Der Moniteur vom 18 Juni enthält eine offizielle Tabelle über Produktion und Consumtion des Runkelrübenzuckers (su cre indigène) in ganz Frankreich vom Mai 1847 bis zum Ende d. Mai 1848. Hiernach beträgt die Gesammtmasse dieses vorzüglich in dem Aisne-, Nord, Oise, Pas de Calais, Somme und 14 anderen Departements gewonnenen Nahrungsstoffes während dieses Zeitraumes nicht weniger als 80,726,068 Kilogramme. ‒ Den um Paris liegenden Garnisonen ist der Befehl zugegangen, sich auf den Wink marschfertig zu halten. ‒ Der Verfassungsausschuß hat seine Arbeiten vollendet. Der neue Entwurf wird morgen gedruckt und vertheilt werden. Er zählt nicht weniger als 139 Artikel. ‒ Die Untersuchung gegen die sogenannten Staatsverbrecher in Vincennes ist zu Ende. Thiers wurde gestern Abend, beim Verlassen des Sitzungssaales, persönlich von der Menge beleidigt.… Er hat die Wahl von Paris angenommen. In den übrigen Departements sind deshalb neue Wahlen vorzunehmen. ‒ Unter den von der Polizei ergriffenen Papieren der Napoleoniden befinden sich auch Offizierdiplome, die der Prinz schon in London für die neue republikanische Kaisergarde ausgestellt hatte. ‒ Seit gestern zeichnen sich die Anhänger des Prätendenten durch Medaillen aus, die sie an seidenem Bande auf dem Rockaufschlag tragen. Irrte sich unser Blick nicht, so sahen wir auf der einen Seite dieses Spielzeugs das Bildniß des Prinzen. Großbritannien.
* London, 17. Juni.
Ein frommer Engländer ist das posierlichste Wesen, was man sehen kann. Ein Engländer ist zu Allem fähig. Sechs Tage lang in der Woche schüttet er Sand in den Puderzucker und Cichorien in den Kaffe; sechs Tage lang kauft er die Milch mit Wasser und den edelsten Wein mit noch viel edlerem Schnapse; sechs Tage lang mischt er die Baumwolle zwischen die Wolle und das Eisen zwischen den Stahl; sechs Tage lang rudert er gleich einem geschäftigen Seeräuber auf allen Börsen herum, seiner Haut sich zu wehren und seine Zeit zu verkaufen so theuer als möglich; sechs Tage lang fabrizirt er wie jener Birminghamer Fabrikant Götzenbilder zum Export nach den Hochebnen Asiens oder nach den Inseln der Südsee; sechs Tage lang malträtirt er seine Arbeiter, seine „Hände“ wie er es nennt, schlimmer als der Westindianer seinen Sklaven, als der Russe seinen Leibeignen; sechs Tage lang kennt er weder Vater noch Mutter, weder Bruder noch Schwester, weder Weib noch Kind; sechs Tage lang kennt er nur die Höhe des Disconto, nur des Wohlwollen seines Banquiers, nur Pfund, Schilling und Pence; sechs Tage lang denkt er nicht an Moses und die Propheten, nicht an Josua und die Richter, nicht an Saul und die Könige; sechs Tage lang denkt er nur an sich, und nur wieder an sich und nur immer an sich; kurz sechs Tage lang in der Woche ist der Engländer der wahre Engländer, der nie aus seiner Rolle fällt, der mit derselben Gemüthsruhe und mit derselben Gewissenhaftigkeit gerade so gut lügt und betrügt wie jeder andere ehrliche Mensch auch, so weit das Meer um die Küsten der Kontinente rollt, so weit der Spruch bekannt ist, daß die Sünde zwischen Käufer und Verkäufer steckt wie ein Nagel in der Wand. Kommt aber der Samstag Abend heran, ja, schlägt es 12 Uhr Nachts, da wäscht der Brite plötzlich seine Hände, er verzieht das Gesicht in die feierlichsten Falten, er macht große, moralische Augen und ist es Sonntag Morgen, da sehen wir ihn in die Kirche gehen, so steif und so anmuthig, fromm wie ein Lamm Gottes unschuldig, und wir hören ihn seinen David'schen Psalm singen so lieblich säuselnd, wie er dem Busen entschwebt der holdseligsten Jungfrau. Die Heuchelei erstreckte sich von jeher bei den Engländern von dem Ersten bis zum Letzten; sie ging hinab von dem Lord des Parlamentes, der aus höchst ökonomischen Gründen für die Emanzipation der Sklaven schwärmte, bis zu dem ärmsten Krämer der die um jeden Bleistift, um jedes Stück Siegellack irgend ein-n Spruch seines freihandelslustigen Protektors wickelte. Vor allen Andern zeichnen sich indeß stets die Helden und die Hirten der anglikanischen Kirche in der Handwerkswuth der Heuchelei aus. Wir hatten davon in den letzten Tagen wieder das herrlichste Beispiel. Sie erinnern sich vielleicht noch der ragged schools der sogenannten Lumpenschulen von denen ich Ihnen neulich schrieb? Diese echt englischen Anstalten, welche allen nackten, elternlosen und verlassenen Kindern größerer Städte zur beliebigen Benutzung offen stehen, sind gewiß in mancher Beziehung ein wahrer Segen für den unglücklichsten und verworfensten Theil der jugendlichen Bevölkerung. Die geistlichen Korporationen unterstützten sie auch; namentlich das Erziehungs-Bureau für die Londoner Diözese, den Bischof von London an der Spitze. Da wird aber neulich die jährliche Versammlung des Vorstandes gehalten und ehe man sich's versieht, tritt ein Herr Dodsworth, einer jener frommen Wütheriche auf, und legt den entschiedensten Protest dagegen ein, daß auch nur ein Pfennig zu weiterer Unterstützung hergegeben werde, wenn man nicht sofort in allen Lumpenschulen den Katechismus der anglikanischen Kirche einführe, und ihn zum Haupttexte des ganzen Unterrichtes mache. Die Kinder sollen weder schreiben, noch lesen, noch rechnen lernen, aber sie sollen wissen was in dem Katechismus der.Hochkirche steht; sie sollen lieber auf den Straßen, in den Schlupfwinkeln der Diebe, in dem Morrast der Bordelle zu elendigen Geschöpfen heranwachsen, wenn sie nicht gerade das lernen, was der einflußreiche Herr Dodsworth will, nämlich den Katechismus der Episkopal-Kirche. Wer ist dieser Herr Dodsworth? wer ist dieser große, grausame Philantrop? Zehn gegen eins gewettet, er hat auch schon einmal Sand in den Zucker gestreut und Cichorien in den Kaffe; sicher und gewiß hat er auch schon einmal Baumwolle zwischen die Wolle gemischt und Eisen zwischen den Stahl; sicher und gewiß geht er auch jeden Sonntag Morgen in die Hallen der Westminster Abtei um seinen davidschen Psalm zu singen; ja sicher und gewiß, der Herr Dodsworth wird nicht besser sein, wie alle seine frommen Kollegen ‒ selbst der Bischof von London wies den Antrag dieses Menschen mit Indignation zurück. ‒ In der Times vom 17. Juni befindet sich eine Korrespondenz aus Berlin vom 13., welche über einen Theil der dortigen Nationalversammlung sich also ausspricht: „Die Wahl von unwissenden und ehrlichen Bauern“ hat lediglich dazu gedient, derjenigen Parthei die sich ihrer zuerst zu bemeistern wußte, einige willenlose Stimmen zu verschaffen. Die „Hampdens vom Dorf“ haben bis jetzt ihre örtliche Reputation, ohne die sie doch wohl nicht gewählt worden wären, durch nichts gerechtfertigt. Von einer Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Pflichten ist noch keine Spur bei ihnen zu sehen gewesen. Ihr schäbiges und zurückstoßendes Aeußere zieht ihnen reichliche Sarkasmen auf den Hals. Man erzählt sich von ihnen allerlei unkultivirte oder als solche in einer verfeinerten Hauptstadt erscheinende Gewohnheiten, z. B. daß sie gekochtes Fleisch in Papier gewickelt in ihrem (Siehe den Verfolg in der Beilage.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar021_011" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0091"/> von hören, daß bald wohl „die Russen kommen werden.“ Manche mögen eine russische Intervention noch nicht gerade für nothwendig halten ‒ soviel ist gewiß: das letzte Argument, die ultimo ratio unserer Reaktionäre sind jetzt ‒ die Kosacken. Die Russen, so hört man unsere Philister sagen, die Russen sind noch lange nicht unsere ärgsten Feinde; die Russen sind noch immer die beste Einquartirung, sie machen sehr wenig Ansprüche; die russische Infanterie steht sehr fest im Feuer; die russische Kavallerie hat sehr gute Pferde u. s. w. Eines unserer neuesten, jetzt wie die Pilze aus dem Boden hervorschießenden Wochenblätter, hat sogar auf eine russisch-preußische Allianz, als auf den letzten Nothanker, hingewiesen!</p> </div> <div xml:id="ar021_012" type="jArticle"> <head>Wien, 15. Juni.</head> <p>Das ungarische Infanterie-Regiment „Prinz Wasa“ ist gestern und heute von hier mit dem Dampfboot nach Pesth abgegangen. Die dortigen Auftritte reduziren sich übrigens auf einen Militärexceß, der indeß doch blutig gewesen ist, und in dessen Folge 4 Kompagnien des italienischen Regiments „Ceccopieri“ theilweise entwaffnet und nach Komorn verlegt worden sind.</p> <p>Auch erfährt man, daß der päbstliche Nuntius von Innsbruck abgerufen sei. Dagegen ist Monsignor Morichini (ehemaliger Nuntius in München) vom Pabste dorthin gesandt, ohne diplomatischen Charakter, sondern mit einer Spezial-Mission betraut: um die Vermittelung des Pabstes zur Beendigung des italienischen Krieges anzubieten. Man glaubt, daß der Pabst als die Basis der Vermittelung die Abtretung Mailands aufstelle; und Viele meinen, Oesterreich werde nicht abgeneigt sein, Mailand zu opfern, wenn es dadurch Venedig sich erhalten könne.</p> </div> <div xml:id="ar021_013" type="jArticle"> <head>Wien, 16. Juni.</head> <p>Die Wiener Zeitung meldet in ihrem amtlichen Theile: „Dem Ministerium ist im Laufe des gestrigen Tages nur eine telegraphische Anzeige des Bürgermeisters aus <hi rendition="#g">Prag</hi> zugekommen, nach deren Inhalte seit 8 Uhr Morgens <hi rendition="#g">die Stadt bombardirt wird</hi> und die Kommunikation mit dem Präsidium abgeschnitten ist. Das Ministerium bat dem Generale der Kavallerie, Grafen Mensdorff, und dem Hofrathe Klezansky bereits eventuelle Befehle ertheilt, und erwartet jeden Augenblick den Bericht und die Vorschläge der abgesendeten Kommissare, welche ermächtigt sind, die entsprechenden Maßregeln zur Herstellung der Ruhe unmittelbar in Anwendung zu bringen“</p> </div> <div xml:id="ar021_014" type="jArticle"> <head>Triest, 13. Juni.</head> <p>Die Admirale Bua und Albini von der italiänischen Flotte haben folgende Blokade-Erklärung gegen Triest erlassen:</p> <p>„Die beiden kommandirenden Admirale der sardinischen und venetianischen Schiffsdivisionen, geleitet von den philanthropischen Absichten ihrer Regierungen und erfüllt von der Achtung für das geheiligte Völkerrecht, welche die civilisirten Nationen ehrt und auszeichnet, hielten sich bei ihrer Kreuzung im Adriatischen Meere zur Vertheidigung der italiänischen Unabhängigkeitssache an den Grundgedanken, für den Handel keine Störung herbeizuführen, noch auch den Verkehr der Kauffahrteischiffe von irgend welcher Flagge, die österreichische mit inbegriffen, zu belästigen.</p> <p>„Daher würden sie in Uebereinstimmung mit diesen Grundsätzen sich zu jeder Art von Nachsicht zu Gunsten der Stadt Triest verpflichtet halten, falls dieselbe, blos mit Handels-Angelegenheiten beschäftigt und in ihrem friedlichen Charakter verharrend, sich jeder militärischen Operation enthalten hätte.</p> <p>„In Erwägung jedoch, daß die Stadt Triest, weit entfernt, ausschließlich eine Handelsstadt zu bleiben, die Function eines Kriegsplatzes übernommen hat,</p> <p>indem es durch ein Kastell und mehrere Batterieen befestigt worden, und mit einer zahlreichen Garnison besetzt ist,</p> <p>eine Division Kriegsschiffe aufgenommen hat, die fliehend vor dem italiänischen Geschwader durch Hülfe der österreichischen Lloyds-Dampfschiffe sich jetzt auf der Rhede in Angriffstellung befindet;</p> <p>indem es die Küste und die Höhen mit Kanonen besetzt, um das System des Kreuzfeuers zu verstärken;</p> <p>indem es sich der auf Kriegsfuß ausgerüsteten Dampfböte der Handelsgesellschaft des Lloyd bediente um die Blokade von Venedig aufrecht zu erhalten und jede Art kriegerischer Unternehmungen zu erleichtern;</p> <p>indem es bisher Mittelpunkt der gegen die Küste von Venedig gerichteten Feindseligkeiten und Ausgangspunkt für alle Beförderung von Truppen, Proviant- und Kriegsmaterial gewesen ist;</p> <p>indem es in der Nacht vom 6. Juni ohne die mindeste Herausforderung das Feuer gegen das italiänische Geschwader eröffnete, eben als dieses sich anschickte, Anker zu werfen, um den Tag darauf Unterhandlungen mit dem Gubernium einzuleiten;</p> <p>indem es ungeachtet des Schweigens der Flotten-Batterieen fortfuhr, Kanonenschüsse abzufeuern, von denen einige beim Rückprallen die sardinische Fregatte „St. Michaele“ trafen;</p> <p>in Erwägung, ferner, mit welcher Heftigkeit man sich von Seiten der österreichischen Armee auf italiänischem Boden schlägt, erklären die beiden Admirale, sich berufend auf ihr Kriegsrecht und gestützt auf die Aussprüche der geachtetsten und anerkanntesten Publizisten, der Stadt und Rhede von Triest die Blokade für alle Schiffe unter österreichischer Flagge, beginnend vom 15. des laufenden Monats Juni, indem sie schließlich den Anfang der Blokade für alle anderen Flaggen auf den 15. Juli festsetzen.</p> <p>In Folge dieser Notifikation hat der Gouverneur Triest in Belagerungszustand erklärt.</p> <bibl>(J. d. öster. Lloyd.)</bibl> </div> <div xml:id="ar021_015" type="jArticle"> <head>Triest, 13. Juni.</head> <p>So eben (Abends um sechs Uhr) trifft das englische Dampfboot „Spitfire“, von Venedig kommend, mit der Nachricht ein, das Vicenza von unseren Truppen bereits genommen worden ist und Padua bombardirt wurde.</p> </div> <div xml:id="ar021_016" type="jArticle"> <head>Apenrade, 15. Juni.</head> <p>Die preuß. Vorposten stehen 1/2 Stunde von hier. Hier hat man an einigen Stellen der Straßen das Pflaster aufgerissen und aus Bauholz, Steinen, Wagen etc. Barrikaden gemacht; ebenso an den verschiedenen Ausgängen der Stadt. Einige Zugänge hat man ganz verrammelt. Es werden überhaupt alle Vorkehrungen zur Vertheidigung der Stadt gegen etwaige Angriffe der Dänen getroffen.</p> <bibl>(B. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar021_017" type="jArticle"> <head>Flensburg, 16. Juni.</head> <p>Die Insel Alsen soll fast gänzlich von dem dänischen Militär geräumt sein, welches nördlich nach dem Festlande geschifft zu sein scheint. ‒ Ein anderes Schreiben sagt: Unsere Stadt und die nähere Umgegend derselben wird täglich stärker mit Truppen besetzt; oldenb. und hannov. Batterien sind in diesen Tagen nach Norden durchpassirt, oldenb. Infanterie nach Angeln aus-, hannov. Infanterie dagegen von Süden einmarschirt und mehr Truppen werden nachkommen. Das nördliche Schleswig ist noch immer nicht unser.</p> <bibl>(B. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar021_018" type="jArticle"> <head>Waiblingen, 13. Juni.</head> <p>Das k. Oberamt dahier hat unterm Heutigen dem Stadtschultheißenamt Winnenden die Weisung gegeben, Hecker, von dem die Rede ging, daß er durch Würtemberg nach Frankfurt gehe, im Betretungsfalle festzunehmen etc.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar021_019" type="jArticle"> <head>Chur, 14. Juni.</head> <p>Die an der tiroler und italiänischen Grenze aufgestellten Schweizertruppen, sollten auf Anordnung der Tagsatzung entlassen werden. Eine Scharfschützenkompagnie ist auch bereits heute Mittag wieder hier angelangt. Die Bataillone waren auch bereits auf dem Rückmarsche begriffen, da begannen die Italiäner und Tiroler, die auf dem Stilfserjoch schon längere Zeit einander feindlich gegenüberstanden, die Feindseligkeiten. Deßwegen fand sich der eidgenössische Brigadier Gerwer veranlaßt, die Bataillone wieder zurückzurufen und sie in ihre frühern Standquartiere zu verlegen; mit diesem Schritt ist man hier so ziemlich allgemein zufrieden, da man überhaupt nicht begreifen konnte, daß man gerade jetzt, wo man stündlich einen Hauptschlag in Italien erwartet, die Grenzen entblößt.</p> <bibl>(Schw. M.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar021_020_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 21. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 149.</bibl></note> <head><bibl><author>8</author></bibl> Mailand, 13. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar021_021" type="jArticle"> <head>Florenz.</head> <p>Die <hi rendition="#g">Patria</hi> von Florenz schreibt: Wenn wir nicht falsch berichtet sind, so ist der <hi rendition="#g">italienische Bundestag,</hi> der drei Reformstaaten (Regno Italico, d. h. Sardinien, Piemont, Lombardei, Parma, Reggio, Toskana und Kirchenstaat) bereits vereinbart. Die drei Staaten bereiten jetzt eine <hi rendition="#g">italienische Gesandtschaft</hi> an den ungarischen Reichstag vor, um ihm für die zu Gunsten der italienischen Nationalität ausgesprochenen Gefühle zu danken.</p> <p>‒ Die römische <hi rendition="#g">Exoca</hi> schreibt aus <hi rendition="#g">Ravenna</hi> 31. Mai: Gestern kamen die Neapolitaner auf ihrem Rückmarsch hier an und zogen heute Morgen weiter nach Cervia. Der Padre Gavazzi kam um 9 Uhr und holte sie mit einigen jungen Leuten bei Classe fuori wieder ein, aber es gelang ihm nicht, ihre Feigheit zu besiegen, ja er konnte sich nicht lange bei ihnen halten, denn sie fingen an zu lärmen, zu schimpfen und zu drohen. Der neapolitanische Oberst, der diese Feiglinge befehligte, als er auf die Brücke von Bagnacavallo kam, sagte: Das ist das dritte Mal, unselige Brücke, daß ich dich mit Schande passire ‒ und schoß sich eine Kugel durch den Kopf.</p> <p>‒ Der neapolitanische General <hi rendition="#g">Pepe,</hi> wird aus <hi rendition="#g">Bologna</hi> vom 7. Juni geschrieben, hat dagegen den Po passirt und ist mit 500 Freiwilligen der neapolitanischen Bürgergarde in Padua eingezogen.</p> </div> <div xml:id="ar021_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Innsbruck.</head> <p>Die neuesten österreichischen Armeebulletins verdecken die Ohnmacht des östreichischen Heeres mit unendlich breiten Schilderungen. Kleine Märsche, Gefechte und so wie zur Herstellung der Kommunikationen. Welden hat <hi rendition="#g">Treviso</hi> nicht genommen, sondern erst zur Uebergabe aufgefordert und mit Bombardement bedroht.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar021_023" type="jArticle"> <head>Paris, 18. Juni.</head> <p>Die Erhebung der Steuer von 45 Cent. hat die ganze Umgegend von Guéret in Aufregung gebracht. Die Bauern bedrohen mit Tod alle diejenigen, die sie zahlen oder erheben würden. Die Gendarmerie von Guéret wollte der Ortsbehörde Beistand leisten, um die Beitreibung der Steuern auf dem Lande zu bewirken. Es entstand daraus ein Kampf, in dem 4 Bauern gefangen genommen wurden. Mehr bedurfte es nicht, um den Aufstand allgemein zu machen. Die Sturmglocke wurde in allen umliegenden Gemeinden gezogen, und eine ungeheure Volksmasse strömte herbei, um auf Guéret zu ziehen, und die Gefangenen zu befreien.</p> <p>Sofort wurde in der Stadt der Rappel geschlagen und 400 Mann standen alsbald unter Waffen. Die insurgirten Bauern mit Flinten und Sensen bewaffnet, waren indessen an den Thoren der Stadt angelangt. Alle Anstrengungen der anwesenden Volksrepräsentanten und des Prokurators der Republik, die Bauern zu besänftigen, blieben ohne Erfolg. Ein Schuß, der, wie es scheint, von Seiten der Insurgenten fiel, gab das Signal zum Angriff. Die Nationalgardisten gaben Feuer, und 15 Bauern fielen mit einem Male. Ein panischer Schrecken bemächtigte sich ihrer; sie flohen nach allen Seiten, und 30 Mann ungefähr wurden arretirt.</p> <p>Die Nationalgarde ist immer noch unter Waffen; der Rappel wird geschlagen; denn man erwartet jeden Augenblick 6 bis 7 Gemeinden, die auf die Stadt ziehen.</p> <p>Zu Ahun hatte man am Freiheitsbaume Drohbriefe angeheftet gegen alle diejenigen, welche die 45 Centimes Steuer zahlen würden. Neben diesen Drohbriefen befanden sich Stricke an den Aesten des Baumes.</p> <p>Aehnliche Auftritte sind vorgefallen in den Departements der Haute-Garonne, der Tarn-et-Garonne u. s. w.; die Zulagesteuer von 45 Cts. auf das Grundeigenthum wird eine neue Jacquerie in's Leben rufen.</p> </div> <div xml:id="ar021_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Paris, 18. Juni.</head> <p>Im Ministerium des Innern ist man den rothen Fäden auf die Spur gekommen, welche die <hi rendition="#g">alten</hi> Bourbonen mit den <hi rendition="#g">neuen</hi> zusammen knüpfen sollen. Es scheint gewiß, daß Louis Philipp dem Frohsdorfer Wunderkinde eine sehr schmeichelhafte Einladung hat zugehen lassen.</p> <p>‒ Gestern, nach dem Schluß der Sitzung der Nationalversammlung, bildete sich ein bedeutender Auflauf auf dem Platz <hi rendition="#g">Bourgogne</hi> und vor dem Eingangsgitter des Palastes der Nationalversammlung. Die Repräsentanten hörten bei ihrem Durchgang durch verschiedene Gruppen den Ruf: Die 25 Francsstücke sollen leben! Nieder mit den Repräsentanten! Es lebe Napoleon! Mehrere Arrestationen fanden auf dem Platze Statt. ‒ Die Mobilgarden und die Truppen, welche den Palast Bourbon bewachen, traten unter die Waffen. Der General Negrier, begleitet von seinem Adiutanten, hat ihre Reihen durchlaufen.</p> <p>‒ Es bildet sich in diesem Augenblick eine Art Bourgeoisligue in den Reihen der Nationalgarde gewisser Städte des Nordens, um im Nothfall der Bourgeoisie von Paris zur Hülfe zu eilen. So z. B. zu Amiens und Cambrai. So in dem entfernteren Weichbild von Paris, in Brie-Comte-Robert. Ja ein Bataillonschef der Nationalgarde zu Paris veröffentlicht ein Schreiben an alle Nationalgarden von Frankreich und speziell an die der benachbarten Kommunen, worin er ihnen anempfiehlt, auf die Hauptstadt loszumarschiren, an dem Tage, wäre es auch nur ein einziger Tag, wo ihnen <hi rendition="#g">nur</hi> die Oppositionsjournale zukämen. Es ist dies ein offenbarer Aufruf zur Gesetzesverletzung, da die sedentaire Nationalgarde, im Unterschiede von der mobilen, unter keinem Vorwand die Gränzen ihres Bezirks überschreiten darf.</p> </div> <div xml:id="ar021_025" type="jArticle"> <head>Paris, 18. Juni.</head> <p>Der Moniteur bringt die in der Sitzung vom 6. d. angenommenen Vervollständigungen des mangelhaften floconschen Gewerkverständigengesetzes (conseils des prud'hommes).</p> <p>‒ Ein zweites Dekret erhöht die Zahl der Schiffslieutenants erster Klasse von 110 auf 325 im Gesammtumfange der franz. Marine.</p> <p>‒ Ein drittes Dekret spricht sich über ihr Dienstverhältniß zur See aus. Sie allein sollen künftig nur die Fahrzeuge von 160 Pferdekräfte, die Kanonirbriggs, Goeletten, Kutter und andern Fahrzeuge der Geschwader befehligen.</p> <p>‒ Der Moniteur vom 18 Juni enthält eine offizielle Tabelle über Produktion und Consumtion des Runkelrübenzuckers (su cre indigène) in ganz Frankreich vom Mai 1847 bis zum Ende d. Mai 1848. Hiernach beträgt die Gesammtmasse dieses vorzüglich in dem Aisne-, Nord, Oise, Pas de Calais, Somme und 14 anderen Departements gewonnenen Nahrungsstoffes während dieses Zeitraumes nicht weniger als 80,726,068 Kilogramme.</p> <p>‒ Den um Paris liegenden Garnisonen ist der Befehl zugegangen, sich auf den Wink marschfertig zu halten.</p> <p>‒ Der Verfassungsausschuß hat seine Arbeiten vollendet. Der neue Entwurf wird morgen gedruckt und vertheilt werden. Er zählt nicht weniger als 139 Artikel.</p> <p>‒ Die Untersuchung gegen die sogenannten Staatsverbrecher in Vincennes <hi rendition="#g">ist zu Ende.</hi></p> <p>Thiers wurde gestern Abend, beim Verlassen des Sitzungssaales, persönlich von der Menge beleidigt.… Er hat die Wahl von Paris angenommen. In den übrigen Departements sind deshalb neue Wahlen vorzunehmen.</p> <p>‒ Unter den von der Polizei ergriffenen Papieren der Napoleoniden befinden sich auch Offizierdiplome, die der Prinz schon in London für die neue republikanische Kaisergarde ausgestellt hatte.</p> <p>‒ Seit gestern zeichnen sich die Anhänger des Prätendenten durch Medaillen aus, die sie an seidenem Bande auf dem Rockaufschlag tragen. Irrte sich unser Blick nicht, so sahen wir auf der einen Seite dieses Spielzeugs das Bildniß des Prinzen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar021_026" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 17. Juni.</head> <p>Ein frommer Engländer ist das posierlichste Wesen, was man sehen kann. Ein Engländer ist zu Allem fähig. Sechs Tage lang in der Woche schüttet er Sand in den Puderzucker und Cichorien in den Kaffe; sechs Tage lang kauft er die Milch mit Wasser und den edelsten Wein mit noch viel edlerem Schnapse; sechs Tage lang mischt er die Baumwolle zwischen die Wolle und das Eisen zwischen den Stahl; sechs Tage lang rudert er gleich einem geschäftigen Seeräuber auf allen Börsen herum, seiner Haut sich zu wehren und seine Zeit zu verkaufen so theuer als möglich; sechs Tage lang fabrizirt er wie jener Birminghamer Fabrikant Götzenbilder zum Export nach den Hochebnen Asiens oder nach den Inseln der Südsee; sechs Tage lang malträtirt er seine Arbeiter, seine „Hände“ wie er es nennt, schlimmer als der Westindianer seinen Sklaven, als der Russe seinen Leibeignen; sechs Tage lang kennt er weder Vater noch Mutter, weder Bruder noch Schwester, weder Weib noch Kind; sechs Tage lang kennt er nur die Höhe des Disconto, nur des Wohlwollen seines Banquiers, nur Pfund, Schilling und Pence; sechs Tage lang denkt er nicht an Moses und die Propheten, nicht an Josua und die Richter, nicht an Saul und die Könige; sechs Tage lang denkt er nur an sich, und nur wieder an sich und nur immer an sich; kurz sechs Tage lang in der Woche ist der Engländer der wahre Engländer, der nie aus seiner Rolle fällt, der mit derselben Gemüthsruhe und mit derselben Gewissenhaftigkeit gerade so gut lügt und betrügt wie jeder andere ehrliche Mensch auch, so weit das Meer um die Küsten der Kontinente rollt, so weit der Spruch bekannt ist, daß die Sünde zwischen Käufer und Verkäufer steckt wie ein Nagel in der Wand. Kommt aber der Samstag Abend heran, ja, schlägt es 12 Uhr Nachts, da wäscht der Brite plötzlich seine Hände, er verzieht das Gesicht in die feierlichsten Falten, er macht große, moralische Augen und ist es Sonntag Morgen, da sehen wir ihn in die Kirche gehen, so steif und so anmuthig, fromm wie ein Lamm Gottes unschuldig, und wir hören ihn seinen David'schen Psalm singen so lieblich säuselnd, wie er dem Busen entschwebt der holdseligsten Jungfrau. Die Heuchelei erstreckte sich von jeher bei den Engländern von dem Ersten bis zum Letzten; sie ging hinab von dem Lord des Parlamentes, der aus höchst ökonomischen Gründen für die Emanzipation der Sklaven schwärmte, bis zu dem ärmsten Krämer der die um jeden Bleistift, um jedes Stück Siegellack irgend ein-n Spruch seines freihandelslustigen Protektors wickelte. Vor allen Andern zeichnen sich indeß stets die Helden und die Hirten der anglikanischen Kirche in der Handwerkswuth der Heuchelei aus. Wir hatten davon in den letzten Tagen wieder das herrlichste Beispiel. Sie erinnern sich vielleicht noch der ragged schools der sogenannten Lumpenschulen von denen ich Ihnen neulich schrieb?</p> <p>Diese echt englischen Anstalten, welche allen nackten, elternlosen und verlassenen Kindern größerer Städte zur beliebigen Benutzung offen stehen, sind gewiß in mancher Beziehung ein wahrer Segen für den unglücklichsten und verworfensten Theil der jugendlichen Bevölkerung. Die geistlichen Korporationen unterstützten sie auch; namentlich das Erziehungs-Bureau für die Londoner Diözese, den Bischof von London an der Spitze. Da wird aber neulich die jährliche Versammlung des Vorstandes gehalten und ehe man sich's versieht, tritt ein Herr Dodsworth, einer jener frommen Wütheriche auf, und legt den entschiedensten Protest dagegen ein, daß auch nur ein Pfennig zu weiterer Unterstützung hergegeben werde, wenn man nicht sofort in allen Lumpenschulen den Katechismus der anglikanischen Kirche einführe, und ihn zum Haupttexte des ganzen Unterrichtes mache. Die Kinder sollen weder schreiben, noch lesen, noch rechnen lernen, aber sie sollen wissen was in dem Katechismus der.Hochkirche steht; sie sollen lieber auf den Straßen, in den Schlupfwinkeln der Diebe, in dem Morrast der Bordelle zu elendigen Geschöpfen heranwachsen, wenn sie nicht gerade das lernen, was der einflußreiche Herr Dodsworth will, nämlich den Katechismus der Episkopal-Kirche. Wer ist dieser Herr Dodsworth? wer ist dieser große, grausame Philantrop? Zehn gegen eins gewettet, er hat auch schon einmal Sand in den Zucker gestreut und Cichorien in den Kaffe; sicher und gewiß hat er auch schon einmal Baumwolle zwischen die Wolle gemischt und Eisen zwischen den Stahl; sicher und gewiß geht er auch jeden Sonntag Morgen in die Hallen der Westminster Abtei um seinen davidschen Psalm zu singen; ja sicher und gewiß, der Herr Dodsworth wird nicht besser sein, wie alle seine frommen Kollegen ‒ selbst der Bischof von London wies den Antrag dieses Menschen mit Indignation zurück.</p> <p>‒ In der Times vom 17. Juni befindet sich eine Korrespondenz aus Berlin vom 13., welche über einen Theil der dortigen Nationalversammlung sich also ausspricht:</p> <p>„Die Wahl von unwissenden und ehrlichen Bauern“ hat lediglich dazu gedient, derjenigen Parthei die sich ihrer zuerst zu bemeistern wußte, einige willenlose Stimmen zu verschaffen. Die „Hampdens vom Dorf“ haben bis jetzt ihre örtliche Reputation, ohne die sie doch wohl nicht gewählt worden wären, durch nichts gerechtfertigt. Von einer Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Pflichten ist noch keine Spur bei ihnen zu sehen gewesen. Ihr schäbiges und zurückstoßendes Aeußere zieht ihnen reichliche Sarkasmen auf den Hals. Man erzählt sich von ihnen allerlei unkultivirte oder als solche in einer verfeinerten Hauptstadt erscheinende Gewohnheiten, z. B. daß sie gekochtes Fleisch in Papier gewickelt in ihrem</p> <p> <ref type="link"> <hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</hi> </ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0091/0003]
von hören, daß bald wohl „die Russen kommen werden.“ Manche mögen eine russische Intervention noch nicht gerade für nothwendig halten ‒ soviel ist gewiß: das letzte Argument, die ultimo ratio unserer Reaktionäre sind jetzt ‒ die Kosacken. Die Russen, so hört man unsere Philister sagen, die Russen sind noch lange nicht unsere ärgsten Feinde; die Russen sind noch immer die beste Einquartirung, sie machen sehr wenig Ansprüche; die russische Infanterie steht sehr fest im Feuer; die russische Kavallerie hat sehr gute Pferde u. s. w. Eines unserer neuesten, jetzt wie die Pilze aus dem Boden hervorschießenden Wochenblätter, hat sogar auf eine russisch-preußische Allianz, als auf den letzten Nothanker, hingewiesen!
Wien, 15. Juni. Das ungarische Infanterie-Regiment „Prinz Wasa“ ist gestern und heute von hier mit dem Dampfboot nach Pesth abgegangen. Die dortigen Auftritte reduziren sich übrigens auf einen Militärexceß, der indeß doch blutig gewesen ist, und in dessen Folge 4 Kompagnien des italienischen Regiments „Ceccopieri“ theilweise entwaffnet und nach Komorn verlegt worden sind.
Auch erfährt man, daß der päbstliche Nuntius von Innsbruck abgerufen sei. Dagegen ist Monsignor Morichini (ehemaliger Nuntius in München) vom Pabste dorthin gesandt, ohne diplomatischen Charakter, sondern mit einer Spezial-Mission betraut: um die Vermittelung des Pabstes zur Beendigung des italienischen Krieges anzubieten. Man glaubt, daß der Pabst als die Basis der Vermittelung die Abtretung Mailands aufstelle; und Viele meinen, Oesterreich werde nicht abgeneigt sein, Mailand zu opfern, wenn es dadurch Venedig sich erhalten könne.
Wien, 16. Juni. Die Wiener Zeitung meldet in ihrem amtlichen Theile: „Dem Ministerium ist im Laufe des gestrigen Tages nur eine telegraphische Anzeige des Bürgermeisters aus Prag zugekommen, nach deren Inhalte seit 8 Uhr Morgens die Stadt bombardirt wird und die Kommunikation mit dem Präsidium abgeschnitten ist. Das Ministerium bat dem Generale der Kavallerie, Grafen Mensdorff, und dem Hofrathe Klezansky bereits eventuelle Befehle ertheilt, und erwartet jeden Augenblick den Bericht und die Vorschläge der abgesendeten Kommissare, welche ermächtigt sind, die entsprechenden Maßregeln zur Herstellung der Ruhe unmittelbar in Anwendung zu bringen“
Triest, 13. Juni. Die Admirale Bua und Albini von der italiänischen Flotte haben folgende Blokade-Erklärung gegen Triest erlassen:
„Die beiden kommandirenden Admirale der sardinischen und venetianischen Schiffsdivisionen, geleitet von den philanthropischen Absichten ihrer Regierungen und erfüllt von der Achtung für das geheiligte Völkerrecht, welche die civilisirten Nationen ehrt und auszeichnet, hielten sich bei ihrer Kreuzung im Adriatischen Meere zur Vertheidigung der italiänischen Unabhängigkeitssache an den Grundgedanken, für den Handel keine Störung herbeizuführen, noch auch den Verkehr der Kauffahrteischiffe von irgend welcher Flagge, die österreichische mit inbegriffen, zu belästigen.
„Daher würden sie in Uebereinstimmung mit diesen Grundsätzen sich zu jeder Art von Nachsicht zu Gunsten der Stadt Triest verpflichtet halten, falls dieselbe, blos mit Handels-Angelegenheiten beschäftigt und in ihrem friedlichen Charakter verharrend, sich jeder militärischen Operation enthalten hätte.
„In Erwägung jedoch, daß die Stadt Triest, weit entfernt, ausschließlich eine Handelsstadt zu bleiben, die Function eines Kriegsplatzes übernommen hat,
indem es durch ein Kastell und mehrere Batterieen befestigt worden, und mit einer zahlreichen Garnison besetzt ist,
eine Division Kriegsschiffe aufgenommen hat, die fliehend vor dem italiänischen Geschwader durch Hülfe der österreichischen Lloyds-Dampfschiffe sich jetzt auf der Rhede in Angriffstellung befindet;
indem es die Küste und die Höhen mit Kanonen besetzt, um das System des Kreuzfeuers zu verstärken;
indem es sich der auf Kriegsfuß ausgerüsteten Dampfböte der Handelsgesellschaft des Lloyd bediente um die Blokade von Venedig aufrecht zu erhalten und jede Art kriegerischer Unternehmungen zu erleichtern;
indem es bisher Mittelpunkt der gegen die Küste von Venedig gerichteten Feindseligkeiten und Ausgangspunkt für alle Beförderung von Truppen, Proviant- und Kriegsmaterial gewesen ist;
indem es in der Nacht vom 6. Juni ohne die mindeste Herausforderung das Feuer gegen das italiänische Geschwader eröffnete, eben als dieses sich anschickte, Anker zu werfen, um den Tag darauf Unterhandlungen mit dem Gubernium einzuleiten;
indem es ungeachtet des Schweigens der Flotten-Batterieen fortfuhr, Kanonenschüsse abzufeuern, von denen einige beim Rückprallen die sardinische Fregatte „St. Michaele“ trafen;
in Erwägung, ferner, mit welcher Heftigkeit man sich von Seiten der österreichischen Armee auf italiänischem Boden schlägt, erklären die beiden Admirale, sich berufend auf ihr Kriegsrecht und gestützt auf die Aussprüche der geachtetsten und anerkanntesten Publizisten, der Stadt und Rhede von Triest die Blokade für alle Schiffe unter österreichischer Flagge, beginnend vom 15. des laufenden Monats Juni, indem sie schließlich den Anfang der Blokade für alle anderen Flaggen auf den 15. Juli festsetzen.
In Folge dieser Notifikation hat der Gouverneur Triest in Belagerungszustand erklärt.
(J. d. öster. Lloyd.) Triest, 13. Juni. So eben (Abends um sechs Uhr) trifft das englische Dampfboot „Spitfire“, von Venedig kommend, mit der Nachricht ein, das Vicenza von unseren Truppen bereits genommen worden ist und Padua bombardirt wurde.
Apenrade, 15. Juni. Die preuß. Vorposten stehen 1/2 Stunde von hier. Hier hat man an einigen Stellen der Straßen das Pflaster aufgerissen und aus Bauholz, Steinen, Wagen etc. Barrikaden gemacht; ebenso an den verschiedenen Ausgängen der Stadt. Einige Zugänge hat man ganz verrammelt. Es werden überhaupt alle Vorkehrungen zur Vertheidigung der Stadt gegen etwaige Angriffe der Dänen getroffen.
(B. Z.) Flensburg, 16. Juni. Die Insel Alsen soll fast gänzlich von dem dänischen Militär geräumt sein, welches nördlich nach dem Festlande geschifft zu sein scheint. ‒ Ein anderes Schreiben sagt: Unsere Stadt und die nähere Umgegend derselben wird täglich stärker mit Truppen besetzt; oldenb. und hannov. Batterien sind in diesen Tagen nach Norden durchpassirt, oldenb. Infanterie nach Angeln aus-, hannov. Infanterie dagegen von Süden einmarschirt und mehr Truppen werden nachkommen. Das nördliche Schleswig ist noch immer nicht unser.
(B. Z.) Waiblingen, 13. Juni. Das k. Oberamt dahier hat unterm Heutigen dem Stadtschultheißenamt Winnenden die Weisung gegeben, Hecker, von dem die Rede ging, daß er durch Würtemberg nach Frankfurt gehe, im Betretungsfalle festzunehmen etc.
Schweiz. Chur, 14. Juni. Die an der tiroler und italiänischen Grenze aufgestellten Schweizertruppen, sollten auf Anordnung der Tagsatzung entlassen werden. Eine Scharfschützenkompagnie ist auch bereits heute Mittag wieder hier angelangt. Die Bataillone waren auch bereits auf dem Rückmarsche begriffen, da begannen die Italiäner und Tiroler, die auf dem Stilfserjoch schon längere Zeit einander feindlich gegenüberstanden, die Feindseligkeiten. Deßwegen fand sich der eidgenössische Brigadier Gerwer veranlaßt, die Bataillone wieder zurückzurufen und sie in ihre frühern Standquartiere zu verlegen; mit diesem Schritt ist man hier so ziemlich allgemein zufrieden, da man überhaupt nicht begreifen konnte, daß man gerade jetzt, wo man stündlich einen Hauptschlag in Italien erwartet, die Grenzen entblößt.
(Schw. M.) Italien. 8 Mailand, 13. Juni. _ Florenz. Die Patria von Florenz schreibt: Wenn wir nicht falsch berichtet sind, so ist der italienische Bundestag, der drei Reformstaaten (Regno Italico, d. h. Sardinien, Piemont, Lombardei, Parma, Reggio, Toskana und Kirchenstaat) bereits vereinbart. Die drei Staaten bereiten jetzt eine italienische Gesandtschaft an den ungarischen Reichstag vor, um ihm für die zu Gunsten der italienischen Nationalität ausgesprochenen Gefühle zu danken.
‒ Die römische Exoca schreibt aus Ravenna 31. Mai: Gestern kamen die Neapolitaner auf ihrem Rückmarsch hier an und zogen heute Morgen weiter nach Cervia. Der Padre Gavazzi kam um 9 Uhr und holte sie mit einigen jungen Leuten bei Classe fuori wieder ein, aber es gelang ihm nicht, ihre Feigheit zu besiegen, ja er konnte sich nicht lange bei ihnen halten, denn sie fingen an zu lärmen, zu schimpfen und zu drohen. Der neapolitanische Oberst, der diese Feiglinge befehligte, als er auf die Brücke von Bagnacavallo kam, sagte: Das ist das dritte Mal, unselige Brücke, daß ich dich mit Schande passire ‒ und schoß sich eine Kugel durch den Kopf.
‒ Der neapolitanische General Pepe, wird aus Bologna vom 7. Juni geschrieben, hat dagegen den Po passirt und ist mit 500 Freiwilligen der neapolitanischen Bürgergarde in Padua eingezogen.
* Innsbruck. Die neuesten österreichischen Armeebulletins verdecken die Ohnmacht des östreichischen Heeres mit unendlich breiten Schilderungen. Kleine Märsche, Gefechte und so wie zur Herstellung der Kommunikationen. Welden hat Treviso nicht genommen, sondern erst zur Uebergabe aufgefordert und mit Bombardement bedroht.
Französische Republik. Paris, 18. Juni. Die Erhebung der Steuer von 45 Cent. hat die ganze Umgegend von Guéret in Aufregung gebracht. Die Bauern bedrohen mit Tod alle diejenigen, die sie zahlen oder erheben würden. Die Gendarmerie von Guéret wollte der Ortsbehörde Beistand leisten, um die Beitreibung der Steuern auf dem Lande zu bewirken. Es entstand daraus ein Kampf, in dem 4 Bauern gefangen genommen wurden. Mehr bedurfte es nicht, um den Aufstand allgemein zu machen. Die Sturmglocke wurde in allen umliegenden Gemeinden gezogen, und eine ungeheure Volksmasse strömte herbei, um auf Guéret zu ziehen, und die Gefangenen zu befreien.
Sofort wurde in der Stadt der Rappel geschlagen und 400 Mann standen alsbald unter Waffen. Die insurgirten Bauern mit Flinten und Sensen bewaffnet, waren indessen an den Thoren der Stadt angelangt. Alle Anstrengungen der anwesenden Volksrepräsentanten und des Prokurators der Republik, die Bauern zu besänftigen, blieben ohne Erfolg. Ein Schuß, der, wie es scheint, von Seiten der Insurgenten fiel, gab das Signal zum Angriff. Die Nationalgardisten gaben Feuer, und 15 Bauern fielen mit einem Male. Ein panischer Schrecken bemächtigte sich ihrer; sie flohen nach allen Seiten, und 30 Mann ungefähr wurden arretirt.
Die Nationalgarde ist immer noch unter Waffen; der Rappel wird geschlagen; denn man erwartet jeden Augenblick 6 bis 7 Gemeinden, die auf die Stadt ziehen.
Zu Ahun hatte man am Freiheitsbaume Drohbriefe angeheftet gegen alle diejenigen, welche die 45 Centimes Steuer zahlen würden. Neben diesen Drohbriefen befanden sich Stricke an den Aesten des Baumes.
Aehnliche Auftritte sind vorgefallen in den Departements der Haute-Garonne, der Tarn-et-Garonne u. s. w.; die Zulagesteuer von 45 Cts. auf das Grundeigenthum wird eine neue Jacquerie in's Leben rufen.
15 Paris, 18. Juni. Im Ministerium des Innern ist man den rothen Fäden auf die Spur gekommen, welche die alten Bourbonen mit den neuen zusammen knüpfen sollen. Es scheint gewiß, daß Louis Philipp dem Frohsdorfer Wunderkinde eine sehr schmeichelhafte Einladung hat zugehen lassen.
‒ Gestern, nach dem Schluß der Sitzung der Nationalversammlung, bildete sich ein bedeutender Auflauf auf dem Platz Bourgogne und vor dem Eingangsgitter des Palastes der Nationalversammlung. Die Repräsentanten hörten bei ihrem Durchgang durch verschiedene Gruppen den Ruf: Die 25 Francsstücke sollen leben! Nieder mit den Repräsentanten! Es lebe Napoleon! Mehrere Arrestationen fanden auf dem Platze Statt. ‒ Die Mobilgarden und die Truppen, welche den Palast Bourbon bewachen, traten unter die Waffen. Der General Negrier, begleitet von seinem Adiutanten, hat ihre Reihen durchlaufen.
‒ Es bildet sich in diesem Augenblick eine Art Bourgeoisligue in den Reihen der Nationalgarde gewisser Städte des Nordens, um im Nothfall der Bourgeoisie von Paris zur Hülfe zu eilen. So z. B. zu Amiens und Cambrai. So in dem entfernteren Weichbild von Paris, in Brie-Comte-Robert. Ja ein Bataillonschef der Nationalgarde zu Paris veröffentlicht ein Schreiben an alle Nationalgarden von Frankreich und speziell an die der benachbarten Kommunen, worin er ihnen anempfiehlt, auf die Hauptstadt loszumarschiren, an dem Tage, wäre es auch nur ein einziger Tag, wo ihnen nur die Oppositionsjournale zukämen. Es ist dies ein offenbarer Aufruf zur Gesetzesverletzung, da die sedentaire Nationalgarde, im Unterschiede von der mobilen, unter keinem Vorwand die Gränzen ihres Bezirks überschreiten darf.
Paris, 18. Juni. Der Moniteur bringt die in der Sitzung vom 6. d. angenommenen Vervollständigungen des mangelhaften floconschen Gewerkverständigengesetzes (conseils des prud'hommes).
‒ Ein zweites Dekret erhöht die Zahl der Schiffslieutenants erster Klasse von 110 auf 325 im Gesammtumfange der franz. Marine.
‒ Ein drittes Dekret spricht sich über ihr Dienstverhältniß zur See aus. Sie allein sollen künftig nur die Fahrzeuge von 160 Pferdekräfte, die Kanonirbriggs, Goeletten, Kutter und andern Fahrzeuge der Geschwader befehligen.
‒ Der Moniteur vom 18 Juni enthält eine offizielle Tabelle über Produktion und Consumtion des Runkelrübenzuckers (su cre indigène) in ganz Frankreich vom Mai 1847 bis zum Ende d. Mai 1848. Hiernach beträgt die Gesammtmasse dieses vorzüglich in dem Aisne-, Nord, Oise, Pas de Calais, Somme und 14 anderen Departements gewonnenen Nahrungsstoffes während dieses Zeitraumes nicht weniger als 80,726,068 Kilogramme.
‒ Den um Paris liegenden Garnisonen ist der Befehl zugegangen, sich auf den Wink marschfertig zu halten.
‒ Der Verfassungsausschuß hat seine Arbeiten vollendet. Der neue Entwurf wird morgen gedruckt und vertheilt werden. Er zählt nicht weniger als 139 Artikel.
‒ Die Untersuchung gegen die sogenannten Staatsverbrecher in Vincennes ist zu Ende.
Thiers wurde gestern Abend, beim Verlassen des Sitzungssaales, persönlich von der Menge beleidigt.… Er hat die Wahl von Paris angenommen. In den übrigen Departements sind deshalb neue Wahlen vorzunehmen.
‒ Unter den von der Polizei ergriffenen Papieren der Napoleoniden befinden sich auch Offizierdiplome, die der Prinz schon in London für die neue republikanische Kaisergarde ausgestellt hatte.
‒ Seit gestern zeichnen sich die Anhänger des Prätendenten durch Medaillen aus, die sie an seidenem Bande auf dem Rockaufschlag tragen. Irrte sich unser Blick nicht, so sahen wir auf der einen Seite dieses Spielzeugs das Bildniß des Prinzen.
Großbritannien. * London, 17. Juni. Ein frommer Engländer ist das posierlichste Wesen, was man sehen kann. Ein Engländer ist zu Allem fähig. Sechs Tage lang in der Woche schüttet er Sand in den Puderzucker und Cichorien in den Kaffe; sechs Tage lang kauft er die Milch mit Wasser und den edelsten Wein mit noch viel edlerem Schnapse; sechs Tage lang mischt er die Baumwolle zwischen die Wolle und das Eisen zwischen den Stahl; sechs Tage lang rudert er gleich einem geschäftigen Seeräuber auf allen Börsen herum, seiner Haut sich zu wehren und seine Zeit zu verkaufen so theuer als möglich; sechs Tage lang fabrizirt er wie jener Birminghamer Fabrikant Götzenbilder zum Export nach den Hochebnen Asiens oder nach den Inseln der Südsee; sechs Tage lang malträtirt er seine Arbeiter, seine „Hände“ wie er es nennt, schlimmer als der Westindianer seinen Sklaven, als der Russe seinen Leibeignen; sechs Tage lang kennt er weder Vater noch Mutter, weder Bruder noch Schwester, weder Weib noch Kind; sechs Tage lang kennt er nur die Höhe des Disconto, nur des Wohlwollen seines Banquiers, nur Pfund, Schilling und Pence; sechs Tage lang denkt er nicht an Moses und die Propheten, nicht an Josua und die Richter, nicht an Saul und die Könige; sechs Tage lang denkt er nur an sich, und nur wieder an sich und nur immer an sich; kurz sechs Tage lang in der Woche ist der Engländer der wahre Engländer, der nie aus seiner Rolle fällt, der mit derselben Gemüthsruhe und mit derselben Gewissenhaftigkeit gerade so gut lügt und betrügt wie jeder andere ehrliche Mensch auch, so weit das Meer um die Küsten der Kontinente rollt, so weit der Spruch bekannt ist, daß die Sünde zwischen Käufer und Verkäufer steckt wie ein Nagel in der Wand. Kommt aber der Samstag Abend heran, ja, schlägt es 12 Uhr Nachts, da wäscht der Brite plötzlich seine Hände, er verzieht das Gesicht in die feierlichsten Falten, er macht große, moralische Augen und ist es Sonntag Morgen, da sehen wir ihn in die Kirche gehen, so steif und so anmuthig, fromm wie ein Lamm Gottes unschuldig, und wir hören ihn seinen David'schen Psalm singen so lieblich säuselnd, wie er dem Busen entschwebt der holdseligsten Jungfrau. Die Heuchelei erstreckte sich von jeher bei den Engländern von dem Ersten bis zum Letzten; sie ging hinab von dem Lord des Parlamentes, der aus höchst ökonomischen Gründen für die Emanzipation der Sklaven schwärmte, bis zu dem ärmsten Krämer der die um jeden Bleistift, um jedes Stück Siegellack irgend ein-n Spruch seines freihandelslustigen Protektors wickelte. Vor allen Andern zeichnen sich indeß stets die Helden und die Hirten der anglikanischen Kirche in der Handwerkswuth der Heuchelei aus. Wir hatten davon in den letzten Tagen wieder das herrlichste Beispiel. Sie erinnern sich vielleicht noch der ragged schools der sogenannten Lumpenschulen von denen ich Ihnen neulich schrieb?
Diese echt englischen Anstalten, welche allen nackten, elternlosen und verlassenen Kindern größerer Städte zur beliebigen Benutzung offen stehen, sind gewiß in mancher Beziehung ein wahrer Segen für den unglücklichsten und verworfensten Theil der jugendlichen Bevölkerung. Die geistlichen Korporationen unterstützten sie auch; namentlich das Erziehungs-Bureau für die Londoner Diözese, den Bischof von London an der Spitze. Da wird aber neulich die jährliche Versammlung des Vorstandes gehalten und ehe man sich's versieht, tritt ein Herr Dodsworth, einer jener frommen Wütheriche auf, und legt den entschiedensten Protest dagegen ein, daß auch nur ein Pfennig zu weiterer Unterstützung hergegeben werde, wenn man nicht sofort in allen Lumpenschulen den Katechismus der anglikanischen Kirche einführe, und ihn zum Haupttexte des ganzen Unterrichtes mache. Die Kinder sollen weder schreiben, noch lesen, noch rechnen lernen, aber sie sollen wissen was in dem Katechismus der.Hochkirche steht; sie sollen lieber auf den Straßen, in den Schlupfwinkeln der Diebe, in dem Morrast der Bordelle zu elendigen Geschöpfen heranwachsen, wenn sie nicht gerade das lernen, was der einflußreiche Herr Dodsworth will, nämlich den Katechismus der Episkopal-Kirche. Wer ist dieser Herr Dodsworth? wer ist dieser große, grausame Philantrop? Zehn gegen eins gewettet, er hat auch schon einmal Sand in den Zucker gestreut und Cichorien in den Kaffe; sicher und gewiß hat er auch schon einmal Baumwolle zwischen die Wolle gemischt und Eisen zwischen den Stahl; sicher und gewiß geht er auch jeden Sonntag Morgen in die Hallen der Westminster Abtei um seinen davidschen Psalm zu singen; ja sicher und gewiß, der Herr Dodsworth wird nicht besser sein, wie alle seine frommen Kollegen ‒ selbst der Bischof von London wies den Antrag dieses Menschen mit Indignation zurück.
‒ In der Times vom 17. Juni befindet sich eine Korrespondenz aus Berlin vom 13., welche über einen Theil der dortigen Nationalversammlung sich also ausspricht:
„Die Wahl von unwissenden und ehrlichen Bauern“ hat lediglich dazu gedient, derjenigen Parthei die sich ihrer zuerst zu bemeistern wußte, einige willenlose Stimmen zu verschaffen. Die „Hampdens vom Dorf“ haben bis jetzt ihre örtliche Reputation, ohne die sie doch wohl nicht gewählt worden wären, durch nichts gerechtfertigt. Von einer Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Pflichten ist noch keine Spur bei ihnen zu sehen gewesen. Ihr schäbiges und zurückstoßendes Aeußere zieht ihnen reichliche Sarkasmen auf den Hals. Man erzählt sich von ihnen allerlei unkultivirte oder als solche in einer verfeinerten Hauptstadt erscheinende Gewohnheiten, z. B. daß sie gekochtes Fleisch in Papier gewickelt in ihrem
(Siehe den Verfolg in der Beilage.)
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