Neue Rheinische Zeitung. Nr. 20. Köln, 20. Juni 1848.fühlen dies zu verlassen und mit Weib und Kindern die bequemere Erdschaufel zu ergreifen. Ungarn.
Pesth, 12. Juni. Eine schreckliche Militär-Revolte fand in der verflossenen Nacht in der großen Invaliden-Kaserne Statt. Schon längst ist es der Camarilla ein Dorn im Auge, daß die Ungarn und die Italiener so sehr sympathisiren, und sie suchte schon seit mehreren Wochen einen blutigen Zusammenstoß zwischen den Bürgern und gerade den italienischen Soldaten des hier garnisonirden Regiments Ceccopieri, bei welchem die Offiziere meist eingefleischte Illirer sind, herbeizuführen. Diese Offiziere hetzten die Italiener gegen die Freiwilligen der mobilen Nationalgarde auf, welche bisher noch keine Waffen haben, aber zum Theil mit den Italienern in der genannten Kaserne wohnen. Einmal kam es schon zu einem einzelnen bluigen Handeln welches einen Volksauflauf veranlaßte, der aber ohne weitere Folgen ablief, Gestern sollte es nun aber losgehen. Ein italienischer Soldat fing mit einem. Freiwilligen Händel an, stach zwei dazugekommene Freiwillige durch den Arm, und als er verhaftet in die Invalidenkaserne eingebracht ward, stürzten die Italiener über die Freiwilligen her und feuerten sogar aus den Fenstern auf dieselben. Dies geschah gegen 9 Uhr Abends. Auf den Lärm sammelte sich bald vieles Volk, die Sturmglocken wurden gegen 10 Uhr gezogen, die Trommeln allamirte die Nationalgarde. Aber die Thore der Kaserne waren gesperrt, im Innern dauerte der Kampf fort und die niederträchtigen Italiener feuerten sogar aus den Fenstern auf die wehrlose Volksmasse, welche vor der Kaserne zusammenströmte und vor Entsetzen wüthete. Unterdessen wurde der größte Theil des italienischen Regiments Ceccopieri, welches in den Ofener Kasernen lag entwaffnet. Die ungarischen Regimenter Wasa und Turßky rückten aus der Festung mit Kanonen gegen die Invalidenkaserne. Von dem Hauptthore derselben stürzten ein Adjutant und 2 Mann todt nieder, von Kugeln durchbohrt, welche aus den Fenstern fielen. Das Thor war bald geöffnet und das ungarische Militär wurde Meister der ganzen Kaserne. Der Kriegsminister, L. Meßaros, wäre dabei beinah von 2 Kugeln getroffen worden. Die Untersuchung nahm sofort ihren Anfang; die Hälfte der Italiener ergab sich augenblicklich, 2 Kompagnien wollen aber bis jetzt (10 Uhr Morgens) die Waffen nicht abgeben, was sie aber thun müssen, wenn sie nicht über den Haufen geschossen werden wollen. Die Nationalgarde war auf verschiedenen Plätzen aufgestellt, die angränzenden Straßen waren erleuchtet, das wüthende Volk wollte Barrikaden gegen die Invalidenkaserne aufführen, einige itaiienische Soldaten, welche ihm zufällig in die Hände geriethen, wurden gräßlich zugerichtet. Gegen 1 Uhr in der Nacht waren indeß alle Straßen geräumt und das Militär wachte über die Ruhe der so aufgeregten Stadt. Das Unglück ist zufälligerweise nicht so groß, als es hätte werden können. Im Innern der Kaserne war es finster und die Flintenschüsse trafen daher selten. Doch liegen 20 Freiwillige schwer verwunde darnieder, unter denen drei bereits den Geist aufgegeben haben sollen. Auch an zwei Mauerecken der Heerenstraße sah man heute früh viel Blut. Die Invaliden-Kaserne ist gegenwärtig von Militär umringt und Kanonen vor derselben aufgefahren. Auch die Nationalgarde rückt aus. Es cirkulirt ein Gerücht, nach welchem das Ministerium gestern Nacht von einer hochgestellten Person in Wien die Anzeige erhalten, daß es noch an demselben Tage losgehen werde. Einige versichern sogar, daß man bereits einem Komplott auf der Spur sei, dessen Fäden sich bis zur Camarilla nach Innsbruck ziehen. Wir wissen nicht, ob etwas Wahres daran ist. Aber darin konzentrirt sich die allgemeine Ueberzeugung, daß die reaktionäre Camarilla schon seit Wochen das italienische Regiment Ceccopieri durch die illirischen Offiziere bearbeiten läßt. Diese Italiener wollten, von den Offizieren verleitet, anfangs auf die ungarische Verfassung nicht schwören. Mehrere Gemeine vom Regiment haben im Radilkalkör auf's Feierlichste betheuert, daß die Offiziere es immerfort aufzuwiegeln suchen. (Bresl. Z.)Italien.
Neapel, 5. Juni. Es bestätigt sich, daß in Folge der königlichen Schreckensherrschaft die Provinzen eine Absperrung der Hauptstadt beginnen. In Oberitalien erklären sich die neapolitanischen Truppen für unmittelbaren Anschluß an Karl Albert. Römische Blätter melden als verbürgte Nachricht: "Cosenza hat eine Provinzialversammlung von Deputirten zur Bildung einer festen provisorischen Regierung berufen; in Basilicat besteht bereits eine solche, und man gießt Glocken in Kanonen um, während 12,000 Bewaffnete nach Calabrien gegangen sind. Am 2. Juni kam in Neapel ein Courier von Karl Albert an, der schleunige Bezahlung der Ausgaben für die neapolitanischen Freiwilligen und Truppen in der Lombardei und neuen Truppenzuzug der Neapolitaner verlangte, sonst würde der Sardinierkönig, wenn er ohne neapolitanische Beihülfe Italien befreit hätte, vor den Thoren Neapels erscheinen; Pepe endlich hat dem König von Neapel sagen lassen, wenn er nicht zum Kriege beitrage, werde er sicherlich durch Karl Albert vom Throne gestürzt werden." Mailand, 14. Juni. Man erwartet nächstens einen Angriff der Piemontesen auf Verona. (Z. Z.)Französische Republik.
15 Paris, 17. Juni. Die Zulagesteuer von 15 Ctms. auf das Grundeigenthum war eine der unklügsten Maßregeln. Es ist bekannt, daß die Bauern in der ersten französischen Revolution die einzigen waren, deren materielle Interessen unmittelbar gehoben wurden. Und dennoch waren sie die ersten, die Widerstand leisteten, sobald die Gesetze des Maximums, die Zwangsgesetze über den Verkauf der Ackerbauprodukte u. dgl., Gesetze, welche damals die Rettung der Republik gebot, diesen undankbaren und kleinlichegoistischen Söhnen derselben einige Opfer auferlegten. Schon hieraus können Sie schließen, welche Wirkung die Zulagesteuer von 45 Ctms. in den Provinzen auf dem Lande hervorrufen mußte. Diese Steuer ist der Schlüssel der bonapartistischen und legitimistischen Bewegung auf dem Lande und drei Viertel von Frankreich ist Land. Die Auferlegung dieser Steuer ist aber an und für sich, vom ökonomischen Gesichtspunkt aus betrachtet, ein Fehlgriff. Die 45 Ctms. sollen auf das Grundeigenthum fallen. Unser Bauer ist aber nur nomineller Grundeigenthümer. In der Wirklichkeit fließt die Grundrente in die Tasche der Hypothekenbesitzer, der Getraidehändler, der Wucherer, der Hussiers, der Advokaten und der Notare. Der Bauer selbst erhält keinen angemessenen Arbeitslohn, viel weniger Profit und Grundrente. Er befindet sich trotz seines Eigenthumstitels meist in der Lage des irischen Sklaven. Es fehlte der Regierung der Muth, die wirklichen, nicht nominellen Besitzer der Grundrente zu belasten und so hat sie die ackerbauende Bevölkerung, die zudem keine andere Richtschnur als ihr unmittelbar materielles Interesse kennt, der Republik entfremdet. Die Folge davon war nicht nur die Wahl Louis Bonapartes in den Departementen. Gefährlichere Syptome zeigten sich schon in der heutigen Sitzung der Nationalversammlung. Pierre Lerroux bestieg die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er so eben Privatbriefe aus dem Creuze-Departement erhalten, welche ihm anzeigen, daß in Gueret Bürgerwehr und Landbewohner wegen Zahlung der 45 Centimensteuer in fürchterlichem Kampfe gegen einander ausgebrochen seien und bereits Bruderblut geflossen sei. 12 Paris, 17. Juni. Die reaktionäre Regierung Frankreichs ha das merkwürdige Talent, es nach und nach mit allen Parteien zu verderben. Die mächtigste Partei, an welcher sie sich jetzt vergreift, ist die der ganzen Presse, und man weiß, daß die Journalisten in Frankreich nicht mit sich spassen lassen. Ein Journal in der Provinz wurde von dem Unterkommissär des Departements aufgefordert, Kaution zu stellen, widrigenfalls es nach den "noch in Kraft stehenden Gesetzen verfolgt werden sollte." Nun sind aber nach der Februar-Revolution eine Menge Blätter entstanden, die alle keine Kaution zahlten. Der Volksrepräsentant Boulay forderte daher den Justizminister auf, sich über die Absichten der Regierung zu erklären. Der Erklärung dieses Ministers gemäß, beabsichtigt die Regierung den "normalen Zustand" der Presse wieder herbeizuführen. Um allen Meinungen ihren freien Manifestationen während der Wahlen zu lassen, habe man bisheran keine Kaution gefordert. Doch jetzt beschäftige man sich damit, ein Gesetz auszuarbeiten, das die gemilderte Ausgabe der früheren Gesetze über die Presse sei, um dem Staate bei Preßvergehen eine Garantie in Händen zu geben. Der Gerant des Courrier fr. hat bereits energisch protestirt. Nach dem 24. Februar war die Kaution faktisch abgeschafft, und wenn die alten Journale ihre Kaution nicht zurückgezogen, so geschah es blos, um den Schatz nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Die Wiedereinführung der Kaution wäre ein neuer Sieg der großen Kapitalisten. 15Paris, 16. Juni. Die Bauern der 4 Departements Seine, Sarthe, Yonne und Charente inferieure haben Louis Napoleon zum Volksrepräsentanten erkoren, nachdem seine Agenten ihnen versichert, der sauveur werde ohne Weitres die lästigen 45 Centimes die seit Februar von jedem Franken Abgabe mehr erhoben werden, streichen und vielleicht das bereits Gezahlte ihnen ersetzen. Die 30000 Bauern des pariser Weichbildes sind auf's höchste für den "jungen Heros" begeistert, sie die vor 3 Wochen nur ganz dunkel von seiner Existenz etwas gewußt, haben erklärt sie würden die Waffen ergreifen, wofern die Rationalassemblee den Antrag der Regierungskommission, seine Wahl zu vernichten durchließe. Allenthalben kann man jetzt des Prätendenten Bildnisse und Biographien zu kaufen, ja geschenkt bekommen; hier und da flogen sie aus Fenstern und Kabriolets auf die erstaunden Köpfe der Pariser. Leider ist es erwiesen daß selbst nicht bestochene Ouvriers mit Chorus machten, gradehin es aussprachen: eine Bourgeoisie- und Boutiquierrepublik gewähre dem Volk noch weniger Aussichten als eine pupuläre Diktatur. Soweit geht bereits das Verzweifeln, daß die Chefs der Nationalwerkstätten und die Delegirten der ehemaligen Kommission des Luxemburg ihm durch folgende Affiche entgegentreten mußten: "An alle Arbeiter! Wir, Eure Freunde und Brüder, wir die mit Euch auf den glorreichen Barrikaden fochten und einen das Volk drückenden Thron abermals zerschmettern halfen, beschwören Euch der Vernunft und der Ehre Gehör zu geben. Leihet nicht Euren tapfern Arm den Ränkeschieden die wieder einen Thron und eine Krone verfertigen wollen; das französische Volk ist über solches gefährliche Spielzeug jetzt hinaus. Arbeiter! gedenkt der großen Leiden während 18 Jahren, und unsrer großen That im Februar; gedenkt der Hoffnungen die unsre Kinder auf uns setzen, vergeßt nicht daß das Auge Europas uns französische Arbeiter erwartungsvoll beobachtet. Brüder! Kein französischer Bürger darf einen andern Titel als den eines Bürgers beanspruchen, weiset also jeder Anmaßung den Weg. Es lebe die Republik." gez: P. Viucard Präsid., Blum Vicepräsid., Jullien, Lefour, Sekretäre von der Luxemburger Arbeitskommission, Bacon Präsid., Gaulin Sekretär, Ardillon, Petit-Bonnard Lieutenants von den Nationalwerkstätten. Und der energische Sibert, Brigadier der letztern, erließ folgenden Anschlag: "An alle Arbeiter im Namen Aller! Brüder, erwacht, Ihr die Ihr Euch betäubt oder betäuben lassen, erwacht und ergreift das Schild der Ehre welches eine niederträchtige Bande Euch entwinden will. Es ist hohe Zeit, eine grausige Schlinge wird uns Allen gestellt, man schleicht im Dunkeln, man drückt uns Gold in die arbeitslosen Hände, man giebt uns Wein zu trinken, um unsern Rausch auszubeuten. Ha, die Verruchten! sie wähnen, mit Wein und Gold könnten sie eine demokratische sociale Revolution zu Falle bringen! Brüder, seid wachsam, es geht um das Heil des Volkes; wenn wir uns diesmal wieder betrügen lassen, dann wehe uns, dann sind wir werth des ärgsten Fluches. Darum auf und stoßt weit, weit von Euch die Versucher! Es lebe die demokratische sociale Republik!" Die Epoque ein kleines ironisches Blättchen die als Affische erscheint, ruft: "Der große Prinz aus dem Abendland naht! geschwind einen Thron und Champagner her, insonderheit Champagner wie in Strasbourg und Boulogne." Der Gamin de Paris sagt: "Franzosen, Arbeiter, Ihr deren Schweiß den Boden düngt aus dem die Staatsernte emporwächst zu Nutz und Frommen der Bourgeoisie, Ihr deren Blut und Thränen die große Maschine netzt die den s. g. Nationalreichthum producirt, Ihr deren Mütter und Töchter, Schwestern und Frauen von den Seigneurs des Mammon gemiethet und gekauft werden, Ihr die Ihr seit 1789 den Erdball erschüttert habt: Ihr wollt Euch doch wohl jetzt nicht unter den Stiefelabsatz des Däumlings bücken, der einige Phrasen seines Oheims, des verstorbenen Riesen, auswendig gelernt und nur zu intrigiren weiß mit Hülfe des Geldes und der Volksverräther? Der Oheim hat die Anarchie erstickt und der Nation Ruhm geschenkt, dafür hat sie ihn bewundert und angebetet zu seiner Zeit; heute aber sind sie beide quitt mit einander, Napoleon der Kaiser und Frankreich die Republik. Fluch dem Tollhäusler der diese alte Tragödie in einer modernen Komödie nachäffen will; Fluch und Widerstand ihm bis auf den Tod!" 15 Paris, 17. Juni. Das kleine Blatt: La Republique rouge spricht sich über den "Lordmayor" der "guten" Stadt Paris aus: ,So seltsam stand es bei uns noch nie, die ganze Munizipaladministration resumirt sich in einem einzigen Manne. Er aspirirt offenbar nach dem Präsidentensessel. Jetzt thront er behaglich im Pallast des Hotel de Ville; wäre das Volk dabei um Rath zu fragen, er müßte bald wieder in sein Journalbüreau, gewiß sehr heilsam für dies Journal ..." Er gilt als Hauptanstifter des Gesetzes gegen die Zusammenrottirungen unter freiem Himmel; gegen dasselbe wird die Gesellschaft "der Menschen- und Bürgerrechte" einen Protest einreichen. Das Journal "Assemblee nationale" verlangt jetzt Herstellung des bonapartischen Throns und ersucht den Prinzen Louis, recht bald die Bourbons zurückzurufen; bei diesem Anlaß ruft die Republique rouge: "Wir alle gehen dem Abgrund zu; der Proletarier hungert, der Bourgeois bettelt; der Kredit ist erstorben; der Handel gelähmt, kann nicht mehr die Adern des Gesellschaftskörpers durchströmen. Und was das Schlimmste, selbst die großartigsten Erschütterungen bieten keine Hoffnung mehr; die Luft ist unathembar geworden; im Palast Luxemburg die fünf Männer, ängstlich nach der Macht haschend, die ihnen täglich entschlüpft; im Hotel de ville, eine Unzahl kleinlicher Komplotte unter Direktion des Lordmayor; in der Nationalassemblee bemüht man sich, die Leiche der verstorbenen Charte zu galvanisiren. Gerechter Himmel! wäre dies wirklich das Geschick des großen Volks, von Guizot auf Marrast, von Marrast auf Thiers zu kommen?" Ein anderes Blättchen: Le Tocsin des Travailleurs sagt: "Die Deputirten fragen: bekommen wir einen Präsidenten? das Volk fragt: bekommen wir Brod? Die Deputirten: bekommen wir eine oder zwei Kammern? das Volk: bekommen wir Brod? Das ist das uralte Lied; es ähnelt ziemlich der Antwort des armen Weibes, die mit einer weiblichen Deputation zur provisorischen Regierung zog und von einem Bourgeois hören mußte: sie solle lieber daheim bleiben und Strümpfe ausbessern oder Suppen kochen; "ganz richtig, rief sie, wir Frauen hier gehen zur Regierung um Strümpfe und Suppen für die, welche beide nicht haben, zu verlangen." Diese echten Proletariatszeitungen sind nicht einig über das Projekt des Riesenbankets von einigen Tausend Arbeitern a 5 Sous per Kopf; der Pere Duchene ist zwar noch dafür und verwahrt sich gegen das Gerücht von aristokratischen Geldzuschüssen in die Banketskasse, aber es ist mindestens auf einige Wochen ausgesetzt; die Nationalgarde scheint so erbittert zu sein, daß sie den ersten Angriff zu machen im Stande wäre. Bourgeoisartillerie ist jetzt neu einexerzirt. Freilich stehen viele Ouvriers in Reih und Glied und möglich, daß in den einzelnen Kompagnien der Bürgerwehr selber der Kampf entbrennt; möglich auch das Gegentheil; die Entwickelung geht jetzt so, daß die Pariser selbst nicht über eben Geschehenes sich Rechenschaft ablegen, noch das bald Nothwendige vorauszusehen wagen. - Ein Journal: "Le Tribun du peuple" wird erscheinen und sich speziell gegen den Favoritismus, die Aemterhäufung und dgl. wenden. Der Licentiat Laviron sagt im Programm: "Der Bürger Buchez sprach Namens der provisorischen Regierung es aus, die Republik ist verpflichtet, alle ihre Kinder zu ernähren; eine Regierung ist verantwortlich für Elend, welches nicht selbst verschuldet ist. So redete einst, daß heißt vor einigen Wochen Bürger Buchez. Wir, der Klub der Literaten, sind überzeugt, daß ein schändlicher Hochverrath darin liegt, einigen Individuen Ueberflüssiges preiszugeben während viele andere noch nicht das Nothwendige besitzen. Wir opponiren gegen die schamlose Kumulirung und Exploitation aller Art, die seit unserm Februar recht an der Tagesordnung zu sein, sich recht zu brüsten scheint. Blickt umher, überall im Dunkeln schleichende Protektion, überall hündisches Antichambriren und Kriechen. Der Faullenzer triumphirt nach wie vor dem Februar über die Arbeitenden. Die Sieger hatten die Thorheit begangen, nicht sogleich mit eignen Händen die Mißbräuche zu entwurzeln. Wir, Klub der Literaten sind entschlossen, sämmtliche öffentliche Beamten Revue zu passiren, vom obersten bis zum untersten Range; unser Blatt wird ihre Titel Ansprüche, Wirksamkeit, Arbeitszeit und Jahrgehalt unerbittlich nach der Statistik publiciren und kritisiren. Fakta sollen seine Waffe sein, nichts als Fakta um dadurch das Ungeheuer der Korruption zu schlagen." Allerdings sieht es ungefähr wie unter Louis Philipp aus; z. B. unser Herr Paguerre, dieser libraire democrate par excellence, dieser pere de famille modele, dieser citogen integre wie der National ihn nannte und nennt, bekleidet fünf gut bezahlte Posten und führt dabei seinen Buchhandel fort; die Gesandtschaftsstellen werden statt an erlesene Demokraten an Legitimisten und Philippisten gegeben, und der Minister des Auswärtigen ist eher für drei supplicirende Comtessen als für einen Barrikadenmann zu sprechen. Das Blatt "Le Volcan" geschrieben von La citoyen ne sans peur sagt in seiner letzten Nummer: "Die Exekutivkommission hat durch das Gesetz gegen die Zusammenschaarungen unter freiem Himmel eine klägliche Menschenunkenntniß verrathen; sie sollte wissen, daß in Paris ein Monument, z. B. schlecht beschützt ist durch die Aufschrift: Verunreinigung ist verboten, und hieraus konnte sie auf den Erfolg des Zusammenrottirungsverbotes schließen. Zudem sind seine Strafen so kolossal, daß sie gleichsam zum Trotzen recht herausfordern. Ihr Herren von Luxembourg, Ihr habt einen gefährlichen Gewitterableiter neben Euch aufgestellt." Großbritannien.
20 London, 17. Juni. Oberhaus-Sitzung vom 16. Juni. Der Earl Fitzhardinge überreichte zwei Petitionen, die eine vom Pächter des Haymarket Theater, die andere vom gesammten Personale des Lyceum-Theaters unterschrieben. Die Petenten verlangen Schutz gegen die Konkurrenz fremder Schauspieler; mit Ausnahme der italienischen Oper soll nirgends sonst ein fremder Schauspieler geduldet werden. Obgleich sie den schmählichen Aufruhr in Drury-Lane gegen französische Schauspieler nicht billigen, so sind sie in der That doch ganz von demselben Geiste beseelt, der sich in dem Benehmen der Tumultuanten vom Drury-Lane Theater zeigte. Die Lords Beaumort, Brougham, Herz, v. Cleveland und Spencer waren einstimmig gegen die Petitionen, deren Illiberalität dem englischen Namen dem englischen Namen nirgends zur Ehre gereichen könne. Lord Stanley machte sodann einen Versuch, ob nicht ein Bischen Getraidezoll im Gegensatz zu dem früheren Parlamentsbeschluß beizubehalten wäre. Er verlange das nicht als Schutzzoll, sondern zum Zweck erhöhter Staatseinnahmen. Er wünsche daher, daß der jetzt bestehende Zoll noch auf 5-6 Monate verlängert und dann vom nächsten Parlament entschieden werde, ob es nicht vortheilhaft sei, eine kleine feste Abgabe von eingeführtem Getraide fortzuerheben. Das Haus ging auf dieses protektionistische "Wünschchen" nicht weiter ein. - Unterhaus-Sitzung vom 16. Juni. Lord John Russel setzte seinen Plan der Aufhilfe für Westindien auseinander, der hauptsächlich darin besteht, daß den dortigen Pflanzern zu den bereits geliehenen 160,000 Pfd. Sterl. noch 1/2 Million vorgeschossen. oder eine Anleihe von diesem Betrage durch den Staat garantirt werden soll, um ihnen die Einführung "freier" (!!) Arbeit möglich zu machen. Der zweite Theil des Planes betrifft Abänderung der jetzigen, für Zucker gesetzlich bestimmten Zollscala. Lord J. Russel fand wenig Beifall. Die westindischen Pflanzer klagen, daß der Plan nur ihren Ruin beschleunige, die Freihandelsmänner wenden ein, daß man Jamaica auf Kosten des ohnehin durch Geschäftsstockung, Pauperismus etc. leidenden Lancashire helfen wolle. Das Haus stimmte schließlich dafür, daß es den Russel'schen Plan nächsten Montag in Comite-Berathung nehmen will. Zuletzt gaben noch die Schifffahrtsgesetze zu einer sehr heftigen, mitunter scharf persönlichen Debatte namentlich zwischen Disraeli und Hawes, Hudson und Hume etc. Veranlassung. Die Gegner der Aufhebung jener Gesetze stemmten sich mit aller Macht dawider, daß sich das Haus zur Comite bilde. Als dies bei der Abstimmung dennoch mit einer Majorität von 87 beschlossen wurde, legten sie der weitern Berathung so viele formelle Hindernisse in den Weg, daß man die Comit-Sitzung endigen und zu den übrigen Gegenständen der Tagesordnung übergehen mußte. Schluß der Sitzung um Mitternacht. -In Bingley (Yorkshire) sind vorigen Donnerstag früh wiederum 5 Chartisten aus ihren Betten geholt und nach York Castle in's Gefängniß geschleppt worden. - Dem progressistischen Deputirten Olozaga ist seine Flucht aus Spanien gelungen. Er langte gestern wohlbehalten in London an. -Tom Steele, der mit O'Connell so lange für Repeal kämpfte, es aber, ungleich O'Connell, mit Irland aufrichtig und ehrlich meinte und die Repealfrage nicht als Milchkuh zur Befriedigung seiner Selbstsucht benutzte, ist dieser Tage in einem Wirthshaus zu London als - Pauper (hilfloser Proletarier) gestorben. -Consols schlossen zu 831/2, 5/8 für Rechnung. - Der Colonialmarkt befand sich während dieser Woche für die meisten Artikel in großer Flauheit. Pfuel nach Berlin berufen. Hommes lettres (Nro. 5 rue de I'lale), das französische Wort hat nicht die schlechte Bedeutung, die sich an das deutsche knüpft.
fühlen dies zu verlassen und mit Weib und Kindern die bequemere Erdschaufel zu ergreifen. Ungarn.
Pesth, 12. Juni. Eine schreckliche Militär-Revolte fand in der verflossenen Nacht in der großen Invaliden-Kaserne Statt. Schon längst ist es der Camarilla ein Dorn im Auge, daß die Ungarn und die Italiener so sehr sympathisiren, und sie suchte schon seit mehreren Wochen einen blutigen Zusammenstoß zwischen den Bürgern und gerade den italienischen Soldaten des hier garnisonirden Regiments Ceccopieri, bei welchem die Offiziere meist eingefleischte Illirer sind, herbeizuführen. Diese Offiziere hetzten die Italiener gegen die Freiwilligen der mobilen Nationalgarde auf, welche bisher noch keine Waffen haben, aber zum Theil mit den Italienern in der genannten Kaserne wohnen. Einmal kam es schon zu einem einzelnen bluigen Handeln welches einen Volksauflauf veranlaßte, der aber ohne weitere Folgen ablief, Gestern sollte es nun aber losgehen. Ein italienischer Soldat fing mit einem. Freiwilligen Händel an, stach zwei dazugekommene Freiwillige durch den Arm, und als er verhaftet in die Invalidenkaserne eingebracht ward, stürzten die Italiener über die Freiwilligen her und feuerten sogar aus den Fenstern auf dieselben. Dies geschah gegen 9 Uhr Abends. Auf den Lärm sammelte sich bald vieles Volk, die Sturmglocken wurden gegen 10 Uhr gezogen, die Trommeln allamirte die Nationalgarde. Aber die Thore der Kaserne waren gesperrt, im Innern dauerte der Kampf fort und die niederträchtigen Italiener feuerten sogar aus den Fenstern auf die wehrlose Volksmasse, welche vor der Kaserne zusammenströmte und vor Entsetzen wüthete. Unterdessen wurde der größte Theil des italienischen Regiments Ceccopieri, welches in den Ofener Kasernen lag entwaffnet. Die ungarischen Regimenter Wasa und Turßky rückten aus der Festung mit Kanonen gegen die Invalidenkaserne. Von dem Hauptthore derselben stürzten ein Adjutant und 2 Mann todt nieder, von Kugeln durchbohrt, welche aus den Fenstern fielen. Das Thor war bald geöffnet und das ungarische Militär wurde Meister der ganzen Kaserne. Der Kriegsminister, L. Meßaros, wäre dabei beinah von 2 Kugeln getroffen worden. Die Untersuchung nahm sofort ihren Anfang; die Hälfte der Italiener ergab sich augenblicklich, 2 Kompagnien wollen aber bis jetzt (10 Uhr Morgens) die Waffen nicht abgeben, was sie aber thun müssen, wenn sie nicht über den Haufen geschossen werden wollen. Die Nationalgarde war auf verschiedenen Plätzen aufgestellt, die angränzenden Straßen waren erleuchtet, das wüthende Volk wollte Barrikaden gegen die Invalidenkaserne aufführen, einige itaiienische Soldaten, welche ihm zufällig in die Hände geriethen, wurden gräßlich zugerichtet. Gegen 1 Uhr in der Nacht waren indeß alle Straßen geräumt und das Militär wachte über die Ruhe der so aufgeregten Stadt. Das Unglück ist zufälligerweise nicht so groß, als es hätte werden können. Im Innern der Kaserne war es finster und die Flintenschüsse trafen daher selten. Doch liegen 20 Freiwillige schwer verwunde darnieder, unter denen drei bereits den Geist aufgegeben haben sollen. Auch an zwei Mauerecken der Heerenstraße sah man heute früh viel Blut. Die Invaliden-Kaserne ist gegenwärtig von Militär umringt und Kanonen vor derselben aufgefahren. Auch die Nationalgarde rückt aus. Es cirkulirt ein Gerücht, nach welchem das Ministerium gestern Nacht von einer hochgestellten Person in Wien die Anzeige erhalten, daß es noch an demselben Tage losgehen werde. Einige versichern sogar, daß man bereits einem Komplott auf der Spur sei, dessen Fäden sich bis zur Camarilla nach Innsbruck ziehen. Wir wissen nicht, ob etwas Wahres daran ist. Aber darin konzentrirt sich die allgemeine Ueberzeugung, daß die reaktionäre Camarilla schon seit Wochen das italienische Regiment Ceccopieri durch die illirischen Offiziere bearbeiten läßt. Diese Italiener wollten, von den Offizieren verleitet, anfangs auf die ungarische Verfassung nicht schwören. Mehrere Gemeine vom Regiment haben im Radilkalkör auf's Feierlichste betheuert, daß die Offiziere es immerfort aufzuwiegeln suchen. (Bresl. Z.)Italien.
Neapel, 5. Juni. Es bestätigt sich, daß in Folge der königlichen Schreckensherrschaft die Provinzen eine Absperrung der Hauptstadt beginnen. In Oberitalien erklären sich die neapolitanischen Truppen für unmittelbaren Anschluß an Karl Albert. Römische Blätter melden als verbürgte Nachricht: „Cosenza hat eine Provinzialversammlung von Deputirten zur Bildung einer festen provisorischen Regierung berufen; in Basilicat besteht bereits eine solche, und man gießt Glocken in Kanonen um, während 12,000 Bewaffnete nach Calabrien gegangen sind. Am 2. Juni kam in Neapel ein Courier von Karl Albert an, der schleunige Bezahlung der Ausgaben für die neapolitanischen Freiwilligen und Truppen in der Lombardei und neuen Truppenzuzug der Neapolitaner verlangte, sonst würde der Sardinierkönig, wenn er ohne neapolitanische Beihülfe Italien befreit hätte, vor den Thoren Neapels erscheinen; Pepe endlich hat dem König von Neapel sagen lassen, wenn er nicht zum Kriege beitrage, werde er sicherlich durch Karl Albert vom Throne gestürzt werden.“ Mailand, 14. Juni. Man erwartet nächstens einen Angriff der Piemontesen auf Verona. (Z. Z.)Französische Republik.
15 Paris, 17. Juni. Die Zulagesteuer von 15 Ctms. auf das Grundeigenthum war eine der unklügsten Maßregeln. Es ist bekannt, daß die Bauern in der ersten französischen Revolution die einzigen waren, deren materielle Interessen unmittelbar gehoben wurden. Und dennoch waren sie die ersten, die Widerstand leisteten, sobald die Gesetze des Maximums, die Zwangsgesetze über den Verkauf der Ackerbauprodukte u. dgl., Gesetze, welche damals die Rettung der Republik gebot, diesen undankbaren und kleinlichegoistischen Söhnen derselben einige Opfer auferlegten. Schon hieraus können Sie schließen, welche Wirkung die Zulagesteuer von 45 Ctms. in den Provinzen auf dem Lande hervorrufen mußte. Diese Steuer ist der Schlüssel der bonapartistischen und legitimistischen Bewegung auf dem Lande und drei Viertel von Frankreich ist Land. Die Auferlegung dieser Steuer ist aber an und für sich, vom ökonomischen Gesichtspunkt aus betrachtet, ein Fehlgriff. Die 45 Ctms. sollen auf das Grundeigenthum fallen. Unser Bauer ist aber nur nomineller Grundeigenthümer. In der Wirklichkeit fließt die Grundrente in die Tasche der Hypothekenbesitzer, der Getraidehändler, der Wucherer, der Hussiers, der Advokaten und der Notare. Der Bauer selbst erhält keinen angemessenen Arbeitslohn, viel weniger Profit und Grundrente. Er befindet sich trotz seines Eigenthumstitels meist in der Lage des irischen Sklaven. Es fehlte der Regierung der Muth, die wirklichen, nicht nominellen Besitzer der Grundrente zu belasten und so hat sie die ackerbauende Bevölkerung, die zudem keine andere Richtschnur als ihr unmittelbar materielles Interesse kennt, der Republik entfremdet. Die Folge davon war nicht nur die Wahl Louis Bonapartes in den Departementen. Gefährlichere Syptome zeigten sich schon in der heutigen Sitzung der Nationalversammlung. Pierre Lerroux bestieg die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er so eben Privatbriefe aus dem Creuze-Departement erhalten, welche ihm anzeigen, daß in Gueret Bürgerwehr und Landbewohner wegen Zahlung der 45 Centimensteuer in fürchterlichem Kampfe gegen einander ausgebrochen seien und bereits Bruderblut geflossen sei. 12 Paris, 17. Juni. Die reaktionäre Regierung Frankreichs ha das merkwürdige Talent, es nach und nach mit allen Parteien zu verderben. Die mächtigste Partei, an welcher sie sich jetzt vergreift, ist die der ganzen Presse, und man weiß, daß die Journalisten in Frankreich nicht mit sich spassen lassen. Ein Journal in der Provinz wurde von dem Unterkommissär des Departements aufgefordert, Kaution zu stellen, widrigenfalls es nach den „noch in Kraft stehenden Gesetzen verfolgt werden sollte.“ Nun sind aber nach der Februar-Revolution eine Menge Blätter entstanden, die alle keine Kaution zahlten. Der Volksrepräsentant Boulay forderte daher den Justizminister auf, sich über die Absichten der Regierung zu erklären. Der Erklärung dieses Ministers gemäß, beabsichtigt die Regierung den „normalen Zustand“ der Presse wieder herbeizuführen. Um allen Meinungen ihren freien Manifestationen während der Wahlen zu lassen, habe man bisheran keine Kaution gefordert. Doch jetzt beschäftige man sich damit, ein Gesetz auszuarbeiten, das die gemilderte Ausgabe der früheren Gesetze über die Presse sei, um dem Staate bei Preßvergehen eine Garantie in Händen zu geben. Der Gerant des Courrier fr. hat bereits energisch protestirt. Nach dem 24. Februar war die Kaution faktisch abgeschafft, und wenn die alten Journale ihre Kaution nicht zurückgezogen, so geschah es blos, um den Schatz nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Die Wiedereinführung der Kaution wäre ein neuer Sieg der großen Kapitalisten. 15Paris, 16. Juni. Die Bauern der 4 Departements Seine, Sarthe, Yonne und Charente inférieure haben Louis Napoleon zum Volksrepräsentanten erkoren, nachdem seine Agenten ihnen versichert, der sauveur werde ohne Weitres die lästigen 45 Centimes die seit Februar von jedem Franken Abgabe mehr erhoben werden, streichen und vielleicht das bereits Gezahlte ihnen ersetzen. Die 30000 Bauern des pariser Weichbildes sind auf's höchste für den „jungen Heros“ begeistert, sie die vor 3 Wochen nur ganz dunkel von seiner Existenz etwas gewußt, haben erklärt sie würden die Waffen ergreifen, wofern die Rationalassemblee den Antrag der Regierungskommission, seine Wahl zu vernichten durchließe. Allenthalben kann man jetzt des Prätendenten Bildnisse und Biographien zu kaufen, ja geschenkt bekommen; hier und da flogen sie aus Fenstern und Kabriolets auf die erstaunden Köpfe der Pariser. Leider ist es erwiesen daß selbst nicht bestochene Ouvriers mit Chorus machten, gradehin es aussprachen: eine Bourgeoisie- und Boutiquierrepublik gewähre dem Volk noch weniger Aussichten als eine pupuläre Diktatur. Soweit geht bereits das Verzweifeln, daß die Chefs der Nationalwerkstätten und die Delegirten der ehemaligen Kommission des Luxemburg ihm durch folgende Affiche entgegentreten mußten: „An alle Arbeiter! Wir, Eure Freunde und Brüder, wir die mit Euch auf den glorreichen Barrikaden fochten und einen das Volk drückenden Thron abermals zerschmettern halfen, beschwören Euch der Vernunft und der Ehre Gehör zu geben. Leihet nicht Euren tapfern Arm den Ränkeschieden die wieder einen Thron und eine Krone verfertigen wollen; das französische Volk ist über solches gefährliche Spielzeug jetzt hinaus. Arbeiter! gedenkt der großen Leiden während 18 Jahren, und unsrer großen That im Februar; gedenkt der Hoffnungen die unsre Kinder auf uns setzen, vergeßt nicht daß das Auge Europas uns französische Arbeiter erwartungsvoll beobachtet. Brüder! Kein französischer Bürger darf einen andern Titel als den eines Bürgers beanspruchen, weiset also jeder Anmaßung den Weg. Es lebe die Republik.“ gez: P. Viucard Präsid., Blum Vicepräsid., Jullien, Lefour, Sekretäre von der Luxemburger Arbeitskommission, Bacon Präsid., Gaulin Sekretär, Ardillon, Petit-Bonnard Lieutenants von den Nationalwerkstätten. Und der energische Sibert, Brigadier der letztern, erließ folgenden Anschlag: „An alle Arbeiter im Namen Aller! Brüder, erwacht, Ihr die Ihr Euch betäubt oder betäuben lassen, erwacht und ergreift das Schild der Ehre welches eine niederträchtige Bande Euch entwinden will. Es ist hohe Zeit, eine grausige Schlinge wird uns Allen gestellt, man schleicht im Dunkeln, man drückt uns Gold in die arbeitslosen Hände, man giebt uns Wein zu trinken, um unsern Rausch auszubeuten. Ha, die Verruchten! sie wähnen, mit Wein und Gold könnten sie eine demokratische sociale Revolution zu Falle bringen! Brüder, seid wachsam, es geht um das Heil des Volkes; wenn wir uns diesmal wieder betrügen lassen, dann wehe uns, dann sind wir werth des ärgsten Fluches. Darum auf und stoßt weit, weit von Euch die Versucher! Es lebe die demokratische sociale Republik!“ Die Epoque ein kleines ironisches Blättchen die als Affische erscheint, ruft: „Der große Prinz aus dem Abendland naht! geschwind einen Thron und Champagner her, insonderheit Champagner wie in Strasbourg und Boulogne.“ Der Gamin de Paris sagt: „Franzosen, Arbeiter, Ihr deren Schweiß den Boden düngt aus dem die Staatsernte emporwächst zu Nutz und Frommen der Bourgeoisie, Ihr deren Blut und Thränen die große Maschine netzt die den s. g. Nationalreichthum producirt, Ihr deren Mütter und Töchter, Schwestern und Frauen von den Seigneurs des Mammon gemiethet und gekauft werden, Ihr die Ihr seit 1789 den Erdball erschüttert habt: Ihr wollt Euch doch wohl jetzt nicht unter den Stiefelabsatz des Däumlings bücken, der einige Phrasen seines Oheims, des verstorbenen Riesen, auswendig gelernt und nur zu intrigiren weiß mit Hülfe des Geldes und der Volksverräther? Der Oheim hat die Anarchie erstickt und der Nation Ruhm geschenkt, dafür hat sie ihn bewundert und angebetet zu seiner Zeit; heute aber sind sie beide quitt mit einander, Napoleon der Kaiser und Frankreich die Republik. Fluch dem Tollhäusler der diese alte Tragödie in einer modernen Komödie nachäffen will; Fluch und Widerstand ihm bis auf den Tod!“ 15 Paris, 17. Juni. Das kleine Blatt: La Republique rouge spricht sich über den „Lordmayor“ der „guten“ Stadt Paris aus: ‚So seltsam stand es bei uns noch nie, die ganze Munizipaladministration resumirt sich in einem einzigen Manne. Er aspirirt offenbar nach dem Präsidentensessel. Jetzt thront er behaglich im Pallast des Hotel de Ville; wäre das Volk dabei um Rath zu fragen, er müßte bald wieder in sein Journalbüreau, gewiß sehr heilsam für dies Journal …“ Er gilt als Hauptanstifter des Gesetzes gegen die Zusammenrottirungen unter freiem Himmel; gegen dasselbe wird die Gesellschaft „der Menschen- und Bürgerrechte“ einen Protest einreichen. Das Journal „Assemblee nationale“ verlangt jetzt Herstellung des bonapartischen Throns und ersucht den Prinzen Louis, recht bald die Bourbons zurückzurufen; bei diesem Anlaß ruft die Republique rouge: „Wir alle gehen dem Abgrund zu; der Proletarier hungert, der Bourgeois bettelt; der Kredit ist erstorben; der Handel gelähmt, kann nicht mehr die Adern des Gesellschaftskörpers durchströmen. Und was das Schlimmste, selbst die großartigsten Erschütterungen bieten keine Hoffnung mehr; die Luft ist unathembar geworden; im Palast Luxemburg die fünf Männer, ängstlich nach der Macht haschend, die ihnen täglich entschlüpft; im Hotel de ville, eine Unzahl kleinlicher Komplotte unter Direktion des Lordmayor; in der Nationalassemblee bemüht man sich, die Leiche der verstorbenen Charte zu galvanisiren. Gerechter Himmel! wäre dies wirklich das Geschick des großen Volks, von Guizot auf Marrast, von Marrast auf Thiers zu kommen?“ Ein anderes Blättchen: Le Tocsin des Travailleurs sagt: „Die Deputirten fragen: bekommen wir einen Präsidenten? das Volk fragt: bekommen wir Brod? Die Deputirten: bekommen wir eine oder zwei Kammern? das Volk: bekommen wir Brod? Das ist das uralte Lied; es ähnelt ziemlich der Antwort des armen Weibes, die mit einer weiblichen Deputation zur provisorischen Regierung zog und von einem Bourgeois hören mußte: sie solle lieber daheim bleiben und Strümpfe ausbessern oder Suppen kochen; „ganz richtig, rief sie, wir Frauen hier gehen zur Regierung um Strümpfe und Suppen für die, welche beide nicht haben, zu verlangen.“ Diese echten Proletariatszeitungen sind nicht einig über das Projekt des Riesenbankets von einigen Tausend Arbeitern à 5 Sous per Kopf; der Père Duchene ist zwar noch dafür und verwahrt sich gegen das Gerücht von aristokratischen Geldzuschüssen in die Banketskasse, aber es ist mindestens auf einige Wochen ausgesetzt; die Nationalgarde scheint so erbittert zu sein, daß sie den ersten Angriff zu machen im Stande wäre. Bourgeoisartillerie ist jetzt neu einexerzirt. Freilich stehen viele Ouvriers in Reih und Glied und möglich, daß in den einzelnen Kompagnien der Bürgerwehr selber der Kampf entbrennt; möglich auch das Gegentheil; die Entwickelung geht jetzt so, daß die Pariser selbst nicht über eben Geschehenes sich Rechenschaft ablegen, noch das bald Nothwendige vorauszusehen wagen. ‒ Ein Journal: „Le Tribun du peuple“ wird erscheinen und sich speziell gegen den Favoritismus, die Aemterhäufung und dgl. wenden. Der Licentiat Laviron sagt im Programm: „Der Bürger Buchez sprach Namens der provisorischen Regierung es aus, die Republik ist verpflichtet, alle ihre Kinder zu ernähren; eine Regierung ist verantwortlich für Elend, welches nicht selbst verschuldet ist. So redete einst, daß heißt vor einigen Wochen Bürger Buchez. Wir, der Klub der Literaten, sind überzeugt, daß ein schändlicher Hochverrath darin liegt, einigen Individuen Ueberflüssiges preiszugeben während viele andere noch nicht das Nothwendige besitzen. Wir opponiren gegen die schamlose Kumulirung und Exploitation aller Art, die seit unserm Februar recht an der Tagesordnung zu sein, sich recht zu brüsten scheint. Blickt umher, überall im Dunkeln schleichende Protektion, überall hündisches Antichambriren und Kriechen. Der Faullenzer triumphirt nach wie vor dem Februar über die Arbeitenden. Die Sieger hatten die Thorheit begangen, nicht sogleich mit eignen Händen die Mißbräuche zu entwurzeln. Wir, Klub der Literaten sind entschlossen, sämmtliche öffentliche Beamten Revue zu passiren, vom obersten bis zum untersten Range; unser Blatt wird ihre Titel Ansprüche, Wirksamkeit, Arbeitszeit und Jahrgehalt unerbittlich nach der Statistik publiciren und kritisiren. Fakta sollen seine Waffe sein, nichts als Fakta um dadurch das Ungeheuer der Korruption zu schlagen.“ Allerdings sieht es ungefähr wie unter Louis Philipp aus; z. B. unser Herr Paguerre, dieser libraire democrate par excellence, dieser père de famille modèle, dieser citogen intègre wie der National ihn nannte und nennt, bekleidet fünf gut bezahlte Posten und führt dabei seinen Buchhandel fort; die Gesandtschaftsstellen werden statt an erlesene Demokraten an Legitimisten und Philippisten gegeben, und der Minister des Auswärtigen ist eher für drei supplicirende Comtessen als für einen Barrikadenmann zu sprechen. Das Blatt „Le Volcan“ geschrieben von La citoyen ne sans peur sagt in seiner letzten Nummer: „Die Exekutivkommission hat durch das Gesetz gegen die Zusammenschaarungen unter freiem Himmel eine klägliche Menschenunkenntniß verrathen; sie sollte wissen, daß in Paris ein Monument, z. B. schlecht beschützt ist durch die Aufschrift: Verunreinigung ist verboten, und hieraus konnte sie auf den Erfolg des Zusammenrottirungsverbotes schließen. Zudem sind seine Strafen so kolossal, daß sie gleichsam zum Trotzen recht herausfordern. Ihr Herren von Luxembourg, Ihr habt einen gefährlichen Gewitterableiter neben Euch aufgestellt.“ Großbritannien.
20 London, 17. Juni. Oberhaus-Sitzung vom 16. Juni. Der Earl Fitzhardinge überreichte zwei Petitionen, die eine vom Pächter des Haymarket Theater, die andere vom gesammten Personale des Lyceum-Theaters unterschrieben. Die Petenten verlangen Schutz gegen die Konkurrenz fremder Schauspieler; mit Ausnahme der italienischen Oper soll nirgends sonst ein fremder Schauspieler geduldet werden. Obgleich sie den schmählichen Aufruhr in Drury-Lane gegen französische Schauspieler nicht billigen, so sind sie in der That doch ganz von demselben Geiste beseelt, der sich in dem Benehmen der Tumultuanten vom Drury-Láne Theater zeigte. Die Lords Beaumort, Brougham, Herz, v. Cleveland und Spencer waren einstimmig gegen die Petitionen, deren Illiberalität dem englischen Namen dem englischen Namen nirgends zur Ehre gereichen könne. Lord Stanley machte sodann einen Versuch, ob nicht ein Bischen Getraidezoll im Gegensatz zu dem früheren Parlamentsbeschluß beizubehalten wäre. Er verlange das nicht als Schutzzoll, sondern zum Zweck erhöhter Staatseinnahmen. Er wünsche daher, daß der jetzt bestehende Zoll noch auf 5-6 Monate verlängert und dann vom nächsten Parlament entschieden werde, ob es nicht vortheilhaft sei, eine kleine feste Abgabe von eingeführtem Getraide fortzuerheben. Das Haus ging auf dieses protektionistische „Wünschchen“ nicht weiter ein. ‒ Unterhaus-Sitzung vom 16. Juni. Lord John Russel setzte seinen Plan der Aufhilfe für Westindien auseinander, der hauptsächlich darin besteht, daß den dortigen Pflanzern zu den bereits geliehenen 160,000 Pfd. Sterl. noch 1/2 Million vorgeschossen. oder eine Anleihe von diesem Betrage durch den Staat garantirt werden soll, um ihnen die Einführung „freier“ (!!) Arbeit möglich zu machen. Der zweite Theil des Planes betrifft Abänderung der jetzigen, für Zucker gesetzlich bestimmten Zollscala. Lord J. Russel fand wenig Beifall. Die westindischen Pflanzer klagen, daß der Plan nur ihren Ruin beschleunige, die Freihandelsmänner wenden ein, daß man Jamaica auf Kosten des ohnehin durch Geschäftsstockung, Pauperismus etc. leidenden Lancashire helfen wolle. Das Haus stimmte schließlich dafür, daß es den Russel'schen Plan nächsten Montag in Comité-Berathung nehmen will. Zuletzt gaben noch die Schifffahrtsgesetze zu einer sehr heftigen, mitunter scharf persönlichen Debatte namentlich zwischen Disraeli und Hawes, Hudson und Hume etc. Veranlassung. Die Gegner der Aufhebung jener Gesetze stemmten sich mit aller Macht dawider, daß sich das Haus zur Comité bilde. Als dies bei der Abstimmung dennoch mit einer Majorität von 87 beschlossen wurde, legten sie der weitern Berathung so viele formelle Hindernisse in den Weg, daß man die Comit-Sitzung endigen und zu den übrigen Gegenständen der Tagesordnung übergehen mußte. Schluß der Sitzung um Mitternacht. ‒In Bingley (Yorkshire) sind vorigen Donnerstag früh wiederum 5 Chartisten aus ihren Betten geholt und nach York Castle in's Gefängniß geschleppt worden. ‒ Dem progressistischen Deputirten Olozaga ist seine Flucht aus Spanien gelungen. Er langte gestern wohlbehalten in London an. ‒Tom Steele, der mit O'Connell so lange für Repeal kämpfte, es aber, ungleich O'Connell, mit Irland aufrichtig und ehrlich meinte und die Repealfrage nicht als Milchkuh zur Befriedigung seiner Selbstsucht benutzte, ist dieser Tage in einem Wirthshaus zu London als ‒ Pauper (hilfloser Proletarier) gestorben. ‒Consols schlossen zu 831/2, 5/8 für Rechnung. ‒ Der Colonialmarkt befand sich während dieser Woche für die meisten Artikel in großer Flauheit. Pfuel nach Berlin berufen. Hommes lettrés (Nro. 5 rue de I'lale), das französische Wort hat nicht die schlechte Bedeutung, die sich an das deutsche knüpft.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar020_016" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0087"/> fühlen dies zu verlassen und mit Weib und Kindern die bequemere Erdschaufel zu ergreifen.</p> <bibl>(J. d. Oest. L.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar020_017" type="jArticle"> <head>Pesth, 12. Juni.</head> <p>Eine schreckliche Militär-Revolte fand in der verflossenen Nacht in der großen Invaliden-Kaserne Statt. Schon längst ist es der Camarilla ein Dorn im Auge, daß die Ungarn und die Italiener so sehr sympathisiren, und sie suchte schon seit mehreren Wochen einen blutigen Zusammenstoß zwischen den Bürgern und gerade den italienischen Soldaten des hier garnisonirden Regiments Ceccopieri, bei welchem die Offiziere meist eingefleischte Illirer sind, herbeizuführen. Diese Offiziere hetzten die Italiener gegen die Freiwilligen der mobilen Nationalgarde auf, welche bisher noch keine Waffen haben, aber zum Theil mit den Italienern in der genannten Kaserne wohnen. Einmal kam es schon zu einem einzelnen bluigen Handeln welches einen Volksauflauf veranlaßte, der aber ohne weitere Folgen ablief, Gestern sollte es nun aber losgehen. Ein italienischer Soldat fing mit einem. Freiwilligen Händel an, stach zwei dazugekommene Freiwillige durch den Arm, und als er verhaftet in die Invalidenkaserne eingebracht ward, stürzten die Italiener über die Freiwilligen her und feuerten sogar aus den Fenstern auf dieselben. Dies geschah gegen 9 Uhr Abends. Auf den Lärm sammelte sich bald vieles Volk, die Sturmglocken wurden gegen 10 Uhr gezogen, die Trommeln allamirte die Nationalgarde. Aber die Thore der Kaserne waren gesperrt, im Innern dauerte der Kampf fort und die niederträchtigen Italiener feuerten sogar aus den Fenstern auf die wehrlose Volksmasse, welche vor der Kaserne zusammenströmte und vor Entsetzen wüthete. Unterdessen wurde der größte Theil des italienischen Regiments Ceccopieri, welches in den Ofener Kasernen lag entwaffnet. Die ungarischen Regimenter Wasa und Turßky rückten aus der Festung mit Kanonen gegen die Invalidenkaserne. Von dem Hauptthore derselben stürzten ein Adjutant und 2 Mann todt nieder, von Kugeln durchbohrt, welche aus den Fenstern fielen. Das Thor war bald geöffnet und das ungarische Militär wurde Meister der ganzen Kaserne. Der Kriegsminister, L. Meßaros, wäre dabei beinah von 2 Kugeln getroffen worden. Die Untersuchung nahm sofort ihren Anfang; die Hälfte der Italiener ergab sich augenblicklich, 2 Kompagnien wollen aber bis jetzt (10 Uhr Morgens) die Waffen nicht abgeben, was sie aber thun müssen, wenn sie nicht über den Haufen geschossen werden wollen. Die Nationalgarde war auf verschiedenen Plätzen aufgestellt, die angränzenden Straßen waren erleuchtet, das wüthende Volk wollte Barrikaden gegen die Invalidenkaserne aufführen, einige itaiienische Soldaten, welche ihm zufällig in die Hände geriethen, wurden gräßlich zugerichtet. Gegen 1 Uhr in der Nacht waren indeß alle Straßen geräumt und das Militär wachte über die Ruhe der so aufgeregten Stadt. Das Unglück ist zufälligerweise nicht so groß, als es hätte werden können. Im Innern der Kaserne war es finster und die Flintenschüsse trafen daher selten. Doch liegen 20 Freiwillige schwer verwunde darnieder, unter denen drei bereits den Geist aufgegeben haben sollen. Auch an zwei Mauerecken der Heerenstraße sah man heute früh viel Blut. Die Invaliden-Kaserne ist gegenwärtig von Militär umringt und Kanonen vor derselben aufgefahren. Auch die Nationalgarde rückt aus. Es cirkulirt ein Gerücht, nach welchem das Ministerium gestern Nacht von einer hochgestellten Person in Wien die Anzeige erhalten, daß es noch an demselben Tage losgehen werde. Einige versichern sogar, daß man bereits einem Komplott auf der Spur sei, dessen Fäden sich bis zur Camarilla nach Innsbruck ziehen. Wir wissen nicht, ob etwas Wahres daran ist. Aber darin konzentrirt sich die allgemeine Ueberzeugung, daß die reaktionäre Camarilla schon seit Wochen das italienische Regiment Ceccopieri durch die illirischen Offiziere bearbeiten läßt. Diese Italiener wollten, von den Offizieren verleitet, anfangs auf die ungarische Verfassung nicht schwören. Mehrere Gemeine vom Regiment haben im Radilkalkör auf's Feierlichste betheuert, daß die Offiziere es immerfort aufzuwiegeln suchen.</p> <bibl>(Bresl. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar020_018" type="jArticle"> <head>Neapel, 5. Juni.</head> <p>Es bestätigt sich, daß in Folge der königlichen Schreckensherrschaft die Provinzen eine Absperrung der Hauptstadt beginnen. In Oberitalien erklären sich die neapolitanischen Truppen für unmittelbaren <hi rendition="#g">Anschluß an Karl Albert.</hi> Römische Blätter melden als verbürgte Nachricht: „Cosenza hat eine Provinzialversammlung von Deputirten zur Bildung einer festen provisorischen Regierung berufen; in Basilicat besteht bereits eine solche, und man gießt Glocken in Kanonen um, während 12,000 Bewaffnete nach Calabrien gegangen sind. Am 2. Juni kam in Neapel ein Courier von Karl Albert an, der schleunige Bezahlung der Ausgaben für die neapolitanischen Freiwilligen und Truppen in der Lombardei und neuen Truppenzuzug der Neapolitaner verlangte, sonst würde der Sardinierkönig, wenn er ohne neapolitanische Beihülfe Italien befreit hätte, vor den Thoren Neapels erscheinen; Pepe endlich hat dem König von Neapel sagen lassen, wenn er nicht zum Kriege beitrage, werde er sicherlich <hi rendition="#g">durch Karl Albert vom Throne gestürzt werden.</hi>“</p> </div> <div xml:id="ar020_019" type="jArticle"> <head>Mailand, 14. Juni.</head> <p>Man erwartet nächstens einen Angriff der Piemontesen auf Verona.</p> <bibl>(Z. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar020_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Paris, 17. Juni.</head> <p>Die Zulagesteuer von 15 Ctms. auf das Grundeigenthum war eine der unklügsten Maßregeln. Es ist bekannt, daß die <hi rendition="#g">Bauern</hi> in der ersten französischen Revolution die einzigen waren, deren materielle Interessen unmittelbar gehoben wurden. Und dennoch waren sie die ersten, die Widerstand leisteten, sobald die Gesetze des Maximums, die Zwangsgesetze über den Verkauf der Ackerbauprodukte u. dgl., Gesetze, welche damals die Rettung der Republik gebot, diesen undankbaren und kleinlichegoistischen Söhnen derselben einige Opfer auferlegten. Schon hieraus können Sie schließen, welche Wirkung die Zulagesteuer von 45 Ctms. in den Provinzen auf dem Lande hervorrufen mußte. Diese Steuer ist der Schlüssel der bonapartistischen und legitimistischen Bewegung auf dem Lande und drei Viertel von Frankreich ist Land.</p> <p>Die Auferlegung dieser Steuer ist aber an und für sich, vom ökonomischen Gesichtspunkt aus betrachtet, ein Fehlgriff. Die 45 Ctms. sollen auf das <hi rendition="#g">Grundeigenthum</hi> fallen. Unser Bauer ist aber nur <hi rendition="#g">nomineller</hi> Grundeigenthümer. In der Wirklichkeit fließt die Grundrente in die Tasche der Hypothekenbesitzer, der Getraidehändler, der Wucherer, der Hussiers, der Advokaten und der Notare. Der Bauer selbst erhält keinen angemessenen Arbeitslohn, viel weniger Profit und Grundrente. Er befindet sich trotz seines <hi rendition="#g">Eigenthumstitels</hi> meist in der Lage des irischen Sklaven. Es fehlte der Regierung der Muth, die <hi rendition="#g">wirklichen,</hi> nicht nominellen Besitzer der Grundrente zu belasten und so hat sie die ackerbauende Bevölkerung, die zudem keine andere Richtschnur als ihr <hi rendition="#g">unmittelbar materielles Interesse</hi> kennt, der Republik entfremdet. Die Folge davon war nicht nur die Wahl Louis Bonapartes in den Departementen. Gefährlichere Syptome zeigten sich schon in der heutigen Sitzung der Nationalversammlung. Pierre Lerroux bestieg die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er so eben Privatbriefe aus dem Creuze-Departement erhalten, welche ihm anzeigen, daß in Gueret Bürgerwehr und Landbewohner wegen Zahlung der 45 Centimensteuer in fürchterlichem Kampfe gegen einander ausgebrochen seien und bereits Bruderblut geflossen sei.</p> </div> <div xml:id="ar020_021" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 17. Juni.</head> <p>Die reaktionäre Regierung Frankreichs ha das merkwürdige Talent, es nach und nach mit allen Parteien zu verderben. Die mächtigste Partei, an welcher sie sich jetzt vergreift, ist die der ganzen Presse, und man weiß, daß die Journalisten in Frankreich nicht mit sich spassen lassen. Ein Journal in der Provinz wurde von dem Unterkommissär des Departements aufgefordert, Kaution zu stellen, widrigenfalls es nach den „noch in Kraft stehenden Gesetzen verfolgt werden sollte.“ Nun sind aber nach der Februar-Revolution eine Menge Blätter entstanden, die alle keine Kaution zahlten. Der Volksrepräsentant Boulay forderte daher den Justizminister auf, sich über die Absichten der Regierung zu erklären. Der Erklärung dieses Ministers gemäß, beabsichtigt die Regierung den „normalen Zustand“ der Presse wieder herbeizuführen. Um allen Meinungen ihren freien Manifestationen während der Wahlen zu lassen, habe man bisheran keine Kaution gefordert. Doch jetzt beschäftige man sich damit, ein Gesetz auszuarbeiten, das die gemilderte Ausgabe der früheren Gesetze über die Presse sei, um dem Staate bei Preßvergehen eine Garantie in Händen zu geben. Der Gerant des Courrier fr. hat bereits energisch protestirt. Nach dem 24. Februar war die Kaution faktisch abgeschafft, und wenn die alten Journale ihre Kaution nicht zurückgezogen, so geschah es blos, um den Schatz nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Die Wiedereinführung der Kaution wäre ein neuer Sieg der großen Kapitalisten.</p> </div> <div xml:id="ar020_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl>Paris, 16. Juni.</head> <p>Die Bauern der 4 Departements Seine, Sarthe, Yonne und Charente inférieure haben Louis Napoleon zum Volksrepräsentanten erkoren, nachdem seine Agenten ihnen versichert, der sauveur werde ohne Weitres die lästigen 45 Centimes die seit Februar von jedem Franken Abgabe mehr erhoben werden, streichen und vielleicht das bereits Gezahlte ihnen ersetzen. Die 30000 Bauern des pariser Weichbildes sind auf's höchste für den „jungen Heros“ begeistert, sie die vor 3 Wochen nur ganz dunkel von seiner Existenz etwas gewußt, haben erklärt sie würden die Waffen ergreifen, wofern die Rationalassemblee den Antrag der Regierungskommission, seine Wahl zu vernichten durchließe. Allenthalben kann man jetzt des Prätendenten Bildnisse und Biographien zu kaufen, ja <hi rendition="#g">geschenkt</hi> bekommen; hier und da flogen sie aus Fenstern und Kabriolets auf die erstaunden Köpfe der Pariser. Leider ist es erwiesen daß selbst <hi rendition="#g">nicht bestochene</hi> Ouvriers mit Chorus machten, gradehin es aussprachen: eine Bourgeoisie- und Boutiquierrepublik gewähre dem Volk noch weniger Aussichten als eine pupuläre Diktatur. Soweit geht bereits das Verzweifeln, daß die Chefs der Nationalwerkstätten und die Delegirten der ehemaligen Kommission des Luxemburg ihm durch folgende Affiche entgegentreten mußten: „An alle Arbeiter! Wir, Eure Freunde und Brüder, wir die mit Euch auf den glorreichen Barrikaden fochten und einen das Volk drückenden Thron abermals zerschmettern halfen, beschwören Euch der Vernunft und der Ehre Gehör zu geben. Leihet nicht Euren tapfern Arm den Ränkeschieden die wieder einen Thron und eine Krone verfertigen wollen; das französische Volk ist über solches gefährliche Spielzeug jetzt hinaus. Arbeiter! gedenkt der großen Leiden während 18 Jahren, und unsrer großen That im Februar; gedenkt der Hoffnungen die unsre Kinder auf uns setzen, vergeßt nicht daß das Auge Europas uns französische Arbeiter erwartungsvoll beobachtet. Brüder! Kein französischer Bürger darf einen andern Titel als den eines <hi rendition="#g">Bürgers</hi> beanspruchen, weiset also jeder Anmaßung den Weg. Es lebe die Republik.“ gez: <hi rendition="#g">P. Viucard</hi> Präsid., <hi rendition="#g">Blum</hi> Vicepräsid., <hi rendition="#g">Jullien, Lefour,</hi> Sekretäre von der Luxemburger Arbeitskommission, <hi rendition="#g">Bacon</hi> Präsid., <hi rendition="#g">Gaulin</hi> Sekretär, <hi rendition="#g">Ardillon, Petit-Bonnard</hi> Lieutenants von den Nationalwerkstätten. Und der energische <hi rendition="#g">Sibert,</hi> Brigadier der letztern, erließ folgenden Anschlag: „An alle Arbeiter im Namen Aller! Brüder, erwacht, Ihr die Ihr Euch betäubt oder betäuben lassen, erwacht und ergreift das Schild der Ehre welches eine niederträchtige Bande Euch entwinden will. Es ist hohe Zeit, eine grausige Schlinge wird uns Allen gestellt, man schleicht im Dunkeln, man drückt uns <hi rendition="#g">Gold</hi> in die arbeitslosen Hände, man giebt uns <hi rendition="#g">Wein</hi> zu trinken, um unsern Rausch auszubeuten. Ha, die Verruchten! sie wähnen, mit Wein und Gold könnten sie eine demokratische sociale Revolution zu Falle bringen! Brüder, seid wachsam, es geht um das Heil des Volkes; wenn wir uns diesmal wieder betrügen lassen, dann wehe uns, dann sind wir werth des ärgsten Fluches. Darum auf und stoßt weit, weit von Euch die Versucher! Es lebe die demokratische sociale Republik!“ Die <hi rendition="#g">Epoque</hi> ein kleines ironisches Blättchen die als Affische erscheint, ruft: „Der große Prinz aus dem Abendland naht! geschwind einen Thron und Champagner her, insonderheit Champagner wie in Strasbourg und Boulogne.“</p> <p>Der <hi rendition="#g">Gamin de Paris</hi> sagt: „Franzosen, Arbeiter, Ihr deren Schweiß den Boden düngt aus dem die Staatsernte emporwächst zu Nutz und Frommen der Bourgeoisie, Ihr deren Blut und Thränen die große Maschine netzt die den s. g. Nationalreichthum producirt, Ihr deren Mütter und Töchter, Schwestern und Frauen von den Seigneurs des Mammon gemiethet und gekauft werden, Ihr die Ihr seit 1789 den Erdball erschüttert habt: Ihr wollt Euch doch wohl jetzt nicht unter den Stiefelabsatz des Däumlings bücken, der einige Phrasen seines Oheims, des verstorbenen Riesen, auswendig gelernt und nur zu intrigiren weiß mit Hülfe des Geldes und der Volksverräther? Der Oheim hat die Anarchie erstickt und der Nation Ruhm geschenkt, dafür hat sie ihn bewundert und angebetet zu seiner Zeit; heute aber sind sie beide quitt mit einander, Napoleon der Kaiser und Frankreich die Republik. Fluch dem Tollhäusler der diese alte Tragödie in einer modernen Komödie nachäffen will; Fluch und Widerstand ihm bis auf den Tod!“</p> </div> <div xml:id="ar020_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Paris, 17. 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Das Journal „Assemblee nationale“ verlangt jetzt Herstellung des bonapartischen Throns und ersucht den Prinzen Louis, recht bald die <hi rendition="#g">Bourbons</hi> zurückzurufen; bei diesem Anlaß ruft die <hi rendition="#g">Republique rouge:</hi> „Wir alle gehen dem Abgrund zu; der Proletarier hungert, der Bourgeois bettelt; der Kredit ist erstorben; der Handel gelähmt, kann nicht mehr die Adern des Gesellschaftskörpers durchströmen. Und was das Schlimmste, selbst die großartigsten Erschütterungen bieten keine Hoffnung mehr; die Luft ist unathembar geworden; im Palast Luxemburg die fünf Männer, ängstlich nach der Macht haschend, die ihnen täglich entschlüpft; im Hotel de ville, eine Unzahl kleinlicher Komplotte unter Direktion des Lordmayor; in der Nationalassemblee bemüht man sich, die Leiche der verstorbenen Charte zu galvanisiren. Gerechter Himmel! wäre dies wirklich das Geschick des großen Volks, von Guizot auf Marrast, von Marrast auf Thiers zu kommen?“</p> <p>Ein anderes Blättchen: <hi rendition="#g">Le Tocsin des Travailleurs</hi> sagt: „Die Deputirten fragen: bekommen wir einen Präsidenten? das Volk fragt: bekommen wir Brod? Die Deputirten: bekommen wir eine oder zwei Kammern? das Volk: bekommen wir Brod? Das ist das uralte Lied; es ähnelt ziemlich der Antwort des armen Weibes, die mit einer weiblichen Deputation zur provisorischen Regierung zog und von einem Bourgeois hören mußte: sie solle lieber daheim bleiben und Strümpfe ausbessern oder Suppen kochen; „ganz richtig, rief sie, wir Frauen hier gehen zur Regierung um Strümpfe und Suppen für die, welche beide nicht haben, zu verlangen.“ Diese echten Proletariatszeitungen sind nicht einig über das Projekt des Riesenbankets von einigen Tausend Arbeitern à 5 Sous per Kopf; der <hi rendition="#g">Père Duchene</hi> ist zwar noch dafür und verwahrt sich gegen das Gerücht von aristokratischen Geldzuschüssen in die Banketskasse, aber es ist mindestens auf einige Wochen ausgesetzt; die Nationalgarde scheint so erbittert zu sein, daß sie den ersten Angriff zu machen im Stande wäre. Bourgeoisartillerie ist jetzt neu einexerzirt. Freilich stehen viele Ouvriers in Reih und Glied und möglich, daß in den einzelnen Kompagnien der Bürgerwehr selber der Kampf entbrennt; möglich auch das Gegentheil; die Entwickelung geht jetzt so, daß die Pariser selbst nicht über eben Geschehenes sich Rechenschaft ablegen, noch das bald Nothwendige vorauszusehen wagen.</p> <p>‒ Ein Journal: „<hi rendition="#g">Le Tribun du peuple</hi>“ wird erscheinen und sich speziell gegen den Favoritismus, die Aemterhäufung und dgl. wenden. Der Licentiat Laviron sagt im Programm: „Der Bürger Buchez sprach Namens der provisorischen Regierung es aus, die Republik ist verpflichtet, alle ihre Kinder zu ernähren; eine Regierung ist verantwortlich für Elend, welches nicht selbst verschuldet ist. So redete einst, daß heißt vor einigen Wochen Bürger Buchez. Wir, der Klub der Literaten, sind überzeugt, daß ein schändlicher Hochverrath darin liegt, einigen Individuen Ueberflüssiges preiszugeben während viele andere noch nicht das Nothwendige besitzen. Wir opponiren gegen die schamlose Kumulirung und Exploitation aller Art, die seit unserm Februar recht an der Tagesordnung zu sein, sich recht zu brüsten scheint. Blickt umher, überall im Dunkeln schleichende Protektion, überall hündisches Antichambriren und Kriechen. Der Faullenzer triumphirt nach wie vor dem Februar über die Arbeitenden. Die Sieger hatten die Thorheit begangen, nicht sogleich mit <hi rendition="#g">eignen Händen</hi> die Mißbräuche zu entwurzeln. Wir, Klub der Literaten <note place="foot">Hommes lettrés (Nro. 5 rue de I'lale), das französische Wort hat nicht die schlechte Bedeutung, die sich an das deutsche knüpft.</note> sind entschlossen, sämmtliche öffentliche Beamten Revue zu passiren, vom obersten bis zum untersten Range; unser Blatt wird ihre Titel Ansprüche, Wirksamkeit, Arbeitszeit und Jahrgehalt unerbittlich nach der Statistik publiciren und kritisiren. Fakta sollen seine Waffe sein, nichts als Fakta um dadurch das Ungeheuer der Korruption zu schlagen.“ Allerdings sieht es ungefähr wie unter Louis Philipp aus; z. B. unser Herr Paguerre, dieser libraire democrate par excellence, dieser père de famille modèle, dieser citogen intègre wie der National ihn nannte und nennt, bekleidet fünf gut bezahlte Posten und führt dabei seinen Buchhandel fort; die Gesandtschaftsstellen werden statt an erlesene Demokraten an Legitimisten und Philippisten gegeben, und der Minister des Auswärtigen ist eher für drei supplicirende Comtessen als für einen Barrikadenmann zu sprechen. Das Blatt „Le Volcan“ geschrieben von La citoyen ne sans peur sagt in seiner letzten Nummer: „Die Exekutivkommission hat durch das Gesetz gegen die Zusammenschaarungen unter freiem Himmel eine klägliche Menschenunkenntniß verrathen; sie sollte wissen, daß in Paris ein Monument, z. B. schlecht beschützt ist durch die Aufschrift: Verunreinigung ist verboten, und hieraus konnte sie auf den Erfolg des Zusammenrottirungsverbotes schließen. Zudem sind seine Strafen so kolossal, daß sie gleichsam zum Trotzen recht herausfordern. Ihr Herren von Luxembourg, Ihr habt einen gefährlichen Gewitterableiter neben Euch aufgestellt.“</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar020_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>20</author></bibl> London, 17. Juni.</head> <p><hi rendition="#g">Oberhaus</hi>-Sitzung vom 16. Juni. Der Earl Fitzhardinge überreichte zwei Petitionen, die eine vom Pächter des Haymarket Theater, die andere vom gesammten Personale des Lyceum-Theaters unterschrieben. Die Petenten verlangen Schutz gegen die Konkurrenz fremder Schauspieler; mit Ausnahme der italienischen Oper soll nirgends sonst ein fremder Schauspieler geduldet werden. Obgleich sie den schmählichen Aufruhr in Drury-Lane gegen französische Schauspieler nicht billigen, so sind sie in der That doch ganz von demselben Geiste beseelt, der sich in dem Benehmen der Tumultuanten vom Drury-Láne Theater zeigte. Die Lords Beaumort, Brougham, Herz, v. Cleveland und Spencer waren einstimmig gegen die Petitionen, deren Illiberalität dem englischen Namen dem englischen Namen nirgends zur Ehre gereichen könne. Lord <hi rendition="#g">Stanley</hi> machte sodann einen Versuch, ob nicht ein Bischen Getraidezoll im Gegensatz zu dem früheren Parlamentsbeschluß beizubehalten wäre. Er verlange das nicht als Schutzzoll, sondern zum Zweck erhöhter Staatseinnahmen. Er wünsche daher, daß der jetzt bestehende Zoll noch auf 5-6 Monate verlängert und dann vom nächsten Parlament entschieden werde, ob es nicht vortheilhaft sei, eine kleine feste Abgabe von eingeführtem Getraide fortzuerheben. Das Haus ging auf dieses protektionistische „Wünschchen“ nicht weiter ein.</p> <p>‒ <hi rendition="#g">Unterhaus</hi>-Sitzung vom 16. Juni. Lord <hi rendition="#g">John Russel</hi> setzte seinen Plan der Aufhilfe für Westindien auseinander, der hauptsächlich darin besteht, daß den dortigen Pflanzern zu den bereits geliehenen 160,000 Pfd. Sterl. noch 1/2 Million vorgeschossen. oder eine Anleihe von diesem Betrage durch den Staat garantirt werden soll, um ihnen die Einführung „freier“ (!!) Arbeit möglich zu machen. Der zweite Theil des Planes betrifft Abänderung der jetzigen, für Zucker gesetzlich bestimmten Zollscala.</p> <p>Lord <hi rendition="#g">J. Russel</hi> fand wenig Beifall. Die westindischen Pflanzer klagen, daß der Plan nur ihren Ruin beschleunige, die Freihandelsmänner wenden ein, daß man Jamaica auf Kosten des ohnehin durch Geschäftsstockung, Pauperismus etc. leidenden Lancashire helfen wolle. Das Haus stimmte schließlich dafür, daß es den Russel'schen Plan nächsten Montag in Comité-Berathung nehmen will. Zuletzt gaben noch die Schifffahrtsgesetze zu einer sehr heftigen, mitunter scharf persönlichen Debatte namentlich zwischen Disraeli und Hawes, Hudson und Hume etc. Veranlassung. Die Gegner der Aufhebung jener Gesetze stemmten sich mit aller Macht dawider, daß sich das Haus zur Comité bilde. Als dies bei der Abstimmung dennoch mit einer Majorität von 87 beschlossen wurde, legten sie der weitern Berathung so viele formelle Hindernisse in den Weg, daß man die Comit-Sitzung endigen und zu den übrigen Gegenständen der Tagesordnung übergehen mußte.</p> <p>Schluß der Sitzung um Mitternacht.</p> <p>‒In Bingley (Yorkshire) sind vorigen Donnerstag früh wiederum 5 Chartisten aus ihren Betten geholt und nach York Castle in's Gefängniß geschleppt worden.</p> <p>‒ Dem progressistischen Deputirten Olozaga ist seine Flucht aus Spanien gelungen. Er langte gestern wohlbehalten in London an.</p> <p>‒Tom Steele, der mit O'Connell so lange für Repeal kämpfte, es aber, ungleich O'Connell, mit Irland aufrichtig und ehrlich meinte und die Repealfrage nicht als Milchkuh zur Befriedigung seiner Selbstsucht benutzte, ist dieser Tage in einem Wirthshaus zu London als ‒ Pauper (hilfloser Proletarier) gestorben.</p> <p>‒Consols schlossen zu 831/2, 5/8 für Rechnung. ‒ Der Colonialmarkt befand sich während dieser Woche für die meisten Artikel in großer Flauheit.</p> </div> <div xml:id="ar020_025" type="jArticle"> <p><hi rendition="#g">Pfuel</hi> nach Berlin berufen.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087/0003]
fühlen dies zu verlassen und mit Weib und Kindern die bequemere Erdschaufel zu ergreifen.
(J. d. Oest. L.) Ungarn. Pesth, 12. Juni. Eine schreckliche Militär-Revolte fand in der verflossenen Nacht in der großen Invaliden-Kaserne Statt. Schon längst ist es der Camarilla ein Dorn im Auge, daß die Ungarn und die Italiener so sehr sympathisiren, und sie suchte schon seit mehreren Wochen einen blutigen Zusammenstoß zwischen den Bürgern und gerade den italienischen Soldaten des hier garnisonirden Regiments Ceccopieri, bei welchem die Offiziere meist eingefleischte Illirer sind, herbeizuführen. Diese Offiziere hetzten die Italiener gegen die Freiwilligen der mobilen Nationalgarde auf, welche bisher noch keine Waffen haben, aber zum Theil mit den Italienern in der genannten Kaserne wohnen. Einmal kam es schon zu einem einzelnen bluigen Handeln welches einen Volksauflauf veranlaßte, der aber ohne weitere Folgen ablief, Gestern sollte es nun aber losgehen. Ein italienischer Soldat fing mit einem. Freiwilligen Händel an, stach zwei dazugekommene Freiwillige durch den Arm, und als er verhaftet in die Invalidenkaserne eingebracht ward, stürzten die Italiener über die Freiwilligen her und feuerten sogar aus den Fenstern auf dieselben. Dies geschah gegen 9 Uhr Abends. Auf den Lärm sammelte sich bald vieles Volk, die Sturmglocken wurden gegen 10 Uhr gezogen, die Trommeln allamirte die Nationalgarde. Aber die Thore der Kaserne waren gesperrt, im Innern dauerte der Kampf fort und die niederträchtigen Italiener feuerten sogar aus den Fenstern auf die wehrlose Volksmasse, welche vor der Kaserne zusammenströmte und vor Entsetzen wüthete. Unterdessen wurde der größte Theil des italienischen Regiments Ceccopieri, welches in den Ofener Kasernen lag entwaffnet. Die ungarischen Regimenter Wasa und Turßky rückten aus der Festung mit Kanonen gegen die Invalidenkaserne. Von dem Hauptthore derselben stürzten ein Adjutant und 2 Mann todt nieder, von Kugeln durchbohrt, welche aus den Fenstern fielen. Das Thor war bald geöffnet und das ungarische Militär wurde Meister der ganzen Kaserne. Der Kriegsminister, L. Meßaros, wäre dabei beinah von 2 Kugeln getroffen worden. Die Untersuchung nahm sofort ihren Anfang; die Hälfte der Italiener ergab sich augenblicklich, 2 Kompagnien wollen aber bis jetzt (10 Uhr Morgens) die Waffen nicht abgeben, was sie aber thun müssen, wenn sie nicht über den Haufen geschossen werden wollen. Die Nationalgarde war auf verschiedenen Plätzen aufgestellt, die angränzenden Straßen waren erleuchtet, das wüthende Volk wollte Barrikaden gegen die Invalidenkaserne aufführen, einige itaiienische Soldaten, welche ihm zufällig in die Hände geriethen, wurden gräßlich zugerichtet. Gegen 1 Uhr in der Nacht waren indeß alle Straßen geräumt und das Militär wachte über die Ruhe der so aufgeregten Stadt. Das Unglück ist zufälligerweise nicht so groß, als es hätte werden können. Im Innern der Kaserne war es finster und die Flintenschüsse trafen daher selten. Doch liegen 20 Freiwillige schwer verwunde darnieder, unter denen drei bereits den Geist aufgegeben haben sollen. Auch an zwei Mauerecken der Heerenstraße sah man heute früh viel Blut. Die Invaliden-Kaserne ist gegenwärtig von Militär umringt und Kanonen vor derselben aufgefahren. Auch die Nationalgarde rückt aus. Es cirkulirt ein Gerücht, nach welchem das Ministerium gestern Nacht von einer hochgestellten Person in Wien die Anzeige erhalten, daß es noch an demselben Tage losgehen werde. Einige versichern sogar, daß man bereits einem Komplott auf der Spur sei, dessen Fäden sich bis zur Camarilla nach Innsbruck ziehen. Wir wissen nicht, ob etwas Wahres daran ist. Aber darin konzentrirt sich die allgemeine Ueberzeugung, daß die reaktionäre Camarilla schon seit Wochen das italienische Regiment Ceccopieri durch die illirischen Offiziere bearbeiten läßt. Diese Italiener wollten, von den Offizieren verleitet, anfangs auf die ungarische Verfassung nicht schwören. Mehrere Gemeine vom Regiment haben im Radilkalkör auf's Feierlichste betheuert, daß die Offiziere es immerfort aufzuwiegeln suchen.
(Bresl. Z.) Italien. Neapel, 5. Juni. Es bestätigt sich, daß in Folge der königlichen Schreckensherrschaft die Provinzen eine Absperrung der Hauptstadt beginnen. In Oberitalien erklären sich die neapolitanischen Truppen für unmittelbaren Anschluß an Karl Albert. Römische Blätter melden als verbürgte Nachricht: „Cosenza hat eine Provinzialversammlung von Deputirten zur Bildung einer festen provisorischen Regierung berufen; in Basilicat besteht bereits eine solche, und man gießt Glocken in Kanonen um, während 12,000 Bewaffnete nach Calabrien gegangen sind. Am 2. Juni kam in Neapel ein Courier von Karl Albert an, der schleunige Bezahlung der Ausgaben für die neapolitanischen Freiwilligen und Truppen in der Lombardei und neuen Truppenzuzug der Neapolitaner verlangte, sonst würde der Sardinierkönig, wenn er ohne neapolitanische Beihülfe Italien befreit hätte, vor den Thoren Neapels erscheinen; Pepe endlich hat dem König von Neapel sagen lassen, wenn er nicht zum Kriege beitrage, werde er sicherlich durch Karl Albert vom Throne gestürzt werden.“
Mailand, 14. Juni. Man erwartet nächstens einen Angriff der Piemontesen auf Verona.
(Z. Z.) Französische Republik. 15 Paris, 17. Juni. Die Zulagesteuer von 15 Ctms. auf das Grundeigenthum war eine der unklügsten Maßregeln. Es ist bekannt, daß die Bauern in der ersten französischen Revolution die einzigen waren, deren materielle Interessen unmittelbar gehoben wurden. Und dennoch waren sie die ersten, die Widerstand leisteten, sobald die Gesetze des Maximums, die Zwangsgesetze über den Verkauf der Ackerbauprodukte u. dgl., Gesetze, welche damals die Rettung der Republik gebot, diesen undankbaren und kleinlichegoistischen Söhnen derselben einige Opfer auferlegten. Schon hieraus können Sie schließen, welche Wirkung die Zulagesteuer von 45 Ctms. in den Provinzen auf dem Lande hervorrufen mußte. Diese Steuer ist der Schlüssel der bonapartistischen und legitimistischen Bewegung auf dem Lande und drei Viertel von Frankreich ist Land.
Die Auferlegung dieser Steuer ist aber an und für sich, vom ökonomischen Gesichtspunkt aus betrachtet, ein Fehlgriff. Die 45 Ctms. sollen auf das Grundeigenthum fallen. Unser Bauer ist aber nur nomineller Grundeigenthümer. In der Wirklichkeit fließt die Grundrente in die Tasche der Hypothekenbesitzer, der Getraidehändler, der Wucherer, der Hussiers, der Advokaten und der Notare. Der Bauer selbst erhält keinen angemessenen Arbeitslohn, viel weniger Profit und Grundrente. Er befindet sich trotz seines Eigenthumstitels meist in der Lage des irischen Sklaven. Es fehlte der Regierung der Muth, die wirklichen, nicht nominellen Besitzer der Grundrente zu belasten und so hat sie die ackerbauende Bevölkerung, die zudem keine andere Richtschnur als ihr unmittelbar materielles Interesse kennt, der Republik entfremdet. Die Folge davon war nicht nur die Wahl Louis Bonapartes in den Departementen. Gefährlichere Syptome zeigten sich schon in der heutigen Sitzung der Nationalversammlung. Pierre Lerroux bestieg die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er so eben Privatbriefe aus dem Creuze-Departement erhalten, welche ihm anzeigen, daß in Gueret Bürgerwehr und Landbewohner wegen Zahlung der 45 Centimensteuer in fürchterlichem Kampfe gegen einander ausgebrochen seien und bereits Bruderblut geflossen sei.
12 Paris, 17. Juni. Die reaktionäre Regierung Frankreichs ha das merkwürdige Talent, es nach und nach mit allen Parteien zu verderben. Die mächtigste Partei, an welcher sie sich jetzt vergreift, ist die der ganzen Presse, und man weiß, daß die Journalisten in Frankreich nicht mit sich spassen lassen. Ein Journal in der Provinz wurde von dem Unterkommissär des Departements aufgefordert, Kaution zu stellen, widrigenfalls es nach den „noch in Kraft stehenden Gesetzen verfolgt werden sollte.“ Nun sind aber nach der Februar-Revolution eine Menge Blätter entstanden, die alle keine Kaution zahlten. Der Volksrepräsentant Boulay forderte daher den Justizminister auf, sich über die Absichten der Regierung zu erklären. Der Erklärung dieses Ministers gemäß, beabsichtigt die Regierung den „normalen Zustand“ der Presse wieder herbeizuführen. Um allen Meinungen ihren freien Manifestationen während der Wahlen zu lassen, habe man bisheran keine Kaution gefordert. Doch jetzt beschäftige man sich damit, ein Gesetz auszuarbeiten, das die gemilderte Ausgabe der früheren Gesetze über die Presse sei, um dem Staate bei Preßvergehen eine Garantie in Händen zu geben. Der Gerant des Courrier fr. hat bereits energisch protestirt. Nach dem 24. Februar war die Kaution faktisch abgeschafft, und wenn die alten Journale ihre Kaution nicht zurückgezogen, so geschah es blos, um den Schatz nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Die Wiedereinführung der Kaution wäre ein neuer Sieg der großen Kapitalisten.
15Paris, 16. Juni. Die Bauern der 4 Departements Seine, Sarthe, Yonne und Charente inférieure haben Louis Napoleon zum Volksrepräsentanten erkoren, nachdem seine Agenten ihnen versichert, der sauveur werde ohne Weitres die lästigen 45 Centimes die seit Februar von jedem Franken Abgabe mehr erhoben werden, streichen und vielleicht das bereits Gezahlte ihnen ersetzen. Die 30000 Bauern des pariser Weichbildes sind auf's höchste für den „jungen Heros“ begeistert, sie die vor 3 Wochen nur ganz dunkel von seiner Existenz etwas gewußt, haben erklärt sie würden die Waffen ergreifen, wofern die Rationalassemblee den Antrag der Regierungskommission, seine Wahl zu vernichten durchließe. Allenthalben kann man jetzt des Prätendenten Bildnisse und Biographien zu kaufen, ja geschenkt bekommen; hier und da flogen sie aus Fenstern und Kabriolets auf die erstaunden Köpfe der Pariser. Leider ist es erwiesen daß selbst nicht bestochene Ouvriers mit Chorus machten, gradehin es aussprachen: eine Bourgeoisie- und Boutiquierrepublik gewähre dem Volk noch weniger Aussichten als eine pupuläre Diktatur. Soweit geht bereits das Verzweifeln, daß die Chefs der Nationalwerkstätten und die Delegirten der ehemaligen Kommission des Luxemburg ihm durch folgende Affiche entgegentreten mußten: „An alle Arbeiter! Wir, Eure Freunde und Brüder, wir die mit Euch auf den glorreichen Barrikaden fochten und einen das Volk drückenden Thron abermals zerschmettern halfen, beschwören Euch der Vernunft und der Ehre Gehör zu geben. Leihet nicht Euren tapfern Arm den Ränkeschieden die wieder einen Thron und eine Krone verfertigen wollen; das französische Volk ist über solches gefährliche Spielzeug jetzt hinaus. Arbeiter! gedenkt der großen Leiden während 18 Jahren, und unsrer großen That im Februar; gedenkt der Hoffnungen die unsre Kinder auf uns setzen, vergeßt nicht daß das Auge Europas uns französische Arbeiter erwartungsvoll beobachtet. Brüder! Kein französischer Bürger darf einen andern Titel als den eines Bürgers beanspruchen, weiset also jeder Anmaßung den Weg. Es lebe die Republik.“ gez: P. Viucard Präsid., Blum Vicepräsid., Jullien, Lefour, Sekretäre von der Luxemburger Arbeitskommission, Bacon Präsid., Gaulin Sekretär, Ardillon, Petit-Bonnard Lieutenants von den Nationalwerkstätten. Und der energische Sibert, Brigadier der letztern, erließ folgenden Anschlag: „An alle Arbeiter im Namen Aller! Brüder, erwacht, Ihr die Ihr Euch betäubt oder betäuben lassen, erwacht und ergreift das Schild der Ehre welches eine niederträchtige Bande Euch entwinden will. Es ist hohe Zeit, eine grausige Schlinge wird uns Allen gestellt, man schleicht im Dunkeln, man drückt uns Gold in die arbeitslosen Hände, man giebt uns Wein zu trinken, um unsern Rausch auszubeuten. Ha, die Verruchten! sie wähnen, mit Wein und Gold könnten sie eine demokratische sociale Revolution zu Falle bringen! Brüder, seid wachsam, es geht um das Heil des Volkes; wenn wir uns diesmal wieder betrügen lassen, dann wehe uns, dann sind wir werth des ärgsten Fluches. Darum auf und stoßt weit, weit von Euch die Versucher! Es lebe die demokratische sociale Republik!“ Die Epoque ein kleines ironisches Blättchen die als Affische erscheint, ruft: „Der große Prinz aus dem Abendland naht! geschwind einen Thron und Champagner her, insonderheit Champagner wie in Strasbourg und Boulogne.“
Der Gamin de Paris sagt: „Franzosen, Arbeiter, Ihr deren Schweiß den Boden düngt aus dem die Staatsernte emporwächst zu Nutz und Frommen der Bourgeoisie, Ihr deren Blut und Thränen die große Maschine netzt die den s. g. Nationalreichthum producirt, Ihr deren Mütter und Töchter, Schwestern und Frauen von den Seigneurs des Mammon gemiethet und gekauft werden, Ihr die Ihr seit 1789 den Erdball erschüttert habt: Ihr wollt Euch doch wohl jetzt nicht unter den Stiefelabsatz des Däumlings bücken, der einige Phrasen seines Oheims, des verstorbenen Riesen, auswendig gelernt und nur zu intrigiren weiß mit Hülfe des Geldes und der Volksverräther? Der Oheim hat die Anarchie erstickt und der Nation Ruhm geschenkt, dafür hat sie ihn bewundert und angebetet zu seiner Zeit; heute aber sind sie beide quitt mit einander, Napoleon der Kaiser und Frankreich die Republik. Fluch dem Tollhäusler der diese alte Tragödie in einer modernen Komödie nachäffen will; Fluch und Widerstand ihm bis auf den Tod!“
15 Paris, 17. Juni. Das kleine Blatt: La Republique rouge spricht sich über den „Lordmayor“ der „guten“ Stadt Paris aus: ‚So seltsam stand es bei uns noch nie, die ganze Munizipaladministration resumirt sich in einem einzigen Manne. Er aspirirt offenbar nach dem Präsidentensessel. Jetzt thront er behaglich im Pallast des Hotel de Ville; wäre das Volk dabei um Rath zu fragen, er müßte bald wieder in sein Journalbüreau, gewiß sehr heilsam für dies Journal …“ Er gilt als Hauptanstifter des Gesetzes gegen die Zusammenrottirungen unter freiem Himmel; gegen dasselbe wird die Gesellschaft „der Menschen- und Bürgerrechte“ einen Protest einreichen. Das Journal „Assemblee nationale“ verlangt jetzt Herstellung des bonapartischen Throns und ersucht den Prinzen Louis, recht bald die Bourbons zurückzurufen; bei diesem Anlaß ruft die Republique rouge: „Wir alle gehen dem Abgrund zu; der Proletarier hungert, der Bourgeois bettelt; der Kredit ist erstorben; der Handel gelähmt, kann nicht mehr die Adern des Gesellschaftskörpers durchströmen. Und was das Schlimmste, selbst die großartigsten Erschütterungen bieten keine Hoffnung mehr; die Luft ist unathembar geworden; im Palast Luxemburg die fünf Männer, ängstlich nach der Macht haschend, die ihnen täglich entschlüpft; im Hotel de ville, eine Unzahl kleinlicher Komplotte unter Direktion des Lordmayor; in der Nationalassemblee bemüht man sich, die Leiche der verstorbenen Charte zu galvanisiren. Gerechter Himmel! wäre dies wirklich das Geschick des großen Volks, von Guizot auf Marrast, von Marrast auf Thiers zu kommen?“
Ein anderes Blättchen: Le Tocsin des Travailleurs sagt: „Die Deputirten fragen: bekommen wir einen Präsidenten? das Volk fragt: bekommen wir Brod? Die Deputirten: bekommen wir eine oder zwei Kammern? das Volk: bekommen wir Brod? Das ist das uralte Lied; es ähnelt ziemlich der Antwort des armen Weibes, die mit einer weiblichen Deputation zur provisorischen Regierung zog und von einem Bourgeois hören mußte: sie solle lieber daheim bleiben und Strümpfe ausbessern oder Suppen kochen; „ganz richtig, rief sie, wir Frauen hier gehen zur Regierung um Strümpfe und Suppen für die, welche beide nicht haben, zu verlangen.“ Diese echten Proletariatszeitungen sind nicht einig über das Projekt des Riesenbankets von einigen Tausend Arbeitern à 5 Sous per Kopf; der Père Duchene ist zwar noch dafür und verwahrt sich gegen das Gerücht von aristokratischen Geldzuschüssen in die Banketskasse, aber es ist mindestens auf einige Wochen ausgesetzt; die Nationalgarde scheint so erbittert zu sein, daß sie den ersten Angriff zu machen im Stande wäre. Bourgeoisartillerie ist jetzt neu einexerzirt. Freilich stehen viele Ouvriers in Reih und Glied und möglich, daß in den einzelnen Kompagnien der Bürgerwehr selber der Kampf entbrennt; möglich auch das Gegentheil; die Entwickelung geht jetzt so, daß die Pariser selbst nicht über eben Geschehenes sich Rechenschaft ablegen, noch das bald Nothwendige vorauszusehen wagen.
‒ Ein Journal: „Le Tribun du peuple“ wird erscheinen und sich speziell gegen den Favoritismus, die Aemterhäufung und dgl. wenden. Der Licentiat Laviron sagt im Programm: „Der Bürger Buchez sprach Namens der provisorischen Regierung es aus, die Republik ist verpflichtet, alle ihre Kinder zu ernähren; eine Regierung ist verantwortlich für Elend, welches nicht selbst verschuldet ist. So redete einst, daß heißt vor einigen Wochen Bürger Buchez. Wir, der Klub der Literaten, sind überzeugt, daß ein schändlicher Hochverrath darin liegt, einigen Individuen Ueberflüssiges preiszugeben während viele andere noch nicht das Nothwendige besitzen. Wir opponiren gegen die schamlose Kumulirung und Exploitation aller Art, die seit unserm Februar recht an der Tagesordnung zu sein, sich recht zu brüsten scheint. Blickt umher, überall im Dunkeln schleichende Protektion, überall hündisches Antichambriren und Kriechen. Der Faullenzer triumphirt nach wie vor dem Februar über die Arbeitenden. Die Sieger hatten die Thorheit begangen, nicht sogleich mit eignen Händen die Mißbräuche zu entwurzeln. Wir, Klub der Literaten sind entschlossen, sämmtliche öffentliche Beamten Revue zu passiren, vom obersten bis zum untersten Range; unser Blatt wird ihre Titel Ansprüche, Wirksamkeit, Arbeitszeit und Jahrgehalt unerbittlich nach der Statistik publiciren und kritisiren. Fakta sollen seine Waffe sein, nichts als Fakta um dadurch das Ungeheuer der Korruption zu schlagen.“ Allerdings sieht es ungefähr wie unter Louis Philipp aus; z. B. unser Herr Paguerre, dieser libraire democrate par excellence, dieser père de famille modèle, dieser citogen intègre wie der National ihn nannte und nennt, bekleidet fünf gut bezahlte Posten und führt dabei seinen Buchhandel fort; die Gesandtschaftsstellen werden statt an erlesene Demokraten an Legitimisten und Philippisten gegeben, und der Minister des Auswärtigen ist eher für drei supplicirende Comtessen als für einen Barrikadenmann zu sprechen. Das Blatt „Le Volcan“ geschrieben von La citoyen ne sans peur sagt in seiner letzten Nummer: „Die Exekutivkommission hat durch das Gesetz gegen die Zusammenschaarungen unter freiem Himmel eine klägliche Menschenunkenntniß verrathen; sie sollte wissen, daß in Paris ein Monument, z. B. schlecht beschützt ist durch die Aufschrift: Verunreinigung ist verboten, und hieraus konnte sie auf den Erfolg des Zusammenrottirungsverbotes schließen. Zudem sind seine Strafen so kolossal, daß sie gleichsam zum Trotzen recht herausfordern. Ihr Herren von Luxembourg, Ihr habt einen gefährlichen Gewitterableiter neben Euch aufgestellt.“
Großbritannien. 20 London, 17. Juni. Oberhaus-Sitzung vom 16. Juni. Der Earl Fitzhardinge überreichte zwei Petitionen, die eine vom Pächter des Haymarket Theater, die andere vom gesammten Personale des Lyceum-Theaters unterschrieben. Die Petenten verlangen Schutz gegen die Konkurrenz fremder Schauspieler; mit Ausnahme der italienischen Oper soll nirgends sonst ein fremder Schauspieler geduldet werden. Obgleich sie den schmählichen Aufruhr in Drury-Lane gegen französische Schauspieler nicht billigen, so sind sie in der That doch ganz von demselben Geiste beseelt, der sich in dem Benehmen der Tumultuanten vom Drury-Láne Theater zeigte. Die Lords Beaumort, Brougham, Herz, v. Cleveland und Spencer waren einstimmig gegen die Petitionen, deren Illiberalität dem englischen Namen dem englischen Namen nirgends zur Ehre gereichen könne. Lord Stanley machte sodann einen Versuch, ob nicht ein Bischen Getraidezoll im Gegensatz zu dem früheren Parlamentsbeschluß beizubehalten wäre. Er verlange das nicht als Schutzzoll, sondern zum Zweck erhöhter Staatseinnahmen. Er wünsche daher, daß der jetzt bestehende Zoll noch auf 5-6 Monate verlängert und dann vom nächsten Parlament entschieden werde, ob es nicht vortheilhaft sei, eine kleine feste Abgabe von eingeführtem Getraide fortzuerheben. Das Haus ging auf dieses protektionistische „Wünschchen“ nicht weiter ein.
‒ Unterhaus-Sitzung vom 16. Juni. Lord John Russel setzte seinen Plan der Aufhilfe für Westindien auseinander, der hauptsächlich darin besteht, daß den dortigen Pflanzern zu den bereits geliehenen 160,000 Pfd. Sterl. noch 1/2 Million vorgeschossen. oder eine Anleihe von diesem Betrage durch den Staat garantirt werden soll, um ihnen die Einführung „freier“ (!!) Arbeit möglich zu machen. Der zweite Theil des Planes betrifft Abänderung der jetzigen, für Zucker gesetzlich bestimmten Zollscala.
Lord J. Russel fand wenig Beifall. Die westindischen Pflanzer klagen, daß der Plan nur ihren Ruin beschleunige, die Freihandelsmänner wenden ein, daß man Jamaica auf Kosten des ohnehin durch Geschäftsstockung, Pauperismus etc. leidenden Lancashire helfen wolle. Das Haus stimmte schließlich dafür, daß es den Russel'schen Plan nächsten Montag in Comité-Berathung nehmen will. Zuletzt gaben noch die Schifffahrtsgesetze zu einer sehr heftigen, mitunter scharf persönlichen Debatte namentlich zwischen Disraeli und Hawes, Hudson und Hume etc. Veranlassung. Die Gegner der Aufhebung jener Gesetze stemmten sich mit aller Macht dawider, daß sich das Haus zur Comité bilde. Als dies bei der Abstimmung dennoch mit einer Majorität von 87 beschlossen wurde, legten sie der weitern Berathung so viele formelle Hindernisse in den Weg, daß man die Comit-Sitzung endigen und zu den übrigen Gegenständen der Tagesordnung übergehen mußte.
Schluß der Sitzung um Mitternacht.
‒In Bingley (Yorkshire) sind vorigen Donnerstag früh wiederum 5 Chartisten aus ihren Betten geholt und nach York Castle in's Gefängniß geschleppt worden.
‒ Dem progressistischen Deputirten Olozaga ist seine Flucht aus Spanien gelungen. Er langte gestern wohlbehalten in London an.
‒Tom Steele, der mit O'Connell so lange für Repeal kämpfte, es aber, ungleich O'Connell, mit Irland aufrichtig und ehrlich meinte und die Repealfrage nicht als Milchkuh zur Befriedigung seiner Selbstsucht benutzte, ist dieser Tage in einem Wirthshaus zu London als ‒ Pauper (hilfloser Proletarier) gestorben.
‒Consols schlossen zu 831/2, 5/8 für Rechnung. ‒ Der Colonialmarkt befand sich während dieser Woche für die meisten Artikel in großer Flauheit.
Pfuel nach Berlin berufen.
Hommes lettrés (Nro. 5 rue de I'lale), das französische Wort hat nicht die schlechte Bedeutung, die sich an das deutsche knüpft.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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