Neue Rheinische Zeitung. Nr. 9. Köln, 9. Juni 1848.zwischen der Furcht vor der Aristokratie und der radikalen Partei, an deren Spitze man in Schlesien den Grafen v. Reichenbach und den Baron v. Aucker zu sehen meint. Diese Partei sucht ihren Stützpunkt in der Masse des Volkes, das allerdings durch das Verhältniß der Gutsherrlichkeit in einen solchen Zustand der Verarmung gekommen ist, daß Tausende in Oberschlesien vor Hunger sterben. Der gebildete Theil der Bürgerlichen, welcher vorher am meisten vor den Uebergriffen der Aristokratie warnte, wird jetzt eben so von den Proletariern gehaßt, wie mancher vom Adel, da diejenigen, welche auf diese wirken wollen, die Bourgeoisie als einen eben so gefährlichen Feind der Armen darstellen, als die Aristokratie. Am praktischsten sind noch die oberschlesischen Bauern gewesen, diese haben ihre Abgeordneten, Standesgenossen, dahin instruirt, daß sie die gänzliche Befreiung von dem gutsherrlichen Verhältniß mitbringen müßten; sonst würden sie todtgeschlagen. Sie wollen dem Könige geben, was sie sollen, auch ihren Gläubigern, was sie schuldig sind, mithin auch dem bisherigen Grundherren, aber nur als Gläubiger, nicht als Polizeiherren. Man sieht wie wenig man verstanden hat, sich durch das sogenannte patriarchalische Verhältniß beliebt zu machen. Posen, 3. Juni. Alle Nachrichten aus dem benachbarten Königreich Polen lauten außerordentlich kriegerisch, denn es unterliegt keinem Zweifel, daß die halbe russische Armee gegenwärtig in Polen und Litthauen konzentrirt ist. Glaubwürdige hiesige Kaufleute, welche nach vielen Schwierigkeiten vom Fürsten Paskewicz die Erlaubniß zum Ueberschreiten der Gränze erlangt hatten, geben die dortigen russischen Streitkräfte auf 300,000 Mann an. Unsere Militärbehörden scheinen auch nicht ohne Besorgnisse zu sein, weil seit einigen Tagen mit ungeheuren Kräften an der Herstellung unserer Festung gearbeitet wird; alle Arbeiter, die sich nur melden, werden angenommen. Freilich ist unsere Stadt nicht eher hinlänglich geschützt, als bis das Karmeliter-Fort und die Werke am Berliner Thor beendigt sind, indem dann erst die Enceinte, die bis jetzt noch ein Drittel der Stadt ziemlich offen läßt, geschlossen ist. - Unsere Militärbehörde scheint die Ueberzeugung gewonnen zu haben, daß es nothwendig sei, die eingebornen Truppen, meistens die Landwehr, aus der Provinz zu entfernen; der größere Theil derselben, auch Artillerie, ist nach Schlesien und den westlichen Provinzen verlegt. - Die Reorganisation des polnischen Theils unserer Provinz ist völlig stationär geworden, da kein Pole eine Beamtenstelle dort annehmen will; auch der Landrath von Twandowski hat das Präsidium abgelehnt. Was nun? Das deutsche Comite verlangt die Vertheilung der deutschen Kreise unter die angränzenden Provinzen; die hiesigen Kommunalbehörden, so wie alle Gewerbetreibenden im Großherzogthum sind entschieden dagegen, weil sie den Ruin der Stadt Posen als natürliche Folge davon voraussehen. (O.-P.-A.-Z.)Mainz, 6. Juni. Der Beschluß der deutschen Bundesversammlung vom 2. d. M. über die traurige Angelegenheit unserer Stadt hat hier einen Eindruck gemacht, der nicht zu beschreiben ist. Man hat denselben mit eisiger Ruhe aufgenommen und bewundert zugleich den kühnen Humor der Bundesversammlung, mit dem sie sich auch in diesem Beschlusse auf das Reglement der Bundesfestung beruft, das hier Niemand kennt und welches von den hiesigen großh. hess. Behörden deßhalb nicht publicirt werden kann und darf, weil die großh. hess. Staatsregierung diesem Reglement die Sanction verweigert hat. (F. J.)Mainz, 7. Juni. Wie man vernimmt, sollen in den Ortschaften in der Umgegend unserer Stadt bairische und kurhessische Truppen einquartirt werden. Auch ist bereits nach Alzei und Bingen eine hessen-darmstädtische Garnison gelegt worden. Was diese außergewöhnlichen Maßregeln bedeuten mögen? Sind es die Franzosen, welche unserem Ministerium Schrecken verursachen? Oder hat dasselbe wohl gar Furcht vor republikanischen Schilderhebungen?! Jedenfalls wäre es in dieser Beziehung eine Pflicht der Dankbarkeit aller deutschen Regierungen, die großh. hessische Regierung, die so bereitwillig ihre Truppen zur Verfügung gestellt hat, um ganz Deutschland vor der Republik zu bewahren, auf dieselbe Weise zu unterstützen. Scheint es doch eine solidarische Verpflichtung der vaterländischen Regierungen, die Freiheitsgelüste des Volkes im Keime zu ersticken! - - Die hiesigen Militärpflichtigen, welche für dieses Jahr einberufen worden, sind gestern Abend zusammengetreten, um gemeinschaftlich die Schritte zu berathen, die sie zur Wahrung ihrer Interessen für nöthig erachten. Sie haben beschlossen, eine Protestaion gegen die Einberufung zur Musterung abzusenden und vor tder Promulgation einer allgemeinen deutschen Heer- und Wehrordnung durch die Nationalversammlung sich zur Aushebunng nicht zu stellen. Gleichzeitig fordern sie alle Konskribirten aus dem Lande auf, ähnliche Schritte einzuleiten. Heute Abend findet dahier eine weitere Besprechung statt. (Mz. Z.)Mainz, 7. Juni. Von dem Berliner demokratischen Vereine ist eine in einer Versammlung von 4000 Mitgliedern einstimmig angenommene Adresse an die Mainzer Bürger eingelaufen, worin in energischen Worten die Sympathie des Berliner Volkes für die Stadt ausgesprochen und das Verfahren des Militärgouvernements entschieden mißbilligt wird. Bruchsal, 1. Juni. Unser Stadtgespräch hat sich natürlich diese Zeit hindurch auch viel mit den gefangenen Republikanern beschäftigt, die jetzt noch über 600 an der Zahl im neuen Central-Penitenzian-Gefängniß und gegen 120 im Frauen-Gefängniß hier in der Stadt befindlich sind. In dem einer kleinen Festung gleichenden, nach dem Modell der Londoner Penitentiary's gebauten hiesigen Zellengefängniß befinden sich außer 400 jungen Leuten, der pariser deutschen Legion, auch eine Menge Bürger, Studenten und Bauern aus Freiburg, Konstanz, Mannheim, Heidelberg, Sinsheim, Sulzfeld u. s. w. Hoff, Grohe, Adv. v. Rottek befinden sich in einem Flügel, jedoch jeder getrennt in besondern Zellen. Die Behandlung, welche die Gefangenen erleiden, im höchsten Grade zu tadeln. Viele Wochen haben die Leute in kleinen Zellen eingesperrt gelegen, ohne je spazieren geführt zu werden; jetzt, nach einem Protest, welchen Bornstedt an unsere zweite Kammer richtete, welche Schrift aber der Justizminister nicht an Ort und Stelle gelangen ließ, sondern entsetzlich in Beschlag nahm, soll eine Untersuchungs-Kommission vor einigen Tagen aus Karlsruhe angelangt sein, und die Gefangenen besucht haben. Viele hatten auf Stroh liegend Ungeziefer bekommen. Es fehlt noch jetzt theilweise an Decken und Matrazen. Sollte man es glauben - drei Wochen hat Bornstedt auf der Erde schlafen, liegen, schreiben und essen müssen, da man ihm weder Tisch noch Stuhl gab, weder Messer noch Gabel zum Essen!!! Noch jetzt hat kein einziger Gefangener ein Geschirr, um sich zu waschen, und in 2/3 der Zellen sind die Deckel zum Zumachen des Nachtgeschirrs nicht einmal da! Ist eine solche Behandlung nicht empörend? Mehr noch, jetzt sind die unglücklichen Gefangenen bald einen Monat ohne Bewegung, in einigen Zellen zu 4 und 5 zusammengepreßt, alle noch immer ohne auch nur einmal verhört worden zu sein!! Wo bleiben denn Gesetz, Humanität, wo auch nur die gewöhnlichste Beobachtung der Billigkeit. - Ein junger Franzose Namens Xavier aus Charlon sur Marne ist hier bereits im Zellengefängniß durch die Behandlung verückt geworden, und hat man ihn etwa freigelassen oder in ein Irrenhaus gebracht? Keineswegs. Man läßt ihn ohne ärztliche Behandlung allein in einer Zelle. Dem Verwalter des Gefängnisses, Hrn. Arnold, sollen keine Vorwürfe deshalb zu machen sein, da die obere Behörde in Karlsruhe Alles zu vollziehen hat. Wie übrigens der Militär-Despotismus jetzt in unserm Lande herrscht, kann folgendes Beispiel lehren. Plötzlich kommt vor einigen 14 Tagen dem Verwalter des Gefängnisses ein Befehl des würtembergischen Generallieutenant v. Miller aus Lörrach zu, dem Gefangenen Adalbert v. Bornstedt aus Stendal "sämmtliches "Geld, was er besitzt, und was beim Verwahrer Arnold deponirt "sei (40 Gulden) wegzunehmen, indem solches den Soldaten als "Kriegsbeute zu vertheilen sei, welche den v. Bornstedt gefangen "genommen!" Also in einem badischen Gefängnisse verordnet ein würtembergischer General nachträglich Konfiskationen!! Auf die Summe, und ob sie groß oder klein, kommt es gar nicht an. Die Thatsache selbst ist unerhört! Uebrigens ist es jetzt ist unserem ganzen badischen Lande bekannt, welche Excesse sich die würtembergischen Soldaten des 1. und 6. Infanterie-Regiments, auch die Ulanen, den gefangenen, entwaffneten Leuten der Pariser Deutschen Legion gegenüber erlaubte. Nicht blos haben die Würtemberger den Gefangenen nach Willkür all' ihr Gepäcke, vielen alles Geld u. s. w. abgenommen, sondern Unbewaffnete sind, wie ein gewisser Kessler aus Trier zu Bulgen am Rhein niedergestoßen worden. Leichname sind mißhandelt, Gefangene mit Säbelhieben, Kolbenstößen und Bajonettenstichen, (die rohesten Schimpfwörter verstehen sich als Beithat von selbst) überhäuft worden. Auf Fliehende, die unbewaffnet waren, wurde geschossen. Franzosen, die kein Wort deutsch sprachen, wurden auf das Empörendste mißhandelt, weil sie die exaltirte Soldateska nicht verstanden. Die Würtemberger plünderten selbst die Leichname auf dem Schlachtfelde, Todte wurden noch verstümmelt. Die Bauern aus drr Umgegend wissen über diese Gräuelscenen viel zu erzählen. Und das nennt man die öffentliche Ruhe und Ordnung wiederherstellen! - Die Gerichtssitzungen zu Freiburg versprechen interessant und belehrend zu werden. Hoffen wir, daß die Richter und Geschworenen ihre Mission verstehen, und sich nicht zu Werkzeugen der Reaktion werden gebrauchen lassen. Nächste Woche, heißt es, soll die Untersuchungs-Kommission aus Freiburg hier anlangen, um die Gefangenen zu verhören. Es ist in der That hohe Zeit. In England und Frankreich dürfte es ein Regierung nicht wagen, 600 und mehr politische Gefangene einen Monat land ohne Verhör im Zellen-Gefängniß wie Sträflinge, Diebe und Mörder zu behandeln! (Mannh. A. Z.)Prag, 30. Mai. Die Prager Ztg. enthält eine Bekanntmachung des Grafen Leo Thun, worin die Gewähr der Bitte um Zulassung zur Theilnahme am nächsten Landtag für die nicht den Landständen angehörigen Besitzer landtäflicher Güter veröffentlicht wird. Böhmen soll zu diesem Zwecke in 5 Bezirke getheilt werden, in deren jedem die Gutsbesitzer 4 Landtagsabgeordnete wählen. - Während die Abgeordneten zum Slavenkongreß, worunter viele Polen und Südslaven, unter festlichem Empfang immer zahlreicher einziehen, bringt die heutige Nummer der Narodni Nowiny das Programm der Versammlung. Die ankommenden Slaven werden in drei Abtheilungen eingezeichnet, deren erste (sbor) die Böhmen, Mähren, Schlesier und Slowaken, die zweite die Polen und Ruthenen, die dritte die Slowenen, Kroaten, Serben und Dalmatier umfaßt. Drei Vertrauensmänner nehmen jeden der Eingeschriebenen in die Abtheilung auf. Jedem Mitglied steht durch eine Karte der Zutritt zu allen drei Abtheilungen offen. Jede Abtheilung wählt aus sich 16 Kongreßausschußmitglieder, einen Präsidenturkandidaten, einen Kongreßsekretär und dessen Ersatzmann. Die vereinigten drei Ausschüsse ernennen aus den drei Kandidaten den Präsidenten (starosta), die beiden andern Kandidaten sind Vicepräsidenten. Am 1. Juni wird der Kongreß eröffnet. Die Verhandlungsvorlagen werden in der vom kleinen Ausschuß festgestellten Ordnung berathen. Jede beendete Verhandlung einer Abtheilung wird dem Kongreßpräsidenten mitgetheilt, zu gemeinschaftlichen Beschlüssen gehört die Zustimmung aller drei Abtheilungen. Kommt eine solche zu Stande, so wird dieselbe vom kleinen Ausschuß in öffentlicher Sitzung bekannt gemacht; stellen sich unbedeutende Differenzen heraus, so bewirkt der große Ausschuß die Ausgleichung; bedeutende Differenzen bedingen eine nochmalige Berathung in den Abtheilungen. In jeder öffentlichen Sitzung des Kongresses werden die Abtheilungsverhandlungen verlesen und vertheilt, dann die gefaßten Beschlüsse vorgetragen und von den Mitgliedern durch Aufstehen bestätigt. Diese Beschlüsse werden dann auch in deutscher Sprache verkündet. (A. A. Z.)Prag, 31. Mai. Die Abgeordneten des Slavenkongresses, der morgen mit einem Gottesdienst in der Methodiuskapelle der Teynkirche eröffnet werden soll, sind gestern Nachmittag in großer Anzahl mit dem Eisenbahnzug aus Wien angekommen, und nun wimmelt es in den Gassen von seltsamen Trachten, schönen, aber unheimlich wilden Gestalten, südlichgebräunten Gesichtern. Tschechische und panslavische Fahnen, blau, roth und weiß werden durch die Gassen getragen. Mitglieder des Studentenkorps: Slavia- und der Swornostgarde geben den Gästen das Geleite. Die böhmischen Zeitungen liefern heute ein Programm des Kongresses in Bezug seiner Sektionen und Sitzungen; die eigentlichen Fragen mit denen er sich beschäftigen will, sind noch nicht veröffentlicht, aber es ahnt sie jeder. Es gilt auf den Trümmern der Monarchie ein großslavisches Reich mit Hinzuziehung der außer Oesterreich wohnenden Serben zu bauen, ein Reich, welches das Riesengebirge und die Karpathen, das adriatische Meer und den Balkan zu Gränzen haben soll. Wäre es nur eben so leicht zu schaffen wie zu dekretiren; die guten Panslavisten machen ihre Rechnung ohne an Deutschland, die Magyaren und die Russen zu denken! Der Bann von Croatien, Jellachich, der hinter all dem Treiben dieses Slavenkongresses steckt, hat an den hiesigen Nationalausschuß eine Zuschrift in illyrischer Sprache erlassen, in welcher er das "Brudervolk der Böhmen" auffordert, den Landtag der vereinigten Königreiche Slavonien, Croatien und Dalmatien, der für den 5. Juni angesagt, durch Zusendung von Deptirten zu "verschöneren." Der Nationalausschuß erwiederte diese Galanterie des Bann, indem er ihn ebenfalls in einer Zuschrift bat auch der Bann möchte seinerseits Deputirte ad audiendum zum Prager Landtag schicken, (A. A. Z.)Polen. Lemberg, 27. Mai. Die Lemberger Garnison hat, mit der Unterschrift aller Offizieren, einen Aufruf an die Armee erlassen, worin sie dem Wiener Treiben auf das entschiedenste entgegentritt. Sie erklärt sich gegen die anmaßende Gewalt einer kleinen Fraktion welche den Staat "anarchischer Entfesselung rathlos in die Arme schleudert." Dagegen aufzutreten sei die Armee als staatsbürgerliche Genossenschaft, wie als fest geschlossene Macht moralisch und politisch verpflichtet, es sei ihre Aufgabe sich dorthin zu stellen wo sie Kaiser und Vaterland schirmen könne. Schließlich faßt der Aufruf die Entschließung der Soldaten in die Worte zusammen: "Wir wollen Ordnung, wir wollen Recht, wir wollen das hohe Gut unserer Konstitution in weitester Ausdehnung, jedoch in männlichkluger, geregelter Entwicklung auf das schärfste bewachen." Daß sich diesem Entschluß die ganze Armee anschließen werde, ist die Hoffnung in welcher dieser Aufruf von der Lemberger Garnison erlassen worden. (A. A. Z.)Ungarn. Pesth, 28. Mai. Unter den neuesten ministerillen Erlassen scheint der wichtigste jener welcher die Ruhestörer, beziehentlich die Gemeinden, für die Transport- und Verpflegungskosten der Truppen verpflichtet deren Sendung durch die Ruhestörungen veranlaßt wurde. Wiener Blätter berichten daß die Stadt Pesth 300,000 Fl. ohne Zinsen, der Ministerpräsident Barthyanyt 1 Mill. dem Staate darleihen, und Fürst Esterhazy demselben seine Schatzkammer zur Verfügung stellen wolle, um darauf seine hypothekarische Anleihe zu nehmen. Uedrigens nahm die Besorgniß vor den Slaven immer zu. Die Agramer Ztg. meldete bereits daß man in Agram das Bild des Palatins verbrannte, und an den Ka ser die Erklärung sandte, daß man Gut und Blut für völlige Selbstständigkeit der kroatischen Nation zu opfern bereit sei falls Kroatien den Ungarn preisgegeben werden solle. Noch bedenklicher sind die Nachrichten aus Neusatz. Als dort der ministerielle Kommissär v. Esernowicz nicht in die Aufhebung des Standrechts währen des Kirchenkongresses willigte, verlegte man diesen nach Carlowitz und verbrannte die zur Ruhe mahnende Proklamation des Regierungskommissärs. Darauf folgte die Wahl des Obersten Suplikatz zum serbischen Woiwoden, und des Carlowitzer Erzbischofs zum Patriarchen. In den Bezirk der Woiwodschaft gehören Syrmien, die Komitate Bacs, Baranya und Veröcze. An 600 bewaffnete Serben kamen aus Serbien zur Carlowitzer Versammlung, und eine Deputation von 200 Mann soll nun dem Kaiser die Wünsche der Serben vortragen. Man will das ungarische Ministerium durchaus nicht anerkennen. In Pesth aber glaubt man die Wiener Regierung von allen diesen Vorgängen unterrichtet, und argwöhnt diese suche in einer slavischen Monarchie den letzten Rettungsanker oder ein Mittel Ungarn zur Wiederunterwerfung zu bringen. Ueberdieß zeigen auch die in Pesth garnisonirenden Illyrier und Kroaten starke Sympathien für den Banus Jelachich. Außerdem herrscht, nach Briefen der D. A. Z., in Ungarns nördlichen (Trentschiner, Arvaer, Thurotzer, Liptauer) Komitaten eine völlige Anarchie, welche sich besonders gegen die Juden und alle Besitzenden richtet, nebenbei aber auch starke Sympathien für die Posener Polen zeigt. Ferner läuft aus Kronstadt, 18. Mai, das Ergebniß einer von 10,000 Menschen besuchten Versammlung in Blasendorf ein. Es war keine Union mit Ungarn; gleiche Rechte und Freiheiten wie die übrigen siebenbürgenschen Nationen auch für die Walachen, die Landtagsverhandlungen sollen ungarisch, deusch und walachisch geführt werden, die Walachen geloben dem österreichischen Kaiserhause unverbrüchliche Treue. Mit diesen Beschlüssen sollten Deputationen nach Wien und Klausenburg abgehen. (A. A. Z.)Belgien. 20Brüssel, 7. Juni. Seit zwei oder drei Jahren sind 11 bis 12,000 Fr. den Generalen und oberen Offizieren zugewiesen, die sich zu dem Manöver auf das Feld von Beverloo begeben. Die Manöver von Beverloo existiren seit 1815, die Gehaltszulagen erst seit dem liberalen Ministerium, das die Monarchie auf breitester demokratischer Unterlage, die belgische Muster-Konstitution zu einer Wahrheit gemacht hat. Der Generalkommandant des Feldlagers z. B., bezieht, außer seinem gewöhnlichen Gehalt von 46 Fr. 30 Ct. per Tag, 100 Fr. täglich für ausgesuchte Gerichte und feine Weine, außerdem 14 Feldrationen und Feuragerationen. (Nation) Und Herr Baron von Chazal sollte nicht Recht haben, wenn er die Armee den schönsten Ring in der Kette der belgischen Institutionen nennt? - In Brüssel fand eine kleine Emente statt, unter den am neuen Hypgodrom beschäftigten Erdarbeitern. * Verviers, 7. Mai. Es existiren hier jetzt 5 Clubs. Der letzte hat sich so eben gebildet; die Societe liberale antirepublicaine. Niederlande. *Haag, 7. Juni. Holland scheint wirklich in Noth zu sein. Unsere Minister wissen kaum mehr wo ihnen der Kopf steht. Vorgestern Staatsrathssitzung, nachher langer Ministerrath; gestern wieder Ministerrath, heute morgen abermals Ministerrath und gleich darauf Staatsrathssitzung unter dem Präsidium des Königs. Französische Republik. *Paris, 6. Juni. Der Versuch, Louis Blanc in Anklagezustand zu versetzen, war nur das Vorspiel einer Anklage gegen die exekutive Kommission, von der man erwartete, daß sie sich gleich beim Beginn der Debatte zurückziehen würde. Der 2. Juni sollte ein 9. Thermidor werden. Man begann mit Louis Blanc, weil man die großen Antipathien der Bourgeois-Majorität gegen ihn mit richtigem Instinkte heraufgefühlt hatte. Marrast, der ehemalige Redakteur des National, der Republikaner en gants jaunes, der Gentilhomme von der Feder und der Ritter von der Phrase, war Chef des Komplotts, das im ehemaligen Palais royal, jetzigen Palais national seinen Sitz hatte. Hier thronte er unter 200 Repräsentanten, mit der ganzen Würde eines Mannes, der sich als gouvernementaler Mann der Situation fühlt. Plötzlich im Augenblicke der Entscheidung in der Sitzung vom 2. Juni, blies Marrast zum Rückzug. Er erinnerte sich nicht, Louis Blanc am 15. Mai im Hotel de ville gesehen zu haben. Woher diese plötzliche Sinnesänderung? Es war Herrn Marrast unter der Zeit bange geworden vor der alten dynastischen Partei, namentlich vor der in der Bourgeoisie neuauftauchenden Popularität des greisen Gamin Thiers. Und Herr Marrast erinnerte sich, daß man Lamartine gegen Ledru-Rollin benutzt, um Herrn Marrast und die ganze Partei des National an's Ruder zu bringen. Ebenso war man im Begriff, ihn, Herrn Marrast, gegen die exekutive Kommission zu benutzen, um Herrn Thiers und Odillon-Barret mit der Milchstraße von Duvergier, Remusat u. s. w. hinter ihnen an die Regierung zu bringen. Welchen Dank Lamartine dafür einerntet, daß er sich dazu hergab, die Contrerevolution zu stylisiren, mögen Sie aus folgender Apostrophe sehen, die das "Pamphlet" - der "Globe" des Herrn Thiers - an ihn richtet: "Lamartine, aufgepaßt! Frankreich hat Sie zu sehr geliebt, um Sie je nur halb hassen zu können. Sie waren sein Lieblings-Dichter, sein Redner, sein Geschichtschreiber, sein Leiter, es hat Ihnen zugeklatscht, es hat Sie in seine Arme gepreßt! Aber Sie entfernen sich vom Kapitol, sie gehen dem tarpegischen Felsen zu! Kehren Sie um Lamartine, danken Sie den Göttern, das Vaterland vor der Anarchie und der rothen Fahne gerettet zu haben. Es ist vielleicht noch Zeit. Im Namen Frankreichs, Lamartine, wenn Sie diesen Muth nicht in sich fühlen, verschwinden Sie, auf daß nicht ein Schriftsteller der Zukunft jemals unsere Republik anklage, undankbar und grausam gegen den Redner vom Hotel de ville gewesen zu sein. - Die Wahl der Vicepräsidenten Bethmont, Marrast, Corbon, Cormenin, Portalis und Lacrosse ist ein entschiedener Sieg der Partei des National. Cremieux hat die Bedeutung der Wahl von Portalis verstanden, und seine Entlassung als Minister und Deputirter eingereicht. Die Nationalversammlung gab ihm noch auf andere Weise ihre Böswilligkeit zu erkennen, indem sie Landrin, Edmond Lafayette und Berard zu Secretairen ernannte. Lamartin und Ledru-Rollin sollen diese Vicepräsidenten- und Secretairenwahl als offene Kriegserklärung der Nationalversammlung gegen die executive Commission betrachten und ihre Entlassung einreichen wollen. Auf der offiziellen Oberfläche werden dann nur noch zwei Parteien spielen, die beide der Februarrevolution gleich feindlich sind, die Partei des National und die Thierspartei. zwischen der Furcht vor der Aristokratie und der radikalen Partei, an deren Spitze man in Schlesien den Grafen v. Reichenbach und den Baron v. Aucker zu sehen meint. Diese Partei sucht ihren Stützpunkt in der Masse des Volkes, das allerdings durch das Verhältniß der Gutsherrlichkeit in einen solchen Zustand der Verarmung gekommen ist, daß Tausende in Oberschlesien vor Hunger sterben. Der gebildete Theil der Bürgerlichen, welcher vorher am meisten vor den Uebergriffen der Aristokratie warnte, wird jetzt eben so von den Proletariern gehaßt, wie mancher vom Adel, da diejenigen, welche auf diese wirken wollen, die Bourgeoisie als einen eben so gefährlichen Feind der Armen darstellen, als die Aristokratie. Am praktischsten sind noch die oberschlesischen Bauern gewesen, diese haben ihre Abgeordneten, Standesgenossen, dahin instruirt, daß sie die gänzliche Befreiung von dem gutsherrlichen Verhältniß mitbringen müßten; sonst würden sie todtgeschlagen. Sie wollen dem Könige geben, was sie sollen, auch ihren Gläubigern, was sie schuldig sind, mithin auch dem bisherigen Grundherren, aber nur als Gläubiger, nicht als Polizeiherren. Man sieht wie wenig man verstanden hat, sich durch das sogenannte patriarchalische Verhältniß beliebt zu machen. Posen, 3. Juni. Alle Nachrichten aus dem benachbarten Königreich Polen lauten außerordentlich kriegerisch, denn es unterliegt keinem Zweifel, daß die halbe russische Armee gegenwärtig in Polen und Litthauen konzentrirt ist. Glaubwürdige hiesige Kaufleute, welche nach vielen Schwierigkeiten vom Fürsten Paskewicz die Erlaubniß zum Ueberschreiten der Gränze erlangt hatten, geben die dortigen russischen Streitkräfte auf 300,000 Mann an. Unsere Militärbehörden scheinen auch nicht ohne Besorgnisse zu sein, weil seit einigen Tagen mit ungeheuren Kräften an der Herstellung unserer Festung gearbeitet wird; alle Arbeiter, die sich nur melden, werden angenommen. Freilich ist unsere Stadt nicht eher hinlänglich geschützt, als bis das Karmeliter-Fort und die Werke am Berliner Thor beendigt sind, indem dann erst die Enceinte, die bis jetzt noch ein Drittel der Stadt ziemlich offen läßt, geschlossen ist. ‒ Unsere Militärbehörde scheint die Ueberzeugung gewonnen zu haben, daß es nothwendig sei, die eingebornen Truppen, meistens die Landwehr, aus der Provinz zu entfernen; der größere Theil derselben, auch Artillerie, ist nach Schlesien und den westlichen Provinzen verlegt. ‒ Die Reorganisation des polnischen Theils unserer Provinz ist völlig stationär geworden, da kein Pole eine Beamtenstelle dort annehmen will; auch der Landrath von Twandowski hat das Präsidium abgelehnt. Was nun? Das deutsche Comite verlangt die Vertheilung der deutschen Kreise unter die angränzenden Provinzen; die hiesigen Kommunalbehörden, so wie alle Gewerbetreibenden im Großherzogthum sind entschieden dagegen, weil sie den Ruin der Stadt Posen als natürliche Folge davon voraussehen. (O.-P.-A.-Z.)Mainz, 6. Juni. Der Beschluß der deutschen Bundesversammlung vom 2. d. M. über die traurige Angelegenheit unserer Stadt hat hier einen Eindruck gemacht, der nicht zu beschreiben ist. Man hat denselben mit eisiger Ruhe aufgenommen und bewundert zugleich den kühnen Humor der Bundesversammlung, mit dem sie sich auch in diesem Beschlusse auf das Reglement der Bundesfestung beruft, das hier Niemand kennt und welches von den hiesigen großh. hess. Behörden deßhalb nicht publicirt werden kann und darf, weil die großh. hess. Staatsregierung diesem Reglement die Sanction verweigert hat. (F. J.)Mainz, 7. Juni. Wie man vernimmt, sollen in den Ortschaften in der Umgegend unserer Stadt bairische und kurhessische Truppen einquartirt werden. Auch ist bereits nach Alzei und Bingen eine hessen-darmstädtische Garnison gelegt worden. Was diese außergewöhnlichen Maßregeln bedeuten mögen? Sind es die Franzosen, welche unserem Ministerium Schrecken verursachen? Oder hat dasselbe wohl gar Furcht vor republikanischen Schilderhebungen?! Jedenfalls wäre es in dieser Beziehung eine Pflicht der Dankbarkeit aller deutschen Regierungen, die großh. hessische Regierung, die so bereitwillig ihre Truppen zur Verfügung gestellt hat, um ganz Deutschland vor der Republik zu bewahren, auf dieselbe Weise zu unterstützen. Scheint es doch eine solidarische Verpflichtung der vaterländischen Regierungen, die Freiheitsgelüste des Volkes im Keime zu ersticken! ‒ ‒ Die hiesigen Militärpflichtigen, welche für dieses Jahr einberufen worden, sind gestern Abend zusammengetreten, um gemeinschaftlich die Schritte zu berathen, die sie zur Wahrung ihrer Interessen für nöthig erachten. Sie haben beschlossen, eine Protestaion gegen die Einberufung zur Musterung abzusenden und vor tder Promulgation einer allgemeinen deutschen Heer- und Wehrordnung durch die Nationalversammlung sich zur Aushebunng nicht zu stellen. Gleichzeitig fordern sie alle Konskribirten aus dem Lande auf, ähnliche Schritte einzuleiten. Heute Abend findet dahier eine weitere Besprechung statt. (Mz. Z.)Mainz, 7. Juni. Von dem Berliner demokratischen Vereine ist eine in einer Versammlung von 4000 Mitgliedern einstimmig angenommene Adresse an die Mainzer Bürger eingelaufen, worin in energischen Worten die Sympathie des Berliner Volkes für die Stadt ausgesprochen und das Verfahren des Militärgouvernements entschieden mißbilligt wird. Bruchsal, 1. Juni. Unser Stadtgespräch hat sich natürlich diese Zeit hindurch auch viel mit den gefangenen Republikanern beschäftigt, die jetzt noch über 600 an der Zahl im neuen Central-Penitenzian-Gefängniß und gegen 120 im Frauen-Gefängniß hier in der Stadt befindlich sind. In dem einer kleinen Festung gleichenden, nach dem Modell der Londoner Penitentiary's gebauten hiesigen Zellengefängniß befinden sich außer 400 jungen Leuten, der pariser deutschen Legion, auch eine Menge Bürger, Studenten und Bauern aus Freiburg, Konstanz, Mannheim, Heidelberg, Sinsheim, Sulzfeld u. s. w. Hoff, Grohe, Adv. v. Rottek befinden sich in einem Flügel, jedoch jeder getrennt in besondern Zellen. Die Behandlung, welche die Gefangenen erleiden, im höchsten Grade zu tadeln. Viele Wochen haben die Leute in kleinen Zellen eingesperrt gelegen, ohne je spazieren geführt zu werden; jetzt, nach einem Protest, welchen Bornstedt an unsere zweite Kammer richtete, welche Schrift aber der Justizminister nicht an Ort und Stelle gelangen ließ, sondern entsetzlich in Beschlag nahm, soll eine Untersuchungs-Kommission vor einigen Tagen aus Karlsruhe angelangt sein, und die Gefangenen besucht haben. Viele hatten auf Stroh liegend Ungeziefer bekommen. Es fehlt noch jetzt theilweise an Decken und Matrazen. Sollte man es glauben ‒ drei Wochen hat Bornstedt auf der Erde schlafen, liegen, schreiben und essen müssen, da man ihm weder Tisch noch Stuhl gab, weder Messer noch Gabel zum Essen!!! Noch jetzt hat kein einziger Gefangener ein Geschirr, um sich zu waschen, und in 2/3 der Zellen sind die Deckel zum Zumachen des Nachtgeschirrs nicht einmal da! Ist eine solche Behandlung nicht empörend? Mehr noch, jetzt sind die unglücklichen Gefangenen bald einen Monat ohne Bewegung, in einigen Zellen zu 4 und 5 zusammengepreßt, alle noch immer ohne auch nur einmal verhört worden zu sein!! Wo bleiben denn Gesetz, Humanität, wo auch nur die gewöhnlichste Beobachtung der Billigkeit. ‒ Ein junger Franzose Namens Xavier aus Charlon sur Marne ist hier bereits im Zellengefängniß durch die Behandlung verückt geworden, und hat man ihn etwa freigelassen oder in ein Irrenhaus gebracht? Keineswegs. Man läßt ihn ohne ärztliche Behandlung allein in einer Zelle. Dem Verwalter des Gefängnisses, Hrn. Arnold, sollen keine Vorwürfe deshalb zu machen sein, da die obere Behörde in Karlsruhe Alles zu vollziehen hat. Wie übrigens der Militär-Despotismus jetzt in unserm Lande herrscht, kann folgendes Beispiel lehren. Plötzlich kommt vor einigen 14 Tagen dem Verwalter des Gefängnisses ein Befehl des würtembergischen Generallieutenant v. Miller aus Lörrach zu, dem Gefangenen Adalbert v. Bornstedt aus Stendal „sämmtliches „Geld, was er besitzt, und was beim Verwahrer Arnold deponirt „sei (40 Gulden) wegzunehmen, indem solches den Soldaten als „Kriegsbeute zu vertheilen sei, welche den v. Bornstedt gefangen „genommen!“ Also in einem badischen Gefängnisse verordnet ein würtembergischer General nachträglich Konfiskationen!! Auf die Summe, und ob sie groß oder klein, kommt es gar nicht an. Die Thatsache selbst ist unerhört! Uebrigens ist es jetzt ist unserem ganzen badischen Lande bekannt, welche Excesse sich die würtembergischen Soldaten des 1. und 6. Infanterie-Regiments, auch die Ulanen, den gefangenen, entwaffneten Leuten der Pariser Deutschen Legion gegenüber erlaubte. Nicht blos haben die Würtemberger den Gefangenen nach Willkür all' ihr Gepäcke, vielen alles Geld u. s. w. abgenommen, sondern Unbewaffnete sind, wie ein gewisser Kessler aus Trier zu Bulgen am Rhein niedergestoßen worden. Leichname sind mißhandelt, Gefangene mit Säbelhieben, Kolbenstößen und Bajonettenstichen, (die rohesten Schimpfwörter verstehen sich als Beithat von selbst) überhäuft worden. Auf Fliehende, die unbewaffnet waren, wurde geschossen. Franzosen, die kein Wort deutsch sprachen, wurden auf das Empörendste mißhandelt, weil sie die exaltirte Soldateska nicht verstanden. Die Würtemberger plünderten selbst die Leichname auf dem Schlachtfelde, Todte wurden noch verstümmelt. Die Bauern aus drr Umgegend wissen über diese Gräuelscenen viel zu erzählen. Und das nennt man die öffentliche Ruhe und Ordnung wiederherstellen! ‒ Die Gerichtssitzungen zu Freiburg versprechen interessant und belehrend zu werden. Hoffen wir, daß die Richter und Geschworenen ihre Mission verstehen, und sich nicht zu Werkzeugen der Reaktion werden gebrauchen lassen. Nächste Woche, heißt es, soll die Untersuchungs-Kommission aus Freiburg hier anlangen, um die Gefangenen zu verhören. Es ist in der That hohe Zeit. In England und Frankreich dürfte es ein Regierung nicht wagen, 600 und mehr politische Gefangene einen Monat land ohne Verhör im Zellen-Gefängniß wie Sträflinge, Diebe und Mörder zu behandeln! (Mannh. A. Z.)Prag, 30. Mai. Die Prager Ztg. enthält eine Bekanntmachung des Grafen Leo Thun, worin die Gewähr der Bitte um Zulassung zur Theilnahme am nächsten Landtag für die nicht den Landständen angehörigen Besitzer landtäflicher Güter veröffentlicht wird. Böhmen soll zu diesem Zwecke in 5 Bezirke getheilt werden, in deren jedem die Gutsbesitzer 4 Landtagsabgeordnete wählen. ‒ Während die Abgeordneten zum Slavenkongreß, worunter viele Polen und Südslaven, unter festlichem Empfang immer zahlreicher einziehen, bringt die heutige Nummer der Narodni Nowiny das Programm der Versammlung. Die ankommenden Slaven werden in drei Abtheilungen eingezeichnet, deren erste (sbor) die Böhmen, Mähren, Schlesier und Slowaken, die zweite die Polen und Ruthenen, die dritte die Slowenen, Kroaten, Serben und Dalmatier umfaßt. Drei Vertrauensmänner nehmen jeden der Eingeschriebenen in die Abtheilung auf. Jedem Mitglied steht durch eine Karte der Zutritt zu allen drei Abtheilungen offen. Jede Abtheilung wählt aus sich 16 Kongreßausschußmitglieder, einen Präsidenturkandidaten, einen Kongreßsekretär und dessen Ersatzmann. Die vereinigten drei Ausschüsse ernennen aus den drei Kandidaten den Präsidenten (starosta), die beiden andern Kandidaten sind Vicepräsidenten. Am 1. Juni wird der Kongreß eröffnet. Die Verhandlungsvorlagen werden in der vom kleinen Ausschuß festgestellten Ordnung berathen. Jede beendete Verhandlung einer Abtheilung wird dem Kongreßpräsidenten mitgetheilt, zu gemeinschaftlichen Beschlüssen gehört die Zustimmung aller drei Abtheilungen. Kommt eine solche zu Stande, so wird dieselbe vom kleinen Ausschuß in öffentlicher Sitzung bekannt gemacht; stellen sich unbedeutende Differenzen heraus, so bewirkt der große Ausschuß die Ausgleichung; bedeutende Differenzen bedingen eine nochmalige Berathung in den Abtheilungen. In jeder öffentlichen Sitzung des Kongresses werden die Abtheilungsverhandlungen verlesen und vertheilt, dann die gefaßten Beschlüsse vorgetragen und von den Mitgliedern durch Aufstehen bestätigt. Diese Beschlüsse werden dann auch in deutscher Sprache verkündet. (A. A. Z.)Prag, 31. Mai. Die Abgeordneten des Slavenkongresses, der morgen mit einem Gottesdienst in der Methodiuskapelle der Teynkirche eröffnet werden soll, sind gestern Nachmittag in großer Anzahl mit dem Eisenbahnzug aus Wien angekommen, und nun wimmelt es in den Gassen von seltsamen Trachten, schönen, aber unheimlich wilden Gestalten, südlichgebräunten Gesichtern. Tschechische und panslavische Fahnen, blau, roth und weiß werden durch die Gassen getragen. Mitglieder des Studentenkorps: Slavia- und der Swornostgarde geben den Gästen das Geleite. Die böhmischen Zeitungen liefern heute ein Programm des Kongresses in Bezug seiner Sektionen und Sitzungen; die eigentlichen Fragen mit denen er sich beschäftigen will, sind noch nicht veröffentlicht, aber es ahnt sie jeder. Es gilt auf den Trümmern der Monarchie ein großslavisches Reich mit Hinzuziehung der außer Oesterreich wohnenden Serben zu bauen, ein Reich, welches das Riesengebirge und die Karpathen, das adriatische Meer und den Balkan zu Gränzen haben soll. Wäre es nur eben so leicht zu schaffen wie zu dekretiren; die guten Panslavisten machen ihre Rechnung ohne an Deutschland, die Magyaren und die Russen zu denken! Der Bann von Croatien, Jellachich, der hinter all dem Treiben dieses Slavenkongresses steckt, hat an den hiesigen Nationalausschuß eine Zuschrift in illyrischer Sprache erlassen, in welcher er das „Brudervolk der Böhmen“ auffordert, den Landtag der vereinigten Königreiche Slavonien, Croatien und Dalmatien, der für den 5. Juni angesagt, durch Zusendung von Deptirten zu „verschöneren.“ Der Nationalausschuß erwiederte diese Galanterie des Bann, indem er ihn ebenfalls in einer Zuschrift bat auch der Bann möchte seinerseits Deputirte ad audiendum zum Prager Landtag schicken, (A. A. Z.)Polen. Lemberg, 27. Mai. Die Lemberger Garnison hat, mit der Unterschrift aller Offizieren, einen Aufruf an die Armee erlassen, worin sie dem Wiener Treiben auf das entschiedenste entgegentritt. Sie erklärt sich gegen die anmaßende Gewalt einer kleinen Fraktion welche den Staat „anarchischer Entfesselung rathlos in die Arme schleudert.“ Dagegen aufzutreten sei die Armee als staatsbürgerliche Genossenschaft, wie als fest geschlossene Macht moralisch und politisch verpflichtet, es sei ihre Aufgabe sich dorthin zu stellen wo sie Kaiser und Vaterland schirmen könne. Schließlich faßt der Aufruf die Entschließung der Soldaten in die Worte zusammen: „Wir wollen Ordnung, wir wollen Recht, wir wollen das hohe Gut unserer Konstitution in weitester Ausdehnung, jedoch in männlichkluger, geregelter Entwicklung auf das schärfste bewachen.“ Daß sich diesem Entschluß die ganze Armee anschließen werde, ist die Hoffnung in welcher dieser Aufruf von der Lemberger Garnison erlassen worden. (A. A. Z.)Ungarn. Pesth, 28. Mai. Unter den neuesten ministerillen Erlassen scheint der wichtigste jener welcher die Ruhestörer, beziehentlich die Gemeinden, für die Transport- und Verpflegungskosten der Truppen verpflichtet deren Sendung durch die Ruhestörungen veranlaßt wurde. Wiener Blätter berichten daß die Stadt Pesth 300,000 Fl. ohne Zinsen, der Ministerpräsident Barthyanyt 1 Mill. dem Staate darleihen, und Fürst Esterhazy demselben seine Schatzkammer zur Verfügung stellen wolle, um darauf seine hypothekarische Anleihe zu nehmen. Uedrigens nahm die Besorgniß vor den Slaven immer zu. Die Agramer Ztg. meldete bereits daß man in Agram das Bild des Palatins verbrannte, und an den Ka ser die Erklärung sandte, daß man Gut und Blut für völlige Selbstständigkeit der kroatischen Nation zu opfern bereit sei falls Kroatien den Ungarn preisgegeben werden solle. Noch bedenklicher sind die Nachrichten aus Neusatz. Als dort der ministerielle Kommissär v. Esernowicz nicht in die Aufhebung des Standrechts währen des Kirchenkongresses willigte, verlegte man diesen nach Carlowitz und verbrannte die zur Ruhe mahnende Proklamation des Regierungskommissärs. Darauf folgte die Wahl des Obersten Suplikatz zum serbischen Woiwoden, und des Carlowitzer Erzbischofs zum Patriarchen. In den Bezirk der Woiwodschaft gehören Syrmien, die Komitate Bacs, Baranya und Veröcze. An 600 bewaffnete Serben kamen aus Serbien zur Carlowitzer Versammlung, und eine Deputation von 200 Mann soll nun dem Kaiser die Wünsche der Serben vortragen. Man will das ungarische Ministerium durchaus nicht anerkennen. In Pesth aber glaubt man die Wiener Regierung von allen diesen Vorgängen unterrichtet, und argwöhnt diese suche in einer slavischen Monarchie den letzten Rettungsanker oder ein Mittel Ungarn zur Wiederunterwerfung zu bringen. Ueberdieß zeigen auch die in Pesth garnisonirenden Illyrier und Kroaten starke Sympathien für den Banus Jelachich. Außerdem herrscht, nach Briefen der D. A. Z., in Ungarns nördlichen (Trentschiner, Arvaer, Thurotzer, Liptauer) Komitaten eine völlige Anarchie, welche sich besonders gegen die Juden und alle Besitzenden richtet, nebenbei aber auch starke Sympathien für die Posener Polen zeigt. Ferner läuft aus Kronstadt, 18. Mai, das Ergebniß einer von 10,000 Menschen besuchten Versammlung in Blasendorf ein. Es war keine Union mit Ungarn; gleiche Rechte und Freiheiten wie die übrigen siebenbürgenschen Nationen auch für die Walachen, die Landtagsverhandlungen sollen ungarisch, deusch und walachisch geführt werden, die Walachen geloben dem österreichischen Kaiserhause unverbrüchliche Treue. Mit diesen Beschlüssen sollten Deputationen nach Wien und Klausenburg abgehen. (A. A. Z.)Belgien. 20Brüssel, 7. Juni. Seit zwei oder drei Jahren sind 11 bis 12,000 Fr. den Generalen und oberen Offizieren zugewiesen, die sich zu dem Manöver auf das Feld von Beverloo begeben. Die Manöver von Beverloo existiren seit 1815, die Gehaltszulagen erst seit dem libéralen Ministerium, das die Monarchie auf breitester demokratischer Unterlage, die belgische Muster-Konstitution zu einer Wahrheit gemacht hat. Der Generalkommandant des Feldlagers z. B., bezieht, außer seinem gewöhnlichen Gehalt von 46 Fr. 30 Ct. per Tag, 100 Fr. täglich für ausgesuchte Gerichte und feine Weine, außerdem 14 Feldrationen und Feuragerationen. (Nation) Und Herr Baron von Chazal sollte nicht Recht haben, wenn er die Armee den schönsten Ring in der Kette der belgischen Institutionen nennt? ‒ In Brüssel fand eine kleine Emente statt, unter den am neuen Hypgodrom beschäftigten Erdarbeitern. * Verviers, 7. Mai. Es existiren hier jetzt 5 Clubs. Der letzte hat sich so eben gebildet; die Sociétè libérale antirépublicaine. Niederlande. *Haag, 7. Juni. Holland scheint wirklich in Noth zu sein. Unsere Minister wissen kaum mehr wo ihnen der Kopf steht. Vorgestern Staatsrathssitzung, nachher langer Ministerrath; gestern wieder Ministerrath, heute morgen abermals Ministerrath und gleich darauf Staatsrathssitzung unter dem Präsidium des Königs. Französische Republik. *Paris, 6. Juni. Der Versuch, Louis Blanc in Anklagezustand zu versetzen, war nur das Vorspiel einer Anklage gegen die exekutive Kommission, von der man erwartete, daß sie sich gleich beim Beginn der Debatte zurückziehen würde. Der 2. Juni sollte ein 9. Thermidor werden. Man begann mit Louis Blanc, weil man die großen Antipathien der Bourgeois-Majorität gegen ihn mit richtigem Instinkte heraufgefühlt hatte. Marrast, der ehemalige Redakteur des National, der Republikaner en gants jaunes, der Gentilhomme von der Feder und der Ritter von der Phrase, war Chef des Komplotts, das im ehemaligen Palais royal, jetzigen Palais national seinen Sitz hatte. Hier thronte er unter 200 Repräsentanten, mit der ganzen Würde eines Mannes, der sich als gouvernementaler Mann der Situation fühlt. Plötzlich im Augenblicke der Entscheidung in der Sitzung vom 2. Juni, blies Marrast zum Rückzug. Er erinnerte sich nicht, Louis Blanc am 15. Mai im Hotel de ville gesehen zu haben. Woher diese plötzliche Sinnesänderung? Es war Herrn Marrast unter der Zeit bange geworden vor der alten dynastischen Partei, namentlich vor der in der Bourgeoisie neuauftauchenden Popularität des greisen Gamin Thiers. Und Herr Marrast erinnerte sich, daß man Lamartine gegen Ledru-Rollin benutzt, um Herrn Marrast und die ganze Partei des National an's Ruder zu bringen. Ebenso war man im Begriff, ihn, Herrn Marrast, gegen die exekutive Kommission zu benutzen, um Herrn Thiers und Odillon-Barret mit der Milchstraße von Duvergier, Remusat u. s. w. hinter ihnen an die Regierung zu bringen. Welchen Dank Lamartine dafür einerntet, daß er sich dazu hergab, die Contrerevolution zu stylisiren, mögen Sie aus folgender Apostrophe sehen, die das „Pamphlet“ ‒ der „Globe“ des Herrn Thiers ‒ an ihn richtet: „Lamartine, aufgepaßt! Frankreich hat Sie zu sehr geliebt, um Sie je nur halb hassen zu können. Sie waren sein Lieblings-Dichter, sein Redner, sein Geschichtschreiber, sein Leiter, es hat Ihnen zugeklatscht, es hat Sie in seine Arme gepreßt! Aber Sie entfernen sich vom Kapitol, sie gehen dem tarpegischen Felsen zu! Kehren Sie um Lamartine, danken Sie den Göttern, das Vaterland vor der Anarchie und der rothen Fahne gerettet zu haben. Es ist vielleicht noch Zeit. Im Namen Frankreichs, Lamartine, wenn Sie diesen Muth nicht in sich fühlen, verschwinden Sie, auf daß nicht ein Schriftsteller der Zukunft jemals unsere Republik anklage, undankbar und grausam gegen den Redner vom Hotel de ville gewesen zu sein. ‒ Die Wahl der Vicepräsidenten Bethmont, Marrast, Corbon, Cormenin, Portalis und Lacrosse ist ein entschiedener Sieg der Partei des National. Cremieux hat die Bedeutung der Wahl von Portalis verstanden, und seine Entlassung als Minister und Deputirter eingereicht. Die Nationalversammlung gab ihm noch auf andere Weise ihre Böswilligkeit zu erkennen, indem sie Landrin, Edmond Lafayette und Berard zu Secretairen ernannte. Lamartin und Ledru-Rollin sollen diese Vicepräsidenten- und Secretairenwahl als offene Kriegserklärung der Nationalversammlung gegen die executive Commission betrachten und ihre Entlassung einreichen wollen. Auf der offiziellen Oberfläche werden dann nur noch zwei Parteien spielen, die beide der Februarrevolution gleich feindlich sind, die Partei des National und die Thierspartei. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar009_015" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0037"/> zwischen der Furcht vor der Aristokratie und der radikalen Partei, an deren Spitze man in Schlesien den Grafen v. Reichenbach und den Baron v. Aucker zu sehen meint. Diese Partei sucht ihren Stützpunkt in der Masse des Volkes, das allerdings durch das Verhältniß der Gutsherrlichkeit in einen solchen Zustand der Verarmung gekommen ist, daß Tausende in Oberschlesien vor Hunger sterben. Der gebildete Theil der Bürgerlichen, welcher vorher am meisten vor den Uebergriffen der Aristokratie warnte, wird jetzt eben so von den Proletariern gehaßt, wie mancher vom Adel, da diejenigen, welche auf diese wirken wollen, die Bourgeoisie als einen eben so gefährlichen Feind der Armen darstellen, als die Aristokratie. Am praktischsten sind noch die oberschlesischen Bauern gewesen, diese haben ihre Abgeordneten, Standesgenossen, dahin instruirt, daß sie die gänzliche Befreiung von dem gutsherrlichen Verhältniß mitbringen müßten; sonst würden sie todtgeschlagen. Sie wollen dem Könige geben, was sie sollen, auch ihren Gläubigern, was sie schuldig sind, mithin auch dem bisherigen Grundherren, aber nur als Gläubiger, nicht als Polizeiherren. Man sieht wie wenig man verstanden hat, sich durch das sogenannte patriarchalische Verhältniß beliebt zu machen.</p> <bibl>(O.-P.-A.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar009_016" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Posen,</hi> 3. Juni.</head> <p>Alle Nachrichten aus dem benachbarten Königreich Polen lauten außerordentlich kriegerisch, denn es unterliegt keinem Zweifel, daß die halbe russische Armee gegenwärtig in Polen und Litthauen konzentrirt ist. Glaubwürdige hiesige Kaufleute, welche nach vielen Schwierigkeiten vom Fürsten Paskewicz die Erlaubniß zum Ueberschreiten der Gränze erlangt hatten, geben die dortigen russischen Streitkräfte auf 300,000 Mann an. Unsere Militärbehörden scheinen auch nicht ohne Besorgnisse zu sein, weil seit einigen Tagen mit ungeheuren Kräften an der Herstellung unserer Festung gearbeitet wird; alle Arbeiter, die sich nur melden, werden angenommen. Freilich ist unsere Stadt nicht eher hinlänglich geschützt, als bis das Karmeliter-Fort und die Werke am Berliner Thor beendigt sind, indem dann erst die Enceinte, die bis jetzt noch ein Drittel der Stadt ziemlich offen läßt, geschlossen ist. ‒ Unsere Militärbehörde scheint die Ueberzeugung gewonnen zu haben, daß es nothwendig sei, die eingebornen Truppen, meistens die Landwehr, aus der Provinz zu entfernen; der größere Theil derselben, auch Artillerie, ist nach Schlesien und den westlichen Provinzen verlegt. ‒ Die Reorganisation des polnischen Theils unserer Provinz ist völlig stationär geworden, da kein Pole eine Beamtenstelle dort annehmen will; auch der Landrath von Twandowski hat das Präsidium abgelehnt. Was nun? Das deutsche Comite verlangt die Vertheilung der deutschen Kreise unter die angränzenden Provinzen; die hiesigen Kommunalbehörden, so wie alle Gewerbetreibenden im Großherzogthum sind entschieden dagegen, weil sie den Ruin der Stadt Posen als natürliche Folge davon voraussehen.</p> <bibl>(O.-P.-A.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar009_017" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Mainz,</hi> 6. Juni.</head> <p>Der Beschluß der deutschen Bundesversammlung vom 2. d. M. über die traurige Angelegenheit unserer Stadt hat hier einen Eindruck gemacht, der nicht zu beschreiben ist. Man hat denselben mit eisiger Ruhe aufgenommen und bewundert zugleich den kühnen Humor der Bundesversammlung, mit dem sie sich auch in diesem Beschlusse auf das Reglement der Bundesfestung beruft, das hier Niemand kennt und welches von den hiesigen großh. hess. Behörden deßhalb nicht publicirt werden kann und darf, weil die großh. hess. Staatsregierung diesem Reglement die Sanction verweigert hat.</p> <bibl>(F. J.)</bibl> </div> <div xml:id="ar009_018" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Mainz,</hi> 7. Juni.</head> <p>Wie man vernimmt, sollen in den Ortschaften in der Umgegend unserer Stadt bairische und kurhessische Truppen einquartirt werden. Auch ist bereits nach Alzei und Bingen eine hessen-darmstädtische Garnison gelegt worden. Was diese außergewöhnlichen Maßregeln bedeuten mögen? Sind es die Franzosen, welche unserem Ministerium Schrecken verursachen? Oder hat dasselbe wohl gar Furcht vor republikanischen Schilderhebungen?! Jedenfalls wäre es in dieser Beziehung eine Pflicht der Dankbarkeit aller deutschen Regierungen, die großh. hessische Regierung, die so bereitwillig ihre Truppen zur Verfügung gestellt hat, um ganz Deutschland vor der Republik zu bewahren, auf dieselbe Weise zu unterstützen. Scheint es doch eine solidarische Verpflichtung der vaterländischen Regierungen, die Freiheitsgelüste des Volkes im Keime zu ersticken! ‒</p> <p>‒ Die hiesigen Militärpflichtigen, welche für dieses Jahr einberufen worden, sind gestern Abend zusammengetreten, um gemeinschaftlich die Schritte zu berathen, die sie zur Wahrung ihrer Interessen für nöthig erachten. Sie haben beschlossen, eine Protestaion gegen die Einberufung zur Musterung abzusenden und vor tder Promulgation einer allgemeinen deutschen Heer- und Wehrordnung durch die Nationalversammlung <hi rendition="#g">sich zur Aushebunng nicht zu stellen.</hi> Gleichzeitig fordern sie alle Konskribirten aus dem Lande auf, ähnliche Schritte einzuleiten. Heute Abend findet dahier eine weitere Besprechung statt.</p> <bibl>(Mz. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar009_019" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Mainz,</hi> 7. Juni.</head> <p>Von dem Berliner demokratischen Vereine ist eine in einer Versammlung von 4000 Mitgliedern einstimmig angenommene Adresse an die Mainzer Bürger eingelaufen, worin in energischen Worten die Sympathie des Berliner Volkes für die Stadt ausgesprochen und das Verfahren des Militärgouvernements entschieden mißbilligt wird.</p> </div> <div xml:id="ar009_020" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Bruchsal,</hi> 1. Juni.</head> <p>Unser Stadtgespräch hat sich natürlich diese Zeit hindurch auch viel mit den gefangenen Republikanern beschäftigt, die jetzt noch über 600 an der Zahl im neuen Central-Penitenzian-Gefängniß und gegen 120 im Frauen-Gefängniß hier in der Stadt befindlich sind. In dem einer kleinen Festung gleichenden, nach dem Modell der Londoner Penitentiary's gebauten hiesigen Zellengefängniß befinden sich außer 400 jungen Leuten, der pariser deutschen Legion, auch eine Menge Bürger, Studenten und Bauern aus Freiburg, Konstanz, Mannheim, Heidelberg, Sinsheim, Sulzfeld u. s. w. Hoff, Grohe, Adv. v. Rottek befinden sich in einem Flügel, jedoch jeder getrennt in besondern Zellen.</p> <p>Die Behandlung, welche die Gefangenen erleiden, im höchsten Grade zu tadeln. Viele Wochen haben die Leute in kleinen Zellen eingesperrt gelegen, ohne je spazieren geführt zu werden; jetzt, nach einem Protest, welchen Bornstedt an unsere zweite Kammer richtete, welche Schrift aber der Justizminister nicht an Ort und Stelle gelangen ließ, sondern entsetzlich in Beschlag nahm, soll eine Untersuchungs-Kommission vor einigen Tagen aus Karlsruhe angelangt sein, und die Gefangenen besucht haben.</p> <p>Viele hatten auf Stroh liegend Ungeziefer bekommen. Es fehlt noch jetzt theilweise an Decken und Matrazen. Sollte man es glauben ‒ drei Wochen hat Bornstedt auf der Erde schlafen, liegen, schreiben und essen müssen, da man ihm weder Tisch noch Stuhl gab, weder Messer noch Gabel zum Essen!!! Noch jetzt hat kein einziger Gefangener ein Geschirr, um sich zu waschen, und in 2/3 der Zellen sind die Deckel zum Zumachen des Nachtgeschirrs nicht einmal da! Ist eine solche Behandlung nicht empörend? Mehr noch, jetzt sind die unglücklichen Gefangenen bald einen Monat ohne Bewegung, in einigen Zellen zu 4 und 5 zusammengepreßt, alle noch immer ohne auch nur einmal verhört worden zu sein!! Wo bleiben denn Gesetz, Humanität, wo auch nur die gewöhnlichste Beobachtung der Billigkeit. ‒ Ein junger Franzose Namens Xavier aus Charlon sur Marne ist hier bereits im Zellengefängniß durch die Behandlung verückt geworden, und hat man ihn etwa freigelassen oder in ein Irrenhaus gebracht? Keineswegs. Man läßt ihn ohne ärztliche Behandlung allein in einer Zelle. Dem Verwalter des Gefängnisses, Hrn. Arnold, sollen keine Vorwürfe deshalb zu machen sein, da die obere Behörde in Karlsruhe Alles zu vollziehen hat.</p> <p>Wie übrigens der Militär-Despotismus jetzt in unserm Lande herrscht, kann folgendes Beispiel lehren. Plötzlich kommt vor einigen 14 Tagen dem Verwalter des Gefängnisses ein Befehl des würtembergischen Generallieutenant v. Miller aus Lörrach zu, dem Gefangenen Adalbert v. Bornstedt aus Stendal „sämmtliches „Geld, was er besitzt, und was beim Verwahrer Arnold deponirt „sei (40 Gulden) wegzunehmen, indem solches den Soldaten als „Kriegsbeute zu vertheilen sei, welche den v. Bornstedt gefangen „genommen!“</p> <p>Also in einem badischen Gefängnisse verordnet ein würtembergischer General nachträglich Konfiskationen!! Auf die Summe, und ob sie groß oder klein, kommt es gar nicht an. Die Thatsache selbst ist unerhört!</p> <p>Uebrigens ist es jetzt ist unserem ganzen badischen Lande bekannt, welche Excesse sich die würtembergischen Soldaten des 1. und 6. Infanterie-Regiments, auch die Ulanen, den gefangenen, entwaffneten Leuten der Pariser Deutschen Legion gegenüber erlaubte. Nicht blos haben die Würtemberger den Gefangenen nach Willkür all' ihr Gepäcke, vielen alles Geld u. s. w. abgenommen, sondern Unbewaffnete sind, wie ein gewisser Kessler aus Trier zu Bulgen am Rhein niedergestoßen worden. Leichname sind mißhandelt, Gefangene mit Säbelhieben, Kolbenstößen und Bajonettenstichen, (die rohesten Schimpfwörter verstehen sich als Beithat von selbst) überhäuft worden. Auf Fliehende, die unbewaffnet waren, wurde geschossen. Franzosen, die kein Wort deutsch sprachen, wurden auf das Empörendste mißhandelt, weil sie die exaltirte Soldateska nicht verstanden. Die Würtemberger plünderten selbst die Leichname auf dem Schlachtfelde, Todte wurden noch verstümmelt. Die Bauern aus drr Umgegend wissen über diese Gräuelscenen viel zu erzählen.</p> <p>Und das nennt man die öffentliche Ruhe und Ordnung wiederherstellen! ‒</p> <p>Die Gerichtssitzungen zu Freiburg versprechen interessant und belehrend zu werden.</p> <p>Hoffen wir, daß die Richter und Geschworenen ihre Mission verstehen, und sich nicht zu Werkzeugen der Reaktion werden gebrauchen lassen.</p> <p>Nächste Woche, heißt es, soll die Untersuchungs-Kommission aus Freiburg hier anlangen, um die Gefangenen zu verhören. Es ist in der That hohe Zeit. In England und Frankreich dürfte es ein Regierung nicht wagen, 600 und mehr politische Gefangene einen Monat land ohne Verhör im Zellen-Gefängniß wie Sträflinge, Diebe und Mörder zu behandeln!</p> <bibl>(Mannh. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar009_021" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Prag,</hi> 30. Mai.</head> <p>Die Prager Ztg. enthält eine Bekanntmachung des Grafen Leo Thun, worin die Gewähr der Bitte um Zulassung zur Theilnahme am nächsten Landtag für die nicht den Landständen angehörigen Besitzer landtäflicher Güter veröffentlicht wird. Böhmen soll zu diesem Zwecke in 5 Bezirke getheilt werden, in deren jedem die Gutsbesitzer 4 Landtagsabgeordnete wählen. ‒ Während die Abgeordneten zum Slavenkongreß, worunter viele Polen und Südslaven, unter festlichem Empfang immer zahlreicher einziehen, bringt die heutige Nummer der Narodni Nowiny das Programm der Versammlung. Die ankommenden Slaven werden in drei Abtheilungen eingezeichnet, deren erste (sbor) die Böhmen, Mähren, Schlesier und Slowaken, die zweite die Polen und Ruthenen, die dritte die Slowenen, Kroaten, Serben und Dalmatier umfaßt. Drei Vertrauensmänner nehmen jeden der Eingeschriebenen in die Abtheilung auf. Jedem Mitglied steht durch eine Karte der Zutritt zu allen drei Abtheilungen offen. Jede Abtheilung wählt aus sich 16 Kongreßausschußmitglieder, einen Präsidenturkandidaten, einen Kongreßsekretär und dessen Ersatzmann. Die vereinigten drei Ausschüsse ernennen aus den drei Kandidaten den Präsidenten (starosta), die beiden andern Kandidaten sind Vicepräsidenten. Am 1. Juni wird der Kongreß eröffnet. Die Verhandlungsvorlagen werden in der vom kleinen Ausschuß festgestellten Ordnung berathen. Jede beendete Verhandlung einer Abtheilung wird dem Kongreßpräsidenten mitgetheilt, zu gemeinschaftlichen Beschlüssen gehört die Zustimmung aller drei Abtheilungen. Kommt eine solche zu Stande, so wird dieselbe vom kleinen Ausschuß in öffentlicher Sitzung bekannt gemacht; stellen sich unbedeutende Differenzen heraus, so bewirkt der große Ausschuß die Ausgleichung; bedeutende Differenzen bedingen eine nochmalige Berathung in den Abtheilungen. In jeder öffentlichen Sitzung des Kongresses werden die Abtheilungsverhandlungen verlesen und vertheilt, dann die gefaßten Beschlüsse vorgetragen und von den Mitgliedern durch Aufstehen bestätigt. Diese Beschlüsse werden dann auch in deutscher Sprache verkündet.</p> <bibl>(A. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar009_022" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Prag,</hi> 31. Mai.</head> <p>Die Abgeordneten des Slavenkongresses, der morgen mit einem Gottesdienst in der Methodiuskapelle der Teynkirche eröffnet werden soll, sind gestern Nachmittag in großer Anzahl mit dem Eisenbahnzug aus Wien angekommen, und nun wimmelt es in den Gassen von seltsamen Trachten, schönen, aber unheimlich wilden Gestalten, südlichgebräunten Gesichtern. Tschechische und panslavische Fahnen, blau, roth und weiß werden durch die Gassen getragen. Mitglieder des Studentenkorps: Slavia- und der Swornostgarde geben den Gästen das Geleite. Die böhmischen Zeitungen liefern heute ein Programm des Kongresses in Bezug seiner Sektionen und Sitzungen; die eigentlichen Fragen mit denen er sich beschäftigen will, sind noch nicht veröffentlicht, aber es ahnt sie jeder. Es gilt auf den Trümmern der Monarchie ein großslavisches Reich mit Hinzuziehung der außer Oesterreich wohnenden Serben zu bauen, ein Reich, welches das Riesengebirge und die Karpathen, das adriatische Meer und den Balkan zu Gränzen haben soll. Wäre es nur eben so leicht zu schaffen wie zu dekretiren; die guten Panslavisten machen ihre Rechnung ohne an Deutschland, die Magyaren und die Russen zu denken! Der Bann von Croatien, Jellachich, der hinter all dem Treiben dieses Slavenkongresses steckt, hat an den hiesigen Nationalausschuß eine Zuschrift in illyrischer Sprache erlassen, in welcher er das „Brudervolk der Böhmen“ auffordert, den Landtag der vereinigten Königreiche Slavonien, Croatien und Dalmatien, der für den 5. Juni angesagt, durch Zusendung von Deptirten zu „verschöneren.“ Der Nationalausschuß erwiederte diese Galanterie des Bann, indem er ihn ebenfalls in einer Zuschrift bat auch der Bann möchte seinerseits Deputirte ad audiendum zum Prager Landtag schicken,</p> <bibl>(A. A. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Polen.</hi> </head> <div xml:id="ar009_023" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Lemberg,</hi> 27. Mai.</head> <p>Die Lemberger Garnison hat, mit der Unterschrift aller Offizieren, einen Aufruf an die Armee erlassen, worin sie dem Wiener Treiben auf das entschiedenste entgegentritt. Sie erklärt sich gegen die anmaßende Gewalt einer kleinen Fraktion welche den Staat „anarchischer Entfesselung rathlos in die Arme schleudert.“ Dagegen aufzutreten sei die Armee als staatsbürgerliche Genossenschaft, wie als fest geschlossene Macht moralisch und politisch verpflichtet, es sei ihre Aufgabe sich dorthin zu stellen wo sie Kaiser und Vaterland schirmen könne. Schließlich faßt der Aufruf die Entschließung der Soldaten in die Worte zusammen: „Wir wollen Ordnung, wir wollen Recht, wir wollen das hohe Gut unserer Konstitution in weitester Ausdehnung, jedoch in männlichkluger, geregelter Entwicklung auf das schärfste bewachen.“ Daß sich diesem Entschluß die ganze Armee anschließen werde, ist die Hoffnung in welcher dieser Aufruf von der Lemberger Garnison erlassen worden.</p> <bibl>(A. A. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Ungarn.</hi> </head> <div xml:id="ar009_024" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Pesth,</hi> 28. Mai.</head> <p>Unter den neuesten ministerillen Erlassen scheint der wichtigste jener welcher die Ruhestörer, beziehentlich die Gemeinden, für die Transport- und Verpflegungskosten der Truppen verpflichtet deren Sendung durch die Ruhestörungen veranlaßt wurde. Wiener Blätter berichten daß die Stadt Pesth 300,000 Fl. ohne Zinsen, der Ministerpräsident Barthyanyt 1 Mill. dem Staate darleihen, und Fürst Esterhazy demselben seine Schatzkammer zur Verfügung stellen wolle, um darauf seine hypothekarische Anleihe zu nehmen. Uedrigens nahm die Besorgniß vor den Slaven immer zu. Die Agramer Ztg. meldete bereits daß man in Agram das Bild des Palatins verbrannte, und an den Ka ser die Erklärung sandte, daß man Gut und Blut für völlige Selbstständigkeit der kroatischen Nation zu opfern bereit sei falls Kroatien den Ungarn preisgegeben werden solle. Noch bedenklicher sind die Nachrichten aus Neusatz. Als dort der ministerielle Kommissär v. Esernowicz nicht in die Aufhebung des Standrechts währen des Kirchenkongresses willigte, verlegte man diesen nach Carlowitz und verbrannte die zur Ruhe mahnende Proklamation des Regierungskommissärs. Darauf folgte die Wahl des Obersten Suplikatz zum serbischen Woiwoden, und des Carlowitzer Erzbischofs zum Patriarchen. In den Bezirk der Woiwodschaft gehören Syrmien, die Komitate Bacs, Baranya und Veröcze. An 600 bewaffnete Serben kamen aus Serbien zur Carlowitzer Versammlung, und eine Deputation von 200 Mann soll nun dem Kaiser die Wünsche der Serben vortragen. Man will das ungarische Ministerium durchaus nicht anerkennen. In Pesth aber glaubt man die Wiener Regierung von allen diesen Vorgängen unterrichtet, und argwöhnt diese suche in einer slavischen Monarchie den letzten Rettungsanker oder ein Mittel Ungarn zur Wiederunterwerfung zu bringen. Ueberdieß zeigen auch die in Pesth garnisonirenden Illyrier und Kroaten starke Sympathien für den Banus Jelachich. Außerdem herrscht, nach Briefen der D. A. Z., in Ungarns nördlichen (Trentschiner, Arvaer, Thurotzer, Liptauer) Komitaten eine völlige Anarchie, welche sich besonders gegen die Juden und alle Besitzenden richtet, nebenbei aber auch starke Sympathien für die Posener Polen zeigt. Ferner läuft aus Kronstadt, 18. Mai, das Ergebniß einer von 10,000 Menschen besuchten Versammlung in Blasendorf ein. Es war keine Union mit Ungarn; gleiche Rechte und Freiheiten wie die übrigen siebenbürgenschen Nationen auch für die Walachen, die Landtagsverhandlungen sollen ungarisch, deusch und walachisch geführt werden, die Walachen geloben dem österreichischen Kaiserhause unverbrüchliche Treue. Mit diesen Beschlüssen sollten Deputationen nach Wien und Klausenburg abgehen.</p> <bibl>(A. A. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Belgien.</hi> </head> <div xml:id="ar009_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>20</author></bibl><hi rendition="#g">Brüssel,</hi> 7. Juni.</head> <p>Seit zwei oder drei Jahren sind 11 bis 12,000 Fr. den Generalen und oberen Offizieren zugewiesen, die sich zu dem Manöver auf das Feld von Beverloo begeben. Die Manöver von Beverloo existiren seit 1815, die Gehaltszulagen erst seit dem libéralen Ministerium, das die Monarchie <hi rendition="#g">auf breitester demokratischer Unterlage,</hi> die belgische Muster-Konstitution zu einer Wahrheit gemacht hat. Der Generalkommandant des Feldlagers z. B., bezieht, außer seinem gewöhnlichen Gehalt von 46 Fr. 30 Ct. per Tag, 100 Fr. täglich für ausgesuchte Gerichte und feine Weine, außerdem 14 Feldrationen und Feuragerationen. (Nation) Und Herr Baron von Chazal sollte nicht Recht haben, wenn er die Armee den schönsten Ring in der Kette der belgischen Institutionen nennt?</p> <p>‒ In Brüssel fand eine kleine Emente statt, unter den am neuen Hypgodrom beschäftigten Erdarbeitern.</p> </div> <div xml:id="ar009_026" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Verviers,</hi> 7. Mai.</head> <p>Es existiren hier jetzt 5 Clubs. Der letzte hat sich so eben gebildet; die <hi rendition="#g">Sociétè libérale antirépublicaine.</hi></p> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Niederlande.</hi> </head> <div xml:id="ar009_027" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Haag,</hi> 7. Juni.</head> <p>Holland scheint wirklich in Noth zu sein. Unsere Minister wissen kaum mehr wo ihnen der Kopf steht. Vorgestern Staatsrathssitzung, nachher langer Ministerrath; gestern wieder Ministerrath, heute morgen abermals Ministerrath und gleich darauf Staatsrathssitzung unter dem Präsidium des Königs.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar009_028" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Paris,</hi> 6. Juni.</head> <p>Der Versuch, Louis Blanc in Anklagezustand zu versetzen, war nur das Vorspiel einer Anklage gegen die exekutive Kommission, von der man erwartete, daß sie sich gleich beim Beginn der Debatte zurückziehen würde. Der 2. Juni sollte ein 9. Thermidor werden. Man begann mit Louis Blanc, weil man die großen Antipathien der Bourgeois-Majorität gegen ihn mit richtigem Instinkte heraufgefühlt hatte. Marrast, der ehemalige Redakteur des National, der Republikaner en gants jaunes, der Gentilhomme von der Feder und der Ritter von der Phrase, war Chef des Komplotts, das im ehemaligen Palais royal, jetzigen Palais national seinen Sitz hatte. Hier thronte er unter 200 Repräsentanten, mit der ganzen Würde eines Mannes, der sich als gouvernementaler Mann der Situation fühlt. Plötzlich im Augenblicke der Entscheidung in der Sitzung vom 2. Juni, blies Marrast zum Rückzug. Er erinnerte sich nicht, Louis Blanc am 15. Mai im Hotel de ville gesehen zu haben. Woher diese plötzliche Sinnesänderung? Es war Herrn Marrast unter der Zeit bange geworden vor der alten dynastischen Partei, namentlich vor der in der Bourgeoisie neuauftauchenden Popularität des greisen Gamin Thiers. Und Herr Marrast erinnerte sich, daß man Lamartine gegen Ledru-Rollin benutzt, um Herrn Marrast und die ganze Partei des National an's Ruder zu bringen. Ebenso war man im Begriff, ihn, Herrn Marrast, gegen die exekutive Kommission zu benutzen, um Herrn Thiers und Odillon-Barret mit der Milchstraße von Duvergier, Remusat u. s. w. hinter ihnen an die Regierung zu bringen. Welchen Dank Lamartine dafür einerntet, daß er sich dazu hergab, die Contrerevolution zu stylisiren, mögen Sie aus folgender Apostrophe sehen, die das „<hi rendition="#g">Pamphlet</hi>“ ‒ der „Globe“ des Herrn Thiers ‒ an ihn richtet:</p> <p>„Lamartine, aufgepaßt! Frankreich hat Sie zu sehr geliebt, um Sie je nur halb hassen zu können. Sie waren sein Lieblings-Dichter, sein Redner, sein Geschichtschreiber, sein Leiter, es hat Ihnen zugeklatscht, es hat Sie in seine Arme gepreßt! Aber Sie entfernen sich vom Kapitol, sie gehen dem tarpegischen Felsen zu! Kehren Sie um Lamartine, danken Sie den Göttern, das Vaterland vor der Anarchie und der rothen Fahne gerettet zu haben. Es ist vielleicht noch Zeit. Im Namen Frankreichs, Lamartine, wenn Sie diesen Muth nicht in sich fühlen, verschwinden Sie, auf daß nicht ein Schriftsteller der Zukunft jemals unsere Republik anklage, undankbar und <hi rendition="#g">grausam</hi> gegen den Redner vom Hotel de ville gewesen zu sein.</p> <p>‒ Die Wahl der Vicepräsidenten Bethmont, Marrast, Corbon, Cormenin, Portalis und Lacrosse ist ein entschiedener Sieg der Partei des National. Cremieux hat die Bedeutung der Wahl von Portalis verstanden, und seine Entlassung als Minister und Deputirter eingereicht. Die Nationalversammlung gab ihm noch auf andere Weise ihre Böswilligkeit zu erkennen, indem sie Landrin, Edmond Lafayette und Berard zu Secretairen ernannte. Lamartin und Ledru-Rollin sollen diese Vicepräsidenten- und Secretairenwahl als offene Kriegserklärung der Nationalversammlung gegen die executive Commission betrachten und ihre Entlassung einreichen wollen. Auf der offiziellen Oberfläche werden dann nur noch zwei Parteien spielen, die beide der Februarrevolution gleich feindlich sind, die Partei des National und die Thierspartei.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0037/0003]
zwischen der Furcht vor der Aristokratie und der radikalen Partei, an deren Spitze man in Schlesien den Grafen v. Reichenbach und den Baron v. Aucker zu sehen meint. Diese Partei sucht ihren Stützpunkt in der Masse des Volkes, das allerdings durch das Verhältniß der Gutsherrlichkeit in einen solchen Zustand der Verarmung gekommen ist, daß Tausende in Oberschlesien vor Hunger sterben. Der gebildete Theil der Bürgerlichen, welcher vorher am meisten vor den Uebergriffen der Aristokratie warnte, wird jetzt eben so von den Proletariern gehaßt, wie mancher vom Adel, da diejenigen, welche auf diese wirken wollen, die Bourgeoisie als einen eben so gefährlichen Feind der Armen darstellen, als die Aristokratie. Am praktischsten sind noch die oberschlesischen Bauern gewesen, diese haben ihre Abgeordneten, Standesgenossen, dahin instruirt, daß sie die gänzliche Befreiung von dem gutsherrlichen Verhältniß mitbringen müßten; sonst würden sie todtgeschlagen. Sie wollen dem Könige geben, was sie sollen, auch ihren Gläubigern, was sie schuldig sind, mithin auch dem bisherigen Grundherren, aber nur als Gläubiger, nicht als Polizeiherren. Man sieht wie wenig man verstanden hat, sich durch das sogenannte patriarchalische Verhältniß beliebt zu machen.
(O.-P.-A.-Z.) Posen, 3. Juni. Alle Nachrichten aus dem benachbarten Königreich Polen lauten außerordentlich kriegerisch, denn es unterliegt keinem Zweifel, daß die halbe russische Armee gegenwärtig in Polen und Litthauen konzentrirt ist. Glaubwürdige hiesige Kaufleute, welche nach vielen Schwierigkeiten vom Fürsten Paskewicz die Erlaubniß zum Ueberschreiten der Gränze erlangt hatten, geben die dortigen russischen Streitkräfte auf 300,000 Mann an. Unsere Militärbehörden scheinen auch nicht ohne Besorgnisse zu sein, weil seit einigen Tagen mit ungeheuren Kräften an der Herstellung unserer Festung gearbeitet wird; alle Arbeiter, die sich nur melden, werden angenommen. Freilich ist unsere Stadt nicht eher hinlänglich geschützt, als bis das Karmeliter-Fort und die Werke am Berliner Thor beendigt sind, indem dann erst die Enceinte, die bis jetzt noch ein Drittel der Stadt ziemlich offen läßt, geschlossen ist. ‒ Unsere Militärbehörde scheint die Ueberzeugung gewonnen zu haben, daß es nothwendig sei, die eingebornen Truppen, meistens die Landwehr, aus der Provinz zu entfernen; der größere Theil derselben, auch Artillerie, ist nach Schlesien und den westlichen Provinzen verlegt. ‒ Die Reorganisation des polnischen Theils unserer Provinz ist völlig stationär geworden, da kein Pole eine Beamtenstelle dort annehmen will; auch der Landrath von Twandowski hat das Präsidium abgelehnt. Was nun? Das deutsche Comite verlangt die Vertheilung der deutschen Kreise unter die angränzenden Provinzen; die hiesigen Kommunalbehörden, so wie alle Gewerbetreibenden im Großherzogthum sind entschieden dagegen, weil sie den Ruin der Stadt Posen als natürliche Folge davon voraussehen.
(O.-P.-A.-Z.) Mainz, 6. Juni. Der Beschluß der deutschen Bundesversammlung vom 2. d. M. über die traurige Angelegenheit unserer Stadt hat hier einen Eindruck gemacht, der nicht zu beschreiben ist. Man hat denselben mit eisiger Ruhe aufgenommen und bewundert zugleich den kühnen Humor der Bundesversammlung, mit dem sie sich auch in diesem Beschlusse auf das Reglement der Bundesfestung beruft, das hier Niemand kennt und welches von den hiesigen großh. hess. Behörden deßhalb nicht publicirt werden kann und darf, weil die großh. hess. Staatsregierung diesem Reglement die Sanction verweigert hat.
(F. J.) Mainz, 7. Juni. Wie man vernimmt, sollen in den Ortschaften in der Umgegend unserer Stadt bairische und kurhessische Truppen einquartirt werden. Auch ist bereits nach Alzei und Bingen eine hessen-darmstädtische Garnison gelegt worden. Was diese außergewöhnlichen Maßregeln bedeuten mögen? Sind es die Franzosen, welche unserem Ministerium Schrecken verursachen? Oder hat dasselbe wohl gar Furcht vor republikanischen Schilderhebungen?! Jedenfalls wäre es in dieser Beziehung eine Pflicht der Dankbarkeit aller deutschen Regierungen, die großh. hessische Regierung, die so bereitwillig ihre Truppen zur Verfügung gestellt hat, um ganz Deutschland vor der Republik zu bewahren, auf dieselbe Weise zu unterstützen. Scheint es doch eine solidarische Verpflichtung der vaterländischen Regierungen, die Freiheitsgelüste des Volkes im Keime zu ersticken! ‒
‒ Die hiesigen Militärpflichtigen, welche für dieses Jahr einberufen worden, sind gestern Abend zusammengetreten, um gemeinschaftlich die Schritte zu berathen, die sie zur Wahrung ihrer Interessen für nöthig erachten. Sie haben beschlossen, eine Protestaion gegen die Einberufung zur Musterung abzusenden und vor tder Promulgation einer allgemeinen deutschen Heer- und Wehrordnung durch die Nationalversammlung sich zur Aushebunng nicht zu stellen. Gleichzeitig fordern sie alle Konskribirten aus dem Lande auf, ähnliche Schritte einzuleiten. Heute Abend findet dahier eine weitere Besprechung statt.
(Mz. Z.) Mainz, 7. Juni. Von dem Berliner demokratischen Vereine ist eine in einer Versammlung von 4000 Mitgliedern einstimmig angenommene Adresse an die Mainzer Bürger eingelaufen, worin in energischen Worten die Sympathie des Berliner Volkes für die Stadt ausgesprochen und das Verfahren des Militärgouvernements entschieden mißbilligt wird.
Bruchsal, 1. Juni. Unser Stadtgespräch hat sich natürlich diese Zeit hindurch auch viel mit den gefangenen Republikanern beschäftigt, die jetzt noch über 600 an der Zahl im neuen Central-Penitenzian-Gefängniß und gegen 120 im Frauen-Gefängniß hier in der Stadt befindlich sind. In dem einer kleinen Festung gleichenden, nach dem Modell der Londoner Penitentiary's gebauten hiesigen Zellengefängniß befinden sich außer 400 jungen Leuten, der pariser deutschen Legion, auch eine Menge Bürger, Studenten und Bauern aus Freiburg, Konstanz, Mannheim, Heidelberg, Sinsheim, Sulzfeld u. s. w. Hoff, Grohe, Adv. v. Rottek befinden sich in einem Flügel, jedoch jeder getrennt in besondern Zellen.
Die Behandlung, welche die Gefangenen erleiden, im höchsten Grade zu tadeln. Viele Wochen haben die Leute in kleinen Zellen eingesperrt gelegen, ohne je spazieren geführt zu werden; jetzt, nach einem Protest, welchen Bornstedt an unsere zweite Kammer richtete, welche Schrift aber der Justizminister nicht an Ort und Stelle gelangen ließ, sondern entsetzlich in Beschlag nahm, soll eine Untersuchungs-Kommission vor einigen Tagen aus Karlsruhe angelangt sein, und die Gefangenen besucht haben.
Viele hatten auf Stroh liegend Ungeziefer bekommen. Es fehlt noch jetzt theilweise an Decken und Matrazen. Sollte man es glauben ‒ drei Wochen hat Bornstedt auf der Erde schlafen, liegen, schreiben und essen müssen, da man ihm weder Tisch noch Stuhl gab, weder Messer noch Gabel zum Essen!!! Noch jetzt hat kein einziger Gefangener ein Geschirr, um sich zu waschen, und in 2/3 der Zellen sind die Deckel zum Zumachen des Nachtgeschirrs nicht einmal da! Ist eine solche Behandlung nicht empörend? Mehr noch, jetzt sind die unglücklichen Gefangenen bald einen Monat ohne Bewegung, in einigen Zellen zu 4 und 5 zusammengepreßt, alle noch immer ohne auch nur einmal verhört worden zu sein!! Wo bleiben denn Gesetz, Humanität, wo auch nur die gewöhnlichste Beobachtung der Billigkeit. ‒ Ein junger Franzose Namens Xavier aus Charlon sur Marne ist hier bereits im Zellengefängniß durch die Behandlung verückt geworden, und hat man ihn etwa freigelassen oder in ein Irrenhaus gebracht? Keineswegs. Man läßt ihn ohne ärztliche Behandlung allein in einer Zelle. Dem Verwalter des Gefängnisses, Hrn. Arnold, sollen keine Vorwürfe deshalb zu machen sein, da die obere Behörde in Karlsruhe Alles zu vollziehen hat.
Wie übrigens der Militär-Despotismus jetzt in unserm Lande herrscht, kann folgendes Beispiel lehren. Plötzlich kommt vor einigen 14 Tagen dem Verwalter des Gefängnisses ein Befehl des würtembergischen Generallieutenant v. Miller aus Lörrach zu, dem Gefangenen Adalbert v. Bornstedt aus Stendal „sämmtliches „Geld, was er besitzt, und was beim Verwahrer Arnold deponirt „sei (40 Gulden) wegzunehmen, indem solches den Soldaten als „Kriegsbeute zu vertheilen sei, welche den v. Bornstedt gefangen „genommen!“
Also in einem badischen Gefängnisse verordnet ein würtembergischer General nachträglich Konfiskationen!! Auf die Summe, und ob sie groß oder klein, kommt es gar nicht an. Die Thatsache selbst ist unerhört!
Uebrigens ist es jetzt ist unserem ganzen badischen Lande bekannt, welche Excesse sich die würtembergischen Soldaten des 1. und 6. Infanterie-Regiments, auch die Ulanen, den gefangenen, entwaffneten Leuten der Pariser Deutschen Legion gegenüber erlaubte. Nicht blos haben die Würtemberger den Gefangenen nach Willkür all' ihr Gepäcke, vielen alles Geld u. s. w. abgenommen, sondern Unbewaffnete sind, wie ein gewisser Kessler aus Trier zu Bulgen am Rhein niedergestoßen worden. Leichname sind mißhandelt, Gefangene mit Säbelhieben, Kolbenstößen und Bajonettenstichen, (die rohesten Schimpfwörter verstehen sich als Beithat von selbst) überhäuft worden. Auf Fliehende, die unbewaffnet waren, wurde geschossen. Franzosen, die kein Wort deutsch sprachen, wurden auf das Empörendste mißhandelt, weil sie die exaltirte Soldateska nicht verstanden. Die Würtemberger plünderten selbst die Leichname auf dem Schlachtfelde, Todte wurden noch verstümmelt. Die Bauern aus drr Umgegend wissen über diese Gräuelscenen viel zu erzählen.
Und das nennt man die öffentliche Ruhe und Ordnung wiederherstellen! ‒
Die Gerichtssitzungen zu Freiburg versprechen interessant und belehrend zu werden.
Hoffen wir, daß die Richter und Geschworenen ihre Mission verstehen, und sich nicht zu Werkzeugen der Reaktion werden gebrauchen lassen.
Nächste Woche, heißt es, soll die Untersuchungs-Kommission aus Freiburg hier anlangen, um die Gefangenen zu verhören. Es ist in der That hohe Zeit. In England und Frankreich dürfte es ein Regierung nicht wagen, 600 und mehr politische Gefangene einen Monat land ohne Verhör im Zellen-Gefängniß wie Sträflinge, Diebe und Mörder zu behandeln!
(Mannh. A. Z.) Prag, 30. Mai. Die Prager Ztg. enthält eine Bekanntmachung des Grafen Leo Thun, worin die Gewähr der Bitte um Zulassung zur Theilnahme am nächsten Landtag für die nicht den Landständen angehörigen Besitzer landtäflicher Güter veröffentlicht wird. Böhmen soll zu diesem Zwecke in 5 Bezirke getheilt werden, in deren jedem die Gutsbesitzer 4 Landtagsabgeordnete wählen. ‒ Während die Abgeordneten zum Slavenkongreß, worunter viele Polen und Südslaven, unter festlichem Empfang immer zahlreicher einziehen, bringt die heutige Nummer der Narodni Nowiny das Programm der Versammlung. Die ankommenden Slaven werden in drei Abtheilungen eingezeichnet, deren erste (sbor) die Böhmen, Mähren, Schlesier und Slowaken, die zweite die Polen und Ruthenen, die dritte die Slowenen, Kroaten, Serben und Dalmatier umfaßt. Drei Vertrauensmänner nehmen jeden der Eingeschriebenen in die Abtheilung auf. Jedem Mitglied steht durch eine Karte der Zutritt zu allen drei Abtheilungen offen. Jede Abtheilung wählt aus sich 16 Kongreßausschußmitglieder, einen Präsidenturkandidaten, einen Kongreßsekretär und dessen Ersatzmann. Die vereinigten drei Ausschüsse ernennen aus den drei Kandidaten den Präsidenten (starosta), die beiden andern Kandidaten sind Vicepräsidenten. Am 1. Juni wird der Kongreß eröffnet. Die Verhandlungsvorlagen werden in der vom kleinen Ausschuß festgestellten Ordnung berathen. Jede beendete Verhandlung einer Abtheilung wird dem Kongreßpräsidenten mitgetheilt, zu gemeinschaftlichen Beschlüssen gehört die Zustimmung aller drei Abtheilungen. Kommt eine solche zu Stande, so wird dieselbe vom kleinen Ausschuß in öffentlicher Sitzung bekannt gemacht; stellen sich unbedeutende Differenzen heraus, so bewirkt der große Ausschuß die Ausgleichung; bedeutende Differenzen bedingen eine nochmalige Berathung in den Abtheilungen. In jeder öffentlichen Sitzung des Kongresses werden die Abtheilungsverhandlungen verlesen und vertheilt, dann die gefaßten Beschlüsse vorgetragen und von den Mitgliedern durch Aufstehen bestätigt. Diese Beschlüsse werden dann auch in deutscher Sprache verkündet.
(A. A. Z.) Prag, 31. Mai. Die Abgeordneten des Slavenkongresses, der morgen mit einem Gottesdienst in der Methodiuskapelle der Teynkirche eröffnet werden soll, sind gestern Nachmittag in großer Anzahl mit dem Eisenbahnzug aus Wien angekommen, und nun wimmelt es in den Gassen von seltsamen Trachten, schönen, aber unheimlich wilden Gestalten, südlichgebräunten Gesichtern. Tschechische und panslavische Fahnen, blau, roth und weiß werden durch die Gassen getragen. Mitglieder des Studentenkorps: Slavia- und der Swornostgarde geben den Gästen das Geleite. Die böhmischen Zeitungen liefern heute ein Programm des Kongresses in Bezug seiner Sektionen und Sitzungen; die eigentlichen Fragen mit denen er sich beschäftigen will, sind noch nicht veröffentlicht, aber es ahnt sie jeder. Es gilt auf den Trümmern der Monarchie ein großslavisches Reich mit Hinzuziehung der außer Oesterreich wohnenden Serben zu bauen, ein Reich, welches das Riesengebirge und die Karpathen, das adriatische Meer und den Balkan zu Gränzen haben soll. Wäre es nur eben so leicht zu schaffen wie zu dekretiren; die guten Panslavisten machen ihre Rechnung ohne an Deutschland, die Magyaren und die Russen zu denken! Der Bann von Croatien, Jellachich, der hinter all dem Treiben dieses Slavenkongresses steckt, hat an den hiesigen Nationalausschuß eine Zuschrift in illyrischer Sprache erlassen, in welcher er das „Brudervolk der Böhmen“ auffordert, den Landtag der vereinigten Königreiche Slavonien, Croatien und Dalmatien, der für den 5. Juni angesagt, durch Zusendung von Deptirten zu „verschöneren.“ Der Nationalausschuß erwiederte diese Galanterie des Bann, indem er ihn ebenfalls in einer Zuschrift bat auch der Bann möchte seinerseits Deputirte ad audiendum zum Prager Landtag schicken,
(A. A. Z.) Polen. Lemberg, 27. Mai. Die Lemberger Garnison hat, mit der Unterschrift aller Offizieren, einen Aufruf an die Armee erlassen, worin sie dem Wiener Treiben auf das entschiedenste entgegentritt. Sie erklärt sich gegen die anmaßende Gewalt einer kleinen Fraktion welche den Staat „anarchischer Entfesselung rathlos in die Arme schleudert.“ Dagegen aufzutreten sei die Armee als staatsbürgerliche Genossenschaft, wie als fest geschlossene Macht moralisch und politisch verpflichtet, es sei ihre Aufgabe sich dorthin zu stellen wo sie Kaiser und Vaterland schirmen könne. Schließlich faßt der Aufruf die Entschließung der Soldaten in die Worte zusammen: „Wir wollen Ordnung, wir wollen Recht, wir wollen das hohe Gut unserer Konstitution in weitester Ausdehnung, jedoch in männlichkluger, geregelter Entwicklung auf das schärfste bewachen.“ Daß sich diesem Entschluß die ganze Armee anschließen werde, ist die Hoffnung in welcher dieser Aufruf von der Lemberger Garnison erlassen worden.
(A. A. Z.) Ungarn. Pesth, 28. Mai. Unter den neuesten ministerillen Erlassen scheint der wichtigste jener welcher die Ruhestörer, beziehentlich die Gemeinden, für die Transport- und Verpflegungskosten der Truppen verpflichtet deren Sendung durch die Ruhestörungen veranlaßt wurde. Wiener Blätter berichten daß die Stadt Pesth 300,000 Fl. ohne Zinsen, der Ministerpräsident Barthyanyt 1 Mill. dem Staate darleihen, und Fürst Esterhazy demselben seine Schatzkammer zur Verfügung stellen wolle, um darauf seine hypothekarische Anleihe zu nehmen. Uedrigens nahm die Besorgniß vor den Slaven immer zu. Die Agramer Ztg. meldete bereits daß man in Agram das Bild des Palatins verbrannte, und an den Ka ser die Erklärung sandte, daß man Gut und Blut für völlige Selbstständigkeit der kroatischen Nation zu opfern bereit sei falls Kroatien den Ungarn preisgegeben werden solle. Noch bedenklicher sind die Nachrichten aus Neusatz. Als dort der ministerielle Kommissär v. Esernowicz nicht in die Aufhebung des Standrechts währen des Kirchenkongresses willigte, verlegte man diesen nach Carlowitz und verbrannte die zur Ruhe mahnende Proklamation des Regierungskommissärs. Darauf folgte die Wahl des Obersten Suplikatz zum serbischen Woiwoden, und des Carlowitzer Erzbischofs zum Patriarchen. In den Bezirk der Woiwodschaft gehören Syrmien, die Komitate Bacs, Baranya und Veröcze. An 600 bewaffnete Serben kamen aus Serbien zur Carlowitzer Versammlung, und eine Deputation von 200 Mann soll nun dem Kaiser die Wünsche der Serben vortragen. Man will das ungarische Ministerium durchaus nicht anerkennen. In Pesth aber glaubt man die Wiener Regierung von allen diesen Vorgängen unterrichtet, und argwöhnt diese suche in einer slavischen Monarchie den letzten Rettungsanker oder ein Mittel Ungarn zur Wiederunterwerfung zu bringen. Ueberdieß zeigen auch die in Pesth garnisonirenden Illyrier und Kroaten starke Sympathien für den Banus Jelachich. Außerdem herrscht, nach Briefen der D. A. Z., in Ungarns nördlichen (Trentschiner, Arvaer, Thurotzer, Liptauer) Komitaten eine völlige Anarchie, welche sich besonders gegen die Juden und alle Besitzenden richtet, nebenbei aber auch starke Sympathien für die Posener Polen zeigt. Ferner läuft aus Kronstadt, 18. Mai, das Ergebniß einer von 10,000 Menschen besuchten Versammlung in Blasendorf ein. Es war keine Union mit Ungarn; gleiche Rechte und Freiheiten wie die übrigen siebenbürgenschen Nationen auch für die Walachen, die Landtagsverhandlungen sollen ungarisch, deusch und walachisch geführt werden, die Walachen geloben dem österreichischen Kaiserhause unverbrüchliche Treue. Mit diesen Beschlüssen sollten Deputationen nach Wien und Klausenburg abgehen.
(A. A. Z.) Belgien. 20Brüssel, 7. Juni. Seit zwei oder drei Jahren sind 11 bis 12,000 Fr. den Generalen und oberen Offizieren zugewiesen, die sich zu dem Manöver auf das Feld von Beverloo begeben. Die Manöver von Beverloo existiren seit 1815, die Gehaltszulagen erst seit dem libéralen Ministerium, das die Monarchie auf breitester demokratischer Unterlage, die belgische Muster-Konstitution zu einer Wahrheit gemacht hat. Der Generalkommandant des Feldlagers z. B., bezieht, außer seinem gewöhnlichen Gehalt von 46 Fr. 30 Ct. per Tag, 100 Fr. täglich für ausgesuchte Gerichte und feine Weine, außerdem 14 Feldrationen und Feuragerationen. (Nation) Und Herr Baron von Chazal sollte nicht Recht haben, wenn er die Armee den schönsten Ring in der Kette der belgischen Institutionen nennt?
‒ In Brüssel fand eine kleine Emente statt, unter den am neuen Hypgodrom beschäftigten Erdarbeitern.
* Verviers, 7. Mai. Es existiren hier jetzt 5 Clubs. Der letzte hat sich so eben gebildet; die Sociétè libérale antirépublicaine.
Niederlande. *Haag, 7. Juni. Holland scheint wirklich in Noth zu sein. Unsere Minister wissen kaum mehr wo ihnen der Kopf steht. Vorgestern Staatsrathssitzung, nachher langer Ministerrath; gestern wieder Ministerrath, heute morgen abermals Ministerrath und gleich darauf Staatsrathssitzung unter dem Präsidium des Königs.
Französische Republik. *Paris, 6. Juni. Der Versuch, Louis Blanc in Anklagezustand zu versetzen, war nur das Vorspiel einer Anklage gegen die exekutive Kommission, von der man erwartete, daß sie sich gleich beim Beginn der Debatte zurückziehen würde. Der 2. Juni sollte ein 9. Thermidor werden. Man begann mit Louis Blanc, weil man die großen Antipathien der Bourgeois-Majorität gegen ihn mit richtigem Instinkte heraufgefühlt hatte. Marrast, der ehemalige Redakteur des National, der Republikaner en gants jaunes, der Gentilhomme von der Feder und der Ritter von der Phrase, war Chef des Komplotts, das im ehemaligen Palais royal, jetzigen Palais national seinen Sitz hatte. Hier thronte er unter 200 Repräsentanten, mit der ganzen Würde eines Mannes, der sich als gouvernementaler Mann der Situation fühlt. Plötzlich im Augenblicke der Entscheidung in der Sitzung vom 2. Juni, blies Marrast zum Rückzug. Er erinnerte sich nicht, Louis Blanc am 15. Mai im Hotel de ville gesehen zu haben. Woher diese plötzliche Sinnesänderung? Es war Herrn Marrast unter der Zeit bange geworden vor der alten dynastischen Partei, namentlich vor der in der Bourgeoisie neuauftauchenden Popularität des greisen Gamin Thiers. Und Herr Marrast erinnerte sich, daß man Lamartine gegen Ledru-Rollin benutzt, um Herrn Marrast und die ganze Partei des National an's Ruder zu bringen. Ebenso war man im Begriff, ihn, Herrn Marrast, gegen die exekutive Kommission zu benutzen, um Herrn Thiers und Odillon-Barret mit der Milchstraße von Duvergier, Remusat u. s. w. hinter ihnen an die Regierung zu bringen. Welchen Dank Lamartine dafür einerntet, daß er sich dazu hergab, die Contrerevolution zu stylisiren, mögen Sie aus folgender Apostrophe sehen, die das „Pamphlet“ ‒ der „Globe“ des Herrn Thiers ‒ an ihn richtet:
„Lamartine, aufgepaßt! Frankreich hat Sie zu sehr geliebt, um Sie je nur halb hassen zu können. Sie waren sein Lieblings-Dichter, sein Redner, sein Geschichtschreiber, sein Leiter, es hat Ihnen zugeklatscht, es hat Sie in seine Arme gepreßt! Aber Sie entfernen sich vom Kapitol, sie gehen dem tarpegischen Felsen zu! Kehren Sie um Lamartine, danken Sie den Göttern, das Vaterland vor der Anarchie und der rothen Fahne gerettet zu haben. Es ist vielleicht noch Zeit. Im Namen Frankreichs, Lamartine, wenn Sie diesen Muth nicht in sich fühlen, verschwinden Sie, auf daß nicht ein Schriftsteller der Zukunft jemals unsere Republik anklage, undankbar und grausam gegen den Redner vom Hotel de ville gewesen zu sein.
‒ Die Wahl der Vicepräsidenten Bethmont, Marrast, Corbon, Cormenin, Portalis und Lacrosse ist ein entschiedener Sieg der Partei des National. Cremieux hat die Bedeutung der Wahl von Portalis verstanden, und seine Entlassung als Minister und Deputirter eingereicht. Die Nationalversammlung gab ihm noch auf andere Weise ihre Böswilligkeit zu erkennen, indem sie Landrin, Edmond Lafayette und Berard zu Secretairen ernannte. Lamartin und Ledru-Rollin sollen diese Vicepräsidenten- und Secretairenwahl als offene Kriegserklärung der Nationalversammlung gegen die executive Commission betrachten und ihre Entlassung einreichen wollen. Auf der offiziellen Oberfläche werden dann nur noch zwei Parteien spielen, die beide der Februarrevolution gleich feindlich sind, die Partei des National und die Thierspartei.
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