Neue Rheinische Zeitung. Nr. 1. Köln, 1. Juni 1848.[Deutschland] * Köln, 31. Mai. Der Deputirte Herr Robert Blum hat in der deutschen Nationalversammlung erklärt: "Vor einiger Zeit hat die Regierung von Sachsen-Meiningen ein Rundschreiben an die andern deutschen Regierungen erlassen, des Inhalts: Man solle das Plenum des Bundestags vollständig besetzen, einen Gesandten für jede Stimme schicken, damit daraus ein ansehnliches Gegengewicht zur Berathung und Beschließung der von der konstituirenden National-Versammlung vorzuschlagenden Verfassung entstehe. Darauf antwortete die preuß. Regierung: Dieses Mittel werde nicht ausreichen; auch das Plenum sei der constit. Versammlung gegenüber ohnmächtig; das einzige Mittel zur Schwächung der Wirkung der konst. Versammlung sei: gleichzeitig möglichst viele Ständeversammlungen zu berufen. Ich habe keine diplomatischen Archive zu Gebote, aber ich kann Ihnen mein Ehrenwort für die Wahrheit des Mitgetheilten verpfänden." Wir fordern Herrn Camphausen auf, an seinem Platze als Deputirter in der Nationalversammlung in Frankfurt sich kategorisch über diesen Punkt zu erklären. * Köln, 31. Mai. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. ** Köln, den 31. Mai. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. *Berlin, den 26ten Mai. Die Verfassungsurkunde hat hier eine große Erbitterung hervorgerufen, nicht minder das Benehmen der Soldateska in Polen und Mainz. Man sagt: Wir haben umsonst gefochten, unsere Todten sind umsonst todt. Zugleich fordert man den Rückzug des Militairs aus Baden. Es wird behauptet, Baden sei zu 3 viertel republikanisch gesinnt; es müsse geduldet werden, daß die Badenser, wenn dieß der Wille der Majorität sei, die Republik proklamirten. - Die Nationalversammlung ist schrecklich conservativ. Sie hat heute einen servilen Präsidenten, Milde aus Breslau gewählt, der bis zur definitiven Festsetzung der Geschäftsordnung den Vorsitz führen wird. Die rheinischen Abgeordneten befinden sich meistens auf der Rechten. Eine Ausnahme bilden jedoch die Vertreter von Düsseldorf, Trier, Waldbroel, Sieg, Mühlheim und einigen andern Orten. Das Weitere hierüber Nächstens. Die Stabilitätsparthei hat bereits Schmach genug auf die Versammlung geladen. Nach der oberflächlichsten Diskussion werden die eigentlichen Lebensfragen, mögen auch noch viele Redner eingeschrieben sein, von der Rechten durch Trommeln und Schreien zur Abstimmung gebracht. Das Resultat wird so natürlich kläglich. - Die Linke forderte die sofortige Freilassung und Einberufung des in Trier wohnenden Abgeordneten Valdenaire. Die Rechte war wie vom Schlage gerührt und ging, nachdem sie sich vom ersten Schrecken erholt, in Wuth über, besonders der Friedensrichter Pelzer aur Lennep. Gegen die Zulassung von Valdenaire sprachen noch Zweiffel, Hansemann u. s. w. Auch diesmal wurde leider durch wüstes Lärmen die Debatte abgekürzt, obgleich noch 14 Redner angemeldet waren. Dieser Skandal fand Statt im Interesse von Hansemann, der schonungslos zurechtgewiesen worden wäre, weil er die "Würde der Versammlung" in der Zukunft bedroht sah, wenn dereinst Valdenaire für schuldig befunden würde. Einen Unschuldigen auf eine bloße Eventualität hin in der Ausübung der höchsten politischen Rechtn behindern, scheint der Würde dieser Menschen nicht gefährlich zu sein. 27. Mai. Heute werden an die Deputirten folgende Einladungen ertheilt : "Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten wird jeden Dienstag die Herren Abgeordneten bei sich empfangen, welche ihn mit ihrem Besuche beehren wollen." Auch Hansemann hat die Deputirten ein für allemal zu seinen "Abendgesellschaften" eingeladen, welche Dienstags und Freitags um 8 Uhr beginnen. Es soll also das Wohl des Landes im Thee gefischt werden. ** Frankfurt, 29. Mai. Die heutige Sitzung der Nationalversammlung begann wieder mit langwierigen Verhandlungen über das Protokoll. Hierauf erhoben die Abgeordneten von Luxemburg Schwierigkeiten und Zweifel wegen ihres Mandats. - Schlöffel aus Schlesien stellt einen Antrag wegen Hebung der Industrie. - Die Deutschen in Amerika überreichen mittelst einer Riesen-Adresse 3500 Dollars für das nothleidende Deutschland. Endlich kommt die Debatte wieder auf das Reglement, wobei Jakob Grimm bemerkt, daß der Deutsche Anlage zum Pedanten habe, und dies sofort beweist durch eine lange und zwecklose Abhandlung über Wesen und Begriff der Kommissionen. Nach einer längern Verhandlung beschließt man, die provisorische Geschäftsordnung en bloc anzunehmen und einzelne Paragraphen nur dann zu debattiren, wenn 50 Deputirte darauf antragen. Dann wurde auch beschlossen, einen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu ernennen; die Deputirten begaben sich in ihre Abtheilungen, wählten diesen Ausschuß, und gingen nach Hause. *** Frankfurt, 30. Mai. Sitzung der Bundesversammlung vom 29. Mai. - Für Lippe-Detmold tritt Hr. Petri ein. - Die nach Mainz gesandten Kommissare erstatten Bericht. Die preußische Garnison in Mainz wünscht laut Bericht des Festungsgouverneurs versetzt zu werden. An den Militairausschuß. - Für die Kosten der Nationalversammlung werden vorläufig 25,000 Fl. angewiesen. - Beschlossen, die periodisch zu erstattende Anzeige der wirklichen Stärke der Bundeskontingente auf den Stand vom 8. Juni vorzulegen. Für Einrichtung der Kommandanturen in Ulm und Rastatt werden je 2000 Fl. als Vorschuß bewilligt. - Kurhessen zeigt an, daß es das Verbot des Wanderns der Handwerksburschen in die Schweiz als beseitigt annehme, womit der Bundestag einverstanden war. In Berlin ist am 29. Mai spät Nachmittags folgendes Extra-Blatt erschienen : Wien. Das Volk schlägt sich mit dem Militair. Graf Hoyos und Graf Colloredo-Mansfeldt sind in den Händen des Volkes. Wien, vom 29. Mai. Heute Abend, so heißt es, sollen vier Regimenter in Wien einrücken; auf Grund dieser Nachricht zeigt sich eine große und ungewöhnliche Aufregung. 25. Mai, Morgens 7 Uhr. So eben hat das Ministerium den Befehl erlassen, die akademische Legion solle sich auflösen und die Bürger die Gewehre abgeben. Dies war das erste Zeichen zum Kampf. Auf allen Seiten errichteten die Arbeiter und die Studenten nun Barrikaden. Jede Kommunikation war gehemmt; man konnte nur über die Barrikaden klettern oder unten durchkriechen. 10 Uhr. So eben ist Volk und Militär sich begegnet. Das Volk stürmte das rothe Thurmthor und vertrieb die Soldaten, die dort Posten gefaßt hatten. Mehre wurden dabei verwundet, ein Arbeiter getödtet. Nachdem der Kampf eine halbe Stunde gewährt hatte, zog sich das Militair auf die Glacis zurück und besetzte von dort aus alle Bastionen. Abends 8 Uhr. Der Kampf ruht auf einige Zeit; Volk und Militair stehen sich drohend gegenüber. Wenn man bedenkt, daß in Windischgrätz (sechs eine halbe Stunde von hier) vier Regimenter stehen, die nach Wien bestimmt sind, so ist ein blutiger Kampf unvermeidlich. Das Volk hat indeß folgende Bedingungen gestellt: 1) Fortbestehen der akademischen Legion; 2) alles Militär soll vier Stunden weit von Wien entfernt werden; 3) der Kaiser soll innerhalb 8 Tagen nach Wien zurückkehren, oder statt seiner ein Prinz der Kaiserl. Familie. Da dem Volke dies versprochen wurde, hat es sich die Grafen Hoyos und Colloredo-Mansfeldt als Geißeln genommen; es sucht den Grafen Montecuculi auf, dieser aber flieht von Haus zu Haus, um dem zu entgehen. Alle Eisenbahn-Direktionen haben dem Volke versprochen, kein Militär nach Wien zu bringen. Das Volk bereitet sich vor, die Nacht auf den Barrikaden zu verbringen, die, namentlich bei dem Stephansplatze, zwei Stock hoch sind. - Nach der in der Schlesischen Zeitung mitgetheilten Aussage von Reisenden soll die Militärbehörde keineswegs die anwesenden, sehr bedeutenden Militärkräfte zum Kampfe innerhalb der Stadt zu verwenden, vielmehr die ganze Hauptstadt zu cerniren, alle Passagen aufzuheben und auf diese Weise die Bürgerschaft zu zwingen gesonnen sein, dem Zustande in der Hauptstadt durch ein massenhaftes Erheben selbst ein Ende zu machen. Zu dem Ende seien denn auch bereits in der verflossenen Nacht mehrere Eisenbahnzüge mit Militär aus den zunächst gelegenen Garnisonen nach Wien abgegangen, um den Militärgürtel zu vervollständigen. Der Ansicht der Reisenden zufolge, dürfte dieser Plan vollständig gelingen, um so mehr, als der Kern der Wiener Bürgerschaft sich nach Ruhe und Ordnung sehne und der fortdauernden Ruhestörungen und Demonstrationen längst überdrüssig sei. Das Ministerium soll für den äußersten Fall entschlossen sein, die Hauptstadt ebenfalls zu verlassen, den Regierungssitz provisorisch in einer Provinzial-Hauptstadt aufzuschlagen und Wien seinem Schicksale zu überlassen, Die Kunde von diesem Vorhaben des Ministeriums soll sehr niederschlagend auf die Bürgerschaft gewirkt haben, da dieselbe nur zu gut weiß, daß die Bedeutung von Wien mit der Residenz steht und fällt. - Ferner ist in Wien nachstehende Proklamation des Wiener Volkes erschienen: Was wir wollen. Da wir erkannt haben, daß die reaktionäre Partei den Sieg des souveränen Volkes zu schmälern beabsichtige, so wollen wir: 1) daß das gesammte Militär Wien verlasse und die russische und italienische Gränze besetze; 2) daß alle Errungenschaften des 15. Mai ungeschmälert aufrecht erhalten und die constituirende Versammlung nach Wien schleunigst einberufen werde; 3) daß von amtlicher Seite Abgeordnete in die Provinzen abgeschickt werden, welche unsern Brüdern daselbst bekannt geben, daß Alles, was wir gethan, nur im gemeinsamen Interesse der ganzen Monarchie geschehen sey; 4) Aufhebung der Klöster; 5) Einführung einer Einkommen- und Armensteuer; 6) Beeidigung des Militärs auf die Verfassung; 7) Gleichstellung aller Nationalitäten; 8) innigsten Anschluß an Deutschland; 9) baldige Rückkehr des Kaisers unter Aufrechterhaltung der Errungenschaften des 15. Mai; 10) daß alle Jene, welche den Kaiser zur Abreise durch falsche Vorspiegelungen bewogeu, vor ein Volksgericht gestellt werden. Im Namen des Volkes. Triest, 23. Mai. Abends 6 Uhr. Wir erhalten in Abschrift folgendes Schreiben des Contreadmirals der sardinischen, der vereinigten neapolitanischen und venetianischen Flotte Albini an den Befehlshaber der englischen Dampffregatte Terrible: Geehrtester Herr! Rhede von Triest 23. Mai. Indem ich die Ehre habe Ihnen den Empfang Ihrer sehr geschätzten Zuschrift vom 23. Mai 1848 anzuzeigen, beehre ich mich zugleich, Sie in Kenntniß zu setzen, daß das Geschwader Sr. Majestät des Königs von Sardinien unter meinem Kommando sich in diesen Gewässern bloß zu dem Zwecke befindet, um unsern Handel gegen eine österreichische Kriegsmacht sicher zu stellen, die als eine, meiner Regierung feindliche, zu bekämpfen meine Pflicht erfordert. Ich habe die Ehre etc. etc. Der Contreadmiral, Commandant des Geschwaders Albini. Wir fügen hier noch bei, daß Albini noch mündlich versprochen hat, ohne vorausgegaugene Anzeige keine feindliche Maßregel gegen die Stadt zu ergreifen. Abends 7 Uhr. Die Aufregung der Vormittagsstunden ist einer ruhigen, besonnenen Thätigkeit gewichen, um sich so gut als möglich auf Eventualitäten vorzubereiten, die uns nach der obigen Erklärung des feindlichen Admirals wenigstens nicht ungewarnt werden überraschen können. Das Militär und die Nationalgarde entwickeln den größten Eifer, jenes in Befestigung der Molos, Besetzung der nach dem Hafen führenden Straßen und Plätze, diese in der Aufrechthaltung der inneren Ruhe und Ordnung, welche den Tag über nicht im Geringsten gestört wurde. Feldmarschall-Lieutenant Gyulay durchreitet so eben die Stadt und wird überall mit lautem Evviva begleitet. Das englische Dampfboot "Antelope", welches gestern mit Sir Stratford Canning nach Constantinopel abgehen sollte, befindet sich noch in unserm Hafen. (Journal d. Oestr. Lloyd.) Belgien. X Brüssel, 30. Mai. Sie erinnern sich noch der Zeit, wo Belgien par excellence als das Land des Jakobinismus galt - in Preußen namentlich und in Rußland. Nirgendwo hatte sich der "platte" Liberalismus reiner konstituirt, als in der belgischen Konstitution. Sogar die erste Kammer eine Wahlkammer! Kein naturwüchsig gliederndes Prinzip, Alles gemacht - bis auf den König Leopold. So grollte die "historische Schule" und das "Berliner politische Wochenblatt." Wie hat sich das Alles geändert - seit einigen Wochen versteht sich. Man sendet Prinzen aus, um die Belgische Konstitution zu studiren. Ueber Nacht ist sie grau und historisch respektabel geworden, nicht minder respektabel, als wäre sie so mottenzerfressen, wie die in Runnymede von Johann ohne Land mit den englischen Baronen vereinbarte Verfassungs-Urkunde. Früher schlug man Virgils Gedichte auf, um die Zukunft zu prophezeien. Und heute schlägt man die belgische Konstitution auf, nicht um die Zukunft zu prophezeien, sondern um sie überflüssiig zu machen. Die belgische Konstitution feit gegen die Revolution. Und wie das politische Wochenblatt sich auszudrücken beliebte : Nous ne voulons pas la contrerevolution, mais nous voulons le contraire de la revolution. Mit diesem Motto und einer mehr oder minder schülerhaften Uebersetzung der belgischen Konstitution, weist man heutzutage seinen Beruf zum Lykurg aus in den Landen, wo der Dativ mit dem Akkusativ verwechselt wird. Wundersame Heilkräfte schlummern in der belgischen Konstitution. Seht Belgien! Die gottlosen Wogen der Pariser Februar-Revolution sind zerschellt an diesem Marmorfelsen. Sie haben den Löwen von Flandern, Hrn. Spilthoorn, ins Gefängniß und die Belgischen Republikaner auf den Sand geschleudert, wo sie hoffnungslos verdörren. Wundersame belgische Konstitution! Der Hungertyphus und der Flandrische Pauperismus haben ein tolerantes Asyl in ihr gefunden. Aber gegen die Februar-Revolution war sie intolerant. Und Typhus und Pauperismus schlagen nur elende Weber und Bauern. Dagegen die Februar-Revolution, die hätte Donquixote wie Merode, Minister wie Rogier, Doktrinaire wie Lebeau, Demagogen wie Verhaegen treffen können und gar einen Mann wie den Polizei-Präfekten Hody, der Alles in Allem ist: Ex-Republikaner, Phalansterianer, und ralliirter Leopoldist. Verlangt man mehr von einer Konstitution, als daß sie die Mächte erhält, die sie ins Leben gerufen: Wähler, Deputirte, Minister, Polizei-Präfekte! Unterdessen hat es 70 Millionen Franks in wenigen Wochen gekostet, um die kerngesunde unbefleckte belgische Konstitution vor der schrecklichen Franzosenkrankheit zu schützen. Aber was sind 70. Mill. Fs. für ein Riesenland von etwa drei Millionen Einwohner? Einige Prozent Typhus, einige Prozent Pauperismus, einige Prozent Bankerut mehr - mehr Unsterblichkeit. Und dazu die Versicherung des ehemaligen Kleider-Trödlers, jetzigen Barons und Kriegsministers Chazal, daß die Armee der glorreichste Ring in der Kette der Belgischen Institutionen sei. Ist Belgien nicht reich genug, seinen Ruhm zu bezahlen? Und den schließlichen Beweis, daß die Belgische Monarchie die beste der Republiken ist, können Sie daraus ziehen, daß alle bisher feindlich gegenüber stehenden offiziellen Parteien, Aristokraten und Liberale, de Theur und Rogier, sich friedlich vereint haben, um dem Volk seine Konstitution und sich ihr gegenseitiges Wohlsein zu garantiren. Welch rührendes Schauspiel! Italien.
Verona, 24. Mai. In den an der Straße nach Vicenza gelegenen Orten wurde in der vergangenen Nacht eine heftige Kanonade gehört. Dieselbe währte von 1 bis gegen 7 Uhr morgens. Schon gestern verlautete gerüchtweise, daß der Durchzug durch den Borgo (Vorstadt) Sta. Lucia von den österreichischen Truppen erzwungen worden sei. Dabei soll an mehreren Stellen Feuer ausgebrochen sein. Schwerlich hatte man einen so lebhaften Widerstand erwartet. Die Vereinigung mit der Isonzoarmee ist theilweise bewerkstelligt. Von hier war Geschütz zur Verstärkung derselben beim Angriff auf Vincenza abgegangen. (A. A. Z.) Neapel. In Betracht daß diejenigen, welche zu Mitgliedern der Deputirtenkammer erwählt waren, am 15. Mai, wie aus authentischen Actenstücken hervorgeht, sich vereinten um den Charakter einer Assemblea unica rappresentante della Nazione änzunehmen, daß sie ein Sicherheitscomite schufen, unter dessen unbedingtem Befehl die Nationalgarde stehen sollte, in Betracht daß das illegal war, da von jenen Mitgliedern noch nicht der von den Gesetzen erforderte Schwur geleistet war u. s. w. hat der König von Neapel (am 17) die Deputirtenkammer aufgelöst. Die Zahl der nach ihrer Gefangennehmung erschossenen Bürger soll 9 betragen; die Deputirten, heißt es, in Widerspruch mit andern Berichten, sind auf den königl. Schiffen gefangen; eine Deputation Neapolitaner soll nach Paris gegangen seyn um die Hülfe der französischer Republik zu beanspruchen. * Das Haus Bourbon ist noch nicht am Ziele seiner glorreichen Laufbahn angelangt. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. [Deutschland] * Köln, 31. Mai. Der Deputirte Herr Robert Blum hat in der deutschen Nationalversammlung erklärt: „Vor einiger Zeit hat die Regierung von Sachsen-Meiningen ein Rundschreiben an die andern deutschen Regierungen erlassen, des Inhalts: Man solle das Plenum des Bundestags vollständig besetzen, einen Gesandten für jede Stimme schicken, damit daraus ein ansehnliches Gegengewicht zur Berathung und Beschließung der von der konstituirenden National-Versammlung vorzuschlagenden Verfassung entstehe. Darauf antwortete die preuß. Regierung: Dieses Mittel werde nicht ausreichen; auch das Plenum sei der constit. Versammlung gegenüber ohnmächtig; das einzige Mittel zur Schwächung der Wirkung der konst. Versammlung sei: gleichzeitig möglichst viele Ständeversammlungen zu berufen. Ich habe keine diplomatischen Archive zu Gebote, aber ich kann Ihnen mein Ehrenwort für die Wahrheit des Mitgetheilten verpfänden.“ Wir fordern Herrn Camphausen auf, an seinem Platze als Deputirter in der Nationalversammlung in Frankfurt sich kategorisch über diesen Punkt zu erklären. * Köln, 31. Mai. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. ** Köln, den 31. Mai. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. *Berlin, den 26ten Mai. Die Verfassungsurkunde hat hier eine große Erbitterung hervorgerufen, nicht minder das Benehmen der Soldateska in Polen und Mainz. Man sagt: Wir haben umsonst gefochten, unsere Todten sind umsonst todt. Zugleich fordert man den Rückzug des Militairs aus Baden. Es wird behauptet, Baden sei zu 3 viertel republikanisch gesinnt; es müsse geduldet werden, daß die Badenser, wenn dieß der Wille der Majorität sei, die Republik proklamirten. ‒ Die Nationalversammlung ist schrecklich conservativ. Sie hat heute einen servilen Präsidenten, Milde aus Breslau gewählt, der bis zur definitiven Festsetzung der Geschäftsordnung den Vorsitz führen wird. Die rheinischen Abgeordneten befinden sich meistens auf der Rechten. Eine Ausnahme bilden jedoch die Vertreter von Düsseldorf, Trier, Waldbroel, Sieg, Mühlheim und einigen andern Orten. Das Weitere hierüber Nächstens. Die Stabilitätsparthei hat bereits Schmach genug auf die Versammlung geladen. Nach der oberflächlichsten Diskussion werden die eigentlichen Lebensfragen, mögen auch noch viele Redner eingeschrieben sein, von der Rechten durch Trommeln und Schreien zur Abstimmung gebracht. Das Resultat wird so natürlich kläglich. ‒ Die Linke forderte die sofortige Freilassung und Einberufung des in Trier wohnenden Abgeordneten Valdenaire. Die Rechte war wie vom Schlage gerührt und ging, nachdem sie sich vom ersten Schrecken erholt, in Wuth über, besonders der Friedensrichter Pelzer aur Lennep. Gegen die Zulassung von Valdenaire sprachen noch Zweiffel, Hansemann u. s. w. Auch diesmal wurde leider durch wüstes Lärmen die Debatte abgekürzt, obgleich noch 14 Redner angemeldet waren. Dieser Skandal fand Statt im Interesse von Hansemann, der schonungslos zurechtgewiesen worden wäre, weil er die „Würde der Versammlung“ in der Zukunft bedroht sah, wenn dereinst Valdenaire für schuldig befunden würde. Einen Unschuldigen auf eine bloße Eventualität hin in der Ausübung der höchsten politischen Rechtn behindern, scheint der Würde dieser Menschen nicht gefährlich zu sein. 27. Mai. Heute werden an die Deputirten folgende Einladungen ertheilt : „Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten wird jeden Dienstag die Herren Abgeordneten bei sich empfangen, welche ihn mit ihrem Besuche beehren wollen.“ Auch Hansemann hat die Deputirten ein für allemal zu seinen „Abendgesellschaften“ eingeladen, welche Dienstags und Freitags um 8 Uhr beginnen. Es soll also das Wohl des Landes im Thee gefischt werden. ** Frankfurt, 29. Mai. Die heutige Sitzung der Nationalversammlung begann wieder mit langwierigen Verhandlungen über das Protokoll. Hierauf erhoben die Abgeordneten von Luxemburg Schwierigkeiten und Zweifel wegen ihres Mandats. ‒ Schlöffel aus Schlesien stellt einen Antrag wegen Hebung der Industrie. ‒ Die Deutschen in Amerika überreichen mittelst einer Riesen-Adresse 3500 Dollars für das nothleidende Deutschland. Endlich kommt die Debatte wieder auf das Reglement, wobei Jakob Grimm bemerkt, daß der Deutsche Anlage zum Pedanten habe, und dies sofort beweist durch eine lange und zwecklose Abhandlung über Wesen und Begriff der Kommissionen. Nach einer längern Verhandlung beschließt man, die provisorische Geschäftsordnung en bloc anzunehmen und einzelne Paragraphen nur dann zu debattiren, wenn 50 Deputirte darauf antragen. Dann wurde auch beschlossen, einen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu ernennen; die Deputirten begaben sich in ihre Abtheilungen, wählten diesen Ausschuß, und gingen nach Hause. *** Frankfurt, 30. Mai. Sitzung der Bundesversammlung vom 29. Mai. ‒ Für Lippe-Detmold tritt Hr. Petri ein. ‒ Die nach Mainz gesandten Kommissare erstatten Bericht. Die preußische Garnison in Mainz wünscht laut Bericht des Festungsgouverneurs versetzt zu werden. An den Militairausschuß. ‒ Für die Kosten der Nationalversammlung werden vorläufig 25,000 Fl. angewiesen. ‒ Beschlossen, die periodisch zu erstattende Anzeige der wirklichen Stärke der Bundeskontingente auf den Stand vom 8. Juni vorzulegen. Für Einrichtung der Kommandanturen in Ulm und Rastatt werden je 2000 Fl. als Vorschuß bewilligt. ‒ Kurhessen zeigt an, daß es das Verbot des Wanderns der Handwerksburschen in die Schweiz als beseitigt annehme, womit der Bundestag einverstanden war. In Berlin ist am 29. Mai spät Nachmittags folgendes Extra-Blatt erschienen : Wien. Das Volk schlägt sich mit dem Militair. Graf Hoyos und Graf Colloredo-Mansfeldt sind in den Händen des Volkes. Wien, vom 29. Mai. Heute Abend, so heißt es, sollen vier Regimenter in Wien einrücken; auf Grund dieser Nachricht zeigt sich eine große und ungewöhnliche Aufregung. 25. Mai, Morgens 7 Uhr. So eben hat das Ministerium den Befehl erlassen, die akademische Legion solle sich auflösen und die Bürger die Gewehre abgeben. Dies war das erste Zeichen zum Kampf. Auf allen Seiten errichteten die Arbeiter und die Studenten nun Barrikaden. Jede Kommunikation war gehemmt; man konnte nur über die Barrikaden klettern oder unten durchkriechen. 10 Uhr. So eben ist Volk und Militär sich begegnet. Das Volk stürmte das rothe Thurmthor und vertrieb die Soldaten, die dort Posten gefaßt hatten. Mehre wurden dabei verwundet, ein Arbeiter getödtet. Nachdem der Kampf eine halbe Stunde gewährt hatte, zog sich das Militair auf die Glacis zurück und besetzte von dort aus alle Bastionen. Abends 8 Uhr. Der Kampf ruht auf einige Zeit; Volk und Militair stehen sich drohend gegenüber. Wenn man bedenkt, daß in Windischgrätz (sechs eine halbe Stunde von hier) vier Regimenter stehen, die nach Wien bestimmt sind, so ist ein blutiger Kampf unvermeidlich. Das Volk hat indeß folgende Bedingungen gestellt: 1) Fortbestehen der akademischen Legion; 2) alles Militär soll vier Stunden weit von Wien entfernt werden; 3) der Kaiser soll innerhalb 8 Tagen nach Wien zurückkehren, oder statt seiner ein Prinz der Kaiserl. Familie. Da dem Volke dies versprochen wurde, hat es sich die Grafen Hoyos und Colloredo-Mansfeldt als Geißeln genommen; es sucht den Grafen Montecuculi auf, dieser aber flieht von Haus zu Haus, um dem zu entgehen. Alle Eisenbahn-Direktionen haben dem Volke versprochen, kein Militär nach Wien zu bringen. Das Volk bereitet sich vor, die Nacht auf den Barrikaden zu verbringen, die, namentlich bei dem Stephansplatze, zwei Stock hoch sind. ‒ Nach der in der Schlesischen Zeitung mitgetheilten Aussage von Reisenden soll die Militärbehörde keineswegs die anwesenden, sehr bedeutenden Militärkräfte zum Kampfe innerhalb der Stadt zu verwenden, vielmehr die ganze Hauptstadt zu cerniren, alle Passagen aufzuheben und auf diese Weise die Bürgerschaft zu zwingen gesonnen sein, dem Zustande in der Hauptstadt durch ein massenhaftes Erheben selbst ein Ende zu machen. Zu dem Ende seien denn auch bereits in der verflossenen Nacht mehrere Eisenbahnzüge mit Militär aus den zunächst gelegenen Garnisonen nach Wien abgegangen, um den Militärgürtel zu vervollständigen. Der Ansicht der Reisenden zufolge, dürfte dieser Plan vollständig gelingen, um so mehr, als der Kern der Wiener Bürgerschaft sich nach Ruhe und Ordnung sehne und der fortdauernden Ruhestörungen und Demonstrationen längst überdrüssig sei. Das Ministerium soll für den äußersten Fall entschlossen sein, die Hauptstadt ebenfalls zu verlassen, den Regierungssitz provisorisch in einer Provinzial-Hauptstadt aufzuschlagen und Wien seinem Schicksale zu überlassen, Die Kunde von diesem Vorhaben des Ministeriums soll sehr niederschlagend auf die Bürgerschaft gewirkt haben, da dieselbe nur zu gut weiß, daß die Bedeutung von Wien mit der Residenz steht und fällt. ‒ Ferner ist in Wien nachstehende Proklamation des Wiener Volkes erschienen: Was wir wollen. Da wir erkannt haben, daß die reaktionäre Partei den Sieg des souveränen Volkes zu schmälern beabsichtige, so wollen wir: 1) daß das gesammte Militär Wien verlasse und die russische und italienische Gränze besetze; 2) daß alle Errungenschaften des 15. Mai ungeschmälert aufrecht erhalten und die constituirende Versammlung nach Wien schleunigst einberufen werde; 3) daß von amtlicher Seite Abgeordnete in die Provinzen abgeschickt werden, welche unsern Brüdern daselbst bekannt geben, daß Alles, was wir gethan, nur im gemeinsamen Interesse der ganzen Monarchie geschehen sey; 4) Aufhebung der Klöster; 5) Einführung einer Einkommen- und Armensteuer; 6) Beeidigung des Militärs auf die Verfassung; 7) Gleichstellung aller Nationalitäten; 8) innigsten Anschluß an Deutschland; 9) baldige Rückkehr des Kaisers unter Aufrechterhaltung der Errungenschaften des 15. Mai; 10) daß alle Jene, welche den Kaiser zur Abreise durch falsche Vorspiegelungen bewogeu, vor ein Volksgericht gestellt werden. Im Namen des Volkes. Triest, 23. Mai. Abends 6 Uhr. Wir erhalten in Abschrift folgendes Schreiben des Contreadmirals der sardinischen, der vereinigten neapolitanischen und venetianischen Flotte Albini an den Befehlshaber der englischen Dampffregatte Terrible: Geehrtester Herr! Rhede von Triest 23. Mai. Indem ich die Ehre habe Ihnen den Empfang Ihrer sehr geschätzten Zuschrift vom 23. Mai 1848 anzuzeigen, beehre ich mich zugleich, Sie in Kenntniß zu setzen, daß das Geschwader Sr. Majestät des Königs von Sardinien unter meinem Kommando sich in diesen Gewässern bloß zu dem Zwecke befindet, um unsern Handel gegen eine österreichische Kriegsmacht sicher zu stellen, die als eine, meiner Regierung feindliche, zu bekämpfen meine Pflicht erfordert. Ich habe die Ehre etc. etc. Der Contreadmiral, Commandant des Geschwaders Albini. Wir fügen hier noch bei, daß Albini noch mündlich versprochen hat, ohne vorausgegaugene Anzeige keine feindliche Maßregel gegen die Stadt zu ergreifen. Abends 7 Uhr. Die Aufregung der Vormittagsstunden ist einer ruhigen, besonnenen Thätigkeit gewichen, um sich so gut als möglich auf Eventualitäten vorzubereiten, die uns nach der obigen Erklärung des feindlichen Admirals wenigstens nicht ungewarnt werden überraschen können. Das Militär und die Nationalgarde entwickeln den größten Eifer, jenes in Befestigung der Molos, Besetzung der nach dem Hafen führenden Straßen und Plätze, diese in der Aufrechthaltung der inneren Ruhe und Ordnung, welche den Tag über nicht im Geringsten gestört wurde. Feldmarschall-Lieutenant Gyulay durchreitet so eben die Stadt und wird überall mit lautem Evviva begleitet. Das englische Dampfboot „Antelope“, welches gestern mit Sir Stratford Canning nach Constantinopel abgehen sollte, befindet sich noch in unserm Hafen. (Journal d. Oestr. Lloyd.) Belgien. X Brüssel, 30. Mai. Sie erinnern sich noch der Zeit, wo Belgien par excellence als das Land des Jakobinismus galt ‒ in Preußen namentlich und in Rußland. Nirgendwo hatte sich der „platte“ Liberalismus reiner konstituirt, als in der belgischen Konstitution. Sogar die erste Kammer eine Wahlkammer! Kein naturwüchsig gliederndes Prinzip, Alles gemacht ‒ bis auf den König Leopold. So grollte die „historische Schule“ und das „Berliner politische Wochenblatt.“ Wie hat sich das Alles geändert ‒ seit einigen Wochen versteht sich. Man sendet Prinzen aus, um die Belgische Konstitution zu studiren. Ueber Nacht ist sie grau und historisch respektabel geworden, nicht minder respektabel, als wäre sie so mottenzerfressen, wie die in Runnymede von Johann ohne Land mit den englischen Baronen vereinbarte Verfassungs-Urkunde. Früher schlug man Virgils Gedichte auf, um die Zukunft zu prophezeien. Und heute schlägt man die belgische Konstitution auf, nicht um die Zukunft zu prophezeien, sondern um sie überflüssiig zu machen. Die belgische Konstitution feit gegen die Revolution. Und wie das politische Wochenblatt sich auszudrücken beliebte : Nous ne voulons pas la contrerévolution, mais nous voulons le contraire de la révolution. Mit diesem Motto und einer mehr oder minder schülerhaften Uebersetzung der belgischen Konstitution, weist man heutzutage seinen Beruf zum Lykurg aus in den Landen, wo der Dativ mit dem Akkusativ verwechselt wird. Wundersame Heilkräfte schlummern in der belgischen Konstitution. Seht Belgien! Die gottlosen Wogen der Pariser Februar-Revolution sind zerschellt an diesem Marmorfelsen. Sie haben den Löwen von Flandern, Hrn. Spilthoorn, ins Gefängniß und die Belgischen Republikaner auf den Sand geschleudert, wo sie hoffnungslos verdörren. Wundersame belgische Konstitution! Der Hungertyphus und der Flandrische Pauperismus haben ein tolerantes Asyl in ihr gefunden. Aber gegen die Februar-Revolution war sie intolerant. Und Typhus und Pauperismus schlagen nur elende Weber und Bauern. Dagegen die Februar-Revolution, die hätte Donquixote wie Merode, Minister wie Rogier, Doktrinaire wie Lebeau, Demagogen wie Verhaegen treffen können und gar einen Mann wie den Polizei-Präfekten Hody, der Alles in Allem ist: Ex-Republikaner, Phalansterianer, und ralliirter Leopoldist. Verlangt man mehr von einer Konstitution, als daß sie die Mächte erhält, die sie ins Leben gerufen: Wähler, Deputirte, Minister, Polizei-Präfekte! Unterdessen hat es 70 Millionen Franks in wenigen Wochen gekostet, um die kerngesunde unbefleckte belgische Konstitution vor der schrecklichen Franzosenkrankheit zu schützen. Aber was sind 70. Mill. Fs. für ein Riesenland von etwa drei Millionen Einwohner? Einige Prozent Typhus, einige Prozent Pauperismus, einige Prozent Bankerut mehr ‒ mehr Unsterblichkeit. Und dazu die Versicherung des ehemaligen Kleider-Trödlers, jetzigen Barons und Kriegsministers Chazal, daß die Armee der glorreichste Ring in der Kette der Belgischen Institutionen sei. Ist Belgien nicht reich genug, seinen Ruhm zu bezahlen? Und den schließlichen Beweis, daß die Belgische Monarchie die beste der Republiken ist, können Sie daraus ziehen, daß alle bisher feindlich gegenüber stehenden offiziellen Parteien, Aristokraten und Liberale, de Theur und Rogier, sich friedlich vereint haben, um dem Volk seine Konstitution und sich ihr gegenseitiges Wohlsein zu garantiren. Welch rührendes Schauspiel! Italien.
Verona, 24. Mai. In den an der Straße nach Vicenza gelegenen Orten wurde in der vergangenen Nacht eine heftige Kanonade gehört. Dieselbe währte von 1 bis gegen 7 Uhr morgens. Schon gestern verlautete gerüchtweise, daß der Durchzug durch den Borgo (Vorstadt) Sta. Lucia von den österreichischen Truppen erzwungen worden sei. Dabei soll an mehreren Stellen Feuer ausgebrochen sein. Schwerlich hatte man einen so lebhaften Widerstand erwartet. Die Vereinigung mit der Isonzoarmee ist theilweise bewerkstelligt. Von hier war Geschütz zur Verstärkung derselben beim Angriff auf Vincenza abgegangen. (A. A. Z.) Neapel. In Betracht daß diejenigen, welche zu Mitgliedern der Deputirtenkammer erwählt waren, am 15. Mai, wie aus authentischen Actenstücken hervorgeht, sich vereinten um den Charakter einer Assemblea unica rappresentante della Nazione änzunehmen, daß sie ein Sicherheitscomité schufen, unter dessen unbedingtem Befehl die Nationalgarde stehen sollte, in Betracht daß das illegal war, da von jenen Mitgliedern noch nicht der von den Gesetzen erforderte Schwur geleistet war u. s. w. hat der König von Neapel (am 17) die Deputirtenkammer aufgelöst. Die Zahl der nach ihrer Gefangennehmung erschossenen Bürger soll 9 betragen; die Deputirten, heißt es, in Widerspruch mit andern Berichten, sind auf den königl. Schiffen gefangen; eine Deputation Neapolitaner soll nach Paris gegangen seyn um die Hülfe der französischer Republik zu beanspruchen. * Das Haus Bourbon ist noch nicht am Ziele seiner glorreichen Laufbahn angelangt. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="0002"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar001_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Köln,</hi> 31. Mai.</head> <p>Der Deputirte Herr Robert Blum hat in der deutschen Nationalversammlung erklärt: „Vor einiger Zeit hat die Regierung von Sachsen-Meiningen ein Rundschreiben an die andern deutschen Regierungen erlassen, des Inhalts: Man solle das Plenum des Bundestags vollständig besetzen, einen Gesandten für jede Stimme schicken, damit daraus ein ansehnliches Gegengewicht zur Berathung und Beschließung der von der konstituirenden National-Versammlung vorzuschlagenden Verfassung entstehe. <hi rendition="#g">Darauf antwortete die preuß. Regierung:</hi> Dieses Mittel werde nicht ausreichen; auch das Plenum sei der constit. Versammlung gegenüber ohnmächtig; das <hi rendition="#g">einzige Mittel zur Schwächung der Wirkung der konst. Versammlung sei: gleichzeitig möglichst viele Ständeversammlungen zu berufen.</hi> Ich habe keine diplomatischen Archive zu Gebote, aber ich kann Ihnen mein Ehrenwort für die Wahrheit des Mitgetheilten verpfänden.“</p> <p>Wir fordern Herrn Camphausen auf, an seinem Platze als Deputirter in der Nationalversammlung in Frankfurt sich kategorisch über diesen Punkt zu erklären.</p> </div> <div xml:id="ar001_006_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Preußische Staatsanleihe. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 38.</bibl></note> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Köln,</hi> 31. Mai.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar001_007_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Hüser. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 39.</bibl></note> <head><bibl><author>**</author></bibl><hi rendition="#g">Köln,</hi> den 31. Mai.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar001_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Berlin,</hi> den 26ten Mai.</head> <p>Die Verfassungsurkunde hat hier eine große Erbitterung hervorgerufen, nicht minder das Benehmen der Soldateska in Polen und Mainz. Man sagt: Wir haben umsonst gefochten, unsere Todten sind umsonst todt. Zugleich fordert man den Rückzug des Militairs aus Baden. Es wird behauptet, Baden sei zu 3 viertel republikanisch gesinnt; es müsse geduldet werden, daß die Badenser, wenn dieß der Wille der Majorität sei, die Republik proklamirten. ‒ Die Nationalversammlung ist schrecklich conservativ. Sie hat heute einen servilen Präsidenten, <hi rendition="#g">Milde</hi> aus Breslau gewählt, der bis zur definitiven Festsetzung der Geschäftsordnung den Vorsitz führen wird. Die <hi rendition="#g">rheinischen</hi> Abgeordneten befinden sich meistens auf der Rechten. Eine Ausnahme bilden jedoch die Vertreter von Düsseldorf, Trier, Waldbroel, Sieg, Mühlheim und einigen andern Orten. Das Weitere hierüber Nächstens. Die Stabilitätsparthei hat bereits Schmach genug auf die Versammlung geladen. Nach der oberflächlichsten Diskussion werden die eigentlichen Lebensfragen, mögen auch noch viele Redner eingeschrieben sein, von der Rechten durch Trommeln und Schreien zur Abstimmung gebracht. Das Resultat wird so natürlich kläglich.</p> <p>‒ Die Linke forderte die sofortige Freilassung und Einberufung des in Trier wohnenden Abgeordneten <hi rendition="#g">Valdenaire.</hi> Die Rechte war wie vom Schlage gerührt und ging, nachdem sie sich vom ersten Schrecken erholt, in Wuth über, besonders der Friedensrichter <hi rendition="#g">Pelzer</hi> aur Lennep. Gegen die Zulassung von Valdenaire sprachen noch <hi rendition="#g">Zweiffel, Hansemann u. s. w.</hi> Auch diesmal wurde leider durch wüstes Lärmen die Debatte abgekürzt, obgleich noch 14 Redner angemeldet waren. Dieser Skandal fand Statt im Interesse von <hi rendition="#g">Hansemann,</hi> der schonungslos zurechtgewiesen worden wäre, weil er die „Würde der Versammlung“ in der Zukunft bedroht sah, <hi rendition="#g">wenn dereinst Valdenaire für schuldig befunden würde.</hi> Einen Unschuldigen auf eine bloße Eventualität hin in der Ausübung der höchsten politischen Rechtn behindern, scheint der Würde dieser Menschen nicht gefährlich zu sein.</p> <p><hi rendition="#g">27. Mai.</hi> Heute werden an die Deputirten folgende Einladungen ertheilt : „Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten wird jeden Dienstag die Herren Abgeordneten bei sich empfangen, welche ihn mit ihrem Besuche beehren wollen.“ Auch Hansemann hat die Deputirten ein für allemal zu seinen „Abendgesellschaften“ eingeladen, welche Dienstags und Freitags um 8 Uhr beginnen. Es soll also das Wohl des Landes im Thee gefischt werden.</p> </div> <div xml:id="ar001_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl><hi rendition="#g">Frankfurt,</hi> 29. Mai.</head> <p>Die heutige Sitzung der <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi> begann wieder mit langwierigen Verhandlungen über das Protokoll. Hierauf erhoben die Abgeordneten von Luxemburg Schwierigkeiten und Zweifel wegen ihres Mandats. ‒ <hi rendition="#g">Schlöffel</hi> aus Schlesien stellt einen Antrag wegen Hebung der Industrie. ‒ Die Deutschen in Amerika überreichen mittelst einer Riesen-Adresse 3500 Dollars für das nothleidende Deutschland.</p> <p>Endlich kommt die Debatte wieder auf das Reglement, wobei Jakob Grimm bemerkt, daß der Deutsche Anlage zum Pedanten habe, und dies sofort beweist durch eine lange und zwecklose Abhandlung über Wesen und Begriff der Kommissionen. Nach einer längern Verhandlung beschließt man, die provisorische Geschäftsordnung en bloc anzunehmen und einzelne Paragraphen nur dann zu debattiren, wenn 50 Deputirte darauf antragen. Dann wurde auch beschlossen, einen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu ernennen; die Deputirten begaben sich in ihre Abtheilungen, wählten diesen Ausschuß, und gingen nach Hause.</p> </div> <div xml:id="ar001_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>***</author></bibl><hi rendition="#g">Frankfurt,</hi> 30. Mai.</head> <p>Sitzung der Bundesversammlung vom 29. Mai. ‒ Für Lippe-Detmold tritt Hr. Petri ein. ‒ Die nach Mainz gesandten Kommissare erstatten Bericht. Die preußische Garnison in Mainz wünscht laut Bericht des Festungsgouverneurs versetzt zu werden. An den Militairausschuß. ‒ Für die Kosten der Nationalversammlung werden vorläufig 25,000 Fl. angewiesen. ‒ Beschlossen, die periodisch zu erstattende Anzeige der wirklichen Stärke der Bundeskontingente auf den Stand vom 8. Juni vorzulegen. Für Einrichtung der Kommandanturen in Ulm und Rastatt werden je 2000 Fl. als Vorschuß bewilligt. ‒ Kurhessen zeigt an, daß es das Verbot des Wanderns der Handwerksburschen in die Schweiz als beseitigt annehme, womit der Bundestag einverstanden war.</p> </div> <div xml:id="ar001_011" type="jArticle"> <head>In Berlin ist am 29. Mai spät Nachmittags folgendes Extra-Blatt erschienen :</head> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Wien.</hi> Das Volk schlägt sich mit dem Militair. Graf Hoyos und Graf Colloredo-Mansfeldt sind in den Händen des Volkes.</hi> </head> <p><hi rendition="#g">Wien,</hi> vom 29. Mai. Heute Abend, so heißt es, sollen vier Regimenter in Wien einrücken; auf Grund dieser Nachricht zeigt sich eine große und ungewöhnliche Aufregung.</p> <p>25. Mai, Morgens 7 Uhr. So eben hat das Ministerium den Befehl erlassen, die akademische Legion solle sich auflösen und die Bürger die Gewehre abgeben. Dies war das erste Zeichen zum Kampf. Auf allen Seiten errichteten die Arbeiter und die Studenten nun Barrikaden. Jede Kommunikation war gehemmt; man konnte nur über die Barrikaden klettern oder unten durchkriechen.</p> <p>10 Uhr. So eben ist Volk und Militär sich begegnet. Das Volk stürmte das rothe Thurmthor und vertrieb die Soldaten, die dort Posten gefaßt hatten. Mehre wurden dabei verwundet, ein Arbeiter getödtet. Nachdem der Kampf eine halbe Stunde gewährt hatte, zog sich das Militair auf die Glacis zurück und besetzte von dort aus alle Bastionen.</p> <p>Abends 8 Uhr. Der Kampf ruht auf einige Zeit; Volk und Militair stehen sich drohend gegenüber. Wenn man bedenkt, daß in Windischgrätz (sechs eine halbe Stunde von hier) vier Regimenter stehen, die nach Wien bestimmt sind, so ist ein blutiger Kampf unvermeidlich.</p> <p>Das Volk hat indeß folgende Bedingungen gestellt:</p> <p>1) Fortbestehen der akademischen Legion;</p> <p>2) alles Militär soll vier Stunden weit von Wien entfernt werden;</p> <p>3) der Kaiser soll innerhalb 8 Tagen nach Wien zurückkehren, oder statt seiner ein Prinz der Kaiserl. Familie.</p> <p>Da dem Volke dies versprochen wurde, hat es sich die Grafen Hoyos und Colloredo-Mansfeldt als Geißeln genommen; es sucht den Grafen Montecuculi auf, dieser aber flieht von Haus zu Haus, um dem zu entgehen. Alle Eisenbahn-Direktionen haben dem Volke versprochen, kein Militär nach Wien zu bringen. Das Volk bereitet sich vor, die Nacht auf den Barrikaden zu verbringen, die, namentlich bei dem Stephansplatze, zwei Stock hoch sind.</p> <p>‒ Nach der in der Schlesischen Zeitung mitgetheilten Aussage von Reisenden soll die Militärbehörde keineswegs die anwesenden, sehr bedeutenden Militärkräfte zum Kampfe innerhalb der Stadt zu verwenden, vielmehr die ganze Hauptstadt zu cerniren, alle Passagen aufzuheben und auf diese Weise die Bürgerschaft zu zwingen gesonnen sein, dem Zustande in der Hauptstadt durch ein massenhaftes Erheben selbst ein Ende zu machen. Zu dem Ende seien denn auch bereits in der verflossenen Nacht mehrere Eisenbahnzüge mit Militär aus den zunächst gelegenen Garnisonen nach Wien abgegangen, um den Militärgürtel zu vervollständigen. Der Ansicht der Reisenden zufolge, dürfte dieser Plan vollständig gelingen, um so mehr, als der Kern der Wiener Bürgerschaft sich nach Ruhe und Ordnung sehne und der fortdauernden Ruhestörungen und Demonstrationen längst überdrüssig sei. Das Ministerium soll für den äußersten Fall entschlossen sein, die Hauptstadt ebenfalls zu verlassen, den Regierungssitz provisorisch in einer Provinzial-Hauptstadt aufzuschlagen und Wien seinem Schicksale zu überlassen, Die Kunde von diesem Vorhaben des Ministeriums soll sehr niederschlagend auf die Bürgerschaft gewirkt haben, da dieselbe nur zu gut weiß, daß die Bedeutung von Wien mit der Residenz steht und fällt.</p> <p>‒ Ferner ist in Wien nachstehende Proklamation des Wiener Volkes erschienen:</p> <p> <hi rendition="#g">Was wir wollen.</hi> </p> <p>Da wir erkannt haben, daß die reaktionäre Partei den Sieg des souveränen Volkes zu schmälern beabsichtige, so wollen wir:</p> <p>1) daß das gesammte Militär Wien verlasse und die russische und italienische Gränze besetze;</p> <p>2) daß alle Errungenschaften des 15. Mai ungeschmälert aufrecht erhalten und die constituirende Versammlung nach Wien schleunigst einberufen werde;</p> <p>3) daß von amtlicher Seite Abgeordnete in die Provinzen abgeschickt werden, welche unsern Brüdern daselbst bekannt geben, daß Alles, was wir gethan, nur im gemeinsamen Interesse der ganzen Monarchie geschehen sey;</p> <p>4) Aufhebung der Klöster;</p> <p>5) Einführung einer Einkommen- und Armensteuer;</p> <p>6) Beeidigung des Militärs auf die Verfassung;</p> <p>7) Gleichstellung aller Nationalitäten;</p> <p>8) innigsten Anschluß an Deutschland;</p> <p>9) baldige Rückkehr des Kaisers unter Aufrechterhaltung der Errungenschaften des 15. Mai;</p> <p>10) daß alle Jene, welche den Kaiser zur Abreise durch falsche Vorspiegelungen bewogeu, vor ein Volksgericht gestellt werden.</p> <p> <hi rendition="#g">Im Namen des Volkes.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar001_012" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Triest,</hi> 23. Mai.</head> <p>Abends 6 Uhr. Wir erhalten in Abschrift folgendes Schreiben des Contreadmirals der sardinischen, der vereinigten neapolitanischen und venetianischen Flotte <hi rendition="#g">Albini</hi> an den Befehlshaber der englischen Dampffregatte Terrible:</p> <p>Geehrtester Herr!</p> <p> <hi rendition="#g">Rhede von Triest 23. Mai.</hi> </p> <p>Indem ich die Ehre habe Ihnen den Empfang Ihrer sehr geschätzten Zuschrift vom 23. Mai 1848 anzuzeigen, beehre ich mich zugleich, Sie in Kenntniß zu setzen, daß das Geschwader Sr. Majestät des Königs von Sardinien unter meinem Kommando sich in diesen Gewässern bloß zu dem Zwecke befindet, um unsern Handel gegen eine österreichische Kriegsmacht sicher zu stellen, die als eine, meiner Regierung feindliche, zu bekämpfen meine Pflicht erfordert.</p> <p>Ich habe die Ehre etc. etc.</p> <p>Der Contreadmiral, Commandant des Geschwaders</p> <p> <hi rendition="#g">Albini.</hi> </p> <p>Wir fügen hier noch bei, daß Albini noch mündlich versprochen hat, ohne vorausgegaugene Anzeige keine feindliche Maßregel gegen die Stadt zu ergreifen.</p> <p>Abends 7 Uhr. Die Aufregung der Vormittagsstunden ist einer ruhigen, besonnenen Thätigkeit gewichen, um sich so gut als möglich auf Eventualitäten vorzubereiten, die uns nach der obigen Erklärung des feindlichen Admirals wenigstens nicht ungewarnt werden überraschen können. Das Militär und die Nationalgarde entwickeln den größten Eifer, jenes in Befestigung der Molos, Besetzung der nach dem Hafen führenden Straßen und Plätze, diese in der Aufrechthaltung der inneren Ruhe und Ordnung, welche den Tag über nicht im Geringsten gestört wurde. Feldmarschall-Lieutenant Gyulay durchreitet so eben die Stadt und wird überall mit lautem Evviva begleitet.</p> <p>Das englische Dampfboot „Antelope“, welches gestern mit Sir Stratford Canning nach Constantinopel abgehen sollte, befindet sich noch in unserm Hafen. (Journal d. Oestr. Lloyd.)</p> </div> </div> <div xml:id="be" n="1"> <head><hi rendition="#g">Belgien</hi>.</head> <div xml:id="ar001_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl><hi rendition="#g">Brüssel,</hi> 30. Mai.</head> <p>Sie erinnern sich noch der Zeit, wo Belgien par excellence als das Land des Jakobinismus galt ‒ in Preußen namentlich und in Rußland. Nirgendwo hatte sich der „platte“ Liberalismus reiner konstituirt, als in der belgischen Konstitution. Sogar die erste Kammer eine Wahlkammer! Kein naturwüchsig gliederndes Prinzip, Alles gemacht ‒ bis auf den König Leopold. So grollte die „historische Schule“ und das „Berliner politische Wochenblatt.“ Wie hat sich das Alles geändert ‒ seit einigen Wochen versteht sich. Man sendet Prinzen aus, um die Belgische Konstitution zu studiren. Ueber Nacht ist sie grau und historisch respektabel geworden, nicht minder respektabel, als wäre sie so mottenzerfressen, wie die in Runnymede von Johann ohne Land mit den englischen Baronen vereinbarte Verfassungs-Urkunde. Früher schlug man Virgils Gedichte auf, um die Zukunft zu prophezeien. Und heute schlägt man die belgische Konstitution auf, nicht um die Zukunft zu prophezeien, sondern um sie überflüssiig zu machen. Die belgische Konstitution feit gegen die Revolution. Und wie das politische Wochenblatt sich auszudrücken beliebte : Nous ne voulons pas la contrerévolution, mais nous voulons le contraire de la révolution. Mit diesem Motto und einer mehr oder minder schülerhaften Uebersetzung der belgischen Konstitution, weist man heutzutage seinen Beruf zum Lykurg aus in den Landen, wo der Dativ mit dem Akkusativ verwechselt wird. Wundersame Heilkräfte schlummern in der belgischen Konstitution. Seht Belgien! Die gottlosen Wogen der Pariser Februar-Revolution sind zerschellt an diesem Marmorfelsen. Sie haben den Löwen von Flandern, Hrn. Spilthoorn, ins Gefängniß und die Belgischen Republikaner auf den Sand geschleudert, wo sie hoffnungslos verdörren. Wundersame belgische Konstitution! Der Hungertyphus und der Flandrische Pauperismus haben ein tolerantes Asyl in ihr gefunden. Aber gegen die Februar-Revolution war sie intolerant. Und Typhus und Pauperismus schlagen nur elende Weber und Bauern. Dagegen die Februar-Revolution, die hätte Donquixote wie Merode, Minister wie Rogier, Doktrinaire wie Lebeau, Demagogen wie Verhaegen treffen können und gar einen Mann wie den Polizei-Präfekten Hody, der Alles in Allem ist: Ex-Republikaner, Phalansterianer, und ralliirter Leopoldist. Verlangt man mehr von einer Konstitution, als daß sie die Mächte erhält, die sie ins Leben gerufen: Wähler, Deputirte, Minister, Polizei-Präfekte! Unterdessen hat es 70 Millionen Franks in wenigen Wochen gekostet, um die kerngesunde unbefleckte belgische Konstitution vor der schrecklichen Franzosenkrankheit zu schützen. Aber was sind 70. Mill. Fs. für ein Riesenland von etwa drei Millionen Einwohner? Einige Prozent Typhus, einige Prozent Pauperismus, einige Prozent Bankerut mehr ‒ mehr Unsterblichkeit. Und dazu die Versicherung des ehemaligen Kleider-Trödlers, jetzigen Barons und Kriegsministers Chazal, daß die Armee der glorreichste Ring in der Kette der Belgischen Institutionen sei. Ist Belgien nicht reich genug, seinen Ruhm zu bezahlen? Und den schließlichen Beweis, daß die Belgische Monarchie die beste der Republiken ist, können Sie daraus ziehen, daß alle bisher feindlich gegenüber stehenden offiziellen Parteien, Aristokraten und Liberale, de Theur und Rogier, sich friedlich vereint haben, um dem Volk seine Konstitution und sich ihr gegenseitiges Wohlsein zu garantiren. Welch rührendes Schauspiel!</p> </div> </div> <div xml:id="it" n="1"> <head> <hi rendition="#g">Italien.</hi> </head> <div xml:id="ar001_014" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Verona,</hi> 24. Mai.</head> <p>In den an der Straße nach Vicenza gelegenen Orten wurde in der vergangenen Nacht eine heftige Kanonade gehört. Dieselbe währte von 1 bis gegen 7 Uhr morgens. Schon gestern verlautete gerüchtweise, daß der Durchzug durch den Borgo (Vorstadt) Sta. Lucia von den österreichischen Truppen erzwungen worden sei. Dabei soll an mehreren Stellen Feuer ausgebrochen sein. Schwerlich hatte man einen so lebhaften Widerstand erwartet. Die Vereinigung mit der Isonzoarmee ist theilweise bewerkstelligt. Von hier war Geschütz zur Verstärkung derselben beim Angriff auf Vincenza abgegangen. <bibl>(A. A. Z.)</bibl></p> </div> <div xml:id="ar001_015" type="jArticle"> <p><hi rendition="#g">Neapel.</hi> In Betracht daß diejenigen, welche zu Mitgliedern der Deputirtenkammer erwählt waren, am 15. Mai, wie aus authentischen Actenstücken hervorgeht, sich vereinten um den Charakter einer Assemblea unica rappresentante della Nazione änzunehmen, daß sie ein Sicherheitscomité schufen, unter dessen unbedingtem Befehl die Nationalgarde stehen sollte, in Betracht daß das illegal war, da von jenen Mitgliedern noch nicht der von den Gesetzen erforderte Schwur geleistet war u. s. w. hat der König von Neapel (am 17) die Deputirtenkammer aufgelöst. Die Zahl der nach ihrer Gefangennehmung erschossenen Bürger soll 9 betragen; die Deputirten, heißt es, in Widerspruch mit andern Berichten, sind auf den königl. Schiffen gefangen; eine Deputation Neapolitaner soll nach Paris gegangen seyn um die Hülfe der französischer Republik zu beanspruchen.</p> </div> <div xml:id="ar001_016_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Die neueste Heldentat des Hauses Bourbon. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 40.</bibl></note> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Das Haus Bourbon ist noch nicht am Ziele seiner glorreichen Laufbahn angelangt.</p> <gap reason="copyright"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0002/0002]
[Deutschland] * Köln, 31. Mai. Der Deputirte Herr Robert Blum hat in der deutschen Nationalversammlung erklärt: „Vor einiger Zeit hat die Regierung von Sachsen-Meiningen ein Rundschreiben an die andern deutschen Regierungen erlassen, des Inhalts: Man solle das Plenum des Bundestags vollständig besetzen, einen Gesandten für jede Stimme schicken, damit daraus ein ansehnliches Gegengewicht zur Berathung und Beschließung der von der konstituirenden National-Versammlung vorzuschlagenden Verfassung entstehe. Darauf antwortete die preuß. Regierung: Dieses Mittel werde nicht ausreichen; auch das Plenum sei der constit. Versammlung gegenüber ohnmächtig; das einzige Mittel zur Schwächung der Wirkung der konst. Versammlung sei: gleichzeitig möglichst viele Ständeversammlungen zu berufen. Ich habe keine diplomatischen Archive zu Gebote, aber ich kann Ihnen mein Ehrenwort für die Wahrheit des Mitgetheilten verpfänden.“
Wir fordern Herrn Camphausen auf, an seinem Platze als Deputirter in der Nationalversammlung in Frankfurt sich kategorisch über diesen Punkt zu erklären.
* Köln, 31. Mai. _ ** Köln, den 31. Mai. _ *Berlin, den 26ten Mai. Die Verfassungsurkunde hat hier eine große Erbitterung hervorgerufen, nicht minder das Benehmen der Soldateska in Polen und Mainz. Man sagt: Wir haben umsonst gefochten, unsere Todten sind umsonst todt. Zugleich fordert man den Rückzug des Militairs aus Baden. Es wird behauptet, Baden sei zu 3 viertel republikanisch gesinnt; es müsse geduldet werden, daß die Badenser, wenn dieß der Wille der Majorität sei, die Republik proklamirten. ‒ Die Nationalversammlung ist schrecklich conservativ. Sie hat heute einen servilen Präsidenten, Milde aus Breslau gewählt, der bis zur definitiven Festsetzung der Geschäftsordnung den Vorsitz führen wird. Die rheinischen Abgeordneten befinden sich meistens auf der Rechten. Eine Ausnahme bilden jedoch die Vertreter von Düsseldorf, Trier, Waldbroel, Sieg, Mühlheim und einigen andern Orten. Das Weitere hierüber Nächstens. Die Stabilitätsparthei hat bereits Schmach genug auf die Versammlung geladen. Nach der oberflächlichsten Diskussion werden die eigentlichen Lebensfragen, mögen auch noch viele Redner eingeschrieben sein, von der Rechten durch Trommeln und Schreien zur Abstimmung gebracht. Das Resultat wird so natürlich kläglich.
‒ Die Linke forderte die sofortige Freilassung und Einberufung des in Trier wohnenden Abgeordneten Valdenaire. Die Rechte war wie vom Schlage gerührt und ging, nachdem sie sich vom ersten Schrecken erholt, in Wuth über, besonders der Friedensrichter Pelzer aur Lennep. Gegen die Zulassung von Valdenaire sprachen noch Zweiffel, Hansemann u. s. w. Auch diesmal wurde leider durch wüstes Lärmen die Debatte abgekürzt, obgleich noch 14 Redner angemeldet waren. Dieser Skandal fand Statt im Interesse von Hansemann, der schonungslos zurechtgewiesen worden wäre, weil er die „Würde der Versammlung“ in der Zukunft bedroht sah, wenn dereinst Valdenaire für schuldig befunden würde. Einen Unschuldigen auf eine bloße Eventualität hin in der Ausübung der höchsten politischen Rechtn behindern, scheint der Würde dieser Menschen nicht gefährlich zu sein.
27. Mai. Heute werden an die Deputirten folgende Einladungen ertheilt : „Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten wird jeden Dienstag die Herren Abgeordneten bei sich empfangen, welche ihn mit ihrem Besuche beehren wollen.“ Auch Hansemann hat die Deputirten ein für allemal zu seinen „Abendgesellschaften“ eingeladen, welche Dienstags und Freitags um 8 Uhr beginnen. Es soll also das Wohl des Landes im Thee gefischt werden.
** Frankfurt, 29. Mai. Die heutige Sitzung der Nationalversammlung begann wieder mit langwierigen Verhandlungen über das Protokoll. Hierauf erhoben die Abgeordneten von Luxemburg Schwierigkeiten und Zweifel wegen ihres Mandats. ‒ Schlöffel aus Schlesien stellt einen Antrag wegen Hebung der Industrie. ‒ Die Deutschen in Amerika überreichen mittelst einer Riesen-Adresse 3500 Dollars für das nothleidende Deutschland.
Endlich kommt die Debatte wieder auf das Reglement, wobei Jakob Grimm bemerkt, daß der Deutsche Anlage zum Pedanten habe, und dies sofort beweist durch eine lange und zwecklose Abhandlung über Wesen und Begriff der Kommissionen. Nach einer längern Verhandlung beschließt man, die provisorische Geschäftsordnung en bloc anzunehmen und einzelne Paragraphen nur dann zu debattiren, wenn 50 Deputirte darauf antragen. Dann wurde auch beschlossen, einen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu ernennen; die Deputirten begaben sich in ihre Abtheilungen, wählten diesen Ausschuß, und gingen nach Hause.
*** Frankfurt, 30. Mai. Sitzung der Bundesversammlung vom 29. Mai. ‒ Für Lippe-Detmold tritt Hr. Petri ein. ‒ Die nach Mainz gesandten Kommissare erstatten Bericht. Die preußische Garnison in Mainz wünscht laut Bericht des Festungsgouverneurs versetzt zu werden. An den Militairausschuß. ‒ Für die Kosten der Nationalversammlung werden vorläufig 25,000 Fl. angewiesen. ‒ Beschlossen, die periodisch zu erstattende Anzeige der wirklichen Stärke der Bundeskontingente auf den Stand vom 8. Juni vorzulegen. Für Einrichtung der Kommandanturen in Ulm und Rastatt werden je 2000 Fl. als Vorschuß bewilligt. ‒ Kurhessen zeigt an, daß es das Verbot des Wanderns der Handwerksburschen in die Schweiz als beseitigt annehme, womit der Bundestag einverstanden war.
In Berlin ist am 29. Mai spät Nachmittags folgendes Extra-Blatt erschienen : Wien. Das Volk schlägt sich mit dem Militair. Graf Hoyos und Graf Colloredo-Mansfeldt sind in den Händen des Volkes. Wien, vom 29. Mai. Heute Abend, so heißt es, sollen vier Regimenter in Wien einrücken; auf Grund dieser Nachricht zeigt sich eine große und ungewöhnliche Aufregung.
25. Mai, Morgens 7 Uhr. So eben hat das Ministerium den Befehl erlassen, die akademische Legion solle sich auflösen und die Bürger die Gewehre abgeben. Dies war das erste Zeichen zum Kampf. Auf allen Seiten errichteten die Arbeiter und die Studenten nun Barrikaden. Jede Kommunikation war gehemmt; man konnte nur über die Barrikaden klettern oder unten durchkriechen.
10 Uhr. So eben ist Volk und Militär sich begegnet. Das Volk stürmte das rothe Thurmthor und vertrieb die Soldaten, die dort Posten gefaßt hatten. Mehre wurden dabei verwundet, ein Arbeiter getödtet. Nachdem der Kampf eine halbe Stunde gewährt hatte, zog sich das Militair auf die Glacis zurück und besetzte von dort aus alle Bastionen.
Abends 8 Uhr. Der Kampf ruht auf einige Zeit; Volk und Militair stehen sich drohend gegenüber. Wenn man bedenkt, daß in Windischgrätz (sechs eine halbe Stunde von hier) vier Regimenter stehen, die nach Wien bestimmt sind, so ist ein blutiger Kampf unvermeidlich.
Das Volk hat indeß folgende Bedingungen gestellt:
1) Fortbestehen der akademischen Legion;
2) alles Militär soll vier Stunden weit von Wien entfernt werden;
3) der Kaiser soll innerhalb 8 Tagen nach Wien zurückkehren, oder statt seiner ein Prinz der Kaiserl. Familie.
Da dem Volke dies versprochen wurde, hat es sich die Grafen Hoyos und Colloredo-Mansfeldt als Geißeln genommen; es sucht den Grafen Montecuculi auf, dieser aber flieht von Haus zu Haus, um dem zu entgehen. Alle Eisenbahn-Direktionen haben dem Volke versprochen, kein Militär nach Wien zu bringen. Das Volk bereitet sich vor, die Nacht auf den Barrikaden zu verbringen, die, namentlich bei dem Stephansplatze, zwei Stock hoch sind.
‒ Nach der in der Schlesischen Zeitung mitgetheilten Aussage von Reisenden soll die Militärbehörde keineswegs die anwesenden, sehr bedeutenden Militärkräfte zum Kampfe innerhalb der Stadt zu verwenden, vielmehr die ganze Hauptstadt zu cerniren, alle Passagen aufzuheben und auf diese Weise die Bürgerschaft zu zwingen gesonnen sein, dem Zustande in der Hauptstadt durch ein massenhaftes Erheben selbst ein Ende zu machen. Zu dem Ende seien denn auch bereits in der verflossenen Nacht mehrere Eisenbahnzüge mit Militär aus den zunächst gelegenen Garnisonen nach Wien abgegangen, um den Militärgürtel zu vervollständigen. Der Ansicht der Reisenden zufolge, dürfte dieser Plan vollständig gelingen, um so mehr, als der Kern der Wiener Bürgerschaft sich nach Ruhe und Ordnung sehne und der fortdauernden Ruhestörungen und Demonstrationen längst überdrüssig sei. Das Ministerium soll für den äußersten Fall entschlossen sein, die Hauptstadt ebenfalls zu verlassen, den Regierungssitz provisorisch in einer Provinzial-Hauptstadt aufzuschlagen und Wien seinem Schicksale zu überlassen, Die Kunde von diesem Vorhaben des Ministeriums soll sehr niederschlagend auf die Bürgerschaft gewirkt haben, da dieselbe nur zu gut weiß, daß die Bedeutung von Wien mit der Residenz steht und fällt.
‒ Ferner ist in Wien nachstehende Proklamation des Wiener Volkes erschienen:
Was wir wollen.
Da wir erkannt haben, daß die reaktionäre Partei den Sieg des souveränen Volkes zu schmälern beabsichtige, so wollen wir:
1) daß das gesammte Militär Wien verlasse und die russische und italienische Gränze besetze;
2) daß alle Errungenschaften des 15. Mai ungeschmälert aufrecht erhalten und die constituirende Versammlung nach Wien schleunigst einberufen werde;
3) daß von amtlicher Seite Abgeordnete in die Provinzen abgeschickt werden, welche unsern Brüdern daselbst bekannt geben, daß Alles, was wir gethan, nur im gemeinsamen Interesse der ganzen Monarchie geschehen sey;
4) Aufhebung der Klöster;
5) Einführung einer Einkommen- und Armensteuer;
6) Beeidigung des Militärs auf die Verfassung;
7) Gleichstellung aller Nationalitäten;
8) innigsten Anschluß an Deutschland;
9) baldige Rückkehr des Kaisers unter Aufrechterhaltung der Errungenschaften des 15. Mai;
10) daß alle Jene, welche den Kaiser zur Abreise durch falsche Vorspiegelungen bewogeu, vor ein Volksgericht gestellt werden.
Im Namen des Volkes.
Triest, 23. Mai. Abends 6 Uhr. Wir erhalten in Abschrift folgendes Schreiben des Contreadmirals der sardinischen, der vereinigten neapolitanischen und venetianischen Flotte Albini an den Befehlshaber der englischen Dampffregatte Terrible:
Geehrtester Herr!
Rhede von Triest 23. Mai.
Indem ich die Ehre habe Ihnen den Empfang Ihrer sehr geschätzten Zuschrift vom 23. Mai 1848 anzuzeigen, beehre ich mich zugleich, Sie in Kenntniß zu setzen, daß das Geschwader Sr. Majestät des Königs von Sardinien unter meinem Kommando sich in diesen Gewässern bloß zu dem Zwecke befindet, um unsern Handel gegen eine österreichische Kriegsmacht sicher zu stellen, die als eine, meiner Regierung feindliche, zu bekämpfen meine Pflicht erfordert.
Ich habe die Ehre etc. etc.
Der Contreadmiral, Commandant des Geschwaders
Albini.
Wir fügen hier noch bei, daß Albini noch mündlich versprochen hat, ohne vorausgegaugene Anzeige keine feindliche Maßregel gegen die Stadt zu ergreifen.
Abends 7 Uhr. Die Aufregung der Vormittagsstunden ist einer ruhigen, besonnenen Thätigkeit gewichen, um sich so gut als möglich auf Eventualitäten vorzubereiten, die uns nach der obigen Erklärung des feindlichen Admirals wenigstens nicht ungewarnt werden überraschen können. Das Militär und die Nationalgarde entwickeln den größten Eifer, jenes in Befestigung der Molos, Besetzung der nach dem Hafen führenden Straßen und Plätze, diese in der Aufrechthaltung der inneren Ruhe und Ordnung, welche den Tag über nicht im Geringsten gestört wurde. Feldmarschall-Lieutenant Gyulay durchreitet so eben die Stadt und wird überall mit lautem Evviva begleitet.
Das englische Dampfboot „Antelope“, welches gestern mit Sir Stratford Canning nach Constantinopel abgehen sollte, befindet sich noch in unserm Hafen. (Journal d. Oestr. Lloyd.)
Belgien. X Brüssel, 30. Mai. Sie erinnern sich noch der Zeit, wo Belgien par excellence als das Land des Jakobinismus galt ‒ in Preußen namentlich und in Rußland. Nirgendwo hatte sich der „platte“ Liberalismus reiner konstituirt, als in der belgischen Konstitution. Sogar die erste Kammer eine Wahlkammer! Kein naturwüchsig gliederndes Prinzip, Alles gemacht ‒ bis auf den König Leopold. So grollte die „historische Schule“ und das „Berliner politische Wochenblatt.“ Wie hat sich das Alles geändert ‒ seit einigen Wochen versteht sich. Man sendet Prinzen aus, um die Belgische Konstitution zu studiren. Ueber Nacht ist sie grau und historisch respektabel geworden, nicht minder respektabel, als wäre sie so mottenzerfressen, wie die in Runnymede von Johann ohne Land mit den englischen Baronen vereinbarte Verfassungs-Urkunde. Früher schlug man Virgils Gedichte auf, um die Zukunft zu prophezeien. Und heute schlägt man die belgische Konstitution auf, nicht um die Zukunft zu prophezeien, sondern um sie überflüssiig zu machen. Die belgische Konstitution feit gegen die Revolution. Und wie das politische Wochenblatt sich auszudrücken beliebte : Nous ne voulons pas la contrerévolution, mais nous voulons le contraire de la révolution. Mit diesem Motto und einer mehr oder minder schülerhaften Uebersetzung der belgischen Konstitution, weist man heutzutage seinen Beruf zum Lykurg aus in den Landen, wo der Dativ mit dem Akkusativ verwechselt wird. Wundersame Heilkräfte schlummern in der belgischen Konstitution. Seht Belgien! Die gottlosen Wogen der Pariser Februar-Revolution sind zerschellt an diesem Marmorfelsen. Sie haben den Löwen von Flandern, Hrn. Spilthoorn, ins Gefängniß und die Belgischen Republikaner auf den Sand geschleudert, wo sie hoffnungslos verdörren. Wundersame belgische Konstitution! Der Hungertyphus und der Flandrische Pauperismus haben ein tolerantes Asyl in ihr gefunden. Aber gegen die Februar-Revolution war sie intolerant. Und Typhus und Pauperismus schlagen nur elende Weber und Bauern. Dagegen die Februar-Revolution, die hätte Donquixote wie Merode, Minister wie Rogier, Doktrinaire wie Lebeau, Demagogen wie Verhaegen treffen können und gar einen Mann wie den Polizei-Präfekten Hody, der Alles in Allem ist: Ex-Republikaner, Phalansterianer, und ralliirter Leopoldist. Verlangt man mehr von einer Konstitution, als daß sie die Mächte erhält, die sie ins Leben gerufen: Wähler, Deputirte, Minister, Polizei-Präfekte! Unterdessen hat es 70 Millionen Franks in wenigen Wochen gekostet, um die kerngesunde unbefleckte belgische Konstitution vor der schrecklichen Franzosenkrankheit zu schützen. Aber was sind 70. Mill. Fs. für ein Riesenland von etwa drei Millionen Einwohner? Einige Prozent Typhus, einige Prozent Pauperismus, einige Prozent Bankerut mehr ‒ mehr Unsterblichkeit. Und dazu die Versicherung des ehemaligen Kleider-Trödlers, jetzigen Barons und Kriegsministers Chazal, daß die Armee der glorreichste Ring in der Kette der Belgischen Institutionen sei. Ist Belgien nicht reich genug, seinen Ruhm zu bezahlen? Und den schließlichen Beweis, daß die Belgische Monarchie die beste der Republiken ist, können Sie daraus ziehen, daß alle bisher feindlich gegenüber stehenden offiziellen Parteien, Aristokraten und Liberale, de Theur und Rogier, sich friedlich vereint haben, um dem Volk seine Konstitution und sich ihr gegenseitiges Wohlsein zu garantiren. Welch rührendes Schauspiel!
Italien. Verona, 24. Mai. In den an der Straße nach Vicenza gelegenen Orten wurde in der vergangenen Nacht eine heftige Kanonade gehört. Dieselbe währte von 1 bis gegen 7 Uhr morgens. Schon gestern verlautete gerüchtweise, daß der Durchzug durch den Borgo (Vorstadt) Sta. Lucia von den österreichischen Truppen erzwungen worden sei. Dabei soll an mehreren Stellen Feuer ausgebrochen sein. Schwerlich hatte man einen so lebhaften Widerstand erwartet. Die Vereinigung mit der Isonzoarmee ist theilweise bewerkstelligt. Von hier war Geschütz zur Verstärkung derselben beim Angriff auf Vincenza abgegangen. (A. A. Z.)
Neapel. In Betracht daß diejenigen, welche zu Mitgliedern der Deputirtenkammer erwählt waren, am 15. Mai, wie aus authentischen Actenstücken hervorgeht, sich vereinten um den Charakter einer Assemblea unica rappresentante della Nazione änzunehmen, daß sie ein Sicherheitscomité schufen, unter dessen unbedingtem Befehl die Nationalgarde stehen sollte, in Betracht daß das illegal war, da von jenen Mitgliedern noch nicht der von den Gesetzen erforderte Schwur geleistet war u. s. w. hat der König von Neapel (am 17) die Deputirtenkammer aufgelöst. Die Zahl der nach ihrer Gefangennehmung erschossenen Bürger soll 9 betragen; die Deputirten, heißt es, in Widerspruch mit andern Berichten, sind auf den königl. Schiffen gefangen; eine Deputation Neapolitaner soll nach Paris gegangen seyn um die Hülfe der französischer Republik zu beanspruchen.
* Das Haus Bourbon ist noch nicht am Ziele seiner glorreichen Laufbahn angelangt.
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