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[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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condamine seine Arbeiten über den Amazonenstrom angefangen;
bei dieser Gelegenheit bestimmte ich die Höhe des Orts auf 1200'
(also niedriger als München), nicht weit vom Wasserfall von Rustega,
aber noch 700 Meilen vom Ausfluße; s. Steigt man etwas weiter hinab
als Tamapenda so ist die Höhe nur noch @400'; also brauchte das Meer
W.
nur 400' zu steigen [u.]und ganz Südamerika würde verschwinden
[u.]und die Andeskette sich wie eine lange schmale Insel von Nord nach
Süd [sich] erstrecken. Sollten aber solche Erhöhungen des niveaus ein-
treten, so würden sie über die ganze Erde gleichmäßig sich
vertheilen müssen. So hat man fälschlich auf eine Anschwellung
[u.]und Abnahme des Mittelmeers geschlossen, weil man an den Säulen
des Serapistempel bei Pozzuoli 8-10' über dem Boden ange-
backne Muscheln aus Salzwasser herrührend, bemerkte. Dies
müste aber in historischer Zeit geschehen sein, denn aus solcher ist
der Serapistempel gewiß, w. Wie wäre es denn aber möglich, daß
wir durchaus keine Erwähnung einer solchen Fluth hätten die
hinreichend gewesen wäre die Ebenen von Valenza [u.]und Grenada;
so wie ganz Aegypten plötzlich zu überschwemmen [u.]und zu ersäufen?
Andere meinen, die Säulen hätten lange Zeit im Wasser
gelegen [u.]und da hätten sich die Muscheln angesetzt; ist auch unwahr-
scheinlich, denn theils würde man nicht beschädigte Säulen für den
Tempel gebraucht haben, theils hätte man sie gewiß gereinigt
um sie aufzustellen. Das wahrscheinlichste ist, daß eine Dünenreihe
vor dem Tempel nicht weit vom Ufer entstanden ist [u.]und daß sie eine
"Mare" oder Salzlache bildete von 10' Höhe, worin die Muscheln lebten.
Solche Erscheinungen von höhern Salzlachen am Ufer sind gar nicht
selten.

condamine seine Arbeiten über den Amazonenstrom angefangen;
bei dieser Gelegenheit bestimmte ich die Höhe des Orts auf 1200′
(also niedriger als München), nicht weit vom Wasserfall von Rustega,
aber noch 700 Meilen vom Ausfluße; s. Steigt man etwas weiter hinab
als Tamapenda so ist die Höhe nur noch 400′; also brauchte das Meer
W.
nur 400′ zu steigen [u.]und ganz Südamerika würde verschwinden
[u.]und die Andeskette sich wie eine lange schmale Insel von Nord nach
Süd [sich] erstrecken. Sollten aber solche Erhöhungen des niveaus ein-
treten, so würden sie über die ganze Erde gleichmäßig sich
vertheilen müssen. So hat man fälschlich auf eine Anschwellung
[u.]und Abnahme des Mittelmeers geschlossen, weil man an den Säulen
des Serapistempel bei Pozzuoli 8–10′ über dem Boden ange-
backne Muscheln aus Salzwasser herrührend, bemerkte. Dies
müste aber in historischer Zeit geschehen sein, denn aus solcher ist
der Serapistempel gewiß, w. Wie wäre es denn aber möglich, daß
wir durchaus keine Erwähnung einer solchen Fluth hätten die
hinreichend gewesen wäre die Ebenen von Valenza [u.]und Grenada;
so wie ganz Aegÿpten plötzlich zu überschwem̃en [u.]und zu ersäufen?
Andere meinen, die Säulen hätten lange Zeit im Wasser
gelegen [u.]und da hätten sich die Muscheln angesetzt; ist auch unwahr-
scheinlich, denn theils würde man nicht beschädigte Säulen für den
Tempel gebraucht haben, theils hätte man sie gewiß gereinigt
um sie aufzustellen. Das wahrscheinlichste ist, daß eine Dünenreihe
vor dem Tempel nicht weit vom Ufer entstanden ist [u.]und daß sie eine
Mare oder Salzlache bildete von 10′ Höhe, worin die Muscheln lebten.
Solche Erscheinungen von höhern Salzlachen am Ufer sind gar nicht
selten.

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[[201]/0207] condamine seine Arbeiten über den Amazonenstrom angefangen; bei dieser Gelegenheit bestimmte ich die Höhe des Orts auf 1200′ (also niedriger als München), nicht weit vom Wasserfall von Rustega, aber noch 700 Meilen vom Ausfluße. Steigt man etwas weiter hinab als Tamapenda so ist die Höhe nur noch 400′; also brauchte das Meer nur 400′ zu steigen und ganz Südamerika würde verschwinden und die Andeskette sich wie eine lange schmale Insel von Nord nach Süd erstrecken. Sollten aber solche Erhöhungen des niveaus ein- treten, so würden sie über die ganze Erde gleichmäßig sich vertheilen müssen. So hat man fälschlich auf eine Anschwellung und Abnahme des Mittelmeers geschlossen, weil man an den Säulen des Serapistempel bei Pozzuoli 8–10′ über dem Boden ange- backne Muscheln aus Salzwasser herrührend, bemerkte. Dies müste aber in historischer Zeit geschehen sein, denn aus solcher ist der Serapistempel gewiß. Wie wäre es denn aber möglich, daß wir durchaus keine Erwähnung einer solchen Fluth hätten die hinreichend gewesen wäre die Ebenen von Valenza und Grenada; so wie ganz Aegÿpten plötzlich zu überschwem̃en und zu ersäufen? Andere meinen, die Säulen hätten lange Zeit im Wasser gelegen und da hätten sich die Muscheln angesetzt; ist auch unwahr- scheinlich, denn theils würde man nicht beschädigte Säulen für den Tempel gebraucht haben, theils hätte man sie gewiß gereinigt um sie aufzustellen. Das wahrscheinlichste ist, daß eine Dünenreihe vor dem Tempel nicht weit vom Ufer entstanden ist und daß sie eine “Mare„ oder Salzlache bildete von 10′ Höhe, worin die Muscheln lebten. Solche Erscheinungen von höhern Salzlachen am Ufer sind gar nicht selten. W.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [201]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/207>, abgerufen am 22.12.2024.