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Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 48. Stuttgart/Tübingen, 30. November 1856.

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[Beginn Spaltensatz] er noch einige Zuckungen am Körper und sagte: " Mon-
sieur, bitten Sie, so lange Jhnen noch einiges Leben
bleibt, Gott und den König um Verzeihung!" Da stieß
Guise, ohne sprechen zu können, mit heiseren Lauten einen
großen und tiefen Seufzer aus und gab den Geist auf,
worauf man ihn mit einem grauen Mantel bedeckte, auf
den man ein Kreuz von Stroh legte. So blieb er an
zwei Stunden liegen; hierauf wurde er dem Herrn von
Richelieu übergeben, welcher auf Befehl des Königs den
Körper im untern Saale vom Scharfrichter verbrennen
und die Asche in den Fluß werfen ließ.

Andere erzählen, der König, da er den Herzog
auf dem Boden ausgestreckt sah, habe ausgerufen: "O,
wie groß er ist! Noch viel größer im Tode, als im
Leben!" -- Eine unwillkürliche Prophezeihung, welche
die Ligue gut zu benützen verstanden, welche sie vielleicht
erfunden hat.

Andere behaupten, der König, in der wüthigen
[Spaltenumbruch] Freude eines Feigen, der sich plötzlich sicher fühlt, habe
sich nicht enthalten können und dem Todten einen Fuß-
tritt in's Gesicht gegeben. Dieß ist nicht unwahrschein-
lich. Jn dieser eigenthümlichen Persönlichkeit steckte
zugleich etwas von einem Borgia und einem Scapin;
neben vielem Geiste sehr gemeine Neigungen -- ein
schrecklicher Possenreißer in einem italienischen Kapuziner.

Damit haben wir dem Leser den dramatischsten Theil
des ganzen Buchs geliefert, wollen aber damit nicht
von der Lesung desselben dispensiren. Jeder, der nicht
erst die Geschichte kennen zu lernen braucht, wird sich
mit Vergnügen in diesem blüthenvollen Dickicht ergehen.
Lernen wird er nur wenig, und er muß sich hüten,
nach Lesung Michelets nicht ein Fanatiker der Pedan-
terie zu werden. Michelet scheint da zu seyn, um zu
beweisen, daß Pedanterie zu etwas gut ist.

[Ende Spaltensatz]

Jtalienische Distichen.
[Beginn Spaltensatz]
Pompeji.
Haus und Hof.
Stuben und Kammern wie nett, und der Hof und der
Garten wie freundlich!
Ach! und die Wände, wie schön sind sie mit Bildern
geschmückt!
Aber die Stühle, der Tisch und das andre Geräthe,
wo sind sie?
Geh' nach Neapel, da liegt sorglich das alles ver-
wahrt!
Salve.
Friedliches Salve! Jch sind' in Pompeji dich wie in
Neapel.
Hätt' ich ein eigenes Haus, schmücktest die Schwelle
du ihm!
Jm Amphitheater.
Wollustathmend umfängt mich die Nacht mit liebenden
Armen,
Drückt den durchflammenden Kuß mir auf die Lippen
voll Lust.
Willenlos hüll' ich mich ein in den purpurnen bräut-
lichen Schleier,
Der mich, den Träumenden, süß, dichter und dichter
umschließt,
[Spaltenumbruch] Während der Riese des Bergs dort die Hochzeitfackel
entzündet
Und vom benachbarten Hain duftet die Myrthe herauf.
Da urplötzlich entwirren sich blutige Bilder, von unten
Aus der Arena empor dröhnet ein wüstes Geschrei,
Und mit Hyänen und Tigern erblick' ich entwaffnete
Menschen
Wüthend auf Leben und Tod grausiges Kampfspiel
besteh'n.
Ringsum füllt sich der Raum der sanft gerundeten Stufen,
Und als ein Fremdling allein sitz' ich da unter dem
Volk.
Doch schon wilder erschallt das Gebrüll, so von Thieren
wie Menschen,
Und ich wünsche mich weit weg von dem traurigen
Ort.
O wie glücklich, als ich, von dem Traum erwachend,
den Führer
Sah und den Knaben mit ihm, welcher den Vor-
rath uns trug!
"Reich mir den Somma Wein, den erglühenden, daß
ich mich labe,
Aber vergiß mir auch nicht Cacio=Cavallo und
Brod!"
Rudolf Marggraff.
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] er noch einige Zuckungen am Körper und sagte: „ Mon-
sieur, bitten Sie, so lange Jhnen noch einiges Leben
bleibt, Gott und den König um Verzeihung!“ Da stieß
Guise, ohne sprechen zu können, mit heiseren Lauten einen
großen und tiefen Seufzer aus und gab den Geist auf,
worauf man ihn mit einem grauen Mantel bedeckte, auf
den man ein Kreuz von Stroh legte. So blieb er an
zwei Stunden liegen; hierauf wurde er dem Herrn von
Richelieu übergeben, welcher auf Befehl des Königs den
Körper im untern Saale vom Scharfrichter verbrennen
und die Asche in den Fluß werfen ließ.

Andere erzählen, der König, da er den Herzog
auf dem Boden ausgestreckt sah, habe ausgerufen: „O,
wie groß er ist! Noch viel größer im Tode, als im
Leben!“ — Eine unwillkürliche Prophezeihung, welche
die Ligue gut zu benützen verstanden, welche sie vielleicht
erfunden hat.

Andere behaupten, der König, in der wüthigen
[Spaltenumbruch] Freude eines Feigen, der sich plötzlich sicher fühlt, habe
sich nicht enthalten können und dem Todten einen Fuß-
tritt in's Gesicht gegeben. Dieß ist nicht unwahrschein-
lich. Jn dieser eigenthümlichen Persönlichkeit steckte
zugleich etwas von einem Borgia und einem Scapin;
neben vielem Geiste sehr gemeine Neigungen — ein
schrecklicher Possenreißer in einem italienischen Kapuziner.

Damit haben wir dem Leser den dramatischsten Theil
des ganzen Buchs geliefert, wollen aber damit nicht
von der Lesung desselben dispensiren. Jeder, der nicht
erst die Geschichte kennen zu lernen braucht, wird sich
mit Vergnügen in diesem blüthenvollen Dickicht ergehen.
Lernen wird er nur wenig, und er muß sich hüten,
nach Lesung Michelets nicht ein Fanatiker der Pedan-
terie zu werden. Michelet scheint da zu seyn, um zu
beweisen, daß Pedanterie zu etwas gut ist.

[Ende Spaltensatz]

Jtalienische Distichen.
[Beginn Spaltensatz]
Pompeji.
Haus und Hof.
Stuben und Kammern wie nett, und der Hof und der
Garten wie freundlich!
Ach! und die Wände, wie schön sind sie mit Bildern
geschmückt!
Aber die Stühle, der Tisch und das andre Geräthe,
wo sind sie?
Geh' nach Neapel, da liegt sorglich das alles ver-
wahrt!
Salve.
Friedliches Salve! Jch sind' in Pompeji dich wie in
Neapel.
Hätt' ich ein eigenes Haus, schmücktest die Schwelle
du ihm!
Jm Amphitheater.
Wollustathmend umfängt mich die Nacht mit liebenden
Armen,
Drückt den durchflammenden Kuß mir auf die Lippen
voll Lust.
Willenlos hüll' ich mich ein in den purpurnen bräut-
lichen Schleier,
Der mich, den Träumenden, süß, dichter und dichter
umschließt,
[Spaltenumbruch] Während der Riese des Bergs dort die Hochzeitfackel
entzündet
Und vom benachbarten Hain duftet die Myrthe herauf.
Da urplötzlich entwirren sich blutige Bilder, von unten
Aus der Arena empor dröhnet ein wüstes Geschrei,
Und mit Hyänen und Tigern erblick' ich entwaffnete
Menschen
Wüthend auf Leben und Tod grausiges Kampfspiel
besteh'n.
Ringsum füllt sich der Raum der sanft gerundeten Stufen,
Und als ein Fremdling allein sitz' ich da unter dem
Volk.
Doch schon wilder erschallt das Gebrüll, so von Thieren
wie Menschen,
Und ich wünsche mich weit weg von dem traurigen
Ort.
O wie glücklich, als ich, von dem Traum erwachend,
den Führer
Sah und den Knaben mit ihm, welcher den Vor-
rath uns trug!
„Reich mir den Somma Wein, den erglühenden, daß
ich mich labe,
Aber vergiß mir auch nicht Cacio=Cavallo und
Brod!“
Rudolf Marggraff.
[Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 48. Stuttgart/Tübingen, 30. November 1856, S. 1146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt48_1856/18>, abgerufen am 11.12.2024.