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Marburger Zeitung. Nr. 59, Marburg, 26.05.1914.

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Marburger Zeitung Nr. 59, 26. Mai 1914

[Spaltenumbruch]
Politische Umschau.
Aufstand in Albanien.
Flucht und Rückkehr des Fürsten.

Jäh wechseln die Bilder. Samstag nach
Mitternacht die alarmierende Nachricht von der
Flucht des Fürsten von Albanien auf ein italienisches
Kriegsschiff, Sonntag die Meldung von der Rückkehr
des Fürsten nach Durazzo. Aber es ist keine
triumphale Rückkehr, kein Sieg über die Feinde.
Fürst Wilhelm ist in das Schloß zurückgekehrt, nach-
dem er alle Forderungen der Aufständischen erfüllt,
nachdem er vor ihnen kapituliert hat. Noch liegen
nicht alle Vorgänge klar, die zu den dramatischen
Szenen von Samstag nachmittags bis Sonntag
führten. So viel geht aus den Depeschen hervor,
daß der Fürst die ihm zur Verfügung stehende
bewaffnete Macht, die von holländischen Offizieren
kommandierten Gendarmen, zum Kampf gegen die
von Tirana heranrückenden Aufständischen ausge-
schickt hat, daß die Gendarmen geschlagen und samt
ihren Offizieren gefangengenommen wurden, daß
darob eine furchtbare Panik in Durazzo ausbrach
und der Fürst über Vorstellungen des italienischen
Gesandten, der die Sicherheit der fürstlichen Familie
bedroht hielt, sich mit den Seinen auf das italienische
Kriegsschiff begab. Nach Unterzeichnung der von
den Aufständischen vorgeschriebenen Bedingungen
kehrte er wieder nach Durazzo zurück. Mittler-
weile haben die Aufständischen Tirano eingenommen
und schon klingt der Ruf: Es lebe Essad, der König
von Albanien. Die Gewalttat gegen Essad, die, wie
es scheint, von den unter österreichischem Schutze
stehenden Franziskanern angezettelt wurde, beginnt
sich schon zu rächen. Wie sieht jetzt unser Berchtold
aus?




Eigenberichte.
(Wahl in den Orts-
schulrat Gams.)

Der Gemeindeausschuß hat in
seiner heutigen Sitzung unter dem Vorsitze des Ge-
meindevorstehers Herrn Karl Wodenig statt des
verstorbenen Dr. Johann Majciger für die restliche
Funktionsdauer den Großgrundbesitzer, Gemeinde-
ausschuß- und Bezirksvertretungsmitglied Herrn
Emanuel Pfeffer als Mitglied in den Ortsschulrat
Gams einstimmig gewählt, was allgemein begrüßt
wird. Der Gewählte ist ein deutscher, auf das
öffentliche Wohl stets bedachter Mann.

(Vier Personen
unter dem Verdachte der Brandlegung
verhaftet.)

In Verholle kam am 12. Mai gegen
halb 9 Uhr abends beim Besitzer Josef Otorepec
Feuer zum Ausbruch, welches das Wohn- und Wirt-
schaftsgebäude bis auf das Mauerwerk total ein-
äscherte. Der Abbrandler hatte die Gebäude mit
4000 K. und die Fahrnisse auf 3840 K. versichert.
Der wahre Schaden dürfte sich jedoch bei den Ge-
bäuden auf 2850 und jener der Fahrnisse auf 1500 K.
belaufen. Schon gleich nach dem Brande ver-
[Spaltenumbruch] breitete sich in der dortigen Gegend das Gerücht,
daß Otorepec den Brand selbst gelegt hatte, um die
Versicherungssumme zu erhalten. Auch auf den
dortigen Winzer Simon Verne sowie auf die
Besitzerin Maria Kolar und deren Tochter Lucia
Kolar fiel der Verdacht, daß sie Mitwisser, be-
ziehungsweise Mitschuldige an der Brandlegung
seien, und daß Otorepec diesen einen Anteil an
der Versicherungssumme versprochen haben dürfte.
Nun wurden der Abbrandler Otorepec, der Winzer
Simon Verne, die Besitzerin Maria Kolar und
deren Tochter Lucia Kolar von der Gendarmerie
Maxau verhaftet und dem Gerichte eingeliefert.

(Von der Schulver-
einsortsgruppe.)

Im Hotel Post fand am
18. Mai die gut besuchte Hauptversammlung der
Deutschen Schulvereinsortsgruppe statt. Der Ob-
mann Herr Doktor Franz Schuster bot ein Bild
des Entstehens und der Tätigkeit der Ortsgruppe,
die schon seit 30 Jahren mit Erfolg der Schul-
vereinssache gedient hat. In die Ortsgruppenleitung
wurden wiedergewählt: Doktor Franz Schuster als
Obmann, Schulleiter Karl Wretzl als Obmannstell-
vertreter, Hauptmann Viktor Zigrosser als Säckel-
wart; neugewählt wurden die Herren: Assistent
Adolf Pristolitsch als Schriftführer, Notar Doktor
Robert Baumgartner und Bezirkstierarzt Doktor
Fritz Hennemann als Beiräte.

(Brände.)

Am 17. d.
um Mitternacht brannte das Wohnhaus des Be-
sitzers Michael Kitak in Cerovec bis auf den
Grund nieder. Als das Feuer zum Ausbruche kam,
schliefen die Hausleute derart fest, daß sie gar
nicht merkten, von welcher Gefahr sie umgeben
waren. Durch das Heulen und Bellen der Hof-
hunde wurden die Nachbarn aus dem Schlafe
geweckt. Sie eilten auf den Brandplatz, wo sie die
Bewohner des brennenden Hauses aus dem Schlaf
rüttelten. Diese mußten, da der Ausgang durch die
Tür ins Freie durch ein undurchdringliches Flammen-
meer versperrt war, durch die Fenster die Flucht
ergreifen und konnten nichts mehr von ihren Hab-
seligkeiten retten. Der Brandschaden beläuft sich
auf mehrere tausend Kronen und ist nur zum Teil
durch Versicherung gedeckt. -- Am nächsten Tage
brach gegen Mittag beim Wohnhause des Besitzers
Anton Pozun in Widina ein Brand aus, der
infolge des heftigen Windes auch auf die Wohn-
häuser der nachbarlichen Besitzer Anton Krizanec
und Matthias Krizan übergriff. Sowohl das
Wohngebäude des Pozun als auch jene der Nach-
barn wurden eingeäschert. Das Feuer kam
durch die Kinder des Pozun zum Ausbruche, die
neben dem Wohnhause, bei welchem ein Haufen
Laubstreu lag, mit Streichhölzern spielten. Der Brand-
schaden dürfte 15.000 K. betragen und ist nur
teilweise durch Versicherung gedeckt.




Pettauer Nachrichten.
Die Gefahren der Drau.

Man schreibt
uns: Letzten Sonntag machte ein des Schwimmens
[Spaltenumbruch] unkundiger Knabe Ruderversuche in einem Seelen-
tränker. Hiebei wurde er vom Ufer abgetrieben,
von der Strömung erfaßt und in eine Gruppe von
sehr gefährlichen Wirbeln hineingerissen. Der Knabe
fiel ins Wasser, wurde aber durch Gymnasialpro-
fessor Dr. Bratanitsch den Fluten der hochgehenden
Drau entrissen. Es wird eindringlichst gewarnt vor
so gefährlichen Spielzeugen, wie Seelentränker, ins-
besondere in einem so unruhigen Wasser.

Ein Kind in der Jauchengrube ertrunken.

Die 80jährige Keuschlerin Anna Zimmermann
in Sabofzen kam am 22. Mai gegen Mittag zur
dortigen Besitzerin Anna Besjak, um ihr bei den
häuslichen Arbeiten behilflich zu sein, und nahm
auch ihren 15 Monate alten Knaben Franz Zim-
mermann mit. Bald danach begab sich die Mutter
in den Rinderstall und ließ ihr Söhnchen auf der
Stiege vor dem Haupttore allein spielen. Als sie
nach kurzer Zeit wieder ins Haus zurückkehrte, war
der Kleine verschwunden. Er wurde dann von
seiner Mutter in der etwa sechs Schritte von der
Stiege entfernten, im Hofe befindlichen, uneinge-
friedeten, einen halben Meter tiefen Jauchengrube
ertrunken aufgefunden und konnte nur mehr als
Leiche herausgezogen werden. Gegen die Mutter
wurde die Anzeige wegen mangelhafter Beaufsich-
tigung ihres Kindes an das Gericht erstattet.

Die Ortsgruppe Pettau des Vereines
Heimstatt

hielt kürzlich ihre diesjährige Haupt-
versammlung ab, die einen sehr guten Besuch auf-
wies. Der Obmann Herr Dr. Fürst eröffnete die
Versammlung und gedachte in ehrenden Worten
des im Vorjahre dahingeschiedenen Obmannstellver-
treters Herrn Notar Filaferro. Der Tätigkeitsbericht
zeigte ein erfreuliches Aufblühen der Ortsgruppe.
Sie umfaßte im abgelaufenen Vereinsjahre 140
Mitglieder. Diese Zahl ist auch heuer fast erreicht
und wird allem Anscheine nach noch überboten
werden. Der hierauf verlesene Tätigkeitsbericht
der Hauptleitung brachte ein anschauliches Bild
über den Aufschwung des Vereines und die bereits
erzielten Erfolge im Besiedlungsgebiete bei Egydi.
2000 Mitglieder in 31 Ortsgruppen zählte der
Verein Ende 1913. Auch im Deutschen Reich
waren bis dahin erfreulicherweise einige rührige
Ortsgruppen entstanden. Die Anstellung eines Wander-
lehrers läßt einen weiteren namhaften Zuwachs er-
warten. Verdienste der Südmark für sich in An-
spruch zu nehmen liegt dem Vereine vollkommen
fern, er verlangt aber auch für sich eine den Tat-
sachen entsprechende Anerkennung seines Wirkens.
Es wäre vollkommen haltlos, dem Vereine eine
feindliche Gesinnung gegen die Südmark zu unter-
schieben. Auch in Pettau ist dieser Vorwurf zurück-
zuweisen. Bestehende Abneigungen sind persönlicher
und örtlicher Natur und haben mit dem Verein
nichts zu schaffen, man wird die Weiterentwicklung
und Erstarkung der Südmark nur begrüßen können.
Im weiteren gab Herr Industrieller Hutter
ein Bild des Entstehens des Vereines Heimstatt.
Männer, die seinerzeit in der Leitung der Süd-
mark standen und deren Besiedlungstätigkeit leiteten




[Spaltenumbruch]

Dann zählte sie die, von Peter Gatschef er-
preßten Summen zusammen, die etwa achtmalhun-
derttausend Rubel ausmachten, sie erschrak vor der
Höhe dieser Summe.

Wenn Gatschef wirklich Junggeselle war, konnte
er in der Tat ein behagliches Leben mit diesen
Beträgen führen. Nur die Erwähnung, daß er hoch
spielt, gab ihr einen Anhaltspunkt für seine maß-
losen Forderungen.

Ihr Verhältnis zu dem Schmarotzer, der
von ihren Einkünften mitzehrte, schien endlich in
ein neues Stadium treten zu wollen. Hoffte sie
auch nicht, so leichten Kaufs von ihm loszukommen,
so hoffte sie aber doch, ihn endlich abfinden zu
können und ihn für alle Zeii vom Halse zu haben.
Gleichzeitig erwartete sie auch einige Aufklärung
von ihm. Zunächst aber wollte sie nun wissen,
was Kara gestern bei Gatschef ausgerichtet hatte.
Als es Mittag von den Türmen läutete, schickte sie
einen Wagen nach dem Hause des Juweliers Pitras
und ließ ein Billett abgeben, in welchem sie bat,
Kara möchte sie befuchen und sich dabei des
wartenden Wagens bedienen. Da es stürmisches
Wetter war, fiel es nicht weiter auf, daß das
einfache Bürgermädchen in einer fürstlichen Karosse
abgeholt wurde.

Etwa gegen halb 2 Uhr wurde Kara durch
eine Kammerzofe bei der Fürstin angemeldet, die
sie sofort eintreten ließ.

Alexandra begrüßte sie herzlich wie eine lang-
jährige Freundin. Beide nahmen am Kamin, in
[Spaltenumbruch] dem ein behagliches Feuer prasselte, Platz. Kara
war ganz erstaunt über die Unbefangenheit und
Heiterkeit der Fürstin, die sie in Besorgnis anzu-
treffen erwartet hatte.

"So, mein liebes Kind, jetzt können Sie mir
in Ruhe erzählen, wie es Ihnen bei Peter Gatschef
ergangen ist. Daß er Sie nicht gleich aufgegessen
hat, sehe ich an Ihrem Hiersein", scherzte sie.

Kara hatte sich zu Hause schon reiflich über-
legt, was sie der Fürstin erzählen konnte und was
sie verschweigen wollte. Deshalb war es ihr jetzt
leicht, ganz unbefangen und fließend ihren Bericht
abzustatten. Sie erzählte von der fast ärmlichen
Kleidung Gatschefs, von der spärlichen Einrichtung
seines Zimmers in dem schmutzigen Häuschen des
Kleiderhändlers, von seinem an Grobheit grenzenden
Wesen und ihrer Angst und schließlich von seiner
Enttäuschung, daß die Fürstin nicht selbst gekommen
sei und nur so wenig Geld geschickt habe.

"Das letztere konnte ich mir denken", lachte
Alexandra.

"Ja, ich soll Ihnen bestellen, daß er unbedingt
dreißigtausend Rubel brauche und sich das Geld
selbst hier in Ihrem Palaste holen würde, falls
Sie es nicht umgehend schickten."

"So, damit drohte er?"

"Ja, und ich bin fest davon überzeugt, daß
Peter Gatschef der Mann ist, der seine Drohungen
wahr macht."

"Das glaube ich auch. Der -- Abenteurer
[Spaltenumbruch] verfügt über eine Energie, die einer besseren Sache
würdig wäre."

"Er gab mir den gemessenen Befehl, zu
schweigen und Ihnen sernerhin eine ergebene, treue
Dienerin zu sein. Wenn ich seinen Aufenthalt
und Namen verriete, so würde es mir schlecht
gehen."

"Nun, und werden Sie diesem sonderbaren
Befehl nachkommen, liebes Kind?"

"Schon der Wunsch, Ihnen nützlich sein zu
können, gnädigste Fürstin, veranlaßt mich zum
Schweigen. Und dann auch würde ich mich vor
dem schrecklichen Manne fürchten, der mich zwang,
ihm meinen Namen und meine Wohnung genau
anzugeben."

"Das nenne ich aber vorsichtig!"

"O, er war noch viel vorsichtiger. Um sich
von der Wahrheit meiner Worte zu überzeugen,
setzte er sich, ohne meine Erlaubnis, zu mir in den
Wagen und fuhr mit bis zu meines Vaters Haus.
Erst nachdem er mich in das Haus hatte treten
sehen, entfernte er sich."

Alexandra hatte mit Erstaunen zugehört. Diese
sicherlich glaubhafte Schilderung ließ sich nicht in
Übereinstimmung mit dem Charakter des Grafen
Astrachow bringen. Selbst wenn man sein dürftiges
Äußere und seine ärmliche Umgebung seiner Vor-
sicht zuschreiben wollte, so ließ sich aber auf keinen
Fall sein schroffes Benehmen einem unbeteiligten
schüchternen Mädchen gegenüber rechtfertigen. Karas
lebhafter Bericht machte fast die Ansicht Alexandras


Marburger Zeitung Nr. 59, 26. Mai 1914

[Spaltenumbruch]
Politiſche Umſchau.
Aufſtand in Albanien.
Flucht und Rückkehr des Fürſten.

Jäh wechſeln die Bilder. Samstag nach
Mitternacht die alarmierende Nachricht von der
Flucht des Fürſten von Albanien auf ein italieniſches
Kriegsſchiff, Sonntag die Meldung von der Rückkehr
des Fürſten nach Durazzo. Aber es iſt keine
triumphale Rückkehr, kein Sieg über die Feinde.
Fürſt Wilhelm iſt in das Schloß zurückgekehrt, nach-
dem er alle Forderungen der Aufſtändiſchen erfüllt,
nachdem er vor ihnen kapituliert hat. Noch liegen
nicht alle Vorgänge klar, die zu den dramatiſchen
Szenen von Samstag nachmittags bis Sonntag
führten. So viel geht aus den Depeſchen hervor,
daß der Fürſt die ihm zur Verfügung ſtehende
bewaffnete Macht, die von holländiſchen Offizieren
kommandierten Gendarmen, zum Kampf gegen die
von Tirana heranrückenden Aufſtändiſchen ausge-
ſchickt hat, daß die Gendarmen geſchlagen und ſamt
ihren Offizieren gefangengenommen wurden, daß
darob eine furchtbare Panik in Durazzo ausbrach
und der Fürſt über Vorſtellungen des italieniſchen
Geſandten, der die Sicherheit der fürſtlichen Familie
bedroht hielt, ſich mit den Seinen auf das italieniſche
Kriegsſchiff begab. Nach Unterzeichnung der von
den Aufſtändiſchen vorgeſchriebenen Bedingungen
kehrte er wieder nach Durazzo zurück. Mittler-
weile haben die Aufſtändiſchen Tirano eingenommen
und ſchon klingt der Ruf: Es lebe Eſſad, der König
von Albanien. Die Gewalttat gegen Eſſad, die, wie
es ſcheint, von den unter öſterreichiſchem Schutze
ſtehenden Franziskanern angezettelt wurde, beginnt
ſich ſchon zu rächen. Wie ſieht jetzt unſer Berchtold
aus?




Eigenberichte.
(Wahl in den Orts-
ſchulrat Gams.)

Der Gemeindeausſchuß hat in
ſeiner heutigen Sitzung unter dem Vorſitze des Ge-
meindevorſtehers Herrn Karl Wodenig ſtatt des
verſtorbenen Dr. Johann Majciger für die reſtliche
Funktionsdauer den Großgrundbeſitzer, Gemeinde-
ausſchuß- und Bezirksvertretungsmitglied Herrn
Emanuel Pfeffer als Mitglied in den Ortsſchulrat
Gams einſtimmig gewählt, was allgemein begrüßt
wird. Der Gewählte iſt ein deutſcher, auf das
öffentliche Wohl ſtets bedachter Mann.

(Vier Perſonen
unter dem Verdachte der Brandlegung
verhaftet.)

In Verholle kam am 12. Mai gegen
halb 9 Uhr abends beim Beſitzer Joſef Otorepec
Feuer zum Ausbruch, welches das Wohn- und Wirt-
ſchaftsgebäude bis auf das Mauerwerk total ein-
äſcherte. Der Abbrandler hatte die Gebäude mit
4000 K. und die Fahrniſſe auf 3840 K. verſichert.
Der wahre Schaden dürfte ſich jedoch bei den Ge-
bäuden auf 2850 und jener der Fahrniſſe auf 1500 K.
belaufen. Schon gleich nach dem Brande ver-
[Spaltenumbruch] breitete ſich in der dortigen Gegend das Gerücht,
daß Otorepec den Brand ſelbſt gelegt hatte, um die
Verſicherungsſumme zu erhalten. Auch auf den
dortigen Winzer Simon Verne ſowie auf die
Beſitzerin Maria Kolar und deren Tochter Lucia
Kolar fiel der Verdacht, daß ſie Mitwiſſer, be-
ziehungsweiſe Mitſchuldige an der Brandlegung
ſeien, und daß Otorepec dieſen einen Anteil an
der Verſicherungsſumme verſprochen haben dürfte.
Nun wurden der Abbrandler Otorepec, der Winzer
Simon Verne, die Beſitzerin Maria Kolar und
deren Tochter Lucia Kolar von der Gendarmerie
Maxau verhaftet und dem Gerichte eingeliefert.

(Von der Schulver-
einsortsgruppe.)

Im Hotel Poſt fand am
18. Mai die gut beſuchte Hauptverſammlung der
Deutſchen Schulvereinsortsgruppe ſtatt. Der Ob-
mann Herr Doktor Franz Schuſter bot ein Bild
des Entſtehens und der Tätigkeit der Ortsgruppe,
die ſchon ſeit 30 Jahren mit Erfolg der Schul-
vereinsſache gedient hat. In die Ortsgruppenleitung
wurden wiedergewählt: Doktor Franz Schuſter als
Obmann, Schulleiter Karl Wretzl als Obmannſtell-
vertreter, Hauptmann Viktor Zigroſſer als Säckel-
wart; neugewählt wurden die Herren: Aſſiſtent
Adolf Priſtolitſch als Schriftführer, Notar Doktor
Robert Baumgartner und Bezirkstierarzt Doktor
Fritz Hennemann als Beiräte.

(Brände.)

Am 17. d.
um Mitternacht brannte das Wohnhaus des Be-
ſitzers Michael Kitak in Cerovec bis auf den
Grund nieder. Als das Feuer zum Ausbruche kam,
ſchliefen die Hausleute derart feſt, daß ſie gar
nicht merkten, von welcher Gefahr ſie umgeben
waren. Durch das Heulen und Bellen der Hof-
hunde wurden die Nachbarn aus dem Schlafe
geweckt. Sie eilten auf den Brandplatz, wo ſie die
Bewohner des brennenden Hauſes aus dem Schlaf
rüttelten. Dieſe mußten, da der Ausgang durch die
Tür ins Freie durch ein undurchdringliches Flammen-
meer verſperrt war, durch die Fenſter die Flucht
ergreifen und konnten nichts mehr von ihren Hab-
ſeligkeiten retten. Der Brandſchaden beläuft ſich
auf mehrere tauſend Kronen und iſt nur zum Teil
durch Verſicherung gedeckt. — Am nächſten Tage
brach gegen Mittag beim Wohnhauſe des Beſitzers
Anton Pozun in Widina ein Brand aus, der
infolge des heftigen Windes auch auf die Wohn-
häuſer der nachbarlichen Beſitzer Anton Krizanec
und Matthias Krizan übergriff. Sowohl das
Wohngebäude des Pozun als auch jene der Nach-
barn wurden eingeäſchert. Das Feuer kam
durch die Kinder des Pozun zum Ausbruche, die
neben dem Wohnhauſe, bei welchem ein Haufen
Laubſtreu lag, mit Streichhölzern ſpielten. Der Brand-
ſchaden dürfte 15.000 K. betragen und iſt nur
teilweiſe durch Verſicherung gedeckt.




Pettauer Nachrichten.
Die Gefahren der Drau.

Man ſchreibt
uns: Letzten Sonntag machte ein des Schwimmens
[Spaltenumbruch] unkundiger Knabe Ruderverſuche in einem Seelen-
tränker. Hiebei wurde er vom Ufer abgetrieben,
von der Strömung erfaßt und in eine Gruppe von
ſehr gefährlichen Wirbeln hineingeriſſen. Der Knabe
fiel ins Waſſer, wurde aber durch Gymnaſialpro-
feſſor Dr. Bratanitſch den Fluten der hochgehenden
Drau entriſſen. Es wird eindringlichſt gewarnt vor
ſo gefährlichen Spielzeugen, wie Seelentränker, ins-
beſondere in einem ſo unruhigen Waſſer.

Ein Kind in der Jauchengrube ertrunken.

Die 80jährige Keuſchlerin Anna Zimmermann
in Sabofzen kam am 22. Mai gegen Mittag zur
dortigen Beſitzerin Anna Besjak, um ihr bei den
häuslichen Arbeiten behilflich zu ſein, und nahm
auch ihren 15 Monate alten Knaben Franz Zim-
mermann mit. Bald danach begab ſich die Mutter
in den Rinderſtall und ließ ihr Söhnchen auf der
Stiege vor dem Haupttore allein ſpielen. Als ſie
nach kurzer Zeit wieder ins Haus zurückkehrte, war
der Kleine verſchwunden. Er wurde dann von
ſeiner Mutter in der etwa ſechs Schritte von der
Stiege entfernten, im Hofe befindlichen, uneinge-
friedeten, einen halben Meter tiefen Jauchengrube
ertrunken aufgefunden und konnte nur mehr als
Leiche herausgezogen werden. Gegen die Mutter
wurde die Anzeige wegen mangelhafter Beaufſich-
tigung ihres Kindes an das Gericht erſtattet.

Die Ortsgruppe Pettau des Vereines
Heimſtatt

hielt kürzlich ihre diesjährige Haupt-
verſammlung ab, die einen ſehr guten Beſuch auf-
wies. Der Obmann Herr Dr. Fürſt eröffnete die
Verſammlung und gedachte in ehrenden Worten
des im Vorjahre dahingeſchiedenen Obmannſtellver-
treters Herrn Notar Filaferro. Der Tätigkeitsbericht
zeigte ein erfreuliches Aufblühen der Ortsgruppe.
Sie umfaßte im abgelaufenen Vereinsjahre 140
Mitglieder. Dieſe Zahl iſt auch heuer faſt erreicht
und wird allem Anſcheine nach noch überboten
werden. Der hierauf verleſene Tätigkeitsbericht
der Hauptleitung brachte ein anſchauliches Bild
über den Aufſchwung des Vereines und die bereits
erzielten Erfolge im Beſiedlungsgebiete bei Egydi.
2000 Mitglieder in 31 Ortsgruppen zählte der
Verein Ende 1913. Auch im Deutſchen Reich
waren bis dahin erfreulicherweiſe einige rührige
Ortsgruppen entſtanden. Die Anſtellung eines Wander-
lehrers läßt einen weiteren namhaften Zuwachs er-
warten. Verdienſte der Südmark für ſich in An-
ſpruch zu nehmen liegt dem Vereine vollkommen
fern, er verlangt aber auch für ſich eine den Tat-
ſachen entſprechende Anerkennung ſeines Wirkens.
Es wäre vollkommen haltlos, dem Vereine eine
feindliche Geſinnung gegen die Südmark zu unter-
ſchieben. Auch in Pettau iſt dieſer Vorwurf zurück-
zuweiſen. Beſtehende Abneigungen ſind perſönlicher
und örtlicher Natur und haben mit dem Verein
nichts zu ſchaffen, man wird die Weiterentwicklung
und Erſtarkung der Südmark nur begrüßen können.
Im weiteren gab Herr Induſtrieller Hutter
ein Bild des Entſtehens des Vereines Heimſtatt.
Männer, die ſeinerzeit in der Leitung der Süd-
mark ſtanden und deren Beſiedlungstätigkeit leiteten




[Spaltenumbruch]

Dann zählte ſie die, von Peter Gatſchef er-
preßten Summen zuſammen, die etwa achtmalhun-
derttauſend Rubel ausmachten, ſie erſchrak vor der
Höhe dieſer Summe.

Wenn Gatſchef wirklich Junggeſelle war, konnte
er in der Tat ein behagliches Leben mit dieſen
Beträgen führen. Nur die Erwähnung, daß er hoch
ſpielt, gab ihr einen Anhaltspunkt für ſeine maß-
loſen Forderungen.

Ihr Verhältnis zu dem Schmarotzer, der
von ihren Einkünften mitzehrte, ſchien endlich in
ein neues Stadium treten zu wollen. Hoffte ſie
auch nicht, ſo leichten Kaufs von ihm loszukommen,
ſo hoffte ſie aber doch, ihn endlich abfinden zu
können und ihn für alle Zeii vom Halſe zu haben.
Gleichzeitig erwartete ſie auch einige Aufklärung
von ihm. Zunächſt aber wollte ſie nun wiſſen,
was Kara geſtern bei Gatſchef ausgerichtet hatte.
Als es Mittag von den Türmen läutete, ſchickte ſie
einen Wagen nach dem Hauſe des Juweliers Pitras
und ließ ein Billett abgeben, in welchem ſie bat,
Kara möchte ſie befuchen und ſich dabei des
wartenden Wagens bedienen. Da es ſtürmiſches
Wetter war, fiel es nicht weiter auf, daß das
einfache Bürgermädchen in einer fürſtlichen Karoſſe
abgeholt wurde.

Etwa gegen halb 2 Uhr wurde Kara durch
eine Kammerzofe bei der Fürſtin angemeldet, die
ſie ſofort eintreten ließ.

Alexandra begrüßte ſie herzlich wie eine lang-
jährige Freundin. Beide nahmen am Kamin, in
[Spaltenumbruch] dem ein behagliches Feuer praſſelte, Platz. Kara
war ganz erſtaunt über die Unbefangenheit und
Heiterkeit der Fürſtin, die ſie in Beſorgnis anzu-
treffen erwartet hatte.

„So, mein liebes Kind, jetzt können Sie mir
in Ruhe erzählen, wie es Ihnen bei Peter Gatſchef
ergangen iſt. Daß er Sie nicht gleich aufgegeſſen
hat, ſehe ich an Ihrem Hierſein“, ſcherzte ſie.

Kara hatte ſich zu Hauſe ſchon reiflich über-
legt, was ſie der Fürſtin erzählen konnte und was
ſie verſchweigen wollte. Deshalb war es ihr jetzt
leicht, ganz unbefangen und fließend ihren Bericht
abzuſtatten. Sie erzählte von der faſt ärmlichen
Kleidung Gatſchefs, von der ſpärlichen Einrichtung
ſeines Zimmers in dem ſchmutzigen Häuschen des
Kleiderhändlers, von ſeinem an Grobheit grenzenden
Weſen und ihrer Angſt und ſchließlich von ſeiner
Enttäuſchung, daß die Fürſtin nicht ſelbſt gekommen
ſei und nur ſo wenig Geld geſchickt habe.

„Das letztere konnte ich mir denken“, lachte
Alexandra.

„Ja, ich ſoll Ihnen beſtellen, daß er unbedingt
dreißigtauſend Rubel brauche und ſich das Geld
ſelbſt hier in Ihrem Palaſte holen würde, falls
Sie es nicht umgehend ſchickten.“

„So, damit drohte er?“

„Ja, und ich bin feſt davon überzeugt, daß
Peter Gatſchef der Mann iſt, der ſeine Drohungen
wahr macht.“

„Das glaube ich auch. Der — Abenteurer
[Spaltenumbruch] verfügt über eine Energie, die einer beſſeren Sache
würdig wäre.“

„Er gab mir den gemeſſenen Befehl, zu
ſchweigen und Ihnen ſernerhin eine ergebene, treue
Dienerin zu ſein. Wenn ich ſeinen Aufenthalt
und Namen verriete, ſo würde es mir ſchlecht
gehen.“

„Nun, und werden Sie dieſem ſonderbaren
Befehl nachkommen, liebes Kind?“

„Schon der Wunſch, Ihnen nützlich ſein zu
können, gnädigſte Fürſtin, veranlaßt mich zum
Schweigen. Und dann auch würde ich mich vor
dem ſchrecklichen Manne fürchten, der mich zwang,
ihm meinen Namen und meine Wohnung genau
anzugeben.“

„Das nenne ich aber vorſichtig!“

„O, er war noch viel vorſichtiger. Um ſich
von der Wahrheit meiner Worte zu überzeugen,
ſetzte er ſich, ohne meine Erlaubnis, zu mir in den
Wagen und fuhr mit bis zu meines Vaters Haus.
Erſt nachdem er mich in das Haus hatte treten
ſehen, entfernte er ſich.“

Alexandra hatte mit Erſtaunen zugehört. Dieſe
ſicherlich glaubhafte Schilderung ließ ſich nicht in
Übereinſtimmung mit dem Charakter des Grafen
Aſtrachow bringen. Selbſt wenn man ſein dürftiges
Äußere und ſeine ärmliche Umgebung ſeiner Vor-
ſicht zuſchreiben wollte, ſo ließ ſich aber auf keinen
Fall ſein ſchroffes Benehmen einem unbeteiligten
ſchüchternen Mädchen gegenüber rechtfertigen. Karas
lebhafter Bericht machte faſt die Anſicht Alexandras


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[2/0002] Marburger Zeitung Nr. 59, 26. Mai 1914 Politiſche Umſchau. Aufſtand in Albanien. Flucht und Rückkehr des Fürſten. Jäh wechſeln die Bilder. Samstag nach Mitternacht die alarmierende Nachricht von der Flucht des Fürſten von Albanien auf ein italieniſches Kriegsſchiff, Sonntag die Meldung von der Rückkehr des Fürſten nach Durazzo. Aber es iſt keine triumphale Rückkehr, kein Sieg über die Feinde. Fürſt Wilhelm iſt in das Schloß zurückgekehrt, nach- dem er alle Forderungen der Aufſtändiſchen erfüllt, nachdem er vor ihnen kapituliert hat. Noch liegen nicht alle Vorgänge klar, die zu den dramatiſchen Szenen von Samstag nachmittags bis Sonntag führten. So viel geht aus den Depeſchen hervor, daß der Fürſt die ihm zur Verfügung ſtehende bewaffnete Macht, die von holländiſchen Offizieren kommandierten Gendarmen, zum Kampf gegen die von Tirana heranrückenden Aufſtändiſchen ausge- ſchickt hat, daß die Gendarmen geſchlagen und ſamt ihren Offizieren gefangengenommen wurden, daß darob eine furchtbare Panik in Durazzo ausbrach und der Fürſt über Vorſtellungen des italieniſchen Geſandten, der die Sicherheit der fürſtlichen Familie bedroht hielt, ſich mit den Seinen auf das italieniſche Kriegsſchiff begab. Nach Unterzeichnung der von den Aufſtändiſchen vorgeſchriebenen Bedingungen kehrte er wieder nach Durazzo zurück. Mittler- weile haben die Aufſtändiſchen Tirano eingenommen und ſchon klingt der Ruf: Es lebe Eſſad, der König von Albanien. Die Gewalttat gegen Eſſad, die, wie es ſcheint, von den unter öſterreichiſchem Schutze ſtehenden Franziskanern angezettelt wurde, beginnt ſich ſchon zu rächen. Wie ſieht jetzt unſer Berchtold aus? Eigenberichte. Roßbach, 23. Mai. (Wahl in den Orts- ſchulrat Gams.) Der Gemeindeausſchuß hat in ſeiner heutigen Sitzung unter dem Vorſitze des Ge- meindevorſtehers Herrn Karl Wodenig ſtatt des verſtorbenen Dr. Johann Majciger für die reſtliche Funktionsdauer den Großgrundbeſitzer, Gemeinde- ausſchuß- und Bezirksvertretungsmitglied Herrn Emanuel Pfeffer als Mitglied in den Ortsſchulrat Gams einſtimmig gewählt, was allgemein begrüßt wird. Der Gewählte iſt ein deutſcher, auf das öffentliche Wohl ſtets bedachter Mann. Windiſchfeiſtritz, 25. Mai. (Vier Perſonen unter dem Verdachte der Brandlegung verhaftet.) In Verholle kam am 12. Mai gegen halb 9 Uhr abends beim Beſitzer Joſef Otorepec Feuer zum Ausbruch, welches das Wohn- und Wirt- ſchaftsgebäude bis auf das Mauerwerk total ein- äſcherte. Der Abbrandler hatte die Gebäude mit 4000 K. und die Fahrniſſe auf 3840 K. verſichert. Der wahre Schaden dürfte ſich jedoch bei den Ge- bäuden auf 2850 und jener der Fahrniſſe auf 1500 K. belaufen. Schon gleich nach dem Brande ver- breitete ſich in der dortigen Gegend das Gerücht, daß Otorepec den Brand ſelbſt gelegt hatte, um die Verſicherungsſumme zu erhalten. Auch auf den dortigen Winzer Simon Verne ſowie auf die Beſitzerin Maria Kolar und deren Tochter Lucia Kolar fiel der Verdacht, daß ſie Mitwiſſer, be- ziehungsweiſe Mitſchuldige an der Brandlegung ſeien, und daß Otorepec dieſen einen Anteil an der Verſicherungsſumme verſprochen haben dürfte. Nun wurden der Abbrandler Otorepec, der Winzer Simon Verne, die Beſitzerin Maria Kolar und deren Tochter Lucia Kolar von der Gendarmerie Maxau verhaftet und dem Gerichte eingeliefert. Rohitſch, 22. Mai. (Von der Schulver- einsortsgruppe.) Im Hotel Poſt fand am 18. Mai die gut beſuchte Hauptverſammlung der Deutſchen Schulvereinsortsgruppe ſtatt. Der Ob- mann Herr Doktor Franz Schuſter bot ein Bild des Entſtehens und der Tätigkeit der Ortsgruppe, die ſchon ſeit 30 Jahren mit Erfolg der Schul- vereinsſache gedient hat. In die Ortsgruppenleitung wurden wiedergewählt: Doktor Franz Schuſter als Obmann, Schulleiter Karl Wretzl als Obmannſtell- vertreter, Hauptmann Viktor Zigroſſer als Säckel- wart; neugewählt wurden die Herren: Aſſiſtent Adolf Priſtolitſch als Schriftführer, Notar Doktor Robert Baumgartner und Bezirkstierarzt Doktor Fritz Hennemann als Beiräte. Rohitſch, 24. Mai. (Brände.) Am 17. d. um Mitternacht brannte das Wohnhaus des Be- ſitzers Michael Kitak in Cerovec bis auf den Grund nieder. Als das Feuer zum Ausbruche kam, ſchliefen die Hausleute derart feſt, daß ſie gar nicht merkten, von welcher Gefahr ſie umgeben waren. Durch das Heulen und Bellen der Hof- hunde wurden die Nachbarn aus dem Schlafe geweckt. Sie eilten auf den Brandplatz, wo ſie die Bewohner des brennenden Hauſes aus dem Schlaf rüttelten. Dieſe mußten, da der Ausgang durch die Tür ins Freie durch ein undurchdringliches Flammen- meer verſperrt war, durch die Fenſter die Flucht ergreifen und konnten nichts mehr von ihren Hab- ſeligkeiten retten. Der Brandſchaden beläuft ſich auf mehrere tauſend Kronen und iſt nur zum Teil durch Verſicherung gedeckt. — Am nächſten Tage brach gegen Mittag beim Wohnhauſe des Beſitzers Anton Pozun in Widina ein Brand aus, der infolge des heftigen Windes auch auf die Wohn- häuſer der nachbarlichen Beſitzer Anton Krizanec und Matthias Krizan übergriff. Sowohl das Wohngebäude des Pozun als auch jene der Nach- barn wurden eingeäſchert. Das Feuer kam durch die Kinder des Pozun zum Ausbruche, die neben dem Wohnhauſe, bei welchem ein Haufen Laubſtreu lag, mit Streichhölzern ſpielten. Der Brand- ſchaden dürfte 15.000 K. betragen und iſt nur teilweiſe durch Verſicherung gedeckt. Pettauer Nachrichten. Die Gefahren der Drau. Man ſchreibt uns: Letzten Sonntag machte ein des Schwimmens unkundiger Knabe Ruderverſuche in einem Seelen- tränker. Hiebei wurde er vom Ufer abgetrieben, von der Strömung erfaßt und in eine Gruppe von ſehr gefährlichen Wirbeln hineingeriſſen. Der Knabe fiel ins Waſſer, wurde aber durch Gymnaſialpro- feſſor Dr. Bratanitſch den Fluten der hochgehenden Drau entriſſen. Es wird eindringlichſt gewarnt vor ſo gefährlichen Spielzeugen, wie Seelentränker, ins- beſondere in einem ſo unruhigen Waſſer. Ein Kind in der Jauchengrube ertrunken. Die 80jährige Keuſchlerin Anna Zimmermann in Sabofzen kam am 22. Mai gegen Mittag zur dortigen Beſitzerin Anna Besjak, um ihr bei den häuslichen Arbeiten behilflich zu ſein, und nahm auch ihren 15 Monate alten Knaben Franz Zim- mermann mit. Bald danach begab ſich die Mutter in den Rinderſtall und ließ ihr Söhnchen auf der Stiege vor dem Haupttore allein ſpielen. Als ſie nach kurzer Zeit wieder ins Haus zurückkehrte, war der Kleine verſchwunden. Er wurde dann von ſeiner Mutter in der etwa ſechs Schritte von der Stiege entfernten, im Hofe befindlichen, uneinge- friedeten, einen halben Meter tiefen Jauchengrube ertrunken aufgefunden und konnte nur mehr als Leiche herausgezogen werden. Gegen die Mutter wurde die Anzeige wegen mangelhafter Beaufſich- tigung ihres Kindes an das Gericht erſtattet. Die Ortsgruppe Pettau des Vereines Heimſtatt hielt kürzlich ihre diesjährige Haupt- verſammlung ab, die einen ſehr guten Beſuch auf- wies. Der Obmann Herr Dr. Fürſt eröffnete die Verſammlung und gedachte in ehrenden Worten des im Vorjahre dahingeſchiedenen Obmannſtellver- treters Herrn Notar Filaferro. Der Tätigkeitsbericht zeigte ein erfreuliches Aufblühen der Ortsgruppe. Sie umfaßte im abgelaufenen Vereinsjahre 140 Mitglieder. Dieſe Zahl iſt auch heuer faſt erreicht und wird allem Anſcheine nach noch überboten werden. Der hierauf verleſene Tätigkeitsbericht der Hauptleitung brachte ein anſchauliches Bild über den Aufſchwung des Vereines und die bereits erzielten Erfolge im Beſiedlungsgebiete bei Egydi. 2000 Mitglieder in 31 Ortsgruppen zählte der Verein Ende 1913. Auch im Deutſchen Reich waren bis dahin erfreulicherweiſe einige rührige Ortsgruppen entſtanden. Die Anſtellung eines Wander- lehrers läßt einen weiteren namhaften Zuwachs er- warten. Verdienſte der Südmark für ſich in An- ſpruch zu nehmen liegt dem Vereine vollkommen fern, er verlangt aber auch für ſich eine den Tat- ſachen entſprechende Anerkennung ſeines Wirkens. Es wäre vollkommen haltlos, dem Vereine eine feindliche Geſinnung gegen die Südmark zu unter- ſchieben. Auch in Pettau iſt dieſer Vorwurf zurück- zuweiſen. Beſtehende Abneigungen ſind perſönlicher und örtlicher Natur und haben mit dem Verein nichts zu ſchaffen, man wird die Weiterentwicklung und Erſtarkung der Südmark nur begrüßen können. Im weiteren gab Herr Induſtrieller Hutter ein Bild des Entſtehens des Vereines Heimſtatt. Männer, die ſeinerzeit in der Leitung der Süd- mark ſtanden und deren Beſiedlungstätigkeit leiteten Dann zählte ſie die, von Peter Gatſchef er- preßten Summen zuſammen, die etwa achtmalhun- derttauſend Rubel ausmachten, ſie erſchrak vor der Höhe dieſer Summe. Wenn Gatſchef wirklich Junggeſelle war, konnte er in der Tat ein behagliches Leben mit dieſen Beträgen führen. Nur die Erwähnung, daß er hoch ſpielt, gab ihr einen Anhaltspunkt für ſeine maß- loſen Forderungen. Ihr Verhältnis zu dem Schmarotzer, der von ihren Einkünften mitzehrte, ſchien endlich in ein neues Stadium treten zu wollen. Hoffte ſie auch nicht, ſo leichten Kaufs von ihm loszukommen, ſo hoffte ſie aber doch, ihn endlich abfinden zu können und ihn für alle Zeii vom Halſe zu haben. Gleichzeitig erwartete ſie auch einige Aufklärung von ihm. Zunächſt aber wollte ſie nun wiſſen, was Kara geſtern bei Gatſchef ausgerichtet hatte. Als es Mittag von den Türmen läutete, ſchickte ſie einen Wagen nach dem Hauſe des Juweliers Pitras und ließ ein Billett abgeben, in welchem ſie bat, Kara möchte ſie befuchen und ſich dabei des wartenden Wagens bedienen. Da es ſtürmiſches Wetter war, fiel es nicht weiter auf, daß das einfache Bürgermädchen in einer fürſtlichen Karoſſe abgeholt wurde. Etwa gegen halb 2 Uhr wurde Kara durch eine Kammerzofe bei der Fürſtin angemeldet, die ſie ſofort eintreten ließ. Alexandra begrüßte ſie herzlich wie eine lang- jährige Freundin. Beide nahmen am Kamin, in dem ein behagliches Feuer praſſelte, Platz. Kara war ganz erſtaunt über die Unbefangenheit und Heiterkeit der Fürſtin, die ſie in Beſorgnis anzu- treffen erwartet hatte. „So, mein liebes Kind, jetzt können Sie mir in Ruhe erzählen, wie es Ihnen bei Peter Gatſchef ergangen iſt. Daß er Sie nicht gleich aufgegeſſen hat, ſehe ich an Ihrem Hierſein“, ſcherzte ſie. Kara hatte ſich zu Hauſe ſchon reiflich über- legt, was ſie der Fürſtin erzählen konnte und was ſie verſchweigen wollte. Deshalb war es ihr jetzt leicht, ganz unbefangen und fließend ihren Bericht abzuſtatten. Sie erzählte von der faſt ärmlichen Kleidung Gatſchefs, von der ſpärlichen Einrichtung ſeines Zimmers in dem ſchmutzigen Häuschen des Kleiderhändlers, von ſeinem an Grobheit grenzenden Weſen und ihrer Angſt und ſchließlich von ſeiner Enttäuſchung, daß die Fürſtin nicht ſelbſt gekommen ſei und nur ſo wenig Geld geſchickt habe. „Das letztere konnte ich mir denken“, lachte Alexandra. „Ja, ich ſoll Ihnen beſtellen, daß er unbedingt dreißigtauſend Rubel brauche und ſich das Geld ſelbſt hier in Ihrem Palaſte holen würde, falls Sie es nicht umgehend ſchickten.“ „So, damit drohte er?“ „Ja, und ich bin feſt davon überzeugt, daß Peter Gatſchef der Mann iſt, der ſeine Drohungen wahr macht.“ „Das glaube ich auch. Der — Abenteurer verfügt über eine Energie, die einer beſſeren Sache würdig wäre.“ „Er gab mir den gemeſſenen Befehl, zu ſchweigen und Ihnen ſernerhin eine ergebene, treue Dienerin zu ſein. Wenn ich ſeinen Aufenthalt und Namen verriete, ſo würde es mir ſchlecht gehen.“ „Nun, und werden Sie dieſem ſonderbaren Befehl nachkommen, liebes Kind?“ „Schon der Wunſch, Ihnen nützlich ſein zu können, gnädigſte Fürſtin, veranlaßt mich zum Schweigen. Und dann auch würde ich mich vor dem ſchrecklichen Manne fürchten, der mich zwang, ihm meinen Namen und meine Wohnung genau anzugeben.“ „Das nenne ich aber vorſichtig!“ „O, er war noch viel vorſichtiger. Um ſich von der Wahrheit meiner Worte zu überzeugen, ſetzte er ſich, ohne meine Erlaubnis, zu mir in den Wagen und fuhr mit bis zu meines Vaters Haus. Erſt nachdem er mich in das Haus hatte treten ſehen, entfernte er ſich.“ Alexandra hatte mit Erſtaunen zugehört. Dieſe ſicherlich glaubhafte Schilderung ließ ſich nicht in Übereinſtimmung mit dem Charakter des Grafen Aſtrachow bringen. Selbſt wenn man ſein dürftiges Äußere und ſeine ärmliche Umgebung ſeiner Vor- ſicht zuſchreiben wollte, ſo ließ ſich aber auf keinen Fall ſein ſchroffes Benehmen einem unbeteiligten ſchüchternen Mädchen gegenüber rechtfertigen. Karas lebhafter Bericht machte faſt die Anſicht Alexandras

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 59, Marburg, 26.05.1914, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger59_1914/2>, abgerufen am 27.11.2024.