Marburger Zeitung. Nr. 58, Marburg, 14.05.1912.Marburger Zeitung Nr. 58. 14. Mai 1912 [Spaltenumbruch] Haben wir nicht recht, wenn wir unseren Für die Besiedelung. Samstag abends fand in Marburg die Grün- Die Wahl der Ortsgruppenleitung hatte fol- Mit lebhaftem Betfall begrüßt, erörterte nun Der Redner schilderte sodann die Lage Mar- Obmann Herr v. Kramer besprach das Lehrer Herr Gordon aus St. Egydi W.-B. Südbahnbeamter Hr. Wagner besprach die na- Nachdem der Obmann v. Kramer das Schluß- Eigenberichte. Zirknitz, 13. Mai. (Einbruchsdiebstahl in einem Gasthofe.) Heute um 3 Uhr früh [Spaltenumbruch] fährten. "Damen, namentlich aber junge Damen, Damit schritten die beiden dem kleinen Schlaf- 30. Forschend ließ Reynell den Blick durch die "Ich sehe hier keinerlei Schotten", bemerkte Bartlett nahm das Papier an sich und über- "Der aus ungefaßten Steinen bestehende Schatz "Dies ist doch klar genug. Das Schott be- [Spaltenumbruch] Bartlett brachte das bezeichnete Werkzeug aus "Die Ehre gebührt Ihnen". Reynell blickte ihn verwundert an und nahm "Wenn wir recht spitzfindig sein wollen, so Knirschend und splitternd stemmte sich der (Fortsetzung folgt.) Marburger Zeitung Nr. 58. 14. Mai 1912 [Spaltenumbruch] Haben wir nicht recht, wenn wir unſeren Für die Beſiedelung. Samstag abends fand in Marburg die Grün- Die Wahl der Ortsgruppenleitung hatte fol- Mit lebhaftem Betfall begrüßt, erörterte nun Der Redner ſchilderte ſodann die Lage Mar- Obmann Herr v. Kramer beſprach das Lehrer Herr Gordon aus St. Egydi W.-B. Südbahnbeamter Hr. Wagner beſprach die na- Nachdem der Obmann v. Kramer das Schluß- Eigenberichte. Zirknitz, 13. Mai. (Einbruchsdiebſtahl in einem Gaſthofe.) Heute um 3 Uhr früh [Spaltenumbruch] fährten. „Damen, namentlich aber junge Damen, Damit ſchritten die beiden dem kleinen Schlaf- 30. Forſchend ließ Reynell den Blick durch die „Ich ſehe hier keinerlei Schotten“, bemerkte Bartlett nahm das Papier an ſich und über- „Der aus ungefaßten Steinen beſtehende Schatz „Dies iſt doch klar genug. Das Schott be- [Spaltenumbruch] Bartlett brachte das bezeichnete Werkzeug aus „Die Ehre gebührt Ihnen“. Reynell blickte ihn verwundert an und nahm „Wenn wir recht ſpitzfindig ſein wollen, ſo Knirſchend und ſplitternd ſtemmte ſich der (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header">Marburger Zeitung Nr. 58. 14. Mai 1912</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="grenzschulen2" prev="#grenzschulen1" type="jArticle" n="2"> <p>Haben wir nicht recht, wenn wir unſeren<lb/> Volksgenoſſen zurufen: Was Ihr bisher getan<lb/> habt, war nur ein guter Anfang, nicht mehr!<lb/> Greift mit voller Kraft zur Wehr, opfert mit<lb/> vollen Händen und mit ganzem Herzen, wenn Ihr<lb/> im Völkerringen beſtehen wollt!</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Für die Beſiedelung.</hi> </head><lb/> <p>Samstag abends fand in Marburg die Grün-<lb/> dungsverſammlung der Ortsgruppe Marburg des<lb/> Bodenſchutz- und Beſiedlungsvereines Heimſtatt ſtatt.<lb/> Der Verſammlungsſaal im Gaſthof zum Pilſner-<lb/> keller war dicht gefüllt, als namens der Einberufer<lb/> Südbahnaſſiſtent Herr <hi rendition="#g">Temm</hi> die Erſchienenen<lb/> begrüßte, darunter das Hauptleitungsmitglied Herrn<lb/><hi rendition="#g">Fraiß,</hi> die Ortsgruppen von St. Egydi und<lb/> Pettau, ſowie die Vertreter verſchiedener Vereine<lb/> von Marburg und Brunndorf. Der Redner führte<lb/> aus, daß die Südmark infolge des klerikalen An-<lb/> ſturmes die Beſiedlungstätigkeit aufgegeben und dieſe<lb/> ſowie den Beſiedlungsleiter Herrn Fraiß den<lb/> Klerikalen geopfert habe. Infolge dieſes bei der vor-<lb/> jährigen Hauptverſammlung in Cilli gefaßten Be-<lb/> ſchluſſes auf Einſtellung neuer Beſiedlungstätigkeit<lb/> ſei es dringend notwendig geworden, daß eine neue<lb/> Schutzvereinigung dieſe Beſiedlung wieder fortführe.<lb/> Dieſe Arbeit will der Verein Heimſtatt auf ſich<lb/> nehmen. Die Slawiſierung der Aemter in Marburg<lb/> ſchreite ohnehin in bedenklichem Umfange vor und<lb/> wenn wir die Herſtellung des Zuſammenhanges mit<lb/> der deutſchen Mittelſteiermark gänzlich aufgeben,<lb/> wenn wir nicht St. Egydi halten und nicht Pöß-<lb/> nitz gewinnen, dann wird es in Marburg noch<lb/> ſchlimmer werden als bisher. Redner ſchloß mit den<lb/> Worten: Kein Fußbreit deutſchen Bodens darf uns<lb/> mehr verloren gehen.</p><lb/> <p>Die Wahl der Ortsgruppenleitung hatte fol-<lb/> gendes Ergebnis: Obmann Privatier v. <hi rendition="#g">Kramer,</hi><lb/> Obmannſtellvertreter Südbahnbeamter <hi rendition="#g">Vales,</hi><lb/> Schriftführer k. k. Revident i. R. <hi rendition="#g">Weber,</hi> Zahl-<lb/> meiſter Südbahner <hi rendition="#g">Jellinek, Gſpaltl,<lb/> Wagner, Temm</hi> und <hi rendition="#g">Seewann,</hi> Beiſitzer.</p><lb/> <p>Mit lebhaftem Betfall begrüßt, erörterte nun<lb/> Hauptleitungsmitglied Herr <hi rendition="#g">Fraiß</hi> aus Graz die<lb/> Aufgaben der Heimſtatt. Er verwies auf den ge-<lb/> ſchichtlichen Prozeß, daß einſt die Deutſchen koloni-<lb/> ſatoriſch vordrangen, während gegenwärtig die Slawen<lb/> ins deutſche Gebiet ſich vordrängen. Die Südmark<lb/> rang ſich deshalb zu dem Gedanken durch, der den<lb/> Männern der Gründung ſchon vorſchwebte, daß der<lb/> Angriff die beſte Verteidigung ſei. Deshalb wurde<lb/> auch bei der Hauptverſammlung im Jahre 1905 mit<lb/> der bisherigen Trinkgelderwirtſchaft gebrochen und<lb/> eine planmäßige Beſiedelung beſchloſſen. Die Arbeit,<lb/> aber auch die Verantwortung wurde dem Redner<lb/> übertragen. Anfangs war die Beſiedlungsarbeit ſehr<lb/> ſchwer, denn es fehlte uns jede koloniſatoriſche Er-<lb/> fahrung. Im Jahre 1908 aber gings dann mit<lb/> einem gewaltigen Ruck vorwärts, zugleich aber ſetzte<lb/> eine Agitation gegen die Beſiedlung ein, welche von<lb/> außen ſtammte, von den Klerikalen, die dann aber<lb/><cb/> in die Südmark ſelbſt eindrang und im Vorjahre<lb/> zu dem Beſchluſſe führte, die weitere Beſiedlungs-<lb/> tätigkeit einzuſtellen. Mittlerweile ſei allerdings ein<lb/> Umſchwung eingetreten und man ſage jetzt, daß die<lb/> Beſiedlung ſpäterhin, wenn mehr Mittel vorhanden<lb/> ſind, wieder aufgenommen werden ſolle. Wenn dies<lb/> wirklich geſchehen ſollte, dann werden wir, ſo ſagte<lb/> der Redner, zweiſpännig fahren, ſtatt einſpännig wie<lb/> bisher. Wir wollen auch nicht gegen, ſondern mit<lb/> der Südmark arbeiten; dieſe wird wohl auch uns<lb/> gegenüber eine freundliche Haltung einnehmen, da<lb/> ſie ja auch der klerikalen Oſtmark gegenüber Gewehr<lb/> bei Fuß ſteht.</p><lb/> <p>Der Redner ſchilderte ſodann die Lage Mar-<lb/> burgs, welches durch einen mehrſtundenbreiten ſla-<lb/> wiſchen Gürtel vom deutſchen Mittellande abge-<lb/> ſchloſſen iſt. Die Städte wachſen nicht aus ſich heraus,<lb/> ſondern durch den Zuzug vom Lande und wenn<lb/> Marburg fortwährend ſlawiſchen Zuzug erhält, dann<lb/> muß dieſer einmal das Deutſchtum der Stadt er-<lb/> drücken. Und darum gibt es für Marburg keine<lb/> wichtigere Frage, als die der Beſiedelung, der Her-<lb/> ſtellung des unmittelbaren nationalen Zuſammen-<lb/> hanges mit der deutſchen Mittelſteiermark. Jetzt ſei<lb/> ohnehin ſchon von Spielfeld an der Zug nach Graz<lb/> weit ſtärker, als jener nach Marburg. Der im<lb/> Jahre 1905 aufgeſtellte Plan war, jenen Gürtel,<lb/> der Marburg vom deutſchen Hinterlade trennt, durch<lb/> Beſiedelung zu verdeutſchen, ferners auch drauauf-<lb/> wärts bis Mahrenberg zu beſiedeln. Von dieſen<lb/> Plänen wurden große Stücke vollendet. Man habe<lb/> dem Redner vorgeworfen, daß er Land zu teuer ge-<lb/> kauft habe. Nach jener Cillier Verſammlung habe<lb/> aber eine Kommiſſion der Südmark an Ort und<lb/> Stelle feſtgeſtellt, daß dies nicht der Fall war und<lb/> daß in mehreren Fällen ſogar ſehr billig gekauft<lb/> wurde. Außerdem habe aber der Redner nicht einen<lb/> Kauf durchgeführt, den die Hauptleitung der Süd-<lb/> mark nicht vorher beſchloſſen und genehmigt hatte.<lb/> Redner ſchloß mit den Worten: Wir fügen der<lb/> deutſchen Schule die deutſche Scholle bei und ſo be-<lb/> grüße ich namens der Hauptleitung die neue Mar-<lb/> burger Ortsgruppe; möge ſie blühen und gedeihen<lb/> zum Nutzen und Heile unſeres Volkes! (Stürmiſcher<lb/> Beifall.)</p><lb/> <p>Obmann Herr v. <hi rendition="#g">Kramer</hi> beſprach das<lb/> Mißtrauen, das alte deutſche Erbübel, welches ſich<lb/> in manchen Kreiſen auch hinſichtlch der Heimſtatt<lb/> geltend mache. Der Deutſche Schulverein iſt der<lb/> älteſte deutſche Schutzverein. Nach ihm entſtanden<lb/> auch andere deutſche Schutzvereine, die zuerſt von<lb/> der Schulvereinsleitung mißtrauiſch beobachtet wur-<lb/> den, bis unter Dr. Weitlof dann andere Anſchau-<lb/> ungen Einkehr hielten. Auch die Südmark wurde<lb/> bei ihrem Entſtehen angefeindet; nun kommt der<lb/> Verein Heimſtatt an die Reihe. Perſönlichkeiten,<lb/> welche auf Miniſterſtühle und Lloydpräſidentenpoſten<lb/> rechnen, werden allerdings gut daran tun, der Heim-<lb/> ſtatt nicht beizutreten, um nicht ihrem Vorwärts-<lb/> kommen zu ſchaden. (Lebhafter Beifall.)</p><lb/> <p>Lehrer Herr <hi rendition="#g">Gordon</hi> aus St. Egydi W.-B.<lb/> führte aus, daß der Cillier Beſchluß der Südmark<lb/><cb/> auf die Slowenen wie ein Zauberwort gewirkt habe.<lb/> Unſere nationalen Gegner jubelten auf, während<lb/> vorher angeſichts der Fortſchritte der Beſiedelung<lb/> bei ihnen Niedergeſchlagenheit herrſchte. Seit dem<lb/> Cillier Beſchluß, der uns auf Jahre zurückwarf,<lb/> rühren ſich unſere Gegner an allen Ecken und Enden<lb/> und deshalb wurde gerade in St. Egydi die Grün-<lb/> dung der Heimſtatt mit Freuden begrüßt; ihr traten<lb/> in St. Egydi ſofort 100 Mitglieder bei. Redner<lb/> ſchilderte die intenſive nationale Tätigkeit der ſlo-<lb/> weniſchen Geiſtlichkeit und beſprach dann die natio-<lb/> nal-ſtrategiſch und finanziell glückliche Beſiedelungs-<lb/> arbeit des Südmark-Beſiedelungsausſchußob mannes<lb/> Herrn Fraiß. Mit welchen ungeheuren Mühen die<lb/> Tätigkeit des Herrn Fraiß verbunden war, davon<lb/> mache ſich der, welcher dieſe Gebiete nicht kennt,<lb/> gar keine Vorſtellung. Im ſchlechteſten Wetter, Tag<lb/> und Nacht war Herr Fraiß in dieſem Hügellande<lb/> auf den Füßen und wenn er nachts totmüde in den<lb/> St. Egydier Südmarkhof kam, floß kein Wort der<lb/> Klage über alle dieſe anſtrengenden Mühſeligkeiten<lb/> von ſeinen Lippen. Das werde niemand Herrn Fraiß<lb/> nachahmen. Redner ſchloß mit den Worten: Wenn<lb/> einmal von Spielfeld bis Marburg alles Land deutſch<lb/> ſein wird, dann brauchen wir keine Furcht mehr zu<lb/> hegen um die Zukunft von Marburg. (Großer Beifall.)</p><lb/> <p>Südbahnbeamter Hr. <hi rendition="#g">Wagner</hi> beſprach die na-<lb/> tionalen Verhältniſſe in den Windiſchen Büheln,<lb/> wie ſie vor Jahrzehnten waren, bis die fanatiſche,<lb/> nationale Agitation der ſloweniſchen Kaplanokratie<lb/> einſetzte; als Illuſtrationsfaktum führte er an, daß,<lb/> als in Egydi, das damals noch in deutſcher Ver-<lb/> waltung war, der damalige Biſchof mit einem<lb/> Triumphbogen begrüßt wurde, auf dem ſich eine<lb/> deutſche Inſchrift befand, der ſloweniſche Kaplan<lb/> zornerfüllt den frommen Chriſtenwunſch ausſtieß:<lb/> Auf der einen Seite (des Triumphbogens) ſoll man<lb/> den <hi rendition="#g">Fiſchereder,</hi> auf der anderen den v. <hi rendition="#g">Piſtor</hi><lb/> aufhängen!</p><lb/> <p>Nachdem der Obmann v. Kramer das Schluß-<lb/> wort geſprochen hatte, in welchem er u. a. mitteilte,<lb/> daß der neuen Ortsgruppe bereits 150 Mitglieder<lb/> mit vier Gründerbriefen, ſowie verſchiedene Vereine<lb/> körperſchaftlich beigetreten ſind, ſchloß er mit einem<lb/> kräftigen Aufruf zur Arbeit die Gründungsver-<lb/> ſammlung.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Eigenberichte.</hi> </hi> </head><lb/> <div xml:id="zirknitz1" next="#zirknitz2" type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Zirknitz,</hi> 13. Mai.</dateline> <head> <hi rendition="#g">(Einbruchsdiebſtahl<lb/> in einem Gaſthofe.)</hi> </head> <p>Heute um 3 Uhr früh<lb/> wurde im Einkehrgaſthofe des Herrn Martin Mur-<lb/> ſchetz in Zirknitz eingebrochen. Unbekannte Täter<lb/> riſſen mit einem Heubaum und mit einer Schleuder-<lb/> kette von der Gartenſeite das ſtarkvergitterte Keller-<lb/> fenſter heraus und gelangten ſo in das Gaſtzimmer,<lb/> woſelbſt ſie die Schanktiſchlade mit einem Stemm-<lb/> eiſen erbrachen und Geld und Zigarren ſtahlen.<lb/> Der Schaden beläuft ſich auf zirka 50 Kronen. Zum<lb/> Glück kam um dieſe Zeit der Bruder des Gaſtwirtes<lb/> nach Hauſe, wodurch die Diebe verſcheucht wurden</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="schuld2" prev="#schuld1" type="jArticle" n="2"> <p>fährten. „Damen, namentlich aber junge Damen,<lb/> die einiges Vertrauen in ihre Körperſtärke ſetzen,<lb/> laſſen ſich nur ſchwer überzeugen, daß mit Worten<lb/> nichts zu erreichen iſt. Haben Sie das Stemmeiſen?<lb/> Ich habe Brechſtange und Hammer bei mir. Ich<lb/> denke, wir werden hier unſer Dorado finden —<lb/> die letzte Kabine rechter Hand vom Heck des Schiffes“.</p><lb/> <p>Damit ſchritten die beiden dem kleinen Schlaf-<lb/> raume zu, der in früheren Jahren auf Segelſchiffen<lb/> für die Paſſagiere erſter Klaſſe genügen mu<supplied>ß</supplied>te und<lb/> der gegenwärtig Judith als Schlafzimmer diente,<lb/> während ein halbes Jahrhundert früher Leutnant<lb/> Milroy darin geſtorben war. Das junge Mädchen<lb/> erhob keinen weiteren Einwand, ſondern folgte den<lb/> beiden Männern und beobachtete an der Türſchwelle<lb/> ſtehend ihr Treiben, während Lesbia in Leonards<lb/> Kabine ſchlich.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">30.</hi> </p><lb/> <p>Forſchend ließ Reynell den Blick durch die<lb/> Kabine gleiten, die auf Schritt und Tritt verriet<lb/> daß hier ein weibliches Weſen ſtändigen Aufenthalt<lb/> habe. Judiths ſcharlachrote Bluſe und blumenge-<lb/> ſchmückter Hut waren ſorgſam oberhalb der Bett-<lb/> koje untergebracht und verſchiedene Beſtandteile<lb/> ihrer ſonſtigen geringen Garderobe hingen an<lb/> Nägeln herum, die man in das einſt wirklich wert-<lb/> volle Wandgetäfel geſchlagen hatte. Dieſes be-<lb/> achteten die beiden Eindringlinge indeſſen nicht,<lb/> während das ganze Gefüge der Kabine ihre Auf-<lb/> merkſamkeit umſomehr in Anſpruch nahm. Ihre<lb/> Augen wanderten von der Decke bis zum Fußboden<lb/><cb/> und dann wieder zurück, um die Seiten des kleinen<lb/> Raumes einer genauen Beſichtigung zu unterziehen.</p><lb/> <p>„Ich ſehe hier keinerlei Schotten“, bemerkte<lb/> Reynell, die geſchriebene Weiſung aus der Taſche<lb/> ziehend. „Nehmen wir die Beſchreibung Wort für<lb/> Wort durch. Hier an Ort und Stelle werden wir<lb/> ſie wohl beſſer verſtehen“.</p><lb/> <p>Bartlett nahm das Papier an ſich und über-<lb/> ſetzte langſam:</p><lb/> <p>„Der aus ungefaßten Steinen beſtehende Schatz<lb/> befindet ſich in der Kabine, in der ich gegenwärtig<lb/> den Tod erwarte — zu hinterſt ſteuerbordwärts.<lb/> Wenn mein Tod unzweifelhaft feſtſteht, ſo ſuchen<lb/> Sie irgend einen Vorwand, um dieſe Kabine gegen<lb/> die Ihrige umzutauſchen. Sobald ſich Ihnen dann<lb/> die Gelegenheit dazu bietet, löſen Sie die vierte<lb/> Diele des Fußbodens — von der Schiffsſeite aus<lb/> gerechnet. Es wird Ihnen nicht ganz leicht fallen,<lb/> denn ich habe die Diele, die früher ganz loſe lag,<lb/> mittelſt einer Schraube befeſtigt. Unter dieſer Diele<lb/> und einem Schott unter ihr befindet ſich ein kleiner<lb/> Raum, in dem ich den Schatz untergebracht habe“.</p><lb/> <p>„Dies iſt doch klar genug. Das Schott be-<lb/> ſindet ſich im eigentlichen Schiffsraum wohl, und<lb/> nicht in der Kabine. Alſo eins, zwei, drei, vier.<lb/> Dies iſt die betreffende Diele, und ich will mich<lb/> hängen laſſen, wenn die Schraube nicht noch<lb/> immer darin ſitzt“, bemerkte Reynell. „Wir wollen<lb/> uns aber nicht damit aufhalten, ſie herauszuziehen,<lb/> ſondern ſtemmen Sie die Diele mit dem Stemm-<lb/> eiſen auf“.</p><lb/> <cb/> <p>Bartlett brachte das bezeichnete Werkzeug aus<lb/> einer Innentaſche ſeines Überzieher zum Vorſchein;<lb/> doch ſtatt es anzuſetzen, reichte er es Reynell mit<lb/> dem kurzen Bemerken:</p><lb/> <p>„Die Ehre gebührt Ihnen“.</p><lb/> <p>Reynell blickte ihn verwundert an und nahm<lb/> das Stemmeiſen mit einem kurzen Auflachen an<lb/> ſich. Im Türrahmen ſtehend, vermochte ſich Judith<lb/> den kleinen Zwiſchenfall nicht zu erklären. Sollten<lb/> dieſe beiden Eindringlinge einander nicht trauen<lb/> und Bartlett nicht den Mut haben, ſeinem glatt-<lb/> züngigem Gefährten den Rücken zu kehren, wenn<lb/> er ſich auf die Knie niederließ, um die Diele auf-<lb/> zuſtemmen?</p><lb/> <p>„Wenn wir recht ſpitzfindig ſein wollen, ſo<lb/> haben Sie vielleicht recht“, ſagte Reynell. „Stellen<lb/> Sie ſich mit der Lampe da vor mich hin und<lb/> leuchten Sie mir; nur fallen Sie nicht über mich,<lb/> wenn der Glanz der kleinen Leuchtkäferchen Sie<lb/> blenden ſollte“.</p><lb/> <p>Knirſchend und ſplitternd ſtemmte ſich der<lb/> Stahl gegen die Diele und mit aller Macht dagegen<lb/> drückend zwängte Reynell das Brett endlich zur<lb/> Seite. Beide Köpfe reckten ſich, um in die Öffnung<lb/> zu ſpähen, die jetzt ſichtbar wurde, wobei Bartlett<lb/> in lautloſer Stille den Schein der elektriſchen Lampe<lb/> in die Tiefe ſenkte. Endlich ſtreckte Reynell die<lb/> Hand aus und ſich tief bückend, taſtete er die<lb/> Dielen innen rundherum ab, ſo weit ſein Arm<lb/> nur reichte.</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#right">(Fortſetzung folgt.)</hi> </ref> </p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Marburger Zeitung Nr. 58. 14. Mai 1912
Haben wir nicht recht, wenn wir unſeren
Volksgenoſſen zurufen: Was Ihr bisher getan
habt, war nur ein guter Anfang, nicht mehr!
Greift mit voller Kraft zur Wehr, opfert mit
vollen Händen und mit ganzem Herzen, wenn Ihr
im Völkerringen beſtehen wollt!
Für die Beſiedelung.
Samstag abends fand in Marburg die Grün-
dungsverſammlung der Ortsgruppe Marburg des
Bodenſchutz- und Beſiedlungsvereines Heimſtatt ſtatt.
Der Verſammlungsſaal im Gaſthof zum Pilſner-
keller war dicht gefüllt, als namens der Einberufer
Südbahnaſſiſtent Herr Temm die Erſchienenen
begrüßte, darunter das Hauptleitungsmitglied Herrn
Fraiß, die Ortsgruppen von St. Egydi und
Pettau, ſowie die Vertreter verſchiedener Vereine
von Marburg und Brunndorf. Der Redner führte
aus, daß die Südmark infolge des klerikalen An-
ſturmes die Beſiedlungstätigkeit aufgegeben und dieſe
ſowie den Beſiedlungsleiter Herrn Fraiß den
Klerikalen geopfert habe. Infolge dieſes bei der vor-
jährigen Hauptverſammlung in Cilli gefaßten Be-
ſchluſſes auf Einſtellung neuer Beſiedlungstätigkeit
ſei es dringend notwendig geworden, daß eine neue
Schutzvereinigung dieſe Beſiedlung wieder fortführe.
Dieſe Arbeit will der Verein Heimſtatt auf ſich
nehmen. Die Slawiſierung der Aemter in Marburg
ſchreite ohnehin in bedenklichem Umfange vor und
wenn wir die Herſtellung des Zuſammenhanges mit
der deutſchen Mittelſteiermark gänzlich aufgeben,
wenn wir nicht St. Egydi halten und nicht Pöß-
nitz gewinnen, dann wird es in Marburg noch
ſchlimmer werden als bisher. Redner ſchloß mit den
Worten: Kein Fußbreit deutſchen Bodens darf uns
mehr verloren gehen.
Die Wahl der Ortsgruppenleitung hatte fol-
gendes Ergebnis: Obmann Privatier v. Kramer,
Obmannſtellvertreter Südbahnbeamter Vales,
Schriftführer k. k. Revident i. R. Weber, Zahl-
meiſter Südbahner Jellinek, Gſpaltl,
Wagner, Temm und Seewann, Beiſitzer.
Mit lebhaftem Betfall begrüßt, erörterte nun
Hauptleitungsmitglied Herr Fraiß aus Graz die
Aufgaben der Heimſtatt. Er verwies auf den ge-
ſchichtlichen Prozeß, daß einſt die Deutſchen koloni-
ſatoriſch vordrangen, während gegenwärtig die Slawen
ins deutſche Gebiet ſich vordrängen. Die Südmark
rang ſich deshalb zu dem Gedanken durch, der den
Männern der Gründung ſchon vorſchwebte, daß der
Angriff die beſte Verteidigung ſei. Deshalb wurde
auch bei der Hauptverſammlung im Jahre 1905 mit
der bisherigen Trinkgelderwirtſchaft gebrochen und
eine planmäßige Beſiedelung beſchloſſen. Die Arbeit,
aber auch die Verantwortung wurde dem Redner
übertragen. Anfangs war die Beſiedlungsarbeit ſehr
ſchwer, denn es fehlte uns jede koloniſatoriſche Er-
fahrung. Im Jahre 1908 aber gings dann mit
einem gewaltigen Ruck vorwärts, zugleich aber ſetzte
eine Agitation gegen die Beſiedlung ein, welche von
außen ſtammte, von den Klerikalen, die dann aber
in die Südmark ſelbſt eindrang und im Vorjahre
zu dem Beſchluſſe führte, die weitere Beſiedlungs-
tätigkeit einzuſtellen. Mittlerweile ſei allerdings ein
Umſchwung eingetreten und man ſage jetzt, daß die
Beſiedlung ſpäterhin, wenn mehr Mittel vorhanden
ſind, wieder aufgenommen werden ſolle. Wenn dies
wirklich geſchehen ſollte, dann werden wir, ſo ſagte
der Redner, zweiſpännig fahren, ſtatt einſpännig wie
bisher. Wir wollen auch nicht gegen, ſondern mit
der Südmark arbeiten; dieſe wird wohl auch uns
gegenüber eine freundliche Haltung einnehmen, da
ſie ja auch der klerikalen Oſtmark gegenüber Gewehr
bei Fuß ſteht.
Der Redner ſchilderte ſodann die Lage Mar-
burgs, welches durch einen mehrſtundenbreiten ſla-
wiſchen Gürtel vom deutſchen Mittellande abge-
ſchloſſen iſt. Die Städte wachſen nicht aus ſich heraus,
ſondern durch den Zuzug vom Lande und wenn
Marburg fortwährend ſlawiſchen Zuzug erhält, dann
muß dieſer einmal das Deutſchtum der Stadt er-
drücken. Und darum gibt es für Marburg keine
wichtigere Frage, als die der Beſiedelung, der Her-
ſtellung des unmittelbaren nationalen Zuſammen-
hanges mit der deutſchen Mittelſteiermark. Jetzt ſei
ohnehin ſchon von Spielfeld an der Zug nach Graz
weit ſtärker, als jener nach Marburg. Der im
Jahre 1905 aufgeſtellte Plan war, jenen Gürtel,
der Marburg vom deutſchen Hinterlade trennt, durch
Beſiedelung zu verdeutſchen, ferners auch drauauf-
wärts bis Mahrenberg zu beſiedeln. Von dieſen
Plänen wurden große Stücke vollendet. Man habe
dem Redner vorgeworfen, daß er Land zu teuer ge-
kauft habe. Nach jener Cillier Verſammlung habe
aber eine Kommiſſion der Südmark an Ort und
Stelle feſtgeſtellt, daß dies nicht der Fall war und
daß in mehreren Fällen ſogar ſehr billig gekauft
wurde. Außerdem habe aber der Redner nicht einen
Kauf durchgeführt, den die Hauptleitung der Süd-
mark nicht vorher beſchloſſen und genehmigt hatte.
Redner ſchloß mit den Worten: Wir fügen der
deutſchen Schule die deutſche Scholle bei und ſo be-
grüße ich namens der Hauptleitung die neue Mar-
burger Ortsgruppe; möge ſie blühen und gedeihen
zum Nutzen und Heile unſeres Volkes! (Stürmiſcher
Beifall.)
Obmann Herr v. Kramer beſprach das
Mißtrauen, das alte deutſche Erbübel, welches ſich
in manchen Kreiſen auch hinſichtlch der Heimſtatt
geltend mache. Der Deutſche Schulverein iſt der
älteſte deutſche Schutzverein. Nach ihm entſtanden
auch andere deutſche Schutzvereine, die zuerſt von
der Schulvereinsleitung mißtrauiſch beobachtet wur-
den, bis unter Dr. Weitlof dann andere Anſchau-
ungen Einkehr hielten. Auch die Südmark wurde
bei ihrem Entſtehen angefeindet; nun kommt der
Verein Heimſtatt an die Reihe. Perſönlichkeiten,
welche auf Miniſterſtühle und Lloydpräſidentenpoſten
rechnen, werden allerdings gut daran tun, der Heim-
ſtatt nicht beizutreten, um nicht ihrem Vorwärts-
kommen zu ſchaden. (Lebhafter Beifall.)
Lehrer Herr Gordon aus St. Egydi W.-B.
führte aus, daß der Cillier Beſchluß der Südmark
auf die Slowenen wie ein Zauberwort gewirkt habe.
Unſere nationalen Gegner jubelten auf, während
vorher angeſichts der Fortſchritte der Beſiedelung
bei ihnen Niedergeſchlagenheit herrſchte. Seit dem
Cillier Beſchluß, der uns auf Jahre zurückwarf,
rühren ſich unſere Gegner an allen Ecken und Enden
und deshalb wurde gerade in St. Egydi die Grün-
dung der Heimſtatt mit Freuden begrüßt; ihr traten
in St. Egydi ſofort 100 Mitglieder bei. Redner
ſchilderte die intenſive nationale Tätigkeit der ſlo-
weniſchen Geiſtlichkeit und beſprach dann die natio-
nal-ſtrategiſch und finanziell glückliche Beſiedelungs-
arbeit des Südmark-Beſiedelungsausſchußob mannes
Herrn Fraiß. Mit welchen ungeheuren Mühen die
Tätigkeit des Herrn Fraiß verbunden war, davon
mache ſich der, welcher dieſe Gebiete nicht kennt,
gar keine Vorſtellung. Im ſchlechteſten Wetter, Tag
und Nacht war Herr Fraiß in dieſem Hügellande
auf den Füßen und wenn er nachts totmüde in den
St. Egydier Südmarkhof kam, floß kein Wort der
Klage über alle dieſe anſtrengenden Mühſeligkeiten
von ſeinen Lippen. Das werde niemand Herrn Fraiß
nachahmen. Redner ſchloß mit den Worten: Wenn
einmal von Spielfeld bis Marburg alles Land deutſch
ſein wird, dann brauchen wir keine Furcht mehr zu
hegen um die Zukunft von Marburg. (Großer Beifall.)
Südbahnbeamter Hr. Wagner beſprach die na-
tionalen Verhältniſſe in den Windiſchen Büheln,
wie ſie vor Jahrzehnten waren, bis die fanatiſche,
nationale Agitation der ſloweniſchen Kaplanokratie
einſetzte; als Illuſtrationsfaktum führte er an, daß,
als in Egydi, das damals noch in deutſcher Ver-
waltung war, der damalige Biſchof mit einem
Triumphbogen begrüßt wurde, auf dem ſich eine
deutſche Inſchrift befand, der ſloweniſche Kaplan
zornerfüllt den frommen Chriſtenwunſch ausſtieß:
Auf der einen Seite (des Triumphbogens) ſoll man
den Fiſchereder, auf der anderen den v. Piſtor
aufhängen!
Nachdem der Obmann v. Kramer das Schluß-
wort geſprochen hatte, in welchem er u. a. mitteilte,
daß der neuen Ortsgruppe bereits 150 Mitglieder
mit vier Gründerbriefen, ſowie verſchiedene Vereine
körperſchaftlich beigetreten ſind, ſchloß er mit einem
kräftigen Aufruf zur Arbeit die Gründungsver-
ſammlung.
Eigenberichte.
Zirknitz, 13. Mai. (Einbruchsdiebſtahl
in einem Gaſthofe.) Heute um 3 Uhr früh
wurde im Einkehrgaſthofe des Herrn Martin Mur-
ſchetz in Zirknitz eingebrochen. Unbekannte Täter
riſſen mit einem Heubaum und mit einer Schleuder-
kette von der Gartenſeite das ſtarkvergitterte Keller-
fenſter heraus und gelangten ſo in das Gaſtzimmer,
woſelbſt ſie die Schanktiſchlade mit einem Stemm-
eiſen erbrachen und Geld und Zigarren ſtahlen.
Der Schaden beläuft ſich auf zirka 50 Kronen. Zum
Glück kam um dieſe Zeit der Bruder des Gaſtwirtes
nach Hauſe, wodurch die Diebe verſcheucht wurden
fährten. „Damen, namentlich aber junge Damen,
die einiges Vertrauen in ihre Körperſtärke ſetzen,
laſſen ſich nur ſchwer überzeugen, daß mit Worten
nichts zu erreichen iſt. Haben Sie das Stemmeiſen?
Ich habe Brechſtange und Hammer bei mir. Ich
denke, wir werden hier unſer Dorado finden —
die letzte Kabine rechter Hand vom Heck des Schiffes“.
Damit ſchritten die beiden dem kleinen Schlaf-
raume zu, der in früheren Jahren auf Segelſchiffen
für die Paſſagiere erſter Klaſſe genügen mußte und
der gegenwärtig Judith als Schlafzimmer diente,
während ein halbes Jahrhundert früher Leutnant
Milroy darin geſtorben war. Das junge Mädchen
erhob keinen weiteren Einwand, ſondern folgte den
beiden Männern und beobachtete an der Türſchwelle
ſtehend ihr Treiben, während Lesbia in Leonards
Kabine ſchlich.
30.
Forſchend ließ Reynell den Blick durch die
Kabine gleiten, die auf Schritt und Tritt verriet
daß hier ein weibliches Weſen ſtändigen Aufenthalt
habe. Judiths ſcharlachrote Bluſe und blumenge-
ſchmückter Hut waren ſorgſam oberhalb der Bett-
koje untergebracht und verſchiedene Beſtandteile
ihrer ſonſtigen geringen Garderobe hingen an
Nägeln herum, die man in das einſt wirklich wert-
volle Wandgetäfel geſchlagen hatte. Dieſes be-
achteten die beiden Eindringlinge indeſſen nicht,
während das ganze Gefüge der Kabine ihre Auf-
merkſamkeit umſomehr in Anſpruch nahm. Ihre
Augen wanderten von der Decke bis zum Fußboden
und dann wieder zurück, um die Seiten des kleinen
Raumes einer genauen Beſichtigung zu unterziehen.
„Ich ſehe hier keinerlei Schotten“, bemerkte
Reynell, die geſchriebene Weiſung aus der Taſche
ziehend. „Nehmen wir die Beſchreibung Wort für
Wort durch. Hier an Ort und Stelle werden wir
ſie wohl beſſer verſtehen“.
Bartlett nahm das Papier an ſich und über-
ſetzte langſam:
„Der aus ungefaßten Steinen beſtehende Schatz
befindet ſich in der Kabine, in der ich gegenwärtig
den Tod erwarte — zu hinterſt ſteuerbordwärts.
Wenn mein Tod unzweifelhaft feſtſteht, ſo ſuchen
Sie irgend einen Vorwand, um dieſe Kabine gegen
die Ihrige umzutauſchen. Sobald ſich Ihnen dann
die Gelegenheit dazu bietet, löſen Sie die vierte
Diele des Fußbodens — von der Schiffsſeite aus
gerechnet. Es wird Ihnen nicht ganz leicht fallen,
denn ich habe die Diele, die früher ganz loſe lag,
mittelſt einer Schraube befeſtigt. Unter dieſer Diele
und einem Schott unter ihr befindet ſich ein kleiner
Raum, in dem ich den Schatz untergebracht habe“.
„Dies iſt doch klar genug. Das Schott be-
ſindet ſich im eigentlichen Schiffsraum wohl, und
nicht in der Kabine. Alſo eins, zwei, drei, vier.
Dies iſt die betreffende Diele, und ich will mich
hängen laſſen, wenn die Schraube nicht noch
immer darin ſitzt“, bemerkte Reynell. „Wir wollen
uns aber nicht damit aufhalten, ſie herauszuziehen,
ſondern ſtemmen Sie die Diele mit dem Stemm-
eiſen auf“.
Bartlett brachte das bezeichnete Werkzeug aus
einer Innentaſche ſeines Überzieher zum Vorſchein;
doch ſtatt es anzuſetzen, reichte er es Reynell mit
dem kurzen Bemerken:
„Die Ehre gebührt Ihnen“.
Reynell blickte ihn verwundert an und nahm
das Stemmeiſen mit einem kurzen Auflachen an
ſich. Im Türrahmen ſtehend, vermochte ſich Judith
den kleinen Zwiſchenfall nicht zu erklären. Sollten
dieſe beiden Eindringlinge einander nicht trauen
und Bartlett nicht den Mut haben, ſeinem glatt-
züngigem Gefährten den Rücken zu kehren, wenn
er ſich auf die Knie niederließ, um die Diele auf-
zuſtemmen?
„Wenn wir recht ſpitzfindig ſein wollen, ſo
haben Sie vielleicht recht“, ſagte Reynell. „Stellen
Sie ſich mit der Lampe da vor mich hin und
leuchten Sie mir; nur fallen Sie nicht über mich,
wenn der Glanz der kleinen Leuchtkäferchen Sie
blenden ſollte“.
Knirſchend und ſplitternd ſtemmte ſich der
Stahl gegen die Diele und mit aller Macht dagegen
drückend zwängte Reynell das Brett endlich zur
Seite. Beide Köpfe reckten ſich, um in die Öffnung
zu ſpähen, die jetzt ſichtbar wurde, wobei Bartlett
in lautloſer Stille den Schein der elektriſchen Lampe
in die Tiefe ſenkte. Endlich ſtreckte Reynell die
Hand aus und ſich tief bückend, taſtete er die
Dielen innen rundherum ab, ſo weit ſein Arm
nur reichte.
(Fortſetzung folgt.)
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(2018-01-26T13:38:42Z)
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