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Marburger Zeitung. Nr. 58, Marburg, 14.05.1903.

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Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1903.

[Spaltenumbruch] durch einen unglücklichen Zufall das geladene Ge-
wehr des Soldaten herunterglitt und daß die Waffe,
als er sie festzuhalten suchte, sich entlud, wobei der
Soldat den Knaben den Rücken zukehrte. Trotzdem
erzählte der überlebende Knabe später vor Gericht,
er hätte sich umgedreht und hätte gesehen, wie der
Soldat sie angesehen und vor dem Schießen gezielt
hätte. Da in seinem Kopfe das Zielen immer vor
dem Schießen steht, verlegte er Bewegungen, die
der Soldat nach dem Schießen gemacht hatte, vor
den Schuß und glaubte mit Sicherheit nun be-
haupten zu müssen, daß der Soldat wirklich ge-
zielt hätte.




Marburger Nachrichten.
(Vom Marburger Kreisgerichte.)

Der Landesgerichtsrat Karl Martinak wurde an
Stelle des k. k. Oberlandesgerichtsrates Dr. Franz
Vouschek als Stellvertreter des Vorsitzenden des Ge-
schwornengerichtes beim k. k. Kreisgerichte in Mar-
burg für die zweite Schwurgerichtssitzung im Jahre
1903 berufen. -- Vor einigen Tagen verließ der
Untersuchungsrichter Herr Dr. Torggler unsere
Stadt, nach Pettau zurückkehrend. Die Staats-
gewalt läßt sich durch eine Handvoll erbärmlicher
windischer Denunzianten und Hetzer allemal ein-
schüchtern, weil wir Deutschen im Parlamente keine
ordentliche, radikale, Respekt einflößende Vertretung
haben.

(Für die Abgebrannten von
Windischgraz.)

Die Steiermärkische Sparkasse
hat Sr. Exzellenz dem Herrn Statthalter den Be-
trag von 20.000 K. zur Linderung des Brand-
unglückes in Windischgraz mit dem Ersuchen über-
geben, hieraus in erster Linie kleine Gewerbsleute,
Dienstboten, Arbeiter u. dgl., keinen unbeweglichen
Besitz habende Personen, bei denen voraussichtlich
eine Ersatzleistung durch die Versicherung von
vorneherein so ziemlich ausgeschlossen erscheint, zu
bedenken.

(Handelskurse für Erwachsene.)

Am
30. v. M. wurde der halbjährige Handelskurs für
Damen beendet. Dieser Kurs, der zum erstenmale
in unserer Stadt abgehalten wurde, erfreute sich
eines recht guten Besuches. Gelehrt wurden von
den Herren Bukwich, Engelhardt, Grub-
bauer, Kowatsch
und Ruß folgende Gegen-
stände: einfache und doppelte Buchführung, Wechsel-
kunde, Handelskorrespondenz, Kontorarbeiten, kauf-
männisches Rechnen, Stenographie, Maschinschreiben
und Kalligraphie. Die Unterrichtserfolge waren
trotz der Fülle der Gegenstände und der verhältnis-
mäßig kurzen Unterrichtszeit durchgehends lobens-
werte. Allerdings ließen Fleiß und Ausdauer der
Teilnehmerinnen nichts zu wünschen übrig. Bei der
würdigen Schlußfeier überreichten die Absolven-
tinnen den Lehrern des Kurses zum Zeichen des
Dankes für ihre Mühewaltung ein hübsches An-
denken in Form eines nett ausgeführten Gruppen-
bildes. Die nächsten für Damen und Herren ge-
trennten Handelskurse werden am 1. Oktober er-
öffnet werden. Daß mit der Einführung dieser
Kurse in unserer Stadt eine schon längst vorhan-
dene Lücke ausgefüllt wurde, zeigt das rege Inter-
esse, welches schon jetzt den im Herbste zu eröff-
nenden Kursen entgegengebracht wird. Der Lehr-
körper steht zwecks Unterbringung der Absolventen
mit Handelshäusern, Kanzleien, Gewerkschaften usw.
hier und auswärts in Verbindung. Interessenten
erteilt jederzeit bezügliche Auskünfte Herr Lehrer
Ruß Franz, Herrengasse 56, 3. Stock.

(Marburger Schützenverein.)

Beim
letzten Kranzelschießen am Sonntag, den 10. d.,
welches als Probeschießen auf sämtliche Scheiben
und Karten diente und durch Militärmannschaft
bedient wurde, erhielten auf der Standscheibe das
1. Tiefschußbest Herr k. u. k. Oberwaffenmeister H.
Schwann, das 2. Herr Rudolf Straßmayer
und das 1. Kreisbest Herr k. u. k. Oberwaffen-
meister Schwann; auf der Festscheibe das 1. Best
Herr Gustav Bernhard, das 2. Herr Kaspar
Hausmaninger, das 3. Herr A. Quandest;
auf der Feldscheibe das 1. Tiefschußbest Herr Jul.
Rupprich, das 2. Herr V. Hausmaninger
und das 1. Kreisbest Herr V. Hausmaninger.
Es wurden gegen 2000 Schuß abgegeben. Das
nächste Probeschießen auf sämtliche Scheiben findet
am Sonntag, den 17. Mai, um 2 Uhr nachmit-
tags, statt.

(Ausflug.)

Die Radfahr-Riege des Mar-
burger Turnvereines unternimmt Sonntag, den
17. d. M. einen Ausflug nach Schleinitz, woselbst
[Spaltenumbruch] sie mit den anderen Turnern, welche zu Fuß und
per Bahn dort ankommen, zusammentreffen. Nach
Abhaltung eines Staffettenlaufes der Turner ist
allgemeiner Aufbruch nach Perschaks Weinschank.
Sammelpunkt der Radfahrer in Azzolas Cafe am
Burgplatz um 1/42 und Abfahrt Punkt halb 2 Uhr.
Die radfahrenden Turner mögen sich recht zahlreich
einfinden. Gäste willkommen.

(Marburger Trabrennverein.)

Für
das am 21. Mai (Himmelfahrtstag) stattfindende
Frühjahrstrabrennen gibt sich, besonders angesichts
der in Aussicht stehenden Beteiligung mehrerer
auswärtiger Rennställe, ein sehr reges Interesse
kund. Die Herren Pferdebesitzer werden nochmals
daran erinnert, daß heuer ausschließlich nur
schriftliche,
an den Schriftführer Herrn Ver-
walter A. Kern, Marburg, Schlachthaus zu rich-
tende Nennungen angenommen werden. Die-
selben werden am 17. Mai geschlossen und sind
Nachnennungen nicht statthaft. -- Die Rennbahn
steht von Sonntag, den 17. d. an zur Verfügung.

(Geni's Kinematograph.)

Für Freitag,
Samstag und Sonntag ist wieder ein neues Pro-
gramm bestimmt, aus dem wir die Bilder: "Der
Empfang Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef
in Aussig" und "The Romers Truppe" (Filmlänge
250 Meter) anführen, welche besonders gefallen
werden. Morgen, Freitag, um 4 Uhr nachmittags
Extra-Herrenvorstellung; solche werden jeden Sams-
tag, Sonntag und Dienstag gegeben. Der Besuch
der Vorstellungen ist ein recht guter. Heute kommt
noch das "Dornröschen" zur Vorführung, welche
hübschen Bilder gewiß noch einmal gebracht werden
dürften. Der Besuch ist auch bei ungünstigem
Wetter leicht möglich.

(Pettauer Geschichten.)

Gestern fand
vor dem hiesigen Kreisgerichte unter dem Vorsitze
des LGR. Morokutti die Appellverhandlung
über das Urteil des Pettauer Bezirksgerichtes statt,
nach welchem der pensionierte Postbeamte Friedrich
R. v. Kalchberg wegen Beleidigung des Pettauer
Buchdruckereibesitzers Heinrich Blanke und wegen
Uebertretung des Tierseuchengesetzes durch Nicht-
beachtung der Hundekontumaz zu 14 Tagen Arrestes
mit einem Fasttage verurteilt wurde. Der Appell-
gerichtshof wandelte die Arreststrafe in eine Geld-
strafe von fünfzig Kronen um.

(Wetterkanonen oder Wetter-
raketen.)

Mit Bezug auf den unter obiger Auf-
schrift in unserem letzten Blatte erschienenen Artikel
teilen wir allen Weinbautreibenden mit, daß Herr
Sorko am Freitag, den 15. d. M., um halb
9 Uhr abends, im hiesigen Volksgarten und auf
dem Kalvarienberge ein Probeschießen vornehmen
wird, zu welchem alle Landwirte eingeladen werden.

(Der letzte deutsche Priester in
Marburg.)

Vor wenigen Tagen ist bekanntlich
hier Pater Ludwig Wellenthal gestorben. Mit
ihm ist der letzte deutsche Priester Marburgs mit
Tod abgegangen. Marburg, eine Stadt mit über
25.000 Einwohnern, von welchen 7/8 sich als
Deutsche bekennen, hat nunmehr nicht einen
einzigen deutschen Geistlichen.
Und da-
bei ist Marburg mit einem derartigen Ueberfluß an
Klerisei "ge--segnet", wie nicht bald eine zweite
Stadt in Innerösterreich. Aber alle gehören der
Koroschetz-Rasse an, politisches Vollblut, heran- und
ausgebildet im be--kannten Koroschetz-Seminar,
getränkt mit tiefgehendem Hasse gegen alle Deutschen,
gegen dieselben Deutschen, deren Priester sie sein
sollen. Selbstverständlich werden sie auch entspre-
chend gewürdigt und wenn man von den Kerzel-
weibern des Marburger "Christlichen Frauenbundes"
absieht, welche in freudiges Entzücken geraten, wenn
sie einem feisten windischen Hochwürdigen die Hand
küssen dürfen, mit welcher derselbe soeben einen
Brandartikel gegen die Deutschen für ein windisches
Blatt geschrieben hat -- wenn man also von diesen
Kerzelweibern absieht, welchen die Aufgabe zuteil
wurde, ihre Männer "katholisch" und für die win-
dischen geistlichen Hetzer gefügig zu machen, so
bleibt ja fast gar kein Kreis mehr übrig, welcher
über die windischen Vollblutkapläne eine andere
Meinung haben würde als die, welche die selbst-
verständliche ist. Aber diese erfreuliche Erwägung
ändert gar nichts an der Tatsache, daß die
deutsche Stadt Marburg nunmehr aus-
schließlich windische Geistliche hat, welche
sich als nationale Feinde unserer Stadt,
unserer deutschen Bevölkerung fühlen und betätigen.
Eine dem Deutschtume und unserer Stadt feindliche
Organisation, deren Tätigkeit zum großen Teile
überdies immun ist! Welch Indianergeheul lärmt
[Spaltenumbruch] in jeder Nummer der windischen Blätter über
deutsche Richter, Beamte und Lehrer; die deutschen
Marburger aber sollen es sich wohl gefallen lassen,
ausschließlich mit windischer Vollblut-Klerisei
ge--segnet zu werden! Das Schönste an der Sache
ist aber der Umstand, daß dieselben windischen
Vollblutkapläne, welche der windische Bischof den
Deutschen als "Seelenhirten" aufzwingt, unab-
lässig in windischen Versammlungen zum Boykott
der deutschen Geschäftsleute auffordern,
derselben Geschäftsleute, deren "Seelenhirten" sie
angeblich sind! Vormittags "verzeiht" er im Beicht-
stuhle die Sünden anderer Leute; nachmittags
hetzt er in Versammlungen voll wilder Feindselig-
keit gegen seine eigenen "Beichtkinder"! Wir sind
wohl über den Verdacht erhaben, in den soge-
nannten "deutschen" Geistlichen am Ende gar eine
Wohltat für das deutsche Volk zu erblicken; nichts
destoweniger muß es angenagelt werden, daß der
windische Bischof der deutschen Stadt Marburg
mit ihren 25.000 Einwohnern ausschließlich fana-
tische, windischnationale Geistliche aufdrängt! Wir
haben in Marburg die "Windische Kirche"; gut!
Wir haben die Domkirche, in welcher von Rechts-
wegen ausschließlich deutsch gepredigt werden
sollte; in Wirklichkeit aber ist die Domkirche dank
dem Walten und Wirken der windischen
Klerisei fast noch windischer als die offiziell als
solche geltende "Windische Kirche". Wir haben
ferners die Magdalenen-Pfarkirche am rechten
Drauufer; dort wird von der Kanzel überhaupt
kein deutsches Wort gesprochen! Man sieht, daß
die windische Klerisei die Marburger mit aller Ge-
walt los von Rom machen will! Uns sind diese
skandalösen Zustände übrigens nicht unerwünscht.
Um sie voll ausnützen zu können, wird es
geboten sein, die Marburger Los von Rom-Orga-
nisation wieder gehörig in den Sattel zu setzen
auf daß die monatlichen Uebertrittsausweise unserer
Stadt jedesmal eine schöne Ziffer bilden. Wird die
Sache wie in Nord- und Westböhmen energisch
angepackt, kann sie stolze, hocherfreuliche Ergebnisse
liefern. Jetzt ist der letzte deutsche Priester
Marburgs tot -- wir haben nur mehr windische;
dann aber wird die Zeit kommen, wo man vom
letzten Römischkatholischen in Marburg sprechen
wird -- wir werden lauter Evangelische haben.
So mag sich an das Andenken des Paters Ludwig,
des letzten deutschen Priesters von Marburg, die
sichere Zuversicht auf die Wiederevangelisation
unseres Volkes knüpfen!

(Bespritzung der Obstbäume gegen
Fusicladium.)

Gegen die Fusicladium-Krankheit
bei Aepfel- und Birnbäumen sollte die Bespritzung
jetzt gleich nach der Blüte mit einer einprozentigen
Kupferkalklösung zur Ausführung kommen. Bei
dieser Arbeit achte man darauf, daß möglichst alle
Blätter und jungen Früchte fein bestäubt werden,
indem dadurch der Schutz gegen die genannte
Krankheit ein sicherer ist. Die Lösung muß durch
Beigabe einer genügenden Menge Kalk (auf ein
Kilo Kupfervitriol ungefähr 2 Kilo speckigen, ge-
löschten Kalk) neutralisiert sein, d. h. sie darf nicht
mehr ätzend wirken, weil sonst die jungen, zarten
Triebe und Blätter leicht Schaden nehmen könnten.
Die Bespritzung wirkt nur vorbeugend,
nicht heilend.
Daher warte man nicht, bis sich
die Erkrankung der Blätter zeigt, sondern bespritze
jetzt baldmöglichst alle diejenigen Aepfel- und
Birnbäume, welche man gegen die Krankheit schützen
und deren Früchte man gerne fleckenfrei haben
möchte. Auch solche Bäume, welche keine Früchte
angesetzt haben, sind zu spritzen, weil sonst die für
die ganze Entwicklung so sehr notwendigen Blätter
erkranken, wodurch eine empfindliche Schwächung
der ersteren eintreten würde. B.

(Das Kind im Fäkalienfasse.)

Vor-
gestern wurde der Gendarmerie angezeigt, daß bei
der auf dem Acker des Besitzers Mickl in Unter-
pobersch stattgefundenen Entleerung eines Fäkalien-
fasses in dem Faße ein totes Kind weiblichen Ge-
schlechtes gefunden wurde. Der Gendarmeriewacht-
meister Herr Schesko aus Heil. Dreifaltigkeit,
welcher gegenwärtig den hiesigen Wachtmeister ver-
tritt, erschien nach der Meldung an der Auffindungs-
stelle und ließ die Leiche in die Poberscher Toten-
kammer schaffen, woselbst gestern früh die gericht-
liche Obduktion der Leiche stattfand. Wie festgestellt
wurde, stammte das Faß aus dem Nendl'schen
Hause Triesterstraße 11. Dortselbst befindet sich
auch ein Gasthaus. Es lag die Vermutung nahe,
daß eine Person das Kind durch den Abort in das
Fäkalienfaß geworfen habe. Wie der Augenschein

Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1903.

[Spaltenumbruch] durch einen unglücklichen Zufall das geladene Ge-
wehr des Soldaten herunterglitt und daß die Waffe,
als er ſie feſtzuhalten ſuchte, ſich entlud, wobei der
Soldat den Knaben den Rücken zukehrte. Trotzdem
erzählte der überlebende Knabe ſpäter vor Gericht,
er hätte ſich umgedreht und hätte geſehen, wie der
Soldat ſie angeſehen und vor dem Schießen gezielt
hätte. Da in ſeinem Kopfe das Zielen immer vor
dem Schießen ſteht, verlegte er Bewegungen, die
der Soldat nach dem Schießen gemacht hatte, vor
den Schuß und glaubte mit Sicherheit nun be-
haupten zu müſſen, daß der Soldat wirklich ge-
zielt hätte.




Marburger Nachrichten.
(Vom Marburger Kreisgerichte.)

Der Landesgerichtsrat Karl Martinak wurde an
Stelle des k. k. Oberlandesgerichtsrates Dr. Franz
Vouſchek als Stellvertreter des Vorſitzenden des Ge-
ſchwornengerichtes beim k. k. Kreisgerichte in Mar-
burg für die zweite Schwurgerichtsſitzung im Jahre
1903 berufen. — Vor einigen Tagen verließ der
Unterſuchungsrichter Herr Dr. Torggler unſere
Stadt, nach Pettau zurückkehrend. Die Staats-
gewalt läßt ſich durch eine Handvoll erbärmlicher
windiſcher Denunzianten und Hetzer allemal ein-
ſchüchtern, weil wir Deutſchen im Parlamente keine
ordentliche, radikale, Reſpekt einflößende Vertretung
haben.

(Für die Abgebrannten von
Windiſchgraz.)

Die Steiermärkiſche Sparkaſſe
hat Sr. Exzellenz dem Herrn Statthalter den Be-
trag von 20.000 K. zur Linderung des Brand-
unglückes in Windiſchgraz mit dem Erſuchen über-
geben, hieraus in erſter Linie kleine Gewerbsleute,
Dienſtboten, Arbeiter u. dgl., keinen unbeweglichen
Beſitz habende Perſonen, bei denen vorausſichtlich
eine Erſatzleiſtung durch die Verſicherung von
vorneherein ſo ziemlich ausgeſchloſſen erſcheint, zu
bedenken.

(Handelskurſe für Erwachſene.)

Am
30. v. M. wurde der halbjährige Handelskurs für
Damen beendet. Dieſer Kurs, der zum erſtenmale
in unſerer Stadt abgehalten wurde, erfreute ſich
eines recht guten Beſuches. Gelehrt wurden von
den Herren Bukwich, Engelhardt, Grub-
bauer, Kowatſch
und Ruß folgende Gegen-
ſtände: einfache und doppelte Buchführung, Wechſel-
kunde, Handelskorreſpondenz, Kontorarbeiten, kauf-
männiſches Rechnen, Stenographie, Maſchinſchreiben
und Kalligraphie. Die Unterrichtserfolge waren
trotz der Fülle der Gegenſtände und der verhältnis-
mäßig kurzen Unterrichtszeit durchgehends lobens-
werte. Allerdings ließen Fleiß und Ausdauer der
Teilnehmerinnen nichts zu wünſchen übrig. Bei der
würdigen Schlußfeier überreichten die Abſolven-
tinnen den Lehrern des Kurſes zum Zeichen des
Dankes für ihre Mühewaltung ein hübſches An-
denken in Form eines nett ausgeführten Gruppen-
bildes. Die nächſten für Damen und Herren ge-
trennten Handelskurſe werden am 1. Oktober er-
öffnet werden. Daß mit der Einführung dieſer
Kurſe in unſerer Stadt eine ſchon längſt vorhan-
dene Lücke ausgefüllt wurde, zeigt das rege Inter-
eſſe, welches ſchon jetzt den im Herbſte zu eröff-
nenden Kurſen entgegengebracht wird. Der Lehr-
körper ſteht zwecks Unterbringung der Abſolventen
mit Handelshäuſern, Kanzleien, Gewerkſchaften uſw.
hier und auswärts in Verbindung. Intereſſenten
erteilt jederzeit bezügliche Auskünfte Herr Lehrer
Ruß Franz, Herrengaſſe 56, 3. Stock.

(Marburger Schützenverein.)

Beim
letzten Kranzelſchießen am Sonntag, den 10. d.,
welches als Probeſchießen auf ſämtliche Scheiben
und Karten diente und durch Militärmannſchaft
bedient wurde, erhielten auf der Standſcheibe das
1. Tiefſchußbeſt Herr k. u. k. Oberwaffenmeiſter H.
Schwann, das 2. Herr Rudolf Straßmayer
und das 1. Kreisbeſt Herr k. u. k. Oberwaffen-
meiſter Schwann; auf der Feſtſcheibe das 1. Beſt
Herr Guſtav Bernhard, das 2. Herr Kaſpar
Hausmaninger, das 3. Herr A. Quandeſt;
auf der Feldſcheibe das 1. Tiefſchußbeſt Herr Jul.
Rupprich, das 2. Herr V. Hausmaninger
und das 1. Kreisbeſt Herr V. Hausmaninger.
Es wurden gegen 2000 Schuß abgegeben. Das
nächſte Probeſchießen auf ſämtliche Scheiben findet
am Sonntag, den 17. Mai, um 2 Uhr nachmit-
tags, ſtatt.

(Ausflug.)

Die Radfahr-Riege des Mar-
burger Turnvereines unternimmt Sonntag, den
17. d. M. einen Ausflug nach Schleinitz, woſelbſt
[Spaltenumbruch] ſie mit den anderen Turnern, welche zu Fuß und
per Bahn dort ankommen, zuſammentreffen. Nach
Abhaltung eines Staffettenlaufes der Turner iſt
allgemeiner Aufbruch nach Perſchaks Weinſchank.
Sammelpunkt der Radfahrer in Azzolas Café am
Burgplatz um ¼2 und Abfahrt Punkt halb 2 Uhr.
Die radfahrenden Turner mögen ſich recht zahlreich
einfinden. Gäſte willkommen.

(Marburger Trabrennverein.)

Für
das am 21. Mai (Himmelfahrtstag) ſtattfindende
Frühjahrstrabrennen gibt ſich, beſonders angeſichts
der in Ausſicht ſtehenden Beteiligung mehrerer
auswärtiger Rennſtälle, ein ſehr reges Intereſſe
kund. Die Herren Pferdebeſitzer werden nochmals
daran erinnert, daß heuer ausſchließlich nur
ſchriftliche,
an den Schriftführer Herrn Ver-
walter A. Kern, Marburg, Schlachthaus zu rich-
tende Nennungen angenommen werden. Die-
ſelben werden am 17. Mai geſchloſſen und ſind
Nachnennungen nicht ſtatthaft. — Die Rennbahn
ſteht von Sonntag, den 17. d. an zur Verfügung.

(Geni’s Kinematograph.)

Für Freitag,
Samstag und Sonntag iſt wieder ein neues Pro-
gramm beſtimmt, aus dem wir die Bilder: „Der
Empfang Sr. Majeſtät des Kaiſers Franz Joſef
in Auſſig“ und „The Romers Truppe“ (Filmlänge
250 Meter) anführen, welche beſonders gefallen
werden. Morgen, Freitag, um 4 Uhr nachmittags
Extra-Herrenvorſtellung; ſolche werden jeden Sams-
tag, Sonntag und Dienstag gegeben. Der Beſuch
der Vorſtellungen iſt ein recht guter. Heute kommt
noch das „Dornröschen“ zur Vorführung, welche
hübſchen Bilder gewiß noch einmal gebracht werden
dürften. Der Beſuch iſt auch bei ungünſtigem
Wetter leicht möglich.

(Pettauer Geſchichten.)

Geſtern fand
vor dem hieſigen Kreisgerichte unter dem Vorſitze
des LGR. Morokutti die Appellverhandlung
über das Urteil des Pettauer Bezirksgerichtes ſtatt,
nach welchem der penſionierte Poſtbeamte Friedrich
R. v. Kalchberg wegen Beleidigung des Pettauer
Buchdruckereibeſitzers Heinrich Blanke und wegen
Uebertretung des Tierſeuchengeſetzes durch Nicht-
beachtung der Hundekontumaz zu 14 Tagen Arreſtes
mit einem Faſttage verurteilt wurde. Der Appell-
gerichtshof wandelte die Arreſtſtrafe in eine Geld-
ſtrafe von fünfzig Kronen um.

(Wetterkanonen oder Wetter-
raketen.)

Mit Bezug auf den unter obiger Auf-
ſchrift in unſerem letzten Blatte erſchienenen Artikel
teilen wir allen Weinbautreibenden mit, daß Herr
Sorko am Freitag, den 15. d. M., um halb
9 Uhr abends, im hieſigen Volksgarten und auf
dem Kalvarienberge ein Probeſchießen vornehmen
wird, zu welchem alle Landwirte eingeladen werden.

(Der letzte deutſche Prieſter in
Marburg.)

Vor wenigen Tagen iſt bekanntlich
hier Pater Ludwig Wellenthal geſtorben. Mit
ihm iſt der letzte deutſche Prieſter Marburgs mit
Tod abgegangen. Marburg, eine Stadt mit über
25.000 Einwohnern, von welchen ⅞ ſich als
Deutſche bekennen, hat nunmehr nicht einen
einzigen deutſchen Geiſtlichen.
Und da-
bei iſt Marburg mit einem derartigen Ueberfluß an
Kleriſei „ge—ſegnet“, wie nicht bald eine zweite
Stadt in Inneröſterreich. Aber alle gehören der
Koroſchetz-Raſſe an, politiſches Vollblut, heran- und
ausgebildet im be—kannten Koroſchetz-Seminar,
getränkt mit tiefgehendem Haſſe gegen alle Deutſchen,
gegen dieſelben Deutſchen, deren Prieſter ſie ſein
ſollen. Selbſtverſtändlich werden ſie auch entſpre-
chend gewürdigt und wenn man von den Kerzel-
weibern des Marburger „Chriſtlichen Frauenbundes“
abſieht, welche in freudiges Entzücken geraten, wenn
ſie einem feiſten windiſchen Hochwürdigen die Hand
küſſen dürfen, mit welcher derſelbe ſoeben einen
Brandartikel gegen die Deutſchen für ein windiſches
Blatt geſchrieben hat — wenn man alſo von dieſen
Kerzelweibern abſieht, welchen die Aufgabe zuteil
wurde, ihre Männer „katholiſch“ und für die win-
diſchen geiſtlichen Hetzer gefügig zu machen, ſo
bleibt ja faſt gar kein Kreis mehr übrig, welcher
über die windiſchen Vollblutkapläne eine andere
Meinung haben würde als die, welche die ſelbſt-
verſtändliche iſt. Aber dieſe erfreuliche Erwägung
ändert gar nichts an der Tatſache, daß die
deutſche Stadt Marburg nunmehr aus-
ſchließlich windiſche Geiſtliche hat, welche
ſich als nationale Feinde unſerer Stadt,
unſerer deutſchen Bevölkerung fühlen und betätigen.
Eine dem Deutſchtume und unſerer Stadt feindliche
Organiſation, deren Tätigkeit zum großen Teile
überdies immun iſt! Welch Indianergeheul lärmt
[Spaltenumbruch] in jeder Nummer der windiſchen Blätter über
deutſche Richter, Beamte und Lehrer; die deutſchen
Marburger aber ſollen es ſich wohl gefallen laſſen,
ausſchließlich mit windiſcher Vollblut-Kleriſei
ge—ſegnet zu werden! Das Schönſte an der Sache
iſt aber der Umſtand, daß dieſelben windiſchen
Vollblutkapläne, welche der windiſche Biſchof den
Deutſchen als „Seelenhirten“ aufzwingt, unab-
läſſig in windiſchen Verſammlungen zum Boykott
der deutſchen Geſchäftsleute auffordern,
derſelben Geſchäftsleute, deren „Seelenhirten“ ſie
angeblich ſind! Vormittags „verzeiht“ er im Beicht-
ſtuhle die Sünden anderer Leute; nachmittags
hetzt er in Verſammlungen voll wilder Feindſelig-
keit gegen ſeine eigenen „Beichtkinder“! Wir ſind
wohl über den Verdacht erhaben, in den ſoge-
nannten „deutſchen“ Geiſtlichen am Ende gar eine
Wohltat für das deutſche Volk zu erblicken; nichts
deſtoweniger muß es angenagelt werden, daß der
windiſche Biſchof der deutſchen Stadt Marburg
mit ihren 25.000 Einwohnern ausſchließlich fana-
tiſche, windiſchnationale Geiſtliche aufdrängt! Wir
haben in Marburg die „Windiſche Kirche“; gut!
Wir haben die Domkirche, in welcher von Rechts-
wegen ausſchließlich deutſch gepredigt werden
ſollte; in Wirklichkeit aber iſt die Domkirche dank
dem Walten und Wirken der windiſchen
Kleriſei faſt noch windiſcher als die offiziell als
ſolche geltende „Windiſche Kirche“. Wir haben
ferners die Magdalenen-Pfarkirche am rechten
Drauufer; dort wird von der Kanzel überhaupt
kein deutſches Wort geſprochen! Man ſieht, daß
die windiſche Kleriſei die Marburger mit aller Ge-
walt los von Rom machen will! Uns ſind dieſe
ſkandalöſen Zuſtände übrigens nicht unerwünſcht.
Um ſie voll ausnützen zu können, wird es
geboten ſein, die Marburger Los von Rom-Orga-
niſation wieder gehörig in den Sattel zu ſetzen
auf daß die monatlichen Uebertrittsausweiſe unſerer
Stadt jedesmal eine ſchöne Ziffer bilden. Wird die
Sache wie in Nord- und Weſtböhmen energiſch
angepackt, kann ſie ſtolze, hocherfreuliche Ergebniſſe
liefern. Jetzt iſt der letzte deutſche Prieſter
Marburgs tot — wir haben nur mehr windiſche;
dann aber wird die Zeit kommen, wo man vom
letzten Römiſchkatholiſchen in Marburg ſprechen
wird — wir werden lauter Evangeliſche haben.
So mag ſich an das Andenken des Paters Ludwig,
des letzten deutſchen Prieſters von Marburg, die
ſichere Zuverſicht auf die Wiederevangeliſation
unſeres Volkes knüpfen!

(Beſpritzung der Obſtbäume gegen
Fusicladium.)

Gegen die Fusicladium-Krankheit
bei Aepfel- und Birnbäumen ſollte die Beſpritzung
jetzt gleich nach der Blüte mit einer einprozentigen
Kupferkalklöſung zur Ausführung kommen. Bei
dieſer Arbeit achte man darauf, daß möglichſt alle
Blätter und jungen Früchte fein beſtäubt werden,
indem dadurch der Schutz gegen die genannte
Krankheit ein ſicherer iſt. Die Löſung muß durch
Beigabe einer genügenden Menge Kalk (auf ein
Kilo Kupfervitriol ungefähr 2 Kilo ſpeckigen, ge-
löſchten Kalk) neutraliſiert ſein, d. h. ſie darf nicht
mehr ätzend wirken, weil ſonſt die jungen, zarten
Triebe und Blätter leicht Schaden nehmen könnten.
Die Beſpritzung wirkt nur vorbeugend,
nicht heilend.
Daher warte man nicht, bis ſich
die Erkrankung der Blätter zeigt, ſondern beſpritze
jetzt baldmöglichſt alle diejenigen Aepfel- und
Birnbäume, welche man gegen die Krankheit ſchützen
und deren Früchte man gerne fleckenfrei haben
möchte. Auch ſolche Bäume, welche keine Früchte
angeſetzt haben, ſind zu ſpritzen, weil ſonſt die für
die ganze Entwicklung ſo ſehr notwendigen Blätter
erkranken, wodurch eine empfindliche Schwächung
der erſteren eintreten würde. B.

(Das Kind im Fäkalienfaſſe.)

Vor-
geſtern wurde der Gendarmerie angezeigt, daß bei
der auf dem Acker des Beſitzers Mickl in Unter-
poberſch ſtattgefundenen Entleerung eines Fäkalien-
faſſes in dem Faße ein totes Kind weiblichen Ge-
ſchlechtes gefunden wurde. Der Gendarmeriewacht-
meiſter Herr Schesko aus Heil. Dreifaltigkeit,
welcher gegenwärtig den hieſigen Wachtmeiſter ver-
tritt, erſchien nach der Meldung an der Auffindungs-
ſtelle und ließ die Leiche in die Poberſcher Toten-
kammer ſchaffen, woſelbſt geſtern früh die gericht-
liche Obduktion der Leiche ſtattfand. Wie feſtgeſtellt
wurde, ſtammte das Faß aus dem Nendl’ſchen
Hauſe Trieſterſtraße 11. Dortſelbſt befindet ſich
auch ein Gaſthaus. Es lag die Vermutung nahe,
daß eine Perſon das Kind durch den Abort in das
Fäkalienfaß geworfen habe. Wie der Augenſchein

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[4/0004] Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1903. durch einen unglücklichen Zufall das geladene Ge- wehr des Soldaten herunterglitt und daß die Waffe, als er ſie feſtzuhalten ſuchte, ſich entlud, wobei der Soldat den Knaben den Rücken zukehrte. Trotzdem erzählte der überlebende Knabe ſpäter vor Gericht, er hätte ſich umgedreht und hätte geſehen, wie der Soldat ſie angeſehen und vor dem Schießen gezielt hätte. Da in ſeinem Kopfe das Zielen immer vor dem Schießen ſteht, verlegte er Bewegungen, die der Soldat nach dem Schießen gemacht hatte, vor den Schuß und glaubte mit Sicherheit nun be- haupten zu müſſen, daß der Soldat wirklich ge- zielt hätte. Marburger Nachrichten. (Vom Marburger Kreisgerichte.) Der Landesgerichtsrat Karl Martinak wurde an Stelle des k. k. Oberlandesgerichtsrates Dr. Franz Vouſchek als Stellvertreter des Vorſitzenden des Ge- ſchwornengerichtes beim k. k. Kreisgerichte in Mar- burg für die zweite Schwurgerichtsſitzung im Jahre 1903 berufen. — Vor einigen Tagen verließ der Unterſuchungsrichter Herr Dr. Torggler unſere Stadt, nach Pettau zurückkehrend. Die Staats- gewalt läßt ſich durch eine Handvoll erbärmlicher windiſcher Denunzianten und Hetzer allemal ein- ſchüchtern, weil wir Deutſchen im Parlamente keine ordentliche, radikale, Reſpekt einflößende Vertretung haben. (Für die Abgebrannten von Windiſchgraz.) Die Steiermärkiſche Sparkaſſe hat Sr. Exzellenz dem Herrn Statthalter den Be- trag von 20.000 K. zur Linderung des Brand- unglückes in Windiſchgraz mit dem Erſuchen über- geben, hieraus in erſter Linie kleine Gewerbsleute, Dienſtboten, Arbeiter u. dgl., keinen unbeweglichen Beſitz habende Perſonen, bei denen vorausſichtlich eine Erſatzleiſtung durch die Verſicherung von vorneherein ſo ziemlich ausgeſchloſſen erſcheint, zu bedenken. (Handelskurſe für Erwachſene.) Am 30. v. M. wurde der halbjährige Handelskurs für Damen beendet. Dieſer Kurs, der zum erſtenmale in unſerer Stadt abgehalten wurde, erfreute ſich eines recht guten Beſuches. Gelehrt wurden von den Herren Bukwich, Engelhardt, Grub- bauer, Kowatſch und Ruß folgende Gegen- ſtände: einfache und doppelte Buchführung, Wechſel- kunde, Handelskorreſpondenz, Kontorarbeiten, kauf- männiſches Rechnen, Stenographie, Maſchinſchreiben und Kalligraphie. Die Unterrichtserfolge waren trotz der Fülle der Gegenſtände und der verhältnis- mäßig kurzen Unterrichtszeit durchgehends lobens- werte. Allerdings ließen Fleiß und Ausdauer der Teilnehmerinnen nichts zu wünſchen übrig. Bei der würdigen Schlußfeier überreichten die Abſolven- tinnen den Lehrern des Kurſes zum Zeichen des Dankes für ihre Mühewaltung ein hübſches An- denken in Form eines nett ausgeführten Gruppen- bildes. Die nächſten für Damen und Herren ge- trennten Handelskurſe werden am 1. Oktober er- öffnet werden. Daß mit der Einführung dieſer Kurſe in unſerer Stadt eine ſchon längſt vorhan- dene Lücke ausgefüllt wurde, zeigt das rege Inter- eſſe, welches ſchon jetzt den im Herbſte zu eröff- nenden Kurſen entgegengebracht wird. Der Lehr- körper ſteht zwecks Unterbringung der Abſolventen mit Handelshäuſern, Kanzleien, Gewerkſchaften uſw. hier und auswärts in Verbindung. Intereſſenten erteilt jederzeit bezügliche Auskünfte Herr Lehrer Ruß Franz, Herrengaſſe 56, 3. Stock. (Marburger Schützenverein.) Beim letzten Kranzelſchießen am Sonntag, den 10. d., welches als Probeſchießen auf ſämtliche Scheiben und Karten diente und durch Militärmannſchaft bedient wurde, erhielten auf der Standſcheibe das 1. Tiefſchußbeſt Herr k. u. k. Oberwaffenmeiſter H. Schwann, das 2. Herr Rudolf Straßmayer und das 1. Kreisbeſt Herr k. u. k. Oberwaffen- meiſter Schwann; auf der Feſtſcheibe das 1. Beſt Herr Guſtav Bernhard, das 2. Herr Kaſpar Hausmaninger, das 3. Herr A. Quandeſt; auf der Feldſcheibe das 1. Tiefſchußbeſt Herr Jul. Rupprich, das 2. Herr V. Hausmaninger und das 1. Kreisbeſt Herr V. Hausmaninger. Es wurden gegen 2000 Schuß abgegeben. Das nächſte Probeſchießen auf ſämtliche Scheiben findet am Sonntag, den 17. Mai, um 2 Uhr nachmit- tags, ſtatt. (Ausflug.) Die Radfahr-Riege des Mar- burger Turnvereines unternimmt Sonntag, den 17. d. M. einen Ausflug nach Schleinitz, woſelbſt ſie mit den anderen Turnern, welche zu Fuß und per Bahn dort ankommen, zuſammentreffen. Nach Abhaltung eines Staffettenlaufes der Turner iſt allgemeiner Aufbruch nach Perſchaks Weinſchank. Sammelpunkt der Radfahrer in Azzolas Café am Burgplatz um ¼2 und Abfahrt Punkt halb 2 Uhr. Die radfahrenden Turner mögen ſich recht zahlreich einfinden. Gäſte willkommen. (Marburger Trabrennverein.) Für das am 21. Mai (Himmelfahrtstag) ſtattfindende Frühjahrstrabrennen gibt ſich, beſonders angeſichts der in Ausſicht ſtehenden Beteiligung mehrerer auswärtiger Rennſtälle, ein ſehr reges Intereſſe kund. Die Herren Pferdebeſitzer werden nochmals daran erinnert, daß heuer ausſchließlich nur ſchriftliche, an den Schriftführer Herrn Ver- walter A. Kern, Marburg, Schlachthaus zu rich- tende Nennungen angenommen werden. Die- ſelben werden am 17. Mai geſchloſſen und ſind Nachnennungen nicht ſtatthaft. — Die Rennbahn ſteht von Sonntag, den 17. d. an zur Verfügung. (Geni’s Kinematograph.) Für Freitag, Samstag und Sonntag iſt wieder ein neues Pro- gramm beſtimmt, aus dem wir die Bilder: „Der Empfang Sr. Majeſtät des Kaiſers Franz Joſef in Auſſig“ und „The Romers Truppe“ (Filmlänge 250 Meter) anführen, welche beſonders gefallen werden. Morgen, Freitag, um 4 Uhr nachmittags Extra-Herrenvorſtellung; ſolche werden jeden Sams- tag, Sonntag und Dienstag gegeben. Der Beſuch der Vorſtellungen iſt ein recht guter. Heute kommt noch das „Dornröschen“ zur Vorführung, welche hübſchen Bilder gewiß noch einmal gebracht werden dürften. Der Beſuch iſt auch bei ungünſtigem Wetter leicht möglich. (Pettauer Geſchichten.) Geſtern fand vor dem hieſigen Kreisgerichte unter dem Vorſitze des LGR. Morokutti die Appellverhandlung über das Urteil des Pettauer Bezirksgerichtes ſtatt, nach welchem der penſionierte Poſtbeamte Friedrich R. v. Kalchberg wegen Beleidigung des Pettauer Buchdruckereibeſitzers Heinrich Blanke und wegen Uebertretung des Tierſeuchengeſetzes durch Nicht- beachtung der Hundekontumaz zu 14 Tagen Arreſtes mit einem Faſttage verurteilt wurde. Der Appell- gerichtshof wandelte die Arreſtſtrafe in eine Geld- ſtrafe von fünfzig Kronen um. (Wetterkanonen oder Wetter- raketen.) Mit Bezug auf den unter obiger Auf- ſchrift in unſerem letzten Blatte erſchienenen Artikel teilen wir allen Weinbautreibenden mit, daß Herr Sorko am Freitag, den 15. d. M., um halb 9 Uhr abends, im hieſigen Volksgarten und auf dem Kalvarienberge ein Probeſchießen vornehmen wird, zu welchem alle Landwirte eingeladen werden. (Der letzte deutſche Prieſter in Marburg.) Vor wenigen Tagen iſt bekanntlich hier Pater Ludwig Wellenthal geſtorben. Mit ihm iſt der letzte deutſche Prieſter Marburgs mit Tod abgegangen. Marburg, eine Stadt mit über 25.000 Einwohnern, von welchen ⅞ ſich als Deutſche bekennen, hat nunmehr nicht einen einzigen deutſchen Geiſtlichen. Und da- bei iſt Marburg mit einem derartigen Ueberfluß an Kleriſei „ge—ſegnet“, wie nicht bald eine zweite Stadt in Inneröſterreich. Aber alle gehören der Koroſchetz-Raſſe an, politiſches Vollblut, heran- und ausgebildet im be—kannten Koroſchetz-Seminar, getränkt mit tiefgehendem Haſſe gegen alle Deutſchen, gegen dieſelben Deutſchen, deren Prieſter ſie ſein ſollen. Selbſtverſtändlich werden ſie auch entſpre- chend gewürdigt und wenn man von den Kerzel- weibern des Marburger „Chriſtlichen Frauenbundes“ abſieht, welche in freudiges Entzücken geraten, wenn ſie einem feiſten windiſchen Hochwürdigen die Hand küſſen dürfen, mit welcher derſelbe ſoeben einen Brandartikel gegen die Deutſchen für ein windiſches Blatt geſchrieben hat — wenn man alſo von dieſen Kerzelweibern abſieht, welchen die Aufgabe zuteil wurde, ihre Männer „katholiſch“ und für die win- diſchen geiſtlichen Hetzer gefügig zu machen, ſo bleibt ja faſt gar kein Kreis mehr übrig, welcher über die windiſchen Vollblutkapläne eine andere Meinung haben würde als die, welche die ſelbſt- verſtändliche iſt. Aber dieſe erfreuliche Erwägung ändert gar nichts an der Tatſache, daß die deutſche Stadt Marburg nunmehr aus- ſchließlich windiſche Geiſtliche hat, welche ſich als nationale Feinde unſerer Stadt, unſerer deutſchen Bevölkerung fühlen und betätigen. Eine dem Deutſchtume und unſerer Stadt feindliche Organiſation, deren Tätigkeit zum großen Teile überdies immun iſt! Welch Indianergeheul lärmt in jeder Nummer der windiſchen Blätter über deutſche Richter, Beamte und Lehrer; die deutſchen Marburger aber ſollen es ſich wohl gefallen laſſen, ausſchließlich mit windiſcher Vollblut-Kleriſei ge—ſegnet zu werden! Das Schönſte an der Sache iſt aber der Umſtand, daß dieſelben windiſchen Vollblutkapläne, welche der windiſche Biſchof den Deutſchen als „Seelenhirten“ aufzwingt, unab- läſſig in windiſchen Verſammlungen zum Boykott der deutſchen Geſchäftsleute auffordern, derſelben Geſchäftsleute, deren „Seelenhirten“ ſie angeblich ſind! Vormittags „verzeiht“ er im Beicht- ſtuhle die Sünden anderer Leute; nachmittags hetzt er in Verſammlungen voll wilder Feindſelig- keit gegen ſeine eigenen „Beichtkinder“! Wir ſind wohl über den Verdacht erhaben, in den ſoge- nannten „deutſchen“ Geiſtlichen am Ende gar eine Wohltat für das deutſche Volk zu erblicken; nichts deſtoweniger muß es angenagelt werden, daß der windiſche Biſchof der deutſchen Stadt Marburg mit ihren 25.000 Einwohnern ausſchließlich fana- tiſche, windiſchnationale Geiſtliche aufdrängt! Wir haben in Marburg die „Windiſche Kirche“; gut! Wir haben die Domkirche, in welcher von Rechts- wegen ausſchließlich deutſch gepredigt werden ſollte; in Wirklichkeit aber iſt die Domkirche dank dem Walten und Wirken der windiſchen Kleriſei faſt noch windiſcher als die offiziell als ſolche geltende „Windiſche Kirche“. Wir haben ferners die Magdalenen-Pfarkirche am rechten Drauufer; dort wird von der Kanzel überhaupt kein deutſches Wort geſprochen! Man ſieht, daß die windiſche Kleriſei die Marburger mit aller Ge- walt los von Rom machen will! Uns ſind dieſe ſkandalöſen Zuſtände übrigens nicht unerwünſcht. Um ſie voll ausnützen zu können, wird es geboten ſein, die Marburger Los von Rom-Orga- niſation wieder gehörig in den Sattel zu ſetzen auf daß die monatlichen Uebertrittsausweiſe unſerer Stadt jedesmal eine ſchöne Ziffer bilden. Wird die Sache wie in Nord- und Weſtböhmen energiſch angepackt, kann ſie ſtolze, hocherfreuliche Ergebniſſe liefern. Jetzt iſt der letzte deutſche Prieſter Marburgs tot — wir haben nur mehr windiſche; dann aber wird die Zeit kommen, wo man vom letzten Römiſchkatholiſchen in Marburg ſprechen wird — wir werden lauter Evangeliſche haben. So mag ſich an das Andenken des Paters Ludwig, des letzten deutſchen Prieſters von Marburg, die ſichere Zuverſicht auf die Wiederevangeliſation unſeres Volkes knüpfen! (Beſpritzung der Obſtbäume gegen Fusicladium.) Gegen die Fusicladium-Krankheit bei Aepfel- und Birnbäumen ſollte die Beſpritzung jetzt gleich nach der Blüte mit einer einprozentigen Kupferkalklöſung zur Ausführung kommen. Bei dieſer Arbeit achte man darauf, daß möglichſt alle Blätter und jungen Früchte fein beſtäubt werden, indem dadurch der Schutz gegen die genannte Krankheit ein ſicherer iſt. Die Löſung muß durch Beigabe einer genügenden Menge Kalk (auf ein Kilo Kupfervitriol ungefähr 2 Kilo ſpeckigen, ge- löſchten Kalk) neutraliſiert ſein, d. h. ſie darf nicht mehr ätzend wirken, weil ſonſt die jungen, zarten Triebe und Blätter leicht Schaden nehmen könnten. Die Beſpritzung wirkt nur vorbeugend, nicht heilend. Daher warte man nicht, bis ſich die Erkrankung der Blätter zeigt, ſondern beſpritze jetzt baldmöglichſt alle diejenigen Aepfel- und Birnbäume, welche man gegen die Krankheit ſchützen und deren Früchte man gerne fleckenfrei haben möchte. Auch ſolche Bäume, welche keine Früchte angeſetzt haben, ſind zu ſpritzen, weil ſonſt die für die ganze Entwicklung ſo ſehr notwendigen Blätter erkranken, wodurch eine empfindliche Schwächung der erſteren eintreten würde. B. (Das Kind im Fäkalienfaſſe.) Vor- geſtern wurde der Gendarmerie angezeigt, daß bei der auf dem Acker des Beſitzers Mickl in Unter- poberſch ſtattgefundenen Entleerung eines Fäkalien- faſſes in dem Faße ein totes Kind weiblichen Ge- ſchlechtes gefunden wurde. Der Gendarmeriewacht- meiſter Herr Schesko aus Heil. Dreifaltigkeit, welcher gegenwärtig den hieſigen Wachtmeiſter ver- tritt, erſchien nach der Meldung an der Auffindungs- ſtelle und ließ die Leiche in die Poberſcher Toten- kammer ſchaffen, woſelbſt geſtern früh die gericht- liche Obduktion der Leiche ſtattfand. Wie feſtgeſtellt wurde, ſtammte das Faß aus dem Nendl’ſchen Hauſe Trieſterſtraße 11. Dortſelbſt befindet ſich auch ein Gaſthaus. Es lag die Vermutung nahe, daß eine Perſon das Kind durch den Abort in das Fäkalienfaß geworfen habe. Wie der Augenſchein

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 58, Marburg, 14.05.1903, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger58_1903/4>, abgerufen am 23.11.2024.