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Mainzer Journal. Nr. 250. Mainz, 20. Oktober 1849.

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[Beginn Spaltensatz] versichert wird: "wir achten die Religion, wollen nichts gegen
die Religion." Sind etwa solche Schändlichkeiten, alle euere
Lügen -- Achtung, sind sie vielleicht gar Uebung der Re-
ligion?

* Dresden 15. October. Jn den Kammerwahlen beginnt
mehr und mehr die Hoffnung, daß auch Seitens der Linken eine
Mehr zahl gemäßigter Persönlichkeiten gewählt werden möchte.
Das Ministerium thut alles Mögliche, ja fast zu viel, um durch
vermehrte Amtssuspensionen die möglichen Wahlcandidaten der
radicalen Partei zu mindern; so sind auch Professor Wigard,
bekannt durch die Langweiligkeit und Gedankenleere seiner Reden
in der Paulskirche, und Professor Roßmäßler jetzt suspendirt.
Der Tag der Zusammenberufung der Kammern ist noch nicht be-
stimmt und möchte wohl damit Anstand genommen werden, bis
das Wahlresultat vollständig vorliegt; denn ungünstigen Falles
ist der Gedanke vom Ministerium noch nicht verabschiedet, die
Kammern unberufen aufzulösen und zur Octroyirung eines Wahl-
gesetzes zu schreiten. Jene schon erwähnte Verfügung des Justiz-
ministeriums an die Appellationsgerichte geht noch weiter, näm-
lich bei den am allermindest gravirten Verführten der Maian-
geklagten die Untersuchungen vor dem Richterspruche niederzu-
schlagen, und bei den etwas mehr gravirten Verführten, die in-
dessen ebenfalls den republikanisch=anarchischen Zwecken des Auf-
ruhres fernstanden und sich beim Kampfe gegen das Militair nicht
betheiligten, auf Begnadigung anzutragen. Es geht hieraus die
Absicht des Königs zu einer sehr umfassenden Amnestie unzweifel-
haft hervor, und werden jetzt die erwähnten Classen jener Ange-
klagten von dem Appellationsgerichte ermittelt und festgestellt.
Mehreren schwerer Betheiligten ist schon jetzt eine Begnadigung
mit Bedingung der Auswanderung zugekommen.

Stuttgart 15. October. Als ein erfreuliches Zeichen der Zeit
darf es an dieser Stelle angeführt werden, daß bei uns in allen
Zweigen des öffentlichen Lebens, trotz der bevorstehenden revi-
direnden Versammlung, allmälig wieder größeres Vertrauen
einzieht; Handel und Gewerbe, Literatur und Kunst, nehmen
seit Kurzem einen neuen Aufschwung, und man hofft ziemlich all-
gemein noch günstigerer Gestaltungen in angegebener Beziehung
während des Laufes des kommenden Winters.

Hildesheim 16. October. Der Hochwürdigste Bischof von
Hildesheim und Administrator der Diözese Osnabrück, Jakob
Joseph Wandt,
ist in verwichener Nacht in Folge eines
Schlagflusses plötzlich mit Tode abgegangen.

# Mainz 20. October. Stand der Brechruhr: ein neuer
Erkrankungsfall, vier Genesungsfälle und kein Sterbefall.

Frankfurt 19. October. Aus zuverlässiger Quelle verneh-
men wir, daß die Telegraphenlinie zwischen Berlin und Frank-
furt vom 24. d. M. ab dem Publicum -- unter ähnlichen Be-
dingungen, wie die bereits eröffneten Linien nach Aachen, Stettin
und Hamburg -- zur Benutzung übergeben wird.

Frankreich.

*** Paris 18. October. Die Debatte über die römische Frage
hat heute begonnen und der Minister des Auswärtigen suchte in
einer sehr versöhnlichen Rede darzuthun, daß zwischen den bei-
den Parteien, von denen die eine das päpstliche Motuproprio, die
andere den Brief des Präsidenten zum Ausgangspunkte ihrer
Betrachtung nehme, im Grunde kein Zwiespalt bestehe, weil
sie in Bezug auf die Sache selbst einig seyen. Des Präsidenten
Schreiben sey allerdings kein diplomatisches Actenstück gewe-
sen, allein es habe den Jnhalt sämmtlicher diplomatischer
Verhandlungen in vertraulicher Form zusammengefaßt und
auf diese Weise die Forderungen Frankreichs indirect aus-
gesprochen. Der Papst aber habe diesem Actenstücke die gebüh-
rende Beachtung geschenkt, indem er darauf sein Motuproprio
erlassen und in demselben viele Freiheiten gewährt, noch andere
in Aussicht gestellt, habe was die Römer zum großen Theile dem
Briefe des Präsidenten zu verdanken hätten. Jch will hier diese
Argumentation des Ministers nicht näher beleuchten, so viel
geht aus derselben wenigstens hervor, daß der Friede zwischen
dem Präsidenten und der Majorität wieder geschlossen ist. Den
Rothen kam diese Wendung der Dinge höchst ungelegen und
sie spielten am Ende, als alle ihre Robheiten zu nichts führten,
die Sache auf das Gebiet der Persönlichkeiten über. Herr Ma-
thieu de la Drome warf Thiers vor: er habe ja im vorigen
Jahre gesagt, die Wahl Louis Bonapartes zum Prasidenten sey
eine Schmach für das Land -- was von Thiers sofort in Abrede
gestellt, von Bixio bestatigt wurde. Mit der Debatte hat, wie
Sie sehen, dieser Klatsch rein nichts zu schaffen. Die beiden Her-
ren, Thiers und Bixio, verließen indessen den Saal und
duellirten sich auf der Stelle auf Pistolen. Da aber keiner
den andern traf, so erklärten die Secundanten, für die Ehre sey
genug geschehen und der Friede wurde abgeschlossen.

[Spaltenumbruch]

Unter den Actenstücken, welche dieser Tage vor dem Staats-
gerichtshofe zu Versailles vorgelesen wurden, findet sich auch die
nachfolgende demokratische Eidesformel, welche die Mitglieder der
geheimen Gesellschaft schwören mußten:

"Jch schwöre, nie eine andere Regierungsform anzuerkennen,
als die der Republik, die auf demokratischen Grundsätzen beruht.
Jch schwöre Haß und Tod allen Königen! Jch schwöre, wenn je
ein Prätendent an der Grenze erscheint, mein Soldatengewehr
oder den Rächerdolch erst dann niederzulegen, wenn der letzte
Sprößling dieser verfluchten Race vernichtet ist. Jch schwöre, die
Tyrannei, unter welcher Form sie sich zeigen mag, zu bekämpfen
und zu vernichten. Jch schwöre, selbst mit Gefahr meines Lebens,
der republikanischen Devise: Freiheit, Gleichheit, Ver-
brüderung!
getreu zu bleiben.

Jch schwöre, mich der Abschaffung des Monopols und der Pri-
vilegien zu weihen. Jch schwöre, ohne Unterlaß an der Verwirk-
lichung des Princips der Verbrüderung zu arbeiten, die materielle
und geistige Verbesserung meiner Brüder, die bis heutigen Tages
der Bürger= und Menschenrechte beraubt waren, zu fördern. Jch
schwöre überall und zu jeder Zeit zur Vertheidigung des demokra-
tischen Principes, wenn es angegriffen werden sollte, herbei zu
eilen. Jch schwöre, daß ich die Familien= und Eigenthumsrechte,
wie sie jetzt nöthig sind, achten, dagegen die Jdeen und Vorur-
theile, auf welche eine Menschenclasse ihre Mitbrüder ausbeutet
und despotisch unterdrückt, mit aller meiner Kraft bekämpfen
werde.

Jch schwöre, mit aller meiner Kraft dahin zu arbeiten, die de-
mokratischen Jdeen nicht allein in Frankreich, sondern in der
ganzen Welt zu verbreiten. Jch schwöre, in den Verein nur
energische und ehrbare Männer einzuführen, die an unserem
großen Werke Theil nehmen. Jch schwöre den Beschlüssen der
Gesellschaft unbedingten Gehorsam. Jch schwöre, Alles
ohne Ausnahme
dem Triumphe der großen Wahrheit zu
opfern. Jch schwöre, unsere Einheit und Untheilbarkeit gegen
Jeden
zu vertheidigen.

Sollte ich gegen meinen Eid, worin es sey, fehlen, so erkenne
ich meinen Brüdern das Recht zu, die härtesten Strafen mir auf-
zuerlegen und über mein Leben zu verfügen, dessen Verlust nur
eine schwache Büßung meines verhaßten Verrathes wäre."

Jch mache Sie auf einen kleinen Artikel der " Assemblee na-
tionale " über die Stellung unserer Regierung den großen Mäch-
ten gegenüber aufmerksam. Da ich die Quelle kenne, woraus
das Journal geschöpft hat, so darf ich den Jnhalt des Artikels
für wichtig halten. Es heißt darin, daß die auswärtigen Ange-
legenheiten unser Cabinet gewaltig beunruhigen. Die gesandt-
schaftlichen Berichte aus Petersburg, aus Berlin und aus Wien
stimmen alle darin überein, daß die größte Eintracht unter den
großen Mächten in allen obschwebenden Fragen herrsche, und
daß sie sich durch nichts abhalten lassen würden, den revolutio-
nären Geist überall, wo er sich zeige, zu bekämpfen. So oft die
französischen Gesandten mehr erfahren wollen, wird ihnen eine
ausweichende Antwort gegeben, begleitet von einigen Compli-
menten über die guten Absichten des Pariser Cabinets. Es
scheint, als ob dieses Gefühl ihrer moralischen Jsolirung unsere
Regierung mit großer Besorgniß um die Zukunft erfülle.

Unter dem Titel "Eine Rehabilitation" schreibt man der
" [unleserliches Material - 7 Zeichen fehlen]Gazette des Tribunaux": Vor bald acht Jahren war in der
Stadt Etampes eines Morgens ganz unerwartet allgemeine Con-
sternation. Ein Bankier, der einen unbedingten Credit und die
allgemeine Achtung seiner Mitbürger genoß, hatte plötzlich seine
Zahlungen eingestellt. Man sprach von einem colossalen Deficit,
nicht nur das ganze eigene Vermögen des Mannes war verloren,
sondern auch die vieljahrigen Ersparnisse armer Handwerker und
Arbeiter, die ihm dieselben anvertraut hatten. Genug, der brave
Mann, Herr Bechu, erlag seinem Unglück, aber an seiner Ehr-
lichkeit zweifelte selbst unter dessen zahlreichen Opfern kein Mensch.
Alles wurde daher in Minne beigelegt und ein Vergleich getrof-
fen, wonach den Gläubigern nur 2 pCt. ausbezahlt wurden.
Von da an lebte die Familie, Vater, Mutter, vier Töchter von
16--25 Jahren und ein kleiner Knabe in größter Zurückgezogen-
heit. Alle wurden in ihrem Unglücke von einer Großmutter, der
Mutter der Madame Bechu, unterhalten, denn diese besaß ein
ziemliches Vermögen, wenn gleich bedeutend vermindert durch die
Opfer, die auch sie beim Falliment ihres Tochtermannes reichlich
gebracht hatte. -- Bald darauf starben Vater, Mutter und
Großmutter an der Cholera; die fünf Kinder, nunmehr Waisen,
hatten die Erbschaft anzutreten, und es zeigte sich, daß dieselbe
fast eine Million Fr. betrug. Die Töchter waren abermals reich,
und von allen Seiten kamen junge Männer, die um ihre Hand
anhielten. Doch diese, denen das Glück mit seiner goldenen Hand
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] versichert wird: „wir achten die Religion, wollen nichts gegen
die Religion.“ Sind etwa solche Schändlichkeiten, alle euere
Lügen — Achtung, sind sie vielleicht gar Uebung der Re-
ligion?

* Dresden 15. October. Jn den Kammerwahlen beginnt
mehr und mehr die Hoffnung, daß auch Seitens der Linken eine
Mehr zahl gemäßigter Persönlichkeiten gewählt werden möchte.
Das Ministerium thut alles Mögliche, ja fast zu viel, um durch
vermehrte Amtssuspensionen die möglichen Wahlcandidaten der
radicalen Partei zu mindern; so sind auch Professor Wigard,
bekannt durch die Langweiligkeit und Gedankenleere seiner Reden
in der Paulskirche, und Professor Roßmäßler jetzt suspendirt.
Der Tag der Zusammenberufung der Kammern ist noch nicht be-
stimmt und möchte wohl damit Anstand genommen werden, bis
das Wahlresultat vollständig vorliegt; denn ungünstigen Falles
ist der Gedanke vom Ministerium noch nicht verabschiedet, die
Kammern unberufen aufzulösen und zur Octroyirung eines Wahl-
gesetzes zu schreiten. Jene schon erwähnte Verfügung des Justiz-
ministeriums an die Appellationsgerichte geht noch weiter, näm-
lich bei den am allermindest gravirten Verführten der Maian-
geklagten die Untersuchungen vor dem Richterspruche niederzu-
schlagen, und bei den etwas mehr gravirten Verführten, die in-
dessen ebenfalls den republikanisch=anarchischen Zwecken des Auf-
ruhres fernstanden und sich beim Kampfe gegen das Militair nicht
betheiligten, auf Begnadigung anzutragen. Es geht hieraus die
Absicht des Königs zu einer sehr umfassenden Amnestie unzweifel-
haft hervor, und werden jetzt die erwähnten Classen jener Ange-
klagten von dem Appellationsgerichte ermittelt und festgestellt.
Mehreren schwerer Betheiligten ist schon jetzt eine Begnadigung
mit Bedingung der Auswanderung zugekommen.

Stuttgart 15. October. Als ein erfreuliches Zeichen der Zeit
darf es an dieser Stelle angeführt werden, daß bei uns in allen
Zweigen des öffentlichen Lebens, trotz der bevorstehenden revi-
direnden Versammlung, allmälig wieder größeres Vertrauen
einzieht; Handel und Gewerbe, Literatur und Kunst, nehmen
seit Kurzem einen neuen Aufschwung, und man hofft ziemlich all-
gemein noch günstigerer Gestaltungen in angegebener Beziehung
während des Laufes des kommenden Winters.

Hildesheim 16. October. Der Hochwürdigste Bischof von
Hildesheim und Administrator der Diözese Osnabrück, Jakob
Joseph Wandt,
ist in verwichener Nacht in Folge eines
Schlagflusses plötzlich mit Tode abgegangen.

# Mainz 20. October. Stand der Brechruhr: ein neuer
Erkrankungsfall, vier Genesungsfälle und kein Sterbefall.

Frankfurt 19. October. Aus zuverlässiger Quelle verneh-
men wir, daß die Telegraphenlinie zwischen Berlin und Frank-
furt vom 24. d. M. ab dem Publicum — unter ähnlichen Be-
dingungen, wie die bereits eröffneten Linien nach Aachen, Stettin
und Hamburg — zur Benutzung übergeben wird.

Frankreich.

*** Paris 18. October. Die Debatte über die römische Frage
hat heute begonnen und der Minister des Auswärtigen suchte in
einer sehr versöhnlichen Rede darzuthun, daß zwischen den bei-
den Parteien, von denen die eine das päpstliche Motuproprio, die
andere den Brief des Präsidenten zum Ausgangspunkte ihrer
Betrachtung nehme, im Grunde kein Zwiespalt bestehe, weil
sie in Bezug auf die Sache selbst einig seyen. Des Präsidenten
Schreiben sey allerdings kein diplomatisches Actenstück gewe-
sen, allein es habe den Jnhalt sämmtlicher diplomatischer
Verhandlungen in vertraulicher Form zusammengefaßt und
auf diese Weise die Forderungen Frankreichs indirect aus-
gesprochen. Der Papst aber habe diesem Actenstücke die gebüh-
rende Beachtung geschenkt, indem er darauf sein Motuproprio
erlassen und in demselben viele Freiheiten gewährt, noch andere
in Aussicht gestellt, habe was die Römer zum großen Theile dem
Briefe des Präsidenten zu verdanken hätten. Jch will hier diese
Argumentation des Ministers nicht näher beleuchten, so viel
geht aus derselben wenigstens hervor, daß der Friede zwischen
dem Präsidenten und der Majorität wieder geschlossen ist. Den
Rothen kam diese Wendung der Dinge höchst ungelegen und
sie spielten am Ende, als alle ihre Robheiten zu nichts führten,
die Sache auf das Gebiet der Persönlichkeiten über. Herr Ma-
thieu de la Drome warf Thiers vor: er habe ja im vorigen
Jahre gesagt, die Wahl Louis Bonapartes zum Prasidenten sey
eine Schmach für das Land — was von Thiers sofort in Abrede
gestellt, von Bixio bestatigt wurde. Mit der Debatte hat, wie
Sie sehen, dieser Klatsch rein nichts zu schaffen. Die beiden Her-
ren, Thiers und Bixio, verließen indessen den Saal und
duellirten sich auf der Stelle auf Pistolen. Da aber keiner
den andern traf, so erklärten die Secundanten, für die Ehre sey
genug geschehen und der Friede wurde abgeschlossen.

[Spaltenumbruch]

Unter den Actenstücken, welche dieser Tage vor dem Staats-
gerichtshofe zu Versailles vorgelesen wurden, findet sich auch die
nachfolgende demokratische Eidesformel, welche die Mitglieder der
geheimen Gesellschaft schwören mußten:

„Jch schwöre, nie eine andere Regierungsform anzuerkennen,
als die der Republik, die auf demokratischen Grundsätzen beruht.
Jch schwöre Haß und Tod allen Königen! Jch schwöre, wenn je
ein Prätendent an der Grenze erscheint, mein Soldatengewehr
oder den Rächerdolch erst dann niederzulegen, wenn der letzte
Sprößling dieser verfluchten Raçe vernichtet ist. Jch schwöre, die
Tyrannei, unter welcher Form sie sich zeigen mag, zu bekämpfen
und zu vernichten. Jch schwöre, selbst mit Gefahr meines Lebens,
der republikanischen Devise: Freiheit, Gleichheit, Ver-
brüderung!
getreu zu bleiben.

Jch schwöre, mich der Abschaffung des Monopols und der Pri-
vilegien zu weihen. Jch schwöre, ohne Unterlaß an der Verwirk-
lichung des Princips der Verbrüderung zu arbeiten, die materielle
und geistige Verbesserung meiner Brüder, die bis heutigen Tages
der Bürger= und Menschenrechte beraubt waren, zu fördern. Jch
schwöre überall und zu jeder Zeit zur Vertheidigung des demokra-
tischen Principes, wenn es angegriffen werden sollte, herbei zu
eilen. Jch schwöre, daß ich die Familien= und Eigenthumsrechte,
wie sie jetzt nöthig sind, achten, dagegen die Jdeen und Vorur-
theile, auf welche eine Menschenclasse ihre Mitbrüder ausbeutet
und despotisch unterdrückt, mit aller meiner Kraft bekämpfen
werde.

Jch schwöre, mit aller meiner Kraft dahin zu arbeiten, die de-
mokratischen Jdeen nicht allein in Frankreich, sondern in der
ganzen Welt zu verbreiten. Jch schwöre, in den Verein nur
energische und ehrbare Männer einzuführen, die an unserem
großen Werke Theil nehmen. Jch schwöre den Beschlüssen der
Gesellschaft unbedingten Gehorsam. Jch schwöre, Alles
ohne Ausnahme
dem Triumphe der großen Wahrheit zu
opfern. Jch schwöre, unsere Einheit und Untheilbarkeit gegen
Jeden
zu vertheidigen.

Sollte ich gegen meinen Eid, worin es sey, fehlen, so erkenne
ich meinen Brüdern das Recht zu, die härtesten Strafen mir auf-
zuerlegen und über mein Leben zu verfügen, dessen Verlust nur
eine schwache Büßung meines verhaßten Verrathes wäre.“

Jch mache Sie auf einen kleinen Artikel der „ Assemblée na-
tionale “ über die Stellung unserer Regierung den großen Mäch-
ten gegenüber aufmerksam. Da ich die Quelle kenne, woraus
das Journal geschöpft hat, so darf ich den Jnhalt des Artikels
für wichtig halten. Es heißt darin, daß die auswärtigen Ange-
legenheiten unser Cabinet gewaltig beunruhigen. Die gesandt-
schaftlichen Berichte aus Petersburg, aus Berlin und aus Wien
stimmen alle darin überein, daß die größte Eintracht unter den
großen Mächten in allen obschwebenden Fragen herrsche, und
daß sie sich durch nichts abhalten lassen würden, den revolutio-
nären Geist überall, wo er sich zeige, zu bekämpfen. So oft die
französischen Gesandten mehr erfahren wollen, wird ihnen eine
ausweichende Antwort gegeben, begleitet von einigen Compli-
menten über die guten Absichten des Pariser Cabinets. Es
scheint, als ob dieses Gefühl ihrer moralischen Jsolirung unsere
Regierung mit großer Besorgniß um die Zukunft erfülle.

Unter dem Titel „Eine Rehabilitation“ schreibt man der
[unleserliches Material – 7 Zeichen fehlen]Gazette des Tribunaux“: Vor bald acht Jahren war in der
Stadt Etampes eines Morgens ganz unerwartet allgemeine Con-
sternation. Ein Bankier, der einen unbedingten Credit und die
allgemeine Achtung seiner Mitbürger genoß, hatte plötzlich seine
Zahlungen eingestellt. Man sprach von einem colossalen Deficit,
nicht nur das ganze eigene Vermögen des Mannes war verloren,
sondern auch die vieljahrigen Ersparnisse armer Handwerker und
Arbeiter, die ihm dieselben anvertraut hatten. Genug, der brave
Mann, Herr Bechu, erlag seinem Unglück, aber an seiner Ehr-
lichkeit zweifelte selbst unter dessen zahlreichen Opfern kein Mensch.
Alles wurde daher in Minne beigelegt und ein Vergleich getrof-
fen, wonach den Gläubigern nur 2 pCt. ausbezahlt wurden.
Von da an lebte die Familie, Vater, Mutter, vier Töchter von
16—25 Jahren und ein kleiner Knabe in größter Zurückgezogen-
heit. Alle wurden in ihrem Unglücke von einer Großmutter, der
Mutter der Madame Bechu, unterhalten, denn diese besaß ein
ziemliches Vermögen, wenn gleich bedeutend vermindert durch die
Opfer, die auch sie beim Falliment ihres Tochtermannes reichlich
gebracht hatte. — Bald darauf starben Vater, Mutter und
Großmutter an der Cholera; die fünf Kinder, nunmehr Waisen,
hatten die Erbschaft anzutreten, und es zeigte sich, daß dieselbe
fast eine Million Fr. betrug. Die Töchter waren abermals reich,
und von allen Seiten kamen junge Männer, die um ihre Hand
anhielten. Doch diese, denen das Glück mit seiner goldenen Hand
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[0003] versichert wird: „wir achten die Religion, wollen nichts gegen die Religion.“ Sind etwa solche Schändlichkeiten, alle euere Lügen — Achtung, sind sie vielleicht gar Uebung der Re- ligion? * Dresden 15. October. Jn den Kammerwahlen beginnt mehr und mehr die Hoffnung, daß auch Seitens der Linken eine Mehr zahl gemäßigter Persönlichkeiten gewählt werden möchte. Das Ministerium thut alles Mögliche, ja fast zu viel, um durch vermehrte Amtssuspensionen die möglichen Wahlcandidaten der radicalen Partei zu mindern; so sind auch Professor Wigard, bekannt durch die Langweiligkeit und Gedankenleere seiner Reden in der Paulskirche, und Professor Roßmäßler jetzt suspendirt. Der Tag der Zusammenberufung der Kammern ist noch nicht be- stimmt und möchte wohl damit Anstand genommen werden, bis das Wahlresultat vollständig vorliegt; denn ungünstigen Falles ist der Gedanke vom Ministerium noch nicht verabschiedet, die Kammern unberufen aufzulösen und zur Octroyirung eines Wahl- gesetzes zu schreiten. Jene schon erwähnte Verfügung des Justiz- ministeriums an die Appellationsgerichte geht noch weiter, näm- lich bei den am allermindest gravirten Verführten der Maian- geklagten die Untersuchungen vor dem Richterspruche niederzu- schlagen, und bei den etwas mehr gravirten Verführten, die in- dessen ebenfalls den republikanisch=anarchischen Zwecken des Auf- ruhres fernstanden und sich beim Kampfe gegen das Militair nicht betheiligten, auf Begnadigung anzutragen. Es geht hieraus die Absicht des Königs zu einer sehr umfassenden Amnestie unzweifel- haft hervor, und werden jetzt die erwähnten Classen jener Ange- klagten von dem Appellationsgerichte ermittelt und festgestellt. Mehreren schwerer Betheiligten ist schon jetzt eine Begnadigung mit Bedingung der Auswanderung zugekommen. Stuttgart 15. October. Als ein erfreuliches Zeichen der Zeit darf es an dieser Stelle angeführt werden, daß bei uns in allen Zweigen des öffentlichen Lebens, trotz der bevorstehenden revi- direnden Versammlung, allmälig wieder größeres Vertrauen einzieht; Handel und Gewerbe, Literatur und Kunst, nehmen seit Kurzem einen neuen Aufschwung, und man hofft ziemlich all- gemein noch günstigerer Gestaltungen in angegebener Beziehung während des Laufes des kommenden Winters. Hildesheim 16. October. Der Hochwürdigste Bischof von Hildesheim und Administrator der Diözese Osnabrück, Jakob Joseph Wandt, ist in verwichener Nacht in Folge eines Schlagflusses plötzlich mit Tode abgegangen. # Mainz 20. October. Stand der Brechruhr: ein neuer Erkrankungsfall, vier Genesungsfälle und kein Sterbefall. Frankfurt 19. October. Aus zuverlässiger Quelle verneh- men wir, daß die Telegraphenlinie zwischen Berlin und Frank- furt vom 24. d. M. ab dem Publicum — unter ähnlichen Be- dingungen, wie die bereits eröffneten Linien nach Aachen, Stettin und Hamburg — zur Benutzung übergeben wird. Frankreich. *** Paris 18. October. Die Debatte über die römische Frage hat heute begonnen und der Minister des Auswärtigen suchte in einer sehr versöhnlichen Rede darzuthun, daß zwischen den bei- den Parteien, von denen die eine das päpstliche Motuproprio, die andere den Brief des Präsidenten zum Ausgangspunkte ihrer Betrachtung nehme, im Grunde kein Zwiespalt bestehe, weil sie in Bezug auf die Sache selbst einig seyen. Des Präsidenten Schreiben sey allerdings kein diplomatisches Actenstück gewe- sen, allein es habe den Jnhalt sämmtlicher diplomatischer Verhandlungen in vertraulicher Form zusammengefaßt und auf diese Weise die Forderungen Frankreichs indirect aus- gesprochen. Der Papst aber habe diesem Actenstücke die gebüh- rende Beachtung geschenkt, indem er darauf sein Motuproprio erlassen und in demselben viele Freiheiten gewährt, noch andere in Aussicht gestellt, habe was die Römer zum großen Theile dem Briefe des Präsidenten zu verdanken hätten. Jch will hier diese Argumentation des Ministers nicht näher beleuchten, so viel geht aus derselben wenigstens hervor, daß der Friede zwischen dem Präsidenten und der Majorität wieder geschlossen ist. Den Rothen kam diese Wendung der Dinge höchst ungelegen und sie spielten am Ende, als alle ihre Robheiten zu nichts führten, die Sache auf das Gebiet der Persönlichkeiten über. Herr Ma- thieu de la Drome warf Thiers vor: er habe ja im vorigen Jahre gesagt, die Wahl Louis Bonapartes zum Prasidenten sey eine Schmach für das Land — was von Thiers sofort in Abrede gestellt, von Bixio bestatigt wurde. Mit der Debatte hat, wie Sie sehen, dieser Klatsch rein nichts zu schaffen. Die beiden Her- ren, Thiers und Bixio, verließen indessen den Saal und duellirten sich auf der Stelle auf Pistolen. Da aber keiner den andern traf, so erklärten die Secundanten, für die Ehre sey genug geschehen und der Friede wurde abgeschlossen. Unter den Actenstücken, welche dieser Tage vor dem Staats- gerichtshofe zu Versailles vorgelesen wurden, findet sich auch die nachfolgende demokratische Eidesformel, welche die Mitglieder der geheimen Gesellschaft schwören mußten: „Jch schwöre, nie eine andere Regierungsform anzuerkennen, als die der Republik, die auf demokratischen Grundsätzen beruht. Jch schwöre Haß und Tod allen Königen! Jch schwöre, wenn je ein Prätendent an der Grenze erscheint, mein Soldatengewehr oder den Rächerdolch erst dann niederzulegen, wenn der letzte Sprößling dieser verfluchten Raçe vernichtet ist. Jch schwöre, die Tyrannei, unter welcher Form sie sich zeigen mag, zu bekämpfen und zu vernichten. Jch schwöre, selbst mit Gefahr meines Lebens, der republikanischen Devise: Freiheit, Gleichheit, Ver- brüderung! getreu zu bleiben. Jch schwöre, mich der Abschaffung des Monopols und der Pri- vilegien zu weihen. Jch schwöre, ohne Unterlaß an der Verwirk- lichung des Princips der Verbrüderung zu arbeiten, die materielle und geistige Verbesserung meiner Brüder, die bis heutigen Tages der Bürger= und Menschenrechte beraubt waren, zu fördern. Jch schwöre überall und zu jeder Zeit zur Vertheidigung des demokra- tischen Principes, wenn es angegriffen werden sollte, herbei zu eilen. Jch schwöre, daß ich die Familien= und Eigenthumsrechte, wie sie jetzt nöthig sind, achten, dagegen die Jdeen und Vorur- theile, auf welche eine Menschenclasse ihre Mitbrüder ausbeutet und despotisch unterdrückt, mit aller meiner Kraft bekämpfen werde. Jch schwöre, mit aller meiner Kraft dahin zu arbeiten, die de- mokratischen Jdeen nicht allein in Frankreich, sondern in der ganzen Welt zu verbreiten. Jch schwöre, in den Verein nur energische und ehrbare Männer einzuführen, die an unserem großen Werke Theil nehmen. Jch schwöre den Beschlüssen der Gesellschaft unbedingten Gehorsam. Jch schwöre, Alles ohne Ausnahme dem Triumphe der großen Wahrheit zu opfern. Jch schwöre, unsere Einheit und Untheilbarkeit gegen Jeden zu vertheidigen. Sollte ich gegen meinen Eid, worin es sey, fehlen, so erkenne ich meinen Brüdern das Recht zu, die härtesten Strafen mir auf- zuerlegen und über mein Leben zu verfügen, dessen Verlust nur eine schwache Büßung meines verhaßten Verrathes wäre.“ Jch mache Sie auf einen kleinen Artikel der „ Assemblée na- tionale “ über die Stellung unserer Regierung den großen Mäch- ten gegenüber aufmerksam. Da ich die Quelle kenne, woraus das Journal geschöpft hat, so darf ich den Jnhalt des Artikels für wichtig halten. Es heißt darin, daß die auswärtigen Ange- legenheiten unser Cabinet gewaltig beunruhigen. Die gesandt- schaftlichen Berichte aus Petersburg, aus Berlin und aus Wien stimmen alle darin überein, daß die größte Eintracht unter den großen Mächten in allen obschwebenden Fragen herrsche, und daß sie sich durch nichts abhalten lassen würden, den revolutio- nären Geist überall, wo er sich zeige, zu bekämpfen. So oft die französischen Gesandten mehr erfahren wollen, wird ihnen eine ausweichende Antwort gegeben, begleitet von einigen Compli- menten über die guten Absichten des Pariser Cabinets. Es scheint, als ob dieses Gefühl ihrer moralischen Jsolirung unsere Regierung mit großer Besorgniß um die Zukunft erfülle. Unter dem Titel „Eine Rehabilitation“ schreibt man der „ _______Gazette des Tribunaux“: Vor bald acht Jahren war in der Stadt Etampes eines Morgens ganz unerwartet allgemeine Con- sternation. Ein Bankier, der einen unbedingten Credit und die allgemeine Achtung seiner Mitbürger genoß, hatte plötzlich seine Zahlungen eingestellt. Man sprach von einem colossalen Deficit, nicht nur das ganze eigene Vermögen des Mannes war verloren, sondern auch die vieljahrigen Ersparnisse armer Handwerker und Arbeiter, die ihm dieselben anvertraut hatten. Genug, der brave Mann, Herr Bechu, erlag seinem Unglück, aber an seiner Ehr- lichkeit zweifelte selbst unter dessen zahlreichen Opfern kein Mensch. Alles wurde daher in Minne beigelegt und ein Vergleich getrof- fen, wonach den Gläubigern nur 2 pCt. ausbezahlt wurden. Von da an lebte die Familie, Vater, Mutter, vier Töchter von 16—25 Jahren und ein kleiner Knabe in größter Zurückgezogen- heit. Alle wurden in ihrem Unglücke von einer Großmutter, der Mutter der Madame Bechu, unterhalten, denn diese besaß ein ziemliches Vermögen, wenn gleich bedeutend vermindert durch die Opfer, die auch sie beim Falliment ihres Tochtermannes reichlich gebracht hatte. — Bald darauf starben Vater, Mutter und Großmutter an der Cholera; die fünf Kinder, nunmehr Waisen, hatten die Erbschaft anzutreten, und es zeigte sich, daß dieselbe fast eine Million Fr. betrug. Die Töchter waren abermals reich, und von allen Seiten kamen junge Männer, die um ihre Hand anhielten. Doch diese, denen das Glück mit seiner goldenen Hand

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 250. Mainz, 20. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal250_1849/3>, abgerufen am 24.11.2024.