Mainzer Journal. Nr. 250. Mainz, 20. Oktober 1849.Mainzer Journal. Nro 250. Samstag, den 20. October. 1849. [Beginn Spaltensatz]
Zur Charakteristik der Demokratie in Rhein- bayern. ^ Aus der Pfalz 17. October. Das "Mainzer Journal" Die Demokraten thaten sich große Stücke darauf zu gut, daß Manchmal fördern diese Wahlgeschichten aber auch Dinge zu Versetzen wir uns aus dem Westrich an den Rhein, welche Wo käme ich hin, wenn ich alle die Kniffe aufdecken wollte, Bei allen solchen Fällen, wo die Demokraten mit diesen ihren Und nun frage ich: verstehen unsere Demokraten ihre Jn- Deutschland. Wien 15. October. Nach der "Breslauer Zeitung" ist am Mainzer Journal. Nro 250. Samstag, den 20. October. 1849. [Beginn Spaltensatz]
Zur Charakteristik der Demokratie in Rhein- bayern. △ Aus der Pfalz 17. October. Das „Mainzer Journal“ Die Demokraten thaten sich große Stücke darauf zu gut, daß Manchmal fördern diese Wahlgeschichten aber auch Dinge zu Versetzen wir uns aus dem Westrich an den Rhein, welche Wo käme ich hin, wenn ich alle die Kniffe aufdecken wollte, Bei allen solchen Fällen, wo die Demokraten mit diesen ihren Und nun frage ich: verstehen unsere Demokraten ihre Jn- Deutschland. Wien 15. October. Nach der „Breslauer Zeitung“ ist am <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001"/> <titlePage type="heading"> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#fr">Mainzer Journal.</hi> </titlePart> </docTitle> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <docImprint>N<hi rendition="#sup">ro</hi> 250. <docDate><hi rendition="#c">Samstag, den 20. 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Die Wahlen sind überhaupt jenes Feld, wo die<lb/> innersten Gedanken der Menschen, wo der Charakter so Vieler<lb/> mehr als sonst wo sichtbar werden; wo besonders die Jntriguen<lb/> zu Hause sind; wo die Ehrlichkeit und Unehrlichkeit den weitesten<lb/> Spielraum hat. Was könnten wir in dieser Beziehung aus den<lb/> Erlebnissen bei den pfälzischen Wahlen der letzten Jahre mitthei-<lb/> len; waren doch die allerletzten noch so reich an merkwürdigen<lb/> Dingen! Möge es uns gestattet seyn, einige lehrreiche Erinne-<lb/> rungen aus besagten Vorgängen hier auszusprechen.</p><lb/> <p>Die Demokraten thaten sich große Stücke darauf zu gut, daß<lb/> der <hi rendition="#g">Reichsregent Schüler</hi> mehrmals gewählt wurde. Aber<lb/> in welcher Weise das gute <hi rendition="#g">Westricher</hi> Volk vom Manne, der<lb/> königliches Brod ißt, vom Actuare <hi rendition="#g">Scharpff</hi> in seinem Wahl-<lb/> bezirke dazu verschwatzt, ja fast gewaltsam genöthigt wurde: da-<lb/> von sagen sie nichts. Sie sagen ferner nichts davon, daß bei<lb/> seiner Wahl in <hi rendition="#g">Lautern,</hi> die so hart hielt, geradezu den Wahl-<lb/> männern vorgeplaudert wurde: man solle ihn nur wählen wegen<lb/> seiner Verdienste um das Land! „ <hi rendition="#g">er käme ja doch nicht in<lb/> die Kammer!</hi> “ Daß das letztere Motiv zur Gewinnung von<lb/> noch unentschiedenen Stimmen vorgebracht wurde, kann ich auf<lb/> das Bestimmteste versichern, indem ich es von selbst dabei Be-<lb/> theiligten vernommen habe. Wenn es indessen die Demokraten<lb/> mit diesem nicht in die Kammer=Kommen so ernst gemeint hätten,<lb/> dann hätten sie freilich alle Mühe für ihren Anführer sich erspa-<lb/> ren können. Dann hätte auch jener Herr in München, welcher sich<lb/> in der Kammer als der der Verstecke Kundige charakterisirt hat,<lb/> viele Worte sparen können. So war es aber freilich nicht ge-<lb/> meint! Mag übrigens aus dem Eintritte Schülers in die Kam-<lb/> mer werden, was da will — mochten gewisse Leute schließen —<lb/> so ist doch jedenfalls die Geschichte gut, um Spectakel zu machen<lb/> und die Zeit todtzuschlagen; gut dazu, daß es viel kostet und<lb/> nichts herauskömmt; daß die Unzufriedenheit dadurch immer<lb/> mehr gesteigert, daß das Mißtrauen des Volkes gegen die<lb/> Regierung immer größer wird. Und haben wir dies erreicht,<lb/> dann haben wir genug! Der abwesende Schüler mit dem<lb/> Spectakel wegen seiner ist uns dann ein nicht minder fördern-<lb/> der Propagandist, als der anwesende beredte Führer immer es<lb/> gewesen ist.</p><lb/> <p>Manchmal fördern diese Wahlgeschichten aber auch Dinge zu<lb/> Tage, welche unser Mitleid mehr in Anspruch nehmen als jedes<lb/> andere Gefühl. Denn was anders als Lächeln und Mitleid<lb/> konnte es in uns erregen, als wir bei den letzten Wahlen das<lb/> Bestreben einer jüngst so kläglich in der Pfalz gefallenen Größe<lb/> wahrnahmen, sich als Deputirten wählen zu lassen? Als es der<lb/> nahe Verwandte besagter Größe mit dem lammestreuen Wahl-<lb/> häufchen seiner Umgegend auf 10 — 12 Stimmen in allen ersten<lb/> Wahlgängen für besagten Aspiranten brachte; als die dem Quies-<lb/> cirungsdecrete gegenüber dabei beabsichtigt gewesene Demonstra-<lb/> tion der Pfalz so jämmerlich in die Brüche fiel! Als der Herr,<lb/> statt in der wohlgegönnten Stille und Zurückgezogenheit sich zu<lb/> halten, noch einmal es zu versuchen schien im öffentlichen Leben<lb/> aufzutreten!</p><lb/> <p>Versetzen wir uns aus dem Westrich <hi rendition="#g">an den Rhein,</hi> welche<lb/> interessante Beobachtungen hätte da nicht ebenbesagte letzte Wahl<lb/> uns dargeboten! 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Freilich würde da auch nicht jener gesinnungstüchtige<lb/> Gelehrte unbemerkt geblieben seyn, welcher beim Hineingehen ins<lb/> Wahllocal zu den Wahlmännern aus den Dörfern, um seiner<lb/> sonstigen sehr bemerklichen Thätigkeit gleichsam die Krone aufzu-<lb/> setzen, die hochweisen Worte sagte: Höret nur nicht auf die Pfaf-<lb/> fen, die sorgen nur für sich! — Und was hätte es erst auf den<lb/> Beobachter für einen Eindruck gemacht, wenn er gesehen hätte,<lb/> wie ein renommirter Demokrat, als ein Pfarrer seiner sonstigen<lb/> Bekanntschaft ihn grüßte und mit ihm redete — in Verlegenheit<lb/> darüber gerieth, ängstlich beim Sprechen umhersah und sich<lb/> äußerte: man dürfe heute nicht leicht mit Pfarrern sprechen, ohne<lb/> in den Verdacht zu kommen, man gehöre zur Partei derselben!<lb/> Alles Beweise der Freiheit und Gesinnungstüchtigkeit!</p><lb/> <p>Wo käme ich hin, wenn ich alle die Kniffe aufdecken wollte,<lb/> zu welchen die Ungeübtheit der Wahlmänner im Schreiben der<lb/> Stimmzettel Veranlassung gab? Wie da mancher Orten eigene<lb/> demokratische Schreibbureaus ganz nahe am Wahllocale ange-<lb/> bracht waren: was in der Pfalz dadurch möglich ist, daß außer<lb/> dem Votanten nicht blos die Beisitzer des Wahlcommissärs, son-<lb/> dern überhaupt Jeder die Stimmzettel auszufüllen befugt ist. Jch<lb/> habe so von einem Wahllocale erzählen hören, an welchem unten<lb/> ein demokratischer Portier stand, der jeden kommenden Bürger<lb/> anredete, ihn hinauf ins demokratische Bureau führte, wo dem<lb/> Herrn ( Alles war da geehrt, jeder Lump, je größer dieser, desto<lb/> lieber! ) die Mühe des Schreibens ( aus lauter Sorge fürs<lb/> Volkswohl! ) erleichtert wurde, wo ihm dann weiter freundlichst<lb/> die Thüre und der Ort gezeigt wurde, an den der also präparirte<lb/> Stimmzettel hinzutragen sey.</p><lb/> <p>Bei allen solchen Fällen, wo die Demokraten mit diesen ihren<lb/> Kniffen und Künsten siegten, war durchschnittlich ( obgleich es auch<lb/> da nicht ganz an Drohungen gefehlt haben soll ) eine gewisse Form<lb/> der Humanität und siegreich freundliche Miene herrschend, was<lb/> sehr erklärlich ist und keiner Bemerkung bedarf. Wenn sie aber<lb/> irgendwo einmal unterlagen, dann freilich ging es anders her,<lb/> dann kamen eben gemeine Rohheiten die Fülle zu Tage. Da die<lb/> Aufzählung solcher Dinge unerquicklich ist, so will ich nur an Das<lb/> erinnern, was die Demokraten bei der letzten <hi rendition="#g">Germersheim-<lb/> Bergzaberer</hi> Wahl thaten. Als im ersten Wahlgange die drei<lb/> Candidaten der Conservativen den Sieg davongetragen hatten,<lb/> und jene gewiß voraussahen, daß sie auch keine Ersatzmänner<lb/> ihrer Farbe durchbringen würden: da waren sie so gemein ihre<lb/> Stimmzettel zum Spott theils mit den ehrwürdigsten, theils mit<lb/> den ungeeignetsten Namen zu bedecken. Narren und Sonderlinge,<lb/> anrüchige Personen und wahre Ehrenmänner, sie kamen bunt her-<lb/> aus; wahrscheinlich zum Beweise, wie hoch und theuer den De-<lb/> mokraten die wahre Freiheit und freie Majorität sey! Wo fände<lb/> ich aber ein Ende, wenn ich neben diesen kleinen und großen Pra-<lb/> tiken der Demokraten noch auf die Erbärmlichkeit vieler s. g. 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Mainzer Journal.
Nro 250. Samstag, den 20. October. 1849.
Zur Charakteristik der Demokratie in Rhein-
bayern.
△ Aus der Pfalz 17. October. Das „Mainzer Journal“
brachte dieser Tage die Wahlinstruction für die Demokraten
Rheinhessens, ein ganz klug und pfiffig und zugleich praktisch
aufgefaßtes Manövrirstück, das wahrscheinlich nicht Rheinhessen
allein eigen, sondern der Hauptsache nach weiterhin bei
den Demokraten in Uebung ist. Uns wenigstens in der
Pfalz, in welcher die Demokraten seit Langem beinahe alle Wah-
len beherrschten, kommen diese Sachen ganz bekannt vor. Thäte
es Noth, so könnten wir aus den Erfahrungen, welche wir hierin
schon machten, dazu noch Erläuterungen von erträglichem Um-
fange schreiben. Die Wahlen sind überhaupt jenes Feld, wo die
innersten Gedanken der Menschen, wo der Charakter so Vieler
mehr als sonst wo sichtbar werden; wo besonders die Jntriguen
zu Hause sind; wo die Ehrlichkeit und Unehrlichkeit den weitesten
Spielraum hat. Was könnten wir in dieser Beziehung aus den
Erlebnissen bei den pfälzischen Wahlen der letzten Jahre mitthei-
len; waren doch die allerletzten noch so reich an merkwürdigen
Dingen! Möge es uns gestattet seyn, einige lehrreiche Erinne-
rungen aus besagten Vorgängen hier auszusprechen.
Die Demokraten thaten sich große Stücke darauf zu gut, daß
der Reichsregent Schüler mehrmals gewählt wurde. Aber
in welcher Weise das gute Westricher Volk vom Manne, der
königliches Brod ißt, vom Actuare Scharpff in seinem Wahl-
bezirke dazu verschwatzt, ja fast gewaltsam genöthigt wurde: da-
von sagen sie nichts. Sie sagen ferner nichts davon, daß bei
seiner Wahl in Lautern, die so hart hielt, geradezu den Wahl-
männern vorgeplaudert wurde: man solle ihn nur wählen wegen
seiner Verdienste um das Land! „ er käme ja doch nicht in
die Kammer! “ Daß das letztere Motiv zur Gewinnung von
noch unentschiedenen Stimmen vorgebracht wurde, kann ich auf
das Bestimmteste versichern, indem ich es von selbst dabei Be-
theiligten vernommen habe. Wenn es indessen die Demokraten
mit diesem nicht in die Kammer=Kommen so ernst gemeint hätten,
dann hätten sie freilich alle Mühe für ihren Anführer sich erspa-
ren können. Dann hätte auch jener Herr in München, welcher sich
in der Kammer als der der Verstecke Kundige charakterisirt hat,
viele Worte sparen können. So war es aber freilich nicht ge-
meint! Mag übrigens aus dem Eintritte Schülers in die Kam-
mer werden, was da will — mochten gewisse Leute schließen —
so ist doch jedenfalls die Geschichte gut, um Spectakel zu machen
und die Zeit todtzuschlagen; gut dazu, daß es viel kostet und
nichts herauskömmt; daß die Unzufriedenheit dadurch immer
mehr gesteigert, daß das Mißtrauen des Volkes gegen die
Regierung immer größer wird. Und haben wir dies erreicht,
dann haben wir genug! Der abwesende Schüler mit dem
Spectakel wegen seiner ist uns dann ein nicht minder fördern-
der Propagandist, als der anwesende beredte Führer immer es
gewesen ist.
Manchmal fördern diese Wahlgeschichten aber auch Dinge zu
Tage, welche unser Mitleid mehr in Anspruch nehmen als jedes
andere Gefühl. Denn was anders als Lächeln und Mitleid
konnte es in uns erregen, als wir bei den letzten Wahlen das
Bestreben einer jüngst so kläglich in der Pfalz gefallenen Größe
wahrnahmen, sich als Deputirten wählen zu lassen? Als es der
nahe Verwandte besagter Größe mit dem lammestreuen Wahl-
häufchen seiner Umgegend auf 10 — 12 Stimmen in allen ersten
Wahlgängen für besagten Aspiranten brachte; als die dem Quies-
cirungsdecrete gegenüber dabei beabsichtigt gewesene Demonstra-
tion der Pfalz so jämmerlich in die Brüche fiel! Als der Herr,
statt in der wohlgegönnten Stille und Zurückgezogenheit sich zu
halten, noch einmal es zu versuchen schien im öffentlichen Leben
aufzutreten!
Versetzen wir uns aus dem Westrich an den Rhein, welche
interessante Beobachtungen hätte da nicht ebenbesagte letzte Wahl
uns dargeboten! Wie freundlich drückte ein gewisser Stadtadjunct
nicht den Landbürgermeistern bei dieser Gelegenheit die Hand,
nannte sie: „Herren Collegen,“ und wie verstanden die wahren
Collegen desselben nicht so trefflich diesen Druck und schaarten sich
um ihn! Freilich würde da auch nicht jener gesinnungstüchtige
Gelehrte unbemerkt geblieben seyn, welcher beim Hineingehen ins
Wahllocal zu den Wahlmännern aus den Dörfern, um seiner
sonstigen sehr bemerklichen Thätigkeit gleichsam die Krone aufzu-
setzen, die hochweisen Worte sagte: Höret nur nicht auf die Pfaf-
fen, die sorgen nur für sich! — Und was hätte es erst auf den
Beobachter für einen Eindruck gemacht, wenn er gesehen hätte,
wie ein renommirter Demokrat, als ein Pfarrer seiner sonstigen
Bekanntschaft ihn grüßte und mit ihm redete — in Verlegenheit
darüber gerieth, ängstlich beim Sprechen umhersah und sich
äußerte: man dürfe heute nicht leicht mit Pfarrern sprechen, ohne
in den Verdacht zu kommen, man gehöre zur Partei derselben!
Alles Beweise der Freiheit und Gesinnungstüchtigkeit!
Wo käme ich hin, wenn ich alle die Kniffe aufdecken wollte,
zu welchen die Ungeübtheit der Wahlmänner im Schreiben der
Stimmzettel Veranlassung gab? Wie da mancher Orten eigene
demokratische Schreibbureaus ganz nahe am Wahllocale ange-
bracht waren: was in der Pfalz dadurch möglich ist, daß außer
dem Votanten nicht blos die Beisitzer des Wahlcommissärs, son-
dern überhaupt Jeder die Stimmzettel auszufüllen befugt ist. Jch
habe so von einem Wahllocale erzählen hören, an welchem unten
ein demokratischer Portier stand, der jeden kommenden Bürger
anredete, ihn hinauf ins demokratische Bureau führte, wo dem
Herrn ( Alles war da geehrt, jeder Lump, je größer dieser, desto
lieber! ) die Mühe des Schreibens ( aus lauter Sorge fürs
Volkswohl! ) erleichtert wurde, wo ihm dann weiter freundlichst
die Thüre und der Ort gezeigt wurde, an den der also präparirte
Stimmzettel hinzutragen sey.
Bei allen solchen Fällen, wo die Demokraten mit diesen ihren
Kniffen und Künsten siegten, war durchschnittlich ( obgleich es auch
da nicht ganz an Drohungen gefehlt haben soll ) eine gewisse Form
der Humanität und siegreich freundliche Miene herrschend, was
sehr erklärlich ist und keiner Bemerkung bedarf. Wenn sie aber
irgendwo einmal unterlagen, dann freilich ging es anders her,
dann kamen eben gemeine Rohheiten die Fülle zu Tage. Da die
Aufzählung solcher Dinge unerquicklich ist, so will ich nur an Das
erinnern, was die Demokraten bei der letzten Germersheim-
Bergzaberer Wahl thaten. Als im ersten Wahlgange die drei
Candidaten der Conservativen den Sieg davongetragen hatten,
und jene gewiß voraussahen, daß sie auch keine Ersatzmänner
ihrer Farbe durchbringen würden: da waren sie so gemein ihre
Stimmzettel zum Spott theils mit den ehrwürdigsten, theils mit
den ungeeignetsten Namen zu bedecken. Narren und Sonderlinge,
anrüchige Personen und wahre Ehrenmänner, sie kamen bunt her-
aus; wahrscheinlich zum Beweise, wie hoch und theuer den De-
mokraten die wahre Freiheit und freie Majorität sey! Wo fände
ich aber ein Ende, wenn ich neben diesen kleinen und großen Pra-
tiken der Demokraten noch auf die Erbärmlichkeit vieler s. g. Gut-
gesinnten Rücksicht nehmen wollte, die sich nirgends fast besser als
bei solchen Gelegenheiten kund gibt!
Und nun frage ich: verstehen unsere Demokraten ihre Jn-
structionen nicht trefflich ins Werk zu führen, und könnten unsere
Staatslenker in höherem oder untergeordnetem Range nicht gerade
besonders von ihnen Selbstaufopferung und Berufstreue lernen?
Und endlich: steht es nicht gerade deswegen so schlimm mit uns,
weil unseren meisten Beamten gerade Das abgeht, was viele s. g.
Demokraten in ihrer Verkehrtheit anerkennenswerth auszeichnet,
und was, wenn es recht gerichtet und geleitet wäre, das Wohl
des Vaterlandes wesentlich befördern könnte?
Deutschland.
Wien 15. October. Nach der „Breslauer Zeitung“ ist am
11. October, auf Grund der Aussagen des Dr. Fischhoff, der
ehemalige Minister Baron Pillersdorf in Röslau verhaftet
und ins Criminalgebäude abgeführt worden.
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