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Mainzer Journal. Nr. 174. Mainz, 27. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] Finanzminister ist ein Credit von achtzig Millionen eröffnet.
Außerdem ist die ganze Finanzvorlage angenommen. Ein An-
trag Schuselka's, daß sechs Millionen von obigen achtzig für
die durch das Bombardement von Wien, Prag und Lemberg
Verunglückten verwendet werden sollen, fiel durch.

Wien 22. December. ( D. A. Z. ) Was sich vor unseren
Augen ereignet, bewährt nur den alten Satz, daß Willensstärke
und Geisteskraft über Schwäche und Unfähigkeit stets das Ueber-
gewicht erringen. Gilt dieses von Mann zu Mann, so gilt es
noch mehr von compact wirkenden Kräften. So geschieht es nun,
daß die Kammer, willig wie Wachs, jeden Eindruck annimmt,
den ihr das Ministerium verleiht. Man hat vielleicht Unrecht, in
dieser Nullitätserklärung eigennützige Motive der Ehr= und Geld-
sucht zu suchen, und die Besorgniß einer Auflösung des Reichs-
tags mag vielleicht am stärksten zu solcher Nachgiebigkeit stimmen.
So lange übrigens dieses Ministerium nach eigenen Jnspirationen
verfährt, kann hieraus mehr Gutes erstehen, als durch die frühere
nichts weniger als echt parlamentarische Opposition erstanden ist.
Seine Aufgabe gleicht fürwahr einer herkulischen, sogar bis auf
einzelne Unternehmungen, darunter nicht die geringste, die Be-
ziehungen zu Deutschland zu regeln. Es ist darauf ganz ernstlich
abgesehen. Man ist sehr entfernt, zu glauben, daß mit dem
Schusse, der Robert Blum niederstreckte, auch die österreichische
Hegemonie in Rauch aufgegangen seyn soll; vielmehr scheint
man entschlossen, sie zu vindiciren.
Und bis jetzt hat
man bei aller Willfährigkeit den Vorzug vor Preußen darin vor-
aus, daß auf eine auf Grundrechten erbaute, nicht auf eine oc-
troyirte Verfassung gefußt wird. Freilich wird es sich darum han-
deln, wie sich Alles in der Praxis gestaltet! Das Ministerium
dürfte jetzt in seiner compacten Zusammensetzung verbleiben, das
Geld, und zwar der volle Credit von 80 Millionen ist bereits be-
willt, und die Leute ( 80= oder 100,000 Mann ) wird man auch
bewilligen, und wenn die Regierung einmal Geld und Leute hat,
so viel sie braucht und will, so wird sie in anderen Stücken sich
auch gern nachgiebig zeigen. Wichtig ist die Reform im Principe
der Beamtenhierarchie. Es scheint, daß man sich hier ganz
nach belgischem Vorbilde richten will und es steht gewiß viel Heil-
sames daraus zu erwarten.

Wien 21. December. [ Vom ungarischen Kriegs-
schauplatze.
] Die heutigen Nachrichten vom Kriegsschauplatze
aus Ungarn melden: Die Truppen des Banus rückten bis in die
Verschanzungen bei Raab vor. Heute dürften diese genommen
werden. Die Magyaren flüchten sich von allen Seiten und führen
bereits ihr schweres Geschütz gegen Pesth ab. Von Nordungarn
ist die Nachricht eingetroffen, daß die Truppen des FML. Schlick
ohne Schwertstreich bis Miskolz vorgerückt sind. Jm südlichen
Ungarn haben die Serben und Raitzen am 14. Werschetz genom-
men. Weniger günstig lauten die heutigen Nachrichten aus dem
Banat, indem die aus Siebenbürgen zurückziehenden Magyaren
Alles verwüsten und Orsova, Pancsova und selbst Arad be-
drohen.

Olmütz 18. Dec. Die serbische Angelegenheit ist ent-
schieden; der Kaiser hat heute durch ein allerhöchstes Patent in
Anerkennung der von der treuen und tapfern serbischen Nation
geleisteten Gegenwehr gegen die Feinde des Thrones die oberste
kirchliche Würde des Patriarchats hergestellt und dem Erzbischofe
von Karlowitz Joseph Rajacsich übertragen und die auf den Ge-
neralfeldwachtmeister Stefan Suplikatz gefallene Wahl zum Woi-
woden der serbischen Nation
unter Herstellung dieser
altgeschichtlichen Würde bestätigt, -- beides als eine Bürgschaft
für eine gleich nach dem Friedensschlusse vorzunehmende, den
Wünschen der Serben entsprechende nationale Organisation.

Berlin 21. Dec. ( A. Z. ) Die Nachricht vom Ausscheiden
der HH. v. Schmerling, Andrian und Würth aus dem Reichs-
dienste hat hier sehr befriedigt. Jn wohlunterrichteten Cirkeln
will man nicht nur von der noch bevorstehenden Abdankung des
Reichsverwesers wissen, sondern auch, daß der König die Ab-
lehnung der ihm angebotenen Kaiserkrone be-
schlossen hat.
Es wird aller Wahrscheinlichkeit nach bei
einem Präsidenten der Reichsgewalt bleiben. Die hier im Be-
treffe der Reichsangelegenheit gefaßten Beschlüsse sind nicht ganz
außer Zusammenhang mit Verhandlungen, die neuerlich zwischen
Olmütz, Petersburg und Sanssouci stattfanden, und gewiß ist,
daß die drei Höfe wieder in so inniger Freundschaft stehen wie
vor dem März, eine Freundschaft, welche durch die Präsidentenwahl
in Frankreich eher verstärkt als gelockert wird, da die Wahl Bo-
naparte 's statt des ehrlichen Republikaners Cavaignac offenbar
die Hinneigung zur monarchischen Verfassung bekundet. Auch
das scheinbare Aufstellen großer Streitkräfte an der russischen
Grenze gehört mit zum Plane, indessen ist die gefürchtete russische
Streitmacht an den polnischen Grenzen wirklich nur scheinbar.
Tieferblickende wissen längst, daß Rußland gerade wenn Polen
[Spaltenumbruch] von Truppen entblößt ist die Grenze durch fliegende Corps ver-
schließen läßt, so daß man glaubt, es sey das ganze Land voll
Soldaten und, wie der vulgäre Ausdruck klingt, es starre von
Bajonnetten. Rußlands Aufmerksamkeit und folglich seine Streit-
macht ist südlich und südöstlich gerichtet, wo an der Donau, in
Kleinasien, in Persien und vielleicht gar im Pendschab sich Kampf-
plätze erheben könnten, im Königreiche Polen dagegen ist es ver-
hältnißmäßig schwach, und die an der Grenze herumschwärmen-
den Kosaken sind da, die Schwäche zu verbergen, nicht die Stärke
zu bewähren.

Berlin 25. December. Dem Vernehmen nach ist bereits eine
Million bewilligt zum Ankaufe von Pferden für die Ausrüstung
des an der Westgrenze aufzustellenden Armeecorps. Eine wür-
dige Entfaltung der kriegerischen Macht ist die sicherste Schutzwehr
des Friedens.

Der Minister der Unterrichts=Angelegenheiten hat folgende
Verfügung an sämmtliche Provinzial=Schulcollegien und Regie-
rungen erlassen: Die allgemeine Theilnahme an der Entwickelung
der politischen Verhältnisse unseres Staates hat sich in allen
Sphären des öffentlichen Lebens geltend gemacht, und auch die
Schule ist davon nicht unberührt geblieben. Es ist dies eine
völlig naturgemäße Erscheinung. Aber es kommt darauf an,
über den allgemeinen Jnteressen nicht die eigentlichen Auf-
gaben der Schule
aus dem Auge zu verlieren. Der Schule,
von der Elementar= und Volksschule an bis zu dem Gymnasium,
ist die Aufgabe gestellt, die ihr anvertrauten Zöglinge nicht allein
mit Kenntnissen, welche durch spätere wissenschaftliche Studien
oder im praktischen Leben erweitert und ergänzt werden können,
auszurüsten, sondern auch, was das Wefentlichste ist, sie zu Staats-
bürgern zu erziehen, welche die Religion, die Sitte und das
Gesetz achten, ihr Vaterland und ihren Fürsten lieben, welche den
Willen und die Kraft besitzen, ihr eigenes Hauswesen zu leiten
und mit edler Hingebung sich dem Wohle der Gemeinde und
des Staates zu widmen. Daß die Schule dieser Aufgabe genüge,
verlangen mit Recht die Eltern, die Gemeinden und Bezirke, für
deren Kinder sie errichtet sind..... Die Regierung Sr. Ma-
jestät des Königs hat auch unter den Bewegungen einer neuen
Zeit ihren ernsten Willen und ihre rege Theilnahme für das Ge-
deihen der Schule nicht verläugnet. Sie hat durch die Einleitung
umfassender Berathungen den Lehrern aller Lehrkreise Gelegenheit
gegeben, ihre Bedürfnisse und Erfahrungen selbst zur Sprache zu
bringen; sie hat in der neuen Verfassungsurkunde der Volks-
schule eine würdige und einflußreiche Stellung gesichert, und sie
wird unausgesetzt darauf Bedacht nehmen, dem Lehrstande aller
Unterrichtsgegenstände ein seinem Bedürfnisse entsprechendes
Auskommen zu verschaffen. Das Gelingen der Bemühungen,
ein nach allen Seiten hin befriedigendes Schulwesen zu erhalten,
beziehungsweise zu schaffen, hängt aber wesentlich von Denen
selbst ab,
welchen die Leitung, der Unterricht und die Erziehung
der Jugend anvertraut ist. Die Anforderungen, welche an diese
gemacht werden müssen, sind nicht gering. Der Lehrer an einer
öffentlichen Schule muß neben der wissenschaftlichen auch die sitt-
liche Bildung besitzen, die ihn befähigt, seinen Zöglingen in jeder
Beziehung zum Vorbilde zu dienen. Er darf keine höhere Auf-
gabe für sich anerkennen, als seinem selbsterwählten Berufe treu,
im Unterrichte und im Umgange mit seinem Schülern Alles zu
vermeiden, was die naturgemäße und gesunde Entwickelung der
Jugend irgendwie stören, von ihr nicht begriffen und richtig ge-
würdigt werden oder gar auf die Jnnigkeit des religiösen Gefühles,
zu welchem Glauben es sich auch neigen möge, auf die Achtung
vor allem Edlen und Guten von nachtheiligem Einflusse seyn
kann. Wer diese Eigenschaften nicht besitzt und sich anzueignen
nicht bemüht ist, hat seinen Beruf als Lehrer verfehlt. Die
Regierung hat es dankbar anzuerkennen, daß die bei weitem
größere Zahl der Directoren und Lehrer den an sie gerichteten An-
forderungen entspricht, und in würdiger Haltung auch den nachthei-
ligen Einfluß der politischen Aufregung der neuern Zeit von ihren
Schulen abzuwehren bemüht gewesen ist. Leider haben aber einzelne
Mitglieder des Lehrstandes die ihnen obliegenden Pflichten aus den
Augen verloren und nicht nur bei ihrer Betheiligung an den politi-
schen Parteikämpfen diegesetzlichen Schranken überschritten, sondern
sind selbst, unter Mißbrauch ihres Amtes, so weit gegangen, ihren,
mit der bestehenden Staatsverfassung nicht übereinstimmenden An-
sichten bei der unreifen und unerfahrenen Jugend Eingang zu ver-
schaffen. Ja es ist sogar vorgekommen, daß Aeußerungen gegen
die Jugend gethan worden, welche als auf eine Unterdrückung
alles sittlichen und vaterländischen Gefühles überhaupt berechnet
erscheinen. Einer solchen Verkennung der dem Lehrstande oblie-
genden Pflichten darf, wo sie in Thatsachen sich kund gibt,
nicht schweigend zugesehen werden. Die Verfassung des Landes
hat der individuellen Freiheit der Meinungen und der Aeußerung
derselben ihr gesetzliches Gebiet angewiesen, innerhalb dessen die
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Finanzminister ist ein Credit von achtzig Millionen eröffnet.
Außerdem ist die ganze Finanzvorlage angenommen. Ein An-
trag Schuselka's, daß sechs Millionen von obigen achtzig für
die durch das Bombardement von Wien, Prag und Lemberg
Verunglückten verwendet werden sollen, fiel durch.

Wien 22. December. ( D. A. Z. ) Was sich vor unseren
Augen ereignet, bewährt nur den alten Satz, daß Willensstärke
und Geisteskraft über Schwäche und Unfähigkeit stets das Ueber-
gewicht erringen. Gilt dieses von Mann zu Mann, so gilt es
noch mehr von compact wirkenden Kräften. So geschieht es nun,
daß die Kammer, willig wie Wachs, jeden Eindruck annimmt,
den ihr das Ministerium verleiht. Man hat vielleicht Unrecht, in
dieser Nullitätserklärung eigennützige Motive der Ehr= und Geld-
sucht zu suchen, und die Besorgniß einer Auflösung des Reichs-
tags mag vielleicht am stärksten zu solcher Nachgiebigkeit stimmen.
So lange übrigens dieses Ministerium nach eigenen Jnspirationen
verfährt, kann hieraus mehr Gutes erstehen, als durch die frühere
nichts weniger als echt parlamentarische Opposition erstanden ist.
Seine Aufgabe gleicht fürwahr einer herkulischen, sogar bis auf
einzelne Unternehmungen, darunter nicht die geringste, die Be-
ziehungen zu Deutschland zu regeln. Es ist darauf ganz ernstlich
abgesehen. Man ist sehr entfernt, zu glauben, daß mit dem
Schusse, der Robert Blum niederstreckte, auch die österreichische
Hegemonie in Rauch aufgegangen seyn soll; vielmehr scheint
man entschlossen, sie zu vindiciren.
Und bis jetzt hat
man bei aller Willfährigkeit den Vorzug vor Preußen darin vor-
aus, daß auf eine auf Grundrechten erbaute, nicht auf eine oc-
troyirte Verfassung gefußt wird. Freilich wird es sich darum han-
deln, wie sich Alles in der Praxis gestaltet! Das Ministerium
dürfte jetzt in seiner compacten Zusammensetzung verbleiben, das
Geld, und zwar der volle Credit von 80 Millionen ist bereits be-
willt, und die Leute ( 80= oder 100,000 Mann ) wird man auch
bewilligen, und wenn die Regierung einmal Geld und Leute hat,
so viel sie braucht und will, so wird sie in anderen Stücken sich
auch gern nachgiebig zeigen. Wichtig ist die Reform im Principe
der Beamtenhierarchie. Es scheint, daß man sich hier ganz
nach belgischem Vorbilde richten will und es steht gewiß viel Heil-
sames daraus zu erwarten.

Wien 21. December. [ Vom ungarischen Kriegs-
schauplatze.
] Die heutigen Nachrichten vom Kriegsschauplatze
aus Ungarn melden: Die Truppen des Banus rückten bis in die
Verschanzungen bei Raab vor. Heute dürften diese genommen
werden. Die Magyaren flüchten sich von allen Seiten und führen
bereits ihr schweres Geschütz gegen Pesth ab. Von Nordungarn
ist die Nachricht eingetroffen, daß die Truppen des FML. Schlick
ohne Schwertstreich bis Miskolz vorgerückt sind. Jm südlichen
Ungarn haben die Serben und Raitzen am 14. Werschetz genom-
men. Weniger günstig lauten die heutigen Nachrichten aus dem
Banat, indem die aus Siebenbürgen zurückziehenden Magyaren
Alles verwüsten und Orsova, Pancsova und selbst Arad be-
drohen.

Olmütz 18. Dec. Die serbische Angelegenheit ist ent-
schieden; der Kaiser hat heute durch ein allerhöchstes Patent in
Anerkennung der von der treuen und tapfern serbischen Nation
geleisteten Gegenwehr gegen die Feinde des Thrones die oberste
kirchliche Würde des Patriarchats hergestellt und dem Erzbischofe
von Karlowitz Joseph Rajacsich übertragen und die auf den Ge-
neralfeldwachtmeister Stefan Suplikatz gefallene Wahl zum Woi-
woden der serbischen Nation
unter Herstellung dieser
altgeschichtlichen Würde bestätigt, — beides als eine Bürgschaft
für eine gleich nach dem Friedensschlusse vorzunehmende, den
Wünschen der Serben entsprechende nationale Organisation.

Berlin 21. Dec. ( A. Z. ) Die Nachricht vom Ausscheiden
der HH. v. Schmerling, Andrian und Würth aus dem Reichs-
dienste hat hier sehr befriedigt. Jn wohlunterrichteten Cirkeln
will man nicht nur von der noch bevorstehenden Abdankung des
Reichsverwesers wissen, sondern auch, daß der König die Ab-
lehnung der ihm angebotenen Kaiserkrone be-
schlossen hat.
Es wird aller Wahrscheinlichkeit nach bei
einem Präsidenten der Reichsgewalt bleiben. Die hier im Be-
treffe der Reichsangelegenheit gefaßten Beschlüsse sind nicht ganz
außer Zusammenhang mit Verhandlungen, die neuerlich zwischen
Olmütz, Petersburg und Sanssouci stattfanden, und gewiß ist,
daß die drei Höfe wieder in so inniger Freundschaft stehen wie
vor dem März, eine Freundschaft, welche durch die Präsidentenwahl
in Frankreich eher verstärkt als gelockert wird, da die Wahl Bo-
naparte 's statt des ehrlichen Republikaners Cavaignac offenbar
die Hinneigung zur monarchischen Verfassung bekundet. Auch
das scheinbare Aufstellen großer Streitkräfte an der russischen
Grenze gehört mit zum Plane, indessen ist die gefürchtete russische
Streitmacht an den polnischen Grenzen wirklich nur scheinbar.
Tieferblickende wissen längst, daß Rußland gerade wenn Polen
[Spaltenumbruch] von Truppen entblößt ist die Grenze durch fliegende Corps ver-
schließen läßt, so daß man glaubt, es sey das ganze Land voll
Soldaten und, wie der vulgäre Ausdruck klingt, es starre von
Bajonnetten. Rußlands Aufmerksamkeit und folglich seine Streit-
macht ist südlich und südöstlich gerichtet, wo an der Donau, in
Kleinasien, in Persien und vielleicht gar im Pendschab sich Kampf-
plätze erheben könnten, im Königreiche Polen dagegen ist es ver-
hältnißmäßig schwach, und die an der Grenze herumschwärmen-
den Kosaken sind da, die Schwäche zu verbergen, nicht die Stärke
zu bewähren.

Berlin 25. December. Dem Vernehmen nach ist bereits eine
Million bewilligt zum Ankaufe von Pferden für die Ausrüstung
des an der Westgrenze aufzustellenden Armeecorps. Eine wür-
dige Entfaltung der kriegerischen Macht ist die sicherste Schutzwehr
des Friedens.

Der Minister der Unterrichts=Angelegenheiten hat folgende
Verfügung an sämmtliche Provinzial=Schulcollegien und Regie-
rungen erlassen: Die allgemeine Theilnahme an der Entwickelung
der politischen Verhältnisse unseres Staates hat sich in allen
Sphären des öffentlichen Lebens geltend gemacht, und auch die
Schule ist davon nicht unberührt geblieben. Es ist dies eine
völlig naturgemäße Erscheinung. Aber es kommt darauf an,
über den allgemeinen Jnteressen nicht die eigentlichen Auf-
gaben der Schule
aus dem Auge zu verlieren. Der Schule,
von der Elementar= und Volksschule an bis zu dem Gymnasium,
ist die Aufgabe gestellt, die ihr anvertrauten Zöglinge nicht allein
mit Kenntnissen, welche durch spätere wissenschaftliche Studien
oder im praktischen Leben erweitert und ergänzt werden können,
auszurüsten, sondern auch, was das Wefentlichste ist, sie zu Staats-
bürgern zu erziehen, welche die Religion, die Sitte und das
Gesetz achten, ihr Vaterland und ihren Fürsten lieben, welche den
Willen und die Kraft besitzen, ihr eigenes Hauswesen zu leiten
und mit edler Hingebung sich dem Wohle der Gemeinde und
des Staates zu widmen. Daß die Schule dieser Aufgabe genüge,
verlangen mit Recht die Eltern, die Gemeinden und Bezirke, für
deren Kinder sie errichtet sind..... Die Regierung Sr. Ma-
jestät des Königs hat auch unter den Bewegungen einer neuen
Zeit ihren ernsten Willen und ihre rege Theilnahme für das Ge-
deihen der Schule nicht verläugnet. Sie hat durch die Einleitung
umfassender Berathungen den Lehrern aller Lehrkreise Gelegenheit
gegeben, ihre Bedürfnisse und Erfahrungen selbst zur Sprache zu
bringen; sie hat in der neuen Verfassungsurkunde der Volks-
schule eine würdige und einflußreiche Stellung gesichert, und sie
wird unausgesetzt darauf Bedacht nehmen, dem Lehrstande aller
Unterrichtsgegenstände ein seinem Bedürfnisse entsprechendes
Auskommen zu verschaffen. Das Gelingen der Bemühungen,
ein nach allen Seiten hin befriedigendes Schulwesen zu erhalten,
beziehungsweise zu schaffen, hängt aber wesentlich von Denen
selbst ab,
welchen die Leitung, der Unterricht und die Erziehung
der Jugend anvertraut ist. Die Anforderungen, welche an diese
gemacht werden müssen, sind nicht gering. Der Lehrer an einer
öffentlichen Schule muß neben der wissenschaftlichen auch die sitt-
liche Bildung besitzen, die ihn befähigt, seinen Zöglingen in jeder
Beziehung zum Vorbilde zu dienen. Er darf keine höhere Auf-
gabe für sich anerkennen, als seinem selbsterwählten Berufe treu,
im Unterrichte und im Umgange mit seinem Schülern Alles zu
vermeiden, was die naturgemäße und gesunde Entwickelung der
Jugend irgendwie stören, von ihr nicht begriffen und richtig ge-
würdigt werden oder gar auf die Jnnigkeit des religiösen Gefühles,
zu welchem Glauben es sich auch neigen möge, auf die Achtung
vor allem Edlen und Guten von nachtheiligem Einflusse seyn
kann. Wer diese Eigenschaften nicht besitzt und sich anzueignen
nicht bemüht ist, hat seinen Beruf als Lehrer verfehlt. Die
Regierung hat es dankbar anzuerkennen, daß die bei weitem
größere Zahl der Directoren und Lehrer den an sie gerichteten An-
forderungen entspricht, und in würdiger Haltung auch den nachthei-
ligen Einfluß der politischen Aufregung der neuern Zeit von ihren
Schulen abzuwehren bemüht gewesen ist. Leider haben aber einzelne
Mitglieder des Lehrstandes die ihnen obliegenden Pflichten aus den
Augen verloren und nicht nur bei ihrer Betheiligung an den politi-
schen Parteikämpfen diegesetzlichen Schranken überschritten, sondern
sind selbst, unter Mißbrauch ihres Amtes, so weit gegangen, ihren,
mit der bestehenden Staatsverfassung nicht übereinstimmenden An-
sichten bei der unreifen und unerfahrenen Jugend Eingang zu ver-
schaffen. Ja es ist sogar vorgekommen, daß Aeußerungen gegen
die Jugend gethan worden, welche als auf eine Unterdrückung
alles sittlichen und vaterländischen Gefühles überhaupt berechnet
erscheinen. Einer solchen Verkennung der dem Lehrstande oblie-
genden Pflichten darf, wo sie in Thatsachen sich kund gibt,
nicht schweigend zugesehen werden. Die Verfassung des Landes
hat der individuellen Freiheit der Meinungen und der Aeußerung
derselben ihr gesetzliches Gebiet angewiesen, innerhalb dessen die
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[0003] Finanzminister ist ein Credit von achtzig Millionen eröffnet. Außerdem ist die ganze Finanzvorlage angenommen. Ein An- trag Schuselka's, daß sechs Millionen von obigen achtzig für die durch das Bombardement von Wien, Prag und Lemberg Verunglückten verwendet werden sollen, fiel durch. Wien 22. December. ( D. A. Z. ) Was sich vor unseren Augen ereignet, bewährt nur den alten Satz, daß Willensstärke und Geisteskraft über Schwäche und Unfähigkeit stets das Ueber- gewicht erringen. Gilt dieses von Mann zu Mann, so gilt es noch mehr von compact wirkenden Kräften. So geschieht es nun, daß die Kammer, willig wie Wachs, jeden Eindruck annimmt, den ihr das Ministerium verleiht. Man hat vielleicht Unrecht, in dieser Nullitätserklärung eigennützige Motive der Ehr= und Geld- sucht zu suchen, und die Besorgniß einer Auflösung des Reichs- tags mag vielleicht am stärksten zu solcher Nachgiebigkeit stimmen. So lange übrigens dieses Ministerium nach eigenen Jnspirationen verfährt, kann hieraus mehr Gutes erstehen, als durch die frühere nichts weniger als echt parlamentarische Opposition erstanden ist. Seine Aufgabe gleicht fürwahr einer herkulischen, sogar bis auf einzelne Unternehmungen, darunter nicht die geringste, die Be- ziehungen zu Deutschland zu regeln. Es ist darauf ganz ernstlich abgesehen. Man ist sehr entfernt, zu glauben, daß mit dem Schusse, der Robert Blum niederstreckte, auch die österreichische Hegemonie in Rauch aufgegangen seyn soll; vielmehr scheint man entschlossen, sie zu vindiciren. Und bis jetzt hat man bei aller Willfährigkeit den Vorzug vor Preußen darin vor- aus, daß auf eine auf Grundrechten erbaute, nicht auf eine oc- troyirte Verfassung gefußt wird. Freilich wird es sich darum han- deln, wie sich Alles in der Praxis gestaltet! Das Ministerium dürfte jetzt in seiner compacten Zusammensetzung verbleiben, das Geld, und zwar der volle Credit von 80 Millionen ist bereits be- willt, und die Leute ( 80= oder 100,000 Mann ) wird man auch bewilligen, und wenn die Regierung einmal Geld und Leute hat, so viel sie braucht und will, so wird sie in anderen Stücken sich auch gern nachgiebig zeigen. Wichtig ist die Reform im Principe der Beamtenhierarchie. Es scheint, daß man sich hier ganz nach belgischem Vorbilde richten will und es steht gewiß viel Heil- sames daraus zu erwarten. Wien 21. December. [ Vom ungarischen Kriegs- schauplatze. ] Die heutigen Nachrichten vom Kriegsschauplatze aus Ungarn melden: Die Truppen des Banus rückten bis in die Verschanzungen bei Raab vor. Heute dürften diese genommen werden. Die Magyaren flüchten sich von allen Seiten und führen bereits ihr schweres Geschütz gegen Pesth ab. Von Nordungarn ist die Nachricht eingetroffen, daß die Truppen des FML. Schlick ohne Schwertstreich bis Miskolz vorgerückt sind. Jm südlichen Ungarn haben die Serben und Raitzen am 14. Werschetz genom- men. Weniger günstig lauten die heutigen Nachrichten aus dem Banat, indem die aus Siebenbürgen zurückziehenden Magyaren Alles verwüsten und Orsova, Pancsova und selbst Arad be- drohen. Olmütz 18. Dec. Die serbische Angelegenheit ist ent- schieden; der Kaiser hat heute durch ein allerhöchstes Patent in Anerkennung der von der treuen und tapfern serbischen Nation geleisteten Gegenwehr gegen die Feinde des Thrones die oberste kirchliche Würde des Patriarchats hergestellt und dem Erzbischofe von Karlowitz Joseph Rajacsich übertragen und die auf den Ge- neralfeldwachtmeister Stefan Suplikatz gefallene Wahl zum Woi- woden der serbischen Nation unter Herstellung dieser altgeschichtlichen Würde bestätigt, — beides als eine Bürgschaft für eine gleich nach dem Friedensschlusse vorzunehmende, den Wünschen der Serben entsprechende nationale Organisation. Berlin 21. Dec. ( A. Z. ) Die Nachricht vom Ausscheiden der HH. v. Schmerling, Andrian und Würth aus dem Reichs- dienste hat hier sehr befriedigt. Jn wohlunterrichteten Cirkeln will man nicht nur von der noch bevorstehenden Abdankung des Reichsverwesers wissen, sondern auch, daß der König die Ab- lehnung der ihm angebotenen Kaiserkrone be- schlossen hat. Es wird aller Wahrscheinlichkeit nach bei einem Präsidenten der Reichsgewalt bleiben. Die hier im Be- treffe der Reichsangelegenheit gefaßten Beschlüsse sind nicht ganz außer Zusammenhang mit Verhandlungen, die neuerlich zwischen Olmütz, Petersburg und Sanssouci stattfanden, und gewiß ist, daß die drei Höfe wieder in so inniger Freundschaft stehen wie vor dem März, eine Freundschaft, welche durch die Präsidentenwahl in Frankreich eher verstärkt als gelockert wird, da die Wahl Bo- naparte 's statt des ehrlichen Republikaners Cavaignac offenbar die Hinneigung zur monarchischen Verfassung bekundet. Auch das scheinbare Aufstellen großer Streitkräfte an der russischen Grenze gehört mit zum Plane, indessen ist die gefürchtete russische Streitmacht an den polnischen Grenzen wirklich nur scheinbar. Tieferblickende wissen längst, daß Rußland gerade wenn Polen von Truppen entblößt ist die Grenze durch fliegende Corps ver- schließen läßt, so daß man glaubt, es sey das ganze Land voll Soldaten und, wie der vulgäre Ausdruck klingt, es starre von Bajonnetten. Rußlands Aufmerksamkeit und folglich seine Streit- macht ist südlich und südöstlich gerichtet, wo an der Donau, in Kleinasien, in Persien und vielleicht gar im Pendschab sich Kampf- plätze erheben könnten, im Königreiche Polen dagegen ist es ver- hältnißmäßig schwach, und die an der Grenze herumschwärmen- den Kosaken sind da, die Schwäche zu verbergen, nicht die Stärke zu bewähren. Berlin 25. December. Dem Vernehmen nach ist bereits eine Million bewilligt zum Ankaufe von Pferden für die Ausrüstung des an der Westgrenze aufzustellenden Armeecorps. Eine wür- dige Entfaltung der kriegerischen Macht ist die sicherste Schutzwehr des Friedens. Der Minister der Unterrichts=Angelegenheiten hat folgende Verfügung an sämmtliche Provinzial=Schulcollegien und Regie- rungen erlassen: Die allgemeine Theilnahme an der Entwickelung der politischen Verhältnisse unseres Staates hat sich in allen Sphären des öffentlichen Lebens geltend gemacht, und auch die Schule ist davon nicht unberührt geblieben. Es ist dies eine völlig naturgemäße Erscheinung. Aber es kommt darauf an, über den allgemeinen Jnteressen nicht die eigentlichen Auf- gaben der Schule aus dem Auge zu verlieren. Der Schule, von der Elementar= und Volksschule an bis zu dem Gymnasium, ist die Aufgabe gestellt, die ihr anvertrauten Zöglinge nicht allein mit Kenntnissen, welche durch spätere wissenschaftliche Studien oder im praktischen Leben erweitert und ergänzt werden können, auszurüsten, sondern auch, was das Wefentlichste ist, sie zu Staats- bürgern zu erziehen, welche die Religion, die Sitte und das Gesetz achten, ihr Vaterland und ihren Fürsten lieben, welche den Willen und die Kraft besitzen, ihr eigenes Hauswesen zu leiten und mit edler Hingebung sich dem Wohle der Gemeinde und des Staates zu widmen. Daß die Schule dieser Aufgabe genüge, verlangen mit Recht die Eltern, die Gemeinden und Bezirke, für deren Kinder sie errichtet sind..... Die Regierung Sr. Ma- jestät des Königs hat auch unter den Bewegungen einer neuen Zeit ihren ernsten Willen und ihre rege Theilnahme für das Ge- deihen der Schule nicht verläugnet. Sie hat durch die Einleitung umfassender Berathungen den Lehrern aller Lehrkreise Gelegenheit gegeben, ihre Bedürfnisse und Erfahrungen selbst zur Sprache zu bringen; sie hat in der neuen Verfassungsurkunde der Volks- schule eine würdige und einflußreiche Stellung gesichert, und sie wird unausgesetzt darauf Bedacht nehmen, dem Lehrstande aller Unterrichtsgegenstände ein seinem Bedürfnisse entsprechendes Auskommen zu verschaffen. Das Gelingen der Bemühungen, ein nach allen Seiten hin befriedigendes Schulwesen zu erhalten, beziehungsweise zu schaffen, hängt aber wesentlich von Denen selbst ab, welchen die Leitung, der Unterricht und die Erziehung der Jugend anvertraut ist. Die Anforderungen, welche an diese gemacht werden müssen, sind nicht gering. Der Lehrer an einer öffentlichen Schule muß neben der wissenschaftlichen auch die sitt- liche Bildung besitzen, die ihn befähigt, seinen Zöglingen in jeder Beziehung zum Vorbilde zu dienen. Er darf keine höhere Auf- gabe für sich anerkennen, als seinem selbsterwählten Berufe treu, im Unterrichte und im Umgange mit seinem Schülern Alles zu vermeiden, was die naturgemäße und gesunde Entwickelung der Jugend irgendwie stören, von ihr nicht begriffen und richtig ge- würdigt werden oder gar auf die Jnnigkeit des religiösen Gefühles, zu welchem Glauben es sich auch neigen möge, auf die Achtung vor allem Edlen und Guten von nachtheiligem Einflusse seyn kann. Wer diese Eigenschaften nicht besitzt und sich anzueignen nicht bemüht ist, hat seinen Beruf als Lehrer verfehlt. Die Regierung hat es dankbar anzuerkennen, daß die bei weitem größere Zahl der Directoren und Lehrer den an sie gerichteten An- forderungen entspricht, und in würdiger Haltung auch den nachthei- ligen Einfluß der politischen Aufregung der neuern Zeit von ihren Schulen abzuwehren bemüht gewesen ist. Leider haben aber einzelne Mitglieder des Lehrstandes die ihnen obliegenden Pflichten aus den Augen verloren und nicht nur bei ihrer Betheiligung an den politi- schen Parteikämpfen diegesetzlichen Schranken überschritten, sondern sind selbst, unter Mißbrauch ihres Amtes, so weit gegangen, ihren, mit der bestehenden Staatsverfassung nicht übereinstimmenden An- sichten bei der unreifen und unerfahrenen Jugend Eingang zu ver- schaffen. Ja es ist sogar vorgekommen, daß Aeußerungen gegen die Jugend gethan worden, welche als auf eine Unterdrückung alles sittlichen und vaterländischen Gefühles überhaupt berechnet erscheinen. Einer solchen Verkennung der dem Lehrstande oblie- genden Pflichten darf, wo sie in Thatsachen sich kund gibt, nicht schweigend zugesehen werden. Die Verfassung des Landes hat der individuellen Freiheit der Meinungen und der Aeußerung derselben ihr gesetzliches Gebiet angewiesen, innerhalb dessen die

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 174. Mainz, 27. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal174_1848/3>, abgerufen am 27.11.2024.