Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 173. Mainz, 26. Dezember 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] mit ihnen verbundene "verrätherische Majorität" sind die Verlei-
teten, die Abtrünnigen... Es erinnert dies noch an ähnliche Zu-
stände der Ueberreiztheit oder des Taumels, welche dem Hell-
sehenden, der mit festem Tritte seinen sichern Weg wandelt, die
eigenen Schwankungen, die eigenen Geisteszustände zuzuschreiben
sich bemüht.

== Aus der bayerischen Pfalz 22. December. Selbst die
Natur hat sich mit der Reaction verschworen. Seit einigen Tagen
ist bei uns und wahrscheinlich auch bei Jhnen eine so empfindliche
Kälte eingetroffen, daß das Bauen von Barrikaden in den Stra-
ßen unserer großen Städte eine reine Unmöglichkeit werden muß.
Noch viel weniger kann aber bei solchem schneidenden Nordoste
an die präcise Execution nächtlicher Mißtrauensvota in der Form
disharmonischer Concerte gedacht werden, indem der Ausdruck
des souveränen Volkswillens allerdings eine schöne Sache ist,
aber doch nur so lange, als dabei der politische Kunstdilettantis-
mus keine erfrorene Gliedmaßen oder sonstige durchschlagende Er-
wiederungen auf die in Tönen abgefaßte Mißtrauensadresse zu
riskiren hat. Wenn wir daher in der nächsten Zeit plötzlich neue
Uebergriffe der Schreibstubenherrschaft, neue Gewaltthätigkeiten
der Soldatendespotie aus Norden oder Süden vernehmen, so
werden wir wissen, was davon der Grund ist. Daß bei solchen
Wetterläuften unsere sonst so stille ( ?! ) Pfalz, besonders bei uns
auf dem Lande, das Ansehen einer geßnerischen Schäferidylle hat,
werden Sie begreifen. An interessanten Episoden darf es natür-
lich nicht fehlen. Zu diesen könnten wir die Thatsachen rechnen, daß
Morgen in dem Dorfe Oppau eine deutschkatholische Gemeinde
aufgethan wird. Glauben Sie ja nicht, daß uns Solches Bedenk-
lichkeiten erregt, abgesehen von dem Schicksale der Glieder solcher
neuen Gemeinde. Die Zeit ist gekommen, wo sich der "freie"
Mensch entscheiden muß. Jeder thue es nach bestem Gewissen!
Eine harte Heimsuchung ist es allerdings, wenn solche Entschei-
dung sogar an den niedern Hütten eines Dorfes anklopft, wie es
hier der Fall ist.

Stuttgart 23. December. ( A. Z. ) David Strauß ist aus
der Kammer der Abgeordneten geschieden. Längst war des selbst-
ständigen Denkers unabhängige Stellung inmitten des Redestro-
mes der Parteien den Radicalen ein Aergerniß, und es wurden in
Mißtrauenserklärungen und Zeitungsangriffen alle Hebel ange-
setzt, um den unbequemen Gast aus dem Ständesaale zu drücken.
Er setzte dem eine Zeitlang die heitere Ruhe entgegen, die ihm
seine große geistige Ueberlegenheit gab. Selbst den Sturm über-
wand er, den sein freimüthiges Bekenntniß veranlaßt hatte:
Blum habe, als er sich zu den Freischärlern der Revolution ge-
sellt, selbst seinen Sicherheitsbrief als Deputirter des deutschen
Parlamentes zerrissen. Das war eine Kühnheit, eine Blasphe-
mie, die dem kühnen Verfasser des Lebens Jesu nicht verziehen
werden konnte. Die Göttlichkeit Christi hatte er anzweifeln dür-
fen -- das war in der Ordnung, man trug ihn im Triumphe bei
den Parlamentswahlen, und hängte Trauerflöre aus, als das
Landvolk um Ludwigsburg einen Gläubigeren als Strauß nach
Frankfurt schickte. Aber an Robert Blum zweifeln, -- das war
nicht erlaubt! Sein in der öffentlichen Meinung aufgerichtetes
Standbild ward vom Piedestal geworfen, bespuckt, mit Füßen
getreten.

Wiesbaden 22. December. ( O. P. A. Z. ) Jn der gestrigen
Sitzung der hiesigen Ständeversammlung verkündigte der Prä-
sident des Ministeriums, Herr Hergenhahn, daß die Regierung
die Beschlüsse der Stände in der Zehntsache nicht genehmigen
könne. Da indeß die Regierung nicht verkenne, von welcher
Wichtigkeit es sey, diese Sache möglichst bald zu einem definitiven
Abschluß zu bringen und dadurch zum Frieden des Landes und
zur Beruhigung eines großen Theiles der Bevölkerung beizutragen,
mache die Regierung, sich dem Amendement des Herrn v. Eck an-
schließend, den Vorschlag, den noch abzulösenden Theil des Zehn-
tens ( etwa 1 / 5 des ganzen ) im 14fachen Betrage, den bereits im
25fachen Betrage abgelösten 7 / 25 abzuschreiben, und den Zinsfuß
für beide auf 4 Procent festzusetzen. Die Versammlung, ihre
früheren Beschlüsse modificirend, nahm diesen Vorschlag mit 28
gegen 7 Stimmen an. Dem Lande ist dadurch ein Capitalwerth von
beiläufig1 1 / 2 Millionen gewonnen und ein Conflict zwischen Re-
gierung und Ständen vermieden. Die Ständeversammlung be-
willigte sodann mit 24 gegen 11 Stimmen, welche letztere vor-
läufig nur 1 Simpel bewilligen wollten, 2 Steuersimpel für das
Jahr 1849 und vertagte sich dann mit Genehmigung des Herzogs
bis zum 9. Januar kommenden Jahres.

Sigmaringen 21. December. ( Schw. M. ) Es ist nun gewiß,
daß wir nächstens eine Proclamation über die Abtretung der
Regierung an die Krone Preußen erwarten dürfen. Der
Fürst hat sich heute Nacht über München nach Berlin begeben,
um ohne Zweifel die Regierung dem Könige zu übergeben. Sie
[Spaltenumbruch] werden es natürlich finden, daß sich an einen solchen Schritte
ebenso große Befürchtungen als Hoffnungen knüpfen, doch hat
die freisinnige Verfassung die meisten Bedenklichkeiten gehoben.
Ob sich die Uebergabe auch auf das Fürstenthum Hechingen
beziehe, kann ich Jhnen nicht bestimmt sagen; der Fürst befindet
sich schon seit Mitte des Sommers auf seinen Gütern in Schlesien
und dürfte wenigstens für seine Person kein Hinderniß in den
Weg legen, überdies ist der Fürst unvermählt und unbeerbt. Jn
dem gegenwärtigen Augenblicke, wo es sich um die Hegemonie
Preußens in Deutschland und um den Fortbestand oder die Me-
diatisirung der kleineren Souveräne handelt, hat das von dem
Fürsten von Sigmaringen gegebene Beispiel ein mehr als blos
örtliches Jnteresse; auch bietet die Rückkehr der Königlichen Linie
des Hauses Hohenzollern zu den Stammlanden seiner Ureltern
Gelegenheit zu ernsten Betrachtungen dar.

Hadersleben 21. December. ( S.=H. Z. ) Es dürfte die Le-
ser dieses Blattes interessiren, die Meinung zu erfahren, die in
diesem Augenblicke unter den Dänen über die Absichten der
Regierung von Munde zu Munde geht, und, wie fabelhaft sie
auch klingt, unter der dänischen Bevölkerung vielfachen Glauben
findet. An der Südgrenze von Jütland werden 8000 Mann
zusammengezogen, um gleichzeitig mit den nach Alsen überge-
schifften 8000 Mann über Schleswig herzufallen, sobald in
Deutschland, wie man stündlich erwartet, Umstände eintreten,
die den Waffenstillstandsbruch begünstigen. Die Einnahme
Schleswigs, meinen die Dänen, würde trotz einem Winterfeld-
zuge ein Leichtes seyn, und wäre sie erst zum fait accompli ge-
worden, wie die letzten Wiener und Berliner Ereignisse, so wür-
den die späteren Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu ei-
nem erwünschten Ziele führen, um so mehr als Rußland diesem
angeblichen Plane ein williges Ohr geliehen haben soll; auch soll
mit dieser Absicht die im nächsten Monate zu erwartende Ankunft
des Königs Oscar in Malmö in Verbindung stehen.

Frankfurt 21. December. ( Karlsr. Z. ) Wissen Sie denn,
ob Oesterreich in den neuen Reichsverband eintreten will? --
"Nein." -- Glauben Sie, daß man es im Falle der Weigerung
zwingen könne? -- "Nein." -- Also sind Sie für eine Verein-
barung? -- "Nein." -- Ei, wenn Sie weder für Zwangs= noch
für Vereinbarungsmaßregeln sind, so haben sie wohl ein Drittes
vorzuschlagen? -- "Nein 1)." -- Aber was wollen Sie denn so
eigentlich? -- "Wir wollen keine Vereinbarung." Wer eine Op-
position dieser Art mit Vernunftgründen zu überwinden vermag,
der kann mehr als Brod essen.

Die in der "österreichischen Frage" gefaßten Beschlüsse machen
überhaupt eine curiose Reihefolge aus. Eine blose Personalunion
in Ländern, wo die verantwortlichen Ministerien mit der Majori-
tät der Volksvertreter regieren, ist so viel als gar keine Union;
denn auf diese Art hätten die Ministerien den Großfürsten von
Siebenbürgen gegen den König von Böhmen, oder den König
von Ungarn gegen den Markgrafen von Mähren sogar Krieg
führen lassen können und Das wäre doch sicherlich weder im Jn-
teresse Deutschlands noch der österreichischen Monarchie gewesen.
Was bei einer solchen Trennung aus der österreichischen Armee,
die so vielfach auch für Deutschland focht, hätte werden sollen,
daran hatte man, wie es scheint, noch weniger gedacht. Die
Oesterreicher wären Narren gewesen, eine Armee von 500,000
Mann und die Macht eines staatlichen Reiches in solcher Weise
zerbröckeln zu lassen, -- und zwar auf die Beredsamkeit von zwei
Paragraphen hin, welche weder einen Ersatz für so colossalen
Verlust in Aussicht stellten, noch auch nur den Schatten eines
zureichenden Motivs für sich hatten. So lange die Welt steht,
ist noch keine solche Zumuthung gestellt worden, als etwa von
einem Sieger an den Besiegten, dem keine Wahl gelassen war,
oder von einer Uebermacht an den Schwachen, der kein Mittel
des Widerstandes hatte. Hier aber lag weder das eine noch das
andere dieser Verhältnisse vor, und nur ein Wunder konnte die
Annahme solcher Bedingungen erwarten lassen. Mit anderen
Worten, die §§. 2. und 3. der Reichsverfassung, welche der
österreichischen Monarchie die "blose Pesonalunion" vorschrieben,
waren eine Ausschließung Oesterreichs, weil sie dessen
Selbstvernichtung verlangten. Und jetzt, nachdem man Oester-
reich ausgeschlossen hat, wundert man sich in Unschuld, daß es
sich draußen befindet! Nun wäre das Nächstliegende, eine Ver-
einbarung zu versuchen, und Oesterreich scheint sie darzubieten;
allein eine Vereinbarung will man nicht, Mittel der Nöthigung
hat man keine, ein Drittes weiß man nicht und verwirft dennoch
die Vereinbarung: -- da hat alle Logik ein Ende.

Jtalien.

Sardinien. Das Ministerium ist nach den neuesten Berichten
[Ende Spaltensatz]

1) Das Dritte wollen sie eben nicht -- die deutschen Pedanten!

[Beginn Spaltensatz] mit ihnen verbundene „verrätherische Majorität“ sind die Verlei-
teten, die Abtrünnigen... Es erinnert dies noch an ähnliche Zu-
stände der Ueberreiztheit oder des Taumels, welche dem Hell-
sehenden, der mit festem Tritte seinen sichern Weg wandelt, die
eigenen Schwankungen, die eigenen Geisteszustände zuzuschreiben
sich bemüht.

== Aus der bayerischen Pfalz 22. December. Selbst die
Natur hat sich mit der Reaction verschworen. Seit einigen Tagen
ist bei uns und wahrscheinlich auch bei Jhnen eine so empfindliche
Kälte eingetroffen, daß das Bauen von Barrikaden in den Stra-
ßen unserer großen Städte eine reine Unmöglichkeit werden muß.
Noch viel weniger kann aber bei solchem schneidenden Nordoste
an die präcise Execution nächtlicher Mißtrauensvota in der Form
disharmonischer Concerte gedacht werden, indem der Ausdruck
des souveränen Volkswillens allerdings eine schöne Sache ist,
aber doch nur so lange, als dabei der politische Kunstdilettantis-
mus keine erfrorene Gliedmaßen oder sonstige durchschlagende Er-
wiederungen auf die in Tönen abgefaßte Mißtrauensadresse zu
riskiren hat. Wenn wir daher in der nächsten Zeit plötzlich neue
Uebergriffe der Schreibstubenherrschaft, neue Gewaltthätigkeiten
der Soldatendespotie aus Norden oder Süden vernehmen, so
werden wir wissen, was davon der Grund ist. Daß bei solchen
Wetterläuften unsere sonst so stille ( ?! ) Pfalz, besonders bei uns
auf dem Lande, das Ansehen einer geßnerischen Schäferidylle hat,
werden Sie begreifen. An interessanten Episoden darf es natür-
lich nicht fehlen. Zu diesen könnten wir die Thatsachen rechnen, daß
Morgen in dem Dorfe Oppau eine deutschkatholische Gemeinde
aufgethan wird. Glauben Sie ja nicht, daß uns Solches Bedenk-
lichkeiten erregt, abgesehen von dem Schicksale der Glieder solcher
neuen Gemeinde. Die Zeit ist gekommen, wo sich der „freie“
Mensch entscheiden muß. Jeder thue es nach bestem Gewissen!
Eine harte Heimsuchung ist es allerdings, wenn solche Entschei-
dung sogar an den niedern Hütten eines Dorfes anklopft, wie es
hier der Fall ist.

Stuttgart 23. December. ( A. Z. ) David Strauß ist aus
der Kammer der Abgeordneten geschieden. Längst war des selbst-
ständigen Denkers unabhängige Stellung inmitten des Redestro-
mes der Parteien den Radicalen ein Aergerniß, und es wurden in
Mißtrauenserklärungen und Zeitungsangriffen alle Hebel ange-
setzt, um den unbequemen Gast aus dem Ständesaale zu drücken.
Er setzte dem eine Zeitlang die heitere Ruhe entgegen, die ihm
seine große geistige Ueberlegenheit gab. Selbst den Sturm über-
wand er, den sein freimüthiges Bekenntniß veranlaßt hatte:
Blum habe, als er sich zu den Freischärlern der Revolution ge-
sellt, selbst seinen Sicherheitsbrief als Deputirter des deutschen
Parlamentes zerrissen. Das war eine Kühnheit, eine Blasphe-
mie, die dem kühnen Verfasser des Lebens Jesu nicht verziehen
werden konnte. Die Göttlichkeit Christi hatte er anzweifeln dür-
fen — das war in der Ordnung, man trug ihn im Triumphe bei
den Parlamentswahlen, und hängte Trauerflöre aus, als das
Landvolk um Ludwigsburg einen Gläubigeren als Strauß nach
Frankfurt schickte. Aber an Robert Blum zweifeln, — das war
nicht erlaubt! Sein in der öffentlichen Meinung aufgerichtetes
Standbild ward vom Piedestal geworfen, bespuckt, mit Füßen
getreten.

Wiesbaden 22. December. ( O. P. A. Z. ) Jn der gestrigen
Sitzung der hiesigen Ständeversammlung verkündigte der Prä-
sident des Ministeriums, Herr Hergenhahn, daß die Regierung
die Beschlüsse der Stände in der Zehntsache nicht genehmigen
könne. Da indeß die Regierung nicht verkenne, von welcher
Wichtigkeit es sey, diese Sache möglichst bald zu einem definitiven
Abschluß zu bringen und dadurch zum Frieden des Landes und
zur Beruhigung eines großen Theiles der Bevölkerung beizutragen,
mache die Regierung, sich dem Amendement des Herrn v. Eck an-
schließend, den Vorschlag, den noch abzulösenden Theil des Zehn-
tens ( etwa 1 / 5 des ganzen ) im 14fachen Betrage, den bereits im
25fachen Betrage abgelösten 7 / 25 abzuschreiben, und den Zinsfuß
für beide auf 4 Procent festzusetzen. Die Versammlung, ihre
früheren Beschlüsse modificirend, nahm diesen Vorschlag mit 28
gegen 7 Stimmen an. Dem Lande ist dadurch ein Capitalwerth von
beiläufig1 1 / 2 Millionen gewonnen und ein Conflict zwischen Re-
gierung und Ständen vermieden. Die Ständeversammlung be-
willigte sodann mit 24 gegen 11 Stimmen, welche letztere vor-
läufig nur 1 Simpel bewilligen wollten, 2 Steuersimpel für das
Jahr 1849 und vertagte sich dann mit Genehmigung des Herzogs
bis zum 9. Januar kommenden Jahres.

Sigmaringen 21. December. ( Schw. M. ) Es ist nun gewiß,
daß wir nächstens eine Proclamation über die Abtretung der
Regierung an die Krone Preußen erwarten dürfen. Der
Fürst hat sich heute Nacht über München nach Berlin begeben,
um ohne Zweifel die Regierung dem Könige zu übergeben. Sie
[Spaltenumbruch] werden es natürlich finden, daß sich an einen solchen Schritte
ebenso große Befürchtungen als Hoffnungen knüpfen, doch hat
die freisinnige Verfassung die meisten Bedenklichkeiten gehoben.
Ob sich die Uebergabe auch auf das Fürstenthum Hechingen
beziehe, kann ich Jhnen nicht bestimmt sagen; der Fürst befindet
sich schon seit Mitte des Sommers auf seinen Gütern in Schlesien
und dürfte wenigstens für seine Person kein Hinderniß in den
Weg legen, überdies ist der Fürst unvermählt und unbeerbt. Jn
dem gegenwärtigen Augenblicke, wo es sich um die Hegemonie
Preußens in Deutschland und um den Fortbestand oder die Me-
diatisirung der kleineren Souveräne handelt, hat das von dem
Fürsten von Sigmaringen gegebene Beispiel ein mehr als blos
örtliches Jnteresse; auch bietet die Rückkehr der Königlichen Linie
des Hauses Hohenzollern zu den Stammlanden seiner Ureltern
Gelegenheit zu ernsten Betrachtungen dar.

Hadersleben 21. December. ( S.=H. Z. ) Es dürfte die Le-
ser dieses Blattes interessiren, die Meinung zu erfahren, die in
diesem Augenblicke unter den Dänen über die Absichten der
Regierung von Munde zu Munde geht, und, wie fabelhaft sie
auch klingt, unter der dänischen Bevölkerung vielfachen Glauben
findet. An der Südgrenze von Jütland werden 8000 Mann
zusammengezogen, um gleichzeitig mit den nach Alsen überge-
schifften 8000 Mann über Schleswig herzufallen, sobald in
Deutschland, wie man stündlich erwartet, Umstände eintreten,
die den Waffenstillstandsbruch begünstigen. Die Einnahme
Schleswigs, meinen die Dänen, würde trotz einem Winterfeld-
zuge ein Leichtes seyn, und wäre sie erst zum fait accompli ge-
worden, wie die letzten Wiener und Berliner Ereignisse, so wür-
den die späteren Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu ei-
nem erwünschten Ziele führen, um so mehr als Rußland diesem
angeblichen Plane ein williges Ohr geliehen haben soll; auch soll
mit dieser Absicht die im nächsten Monate zu erwartende Ankunft
des Königs Oscar in Malmö in Verbindung stehen.

Frankfurt 21. December. ( Karlsr. Z. ) Wissen Sie denn,
ob Oesterreich in den neuen Reichsverband eintreten will? —
„Nein.“ — Glauben Sie, daß man es im Falle der Weigerung
zwingen könne? — „Nein.“ — Also sind Sie für eine Verein-
barung? — „Nein.“ — Ei, wenn Sie weder für Zwangs= noch
für Vereinbarungsmaßregeln sind, so haben sie wohl ein Drittes
vorzuschlagen? — „Nein 1).“ — Aber was wollen Sie denn so
eigentlich? — „Wir wollen keine Vereinbarung.“ Wer eine Op-
position dieser Art mit Vernunftgründen zu überwinden vermag,
der kann mehr als Brod essen.

Die in der „österreichischen Frage“ gefaßten Beschlüsse machen
überhaupt eine curiose Reihefolge aus. Eine blose Personalunion
in Ländern, wo die verantwortlichen Ministerien mit der Majori-
tät der Volksvertreter regieren, ist so viel als gar keine Union;
denn auf diese Art hätten die Ministerien den Großfürsten von
Siebenbürgen gegen den König von Böhmen, oder den König
von Ungarn gegen den Markgrafen von Mähren sogar Krieg
führen lassen können und Das wäre doch sicherlich weder im Jn-
teresse Deutschlands noch der österreichischen Monarchie gewesen.
Was bei einer solchen Trennung aus der österreichischen Armee,
die so vielfach auch für Deutschland focht, hätte werden sollen,
daran hatte man, wie es scheint, noch weniger gedacht. Die
Oesterreicher wären Narren gewesen, eine Armee von 500,000
Mann und die Macht eines staatlichen Reiches in solcher Weise
zerbröckeln zu lassen, — und zwar auf die Beredsamkeit von zwei
Paragraphen hin, welche weder einen Ersatz für so colossalen
Verlust in Aussicht stellten, noch auch nur den Schatten eines
zureichenden Motivs für sich hatten. So lange die Welt steht,
ist noch keine solche Zumuthung gestellt worden, als etwa von
einem Sieger an den Besiegten, dem keine Wahl gelassen war,
oder von einer Uebermacht an den Schwachen, der kein Mittel
des Widerstandes hatte. Hier aber lag weder das eine noch das
andere dieser Verhältnisse vor, und nur ein Wunder konnte die
Annahme solcher Bedingungen erwarten lassen. Mit anderen
Worten, die §§. 2. und 3. der Reichsverfassung, welche der
österreichischen Monarchie die „blose Pesonalunion“ vorschrieben,
waren eine Ausschließung Oesterreichs, weil sie dessen
Selbstvernichtung verlangten. Und jetzt, nachdem man Oester-
reich ausgeschlossen hat, wundert man sich in Unschuld, daß es
sich draußen befindet! Nun wäre das Nächstliegende, eine Ver-
einbarung zu versuchen, und Oesterreich scheint sie darzubieten;
allein eine Vereinbarung will man nicht, Mittel der Nöthigung
hat man keine, ein Drittes weiß man nicht und verwirft dennoch
die Vereinbarung: — da hat alle Logik ein Ende.

Jtalien.

Sardinien. Das Ministerium ist nach den neuesten Berichten
[Ende Spaltensatz]

1) Das Dritte wollen sie eben nicht — die deutschen Pedanten!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/>
mit ihnen verbundene &#x201E;verrätherische Majorität&#x201C; sind die Verlei-<lb/>
teten, die Abtrünnigen... Es erinnert dies noch an ähnliche Zu-<lb/>
stände der Ueberreiztheit oder des Taumels, welche dem Hell-<lb/>
sehenden, der mit festem Tritte seinen sichern Weg wandelt, die<lb/>
eigenen Schwankungen, die eigenen Geisteszustände zuzuschreiben<lb/>
sich bemüht.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>== Aus der bayerischen Pfalz 22. December. Selbst die<lb/>
Natur hat sich mit der Reaction verschworen. Seit einigen Tagen<lb/>
ist bei uns und wahrscheinlich auch bei Jhnen eine so empfindliche<lb/>
Kälte eingetroffen, daß das Bauen von Barrikaden in den Stra-<lb/>
ßen unserer großen Städte eine reine Unmöglichkeit werden muß.<lb/>
Noch viel weniger kann aber bei solchem schneidenden Nordoste<lb/>
an die präcise Execution nächtlicher Mißtrauensvota in der Form<lb/>
disharmonischer Concerte gedacht werden, indem der Ausdruck<lb/>
des souveränen Volkswillens allerdings eine schöne Sache ist,<lb/>
aber doch nur so lange, als dabei der politische Kunstdilettantis-<lb/>
mus keine erfrorene Gliedmaßen oder sonstige durchschlagende Er-<lb/>
wiederungen auf die in Tönen abgefaßte Mißtrauensadresse zu<lb/>
riskiren hat. Wenn wir daher in der nächsten Zeit plötzlich neue<lb/>
Uebergriffe der Schreibstubenherrschaft, neue Gewaltthätigkeiten<lb/>
der Soldatendespotie aus Norden oder Süden vernehmen, so<lb/>
werden wir wissen, was davon der Grund ist. Daß bei solchen<lb/>
Wetterläuften unsere sonst so stille ( ?! ) Pfalz, besonders bei uns<lb/>
auf dem Lande, das Ansehen einer geßnerischen Schäferidylle hat,<lb/>
werden Sie begreifen. An interessanten Episoden darf es natür-<lb/>
lich nicht fehlen. Zu diesen könnten wir die Thatsachen rechnen, daß<lb/>
Morgen in dem Dorfe <hi rendition="#g">Oppau</hi> eine deutschkatholische Gemeinde<lb/>
aufgethan wird. Glauben Sie ja nicht, daß uns Solches Bedenk-<lb/>
lichkeiten erregt, abgesehen von dem Schicksale der Glieder solcher<lb/>
neuen Gemeinde. Die Zeit ist gekommen, wo sich der &#x201E;freie&#x201C;<lb/>
Mensch entscheiden muß. Jeder thue es nach bestem Gewissen!<lb/>
Eine harte Heimsuchung ist es allerdings, wenn solche Entschei-<lb/>
dung sogar an den niedern Hütten eines Dorfes anklopft, wie es<lb/>
hier der Fall ist.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Stuttgart 23. December. ( A. Z. ) David Strauß ist aus<lb/>
der Kammer der Abgeordneten geschieden. Längst war des selbst-<lb/>
ständigen Denkers unabhängige Stellung inmitten des Redestro-<lb/>
mes der Parteien den Radicalen ein Aergerniß, und es wurden in<lb/>
Mißtrauenserklärungen und Zeitungsangriffen alle Hebel ange-<lb/>
setzt, um den unbequemen Gast aus dem Ständesaale zu drücken.<lb/>
Er setzte dem eine Zeitlang die heitere Ruhe entgegen, die ihm<lb/>
seine große geistige Ueberlegenheit gab. Selbst den Sturm über-<lb/>
wand er, den sein freimüthiges Bekenntniß veranlaßt hatte:<lb/><hi rendition="#g">Blum</hi> habe, als er sich zu den Freischärlern der Revolution ge-<lb/>
sellt, selbst seinen Sicherheitsbrief als Deputirter des deutschen<lb/>
Parlamentes zerrissen. Das war eine Kühnheit, eine Blasphe-<lb/>
mie, die dem kühnen Verfasser des Lebens Jesu nicht verziehen<lb/>
werden konnte. Die Göttlichkeit Christi hatte er anzweifeln dür-<lb/>
fen &#x2014; das war in der Ordnung, man trug ihn im Triumphe bei<lb/>
den Parlamentswahlen, und hängte Trauerflöre aus, als das<lb/>
Landvolk um Ludwigsburg einen Gläubigeren als Strauß nach<lb/>
Frankfurt schickte. Aber an Robert Blum zweifeln, &#x2014; das war<lb/>
nicht erlaubt! Sein in der öffentlichen Meinung aufgerichtetes<lb/>
Standbild ward vom Piedestal geworfen, bespuckt, mit Füßen<lb/>
getreten.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Wiesbaden 22. December. ( O. P. A. Z. ) Jn der gestrigen<lb/>
Sitzung der hiesigen Ständeversammlung verkündigte der Prä-<lb/>
sident des Ministeriums, Herr Hergenhahn, daß die Regierung<lb/>
die Beschlüsse der Stände in der Zehntsache nicht genehmigen<lb/>
könne. Da indeß die Regierung nicht verkenne, von welcher<lb/>
Wichtigkeit es sey, diese Sache möglichst bald zu einem definitiven<lb/>
Abschluß zu bringen und dadurch zum Frieden des Landes und<lb/>
zur Beruhigung eines großen Theiles der Bevölkerung beizutragen,<lb/>
mache die Regierung, sich dem Amendement des Herrn v. Eck an-<lb/>
schließend, den Vorschlag, den noch abzulösenden Theil des Zehn-<lb/>
tens ( etwa 1 / 5 des ganzen ) im 14fachen Betrage, den bereits im<lb/>
25fachen Betrage abgelösten 7 / 25 abzuschreiben, und den Zinsfuß<lb/>
für beide auf 4 Procent festzusetzen. Die Versammlung, ihre<lb/>
früheren Beschlüsse modificirend, nahm diesen Vorschlag mit 28<lb/>
gegen 7 Stimmen an. Dem Lande ist dadurch ein Capitalwerth von<lb/>
beiläufig1 1 / 2 Millionen gewonnen und ein Conflict zwischen Re-<lb/>
gierung und Ständen vermieden. Die Ständeversammlung be-<lb/>
willigte sodann mit 24 gegen 11 Stimmen, welche letztere vor-<lb/>
läufig nur 1 Simpel bewilligen wollten, 2 Steuersimpel für das<lb/>
Jahr 1849 und vertagte sich dann mit Genehmigung des Herzogs<lb/>
bis zum 9. Januar kommenden Jahres.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Sigmaringen 21. December. ( Schw. M. ) Es ist nun gewiß,<lb/>
daß wir nächstens eine Proclamation über die <hi rendition="#g">Abtretung</hi> der<lb/>
Regierung <hi rendition="#g">an die Krone Preußen</hi> erwarten dürfen. Der<lb/>
Fürst hat sich heute Nacht über München nach Berlin begeben,<lb/>
um ohne Zweifel die Regierung dem Könige zu übergeben. Sie<lb/><cb n="2"/>
werden es natürlich finden, daß sich an einen solchen Schritte<lb/>
ebenso große Befürchtungen als Hoffnungen knüpfen, doch hat<lb/>
die freisinnige Verfassung die meisten Bedenklichkeiten gehoben.<lb/>
Ob sich die Uebergabe auch auf das Fürstenthum <hi rendition="#g">Hechingen</hi><lb/>
beziehe, kann ich Jhnen nicht bestimmt sagen; der Fürst befindet<lb/>
sich schon seit Mitte des Sommers auf seinen Gütern in Schlesien<lb/>
und dürfte wenigstens für seine Person kein Hinderniß in den<lb/>
Weg legen, überdies ist der Fürst unvermählt und unbeerbt. Jn<lb/>
dem gegenwärtigen Augenblicke, wo es sich um die Hegemonie<lb/>
Preußens in Deutschland und um den Fortbestand oder die Me-<lb/>
diatisirung der kleineren Souveräne handelt, hat das von dem<lb/>
Fürsten von Sigmaringen gegebene Beispiel ein mehr als blos<lb/>
örtliches Jnteresse; auch bietet die Rückkehr der Königlichen Linie<lb/>
des Hauses Hohenzollern zu den Stammlanden seiner Ureltern<lb/>
Gelegenheit zu ernsten Betrachtungen dar.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Hadersleben 21. December. ( S.=H. Z. ) Es dürfte die Le-<lb/>
ser dieses Blattes interessiren, die Meinung zu erfahren, die in<lb/>
diesem Augenblicke <hi rendition="#g">unter den Dänen</hi> über die Absichten der<lb/>
Regierung von Munde zu Munde geht, und, wie fabelhaft sie<lb/>
auch klingt, unter der dänischen Bevölkerung vielfachen Glauben<lb/>
findet. An der Südgrenze von Jütland werden 8000 Mann<lb/>
zusammengezogen, um gleichzeitig mit den nach Alsen überge-<lb/>
schifften 8000 Mann über Schleswig herzufallen, sobald in<lb/>
Deutschland, wie man stündlich erwartet, Umstände eintreten,<lb/>
die den Waffenstillstandsbruch begünstigen. Die Einnahme<lb/>
Schleswigs, meinen die Dänen, würde trotz einem Winterfeld-<lb/>
zuge ein Leichtes seyn, und wäre sie erst zum <hi rendition="#aq">fait accompli</hi> ge-<lb/>
worden, wie die letzten Wiener und Berliner Ereignisse, so wür-<lb/>
den die späteren Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu ei-<lb/>
nem erwünschten Ziele führen, um so mehr als Rußland diesem<lb/>
angeblichen Plane ein williges Ohr geliehen haben soll; auch soll<lb/>
mit dieser Absicht die im nächsten Monate zu erwartende Ankunft<lb/>
des Königs Oscar in Malmö in Verbindung stehen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Frankfurt 21. December. ( Karlsr. Z. ) Wissen Sie denn,<lb/>
ob Oesterreich in den neuen Reichsverband eintreten will? &#x2014;<lb/>
&#x201E;Nein.&#x201C; &#x2014; Glauben Sie, daß man es im Falle der Weigerung<lb/>
zwingen könne? &#x2014; &#x201E;Nein.&#x201C; &#x2014; Also sind Sie für eine Verein-<lb/>
barung? &#x2014; &#x201E;Nein.&#x201C; &#x2014; Ei, wenn Sie weder für Zwangs= noch<lb/>
für Vereinbarungsmaßregeln sind, so haben sie wohl ein Drittes<lb/>
vorzuschlagen? &#x2014; &#x201E;Nein <note place="foot" n="1)">Das Dritte wollen sie eben nicht &#x2014; die deutschen Pedanten!</note>.&#x201C; &#x2014; Aber was wollen Sie denn so<lb/>
eigentlich? &#x2014; &#x201E;Wir wollen keine Vereinbarung.&#x201C; Wer eine Op-<lb/>
position dieser Art mit Vernunftgründen zu überwinden vermag,<lb/>
der kann mehr als Brod essen.</p><lb/>
          <p>Die in der &#x201E;österreichischen Frage&#x201C; gefaßten Beschlüsse machen<lb/>
überhaupt eine curiose Reihefolge aus. Eine blose Personalunion<lb/>
in Ländern, wo die verantwortlichen Ministerien mit der Majori-<lb/>
tät der Volksvertreter regieren, ist so viel als <hi rendition="#g">gar keine</hi> Union;<lb/>
denn auf diese Art hätten die Ministerien den Großfürsten von<lb/>
Siebenbürgen gegen den König von Böhmen, oder den König<lb/>
von Ungarn gegen den Markgrafen von Mähren sogar <hi rendition="#g">Krieg</hi><lb/>
führen lassen können und Das wäre doch sicherlich weder im Jn-<lb/>
teresse Deutschlands noch der österreichischen Monarchie gewesen.<lb/>
Was bei einer solchen Trennung aus der österreichischen Armee,<lb/>
die so vielfach auch für Deutschland focht, hätte werden sollen,<lb/>
daran hatte man, wie es scheint, noch weniger gedacht. Die<lb/>
Oesterreicher wären Narren gewesen, eine Armee von 500,000<lb/>
Mann und die Macht eines staatlichen Reiches in solcher Weise<lb/>
zerbröckeln zu lassen, &#x2014; und zwar auf die Beredsamkeit von zwei<lb/>
Paragraphen hin, welche weder einen Ersatz für so colossalen<lb/>
Verlust in Aussicht stellten, noch auch nur den Schatten eines<lb/>
zureichenden Motivs für sich hatten. So lange die Welt steht,<lb/>
ist noch keine solche Zumuthung gestellt worden, als etwa von<lb/>
einem Sieger an den Besiegten, dem keine Wahl gelassen war,<lb/>
oder von einer Uebermacht an den Schwachen, der kein Mittel<lb/>
des Widerstandes hatte. Hier aber lag weder das eine noch das<lb/>
andere dieser Verhältnisse vor, und nur ein Wunder konnte die<lb/>
Annahme solcher Bedingungen erwarten lassen. Mit anderen<lb/>
Worten, die §§. 2. und 3. der Reichsverfassung, welche der<lb/>
österreichischen Monarchie die &#x201E;blose Pesonalunion&#x201C; vorschrieben,<lb/>
waren eine <hi rendition="#g">Ausschließung</hi> Oesterreichs, weil sie dessen<lb/>
Selbstvernichtung verlangten. Und jetzt, nachdem man Oester-<lb/>
reich ausgeschlossen hat, wundert man sich in Unschuld, daß es<lb/>
sich draußen befindet! Nun wäre das Nächstliegende, eine Ver-<lb/>
einbarung zu versuchen, und Oesterreich scheint sie darzubieten;<lb/>
allein eine Vereinbarung will man nicht, Mittel der Nöthigung<lb/>
hat man keine, ein Drittes weiß man nicht und verwirft dennoch<lb/>
die Vereinbarung: &#x2014; da hat alle Logik ein Ende.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Jtalien.</hi> </head><lb/>
        <p>Sardinien. Das Ministerium ist nach den neuesten Berichten<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0003] mit ihnen verbundene „verrätherische Majorität“ sind die Verlei- teten, die Abtrünnigen... Es erinnert dies noch an ähnliche Zu- stände der Ueberreiztheit oder des Taumels, welche dem Hell- sehenden, der mit festem Tritte seinen sichern Weg wandelt, die eigenen Schwankungen, die eigenen Geisteszustände zuzuschreiben sich bemüht. == Aus der bayerischen Pfalz 22. December. Selbst die Natur hat sich mit der Reaction verschworen. Seit einigen Tagen ist bei uns und wahrscheinlich auch bei Jhnen eine so empfindliche Kälte eingetroffen, daß das Bauen von Barrikaden in den Stra- ßen unserer großen Städte eine reine Unmöglichkeit werden muß. Noch viel weniger kann aber bei solchem schneidenden Nordoste an die präcise Execution nächtlicher Mißtrauensvota in der Form disharmonischer Concerte gedacht werden, indem der Ausdruck des souveränen Volkswillens allerdings eine schöne Sache ist, aber doch nur so lange, als dabei der politische Kunstdilettantis- mus keine erfrorene Gliedmaßen oder sonstige durchschlagende Er- wiederungen auf die in Tönen abgefaßte Mißtrauensadresse zu riskiren hat. Wenn wir daher in der nächsten Zeit plötzlich neue Uebergriffe der Schreibstubenherrschaft, neue Gewaltthätigkeiten der Soldatendespotie aus Norden oder Süden vernehmen, so werden wir wissen, was davon der Grund ist. Daß bei solchen Wetterläuften unsere sonst so stille ( ?! ) Pfalz, besonders bei uns auf dem Lande, das Ansehen einer geßnerischen Schäferidylle hat, werden Sie begreifen. An interessanten Episoden darf es natür- lich nicht fehlen. Zu diesen könnten wir die Thatsachen rechnen, daß Morgen in dem Dorfe Oppau eine deutschkatholische Gemeinde aufgethan wird. Glauben Sie ja nicht, daß uns Solches Bedenk- lichkeiten erregt, abgesehen von dem Schicksale der Glieder solcher neuen Gemeinde. Die Zeit ist gekommen, wo sich der „freie“ Mensch entscheiden muß. Jeder thue es nach bestem Gewissen! Eine harte Heimsuchung ist es allerdings, wenn solche Entschei- dung sogar an den niedern Hütten eines Dorfes anklopft, wie es hier der Fall ist. Stuttgart 23. December. ( A. Z. ) David Strauß ist aus der Kammer der Abgeordneten geschieden. Längst war des selbst- ständigen Denkers unabhängige Stellung inmitten des Redestro- mes der Parteien den Radicalen ein Aergerniß, und es wurden in Mißtrauenserklärungen und Zeitungsangriffen alle Hebel ange- setzt, um den unbequemen Gast aus dem Ständesaale zu drücken. Er setzte dem eine Zeitlang die heitere Ruhe entgegen, die ihm seine große geistige Ueberlegenheit gab. Selbst den Sturm über- wand er, den sein freimüthiges Bekenntniß veranlaßt hatte: Blum habe, als er sich zu den Freischärlern der Revolution ge- sellt, selbst seinen Sicherheitsbrief als Deputirter des deutschen Parlamentes zerrissen. Das war eine Kühnheit, eine Blasphe- mie, die dem kühnen Verfasser des Lebens Jesu nicht verziehen werden konnte. Die Göttlichkeit Christi hatte er anzweifeln dür- fen — das war in der Ordnung, man trug ihn im Triumphe bei den Parlamentswahlen, und hängte Trauerflöre aus, als das Landvolk um Ludwigsburg einen Gläubigeren als Strauß nach Frankfurt schickte. Aber an Robert Blum zweifeln, — das war nicht erlaubt! Sein in der öffentlichen Meinung aufgerichtetes Standbild ward vom Piedestal geworfen, bespuckt, mit Füßen getreten. Wiesbaden 22. December. ( O. P. A. Z. ) Jn der gestrigen Sitzung der hiesigen Ständeversammlung verkündigte der Prä- sident des Ministeriums, Herr Hergenhahn, daß die Regierung die Beschlüsse der Stände in der Zehntsache nicht genehmigen könne. Da indeß die Regierung nicht verkenne, von welcher Wichtigkeit es sey, diese Sache möglichst bald zu einem definitiven Abschluß zu bringen und dadurch zum Frieden des Landes und zur Beruhigung eines großen Theiles der Bevölkerung beizutragen, mache die Regierung, sich dem Amendement des Herrn v. Eck an- schließend, den Vorschlag, den noch abzulösenden Theil des Zehn- tens ( etwa 1 / 5 des ganzen ) im 14fachen Betrage, den bereits im 25fachen Betrage abgelösten 7 / 25 abzuschreiben, und den Zinsfuß für beide auf 4 Procent festzusetzen. Die Versammlung, ihre früheren Beschlüsse modificirend, nahm diesen Vorschlag mit 28 gegen 7 Stimmen an. Dem Lande ist dadurch ein Capitalwerth von beiläufig1 1 / 2 Millionen gewonnen und ein Conflict zwischen Re- gierung und Ständen vermieden. Die Ständeversammlung be- willigte sodann mit 24 gegen 11 Stimmen, welche letztere vor- läufig nur 1 Simpel bewilligen wollten, 2 Steuersimpel für das Jahr 1849 und vertagte sich dann mit Genehmigung des Herzogs bis zum 9. Januar kommenden Jahres. Sigmaringen 21. December. ( Schw. M. ) Es ist nun gewiß, daß wir nächstens eine Proclamation über die Abtretung der Regierung an die Krone Preußen erwarten dürfen. Der Fürst hat sich heute Nacht über München nach Berlin begeben, um ohne Zweifel die Regierung dem Könige zu übergeben. Sie werden es natürlich finden, daß sich an einen solchen Schritte ebenso große Befürchtungen als Hoffnungen knüpfen, doch hat die freisinnige Verfassung die meisten Bedenklichkeiten gehoben. Ob sich die Uebergabe auch auf das Fürstenthum Hechingen beziehe, kann ich Jhnen nicht bestimmt sagen; der Fürst befindet sich schon seit Mitte des Sommers auf seinen Gütern in Schlesien und dürfte wenigstens für seine Person kein Hinderniß in den Weg legen, überdies ist der Fürst unvermählt und unbeerbt. Jn dem gegenwärtigen Augenblicke, wo es sich um die Hegemonie Preußens in Deutschland und um den Fortbestand oder die Me- diatisirung der kleineren Souveräne handelt, hat das von dem Fürsten von Sigmaringen gegebene Beispiel ein mehr als blos örtliches Jnteresse; auch bietet die Rückkehr der Königlichen Linie des Hauses Hohenzollern zu den Stammlanden seiner Ureltern Gelegenheit zu ernsten Betrachtungen dar. Hadersleben 21. December. ( S.=H. Z. ) Es dürfte die Le- ser dieses Blattes interessiren, die Meinung zu erfahren, die in diesem Augenblicke unter den Dänen über die Absichten der Regierung von Munde zu Munde geht, und, wie fabelhaft sie auch klingt, unter der dänischen Bevölkerung vielfachen Glauben findet. An der Südgrenze von Jütland werden 8000 Mann zusammengezogen, um gleichzeitig mit den nach Alsen überge- schifften 8000 Mann über Schleswig herzufallen, sobald in Deutschland, wie man stündlich erwartet, Umstände eintreten, die den Waffenstillstandsbruch begünstigen. Die Einnahme Schleswigs, meinen die Dänen, würde trotz einem Winterfeld- zuge ein Leichtes seyn, und wäre sie erst zum fait accompli ge- worden, wie die letzten Wiener und Berliner Ereignisse, so wür- den die späteren Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu ei- nem erwünschten Ziele führen, um so mehr als Rußland diesem angeblichen Plane ein williges Ohr geliehen haben soll; auch soll mit dieser Absicht die im nächsten Monate zu erwartende Ankunft des Königs Oscar in Malmö in Verbindung stehen. Frankfurt 21. December. ( Karlsr. Z. ) Wissen Sie denn, ob Oesterreich in den neuen Reichsverband eintreten will? — „Nein.“ — Glauben Sie, daß man es im Falle der Weigerung zwingen könne? — „Nein.“ — Also sind Sie für eine Verein- barung? — „Nein.“ — Ei, wenn Sie weder für Zwangs= noch für Vereinbarungsmaßregeln sind, so haben sie wohl ein Drittes vorzuschlagen? — „Nein 1).“ — Aber was wollen Sie denn so eigentlich? — „Wir wollen keine Vereinbarung.“ Wer eine Op- position dieser Art mit Vernunftgründen zu überwinden vermag, der kann mehr als Brod essen. Die in der „österreichischen Frage“ gefaßten Beschlüsse machen überhaupt eine curiose Reihefolge aus. Eine blose Personalunion in Ländern, wo die verantwortlichen Ministerien mit der Majori- tät der Volksvertreter regieren, ist so viel als gar keine Union; denn auf diese Art hätten die Ministerien den Großfürsten von Siebenbürgen gegen den König von Böhmen, oder den König von Ungarn gegen den Markgrafen von Mähren sogar Krieg führen lassen können und Das wäre doch sicherlich weder im Jn- teresse Deutschlands noch der österreichischen Monarchie gewesen. Was bei einer solchen Trennung aus der österreichischen Armee, die so vielfach auch für Deutschland focht, hätte werden sollen, daran hatte man, wie es scheint, noch weniger gedacht. Die Oesterreicher wären Narren gewesen, eine Armee von 500,000 Mann und die Macht eines staatlichen Reiches in solcher Weise zerbröckeln zu lassen, — und zwar auf die Beredsamkeit von zwei Paragraphen hin, welche weder einen Ersatz für so colossalen Verlust in Aussicht stellten, noch auch nur den Schatten eines zureichenden Motivs für sich hatten. So lange die Welt steht, ist noch keine solche Zumuthung gestellt worden, als etwa von einem Sieger an den Besiegten, dem keine Wahl gelassen war, oder von einer Uebermacht an den Schwachen, der kein Mittel des Widerstandes hatte. Hier aber lag weder das eine noch das andere dieser Verhältnisse vor, und nur ein Wunder konnte die Annahme solcher Bedingungen erwarten lassen. Mit anderen Worten, die §§. 2. und 3. der Reichsverfassung, welche der österreichischen Monarchie die „blose Pesonalunion“ vorschrieben, waren eine Ausschließung Oesterreichs, weil sie dessen Selbstvernichtung verlangten. Und jetzt, nachdem man Oester- reich ausgeschlossen hat, wundert man sich in Unschuld, daß es sich draußen befindet! Nun wäre das Nächstliegende, eine Ver- einbarung zu versuchen, und Oesterreich scheint sie darzubieten; allein eine Vereinbarung will man nicht, Mittel der Nöthigung hat man keine, ein Drittes weiß man nicht und verwirft dennoch die Vereinbarung: — da hat alle Logik ein Ende. Jtalien. Sardinien. Das Ministerium ist nach den neuesten Berichten 1) Das Dritte wollen sie eben nicht — die deutschen Pedanten!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal173_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal173_1848/3
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 173. Mainz, 26. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal173_1848/3>, abgerufen am 24.11.2024.