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Mainzer Journal. Nr. 170. Mainz, 21. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz]

§. 9. Er schließt die Bündnisse und Verträge mit auswärti-
gen Mächten ab, ohne Mitwirkung des Reichstages, insoweit
diese nicht verfassungsmäßig vorbehalten ist.

§. 10. Alle nicht rein privatrechtlichen Verträge, welche
deutsche Regierungen unter sich oder mit auswärtigen Regierungen
abschließen, sind dem Kaiser zur Kenntnißnahme und insofern
das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzu-
legen.

§. 11. Der Kaiser hat das Recht des Gesetzvorschlages. Er
verkündet die von ihm sanctionirten Gesetze und erläßt die zur
Vollziehung derselben erforderlichen Verordnungen.

§. 12. Jn Strafsachen, welche zur Zuständigkeit des Reichs-
gerichtes gehören, hat der Kaiser das Recht der Begnadigung,
den Fall der Ministeranklage ausgenommen.

§. 13. Dem Kaiser liegt die Wahrung des Reichsfriedens ob.
Er hat die Verfügung über die bewaffnete Macht. Ueberhaupt
stehen ihm als Träger der Regierungsgewalt im Reiche diejenigen
Rechte und Befugnisse zu, welche in der Verfassung der Reichs-
gewalt beigelegt und dem Reichstage nicht zugewiesen sind.

Der Reichsrath

Art. IV. §. 1. Der Reichsrath besteht aus den Bevollmäch-
tigten der Staaten und Staatenverbände, welche selbstständig im
Staatenhause vertreten sind. Jeder Staat oder Staatenverband
ernennt dazu ein Mitglied. Die vier freien Städte werden durch
ein Mitglied vertreten. §. 2. Der Reichsrath bildet ein Colle-
gium; er versammelt sich am Sitze der Reichsregierung. §. 3.
Die Beschlüsse des Reichsrathes werden durch Stimmenmehrheit
gefaßt. §. 4. Die Reichsregierung wird bei den Verhandlungen
des Reichsrathes durch die Minister oder deren Commissarien
vertreten. §. 5. Dem Reichsrathe sind die Gesetzentwürfe,
welche die Reichsregierung bei dem Reichstage einbringen will,
zur Begutachtung vorzulegen. Der Reichsrath ist verpflichtet, in-
nerhalb vier Wochen nach Mittheilung des Gesetzentwurfes sein
Gutachten darüber abzugeben. §. 6. Die Reichsregierung ist be-
fugt über Vorlagen, welche Maßregeln der allgemeinen Gewalt
betreffen, namentlich auch über Verträge mit auswärtigen Mäch-
ten das Gutachten des Reichsrathes einzuziehen.

Minoritätserachten. Jch wünsche den Paragraph so gefaßt:
"Die Reichsregierung ist befugt über Vorlagen, welche Maßregeln
der vollziehenden Gewalt betreffen; das Gutachten des Reichs-
rathes einzuziehen." Dahlmann 1).



Deutschland.

Wien 13. December. ( A. Z. ) Jn gut unterrichteten Kreisen
spricht man nun abermals von Berufung des Baron Kübeck
ins Ministerium. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß derselbe
dann wieder die Finanzen übernehmen würde, welche genug Stoff
zu ernsten Betrachtungen geben müssen. Dem Vernehmen nach
werden im Hofstaate und den Hofämtern bedeutende Reductionen
vorgenommen und theils die Zahl der bei denselben angestellten
Beamten vermindert, theils einzelne Hofämter ganz aufgehoben
werden. So sollen auch die k. k. Hofbühnen, welche früher unter
dem Oberstkämmereramte standen, fortan dem Minister des Jn-
nern unterstehen, die übrigen Functionen des Oberstkämmerer-
amtes aber dem Minister des kaiserlichen Hauses zugewiesen
werden.

Wien 16. December. Der heute morgen erwähnte Antrag
des Finanzausschusses
lautet: 1 ) Das Ministerium wird
ermächtigt, im Laufe des Verwaltungsjahres 1849 durch Be-
nützung des Staatscredites unter den für die Finanzen günstigsten
Bedingungen Geldmittel bis zur Höhe von 50 Millionen Gulden
aufzubringen. 2 ) Das Ministerium wird ermächtigt, zur Deck-
ung dieser 50 Millionen verzinsliche Staatsscheine mit oder ohne
Zwangscours anzugeben und eine Staatsanleihe, jedoch beide ohne
Hypothek, aufzunehmen. 3 ) Wird eine Staatsanleihe aufgenom-
men, so hat Solches im Wege der öffentlichen Ausbietung an
den Bestbietenden oder der für Jedermann bei Erfüllung der
vorgezeichneten Bedingungen offenstehenden Subscription zu er-
folgen. 4 ) Die einfließenden Beträge sind zur Bestreitung des
[Spaltenumbruch] durch die laufenden Einnahmen nicht bedeckten, unaufschieblichen
Staatsaufwandes zu verwenden. 5 ) Ueber die Art der Vollfüh-
rung dieser Ermächtigung und die Ergebnisse der dazu ergriffenen
Maßregeln sind vom Ministerium dem Reichstage die erschöpfen-
den Nachweisungen in kürzester Frist nach der Vollführung vorzu-
legen. Der Eingang des Berichtes, auf welchen der gefaßte
Antrag hinweist, umfaßt: die von dem verantwortlichen Gesammt-
ministerium eingeholte Zu sicherung eines ungesch mälerten
Wirkungskreises der constituirenden Reichsver-
sammlung
auf Grund der von dem frühern Monarchen zuge-
standenen Rechte; die Ueberzeugung, daß es für das allgemeine
Wohl erforderlich sey, durch die Bewilligung eines namhaften
Credites die Staatsgewalt in die Lage zu setzen, die Jntegrität der
österreichischen Monarchie aufrecht zu erhalten, und namentlich
das Ziel des Ministeriums in Betreff der ungarischen Angelegen-
heiten zu unterstützen.

Die St. Petersburger Blätter melden, daß der Erzherzog
Wilhelm am 9. December in St. Petersburg angekommen ist,
um den österreichischen Thronwechsel anzuzeigen.

Triest 13. December. ( C. Bl. a. B. ) Wir erfahren, daß
Malghera bereits beschossen und angegriffen wird und daß man
schweres Geschütz und Munition in hinreichender Menge hat, um
diesen Angriff mit Nachdruck und Erfolg führen zu können. Der
Fall Malghera's würde von ungeheuerer Wichtigkeit seyn und
die Venetianer aus ihrem süßen Sicherheits= und Unzugänglich-
keitstraume auf eine unangenehme Weise wecken. Unserer braven
Armee aber gebührt eine Genugthuung für die so unschuldiger
Weise bei Mestre erlittene Schlappe.

Berlin 19. December. Hier gehen eben wunderliche Dinge
vor, von denen sich die Unschuldigen vor wenigen Wochen noch
nichts träumen ließen. Zuerst das folgende Schreiben des ge-
heimen Obertribunals an den Abgeordneten Waldeck, bekannt-
lich
Führer der äußersten Linken: "Ew. Hochwohlgeboren
haben leider dem, Jhnen im Namen der Mitglieder des ersten
Senates des Geh. Ober=Tribunals ausgesprochenen Wunsche:
sich bis auf Weiteres von den Sitzungen die[s]es Senates fernzu-
halten, nicht Folge geleistet. Dies hat ein Zusammentreten der
Mitglieder aller vier Senate des Collegiums nöthig gemacht, da-
mit wir uns über die nun zu treffenden Maßregeln vereinigten
Wenn ich Jhnen das Ergebniß jener Besprechung mitzutheilen
habe, so meine ich, Sie vor allem daran erinnern zu müssen, mit
welcher collegialischen Freundlichkeit Sie von uns Allen bei Jhrem
frühern Eintritte in das Collegium aufgenommen worden sind.
Sie mögen daran ermessen, in welchem Grade wir eine veränderte
Lage der Dinge wichtig zu nehmen uns verpflichtet fühlen, welche
uns die Nothwendigkeit einer Auflösung dieses Verhältnisses als
unerläßlich erscheinen läßt. Jn einer andern Stellung haben
Sie sich zu Ansichten bekannt und diese mit Beharrlichkeit durch-
zuführen gesucht, welche mit den Auffassungen, die wir über Recht,
Pflicht und Treue haben und unbedingt festhalten werden, in dem
Maße entschieden und schroff im Wiederspruche stehen, daß es
uns, wie Jhnen, nur auf das äußerste peinlich seyn könnte, eine
Gemeinschaft äußerlich fortzusetzen, die innerlich nicht mehr besteht.
Jch soll Sie daher auf einstimmiges Verlangen sämmtlicher Mit-
glieder des Collegiums, mit Ausnahme des nicht zugezogenen Prä-
sidenten Bornemann, dringend auffordern und ersuchen, Jhrer-
seits Schritte zu thun, welcher zur Auflösung dieser Gemeinschaft
führen können. Zu dieser dringenden Aufforderung sind wir
aber verpflichtet, nicht allein und nicht hauptsächlich in Rücksicht
auf unsere Person, auch nicht blos in Rücksicht auf Sie selbst,
sondern vor Allem in Beziehung auf den höchsten Gerichtshof,
dem wir angehören. Vor Gott und Menschen sind wir schuldig,
mit allen Kräften dafür zu sorgen, daß diesem Gerichtshofe das
Vertrauen und die Achtung des Landes erhalten werde. Das
wäre aber unmöglich, wenn irgendwie die Vermuthung Anhalt
erhielte, daß in demselben Ansichten Eingang oder auch nur Nach-
sicht gefunden hätten, bei denen man nicht ohne Grund Recht und
Gerechtigkeit, die man in Anspruch nimmt, gefährdet finden würde.
Berlin, den 16. December 1848. ( gez. ) Mühler. An des
Königl. Geheimen Ober=Tribunal=Raths Herrn Dr. Waldeck
Hochwohlgeboren."

Die Mitglieder der Ober=Landesgerichte zu Ratibor, Brom-
berg und Münster haben sich an Se. Majestät den König, resp.
an den Justizminister mit der Bitte gewandt, dahin zu wirken,
daß die Ober=Landesgerichts=Präsidenten von Kirchmann und
Gierke und der Ober=Landesgerichts=Director Temme nicht
bei ihnen eintreten, sondern daß denselben wo möglich ein anderer
Wirkungskreis angewiesen werde. Der Pr. St.=Anz. theilt diese
Vorstellungen mit. Von Seiten des Justizministers Rintelen
sind dieselben den Präsidenten von Kirchmann und Gierke
und dem Director Temme zur Kenntnißnahme und zu ihrer
[Ende Spaltensatz]

1) Der Verfassungsausschuß hat am 16. mit dreizehn gegen elf
Stimmen den Vorschlag einer monarchisch=einheitlichen Spitze des deut-
schen Reiches angenommen; aber zugleich auch, daß die Würde des
Reichsoberhauptes nicht erblich seyn solle. Der vorgeschlagene Turnus
hat nicht die Majorität erhalten. Für eine Wahl auf die Lebensdauer
des Gewählten haben sich nur sehr wenige im Ausschusse erklärt. Auch
eine Wahl auf zwölf Jahre hat nicht die Zustimmung der Mehrzahl
gefunden. Die Dauer der Berufung durch Wahl wird höchst wahr-
scheinlich auf sechs Jahre gestellt werden. Nach solchen Beschränkungen
erscheint die Kaiserwürde freilich weniger annehmlich, indessen wird man
die Beschlußnahme der Versammlung für sehr zweifelhaft in Bezug auf
die Genehmigung von Vorschlägen erwähnter Art ansehen müssen.
[Beginn Spaltensatz]

§. 9. Er schließt die Bündnisse und Verträge mit auswärti-
gen Mächten ab, ohne Mitwirkung des Reichstages, insoweit
diese nicht verfassungsmäßig vorbehalten ist.

§. 10. Alle nicht rein privatrechtlichen Verträge, welche
deutsche Regierungen unter sich oder mit auswärtigen Regierungen
abschließen, sind dem Kaiser zur Kenntnißnahme und insofern
das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzu-
legen.

§. 11. Der Kaiser hat das Recht des Gesetzvorschlages. Er
verkündet die von ihm sanctionirten Gesetze und erläßt die zur
Vollziehung derselben erforderlichen Verordnungen.

§. 12. Jn Strafsachen, welche zur Zuständigkeit des Reichs-
gerichtes gehören, hat der Kaiser das Recht der Begnadigung,
den Fall der Ministeranklage ausgenommen.

§. 13. Dem Kaiser liegt die Wahrung des Reichsfriedens ob.
Er hat die Verfügung über die bewaffnete Macht. Ueberhaupt
stehen ihm als Träger der Regierungsgewalt im Reiche diejenigen
Rechte und Befugnisse zu, welche in der Verfassung der Reichs-
gewalt beigelegt und dem Reichstage nicht zugewiesen sind.

Der Reichsrath

Art. IV. §. 1. Der Reichsrath besteht aus den Bevollmäch-
tigten der Staaten und Staatenverbände, welche selbstständig im
Staatenhause vertreten sind. Jeder Staat oder Staatenverband
ernennt dazu ein Mitglied. Die vier freien Städte werden durch
ein Mitglied vertreten. §. 2. Der Reichsrath bildet ein Colle-
gium; er versammelt sich am Sitze der Reichsregierung. §. 3.
Die Beschlüsse des Reichsrathes werden durch Stimmenmehrheit
gefaßt. §. 4. Die Reichsregierung wird bei den Verhandlungen
des Reichsrathes durch die Minister oder deren Commissarien
vertreten. §. 5. Dem Reichsrathe sind die Gesetzentwürfe,
welche die Reichsregierung bei dem Reichstage einbringen will,
zur Begutachtung vorzulegen. Der Reichsrath ist verpflichtet, in-
nerhalb vier Wochen nach Mittheilung des Gesetzentwurfes sein
Gutachten darüber abzugeben. §. 6. Die Reichsregierung ist be-
fugt über Vorlagen, welche Maßregeln der allgemeinen Gewalt
betreffen, namentlich auch über Verträge mit auswärtigen Mäch-
ten das Gutachten des Reichsrathes einzuziehen.

Minoritätserachten. Jch wünsche den Paragraph so gefaßt:
„Die Reichsregierung ist befugt über Vorlagen, welche Maßregeln
der vollziehenden Gewalt betreffen; das Gutachten des Reichs-
rathes einzuziehen.“ Dahlmann 1).



Deutschland.

Wien 13. December. ( A. Z. ) Jn gut unterrichteten Kreisen
spricht man nun abermals von Berufung des Baron Kübeck
ins Ministerium. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß derselbe
dann wieder die Finanzen übernehmen würde, welche genug Stoff
zu ernsten Betrachtungen geben müssen. Dem Vernehmen nach
werden im Hofstaate und den Hofämtern bedeutende Reductionen
vorgenommen und theils die Zahl der bei denselben angestellten
Beamten vermindert, theils einzelne Hofämter ganz aufgehoben
werden. So sollen auch die k. k. Hofbühnen, welche früher unter
dem Oberstkämmereramte standen, fortan dem Minister des Jn-
nern unterstehen, die übrigen Functionen des Oberstkämmerer-
amtes aber dem Minister des kaiserlichen Hauses zugewiesen
werden.

Wien 16. December. Der heute morgen erwähnte Antrag
des Finanzausschusses
lautet: 1 ) Das Ministerium wird
ermächtigt, im Laufe des Verwaltungsjahres 1849 durch Be-
nützung des Staatscredites unter den für die Finanzen günstigsten
Bedingungen Geldmittel bis zur Höhe von 50 Millionen Gulden
aufzubringen. 2 ) Das Ministerium wird ermächtigt, zur Deck-
ung dieser 50 Millionen verzinsliche Staatsscheine mit oder ohne
Zwangscours anzugeben und eine Staatsanleihe, jedoch beide ohne
Hypothek, aufzunehmen. 3 ) Wird eine Staatsanleihe aufgenom-
men, so hat Solches im Wege der öffentlichen Ausbietung an
den Bestbietenden oder der für Jedermann bei Erfüllung der
vorgezeichneten Bedingungen offenstehenden Subscription zu er-
folgen. 4 ) Die einfließenden Beträge sind zur Bestreitung des
[Spaltenumbruch] durch die laufenden Einnahmen nicht bedeckten, unaufschieblichen
Staatsaufwandes zu verwenden. 5 ) Ueber die Art der Vollfüh-
rung dieser Ermächtigung und die Ergebnisse der dazu ergriffenen
Maßregeln sind vom Ministerium dem Reichstage die erschöpfen-
den Nachweisungen in kürzester Frist nach der Vollführung vorzu-
legen. Der Eingang des Berichtes, auf welchen der gefaßte
Antrag hinweist, umfaßt: die von dem verantwortlichen Gesammt-
ministerium eingeholte Zu sicherung eines ungesch mälerten
Wirkungskreises der constituirenden Reichsver-
sammlung
auf Grund der von dem frühern Monarchen zuge-
standenen Rechte; die Ueberzeugung, daß es für das allgemeine
Wohl erforderlich sey, durch die Bewilligung eines namhaften
Credites die Staatsgewalt in die Lage zu setzen, die Jntegrität der
österreichischen Monarchie aufrecht zu erhalten, und namentlich
das Ziel des Ministeriums in Betreff der ungarischen Angelegen-
heiten zu unterstützen.

Die St. Petersburger Blätter melden, daß der Erzherzog
Wilhelm am 9. December in St. Petersburg angekommen ist,
um den österreichischen Thronwechsel anzuzeigen.

Triest 13. December. ( C. Bl. a. B. ) Wir erfahren, daß
Malghera bereits beschossen und angegriffen wird und daß man
schweres Geschütz und Munition in hinreichender Menge hat, um
diesen Angriff mit Nachdruck und Erfolg führen zu können. Der
Fall Malghera's würde von ungeheuerer Wichtigkeit seyn und
die Venetianer aus ihrem süßen Sicherheits= und Unzugänglich-
keitstraume auf eine unangenehme Weise wecken. Unserer braven
Armee aber gebührt eine Genugthuung für die so unschuldiger
Weise bei Mestre erlittene Schlappe.

Berlin 19. December. Hier gehen eben wunderliche Dinge
vor, von denen sich die Unschuldigen vor wenigen Wochen noch
nichts träumen ließen. Zuerst das folgende Schreiben des ge-
heimen Obertribunals an den Abgeordneten Waldeck, bekannt-
lich
Führer der äußersten Linken: „Ew. Hochwohlgeboren
haben leider dem, Jhnen im Namen der Mitglieder des ersten
Senates des Geh. Ober=Tribunals ausgesprochenen Wunsche:
sich bis auf Weiteres von den Sitzungen die[s]es Senates fernzu-
halten, nicht Folge geleistet. Dies hat ein Zusammentreten der
Mitglieder aller vier Senate des Collegiums nöthig gemacht, da-
mit wir uns über die nun zu treffenden Maßregeln vereinigten
Wenn ich Jhnen das Ergebniß jener Besprechung mitzutheilen
habe, so meine ich, Sie vor allem daran erinnern zu müssen, mit
welcher collegialischen Freundlichkeit Sie von uns Allen bei Jhrem
frühern Eintritte in das Collegium aufgenommen worden sind.
Sie mögen daran ermessen, in welchem Grade wir eine veränderte
Lage der Dinge wichtig zu nehmen uns verpflichtet fühlen, welche
uns die Nothwendigkeit einer Auflösung dieses Verhältnisses als
unerläßlich erscheinen läßt. Jn einer andern Stellung haben
Sie sich zu Ansichten bekannt und diese mit Beharrlichkeit durch-
zuführen gesucht, welche mit den Auffassungen, die wir über Recht,
Pflicht und Treue haben und unbedingt festhalten werden, in dem
Maße entschieden und schroff im Wiederspruche stehen, daß es
uns, wie Jhnen, nur auf das äußerste peinlich seyn könnte, eine
Gemeinschaft äußerlich fortzusetzen, die innerlich nicht mehr besteht.
Jch soll Sie daher auf einstimmiges Verlangen sämmtlicher Mit-
glieder des Collegiums, mit Ausnahme des nicht zugezogenen Prä-
sidenten Bornemann, dringend auffordern und ersuchen, Jhrer-
seits Schritte zu thun, welcher zur Auflösung dieser Gemeinschaft
führen können. Zu dieser dringenden Aufforderung sind wir
aber verpflichtet, nicht allein und nicht hauptsächlich in Rücksicht
auf unsere Person, auch nicht blos in Rücksicht auf Sie selbst,
sondern vor Allem in Beziehung auf den höchsten Gerichtshof,
dem wir angehören. Vor Gott und Menschen sind wir schuldig,
mit allen Kräften dafür zu sorgen, daß diesem Gerichtshofe das
Vertrauen und die Achtung des Landes erhalten werde. Das
wäre aber unmöglich, wenn irgendwie die Vermuthung Anhalt
erhielte, daß in demselben Ansichten Eingang oder auch nur Nach-
sicht gefunden hätten, bei denen man nicht ohne Grund Recht und
Gerechtigkeit, die man in Anspruch nimmt, gefährdet finden würde.
Berlin, den 16. December 1848. ( gez. ) Mühler. An des
Königl. Geheimen Ober=Tribunal=Raths Herrn Dr. Waldeck
Hochwohlgeboren.“

Die Mitglieder der Ober=Landesgerichte zu Ratibor, Brom-
berg und Münster haben sich an Se. Majestät den König, resp.
an den Justizminister mit der Bitte gewandt, dahin zu wirken,
daß die Ober=Landesgerichts=Präsidenten von Kirchmann und
Gierke und der Ober=Landesgerichts=Director Temme nicht
bei ihnen eintreten, sondern daß denselben wo möglich ein anderer
Wirkungskreis angewiesen werde. Der Pr. St.=Anz. theilt diese
Vorstellungen mit. Von Seiten des Justizministers Rintelen
sind dieselben den Präsidenten von Kirchmann und Gierke
und dem Director Temme zur Kenntnißnahme und zu ihrer
[Ende Spaltensatz]

1) Der Verfassungsausschuß hat am 16. mit dreizehn gegen elf
Stimmen den Vorschlag einer monarchisch=einheitlichen Spitze des deut-
schen Reiches angenommen; aber zugleich auch, daß die Würde des
Reichsoberhauptes nicht erblich seyn solle. Der vorgeschlagene Turnus
hat nicht die Majorität erhalten. Für eine Wahl auf die Lebensdauer
des Gewählten haben sich nur sehr wenige im Ausschusse erklärt. Auch
eine Wahl auf zwölf Jahre hat nicht die Zustimmung der Mehrzahl
gefunden. Die Dauer der Berufung durch Wahl wird höchst wahr-
scheinlich auf sechs Jahre gestellt werden. Nach solchen Beschränkungen
erscheint die Kaiserwürde freilich weniger annehmlich, indessen wird man
die Beschlußnahme der Versammlung für sehr zweifelhaft in Bezug auf
die Genehmigung von Vorschlägen erwähnter Art ansehen müssen.
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[0002] §. 9. Er schließt die Bündnisse und Verträge mit auswärti- gen Mächten ab, ohne Mitwirkung des Reichstages, insoweit diese nicht verfassungsmäßig vorbehalten ist. §. 10. Alle nicht rein privatrechtlichen Verträge, welche deutsche Regierungen unter sich oder mit auswärtigen Regierungen abschließen, sind dem Kaiser zur Kenntnißnahme und insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzu- legen. §. 11. Der Kaiser hat das Recht des Gesetzvorschlages. Er verkündet die von ihm sanctionirten Gesetze und erläßt die zur Vollziehung derselben erforderlichen Verordnungen. §. 12. Jn Strafsachen, welche zur Zuständigkeit des Reichs- gerichtes gehören, hat der Kaiser das Recht der Begnadigung, den Fall der Ministeranklage ausgenommen. §. 13. Dem Kaiser liegt die Wahrung des Reichsfriedens ob. Er hat die Verfügung über die bewaffnete Macht. Ueberhaupt stehen ihm als Träger der Regierungsgewalt im Reiche diejenigen Rechte und Befugnisse zu, welche in der Verfassung der Reichs- gewalt beigelegt und dem Reichstage nicht zugewiesen sind. Der Reichsrath Art. IV. §. 1. Der Reichsrath besteht aus den Bevollmäch- tigten der Staaten und Staatenverbände, welche selbstständig im Staatenhause vertreten sind. Jeder Staat oder Staatenverband ernennt dazu ein Mitglied. Die vier freien Städte werden durch ein Mitglied vertreten. §. 2. Der Reichsrath bildet ein Colle- gium; er versammelt sich am Sitze der Reichsregierung. §. 3. Die Beschlüsse des Reichsrathes werden durch Stimmenmehrheit gefaßt. §. 4. Die Reichsregierung wird bei den Verhandlungen des Reichsrathes durch die Minister oder deren Commissarien vertreten. §. 5. Dem Reichsrathe sind die Gesetzentwürfe, welche die Reichsregierung bei dem Reichstage einbringen will, zur Begutachtung vorzulegen. Der Reichsrath ist verpflichtet, in- nerhalb vier Wochen nach Mittheilung des Gesetzentwurfes sein Gutachten darüber abzugeben. §. 6. Die Reichsregierung ist be- fugt über Vorlagen, welche Maßregeln der allgemeinen Gewalt betreffen, namentlich auch über Verträge mit auswärtigen Mäch- ten das Gutachten des Reichsrathes einzuziehen. Minoritätserachten. Jch wünsche den Paragraph so gefaßt: „Die Reichsregierung ist befugt über Vorlagen, welche Maßregeln der vollziehenden Gewalt betreffen; das Gutachten des Reichs- rathes einzuziehen.“ Dahlmann 1). Deutschland. Wien 13. December. ( A. Z. ) Jn gut unterrichteten Kreisen spricht man nun abermals von Berufung des Baron Kübeck ins Ministerium. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß derselbe dann wieder die Finanzen übernehmen würde, welche genug Stoff zu ernsten Betrachtungen geben müssen. Dem Vernehmen nach werden im Hofstaate und den Hofämtern bedeutende Reductionen vorgenommen und theils die Zahl der bei denselben angestellten Beamten vermindert, theils einzelne Hofämter ganz aufgehoben werden. So sollen auch die k. k. Hofbühnen, welche früher unter dem Oberstkämmereramte standen, fortan dem Minister des Jn- nern unterstehen, die übrigen Functionen des Oberstkämmerer- amtes aber dem Minister des kaiserlichen Hauses zugewiesen werden. Wien 16. December. Der heute morgen erwähnte Antrag des Finanzausschusses lautet: 1 ) Das Ministerium wird ermächtigt, im Laufe des Verwaltungsjahres 1849 durch Be- nützung des Staatscredites unter den für die Finanzen günstigsten Bedingungen Geldmittel bis zur Höhe von 50 Millionen Gulden aufzubringen. 2 ) Das Ministerium wird ermächtigt, zur Deck- ung dieser 50 Millionen verzinsliche Staatsscheine mit oder ohne Zwangscours anzugeben und eine Staatsanleihe, jedoch beide ohne Hypothek, aufzunehmen. 3 ) Wird eine Staatsanleihe aufgenom- men, so hat Solches im Wege der öffentlichen Ausbietung an den Bestbietenden oder der für Jedermann bei Erfüllung der vorgezeichneten Bedingungen offenstehenden Subscription zu er- folgen. 4 ) Die einfließenden Beträge sind zur Bestreitung des durch die laufenden Einnahmen nicht bedeckten, unaufschieblichen Staatsaufwandes zu verwenden. 5 ) Ueber die Art der Vollfüh- rung dieser Ermächtigung und die Ergebnisse der dazu ergriffenen Maßregeln sind vom Ministerium dem Reichstage die erschöpfen- den Nachweisungen in kürzester Frist nach der Vollführung vorzu- legen. Der Eingang des Berichtes, auf welchen der gefaßte Antrag hinweist, umfaßt: die von dem verantwortlichen Gesammt- ministerium eingeholte Zu sicherung eines ungesch mälerten Wirkungskreises der constituirenden Reichsver- sammlung auf Grund der von dem frühern Monarchen zuge- standenen Rechte; die Ueberzeugung, daß es für das allgemeine Wohl erforderlich sey, durch die Bewilligung eines namhaften Credites die Staatsgewalt in die Lage zu setzen, die Jntegrität der österreichischen Monarchie aufrecht zu erhalten, und namentlich das Ziel des Ministeriums in Betreff der ungarischen Angelegen- heiten zu unterstützen. Die St. Petersburger Blätter melden, daß der Erzherzog Wilhelm am 9. December in St. Petersburg angekommen ist, um den österreichischen Thronwechsel anzuzeigen. Triest 13. December. ( C. Bl. a. B. ) Wir erfahren, daß Malghera bereits beschossen und angegriffen wird und daß man schweres Geschütz und Munition in hinreichender Menge hat, um diesen Angriff mit Nachdruck und Erfolg führen zu können. Der Fall Malghera's würde von ungeheuerer Wichtigkeit seyn und die Venetianer aus ihrem süßen Sicherheits= und Unzugänglich- keitstraume auf eine unangenehme Weise wecken. Unserer braven Armee aber gebührt eine Genugthuung für die so unschuldiger Weise bei Mestre erlittene Schlappe. Berlin 19. December. Hier gehen eben wunderliche Dinge vor, von denen sich die Unschuldigen vor wenigen Wochen noch nichts träumen ließen. Zuerst das folgende Schreiben des ge- heimen Obertribunals an den Abgeordneten Waldeck, bekannt- lich Führer der äußersten Linken: „Ew. Hochwohlgeboren haben leider dem, Jhnen im Namen der Mitglieder des ersten Senates des Geh. Ober=Tribunals ausgesprochenen Wunsche: sich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senates fernzu- halten, nicht Folge geleistet. Dies hat ein Zusammentreten der Mitglieder aller vier Senate des Collegiums nöthig gemacht, da- mit wir uns über die nun zu treffenden Maßregeln vereinigten Wenn ich Jhnen das Ergebniß jener Besprechung mitzutheilen habe, so meine ich, Sie vor allem daran erinnern zu müssen, mit welcher collegialischen Freundlichkeit Sie von uns Allen bei Jhrem frühern Eintritte in das Collegium aufgenommen worden sind. Sie mögen daran ermessen, in welchem Grade wir eine veränderte Lage der Dinge wichtig zu nehmen uns verpflichtet fühlen, welche uns die Nothwendigkeit einer Auflösung dieses Verhältnisses als unerläßlich erscheinen läßt. Jn einer andern Stellung haben Sie sich zu Ansichten bekannt und diese mit Beharrlichkeit durch- zuführen gesucht, welche mit den Auffassungen, die wir über Recht, Pflicht und Treue haben und unbedingt festhalten werden, in dem Maße entschieden und schroff im Wiederspruche stehen, daß es uns, wie Jhnen, nur auf das äußerste peinlich seyn könnte, eine Gemeinschaft äußerlich fortzusetzen, die innerlich nicht mehr besteht. Jch soll Sie daher auf einstimmiges Verlangen sämmtlicher Mit- glieder des Collegiums, mit Ausnahme des nicht zugezogenen Prä- sidenten Bornemann, dringend auffordern und ersuchen, Jhrer- seits Schritte zu thun, welcher zur Auflösung dieser Gemeinschaft führen können. Zu dieser dringenden Aufforderung sind wir aber verpflichtet, nicht allein und nicht hauptsächlich in Rücksicht auf unsere Person, auch nicht blos in Rücksicht auf Sie selbst, sondern vor Allem in Beziehung auf den höchsten Gerichtshof, dem wir angehören. Vor Gott und Menschen sind wir schuldig, mit allen Kräften dafür zu sorgen, daß diesem Gerichtshofe das Vertrauen und die Achtung des Landes erhalten werde. Das wäre aber unmöglich, wenn irgendwie die Vermuthung Anhalt erhielte, daß in demselben Ansichten Eingang oder auch nur Nach- sicht gefunden hätten, bei denen man nicht ohne Grund Recht und Gerechtigkeit, die man in Anspruch nimmt, gefährdet finden würde. Berlin, den 16. December 1848. ( gez. ) Mühler. An des Königl. Geheimen Ober=Tribunal=Raths Herrn Dr. Waldeck Hochwohlgeboren.“ Die Mitglieder der Ober=Landesgerichte zu Ratibor, Brom- berg und Münster haben sich an Se. Majestät den König, resp. an den Justizminister mit der Bitte gewandt, dahin zu wirken, daß die Ober=Landesgerichts=Präsidenten von Kirchmann und Gierke und der Ober=Landesgerichts=Director Temme nicht bei ihnen eintreten, sondern daß denselben wo möglich ein anderer Wirkungskreis angewiesen werde. Der Pr. St.=Anz. theilt diese Vorstellungen mit. Von Seiten des Justizministers Rintelen sind dieselben den Präsidenten von Kirchmann und Gierke und dem Director Temme zur Kenntnißnahme und zu ihrer 1) Der Verfassungsausschuß hat am 16. mit dreizehn gegen elf Stimmen den Vorschlag einer monarchisch=einheitlichen Spitze des deut- schen Reiches angenommen; aber zugleich auch, daß die Würde des Reichsoberhauptes nicht erblich seyn solle. Der vorgeschlagene Turnus hat nicht die Majorität erhalten. Für eine Wahl auf die Lebensdauer des Gewählten haben sich nur sehr wenige im Ausschusse erklärt. Auch eine Wahl auf zwölf Jahre hat nicht die Zustimmung der Mehrzahl gefunden. Die Dauer der Berufung durch Wahl wird höchst wahr- scheinlich auf sechs Jahre gestellt werden. Nach solchen Beschränkungen erscheint die Kaiserwürde freilich weniger annehmlich, indessen wird man die Beschlußnahme der Versammlung für sehr zweifelhaft in Bezug auf die Genehmigung von Vorschlägen erwähnter Art ansehen müssen.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 170. Mainz, 21. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal170_1848/2>, abgerufen am 16.07.2024.