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Mainzer Journal. Nr. 170. Mainz, 21. Dezember 1848.

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Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den "Rheinischen Unterhaltungs-
blättern " schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 170. Donnerstag, den 21. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz] Bestellungen auf das mit dem 1. Januar 1849
beginnende neue Quartal des Mainzer Journals neh-
men alle Postämter an und wir ersuchen die resp.
Abonnenten, dieselben möglichst bald machen zu
wollen, damit wir die Größe der Auflage bestimmen
können. Eben so bitten wir alle Freunde sich nach
Kräften für die Verbreitung unseres Blattes zu in-
teressiren.

Eine Stimme aus Nassau.

== Vom Westerwalde 18. December. Ein Reicher, ein
Gutsbesitzer aus Nassau, der entrüstet ist und sich schämt, aus
dem Zehntberaubungs- und Verschleuderungsgesetze
einen Nutzen ziehen zu sollen und dem das Einkommensteuergesetz
nichts schaden kann, obgleich es ihm unangenehm ist, ersucht Jhr
vielgelesenes und für Recht und Wahrheit kämpfendes Blatt,
einige Bemerkungen zu dem Artikel aus Nassau in Nr. 164.
vom 14. December aufnehmen zu wollen.

Vor Allem sprechen wir es aus, daß wir aus vollster Ueber-
zeugung die tiefe Entrüstung theilen, die in jenem Artikel über das
Zehntablösungsgesetz ausgesprochen ist, da es eben so ungerecht
als für das Land verderblich ist. Ein wahrer Hohn scheint uns
sogar darin zu liegen, daß die Gesetzgeber in Wiesbaden in der-
selben Sitzung, in der sie so werthvolles Landeseigenthum,
wie der Zehnte ist, verschleuderten, die Regierung ermächtigten,
ein Anlehen von 1,200,000 Gulden zu machen. Weil aber neun-
zehn Volksvertreter so wenig umsichtig oder so pflichtvergessen
handeln konnten, hätte sich der Berichterstatter dadurch nicht ver-
leiten lassen sollen, gegen die Reichen im Allgemeinen loszufahren
und sie anzuschuldigen, im Bunde mit den reich seyn wollenden
Lumpen die Revolution gemacht zu haben. Er redet, ohne daß
es wohl seine Absicht war, offen dem Communismus und So-
cialismus das Wort. [ Dagegen müssen wir unsern Corresponden-
ten verwahren! ] Die Reichen waren es wahrlich nicht, die den
Zuzug nach Wiesbaden mit Dreschflegeln, Heugabeln und Sensen
veranlaßt haben, wir haben wenigstens unter den Märzhelden in
Wiesbaden keinen Reichen gesehen, wohl aber gar Manchen,
der Nichts zu verlieren und Viel zu gewinnen hatte. Gottlob ist
noch so viel Rechtlichkeitsinn in unserer Bevölkerung, daß mit uns
gar viele Wohlhabende und Reiche das Zehntablösungsgesetz ver-
wünschen, weil es ungerecht ist und uns auf Kosten unserer Mit-
bürger einen Vortheil zuwenden soll, den wir nie gewünscht und
noch weniger gefordert haben. Wohl aber haben die Wühler
manchem Zehntpflichtigen den Kopf verdreht und auf diese Weise
entstandene Petitionen haben leider unsere schwache Regierung
und unsere kurzsichtige Kammer für die Stimme des Volkes er-
kannt.

Für nicht minder verderblich halten wir auch das Einkom-
mensteuergesetz, das am härtesten unsere Mittelclasse trifft, deren
Credit aufs tiefste erschüttert wird, ohne den Armen eine Erleich-
terung zu verschaffen. Unsere bisherige Besteuerung ist ja eine
reine Einkommensteuer gewesen. Wir kennen einzelne Familien,
die 500 -- 800 fl. im einfachen Steuergesetze zahlen, ohne daß
sie mehr Schutz vom Staate genießen als der einfache Taglöhner,
der nur 30 kr. zahlt. Jede weitere Erhebung trifft daher den
Reichen im Verhältnisse zu seinem größern Besitze härter. Warum
also von dieser einfachen, aber richtigen und rechtlichen Besteue-
rung nun zu einer unrechtlichen, vexatorischen, Lug und Trug be-
[Spaltenumbruch] günstigenden übergehen, die überdies die innersten Familien= und
Vermögensverhältnisse unberufenen Blicken aussetzt.

Zum Schlusse werfen wir noch die Frage auf, welches Land
wohl glücklicher zu erachten ist, jenes, in dem es viele Arme und
keine oder wenige Reiche gibt, oder jenes, in dem es viele Reiche
und nur wenige Arme gibt? Reiche Leute sind in der Regel von
wohlthätigem Einflusse für die Gegend, in der sie wohnen, da sie
dort ihr Geld unter die Leute bringen. Wir könnten die schlagend-
sten Beispiele aus einem der an der Lahn gelegenen Aemter an-
führen; dort verwendet eine große Gutsbesitzerin einen großen
Theil ihres Einkommens zu wohlthätigen Zwecken. Davon aber
werden die Wühler keine Erwähnung thun; vielmehr soll jene
große Gutsbesitzerin von dem Theile ihres Einkommens, den sie
auf eine so edle Art zur Linderung der Noth ihrer ärmeren Mit-
bürger verwendet, noch Steuer zahlen. Gehören solche Reiche
vielleicht auch zu den "allerliebsten wohlmeinenden und freisinnigen
Cameraden, die ihre ärmeren Mitbürger nicht erkennen, wenn es
darauf ankommt, denselben auf ihre Kosten einen, wenn auch nur
geringen Vortheil zuzuwenden," wie der Schreiber des Artikels
aus Nassau ungerechter Weise ausruft! Warum fragen wir
weiter, löst unsere Regierung eine Ständeversammlung, die im
günstigsten Falle ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist, nicht auf und
appellirt an den gesunden Sinn des Volkes? da würde es sich
zeigen, daß in unserem Herzogthume noch nicht aller Sinn für
Recht untergegangen ist; da würde es sich zeigen, daß die Stim-
men der neunzehn nicht die Stimmen des Landes waren, da
würde es sich zeigen, daß unter den Wohlhabenden und Reichen
des Landes Nächstenliebe, Selbstverleugnung, ja selbst Aufopfe-
rung zum Besten des Vaterlandes, insbesondere zum Besten der
weniger bemittelnden Mitbrüder noch nicht erstorben ist. Bei den
Wühlern muß man freilich derartiges nicht suchen!



Entwurf des Verfassungsausschusses über das
Reichsoberhaupt.

Art. I. §. 1. Die Würde des Reichsoberhauptes ist erblich
nach dem Rechte der Erstgeburt. Das Reichsoberhaupt führt den
Titel Kaiser von Deutschland.

§. 2. Der Sitz der Reichsregierung ist zu Frankfurt a. M.
So oft sich der Kaiser nicht am Sitze der Reichsregierung befin-
det, muß einer der Reichsminister in seiner unmittelbaren Um-
gebung seyn.

Minoritätserachten zu §. 2. Jch behalte mir vor die Gründe,
welche für Erfurt als Sitz der Reichsregierung sprechen, hervor-
zuheben. Beseler.

§. 3. Der Kaiser bezieht eine Civilliste, welche der Reichstag
bei jedem Thronwechsel festsetzt.

Art. II. §. 4. Der Kaiser ist unverletzlich und unverantwort-
lich. Er übt die ihm übertragene Gewalt durch verantwortliche
von ihm ernannte Minister aus.

§. 5. Für die Giltigkeit einer jeden vom Kaiser ausgehenden
Regierungshandlung bedarf es der Gegenzeichnung ( Geneh-
migung ) eines der Reichsminister.

Art. III. §. 6. Der Kaiser hat die Regierungsgewalt in allen
Angelegenheiten des Reiches nach Maßgabe der Reichsverfassung.

§. 7. Der Kaiser übt die völkerrechtliche Vertretung des deut-
schen Reiches und der einzelnen deutschen Staaten aus; er stellt
die Reichsgesandten und Consuln an und führt den diplomatischen
Verkehr.

§. 8. Dem Kaiser ausschließlich steht das Recht des Krieges
und Friedens zu.

[Ende Spaltensatz]
Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs-
blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 170. Donnerstag, den 21. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz] Bestellungen auf das mit dem 1. Januar 1849
beginnende neue Quartal des Mainzer Journals neh-
men alle Postämter an und wir ersuchen die resp.
Abonnenten, dieselben möglichst bald machen zu
wollen, damit wir die Größe der Auflage bestimmen
können. Eben so bitten wir alle Freunde sich nach
Kräften für die Verbreitung unseres Blattes zu in-
teressiren.

Eine Stimme aus Nassau.

== Vom Westerwalde 18. December. Ein Reicher, ein
Gutsbesitzer aus Nassau, der entrüstet ist und sich schämt, aus
dem Zehntberaubungs- und Verschleuderungsgesetze
einen Nutzen ziehen zu sollen und dem das Einkommensteuergesetz
nichts schaden kann, obgleich es ihm unangenehm ist, ersucht Jhr
vielgelesenes und für Recht und Wahrheit kämpfendes Blatt,
einige Bemerkungen zu dem Artikel aus Nassau in Nr. 164.
vom 14. December aufnehmen zu wollen.

Vor Allem sprechen wir es aus, daß wir aus vollster Ueber-
zeugung die tiefe Entrüstung theilen, die in jenem Artikel über das
Zehntablösungsgesetz ausgesprochen ist, da es eben so ungerecht
als für das Land verderblich ist. Ein wahrer Hohn scheint uns
sogar darin zu liegen, daß die Gesetzgeber in Wiesbaden in der-
selben Sitzung, in der sie so werthvolles Landeseigenthum,
wie der Zehnte ist, verschleuderten, die Regierung ermächtigten,
ein Anlehen von 1,200,000 Gulden zu machen. Weil aber neun-
zehn Volksvertreter so wenig umsichtig oder so pflichtvergessen
handeln konnten, hätte sich der Berichterstatter dadurch nicht ver-
leiten lassen sollen, gegen die Reichen im Allgemeinen loszufahren
und sie anzuschuldigen, im Bunde mit den reich seyn wollenden
Lumpen die Revolution gemacht zu haben. Er redet, ohne daß
es wohl seine Absicht war, offen dem Communismus und So-
cialismus das Wort. [ Dagegen müssen wir unsern Corresponden-
ten verwahren! ] Die Reichen waren es wahrlich nicht, die den
Zuzug nach Wiesbaden mit Dreschflegeln, Heugabeln und Sensen
veranlaßt haben, wir haben wenigstens unter den Märzhelden in
Wiesbaden keinen Reichen gesehen, wohl aber gar Manchen,
der Nichts zu verlieren und Viel zu gewinnen hatte. Gottlob ist
noch so viel Rechtlichkeitsinn in unserer Bevölkerung, daß mit uns
gar viele Wohlhabende und Reiche das Zehntablösungsgesetz ver-
wünschen, weil es ungerecht ist und uns auf Kosten unserer Mit-
bürger einen Vortheil zuwenden soll, den wir nie gewünscht und
noch weniger gefordert haben. Wohl aber haben die Wühler
manchem Zehntpflichtigen den Kopf verdreht und auf diese Weise
entstandene Petitionen haben leider unsere schwache Regierung
und unsere kurzsichtige Kammer für die Stimme des Volkes er-
kannt.

Für nicht minder verderblich halten wir auch das Einkom-
mensteuergesetz, das am härtesten unsere Mittelclasse trifft, deren
Credit aufs tiefste erschüttert wird, ohne den Armen eine Erleich-
terung zu verschaffen. Unsere bisherige Besteuerung ist ja eine
reine Einkommensteuer gewesen. Wir kennen einzelne Familien,
die 500 — 800 fl. im einfachen Steuergesetze zahlen, ohne daß
sie mehr Schutz vom Staate genießen als der einfache Taglöhner,
der nur 30 kr. zahlt. Jede weitere Erhebung trifft daher den
Reichen im Verhältnisse zu seinem größern Besitze härter. Warum
also von dieser einfachen, aber richtigen und rechtlichen Besteue-
rung nun zu einer unrechtlichen, vexatorischen, Lug und Trug be-
[Spaltenumbruch] günstigenden übergehen, die überdies die innersten Familien= und
Vermögensverhältnisse unberufenen Blicken aussetzt.

Zum Schlusse werfen wir noch die Frage auf, welches Land
wohl glücklicher zu erachten ist, jenes, in dem es viele Arme und
keine oder wenige Reiche gibt, oder jenes, in dem es viele Reiche
und nur wenige Arme gibt? Reiche Leute sind in der Regel von
wohlthätigem Einflusse für die Gegend, in der sie wohnen, da sie
dort ihr Geld unter die Leute bringen. Wir könnten die schlagend-
sten Beispiele aus einem der an der Lahn gelegenen Aemter an-
führen; dort verwendet eine große Gutsbesitzerin einen großen
Theil ihres Einkommens zu wohlthätigen Zwecken. Davon aber
werden die Wühler keine Erwähnung thun; vielmehr soll jene
große Gutsbesitzerin von dem Theile ihres Einkommens, den sie
auf eine so edle Art zur Linderung der Noth ihrer ärmeren Mit-
bürger verwendet, noch Steuer zahlen. Gehören solche Reiche
vielleicht auch zu den „allerliebsten wohlmeinenden und freisinnigen
Cameraden, die ihre ärmeren Mitbürger nicht erkennen, wenn es
darauf ankommt, denselben auf ihre Kosten einen, wenn auch nur
geringen Vortheil zuzuwenden,“ wie der Schreiber des Artikels
aus Nassau ungerechter Weise ausruft! Warum fragen wir
weiter, löst unsere Regierung eine Ständeversammlung, die im
günstigsten Falle ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist, nicht auf und
appellirt an den gesunden Sinn des Volkes? da würde es sich
zeigen, daß in unserem Herzogthume noch nicht aller Sinn für
Recht untergegangen ist; da würde es sich zeigen, daß die Stim-
men der neunzehn nicht die Stimmen des Landes waren, da
würde es sich zeigen, daß unter den Wohlhabenden und Reichen
des Landes Nächstenliebe, Selbstverleugnung, ja selbst Aufopfe-
rung zum Besten des Vaterlandes, insbesondere zum Besten der
weniger bemittelnden Mitbrüder noch nicht erstorben ist. Bei den
Wühlern muß man freilich derartiges nicht suchen!



Entwurf des Verfassungsausschusses über das
Reichsoberhaupt.

Art. I. §. 1. Die Würde des Reichsoberhauptes ist erblich
nach dem Rechte der Erstgeburt. Das Reichsoberhaupt führt den
Titel Kaiser von Deutschland.

§. 2. Der Sitz der Reichsregierung ist zu Frankfurt a. M.
So oft sich der Kaiser nicht am Sitze der Reichsregierung befin-
det, muß einer der Reichsminister in seiner unmittelbaren Um-
gebung seyn.

Minoritätserachten zu §. 2. Jch behalte mir vor die Gründe,
welche für Erfurt als Sitz der Reichsregierung sprechen, hervor-
zuheben. Beseler.

§. 3. Der Kaiser bezieht eine Civilliste, welche der Reichstag
bei jedem Thronwechsel festsetzt.

Art. II. §. 4. Der Kaiser ist unverletzlich und unverantwort-
lich. Er übt die ihm übertragene Gewalt durch verantwortliche
von ihm ernannte Minister aus.

§. 5. Für die Giltigkeit einer jeden vom Kaiser ausgehenden
Regierungshandlung bedarf es der Gegenzeichnung ( Geneh-
migung ) eines der Reichsminister.

Art. III. §. 6. Der Kaiser hat die Regierungsgewalt in allen
Angelegenheiten des Reiches nach Maßgabe der Reichsverfassung.

§. 7. Der Kaiser übt die völkerrechtliche Vertretung des deut-
schen Reiches und der einzelnen deutschen Staaten aus; er stellt
die Reichsgesandten und Consuln an und führt den diplomatischen
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§. 8. Dem Kaiser ausschließlich steht das Recht des Krieges
und Friedens zu.

[Ende Spaltensatz]
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[ Dagegen müssen wir unsern Corresponden- ten verwahren! ] Die Reichen waren es wahrlich nicht, die den Zuzug nach Wiesbaden mit Dreschflegeln, Heugabeln und Sensen veranlaßt haben, wir haben wenigstens unter den Märzhelden in Wiesbaden keinen Reichen gesehen, wohl aber gar Manchen, der Nichts zu verlieren und Viel zu gewinnen hatte. Gottlob ist noch so viel Rechtlichkeitsinn in unserer Bevölkerung, daß mit uns gar viele Wohlhabende und Reiche das Zehntablösungsgesetz ver- wünschen, weil es ungerecht ist und uns auf Kosten unserer Mit- bürger einen Vortheil zuwenden soll, den wir nie gewünscht und noch weniger gefordert haben. Wohl aber haben die Wühler manchem Zehntpflichtigen den Kopf verdreht und auf diese Weise entstandene Petitionen haben leider unsere schwache Regierung und unsere kurzsichtige Kammer für die Stimme des Volkes er- kannt. Für nicht minder verderblich halten wir auch das Einkom- mensteuergesetz, das am härtesten unsere Mittelclasse trifft, deren Credit aufs tiefste erschüttert wird, ohne den Armen eine Erleich- terung zu verschaffen. Unsere bisherige Besteuerung ist ja eine reine Einkommensteuer gewesen. Wir kennen einzelne Familien, die 500 — 800 fl. im einfachen Steuergesetze zahlen, ohne daß sie mehr Schutz vom Staate genießen als der einfache Taglöhner, der nur 30 kr. zahlt. Jede weitere Erhebung trifft daher den Reichen im Verhältnisse zu seinem größern Besitze härter. Warum also von dieser einfachen, aber richtigen und rechtlichen Besteue- rung nun zu einer unrechtlichen, vexatorischen, Lug und Trug be- günstigenden übergehen, die überdies die innersten Familien= und Vermögensverhältnisse unberufenen Blicken aussetzt. Zum Schlusse werfen wir noch die Frage auf, welches Land wohl glücklicher zu erachten ist, jenes, in dem es viele Arme und keine oder wenige Reiche gibt, oder jenes, in dem es viele Reiche und nur wenige Arme gibt? Reiche Leute sind in der Regel von wohlthätigem Einflusse für die Gegend, in der sie wohnen, da sie dort ihr Geld unter die Leute bringen. Wir könnten die schlagend- sten Beispiele aus einem der an der Lahn gelegenen Aemter an- führen; dort verwendet eine große Gutsbesitzerin einen großen Theil ihres Einkommens zu wohlthätigen Zwecken. Davon aber werden die Wühler keine Erwähnung thun; vielmehr soll jene große Gutsbesitzerin von dem Theile ihres Einkommens, den sie auf eine so edle Art zur Linderung der Noth ihrer ärmeren Mit- bürger verwendet, noch Steuer zahlen. Gehören solche Reiche vielleicht auch zu den „allerliebsten wohlmeinenden und freisinnigen Cameraden, die ihre ärmeren Mitbürger nicht erkennen, wenn es darauf ankommt, denselben auf ihre Kosten einen, wenn auch nur geringen Vortheil zuzuwenden,“ wie der Schreiber des Artikels aus Nassau ungerechter Weise ausruft! Warum fragen wir weiter, löst unsere Regierung eine Ständeversammlung, die im günstigsten Falle ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist, nicht auf und appellirt an den gesunden Sinn des Volkes? da würde es sich zeigen, daß in unserem Herzogthume noch nicht aller Sinn für Recht untergegangen ist; da würde es sich zeigen, daß die Stim- men der neunzehn nicht die Stimmen des Landes waren, da würde es sich zeigen, daß unter den Wohlhabenden und Reichen des Landes Nächstenliebe, Selbstverleugnung, ja selbst Aufopfe- rung zum Besten des Vaterlandes, insbesondere zum Besten der weniger bemittelnden Mitbrüder noch nicht erstorben ist. Bei den Wühlern muß man freilich derartiges nicht suchen! Entwurf des Verfassungsausschusses über das Reichsoberhaupt. Art. I. §. 1. Die Würde des Reichsoberhauptes ist erblich nach dem Rechte der Erstgeburt. Das Reichsoberhaupt führt den Titel Kaiser von Deutschland. §. 2. Der Sitz der Reichsregierung ist zu Frankfurt a. M. So oft sich der Kaiser nicht am Sitze der Reichsregierung befin- det, muß einer der Reichsminister in seiner unmittelbaren Um- gebung seyn. Minoritätserachten zu §. 2. Jch behalte mir vor die Gründe, welche für Erfurt als Sitz der Reichsregierung sprechen, hervor- zuheben. Beseler. §. 3. Der Kaiser bezieht eine Civilliste, welche der Reichstag bei jedem Thronwechsel festsetzt. Art. II. §. 4. Der Kaiser ist unverletzlich und unverantwort- lich. Er übt die ihm übertragene Gewalt durch verantwortliche von ihm ernannte Minister aus. §. 5. Für die Giltigkeit einer jeden vom Kaiser ausgehenden Regierungshandlung bedarf es der Gegenzeichnung ( Geneh- migung ) eines der Reichsminister. Art. III. §. 6. Der Kaiser hat die Regierungsgewalt in allen Angelegenheiten des Reiches nach Maßgabe der Reichsverfassung. §. 7. Der Kaiser übt die völkerrechtliche Vertretung des deut- schen Reiches und der einzelnen deutschen Staaten aus; er stellt die Reichsgesandten und Consuln an und führt den diplomatischen Verkehr. §. 8. Dem Kaiser ausschließlich steht das Recht des Krieges und Friedens zu.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 170. Mainz, 21. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal170_1848/1>, abgerufen am 23.11.2024.