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Mainzer Journal. Nr. 164. Mainz, 14. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] und es wurden darauf die Tapferkeitsmedaillen an diejenigen
Soldaten von Erzherzog Rainer Jnfanterie vertheilt, welche sich
bei dem Sturme auf die Frankfurter Barricaden am ausgezeich-
netsten gehalten hatten. So viel wir bemerken konnten, wurden
vier silberne Medaillen verliehen und die damit Geschmückten zo-
gen bei dem Defiliren an der Spitze des ersten Bataillons einher.
Unter sämmtlichen Truppen herrscht eine wahre Begeisterung
und ein fröhlicher Muth, der Allem, was die Zukunft noch brin-
gen mag, mit Vertrauen entgegensieht.

^ Aus Nassau 13. December. So hat denn am vorigen
Samstage, den 9. d. Mts., unsere hochweise Deputirtenkammer
zum zweiten Male und zwar mit neunzehn gegen achtzehn
Stimmen dahin entschieden: "Der Zehnte sey im zwölffachen
Betrage abzulösen und Dem, welcher früher in höherem Betrage
abgelöst habe, sey aus der Staatscasse die entsprechende Entschä-
digung zu leisten" -- ein Entscheid, wofür die Neunzehn
wahrhaftig nicht auf den Dank der Gerechtigkeit und noch weni-
ger auf den Dank der Armen, der Taglöhner, der Minderbegü-
terten und der Gewerbtreibenden rechnen können, wohl aber auf
den Dank aller reichen Selbst= und Habsüchtlinge unter unseren
Gutsbesitzern. Wieviel hat der Besitzer beim Ankaufe seines
zehntpflichtigen Gutes gekauft und bezahlt? Antwort: Neun Zehn-
tel. Wem gehört das nichtbezahlte Eine Zehntel? Antwort: Dem
Allgemeinen. Wer gibt also auch neunzehn naussauer Scherben-
richtern die Befugniß, mir Armen, mir Taglöhner, mir Gering-
begüterten, mir Gewerbtreibenden meinen Antheil an diesem all-
gemeinen Eigenthume, an diesem Zehntel, zu verschenken oder zu
verschleudern? Wahrlich mich will es bedünken, als hättet ihr
mich und und meine Standesgenossen durch euer Verdici um mein
Eigenthum gebracht! Jst das die Art und Weise, wie ihr euerem
Versprechen nachkommet: "Vordersamst das Wohl" der ärmeren
und gedrückten Classen ins Auge nehmen und herbeiführen zu
wollen? Anstatt den Reichen mehr zu belasten, um den Armen
zu erleichtern, machet ihr es, doch wohl nur, weil es euer und
euerer Freunde Vortheil gilt, gerade umgekehrt und schenket
theilweise euch und eueren reichen Freunden, was euch von Haut
und Haar nichts angeht, worüber ihr nicht zu verfügen habet,
unser ( der Armen ) Eigenthum, den uns rechtmäßig zu-
stehenden Antheil am Zehnten. Haben wir vor dem 4. März 3
bis3 1 / 2 Steuersimpel bezahlt, so zahlen wir, zur Deckung des
durch die " Verschleudernng des Zehnten, " Aufhebung
des Salzmonopoles und das Wegfallen der sehr ausgibigen Was-
serzölle u. s. w. entstandenen Ausfalles in unserer Staatscasse,
fortan mindestens doppelt so viel. Verflucht sey der 4.
März, wenn er uns nur derartigen Segen bringt!

Doch warum sich ereifern? so arg wird es wohl nicht kommen!
Haben auf der einen Seite die großen Gutsbesitzer, die Reichen
gewonnen, so müssen sie das ja auf der andern Seite sattsam
vergüten: das bereits promulgirte Gesetz über die Einkommen-
und Capitalsteuer nimmt ja, zur Schonung der Armen vorzugs-
weise den Beutel der Reichen in Anspruch? Ach, prost die Mahl-
zeit! Auch diese Steuer wollen jetzt unsere Reichen wieder weg
haben. Schon in voriger Woche, nachdem das desfallsige Gesetz
kaum veröffentlicht war, ist von vielen unseren Reichen eine Art
von Sturmpetition an die Kammer abgegangen, um dasselbe wo
möglich zu hintertreiben. Nicht wahr, das sind allerliebst freisin-
nige und wohlmeinende Cammeraden! Uns allerlei Vortheile
versprochen, um uns kirre zu machen und uns für ihre Plane
zu gewinnen, damit wir sie und nur sie zu unseren Regenten
wählen, schreien, gegen die Obrigkeit schimpfen und hetzen, das
verstehen sie meisterhaft. Aber wenn es darauf ankommt, uns
geringen Bürgern auf ihre Mitkosten einen dauernden, wenn
auch nur geringen Vortheil zuzuwenden: dann erkennen sie
uns nicht, die Treulosen!

Nicht wir ( die Armen ) sondern sie, die nimmersatten
Reichen, im Bunde mit den für reich gelten wollenden
Lumpen,
haben die Revolution gemacht und geschrien: "Auf!
Auf! nach Wiesbaden, mit Dreschflegeln, Heugabeln und Sen-
sen, wenn ihr keine anderen Waffen habet; alleweil gilt es, jetzt
oder niemals werden wir Alle frei und glücklich!" Wer aber die
Zeche gemacht hat, der möge sie zunächst auch bezahlen! Zwar
sehen wir ein, daß die Einkommensteuer ihr Gefälliges, ihre
Unzuträglichkeiten, ihre materiellen und moralischen Nachtheile
im Gefolge hat: aber wie anders will man uns Arme schadlos
halten für das, von Anderem nichts zu sagen, durch die " Zehn-
tenverschleuderung " an uns begangene Unrecht?!

Von der Niederelbe 10. December. ( W. Z. ) ( Die Con-
flicte in der schlesw.=holst. Armee.
) Die Conflicte, welche
[Spaltenumbruch] durch die Adresse des 7. schlesw.=holst. Bataillons und durch
die derselben von 50 Pontonniers ertheilte Zustimmung in Lütjen-
burg und Rendsburg entstanden sind, gewinnen von Tage zu
Tage eine größere Bedeutung. Der erste Verbreiter ( wie man
hört, nicht der eigentliche Verfasser ) jener an die preußischen Gar-
den als Kämpfer für Schleswig=Holstein gerichteten, dieselben
zum Festhalten an der preußischen Nationalversammlung auffor-
dernden Adresse, ein stud. jur. Buttermerks aus Altona, z. Z.
Musketier im 7. schlesw.=holst. Bataillone, ist verhaftet und nebst
einem Unterofficiere Schmidt in kriegsgerichtlicher Untersuchung;
die Pontonniers aber, welche sich direct gegen General v. Bonins
Armeebefehl ausgesprochen, sind entwaffnet, in Rendsburg ein-
gesperrt und einem aus dem Chef des Kriegsdepartements, Gene-
ralmajor v. Krohn und zwölf Stabsofficieren und Hauptleuten
oder Rittmeistern zusammengesetzten Kriegsgerichte überge-
ben. Aus mehreren Städten, z. B. aus Kiel, Schleswig und
Hadersleben ( aus der letzgenannten Stadt die bis jetzt dort gar-
nisonirende 3. Comp. des 1. Bataillons vom 4. badischen
Jnfanterieregimente ) sind nach Rendsburg Truppen gezogen
worden. Und doch werden wiederum neue, durch die Arretirung
eines Soldaten vorgestern in Glückstadt entstandene Excesse ge-
meldet. Es mußte daselbst Abends die Aufruhracte verlesen wer-
den; das Militär ( Schleswig=Holsteiner ) mußte einschreiten und
nahm mehrere Verhaftungen vor; doch war um 12 Uhr Nachts
die Ruhe wieder hergestellt.

Die Stimmung des schlesw.=holst. Militärs ist eine entschie-
den vaterländische ( antidänische ) , aber auch eine antipreußische
und, nach einzelnen Symptomen zu urtheilen, vielfach den repu-
blikanischen Tendenzen offen. Die demokratischen Vereine im
Lande ( namentlich in Altona, Kiel, Barmstedt, Rendsburg u. s. w. )
tragen auch das Jhrige dazu bei, die Soldaten zu republikani-
siren und der Haß der Gemeinen und Unterofficiere gegen ihre
Officiere wächst in einem wirklich gefahrdrohenden Grade. Dies
stammt hauptsächlich daher, daß viele preußische Officiere, zum
Theile von aristokratischer Gesinnung, im Heere geblieben sind,
daß General v. Bonin nicht bloß schlesw.=holst. Generallieutenant
und Reichsgeneral, sondern zugleich auch noch immer k. preuß.
Generalmajor ist und daß noch bei den alten schlesw.=holst. Offi-
cieren das frühere dänische Corporalstockregiment in hohem An-
sehen steht. Die neueingetretenen Soldaten, zum Theile Söhne
reicher Bauern, Studenten, Turner, Freischärler des frühern
v. d. Tannschen Corps ( die letzteren besonders zahlreich im 9.
Bataillone ) lassen sich aber nicht so leicht und willig mehr com-
mandiren und maßregeln, wie es vor 1848 bei der dänisch=dres-
sirten schlesw.=holst. Soldateska der Fall war.

Uebrigens ist seit dem 5. d. in Rendsburg die Ruhe durch-
aus ungestört geblieben; der Wille der Bürger hatte sich zu ent-
schieden dahin ausgesprochen, daß die Ordnung aufrecht erhalten
werden solle. Auch hatte ein großer Theil Derjenigen, welche von
der Aufregung jenes Tages mit ergriffen gewesen waren, es bei
einigem Besinnen eingesehen, daß in den Lauf des gerichtlichen
Verfahrens nicht eingegriffen werden dürfe, ohne Ordnung und
Freiheit zugleich in Frage zu stellen. Gleichwohl dauern die Vor-
kehrungen der Behörden fort, um etwaigen Gewaltthätigkeiten
zu begegnen.

Frankreich.

* * * Paris 12. December. Auch der zweite Wahltag ist
völlig ruhig vorübergegangen und die Partei des Umsturzes hat
vorläufig alle Pläne zum Losschlagen aufgegeben.

Straßburg 13. December. ( Fr. J. ) Was bei uns Niemand
erwartet hatte und worüber alle Leute in Staunen gerathen, ist,
daß Louis Bonaparte auch im Elsaß die Mehrzahl der Stim-
men für die Präsidentschaft erhält. Bis diesen Morgen hatte
Louis Bonaparte in den verschiedenen Cantonen des niederrheini-
schen Departements etwa 44,000 Stimmen, während Cavaig-
nac blos 34,000 Stimmen zählt. Jm oberrheinischen Departe-
ment steht es für Cavaignac noch schlimmer. Jn allen Fabrik-
bezirken haben die Arbeiter für Louis Napoleon gestimmt und
auch die Bauern neigten sich diesem letztern zu. Jn 10 bis jetzt
bekannten Cantonabstimmungen hatte Bonaparte 12,998 Stim-
men für sich und Cavaignac nur 4068. Aus den meisten benach-
barten Departements lauten die Nachrichten ebenfalls dem Ge-
nerale Cavaignac ungünstig. Jn Lothringen hat sich Alles dem
Bonapartismus in die Arme geworfen. Die republikanische Re-
gierung hat das allgemeine Stimmrecht eingeführt und so muß sie
sich auch seinen Folgen unterwerfen. [ Zu ihrem eigenen Ver-
derben! ]

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] und es wurden darauf die Tapferkeitsmedaillen an diejenigen
Soldaten von Erzherzog Rainer Jnfanterie vertheilt, welche sich
bei dem Sturme auf die Frankfurter Barricaden am ausgezeich-
netsten gehalten hatten. So viel wir bemerken konnten, wurden
vier silberne Medaillen verliehen und die damit Geschmückten zo-
gen bei dem Defiliren an der Spitze des ersten Bataillons einher.
Unter sämmtlichen Truppen herrscht eine wahre Begeisterung
und ein fröhlicher Muth, der Allem, was die Zukunft noch brin-
gen mag, mit Vertrauen entgegensieht.

△ Aus Nassau 13. December. So hat denn am vorigen
Samstage, den 9. d. Mts., unsere hochweise Deputirtenkammer
zum zweiten Male und zwar mit neunzehn gegen achtzehn
Stimmen dahin entschieden: „Der Zehnte sey im zwölffachen
Betrage abzulösen und Dem, welcher früher in höherem Betrage
abgelöst habe, sey aus der Staatscasse die entsprechende Entschä-
digung zu leisten“ — ein Entscheid, wofür die Neunzehn
wahrhaftig nicht auf den Dank der Gerechtigkeit und noch weni-
ger auf den Dank der Armen, der Taglöhner, der Minderbegü-
terten und der Gewerbtreibenden rechnen können, wohl aber auf
den Dank aller reichen Selbst= und Habsüchtlinge unter unseren
Gutsbesitzern. Wieviel hat der Besitzer beim Ankaufe seines
zehntpflichtigen Gutes gekauft und bezahlt? Antwort: Neun Zehn-
tel. Wem gehört das nichtbezahlte Eine Zehntel? Antwort: Dem
Allgemeinen. Wer gibt also auch neunzehn naussauer Scherben-
richtern die Befugniß, mir Armen, mir Taglöhner, mir Gering-
begüterten, mir Gewerbtreibenden meinen Antheil an diesem all-
gemeinen Eigenthume, an diesem Zehntel, zu verschenken oder zu
verschleudern? Wahrlich mich will es bedünken, als hättet ihr
mich und und meine Standesgenossen durch euer Verdici um mein
Eigenthum gebracht! Jst das die Art und Weise, wie ihr euerem
Versprechen nachkommet: „Vordersamst das Wohl“ der ärmeren
und gedrückten Classen ins Auge nehmen und herbeiführen zu
wollen? Anstatt den Reichen mehr zu belasten, um den Armen
zu erleichtern, machet ihr es, doch wohl nur, weil es euer und
euerer Freunde Vortheil gilt, gerade umgekehrt und schenket
theilweise euch und eueren reichen Freunden, was euch von Haut
und Haar nichts angeht, worüber ihr nicht zu verfügen habet,
unser ( der Armen ) Eigenthum, den uns rechtmäßig zu-
stehenden Antheil am Zehnten. Haben wir vor dem 4. März 3
bis3 1 / 2 Steuersimpel bezahlt, so zahlen wir, zur Deckung des
durch die „ Verschleudernng des Zehnten, “ Aufhebung
des Salzmonopoles und das Wegfallen der sehr ausgibigen Was-
serzölle u. s. w. entstandenen Ausfalles in unserer Staatscasse,
fortan mindestens doppelt so viel. Verflucht sey der 4.
März, wenn er uns nur derartigen Segen bringt!

Doch warum sich ereifern? so arg wird es wohl nicht kommen!
Haben auf der einen Seite die großen Gutsbesitzer, die Reichen
gewonnen, so müssen sie das ja auf der andern Seite sattsam
vergüten: das bereits promulgirte Gesetz über die Einkommen-
und Capitalsteuer nimmt ja, zur Schonung der Armen vorzugs-
weise den Beutel der Reichen in Anspruch? Ach, prost die Mahl-
zeit! Auch diese Steuer wollen jetzt unsere Reichen wieder weg
haben. Schon in voriger Woche, nachdem das desfallsige Gesetz
kaum veröffentlicht war, ist von vielen unseren Reichen eine Art
von Sturmpetition an die Kammer abgegangen, um dasselbe wo
möglich zu hintertreiben. Nicht wahr, das sind allerliebst freisin-
nige und wohlmeinende Cammeraden! Uns allerlei Vortheile
versprochen, um uns kirre zu machen und uns für ihre Plane
zu gewinnen, damit wir sie und nur sie zu unseren Regenten
wählen, schreien, gegen die Obrigkeit schimpfen und hetzen, das
verstehen sie meisterhaft. Aber wenn es darauf ankommt, uns
geringen Bürgern auf ihre Mitkosten einen dauernden, wenn
auch nur geringen Vortheil zuzuwenden: dann erkennen sie
uns nicht, die Treulosen!

Nicht wir ( die Armen ) sondern sie, die nimmersatten
Reichen, im Bunde mit den für reich gelten wollenden
Lumpen,
haben die Revolution gemacht und geschrien: „Auf!
Auf! nach Wiesbaden, mit Dreschflegeln, Heugabeln und Sen-
sen, wenn ihr keine anderen Waffen habet; alleweil gilt es, jetzt
oder niemals werden wir Alle frei und glücklich!“ Wer aber die
Zeche gemacht hat, der möge sie zunächst auch bezahlen! Zwar
sehen wir ein, daß die Einkommensteuer ihr Gefälliges, ihre
Unzuträglichkeiten, ihre materiellen und moralischen Nachtheile
im Gefolge hat: aber wie anders will man uns Arme schadlos
halten für das, von Anderem nichts zu sagen, durch die „ Zehn-
tenverschleuderung “ an uns begangene Unrecht?!

Von der Niederelbe 10. December. ( W. Z. ) ( Die Con-
flicte in der schlesw.=holst. Armee.
) Die Conflicte, welche
[Spaltenumbruch] durch die Adresse des 7. schlesw.=holst. Bataillons und durch
die derselben von 50 Pontonniers ertheilte Zustimmung in Lütjen-
burg und Rendsburg entstanden sind, gewinnen von Tage zu
Tage eine größere Bedeutung. Der erste Verbreiter ( wie man
hört, nicht der eigentliche Verfasser ) jener an die preußischen Gar-
den als Kämpfer für Schleswig=Holstein gerichteten, dieselben
zum Festhalten an der preußischen Nationalversammlung auffor-
dernden Adresse, ein stud. jur. Buttermerks aus Altona, z. Z.
Musketier im 7. schlesw.=holst. Bataillone, ist verhaftet und nebst
einem Unterofficiere Schmidt in kriegsgerichtlicher Untersuchung;
die Pontonniers aber, welche sich direct gegen General v. Bonins
Armeebefehl ausgesprochen, sind entwaffnet, in Rendsburg ein-
gesperrt und einem aus dem Chef des Kriegsdepartements, Gene-
ralmajor v. Krohn und zwölf Stabsofficieren und Hauptleuten
oder Rittmeistern zusammengesetzten Kriegsgerichte überge-
ben. Aus mehreren Städten, z. B. aus Kiel, Schleswig und
Hadersleben ( aus der letzgenannten Stadt die bis jetzt dort gar-
nisonirende 3. Comp. des 1. Bataillons vom 4. badischen
Jnfanterieregimente ) sind nach Rendsburg Truppen gezogen
worden. Und doch werden wiederum neue, durch die Arretirung
eines Soldaten vorgestern in Glückstadt entstandene Excesse ge-
meldet. Es mußte daselbst Abends die Aufruhracte verlesen wer-
den; das Militär ( Schleswig=Holsteiner ) mußte einschreiten und
nahm mehrere Verhaftungen vor; doch war um 12 Uhr Nachts
die Ruhe wieder hergestellt.

Die Stimmung des schlesw.=holst. Militärs ist eine entschie-
den vaterländische ( antidänische ) , aber auch eine antipreußische
und, nach einzelnen Symptomen zu urtheilen, vielfach den repu-
blikanischen Tendenzen offen. Die demokratischen Vereine im
Lande ( namentlich in Altona, Kiel, Barmstedt, Rendsburg u. s. w. )
tragen auch das Jhrige dazu bei, die Soldaten zu republikani-
siren und der Haß der Gemeinen und Unterofficiere gegen ihre
Officiere wächst in einem wirklich gefahrdrohenden Grade. Dies
stammt hauptsächlich daher, daß viele preußische Officiere, zum
Theile von aristokratischer Gesinnung, im Heere geblieben sind,
daß General v. Bonin nicht bloß schlesw.=holst. Generallieutenant
und Reichsgeneral, sondern zugleich auch noch immer k. preuß.
Generalmajor ist und daß noch bei den alten schlesw.=holst. Offi-
cieren das frühere dänische Corporalstockregiment in hohem An-
sehen steht. Die neueingetretenen Soldaten, zum Theile Söhne
reicher Bauern, Studenten, Turner, Freischärler des frühern
v. d. Tannschen Corps ( die letzteren besonders zahlreich im 9.
Bataillone ) lassen sich aber nicht so leicht und willig mehr com-
mandiren und maßregeln, wie es vor 1848 bei der dänisch=dres-
sirten schlesw.=holst. Soldateska der Fall war.

Uebrigens ist seit dem 5. d. in Rendsburg die Ruhe durch-
aus ungestört geblieben; der Wille der Bürger hatte sich zu ent-
schieden dahin ausgesprochen, daß die Ordnung aufrecht erhalten
werden solle. Auch hatte ein großer Theil Derjenigen, welche von
der Aufregung jenes Tages mit ergriffen gewesen waren, es bei
einigem Besinnen eingesehen, daß in den Lauf des gerichtlichen
Verfahrens nicht eingegriffen werden dürfe, ohne Ordnung und
Freiheit zugleich in Frage zu stellen. Gleichwohl dauern die Vor-
kehrungen der Behörden fort, um etwaigen Gewaltthätigkeiten
zu begegnen.

Frankreich.

* * * Paris 12. December. Auch der zweite Wahltag ist
völlig ruhig vorübergegangen und die Partei des Umsturzes hat
vorläufig alle Pläne zum Losschlagen aufgegeben.

Straßburg 13. December. ( Fr. J. ) Was bei uns Niemand
erwartet hatte und worüber alle Leute in Staunen gerathen, ist,
daß Louis Bonaparte auch im Elsaß die Mehrzahl der Stim-
men für die Präsidentschaft erhält. Bis diesen Morgen hatte
Louis Bonaparte in den verschiedenen Cantonen des niederrheini-
schen Departements etwa 44,000 Stimmen, während Cavaig-
nac blos 34,000 Stimmen zählt. Jm oberrheinischen Departe-
ment steht es für Cavaignac noch schlimmer. Jn allen Fabrik-
bezirken haben die Arbeiter für Louis Napoleon gestimmt und
auch die Bauern neigten sich diesem letztern zu. Jn 10 bis jetzt
bekannten Cantonabstimmungen hatte Bonaparte 12,998 Stim-
men für sich und Cavaignac nur 4068. Aus den meisten benach-
barten Departements lauten die Nachrichten ebenfalls dem Ge-
nerale Cavaignac ungünstig. Jn Lothringen hat sich Alles dem
Bonapartismus in die Arme geworfen. Die republikanische Re-
gierung hat das allgemeine Stimmrecht eingeführt und so muß sie
sich auch seinen Folgen unterwerfen. [ Zu ihrem eigenen Ver-
derben! ]

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] und es wurden darauf die Tapferkeitsmedaillen an diejenigen Soldaten von Erzherzog Rainer Jnfanterie vertheilt, welche sich bei dem Sturme auf die Frankfurter Barricaden am ausgezeich- netsten gehalten hatten. So viel wir bemerken konnten, wurden vier silberne Medaillen verliehen und die damit Geschmückten zo- gen bei dem Defiliren an der Spitze des ersten Bataillons einher. Unter sämmtlichen Truppen herrscht eine wahre Begeisterung und ein fröhlicher Muth, der Allem, was die Zukunft noch brin- gen mag, mit Vertrauen entgegensieht. △ Aus Nassau 13. December. So hat denn am vorigen Samstage, den 9. d. Mts., unsere hochweise Deputirtenkammer zum zweiten Male und zwar mit neunzehn gegen achtzehn Stimmen dahin entschieden: „Der Zehnte sey im zwölffachen Betrage abzulösen und Dem, welcher früher in höherem Betrage abgelöst habe, sey aus der Staatscasse die entsprechende Entschä- digung zu leisten“ — ein Entscheid, wofür die Neunzehn wahrhaftig nicht auf den Dank der Gerechtigkeit und noch weni- ger auf den Dank der Armen, der Taglöhner, der Minderbegü- terten und der Gewerbtreibenden rechnen können, wohl aber auf den Dank aller reichen Selbst= und Habsüchtlinge unter unseren Gutsbesitzern. Wieviel hat der Besitzer beim Ankaufe seines zehntpflichtigen Gutes gekauft und bezahlt? Antwort: Neun Zehn- tel. Wem gehört das nichtbezahlte Eine Zehntel? Antwort: Dem Allgemeinen. Wer gibt also auch neunzehn naussauer Scherben- richtern die Befugniß, mir Armen, mir Taglöhner, mir Gering- begüterten, mir Gewerbtreibenden meinen Antheil an diesem all- gemeinen Eigenthume, an diesem Zehntel, zu verschenken oder zu verschleudern? Wahrlich mich will es bedünken, als hättet ihr mich und und meine Standesgenossen durch euer Verdici um mein Eigenthum gebracht! Jst das die Art und Weise, wie ihr euerem Versprechen nachkommet: „Vordersamst das Wohl“ der ärmeren und gedrückten Classen ins Auge nehmen und herbeiführen zu wollen? Anstatt den Reichen mehr zu belasten, um den Armen zu erleichtern, machet ihr es, doch wohl nur, weil es euer und euerer Freunde Vortheil gilt, gerade umgekehrt und schenket theilweise euch und eueren reichen Freunden, was euch von Haut und Haar nichts angeht, worüber ihr nicht zu verfügen habet, unser ( der Armen ) Eigenthum, den uns rechtmäßig zu- stehenden Antheil am Zehnten. Haben wir vor dem 4. März 3 bis3 1 / 2 Steuersimpel bezahlt, so zahlen wir, zur Deckung des durch die „ Verschleudernng des Zehnten, “ Aufhebung des Salzmonopoles und das Wegfallen der sehr ausgibigen Was- serzölle u. s. w. entstandenen Ausfalles in unserer Staatscasse, fortan mindestens doppelt so viel. Verflucht sey der 4. März, wenn er uns nur derartigen Segen bringt! Doch warum sich ereifern? so arg wird es wohl nicht kommen! Haben auf der einen Seite die großen Gutsbesitzer, die Reichen gewonnen, so müssen sie das ja auf der andern Seite sattsam vergüten: das bereits promulgirte Gesetz über die Einkommen- und Capitalsteuer nimmt ja, zur Schonung der Armen vorzugs- weise den Beutel der Reichen in Anspruch? Ach, prost die Mahl- zeit! Auch diese Steuer wollen jetzt unsere Reichen wieder weg haben. Schon in voriger Woche, nachdem das desfallsige Gesetz kaum veröffentlicht war, ist von vielen unseren Reichen eine Art von Sturmpetition an die Kammer abgegangen, um dasselbe wo möglich zu hintertreiben. Nicht wahr, das sind allerliebst freisin- nige und wohlmeinende Cammeraden! Uns allerlei Vortheile versprochen, um uns kirre zu machen und uns für ihre Plane zu gewinnen, damit wir sie und nur sie zu unseren Regenten wählen, schreien, gegen die Obrigkeit schimpfen und hetzen, das verstehen sie meisterhaft. Aber wenn es darauf ankommt, uns geringen Bürgern auf ihre Mitkosten einen dauernden, wenn auch nur geringen Vortheil zuzuwenden: dann erkennen sie uns nicht, die Treulosen! Nicht wir ( die Armen ) sondern sie, die nimmersatten Reichen, im Bunde mit den für reich gelten wollenden Lumpen, haben die Revolution gemacht und geschrien: „Auf! Auf! nach Wiesbaden, mit Dreschflegeln, Heugabeln und Sen- sen, wenn ihr keine anderen Waffen habet; alleweil gilt es, jetzt oder niemals werden wir Alle frei und glücklich!“ Wer aber die Zeche gemacht hat, der möge sie zunächst auch bezahlen! Zwar sehen wir ein, daß die Einkommensteuer ihr Gefälliges, ihre Unzuträglichkeiten, ihre materiellen und moralischen Nachtheile im Gefolge hat: aber wie anders will man uns Arme schadlos halten für das, von Anderem nichts zu sagen, durch die „ Zehn- tenverschleuderung “ an uns begangene Unrecht?! Von der Niederelbe 10. December. ( W. Z. ) ( Die Con- flicte in der schlesw.=holst. Armee. ) Die Conflicte, welche durch die Adresse des 7. schlesw.=holst. Bataillons und durch die derselben von 50 Pontonniers ertheilte Zustimmung in Lütjen- burg und Rendsburg entstanden sind, gewinnen von Tage zu Tage eine größere Bedeutung. Der erste Verbreiter ( wie man hört, nicht der eigentliche Verfasser ) jener an die preußischen Gar- den als Kämpfer für Schleswig=Holstein gerichteten, dieselben zum Festhalten an der preußischen Nationalversammlung auffor- dernden Adresse, ein stud. jur. Buttermerks aus Altona, z. Z. Musketier im 7. schlesw.=holst. Bataillone, ist verhaftet und nebst einem Unterofficiere Schmidt in kriegsgerichtlicher Untersuchung; die Pontonniers aber, welche sich direct gegen General v. Bonins Armeebefehl ausgesprochen, sind entwaffnet, in Rendsburg ein- gesperrt und einem aus dem Chef des Kriegsdepartements, Gene- ralmajor v. Krohn und zwölf Stabsofficieren und Hauptleuten oder Rittmeistern zusammengesetzten Kriegsgerichte überge- ben. Aus mehreren Städten, z. B. aus Kiel, Schleswig und Hadersleben ( aus der letzgenannten Stadt die bis jetzt dort gar- nisonirende 3. Comp. des 1. Bataillons vom 4. badischen Jnfanterieregimente ) sind nach Rendsburg Truppen gezogen worden. Und doch werden wiederum neue, durch die Arretirung eines Soldaten vorgestern in Glückstadt entstandene Excesse ge- meldet. Es mußte daselbst Abends die Aufruhracte verlesen wer- den; das Militär ( Schleswig=Holsteiner ) mußte einschreiten und nahm mehrere Verhaftungen vor; doch war um 12 Uhr Nachts die Ruhe wieder hergestellt. Die Stimmung des schlesw.=holst. Militärs ist eine entschie- den vaterländische ( antidänische ) , aber auch eine antipreußische und, nach einzelnen Symptomen zu urtheilen, vielfach den repu- blikanischen Tendenzen offen. Die demokratischen Vereine im Lande ( namentlich in Altona, Kiel, Barmstedt, Rendsburg u. s. w. ) tragen auch das Jhrige dazu bei, die Soldaten zu republikani- siren und der Haß der Gemeinen und Unterofficiere gegen ihre Officiere wächst in einem wirklich gefahrdrohenden Grade. Dies stammt hauptsächlich daher, daß viele preußische Officiere, zum Theile von aristokratischer Gesinnung, im Heere geblieben sind, daß General v. Bonin nicht bloß schlesw.=holst. Generallieutenant und Reichsgeneral, sondern zugleich auch noch immer k. preuß. Generalmajor ist und daß noch bei den alten schlesw.=holst. Offi- cieren das frühere dänische Corporalstockregiment in hohem An- sehen steht. Die neueingetretenen Soldaten, zum Theile Söhne reicher Bauern, Studenten, Turner, Freischärler des frühern v. d. Tannschen Corps ( die letzteren besonders zahlreich im 9. Bataillone ) lassen sich aber nicht so leicht und willig mehr com- mandiren und maßregeln, wie es vor 1848 bei der dänisch=dres- sirten schlesw.=holst. Soldateska der Fall war. Uebrigens ist seit dem 5. d. in Rendsburg die Ruhe durch- aus ungestört geblieben; der Wille der Bürger hatte sich zu ent- schieden dahin ausgesprochen, daß die Ordnung aufrecht erhalten werden solle. Auch hatte ein großer Theil Derjenigen, welche von der Aufregung jenes Tages mit ergriffen gewesen waren, es bei einigem Besinnen eingesehen, daß in den Lauf des gerichtlichen Verfahrens nicht eingegriffen werden dürfe, ohne Ordnung und Freiheit zugleich in Frage zu stellen. Gleichwohl dauern die Vor- kehrungen der Behörden fort, um etwaigen Gewaltthätigkeiten zu begegnen. Frankreich. * * * Paris 12. December. Auch der zweite Wahltag ist völlig ruhig vorübergegangen und die Partei des Umsturzes hat vorläufig alle Pläne zum Losschlagen aufgegeben. Straßburg 13. December. ( Fr. J. ) Was bei uns Niemand erwartet hatte und worüber alle Leute in Staunen gerathen, ist, daß Louis Bonaparte auch im Elsaß die Mehrzahl der Stim- men für die Präsidentschaft erhält. Bis diesen Morgen hatte Louis Bonaparte in den verschiedenen Cantonen des niederrheini- schen Departements etwa 44,000 Stimmen, während Cavaig- nac blos 34,000 Stimmen zählt. Jm oberrheinischen Departe- ment steht es für Cavaignac noch schlimmer. Jn allen Fabrik- bezirken haben die Arbeiter für Louis Napoleon gestimmt und auch die Bauern neigten sich diesem letztern zu. Jn 10 bis jetzt bekannten Cantonabstimmungen hatte Bonaparte 12,998 Stim- men für sich und Cavaignac nur 4068. Aus den meisten benach- barten Departements lauten die Nachrichten ebenfalls dem Ge- nerale Cavaignac ungünstig. Jn Lothringen hat sich Alles dem Bonapartismus in die Arme geworfen. Die republikanische Re- gierung hat das allgemeine Stimmrecht eingeführt und so muß sie sich auch seinen Folgen unterwerfen. [ Zu ihrem eigenen Ver- derben! ] Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 164. Mainz, 14. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal164_1848/4>, abgerufen am 25.11.2024.