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Mainzer Journal. Nr. 156. Mainz, 5. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] hörte man vielfältig die Behauptung, daß die armen Teufel,
denen der Spaß diesmal so übel ausschlug, nicht blos bestellt,
sondern auch bezahlt wurden. Jm Drange der Umstände hat
gestern Abend schon Einer gejammert: Wir werden ja dafür
bezahlt!

Deutschland.

Wien 29. November. ( A. Z. ) Eine politische Rührigkeit
herrscht jetzt hier, als gebe es keinen Belagerungszustand, wenn
es nicht eben die Rührigkeit nur Einer Partei wäre. Die Con-
servativen, wie man jetzt endlich statt des leidigen Ausdruckes
"schwarzgelb" zu sagen sich gewöhnt, sehen ein, daß ihrer Un-
thätigkeit viel Schuld an all dem Unheile beigemessen werden
muß. Die Wahlmänner jener Bezirke, wo die äußersten Linken,
Füster, Goldmark gewählt wurden, halten Versammlungen,
wozu bereitwillig Erlaubniß erfolgte, um [unleserliches Material - 14 Zeichen fehlen]Mißtrauensvota gegen
ihre Deputirten zu Stande zu bringen. Sogar gegen Doblhoff
und Pillersdorf bereitet sich derlei vor, letzterer aber hat seinen
Austritt selbst angemeldet. Die Wahlmänner für die Frankfurter
Wahlen halten andererseits eifrige Versammlungen, um jenen
Abgeordneten Vertrauensvota auszusprechen, welche gegen die
bekannten §§. 2. und 3. gestimmt haben. Die Wähler der Land-
straße gingen mit einem Beispiele von Einigkeit voran, wie es
bei uns vielleicht nicht wieder vorkommt. Dieser Vorstadtbezirk
ist überaus ausgezeichnet durch seine politische Haltung und bil-
det eine compacte Masse wie kein anderer. Die Nationalgarde
war vom besten Geiste beseelt, energisch wie in keinem andern
Bezirke, die Wahlen in den Gemeinderath fielen auf lauter tüch-
tige Männer, und jetzt wieder wurden vortreffliche Reden daselbst
gehört und die ganze Versammlung war eines Sinnes. Man be-
schloß nicht blos ein Vertrauensvotum, sondern sogar eine Adresse
an das Parlament, worin die Wähler geradezu und umständlich
ihre Ansicht aussprechen. Bemerken Sie, man wies das Parla-
ment auf die Schweiz hin; warum man die dortigen Stämme
nicht berücksichtige, wenn es sich um die Nationalität handeln soll;
ebenso weist man auf das Elsaß hin, wenn es sich um das histo-
rische Recht handeln soll. Nur Oesterreich gegenüber mache man
Ansprüche geltend, von denen man anderwärts abstrahire. Nicht
zu übersehen und ein Hauptmotiv bei uns gegen das "Aufgehen
in Deutschland" ist jedenfalls die Erinnerung an 1805 und 1809.
Der Oesterreicher wird es nie vergessen, daß er in seinen schwe-
ren Kämpfen gegen Napoleon von Deutschland verlassen wurde,
ja daß unter den Mauern Wiens die Schlacht bei Wagram durch
deutsche Tapferkeit gegen ihn entschieden wurde. Das sind Mo-
tive, die er allerdings nicht öffentlich geltend macht, die aber bei
jeder Gelegenheit hier hervortreten und nur von den Jüngeren
überschrieen wurden, die freilich von 1809 nichts wissen. Leider
ist aber auch die republikanische Partei nichts weniger als un-
thätig. Dieser Tage fielen wieder zahlreiche Verhaftungen vor,
junge Leute wurden überführt, daß sie Kugeln gegossen! und da-
mit wir der gräßlichen Mährchen nicht entwöhnt würden, hieß
es, man habe die Brunnen in den Casernen vergiften wollen!
Gewiß ist, daß dieses Gerücht unter den gemeinen Soldaten auf
so beunruhigende Weise geglaubt wurde, daß zu jedem Brunnen
Wache hingestellt werden mußte. Abermals hört man, ein ge-
heimer "demokratischer" Club sei aufgehoben worden, man wollte
sogar von aufrührerischen Placaten wissen, und der 25. war so
allgemein als ein besorglicher bezeichnet worden, daß sogar Vor-
sichtsmaßregeln getroffen wurden. Dem Himmel sey Dank, er
ging ruhig vorüber; gut Unterichtete behaupten aber, der Be-
lagerungszustand werde in Folge all dieser Ereignisse wieder et-
was strenger eingehalten werden. Es wäre dies um so beklagens-
werther, als die öffentlichen Zustände sich immer besser gestalten
und eine erfreuliche Thätigkeit in allen Geschäftszweigen bemerk-
bar ist. Die überaus milde Witterung ( + 5 und 7 Grad ) kömmt
den Reperaturen der Brandschäden und den armen Leuten trefflich
zu statten; sogar neue Erdarbeiten sind in Angriff genommen
worden, denn trotz der Ausweisung aller nicht nach Wien Zu-
ständigen haben sich doch bei 30,000 brodlose Arbeiter gemeldet.
Jndessen schmelzen diese von Tag zu Tag zusammen, da Fabriken
und Manufacturen sie reclamiren und die Arbeiter jetzt nur in
Accord gegeben werden, es also wirklich arbeiten heißt und nicht
herumlungern, wie den Sommer hindurch zu Zeiten des souverä-
nen Proletariates. Vorgestern will man eine Kanonade von Un-
garn her gehört haben. Mit Ungeduld erwartet man eine Sie-
gesnachricht von dorther, die für Wien buchstäblich eine Lebens-
nachricht seyn wird, weil die Sperrung der ungarischen Grenze
den Hauptzufluß an Lebensmitteln sperrt, abgesehen davon, daß
unsere Gewerbe um so mehr auf den Markt in Ungarn angewie-
sen sind, als ihnen Jtalien wenig oder nichts abnimmt. Mit-
tags.
So eben höre ich, daß der Präsident des demokratischen
Vereines, Simon Deutsch ( derselbe der in Frankfurt Fiasco
machte ) , in seinem Verstecke gefunden und zur Haft gebracht sey.
[Spaltenumbruch] Der Gemeinderath mußte seine sämmtlichen Protokolle an die
Untersuchungscommission abgeben; einige Mitglieder desselben
sollen bedeutend compromittirt seyn. Die Präsidentin des demo-
kratischen Frauenclubs, Baronin Perin, soll in ihrer Haft ret-
tungslos erkrankt sey; sie war mit dem erschossenen Dr. Becher
sehr liirt. Die Dotationen aller kaiserlichen Sammlungen sind
in Anbetracht der Finanzlage gesperrt worden; bei dem Brande
am Josephsplatze, der durch das Proletariat gelegt wurde, sollen
Jndividuen blosgestellt seyn, denen man ihrer Stellung nach die
Betheiligung an einem solchen Verbrechen am wenigsten hätte
zutrauen dürfen.

Wien 30. November. ( B. H. ) Aus Ungarn sind wir fort-
während ohne directe Nachrichten, nur stimmen die vielen flüch-
tigen Familien, welche über die ungarische Grenze noch zu ent-
kommen im Stande sind, darin überein, daß dort überall Schrecken
und Greuel herrschen, während die Kossuth=Partei Alles aufs
Aeußerste zu treiben entschlossen ist. Die Nachricht, daß Oeden-
burg sich ergeben habe, scheint sich nicht zu bestätigen. -- Herr
v. Bruck ist gestern von Kremsier hier angekommen.

Darmstadt 1. December. ( Fr. J. ) Jn der heutigen Sitzung
der 2. Kammer der Stände kam der Gegenstand zur Vorlage, auf
den man schon lange gespannt ist -- das Finanzgesetz. Die
Regierung begehrt die Verlängerung des bestehenden auch auf
das erste Halbjahr 1849. Da Viele der Ansicht waren und wohl
auch noch sind, daß die gegenwärtige Kammer sich hauptsächlich nur
mit Berathung des neuen Wahlgesetzes und einer Geschäftsord-
nung, durchaus aber nicht mit dem Budget befassen solle, so ist
man sehr begierig, was nun geschehen wird. Wer es aber mit
dem Vaterlande aufrichtig gut meint, der wird zugeben müssen,
daß die Verlängerung des laufenden Finanzgesetzes eine unver-
meidliche Nothwendigkeit ist. Dasselbe hört mit Ende des Jahres
in seiner gesetzlichen Wirksamkeit auf -- was aber dann? Die
Festsetzung eines neuen Budgets mit dem neuen Landtage ist schon
aus Mangel an Zeit eine reine Unmöglichkeit. Der Director des
Finanzministeriums, Frhr. v. Schenck, welcher den Gesetzent-
wurf zur Prolongation des gegenwärtigen Finanzgesetzes vor-
legte, erörterte aber, daß bei den jetzigen Zeitverhältnissen und
bevor die Reichsverhältnisse sich geregelt haben, namentlich die
Forderungen in Bezug auf das Heerwesen festgesetzt sind, gar kein
nur einigermaßen sicheres Budget aufgestellt werden könne. Der
Herr Regierungscommissär verknüpfte jedoch mit seinen Erörte-
rungen eine Uebersicht der Ersparnisse, welche die Regierung schon
eingeführt hat, oder doch nächstens eintreten läßt. Es werden
dadurch über 500,000 fl. erspart, namentlich bei den Lasten und
Abgängen 30,000 fl., im großherzoglichen Hause 75,000 fl.,
durch Wegfall der Apanage des Erbgroßherzoges, während die
Civilliste des jetzigen Großherzoges noch zu bestimmen bleibt, im
Militäretat durch verschiedene einzelne Ersparungen 25,000 fl., im
Staatsministerium und Staatsrathe 10,860 fl., im Ministerium
des Auswärtigen durch Einziehen der Gesandten 41,300 fl.,
im Bereiche des Ministeriums des Jnnern durch Aufhebung der
Kreisräthe 20,000 fl. Das Finanzministerium wird alsbald
gleichfalls bedeutende Ersparnisse eintreten lassen durch Vereini-
gung verschiedener Branchen und Behörden, wie der Oberforstdirec-
tion und Oberfinanzkammer, der Obereinnehmer und Rentbeamten,
der Obersteuerboten und Domänenboten, Verminderung der Forst-
und Baubeamten Jn sämmtlichen Zweigen des Bauwesens,
welche auf die nöthigsten Reparaturen beschränkt wurden, wer-
den allein 224,684 fl. erspart, wovon 140,000 fl. bei den
Straßen. Bei dem Kataster und den Grundrenten zusammen
38,000 fl. u. s. w. Die Verminderung im Etat des Staatsmi-
nisteriums ist hauptsächlich Folge davon, daß der dirigirende Staats-
minister Jaup bei Uebernahme dieses Amtes keinen höhern Ge-
halt in Anspruch nahm, als er vorher in der Eigenschaft eines
Staatsrathes bezog, und daß die Stelle eines Finanzministers
nicht wieder besetzt, vielmehr dem Vorstande des Finanzministe-
riums, Director v. Schenk, nur ein Gehalt von 3000 fl. regulirt
wurde. Es läßt sich unter den Umständen erwarten, daß nach der
neuerdings getroffenen zweckmäßigen Einrichtung, wonach die
verschiedenen Ministerien nicht mehr mit Ministern, sondern mit
Directoren besetzt werden sollen, auch der Gehalt des Justizmini-
sters ( 6000 fl. einschließlich des Repräsentationsgehaltes ) in ein
entsprechendes Verhältniß gebracht werden wird. Ohne Zweifel
wird dieses Bestreben der Staatsregierung, die gegebenen Zu-
sagen zu erfüllen, dankbar anerkannt werden. Jndessen können
leider, trotz der erwähnten Ersparnisse von den bestehenden Ein-
nahmen keine nachgelassen werden, der Militäretat durch die
eingetretenen Zeitereignisse bei weitem die gewöhnlichen Sum-
men, die bewilligt waren, überschritten hat, weil die
Reichslasten sich viel höher belaufen, als die im Budget vor-
gesehenen Bundeslasten und weil in Hauptzweigen der Ein-
nahmen, im Ertrage der Domänen und indirecten Auflagen
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] hörte man vielfältig die Behauptung, daß die armen Teufel,
denen der Spaß diesmal so übel ausschlug, nicht blos bestellt,
sondern auch bezahlt wurden. Jm Drange der Umstände hat
gestern Abend schon Einer gejammert: Wir werden ja dafür
bezahlt!

Deutschland.

Wien 29. November. ( A. Z. ) Eine politische Rührigkeit
herrscht jetzt hier, als gebe es keinen Belagerungszustand, wenn
es nicht eben die Rührigkeit nur Einer Partei wäre. Die Con-
servativen, wie man jetzt endlich statt des leidigen Ausdruckes
„schwarzgelb“ zu sagen sich gewöhnt, sehen ein, daß ihrer Un-
thätigkeit viel Schuld an all dem Unheile beigemessen werden
muß. Die Wahlmänner jener Bezirke, wo die äußersten Linken,
Füster, Goldmark gewählt wurden, halten Versammlungen,
wozu bereitwillig Erlaubniß erfolgte, um [unleserliches Material – 14 Zeichen fehlen]Mißtrauensvota gegen
ihre Deputirten zu Stande zu bringen. Sogar gegen Doblhoff
und Pillersdorf bereitet sich derlei vor, letzterer aber hat seinen
Austritt selbst angemeldet. Die Wahlmänner für die Frankfurter
Wahlen halten andererseits eifrige Versammlungen, um jenen
Abgeordneten Vertrauensvota auszusprechen, welche gegen die
bekannten §§. 2. und 3. gestimmt haben. Die Wähler der Land-
straße gingen mit einem Beispiele von Einigkeit voran, wie es
bei uns vielleicht nicht wieder vorkommt. Dieser Vorstadtbezirk
ist überaus ausgezeichnet durch seine politische Haltung und bil-
det eine compacte Masse wie kein anderer. Die Nationalgarde
war vom besten Geiste beseelt, energisch wie in keinem andern
Bezirke, die Wahlen in den Gemeinderath fielen auf lauter tüch-
tige Männer, und jetzt wieder wurden vortreffliche Reden daselbst
gehört und die ganze Versammlung war eines Sinnes. Man be-
schloß nicht blos ein Vertrauensvotum, sondern sogar eine Adresse
an das Parlament, worin die Wähler geradezu und umständlich
ihre Ansicht aussprechen. Bemerken Sie, man wies das Parla-
ment auf die Schweiz hin; warum man die dortigen Stämme
nicht berücksichtige, wenn es sich um die Nationalität handeln soll;
ebenso weist man auf das Elsaß hin, wenn es sich um das histo-
rische Recht handeln soll. Nur Oesterreich gegenüber mache man
Ansprüche geltend, von denen man anderwärts abstrahire. Nicht
zu übersehen und ein Hauptmotiv bei uns gegen das „Aufgehen
in Deutschland“ ist jedenfalls die Erinnerung an 1805 und 1809.
Der Oesterreicher wird es nie vergessen, daß er in seinen schwe-
ren Kämpfen gegen Napoleon von Deutschland verlassen wurde,
ja daß unter den Mauern Wiens die Schlacht bei Wagram durch
deutsche Tapferkeit gegen ihn entschieden wurde. Das sind Mo-
tive, die er allerdings nicht öffentlich geltend macht, die aber bei
jeder Gelegenheit hier hervortreten und nur von den Jüngeren
überschrieen wurden, die freilich von 1809 nichts wissen. Leider
ist aber auch die republikanische Partei nichts weniger als un-
thätig. Dieser Tage fielen wieder zahlreiche Verhaftungen vor,
junge Leute wurden überführt, daß sie Kugeln gegossen! und da-
mit wir der gräßlichen Mährchen nicht entwöhnt würden, hieß
es, man habe die Brunnen in den Casernen vergiften wollen!
Gewiß ist, daß dieses Gerücht unter den gemeinen Soldaten auf
so beunruhigende Weise geglaubt wurde, daß zu jedem Brunnen
Wache hingestellt werden mußte. Abermals hört man, ein ge-
heimer „demokratischer“ Club sei aufgehoben worden, man wollte
sogar von aufrührerischen Placaten wissen, und der 25. war so
allgemein als ein besorglicher bezeichnet worden, daß sogar Vor-
sichtsmaßregeln getroffen wurden. Dem Himmel sey Dank, er
ging ruhig vorüber; gut Unterichtete behaupten aber, der Be-
lagerungszustand werde in Folge all dieser Ereignisse wieder et-
was strenger eingehalten werden. Es wäre dies um so beklagens-
werther, als die öffentlichen Zustände sich immer besser gestalten
und eine erfreuliche Thätigkeit in allen Geschäftszweigen bemerk-
bar ist. Die überaus milde Witterung ( + 5 und 7 Grad ) kömmt
den Reperaturen der Brandschäden und den armen Leuten trefflich
zu statten; sogar neue Erdarbeiten sind in Angriff genommen
worden, denn trotz der Ausweisung aller nicht nach Wien Zu-
ständigen haben sich doch bei 30,000 brodlose Arbeiter gemeldet.
Jndessen schmelzen diese von Tag zu Tag zusammen, da Fabriken
und Manufacturen sie reclamiren und die Arbeiter jetzt nur in
Accord gegeben werden, es also wirklich arbeiten heißt und nicht
herumlungern, wie den Sommer hindurch zu Zeiten des souverä-
nen Proletariates. Vorgestern will man eine Kanonade von Un-
garn her gehört haben. Mit Ungeduld erwartet man eine Sie-
gesnachricht von dorther, die für Wien buchstäblich eine Lebens-
nachricht seyn wird, weil die Sperrung der ungarischen Grenze
den Hauptzufluß an Lebensmitteln sperrt, abgesehen davon, daß
unsere Gewerbe um so mehr auf den Markt in Ungarn angewie-
sen sind, als ihnen Jtalien wenig oder nichts abnimmt. Mit-
tags.
So eben höre ich, daß der Präsident des demokratischen
Vereines, Simon Deutsch ( derselbe der in Frankfurt Fiasco
machte ) , in seinem Verstecke gefunden und zur Haft gebracht sey.
[Spaltenumbruch] Der Gemeinderath mußte seine sämmtlichen Protokolle an die
Untersuchungscommission abgeben; einige Mitglieder desselben
sollen bedeutend compromittirt seyn. Die Präsidentin des demo-
kratischen Frauenclubs, Baronin Perin, soll in ihrer Haft ret-
tungslos erkrankt sey; sie war mit dem erschossenen Dr. Becher
sehr liirt. Die Dotationen aller kaiserlichen Sammlungen sind
in Anbetracht der Finanzlage gesperrt worden; bei dem Brande
am Josephsplatze, der durch das Proletariat gelegt wurde, sollen
Jndividuen blosgestellt seyn, denen man ihrer Stellung nach die
Betheiligung an einem solchen Verbrechen am wenigsten hätte
zutrauen dürfen.

Wien 30. November. ( B. H. ) Aus Ungarn sind wir fort-
während ohne directe Nachrichten, nur stimmen die vielen flüch-
tigen Familien, welche über die ungarische Grenze noch zu ent-
kommen im Stande sind, darin überein, daß dort überall Schrecken
und Greuel herrschen, während die Kossuth=Partei Alles aufs
Aeußerste zu treiben entschlossen ist. Die Nachricht, daß Oeden-
burg sich ergeben habe, scheint sich nicht zu bestätigen. — Herr
v. Bruck ist gestern von Kremsier hier angekommen.

Darmstadt 1. December. ( Fr. J. ) Jn der heutigen Sitzung
der 2. Kammer der Stände kam der Gegenstand zur Vorlage, auf
den man schon lange gespannt ist — das Finanzgesetz. Die
Regierung begehrt die Verlängerung des bestehenden auch auf
das erste Halbjahr 1849. Da Viele der Ansicht waren und wohl
auch noch sind, daß die gegenwärtige Kammer sich hauptsächlich nur
mit Berathung des neuen Wahlgesetzes und einer Geschäftsord-
nung, durchaus aber nicht mit dem Budget befassen solle, so ist
man sehr begierig, was nun geschehen wird. Wer es aber mit
dem Vaterlande aufrichtig gut meint, der wird zugeben müssen,
daß die Verlängerung des laufenden Finanzgesetzes eine unver-
meidliche Nothwendigkeit ist. Dasselbe hört mit Ende des Jahres
in seiner gesetzlichen Wirksamkeit auf — was aber dann? Die
Festsetzung eines neuen Budgets mit dem neuen Landtage ist schon
aus Mangel an Zeit eine reine Unmöglichkeit. Der Director des
Finanzministeriums, Frhr. v. Schenck, welcher den Gesetzent-
wurf zur Prolongation des gegenwärtigen Finanzgesetzes vor-
legte, erörterte aber, daß bei den jetzigen Zeitverhältnissen und
bevor die Reichsverhältnisse sich geregelt haben, namentlich die
Forderungen in Bezug auf das Heerwesen festgesetzt sind, gar kein
nur einigermaßen sicheres Budget aufgestellt werden könne. Der
Herr Regierungscommissär verknüpfte jedoch mit seinen Erörte-
rungen eine Uebersicht der Ersparnisse, welche die Regierung schon
eingeführt hat, oder doch nächstens eintreten läßt. Es werden
dadurch über 500,000 fl. erspart, namentlich bei den Lasten und
Abgängen 30,000 fl., im großherzoglichen Hause 75,000 fl.,
durch Wegfall der Apanage des Erbgroßherzoges, während die
Civilliste des jetzigen Großherzoges noch zu bestimmen bleibt, im
Militäretat durch verschiedene einzelne Ersparungen 25,000 fl., im
Staatsministerium und Staatsrathe 10,860 fl., im Ministerium
des Auswärtigen durch Einziehen der Gesandten 41,300 fl.,
im Bereiche des Ministeriums des Jnnern durch Aufhebung der
Kreisräthe 20,000 fl. Das Finanzministerium wird alsbald
gleichfalls bedeutende Ersparnisse eintreten lassen durch Vereini-
gung verschiedener Branchen und Behörden, wie der Oberforstdirec-
tion und Oberfinanzkammer, der Obereinnehmer und Rentbeamten,
der Obersteuerboten und Domänenboten, Verminderung der Forst-
und Baubeamten Jn sämmtlichen Zweigen des Bauwesens,
welche auf die nöthigsten Reparaturen beschränkt wurden, wer-
den allein 224,684 fl. erspart, wovon 140,000 fl. bei den
Straßen. Bei dem Kataster und den Grundrenten zusammen
38,000 fl. u. s. w. Die Verminderung im Etat des Staatsmi-
nisteriums ist hauptsächlich Folge davon, daß der dirigirende Staats-
minister Jaup bei Uebernahme dieses Amtes keinen höhern Ge-
halt in Anspruch nahm, als er vorher in der Eigenschaft eines
Staatsrathes bezog, und daß die Stelle eines Finanzministers
nicht wieder besetzt, vielmehr dem Vorstande des Finanzministe-
riums, Director v. Schenk, nur ein Gehalt von 3000 fl. regulirt
wurde. Es läßt sich unter den Umständen erwarten, daß nach der
neuerdings getroffenen zweckmäßigen Einrichtung, wonach die
verschiedenen Ministerien nicht mehr mit Ministern, sondern mit
Directoren besetzt werden sollen, auch der Gehalt des Justizmini-
sters ( 6000 fl. einschließlich des Repräsentationsgehaltes ) in ein
entsprechendes Verhältniß gebracht werden wird. Ohne Zweifel
wird dieses Bestreben der Staatsregierung, die gegebenen Zu-
sagen zu erfüllen, dankbar anerkannt werden. Jndessen können
leider, trotz der erwähnten Ersparnisse von den bestehenden Ein-
nahmen keine nachgelassen werden, der Militäretat durch die
eingetretenen Zeitereignisse bei weitem die gewöhnlichen Sum-
men, die bewilligt waren, überschritten hat, weil die
Reichslasten sich viel höher belaufen, als die im Budget vor-
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nahmen, im Ertrage der Domänen und indirecten Auflagen
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[0003] hörte man vielfältig die Behauptung, daß die armen Teufel, denen der Spaß diesmal so übel ausschlug, nicht blos bestellt, sondern auch bezahlt wurden. Jm Drange der Umstände hat gestern Abend schon Einer gejammert: Wir werden ja dafür bezahlt! Deutschland. Wien 29. November. ( A. Z. ) Eine politische Rührigkeit herrscht jetzt hier, als gebe es keinen Belagerungszustand, wenn es nicht eben die Rührigkeit nur Einer Partei wäre. Die Con- servativen, wie man jetzt endlich statt des leidigen Ausdruckes „schwarzgelb“ zu sagen sich gewöhnt, sehen ein, daß ihrer Un- thätigkeit viel Schuld an all dem Unheile beigemessen werden muß. Die Wahlmänner jener Bezirke, wo die äußersten Linken, Füster, Goldmark gewählt wurden, halten Versammlungen, wozu bereitwillig Erlaubniß erfolgte, um ______________Mißtrauensvota gegen ihre Deputirten zu Stande zu bringen. Sogar gegen Doblhoff und Pillersdorf bereitet sich derlei vor, letzterer aber hat seinen Austritt selbst angemeldet. Die Wahlmänner für die Frankfurter Wahlen halten andererseits eifrige Versammlungen, um jenen Abgeordneten Vertrauensvota auszusprechen, welche gegen die bekannten §§. 2. und 3. gestimmt haben. Die Wähler der Land- straße gingen mit einem Beispiele von Einigkeit voran, wie es bei uns vielleicht nicht wieder vorkommt. Dieser Vorstadtbezirk ist überaus ausgezeichnet durch seine politische Haltung und bil- det eine compacte Masse wie kein anderer. Die Nationalgarde war vom besten Geiste beseelt, energisch wie in keinem andern Bezirke, die Wahlen in den Gemeinderath fielen auf lauter tüch- tige Männer, und jetzt wieder wurden vortreffliche Reden daselbst gehört und die ganze Versammlung war eines Sinnes. Man be- schloß nicht blos ein Vertrauensvotum, sondern sogar eine Adresse an das Parlament, worin die Wähler geradezu und umständlich ihre Ansicht aussprechen. Bemerken Sie, man wies das Parla- ment auf die Schweiz hin; warum man die dortigen Stämme nicht berücksichtige, wenn es sich um die Nationalität handeln soll; ebenso weist man auf das Elsaß hin, wenn es sich um das histo- rische Recht handeln soll. Nur Oesterreich gegenüber mache man Ansprüche geltend, von denen man anderwärts abstrahire. Nicht zu übersehen und ein Hauptmotiv bei uns gegen das „Aufgehen in Deutschland“ ist jedenfalls die Erinnerung an 1805 und 1809. Der Oesterreicher wird es nie vergessen, daß er in seinen schwe- ren Kämpfen gegen Napoleon von Deutschland verlassen wurde, ja daß unter den Mauern Wiens die Schlacht bei Wagram durch deutsche Tapferkeit gegen ihn entschieden wurde. Das sind Mo- tive, die er allerdings nicht öffentlich geltend macht, die aber bei jeder Gelegenheit hier hervortreten und nur von den Jüngeren überschrieen wurden, die freilich von 1809 nichts wissen. Leider ist aber auch die republikanische Partei nichts weniger als un- thätig. Dieser Tage fielen wieder zahlreiche Verhaftungen vor, junge Leute wurden überführt, daß sie Kugeln gegossen! und da- mit wir der gräßlichen Mährchen nicht entwöhnt würden, hieß es, man habe die Brunnen in den Casernen vergiften wollen! Gewiß ist, daß dieses Gerücht unter den gemeinen Soldaten auf so beunruhigende Weise geglaubt wurde, daß zu jedem Brunnen Wache hingestellt werden mußte. Abermals hört man, ein ge- heimer „demokratischer“ Club sei aufgehoben worden, man wollte sogar von aufrührerischen Placaten wissen, und der 25. war so allgemein als ein besorglicher bezeichnet worden, daß sogar Vor- sichtsmaßregeln getroffen wurden. Dem Himmel sey Dank, er ging ruhig vorüber; gut Unterichtete behaupten aber, der Be- lagerungszustand werde in Folge all dieser Ereignisse wieder et- was strenger eingehalten werden. Es wäre dies um so beklagens- werther, als die öffentlichen Zustände sich immer besser gestalten und eine erfreuliche Thätigkeit in allen Geschäftszweigen bemerk- bar ist. Die überaus milde Witterung ( + 5 und 7 Grad ) kömmt den Reperaturen der Brandschäden und den armen Leuten trefflich zu statten; sogar neue Erdarbeiten sind in Angriff genommen worden, denn trotz der Ausweisung aller nicht nach Wien Zu- ständigen haben sich doch bei 30,000 brodlose Arbeiter gemeldet. Jndessen schmelzen diese von Tag zu Tag zusammen, da Fabriken und Manufacturen sie reclamiren und die Arbeiter jetzt nur in Accord gegeben werden, es also wirklich arbeiten heißt und nicht herumlungern, wie den Sommer hindurch zu Zeiten des souverä- nen Proletariates. Vorgestern will man eine Kanonade von Un- garn her gehört haben. Mit Ungeduld erwartet man eine Sie- gesnachricht von dorther, die für Wien buchstäblich eine Lebens- nachricht seyn wird, weil die Sperrung der ungarischen Grenze den Hauptzufluß an Lebensmitteln sperrt, abgesehen davon, daß unsere Gewerbe um so mehr auf den Markt in Ungarn angewie- sen sind, als ihnen Jtalien wenig oder nichts abnimmt. Mit- tags. So eben höre ich, daß der Präsident des demokratischen Vereines, Simon Deutsch ( derselbe der in Frankfurt Fiasco machte ) , in seinem Verstecke gefunden und zur Haft gebracht sey. Der Gemeinderath mußte seine sämmtlichen Protokolle an die Untersuchungscommission abgeben; einige Mitglieder desselben sollen bedeutend compromittirt seyn. Die Präsidentin des demo- kratischen Frauenclubs, Baronin Perin, soll in ihrer Haft ret- tungslos erkrankt sey; sie war mit dem erschossenen Dr. Becher sehr liirt. Die Dotationen aller kaiserlichen Sammlungen sind in Anbetracht der Finanzlage gesperrt worden; bei dem Brande am Josephsplatze, der durch das Proletariat gelegt wurde, sollen Jndividuen blosgestellt seyn, denen man ihrer Stellung nach die Betheiligung an einem solchen Verbrechen am wenigsten hätte zutrauen dürfen. Wien 30. November. ( B. H. ) Aus Ungarn sind wir fort- während ohne directe Nachrichten, nur stimmen die vielen flüch- tigen Familien, welche über die ungarische Grenze noch zu ent- kommen im Stande sind, darin überein, daß dort überall Schrecken und Greuel herrschen, während die Kossuth=Partei Alles aufs Aeußerste zu treiben entschlossen ist. Die Nachricht, daß Oeden- burg sich ergeben habe, scheint sich nicht zu bestätigen. — Herr v. Bruck ist gestern von Kremsier hier angekommen. Darmstadt 1. December. ( Fr. J. ) Jn der heutigen Sitzung der 2. Kammer der Stände kam der Gegenstand zur Vorlage, auf den man schon lange gespannt ist — das Finanzgesetz. Die Regierung begehrt die Verlängerung des bestehenden auch auf das erste Halbjahr 1849. Da Viele der Ansicht waren und wohl auch noch sind, daß die gegenwärtige Kammer sich hauptsächlich nur mit Berathung des neuen Wahlgesetzes und einer Geschäftsord- nung, durchaus aber nicht mit dem Budget befassen solle, so ist man sehr begierig, was nun geschehen wird. Wer es aber mit dem Vaterlande aufrichtig gut meint, der wird zugeben müssen, daß die Verlängerung des laufenden Finanzgesetzes eine unver- meidliche Nothwendigkeit ist. Dasselbe hört mit Ende des Jahres in seiner gesetzlichen Wirksamkeit auf — was aber dann? Die Festsetzung eines neuen Budgets mit dem neuen Landtage ist schon aus Mangel an Zeit eine reine Unmöglichkeit. Der Director des Finanzministeriums, Frhr. v. Schenck, welcher den Gesetzent- wurf zur Prolongation des gegenwärtigen Finanzgesetzes vor- legte, erörterte aber, daß bei den jetzigen Zeitverhältnissen und bevor die Reichsverhältnisse sich geregelt haben, namentlich die Forderungen in Bezug auf das Heerwesen festgesetzt sind, gar kein nur einigermaßen sicheres Budget aufgestellt werden könne. Der Herr Regierungscommissär verknüpfte jedoch mit seinen Erörte- rungen eine Uebersicht der Ersparnisse, welche die Regierung schon eingeführt hat, oder doch nächstens eintreten läßt. Es werden dadurch über 500,000 fl. erspart, namentlich bei den Lasten und Abgängen 30,000 fl., im großherzoglichen Hause 75,000 fl., durch Wegfall der Apanage des Erbgroßherzoges, während die Civilliste des jetzigen Großherzoges noch zu bestimmen bleibt, im Militäretat durch verschiedene einzelne Ersparungen 25,000 fl., im Staatsministerium und Staatsrathe 10,860 fl., im Ministerium des Auswärtigen durch Einziehen der Gesandten 41,300 fl., im Bereiche des Ministeriums des Jnnern durch Aufhebung der Kreisräthe 20,000 fl. Das Finanzministerium wird alsbald gleichfalls bedeutende Ersparnisse eintreten lassen durch Vereini- gung verschiedener Branchen und Behörden, wie der Oberforstdirec- tion und Oberfinanzkammer, der Obereinnehmer und Rentbeamten, der Obersteuerboten und Domänenboten, Verminderung der Forst- und Baubeamten Jn sämmtlichen Zweigen des Bauwesens, welche auf die nöthigsten Reparaturen beschränkt wurden, wer- den allein 224,684 fl. erspart, wovon 140,000 fl. bei den Straßen. Bei dem Kataster und den Grundrenten zusammen 38,000 fl. u. s. w. Die Verminderung im Etat des Staatsmi- nisteriums ist hauptsächlich Folge davon, daß der dirigirende Staats- minister Jaup bei Uebernahme dieses Amtes keinen höhern Ge- halt in Anspruch nahm, als er vorher in der Eigenschaft eines Staatsrathes bezog, und daß die Stelle eines Finanzministers nicht wieder besetzt, vielmehr dem Vorstande des Finanzministe- riums, Director v. Schenk, nur ein Gehalt von 3000 fl. regulirt wurde. Es läßt sich unter den Umständen erwarten, daß nach der neuerdings getroffenen zweckmäßigen Einrichtung, wonach die verschiedenen Ministerien nicht mehr mit Ministern, sondern mit Directoren besetzt werden sollen, auch der Gehalt des Justizmini- sters ( 6000 fl. einschließlich des Repräsentationsgehaltes ) in ein entsprechendes Verhältniß gebracht werden wird. Ohne Zweifel wird dieses Bestreben der Staatsregierung, die gegebenen Zu- sagen zu erfüllen, dankbar anerkannt werden. Jndessen können leider, trotz der erwähnten Ersparnisse von den bestehenden Ein- nahmen keine nachgelassen werden, der Militäretat durch die eingetretenen Zeitereignisse bei weitem die gewöhnlichen Sum- men, die bewilligt waren, überschritten hat, weil die Reichslasten sich viel höher belaufen, als die im Budget vor- gesehenen Bundeslasten und weil in Hauptzweigen der Ein- nahmen, im Ertrage der Domänen und indirecten Auflagen

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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 156. Mainz, 5. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal156_1848/3>, abgerufen am 24.11.2024.