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Mainzer Journal. Nr. 106. Mainz, 7. Oktober 1848.

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[Beginn Spaltensatz] melten, um von da aus Einfälle in einen Theil Deutschlands
zu unternehmen und dort die Gräuel des Bürgerkrieges zu ent-
flammen. Frankfurt a. M., 2. October 1848. Der Reichs-
verweser gez. Erzherzog Johann. Der Reichsminister des
Jnneren gez. Schmerling.

Die Reichstagsverhandlungen von gestern finden
unsere Leser in den "Rheinischen Blättern." Hier noch eine Mit-
theilung von einem unserer Correspondenten:

f Frankfurt 6. October. Zu den gestrigen Scandalen im
Reichstage sind heute neue hinzugekommen, und die ernannte
Commission zur Prüfung der "artigen" Aeußerungen soll, scheint
es, viel Beschäftigung bekommen; aber wir fürchten, durch der-
gleichen Ereignisse wird die ohnehin bedeutend gesunkene Autori-
tät der Reichsversammlung nur immer noch mehr untergraben,
und, dem Wunsche der Wühler entsprechend, geht alles Ver-
trauen des Volkes zur Körperschaft, die sich nicht selber ehrt,
verloren. Die Berathung hatte sich mit dem Gesetze über den
Schutz der Reichsversammlung zu befassen und es war natürlich,
daß sich die Parteien je nach ihrer Stellung verschieden darüber
aussprachen, und so geschah es, aber leider nicht mit Würde,
nicht mit Ehrfurcht vor der Majestät der Nation, welche der
Reichstag repräsentirt. Mölling will ein solches Gesetz gar
nicht; Fehrenbach spricht sich gegen die beantragte Beschränk-
ung des Versammlungsrechtes aus; Schoder verlangt, daß
nicht Zuchthausstrafe, sondern einfaches Gefängniß festzusetzen,
die herbeigezogenen Truppen auf den Schutz der Reichsversamm-
lung zu beeidigen, die Suspension des Versammlungsrechtes
auf eine Meile zu beschränken und Art. IV. ganz zu streichen
sey. Jn ähnlichem Sinne, aber mit bekannter Heftigkeit und
Schärfe sprach Vogt, der noch Aburtheilung durch Geschwo-
rene und das Begnadigungsrecht durch die Nationalversamm-
lung verlangte; worin ihm Mittermaier beistimmte. Für
das Gesetz sprach besonders Rießer. Er entwirft zur
Rechtfertigung des Gesetzes ein Bild der letzten Ereignisse.
Nicht nur habe man einen verehrten Greis zu mißhandeln ge-
sucht, sondern sogar zwei Abgeordnete gemeuchelt, von denen
der eine durch hohe Privattugenden sich ausgezeichnet und der
andere mit Geist und Muth eine Mäßigung verbunden, wodurch
derselbe so oft seine politischen Gegner beschämt habe. Wäre
selbst der Barricadenbau aus Wahnsinn hervorgegangen, Nie-
mand würde eine Prävention durch ein Gesetz für unzulässig
halten. Diese Maßregel ist kein Zeichen der Furcht. Jch fürchte
den Tod nicht, wohl aber das Verbrechen um des Vaterlandes
willen, dessen Freiheit es gefährdet. Eine blutige Herrschaft wird
in Deutschland keinen Boden finden, sey es unter dem Vorwande
der Freiheit oder der Unterdrückung. Allein zu jenen Greueln
trat noch etwas Schlimmeres hinzu. Man hat sich nicht gescheut,
den Namen eines deutschen Stammes als Feldzeichen zur Erreg-
ung der Wuth in die Masse zu schleudern. Wird dieser Haß nicht
von Grund aus zerstört, so ist keine Einheit möglich. Die Abge-
ordneten jenes Stammes haben ein Recht auf den Schutz, der
ihnen als Genugthuung zu Theil werden muß. Das Votum der
Majorität war nur ein Vorwand, nicht aber ein Grund zu je-
nem Frevel. Aber auch die Sache der Minorität darf mit den
Ereignissen vom 16. September nicht verwechselt werden. Sie
hat das Recht, für ihre Ueberzeugung mit der Waffe des Gei-
stes zu kämpfen. Hat die Versammlung die Kraft, durch Auf-
stellung des vorliegenden Gesetzes sich eine Beschränkung aufzule-
gen, so wird sie dieselbe auch wieder abwerfen, wenn es der
Augenblick erfordert. Haben wir unser Werk vollendet, so werde
ich den Tag jubelnd begrüßen, an welchem die nachfolgende
Versammlung die Schranken dieser Maßregel niederreißt.
v. Linde stellt den Zusatzantrag, daß alle Beschädigungen an
dem Vermögen der Abgeordneten durch die betreffenden Gemein-
den zu ersetzen sind. Dietzsch aus Saarbrücken beantragt, daß
wegen öffentlicher Beleidigung eine gerichtliche Verfolgung nur
auf Antrag des Beleidigten stattfinden soll. v. Vincke spricht
seine Meinung dahin aus, daß die verschiedenen gleichzeitigen
Aufstände in Deutschland nicht planlos, und redet von einer Par-
tei, die auf den Grenzen der Revolution herumfistulirt, ungewiß,
ob sie sich herüber oder hinüber neigen soll. Darauf links der
Ruf: Zur Ordnung! Der Präsident fragt den Redner, ob
er eine Partei des Hauses gemeint habe. Der Redner entgegnet,
daß er von Parteien spreche, die sich in dieser Weise bald dahin,
bald dorthin neigen. Links: Das ist eine Frechheit! Der Präsi-
dent: Jch rufe Diejenigen als frech zur Ordnung, die das Wort
Frechheit ausgesprochen haben. Große Unruhe auf der Linken.
Rösler aus Oels: Da sind Sie ja selbst frech! Unruhe rechts.
Stavenhagen: Der muß hinausgeworfen werden! Der Lärm
wird noch größer und nur mit Mühe gelang es, nachdem noch
"Artigkeiten" von beiden Seiten gefallen, die Ruhe herzustellen.
[Spaltenumbruch] Auf Bassermanns Antrag soll die zur Prüfung der gestrigen
Ungebührlichkeiten niedergesetzte Commission die gefallenen Aeußer-
ungen prüfen, was auch angenommen wird. Die Abstimmung
über die heutige Sitzung soll Montag erfolgen.

Wien 2. October. Nachmittags. ( B. N. ) Morgen erscheint
ein kaiserliches Manifest in Betreff der Ermordung des kaiserli-
chen Stellvertreters Grafen Lamberg. Der Banus von Croatien,
Baron Jellachich, ist von Sr. Maj. dem Kaiser zum General-
commandanten von Ungarn
ernannt und, alle dortigen kai-
serlichen Truppen sind zu seiner Verfügung gestellt worden. Feld-
marschalllieutenant Vetsey ist zum ungarischen Minister an der
Seite des Kaisers ernannt worden. Jellachich hat sich auf die
Nachricht von der Ermordnung Lamberg's in Bewegung gesetzt
und ist in Ofen eingerückt. Er hat Pesth zur Uebergabe
aufgefordert. -- Unter demselben Datum wird der "Börsenhalle"
geschrieben: "Ueber die Ereignisse in Ungarn kreuzen sich die ver-
schiedensten Gerüchte, die ich Jhnen auch nur als solche mittheile,
ohne deren Richtigkeit verbürgen zu können. Schon gestern Abends
war hier die Nachricht von einem bedeutenden Schlage verbreitet,
den die Kroaten bei Velencze von den Ungarn erlitten haben sol-
len. Jndessen scheint der Vortheil der Ungarn nicht so entscheidend
zu seyn, und das Ganze beschränkt sich auf ein Vorpostengefecht,
bei welchem die Kroaten mit einem kleinen Verluste zurückgeschla-
gen wurden und, wie es heißt, 800 Gefangene verloren haben.
Auch soll den Kroaten ein bedeutender Transport an Munition
und Proviant an der steyerischen Gränze abgenommen worden
seyn. Andererseits wurde wieder heute Mittag die Nachricht ver-
breitet, Jellachich habe mit seinem rechten Flügel günstig operirt
und sey bereits in Ofen eingezogen. Diese Nachricht, obschon sie
noch keine Bestätigung erhalten hat, brachte an der heutigen
Börse viel Bewegung hervor, und die Course gingen
sämmtlich in die Höhe.
-- Jm ungarischen Ministerium und
auch im österreichischen Kriegsministerium hatte man heute von
dem Einrücken Jellachich's in Ofen noch keine officielle Nachricht
erhalten. Jndessen zweifelt man kaum mehr an diesem Erfolge. --
Heute ist hier der Baron Anselm Rothschild angelangt. -- So
eben verbreitet sich das übrigens unverbürgte Gerücht, Kossuth
sey entflohen, und daß man eine andere Proclamation des Kaisers
an die Ungarn erwartet." Daneben laufen nun die schon so oft
als [unleserliches Material - 9 Zeichen fehlen]lügeuhaft gebrandmarkten Siegesberichte der Ungarn her, und
es ergibt sich aus einer Vergleichung aller Einzelheiten, daß der
entscheidende Schlag bis jetzt noch nicht gefallen ist. Vielleicht
bringt die Post morgen Näheres.

Königsberg 28. September. ( W. Z. ) Der hiesige demo-
kratisch=constitutionelle Club
hat in seiner gestrigen
Sitzung nachstehende Erklärung in Betreff der Frankfurter
Ereignisse
zu veröffentlichen beschlossen: "Unter dem Ein-
drucke der furchtbaren Ereignisse, welche Frankfurt, der Sitz un-
serer Nationalversammlung, jüngst erlebt hat, hält der Club für
seine Pflicht, hiermit seinen Schmerz und seine tiefste Entrüstung
auszusprechen. Der Club hat stets der Anerkennung der Souve-
ränetät des Volkes als demjenigen Grundsatze sich angeschlossen,
von welchem er die Feststellung der im März d. J. errungenen
Freiheiten und Güter, sowie die Sicherung einer geistig und ma-
teriell großen, beglückenden Zukunft unseres Vaterlandes erwar-
tet; aus diesem Grunde richtet er vor Allem auf die Nationalver-
sammlung seine Zuversicht. Die Verhandlungen und die Be-
schlußnahme dieser Versammlung über den von Preußen, im
Auftrage der Centralverwaltung, mit Dänemark vollzogenen
Waffenstillstand haben die verschiedenartigste Beurtheilung erfah-
ren. Wir ehren jede Ueberzeugung und unterwerfen uns als treue
Söhne des Vaterlandes dem Beschlusse unserer, unter den schwie-
rigsten Verwickelungen für uns voranschreitenden Vertreter. Aber
wie die Umtriebe einer im Schoße Deutschlands brütenden reac-
tionären Partei wiederholt schon uns Anlaß gegeben, gegen diese
Partei als eine feindliche unsere warnende Stimme zu erheben, so
erblicken wir nicht mindere Gefahren in jenem entsetzlichen Fana-
tismus, welcher in diesen Tagen über den deutschen Namen
Schmach gebracht hat. Jndem wir uns mit Abscheu von der
Betrachtnng dieser Vorfälle wegwenden, erklären wir das Stre-
ben nach Einheit und die Achtung vor dem Gesetze als erste Be-
dingung der Freiheit, des Elementes unseres Lebens und unserer
Zukunft."

Oesterreichische Monarchie.

Ofen 29. September. ( A. Z. ) Kaum hatte ich meinen ge-
strigen Brief zur Post gegeben, als sich schon große und wirre
Massen von Pesth auf der Brücke nach Ofen zeigten, die größten-
theils mit Sensen bewaffnet waren, welche dem Volke eingehän-
digt wurden, nachdem der Deputirte Balogh dem Volke be-
fohlen,
den k. k. Commissär Feldmarschall=Lieutenant Lamberg
zu fangen. Jn wilder Wuth stürzte das fanatisirte Volk in die
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] melten, um von da aus Einfälle in einen Theil Deutschlands
zu unternehmen und dort die Gräuel des Bürgerkrieges zu ent-
flammen. Frankfurt a. M., 2. October 1848. Der Reichs-
verweser gez. Erzherzog Johann. Der Reichsminister des
Jnneren gez. Schmerling.

Die Reichstagsverhandlungen von gestern finden
unsere Leser in den „Rheinischen Blättern.“ Hier noch eine Mit-
theilung von einem unserer Correspondenten:

f Frankfurt 6. October. Zu den gestrigen Scandalen im
Reichstage sind heute neue hinzugekommen, und die ernannte
Commission zur Prüfung der „artigen“ Aeußerungen soll, scheint
es, viel Beschäftigung bekommen; aber wir fürchten, durch der-
gleichen Ereignisse wird die ohnehin bedeutend gesunkene Autori-
tät der Reichsversammlung nur immer noch mehr untergraben,
und, dem Wunsche der Wühler entsprechend, geht alles Ver-
trauen des Volkes zur Körperschaft, die sich nicht selber ehrt,
verloren. Die Berathung hatte sich mit dem Gesetze über den
Schutz der Reichsversammlung zu befassen und es war natürlich,
daß sich die Parteien je nach ihrer Stellung verschieden darüber
aussprachen, und so geschah es, aber leider nicht mit Würde,
nicht mit Ehrfurcht vor der Majestät der Nation, welche der
Reichstag repräsentirt. Mölling will ein solches Gesetz gar
nicht; Fehrenbach spricht sich gegen die beantragte Beschränk-
ung des Versammlungsrechtes aus; Schoder verlangt, daß
nicht Zuchthausstrafe, sondern einfaches Gefängniß festzusetzen,
die herbeigezogenen Truppen auf den Schutz der Reichsversamm-
lung zu beeidigen, die Suspension des Versammlungsrechtes
auf eine Meile zu beschränken und Art. IV. ganz zu streichen
sey. Jn ähnlichem Sinne, aber mit bekannter Heftigkeit und
Schärfe sprach Vogt, der noch Aburtheilung durch Geschwo-
rene und das Begnadigungsrecht durch die Nationalversamm-
lung verlangte; worin ihm Mittermaier beistimmte. Für
das Gesetz sprach besonders Rießer. Er entwirft zur
Rechtfertigung des Gesetzes ein Bild der letzten Ereignisse.
Nicht nur habe man einen verehrten Greis zu mißhandeln ge-
sucht, sondern sogar zwei Abgeordnete gemeuchelt, von denen
der eine durch hohe Privattugenden sich ausgezeichnet und der
andere mit Geist und Muth eine Mäßigung verbunden, wodurch
derselbe so oft seine politischen Gegner beschämt habe. Wäre
selbst der Barricadenbau aus Wahnsinn hervorgegangen, Nie-
mand würde eine Prävention durch ein Gesetz für unzulässig
halten. Diese Maßregel ist kein Zeichen der Furcht. Jch fürchte
den Tod nicht, wohl aber das Verbrechen um des Vaterlandes
willen, dessen Freiheit es gefährdet. Eine blutige Herrschaft wird
in Deutschland keinen Boden finden, sey es unter dem Vorwande
der Freiheit oder der Unterdrückung. Allein zu jenen Greueln
trat noch etwas Schlimmeres hinzu. Man hat sich nicht gescheut,
den Namen eines deutschen Stammes als Feldzeichen zur Erreg-
ung der Wuth in die Masse zu schleudern. Wird dieser Haß nicht
von Grund aus zerstört, so ist keine Einheit möglich. Die Abge-
ordneten jenes Stammes haben ein Recht auf den Schutz, der
ihnen als Genugthuung zu Theil werden muß. Das Votum der
Majorität war nur ein Vorwand, nicht aber ein Grund zu je-
nem Frevel. Aber auch die Sache der Minorität darf mit den
Ereignissen vom 16. September nicht verwechselt werden. Sie
hat das Recht, für ihre Ueberzeugung mit der Waffe des Gei-
stes zu kämpfen. Hat die Versammlung die Kraft, durch Auf-
stellung des vorliegenden Gesetzes sich eine Beschränkung aufzule-
gen, so wird sie dieselbe auch wieder abwerfen, wenn es der
Augenblick erfordert. Haben wir unser Werk vollendet, so werde
ich den Tag jubelnd begrüßen, an welchem die nachfolgende
Versammlung die Schranken dieser Maßregel niederreißt.
v. Linde stellt den Zusatzantrag, daß alle Beschädigungen an
dem Vermögen der Abgeordneten durch die betreffenden Gemein-
den zu ersetzen sind. Dietzsch aus Saarbrücken beantragt, daß
wegen öffentlicher Beleidigung eine gerichtliche Verfolgung nur
auf Antrag des Beleidigten stattfinden soll. v. Vincke spricht
seine Meinung dahin aus, daß die verschiedenen gleichzeitigen
Aufstände in Deutschland nicht planlos, und redet von einer Par-
tei, die auf den Grenzen der Revolution herumfistulirt, ungewiß,
ob sie sich herüber oder hinüber neigen soll. Darauf links der
Ruf: Zur Ordnung! Der Präsident fragt den Redner, ob
er eine Partei des Hauses gemeint habe. Der Redner entgegnet,
daß er von Parteien spreche, die sich in dieser Weise bald dahin,
bald dorthin neigen. Links: Das ist eine Frechheit! Der Präsi-
dent: Jch rufe Diejenigen als frech zur Ordnung, die das Wort
Frechheit ausgesprochen haben. Große Unruhe auf der Linken.
Rösler aus Oels: Da sind Sie ja selbst frech! Unruhe rechts.
Stavenhagen: Der muß hinausgeworfen werden! Der Lärm
wird noch größer und nur mit Mühe gelang es, nachdem noch
„Artigkeiten“ von beiden Seiten gefallen, die Ruhe herzustellen.
[Spaltenumbruch] Auf Bassermanns Antrag soll die zur Prüfung der gestrigen
Ungebührlichkeiten niedergesetzte Commission die gefallenen Aeußer-
ungen prüfen, was auch angenommen wird. Die Abstimmung
über die heutige Sitzung soll Montag erfolgen.

Wien 2. October. Nachmittags. ( B. N. ) Morgen erscheint
ein kaiserliches Manifest in Betreff der Ermordung des kaiserli-
chen Stellvertreters Grafen Lamberg. Der Banus von Croatien,
Baron Jellachich, ist von Sr. Maj. dem Kaiser zum General-
commandanten von Ungarn
ernannt und, alle dortigen kai-
serlichen Truppen sind zu seiner Verfügung gestellt worden. Feld-
marschalllieutenant Vetsey ist zum ungarischen Minister an der
Seite des Kaisers ernannt worden. Jellachich hat sich auf die
Nachricht von der Ermordnung Lamberg's in Bewegung gesetzt
und ist in Ofen eingerückt. Er hat Pesth zur Uebergabe
aufgefordert. — Unter demselben Datum wird der „Börsenhalle“
geschrieben: „Ueber die Ereignisse in Ungarn kreuzen sich die ver-
schiedensten Gerüchte, die ich Jhnen auch nur als solche mittheile,
ohne deren Richtigkeit verbürgen zu können. Schon gestern Abends
war hier die Nachricht von einem bedeutenden Schlage verbreitet,
den die Kroaten bei Velencze von den Ungarn erlitten haben sol-
len. Jndessen scheint der Vortheil der Ungarn nicht so entscheidend
zu seyn, und das Ganze beschränkt sich auf ein Vorpostengefecht,
bei welchem die Kroaten mit einem kleinen Verluste zurückgeschla-
gen wurden und, wie es heißt, 800 Gefangene verloren haben.
Auch soll den Kroaten ein bedeutender Transport an Munition
und Proviant an der steyerischen Gränze abgenommen worden
seyn. Andererseits wurde wieder heute Mittag die Nachricht ver-
breitet, Jellachich habe mit seinem rechten Flügel günstig operirt
und sey bereits in Ofen eingezogen. Diese Nachricht, obschon sie
noch keine Bestätigung erhalten hat, brachte an der heutigen
Börse viel Bewegung hervor, und die Course gingen
sämmtlich in die Höhe.
— Jm ungarischen Ministerium und
auch im österreichischen Kriegsministerium hatte man heute von
dem Einrücken Jellachich's in Ofen noch keine officielle Nachricht
erhalten. Jndessen zweifelt man kaum mehr an diesem Erfolge. —
Heute ist hier der Baron Anselm Rothschild angelangt. — So
eben verbreitet sich das übrigens unverbürgte Gerücht, Kossuth
sey entflohen, und daß man eine andere Proclamation des Kaisers
an die Ungarn erwartet.“ Daneben laufen nun die schon so oft
als [unleserliches Material – 9 Zeichen fehlen]lügeuhaft gebrandmarkten Siegesberichte der Ungarn her, und
es ergibt sich aus einer Vergleichung aller Einzelheiten, daß der
entscheidende Schlag bis jetzt noch nicht gefallen ist. Vielleicht
bringt die Post morgen Näheres.

Königsberg 28. September. ( W. Z. ) Der hiesige demo-
kratisch=constitutionelle Club
hat in seiner gestrigen
Sitzung nachstehende Erklärung in Betreff der Frankfurter
Ereignisse
zu veröffentlichen beschlossen: „Unter dem Ein-
drucke der furchtbaren Ereignisse, welche Frankfurt, der Sitz un-
serer Nationalversammlung, jüngst erlebt hat, hält der Club für
seine Pflicht, hiermit seinen Schmerz und seine tiefste Entrüstung
auszusprechen. Der Club hat stets der Anerkennung der Souve-
ränetät des Volkes als demjenigen Grundsatze sich angeschlossen,
von welchem er die Feststellung der im März d. J. errungenen
Freiheiten und Güter, sowie die Sicherung einer geistig und ma-
teriell großen, beglückenden Zukunft unseres Vaterlandes erwar-
tet; aus diesem Grunde richtet er vor Allem auf die Nationalver-
sammlung seine Zuversicht. Die Verhandlungen und die Be-
schlußnahme dieser Versammlung über den von Preußen, im
Auftrage der Centralverwaltung, mit Dänemark vollzogenen
Waffenstillstand haben die verschiedenartigste Beurtheilung erfah-
ren. Wir ehren jede Ueberzeugung und unterwerfen uns als treue
Söhne des Vaterlandes dem Beschlusse unserer, unter den schwie-
rigsten Verwickelungen für uns voranschreitenden Vertreter. Aber
wie die Umtriebe einer im Schoße Deutschlands brütenden reac-
tionären Partei wiederholt schon uns Anlaß gegeben, gegen diese
Partei als eine feindliche unsere warnende Stimme zu erheben, so
erblicken wir nicht mindere Gefahren in jenem entsetzlichen Fana-
tismus, welcher in diesen Tagen über den deutschen Namen
Schmach gebracht hat. Jndem wir uns mit Abscheu von der
Betrachtnng dieser Vorfälle wegwenden, erklären wir das Stre-
ben nach Einheit und die Achtung vor dem Gesetze als erste Be-
dingung der Freiheit, des Elementes unseres Lebens und unserer
Zukunft.“

Oesterreichische Monarchie.

Ofen 29. September. ( A. Z. ) Kaum hatte ich meinen ge-
strigen Brief zur Post gegeben, als sich schon große und wirre
Massen von Pesth auf der Brücke nach Ofen zeigten, die größten-
theils mit Sensen bewaffnet waren, welche dem Volke eingehän-
digt wurden, nachdem der Deputirte Balogh dem Volke be-
fohlen,
den k. k. Commissär Feldmarschall=Lieutenant Lamberg
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[Ende Spaltensatz]

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[0003] melten, um von da aus Einfälle in einen Theil Deutschlands zu unternehmen und dort die Gräuel des Bürgerkrieges zu ent- flammen. Frankfurt a. M., 2. October 1848. Der Reichs- verweser gez. Erzherzog Johann. Der Reichsminister des Jnneren gez. Schmerling. Die Reichstagsverhandlungen von gestern finden unsere Leser in den „Rheinischen Blättern.“ Hier noch eine Mit- theilung von einem unserer Correspondenten: f Frankfurt 6. October. Zu den gestrigen Scandalen im Reichstage sind heute neue hinzugekommen, und die ernannte Commission zur Prüfung der „artigen“ Aeußerungen soll, scheint es, viel Beschäftigung bekommen; aber wir fürchten, durch der- gleichen Ereignisse wird die ohnehin bedeutend gesunkene Autori- tät der Reichsversammlung nur immer noch mehr untergraben, und, dem Wunsche der Wühler entsprechend, geht alles Ver- trauen des Volkes zur Körperschaft, die sich nicht selber ehrt, verloren. Die Berathung hatte sich mit dem Gesetze über den Schutz der Reichsversammlung zu befassen und es war natürlich, daß sich die Parteien je nach ihrer Stellung verschieden darüber aussprachen, und so geschah es, aber leider nicht mit Würde, nicht mit Ehrfurcht vor der Majestät der Nation, welche der Reichstag repräsentirt. Mölling will ein solches Gesetz gar nicht; Fehrenbach spricht sich gegen die beantragte Beschränk- ung des Versammlungsrechtes aus; Schoder verlangt, daß nicht Zuchthausstrafe, sondern einfaches Gefängniß festzusetzen, die herbeigezogenen Truppen auf den Schutz der Reichsversamm- lung zu beeidigen, die Suspension des Versammlungsrechtes auf eine Meile zu beschränken und Art. IV. ganz zu streichen sey. Jn ähnlichem Sinne, aber mit bekannter Heftigkeit und Schärfe sprach Vogt, der noch Aburtheilung durch Geschwo- rene und das Begnadigungsrecht durch die Nationalversamm- lung verlangte; worin ihm Mittermaier beistimmte. Für das Gesetz sprach besonders Rießer. Er entwirft zur Rechtfertigung des Gesetzes ein Bild der letzten Ereignisse. Nicht nur habe man einen verehrten Greis zu mißhandeln ge- sucht, sondern sogar zwei Abgeordnete gemeuchelt, von denen der eine durch hohe Privattugenden sich ausgezeichnet und der andere mit Geist und Muth eine Mäßigung verbunden, wodurch derselbe so oft seine politischen Gegner beschämt habe. Wäre selbst der Barricadenbau aus Wahnsinn hervorgegangen, Nie- mand würde eine Prävention durch ein Gesetz für unzulässig halten. Diese Maßregel ist kein Zeichen der Furcht. Jch fürchte den Tod nicht, wohl aber das Verbrechen um des Vaterlandes willen, dessen Freiheit es gefährdet. Eine blutige Herrschaft wird in Deutschland keinen Boden finden, sey es unter dem Vorwande der Freiheit oder der Unterdrückung. Allein zu jenen Greueln trat noch etwas Schlimmeres hinzu. Man hat sich nicht gescheut, den Namen eines deutschen Stammes als Feldzeichen zur Erreg- ung der Wuth in die Masse zu schleudern. Wird dieser Haß nicht von Grund aus zerstört, so ist keine Einheit möglich. Die Abge- ordneten jenes Stammes haben ein Recht auf den Schutz, der ihnen als Genugthuung zu Theil werden muß. Das Votum der Majorität war nur ein Vorwand, nicht aber ein Grund zu je- nem Frevel. Aber auch die Sache der Minorität darf mit den Ereignissen vom 16. September nicht verwechselt werden. Sie hat das Recht, für ihre Ueberzeugung mit der Waffe des Gei- stes zu kämpfen. Hat die Versammlung die Kraft, durch Auf- stellung des vorliegenden Gesetzes sich eine Beschränkung aufzule- gen, so wird sie dieselbe auch wieder abwerfen, wenn es der Augenblick erfordert. Haben wir unser Werk vollendet, so werde ich den Tag jubelnd begrüßen, an welchem die nachfolgende Versammlung die Schranken dieser Maßregel niederreißt. v. Linde stellt den Zusatzantrag, daß alle Beschädigungen an dem Vermögen der Abgeordneten durch die betreffenden Gemein- den zu ersetzen sind. Dietzsch aus Saarbrücken beantragt, daß wegen öffentlicher Beleidigung eine gerichtliche Verfolgung nur auf Antrag des Beleidigten stattfinden soll. v. Vincke spricht seine Meinung dahin aus, daß die verschiedenen gleichzeitigen Aufstände in Deutschland nicht planlos, und redet von einer Par- tei, die auf den Grenzen der Revolution herumfistulirt, ungewiß, ob sie sich herüber oder hinüber neigen soll. Darauf links der Ruf: Zur Ordnung! Der Präsident fragt den Redner, ob er eine Partei des Hauses gemeint habe. Der Redner entgegnet, daß er von Parteien spreche, die sich in dieser Weise bald dahin, bald dorthin neigen. Links: Das ist eine Frechheit! Der Präsi- dent: Jch rufe Diejenigen als frech zur Ordnung, die das Wort Frechheit ausgesprochen haben. Große Unruhe auf der Linken. Rösler aus Oels: Da sind Sie ja selbst frech! Unruhe rechts. Stavenhagen: Der muß hinausgeworfen werden! Der Lärm wird noch größer und nur mit Mühe gelang es, nachdem noch „Artigkeiten“ von beiden Seiten gefallen, die Ruhe herzustellen. Auf Bassermanns Antrag soll die zur Prüfung der gestrigen Ungebührlichkeiten niedergesetzte Commission die gefallenen Aeußer- ungen prüfen, was auch angenommen wird. Die Abstimmung über die heutige Sitzung soll Montag erfolgen. Wien 2. October. Nachmittags. ( B. N. ) Morgen erscheint ein kaiserliches Manifest in Betreff der Ermordung des kaiserli- chen Stellvertreters Grafen Lamberg. Der Banus von Croatien, Baron Jellachich, ist von Sr. Maj. dem Kaiser zum General- commandanten von Ungarn ernannt und, alle dortigen kai- serlichen Truppen sind zu seiner Verfügung gestellt worden. Feld- marschalllieutenant Vetsey ist zum ungarischen Minister an der Seite des Kaisers ernannt worden. Jellachich hat sich auf die Nachricht von der Ermordnung Lamberg's in Bewegung gesetzt und ist in Ofen eingerückt. Er hat Pesth zur Uebergabe aufgefordert. — Unter demselben Datum wird der „Börsenhalle“ geschrieben: „Ueber die Ereignisse in Ungarn kreuzen sich die ver- schiedensten Gerüchte, die ich Jhnen auch nur als solche mittheile, ohne deren Richtigkeit verbürgen zu können. Schon gestern Abends war hier die Nachricht von einem bedeutenden Schlage verbreitet, den die Kroaten bei Velencze von den Ungarn erlitten haben sol- len. Jndessen scheint der Vortheil der Ungarn nicht so entscheidend zu seyn, und das Ganze beschränkt sich auf ein Vorpostengefecht, bei welchem die Kroaten mit einem kleinen Verluste zurückgeschla- gen wurden und, wie es heißt, 800 Gefangene verloren haben. Auch soll den Kroaten ein bedeutender Transport an Munition und Proviant an der steyerischen Gränze abgenommen worden seyn. Andererseits wurde wieder heute Mittag die Nachricht ver- breitet, Jellachich habe mit seinem rechten Flügel günstig operirt und sey bereits in Ofen eingezogen. Diese Nachricht, obschon sie noch keine Bestätigung erhalten hat, brachte an der heutigen Börse viel Bewegung hervor, und die Course gingen sämmtlich in die Höhe. — Jm ungarischen Ministerium und auch im österreichischen Kriegsministerium hatte man heute von dem Einrücken Jellachich's in Ofen noch keine officielle Nachricht erhalten. Jndessen zweifelt man kaum mehr an diesem Erfolge. — Heute ist hier der Baron Anselm Rothschild angelangt. — So eben verbreitet sich das übrigens unverbürgte Gerücht, Kossuth sey entflohen, und daß man eine andere Proclamation des Kaisers an die Ungarn erwartet.“ Daneben laufen nun die schon so oft als _________lügeuhaft gebrandmarkten Siegesberichte der Ungarn her, und es ergibt sich aus einer Vergleichung aller Einzelheiten, daß der entscheidende Schlag bis jetzt noch nicht gefallen ist. Vielleicht bringt die Post morgen Näheres. Königsberg 28. September. ( W. Z. ) Der hiesige demo- kratisch=constitutionelle Club hat in seiner gestrigen Sitzung nachstehende Erklärung in Betreff der Frankfurter Ereignisse zu veröffentlichen beschlossen: „Unter dem Ein- drucke der furchtbaren Ereignisse, welche Frankfurt, der Sitz un- serer Nationalversammlung, jüngst erlebt hat, hält der Club für seine Pflicht, hiermit seinen Schmerz und seine tiefste Entrüstung auszusprechen. Der Club hat stets der Anerkennung der Souve- ränetät des Volkes als demjenigen Grundsatze sich angeschlossen, von welchem er die Feststellung der im März d. J. errungenen Freiheiten und Güter, sowie die Sicherung einer geistig und ma- teriell großen, beglückenden Zukunft unseres Vaterlandes erwar- tet; aus diesem Grunde richtet er vor Allem auf die Nationalver- sammlung seine Zuversicht. Die Verhandlungen und die Be- schlußnahme dieser Versammlung über den von Preußen, im Auftrage der Centralverwaltung, mit Dänemark vollzogenen Waffenstillstand haben die verschiedenartigste Beurtheilung erfah- ren. Wir ehren jede Ueberzeugung und unterwerfen uns als treue Söhne des Vaterlandes dem Beschlusse unserer, unter den schwie- rigsten Verwickelungen für uns voranschreitenden Vertreter. Aber wie die Umtriebe einer im Schoße Deutschlands brütenden reac- tionären Partei wiederholt schon uns Anlaß gegeben, gegen diese Partei als eine feindliche unsere warnende Stimme zu erheben, so erblicken wir nicht mindere Gefahren in jenem entsetzlichen Fana- tismus, welcher in diesen Tagen über den deutschen Namen Schmach gebracht hat. Jndem wir uns mit Abscheu von der Betrachtnng dieser Vorfälle wegwenden, erklären wir das Stre- ben nach Einheit und die Achtung vor dem Gesetze als erste Be- dingung der Freiheit, des Elementes unseres Lebens und unserer Zukunft.“ Oesterreichische Monarchie. Ofen 29. September. ( A. Z. ) Kaum hatte ich meinen ge- strigen Brief zur Post gegeben, als sich schon große und wirre Massen von Pesth auf der Brücke nach Ofen zeigten, die größten- theils mit Sensen bewaffnet waren, welche dem Volke eingehän- digt wurden, nachdem der Deputirte Balogh dem Volke be- fohlen, den k. k. Commissär Feldmarschall=Lieutenant Lamberg zu fangen. Jn wilder Wuth stürzte das fanatisirte Volk in die

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 106. Mainz, 7. Oktober 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal106_1848/3>, abgerufen am 16.07.2024.