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Mainzer Journal. Nr. 85. Mainz, 13. September 1848.

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[Beginn Spaltensatz] schleswig=holsteinischen Volkes über die Restaurationsidee des
7. Artikels, wodurch man das frische, kräftige Staatsleben eines
ganzen Volksstammes aus dem Grunde für Nichts erklärt, weil
dasselbe sich jetzt frei und nicht mehr wie früher unter dänischen
Hemmungen und Fesseln entfaltet hat.

Bis zu welcher Consequenz die neue Regierung diese Jdee
durchführen würde, das hinge allerdings von den Persönlichkei-
ten ihrer Mitglieder ab. Allein in dieser Beziehung bietet die
projectirte Art und Weise, wie die Regierung gebildet werden
soll, nicht die mindeste Garantie. Die preußische und die dänische
Krone haben sich über den Grafen C. v. Moltke als Präsident
der neuen Regierung vereinbart. Das Andenken an den Fürsten
Metternich und dessen System ist aber in Oesterreich und im gan-
zen Deutschland gewiß nicht verhaßter, als die Erinnerung an
das Regiment, welches Carl v. Moltke als Canzleipräsident
durch v. Scheel in den Herzogthümern ausgeübt hat. Als in den
Herzogthümern, um das System des offenen Briefes König
Christian VIII. mit Gewalt durchzusetzen, die Presse auf das
schmählichste geknechtet wurde und der härteste Polizeidruck auf
dem Lande lastete, war Carl v. Moltke, ein leidenschaftlicher
Anhänger des Absolutismus, an der Spitze der Verwaltung der
Herzogthümer, war derselbe der eifrigste Beförderer der däni-
schen Staatseinheits=Bestrebungen. Wenn es Dänemark ge-
länge, zwei Männer zu finden, welche mit dem Grafen Carl
v. Moltke eine gemeinschaftliche Regierung bilden möchten, so
würden dieß gewiß nur solche Männer seyn, welche dem System
dieses Mannes sich fügten, und so würden daher die zwei von
der preußischen Krone erwählten Männer nothwendig in allen
wichtigen Angelegenheiten stets in der Minorität bleiben müssen,
so würde mithin der strengste Absolutismus und eine in ihrer
Mehrheit dänischen Jnteressen dienstbare Regierung in die Her-
zogthümer wieder eingeführt werden. Wir sind zwar vollkommen
sicher, daß die preußische und die dänische Krone in den Herzog-
thümern keine vier "notable" Männer finden werden, "welche
allgemeine Achtung und Ansehen genießen," und gleichwohl mit
dem Grafen Carl v. Moltke gemeinschaftlich die Herzogthümer
werden regieren wollen. Die Erfahrung hat dies bereits besta-
tigt, indem die vier erwählten Männer die angebotene Theil-
nahme an der Regierung abgelehnt haben. Jeder fernere Versuch
auf demselben Wege wird dasselbe vergebliche Resultat haben.
Denn wo in Deutschland wäre jetzt eine Regierung denkbar,
welche nicht die öffentliche Meinung des Landes für sich hätte?
Diese Nothwendigkeit einer Regierung im Einklang mit der
öffentlichen Gesinnung macht aber ein Regierungscollegium von
fünf Männern schlechterdings unmöglich, wenn davon drei
Männer, welche die Regierung zu übernehmen bereit sind, dem
dänischen Ministerium gefallen sollen. Wir erachten deßhalb die
Ausführung des Malmöer Vertrages für eine absolute Unmög-
lichkeit. Wir sind der festen Ueberzeugung, und haben es in
unserm Beschlusse ausgesprochen, daß in den Herzogthümern
Schleswig=Holstein keine absolute, keine vorherrschend im däni-
schen Jnteresse gebildete, sondern nur eine constitutionelle, von
der Landesversammlung anerkannte und im Einklang mit dersel-
ben handelnde Regierung möglich ist. Keine andere wird Gehor-
sam und die Mittel für die Staatszwecke finden. Die hohe Na-
tionalversammlung, welche den Grundsatz des vernünftigen Volks-
willens als ihr leitendes Princip anerkannt hat, wird auch ge-
wiß keiner Behörde das Recht gestatten, in Schleswig=Holstein
eine absolute Regierung einzusetzen.

Nach den Waffenstillstandsbedingungen soll für die Herzog-
thümer die Gesetzgebung während sieben Monate ruhen, zu einer
Zeit, in welcher das ganze deutsche Volk von dem Bedürfnisse tief
durchdrungen ist, die wichtigsten Verhältnisse des Staatslebens
möglichst rasch zu reformiren. Die hohe Nationalversammlung
hat z. B. die Nothwendigkeit eines Preßgesetzes, so wie der
Schwurgerichte für Preßvergehen bereits anerkannt. Ein Preß-
gesetz ist schon vorbereitet. Will die hohe Nationalversammlung
nun nicht einen Theil des deutschen Volkes der Wohlthaten dieses
Gesetzes während sieben Monate berauben, so müssen auch für
das von uns vertretene Land Schwurgerichte eingeführt werden,
welches aber ohne die Mitwirkung der Particulargesetzgebung
unmöglich ist. Dasselbe gilt von der beabsichtigten Regelung des
deutschen Zoll= und Gewerbewesens, welche ohne die Thätigkeit
der Particulargesetzgebung unthunlich ist und welche bei einer in
ihrer Mehrheit nach dänischen Jnteressen zusammengesetzten Re-
gierung überall die größten Hindernisse und Schwierigkeiten fin-
den würde. Eben aus diesen Gründen ist die Nothwendigkeit ei-
ner constituirenden Versammlung für Schleswig=Holstein als
dringendes Bedürfniß allseitig anerkannt, da das octroirte Jnstitut
der für Schleswig und Holstein getrennt berathenden Provinzial-
stände so wenig den Rechten als den Bedürfnissen des schleswig-
[Spaltenumbruch] holsteinischen Staates entsprach. Die vereinbarten Waffenstill-
standsbedingungen würden freilich auch die gegenwärtige Landes-
versammlung als eine Anordnung der provisorischen Regierung,
welche das Wahlgesetz für dieselbe erlassen und die Versammlung
selbst berufen hat, in die Willkür des absolut vorwiegenden däni-
schen Regiments stellen. Jndeß wird die hohe Nationalversamm-
lung für Schleswig=Holstein wie für ganz Deutschland das von
uns ausgesprochene Recht anerkennen, daß eine constituirende
Versammlung wider ihren Willen weder vertagt noch aufgelöst
werden kann. Ohne eine mit constitutionellen Rechten versehene
Landesvertretung und ohne eine mit derselben im Einklange han-
delnde Regierung würde das große Ziel der hohen Nationalver-
sammlung, das Werk der Einheit und Freiheit, welches ohne die
Mitwirkung der Particulargesetzgebung unmöglich ist, durch Aus-
führung der Waffenstillstandsbedingungen um sieben Monate ver-
zögert werden. Oder wollte man jetzt Holstein von den Segnungen
der deutschen Gesetzgebung und die holsteinischen Abgeordneten
aus der Nationalversammlung ausschließen, oder gar den Grund-
satz der Trennung Schleswigs von Holstein aussprechen, etwa
eine Zolllinie zwischen Schleswig und Holstein ziehen, und im
grellsten Widerspruch mit den Beschlüssen des deutschen Bundes
und der Nationalversammlung den Zweck und Preis des siegrei-
chen Kampfes zu Gunsten des Feindes aufgeben? Fast hat es den
Anschein davon, da nach den Waffenstillstandsbedingungen die
schleswig=holsteinische Armee auf eine gar leicht zu bedenklicher
Entfremdung der Gemüther führende Weise in eine schleswigsche
und holsteinische Armee geschieden, die Entwickelung unserer Streit-
kräfte in Holstein beschränkt und zur völligen Wehrlosmachung
Schleswigs der Weg gebahnt ist, und da überdies ausdrücklich
zwei Regierungsmänner für Schleswig von der dänischen Krone
erwählt werden sollen.

Höchst auffallend erscheint es, daß Se. Maj. der König von
Preußen die Waffenstillstandsconvention in Seinem Namen und
im Namen des deutschen Bundes abgeschlossen hat, ohngeachtet
doch das auch von der preußischen Krone ausdrücklich anerkannte
Gesetz dom 28. Juni 1848 über die Centralgewalt den deutschen
Bund aufgehoben und an dessen Stelle einen Bundesstaat gesetzt
hat mit einer Centralgewalt, welche allein über Krieg und Frie-
den im Einverständniß mit der Nationalversammlung beschließt.
Selbst nach der Bundesacte und der Wiener Schlußacte würde
Se. Maj. der König von Preußen in Seinem Namen keinen
Wassenstillstand rechtlich schließen können. Auch ist selbstverständ-
lich mit der Aufhebung des Bundes die von einer erloschenen Ge-
walt ertheilte Vollmacht ebenfalls erloschen. Der Centralge-
walt, welche doch allein zu einem Waffenstillstande Vollmacht
ertheilen konnte, und auch wirklich die preußische Krone zu einem
Waffenstillstand innerhalb gewisser Gränzen ermächtigt hat, wird
nirgends in der Convention erwähnt. Hat vielleicht Dänemark
die Centralgewalt nicht anerkennen wollen? und hat der preu-
ßische Bevollmächtigte, gestützt auf eine erloschene Vollmacht des
aufgehobenen deutschen Bundes, sich gleichwohl auf einen Waffen-
stillstandsvertrag eingelassen? Wir mögen es nicht glauben, daß
Deutschland und der von der hohen Nationalversammlung mit
Zustimmung aller deutschen Fürsten geschaffenen Centralgewalt
eine solche Demüthigung zugefügt seyn könnte, wenn wir uns
gleich in anderer Weise verschiedene Ausdrücke der Convention
nicht erklären können. Hohe Nationalversammlung! Wir ver-
kennen nicht die Verwickelungen und Schwierigkeiten, welche eine
Nichtgenehmigung der vorgedachten Waffenstillstandsbedingungen
zur Folge haben kann. Allein dieselben greifen zu tief in die
inneren Angelegenheiten des gesammten deutschen Vaterlandes
und eines Theils desselben ein, als daß andere Rücksichten, als
die auf die Ehre und Unabhängigkeit Deutschlands zu entscheiden
vermöchten. Müßte das deutsche Volk, ein Volk von 45 Millio-
nen, in solcher Weise, wie das in dem mehrgedachten Waffen-
stillstandsvertrage geschehen ist, den Einflüssen fremder Mächte in
seine inneren Angelegenheiten nachgeben, so wäre die Größe,
Ehre und Unabhängigkeit Deutschlands ein eitles Gaukelspiel un-
praktischer Schwärmer. Da nach dem Gesetz über die Centralge-
walt der vorgedachte Vertrag mit einer fremden Macht ohne das
Einverständniß der hohen Nationalversammlung ungültig ist, selbst
wenn die Zustimmung der Centralgewalt wider Erwarten erfolgt
seyn sollte: so dürfen wir der zuversichtlichen Hoffnung leben, daß
eine hohe Nationalversammlung dem mehrgedachten Vertrage die
Genehmigung versagen wird.



Deutschland.
Reichstag.

== Frankfurt 12. September. Die Nationalversammlung
hat einmal in der Fassung des §. 14. der Halbheit gehuldigt und
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] schleswig=holsteinischen Volkes über die Restaurationsidee des
7. Artikels, wodurch man das frische, kräftige Staatsleben eines
ganzen Volksstammes aus dem Grunde für Nichts erklärt, weil
dasselbe sich jetzt frei und nicht mehr wie früher unter dänischen
Hemmungen und Fesseln entfaltet hat.

Bis zu welcher Consequenz die neue Regierung diese Jdee
durchführen würde, das hinge allerdings von den Persönlichkei-
ten ihrer Mitglieder ab. Allein in dieser Beziehung bietet die
projectirte Art und Weise, wie die Regierung gebildet werden
soll, nicht die mindeste Garantie. Die preußische und die dänische
Krone haben sich über den Grafen C. v. Moltke als Präsident
der neuen Regierung vereinbart. Das Andenken an den Fürsten
Metternich und dessen System ist aber in Oesterreich und im gan-
zen Deutschland gewiß nicht verhaßter, als die Erinnerung an
das Regiment, welches Carl v. Moltke als Canzleipräsident
durch v. Scheel in den Herzogthümern ausgeübt hat. Als in den
Herzogthümern, um das System des offenen Briefes König
Christian VIII. mit Gewalt durchzusetzen, die Presse auf das
schmählichste geknechtet wurde und der härteste Polizeidruck auf
dem Lande lastete, war Carl v. Moltke, ein leidenschaftlicher
Anhänger des Absolutismus, an der Spitze der Verwaltung der
Herzogthümer, war derselbe der eifrigste Beförderer der däni-
schen Staatseinheits=Bestrebungen. Wenn es Dänemark ge-
länge, zwei Männer zu finden, welche mit dem Grafen Carl
v. Moltke eine gemeinschaftliche Regierung bilden möchten, so
würden dieß gewiß nur solche Männer seyn, welche dem System
dieses Mannes sich fügten, und so würden daher die zwei von
der preußischen Krone erwählten Männer nothwendig in allen
wichtigen Angelegenheiten stets in der Minorität bleiben müssen,
so würde mithin der strengste Absolutismus und eine in ihrer
Mehrheit dänischen Jnteressen dienstbare Regierung in die Her-
zogthümer wieder eingeführt werden. Wir sind zwar vollkommen
sicher, daß die preußische und die dänische Krone in den Herzog-
thümern keine vier „notable“ Männer finden werden, „welche
allgemeine Achtung und Ansehen genießen,“ und gleichwohl mit
dem Grafen Carl v. Moltke gemeinschaftlich die Herzogthümer
werden regieren wollen. Die Erfahrung hat dies bereits besta-
tigt, indem die vier erwählten Männer die angebotene Theil-
nahme an der Regierung abgelehnt haben. Jeder fernere Versuch
auf demselben Wege wird dasselbe vergebliche Resultat haben.
Denn wo in Deutschland wäre jetzt eine Regierung denkbar,
welche nicht die öffentliche Meinung des Landes für sich hätte?
Diese Nothwendigkeit einer Regierung im Einklang mit der
öffentlichen Gesinnung macht aber ein Regierungscollegium von
fünf Männern schlechterdings unmöglich, wenn davon drei
Männer, welche die Regierung zu übernehmen bereit sind, dem
dänischen Ministerium gefallen sollen. Wir erachten deßhalb die
Ausführung des Malmöer Vertrages für eine absolute Unmög-
lichkeit. Wir sind der festen Ueberzeugung, und haben es in
unserm Beschlusse ausgesprochen, daß in den Herzogthümern
Schleswig=Holstein keine absolute, keine vorherrschend im däni-
schen Jnteresse gebildete, sondern nur eine constitutionelle, von
der Landesversammlung anerkannte und im Einklang mit dersel-
ben handelnde Regierung möglich ist. Keine andere wird Gehor-
sam und die Mittel für die Staatszwecke finden. Die hohe Na-
tionalversammlung, welche den Grundsatz des vernünftigen Volks-
willens als ihr leitendes Princip anerkannt hat, wird auch ge-
wiß keiner Behörde das Recht gestatten, in Schleswig=Holstein
eine absolute Regierung einzusetzen.

Nach den Waffenstillstandsbedingungen soll für die Herzog-
thümer die Gesetzgebung während sieben Monate ruhen, zu einer
Zeit, in welcher das ganze deutsche Volk von dem Bedürfnisse tief
durchdrungen ist, die wichtigsten Verhältnisse des Staatslebens
möglichst rasch zu reformiren. Die hohe Nationalversammlung
hat z. B. die Nothwendigkeit eines Preßgesetzes, so wie der
Schwurgerichte für Preßvergehen bereits anerkannt. Ein Preß-
gesetz ist schon vorbereitet. Will die hohe Nationalversammlung
nun nicht einen Theil des deutschen Volkes der Wohlthaten dieses
Gesetzes während sieben Monate berauben, so müssen auch für
das von uns vertretene Land Schwurgerichte eingeführt werden,
welches aber ohne die Mitwirkung der Particulargesetzgebung
unmöglich ist. Dasselbe gilt von der beabsichtigten Regelung des
deutschen Zoll= und Gewerbewesens, welche ohne die Thätigkeit
der Particulargesetzgebung unthunlich ist und welche bei einer in
ihrer Mehrheit nach dänischen Jnteressen zusammengesetzten Re-
gierung überall die größten Hindernisse und Schwierigkeiten fin-
den würde. Eben aus diesen Gründen ist die Nothwendigkeit ei-
ner constituirenden Versammlung für Schleswig=Holstein als
dringendes Bedürfniß allseitig anerkannt, da das octroirte Jnstitut
der für Schleswig und Holstein getrennt berathenden Provinzial-
stände so wenig den Rechten als den Bedürfnissen des schleswig-
[Spaltenumbruch] holsteinischen Staates entsprach. Die vereinbarten Waffenstill-
standsbedingungen würden freilich auch die gegenwärtige Landes-
versammlung als eine Anordnung der provisorischen Regierung,
welche das Wahlgesetz für dieselbe erlassen und die Versammlung
selbst berufen hat, in die Willkür des absolut vorwiegenden däni-
schen Regiments stellen. Jndeß wird die hohe Nationalversamm-
lung für Schleswig=Holstein wie für ganz Deutschland das von
uns ausgesprochene Recht anerkennen, daß eine constituirende
Versammlung wider ihren Willen weder vertagt noch aufgelöst
werden kann. Ohne eine mit constitutionellen Rechten versehene
Landesvertretung und ohne eine mit derselben im Einklange han-
delnde Regierung würde das große Ziel der hohen Nationalver-
sammlung, das Werk der Einheit und Freiheit, welches ohne die
Mitwirkung der Particulargesetzgebung unmöglich ist, durch Aus-
führung der Waffenstillstandsbedingungen um sieben Monate ver-
zögert werden. Oder wollte man jetzt Holstein von den Segnungen
der deutschen Gesetzgebung und die holsteinischen Abgeordneten
aus der Nationalversammlung ausschließen, oder gar den Grund-
satz der Trennung Schleswigs von Holstein aussprechen, etwa
eine Zolllinie zwischen Schleswig und Holstein ziehen, und im
grellsten Widerspruch mit den Beschlüssen des deutschen Bundes
und der Nationalversammlung den Zweck und Preis des siegrei-
chen Kampfes zu Gunsten des Feindes aufgeben? Fast hat es den
Anschein davon, da nach den Waffenstillstandsbedingungen die
schleswig=holsteinische Armee auf eine gar leicht zu bedenklicher
Entfremdung der Gemüther führende Weise in eine schleswigsche
und holsteinische Armee geschieden, die Entwickelung unserer Streit-
kräfte in Holstein beschränkt und zur völligen Wehrlosmachung
Schleswigs der Weg gebahnt ist, und da überdies ausdrücklich
zwei Regierungsmänner für Schleswig von der dänischen Krone
erwählt werden sollen.

Höchst auffallend erscheint es, daß Se. Maj. der König von
Preußen die Waffenstillstandsconvention in Seinem Namen und
im Namen des deutschen Bundes abgeschlossen hat, ohngeachtet
doch das auch von der preußischen Krone ausdrücklich anerkannte
Gesetz dom 28. Juni 1848 über die Centralgewalt den deutschen
Bund aufgehoben und an dessen Stelle einen Bundesstaat gesetzt
hat mit einer Centralgewalt, welche allein über Krieg und Frie-
den im Einverständniß mit der Nationalversammlung beschließt.
Selbst nach der Bundesacte und der Wiener Schlußacte würde
Se. Maj. der König von Preußen in Seinem Namen keinen
Wassenstillstand rechtlich schließen können. Auch ist selbstverständ-
lich mit der Aufhebung des Bundes die von einer erloschenen Ge-
walt ertheilte Vollmacht ebenfalls erloschen. Der Centralge-
walt, welche doch allein zu einem Waffenstillstande Vollmacht
ertheilen konnte, und auch wirklich die preußische Krone zu einem
Waffenstillstand innerhalb gewisser Gränzen ermächtigt hat, wird
nirgends in der Convention erwähnt. Hat vielleicht Dänemark
die Centralgewalt nicht anerkennen wollen? und hat der preu-
ßische Bevollmächtigte, gestützt auf eine erloschene Vollmacht des
aufgehobenen deutschen Bundes, sich gleichwohl auf einen Waffen-
stillstandsvertrag eingelassen? Wir mögen es nicht glauben, daß
Deutschland und der von der hohen Nationalversammlung mit
Zustimmung aller deutschen Fürsten geschaffenen Centralgewalt
eine solche Demüthigung zugefügt seyn könnte, wenn wir uns
gleich in anderer Weise verschiedene Ausdrücke der Convention
nicht erklären können. Hohe Nationalversammlung! Wir ver-
kennen nicht die Verwickelungen und Schwierigkeiten, welche eine
Nichtgenehmigung der vorgedachten Waffenstillstandsbedingungen
zur Folge haben kann. Allein dieselben greifen zu tief in die
inneren Angelegenheiten des gesammten deutschen Vaterlandes
und eines Theils desselben ein, als daß andere Rücksichten, als
die auf die Ehre und Unabhängigkeit Deutschlands zu entscheiden
vermöchten. Müßte das deutsche Volk, ein Volk von 45 Millio-
nen, in solcher Weise, wie das in dem mehrgedachten Waffen-
stillstandsvertrage geschehen ist, den Einflüssen fremder Mächte in
seine inneren Angelegenheiten nachgeben, so wäre die Größe,
Ehre und Unabhängigkeit Deutschlands ein eitles Gaukelspiel un-
praktischer Schwärmer. Da nach dem Gesetz über die Centralge-
walt der vorgedachte Vertrag mit einer fremden Macht ohne das
Einverständniß der hohen Nationalversammlung ungültig ist, selbst
wenn die Zustimmung der Centralgewalt wider Erwarten erfolgt
seyn sollte: so dürfen wir der zuversichtlichen Hoffnung leben, daß
eine hohe Nationalversammlung dem mehrgedachten Vertrage die
Genehmigung versagen wird.



Deutschland.
Reichstag.

== Frankfurt 12. September. Die Nationalversammlung
hat einmal in der Fassung des §. 14. der Halbheit gehuldigt und
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[0002] schleswig=holsteinischen Volkes über die Restaurationsidee des 7. Artikels, wodurch man das frische, kräftige Staatsleben eines ganzen Volksstammes aus dem Grunde für Nichts erklärt, weil dasselbe sich jetzt frei und nicht mehr wie früher unter dänischen Hemmungen und Fesseln entfaltet hat. Bis zu welcher Consequenz die neue Regierung diese Jdee durchführen würde, das hinge allerdings von den Persönlichkei- ten ihrer Mitglieder ab. Allein in dieser Beziehung bietet die projectirte Art und Weise, wie die Regierung gebildet werden soll, nicht die mindeste Garantie. Die preußische und die dänische Krone haben sich über den Grafen C. v. Moltke als Präsident der neuen Regierung vereinbart. Das Andenken an den Fürsten Metternich und dessen System ist aber in Oesterreich und im gan- zen Deutschland gewiß nicht verhaßter, als die Erinnerung an das Regiment, welches Carl v. Moltke als Canzleipräsident durch v. Scheel in den Herzogthümern ausgeübt hat. Als in den Herzogthümern, um das System des offenen Briefes König Christian VIII. mit Gewalt durchzusetzen, die Presse auf das schmählichste geknechtet wurde und der härteste Polizeidruck auf dem Lande lastete, war Carl v. Moltke, ein leidenschaftlicher Anhänger des Absolutismus, an der Spitze der Verwaltung der Herzogthümer, war derselbe der eifrigste Beförderer der däni- schen Staatseinheits=Bestrebungen. Wenn es Dänemark ge- länge, zwei Männer zu finden, welche mit dem Grafen Carl v. Moltke eine gemeinschaftliche Regierung bilden möchten, so würden dieß gewiß nur solche Männer seyn, welche dem System dieses Mannes sich fügten, und so würden daher die zwei von der preußischen Krone erwählten Männer nothwendig in allen wichtigen Angelegenheiten stets in der Minorität bleiben müssen, so würde mithin der strengste Absolutismus und eine in ihrer Mehrheit dänischen Jnteressen dienstbare Regierung in die Her- zogthümer wieder eingeführt werden. Wir sind zwar vollkommen sicher, daß die preußische und die dänische Krone in den Herzog- thümern keine vier „notable“ Männer finden werden, „welche allgemeine Achtung und Ansehen genießen,“ und gleichwohl mit dem Grafen Carl v. Moltke gemeinschaftlich die Herzogthümer werden regieren wollen. Die Erfahrung hat dies bereits besta- tigt, indem die vier erwählten Männer die angebotene Theil- nahme an der Regierung abgelehnt haben. Jeder fernere Versuch auf demselben Wege wird dasselbe vergebliche Resultat haben. Denn wo in Deutschland wäre jetzt eine Regierung denkbar, welche nicht die öffentliche Meinung des Landes für sich hätte? Diese Nothwendigkeit einer Regierung im Einklang mit der öffentlichen Gesinnung macht aber ein Regierungscollegium von fünf Männern schlechterdings unmöglich, wenn davon drei Männer, welche die Regierung zu übernehmen bereit sind, dem dänischen Ministerium gefallen sollen. Wir erachten deßhalb die Ausführung des Malmöer Vertrages für eine absolute Unmög- lichkeit. Wir sind der festen Ueberzeugung, und haben es in unserm Beschlusse ausgesprochen, daß in den Herzogthümern Schleswig=Holstein keine absolute, keine vorherrschend im däni- schen Jnteresse gebildete, sondern nur eine constitutionelle, von der Landesversammlung anerkannte und im Einklang mit dersel- ben handelnde Regierung möglich ist. Keine andere wird Gehor- sam und die Mittel für die Staatszwecke finden. Die hohe Na- tionalversammlung, welche den Grundsatz des vernünftigen Volks- willens als ihr leitendes Princip anerkannt hat, wird auch ge- wiß keiner Behörde das Recht gestatten, in Schleswig=Holstein eine absolute Regierung einzusetzen. Nach den Waffenstillstandsbedingungen soll für die Herzog- thümer die Gesetzgebung während sieben Monate ruhen, zu einer Zeit, in welcher das ganze deutsche Volk von dem Bedürfnisse tief durchdrungen ist, die wichtigsten Verhältnisse des Staatslebens möglichst rasch zu reformiren. Die hohe Nationalversammlung hat z. B. die Nothwendigkeit eines Preßgesetzes, so wie der Schwurgerichte für Preßvergehen bereits anerkannt. Ein Preß- gesetz ist schon vorbereitet. Will die hohe Nationalversammlung nun nicht einen Theil des deutschen Volkes der Wohlthaten dieses Gesetzes während sieben Monate berauben, so müssen auch für das von uns vertretene Land Schwurgerichte eingeführt werden, welches aber ohne die Mitwirkung der Particulargesetzgebung unmöglich ist. Dasselbe gilt von der beabsichtigten Regelung des deutschen Zoll= und Gewerbewesens, welche ohne die Thätigkeit der Particulargesetzgebung unthunlich ist und welche bei einer in ihrer Mehrheit nach dänischen Jnteressen zusammengesetzten Re- gierung überall die größten Hindernisse und Schwierigkeiten fin- den würde. Eben aus diesen Gründen ist die Nothwendigkeit ei- ner constituirenden Versammlung für Schleswig=Holstein als dringendes Bedürfniß allseitig anerkannt, da das octroirte Jnstitut der für Schleswig und Holstein getrennt berathenden Provinzial- stände so wenig den Rechten als den Bedürfnissen des schleswig- holsteinischen Staates entsprach. Die vereinbarten Waffenstill- standsbedingungen würden freilich auch die gegenwärtige Landes- versammlung als eine Anordnung der provisorischen Regierung, welche das Wahlgesetz für dieselbe erlassen und die Versammlung selbst berufen hat, in die Willkür des absolut vorwiegenden däni- schen Regiments stellen. Jndeß wird die hohe Nationalversamm- lung für Schleswig=Holstein wie für ganz Deutschland das von uns ausgesprochene Recht anerkennen, daß eine constituirende Versammlung wider ihren Willen weder vertagt noch aufgelöst werden kann. Ohne eine mit constitutionellen Rechten versehene Landesvertretung und ohne eine mit derselben im Einklange han- delnde Regierung würde das große Ziel der hohen Nationalver- sammlung, das Werk der Einheit und Freiheit, welches ohne die Mitwirkung der Particulargesetzgebung unmöglich ist, durch Aus- führung der Waffenstillstandsbedingungen um sieben Monate ver- zögert werden. Oder wollte man jetzt Holstein von den Segnungen der deutschen Gesetzgebung und die holsteinischen Abgeordneten aus der Nationalversammlung ausschließen, oder gar den Grund- satz der Trennung Schleswigs von Holstein aussprechen, etwa eine Zolllinie zwischen Schleswig und Holstein ziehen, und im grellsten Widerspruch mit den Beschlüssen des deutschen Bundes und der Nationalversammlung den Zweck und Preis des siegrei- chen Kampfes zu Gunsten des Feindes aufgeben? Fast hat es den Anschein davon, da nach den Waffenstillstandsbedingungen die schleswig=holsteinische Armee auf eine gar leicht zu bedenklicher Entfremdung der Gemüther führende Weise in eine schleswigsche und holsteinische Armee geschieden, die Entwickelung unserer Streit- kräfte in Holstein beschränkt und zur völligen Wehrlosmachung Schleswigs der Weg gebahnt ist, und da überdies ausdrücklich zwei Regierungsmänner für Schleswig von der dänischen Krone erwählt werden sollen. Höchst auffallend erscheint es, daß Se. Maj. der König von Preußen die Waffenstillstandsconvention in Seinem Namen und im Namen des deutschen Bundes abgeschlossen hat, ohngeachtet doch das auch von der preußischen Krone ausdrücklich anerkannte Gesetz dom 28. Juni 1848 über die Centralgewalt den deutschen Bund aufgehoben und an dessen Stelle einen Bundesstaat gesetzt hat mit einer Centralgewalt, welche allein über Krieg und Frie- den im Einverständniß mit der Nationalversammlung beschließt. Selbst nach der Bundesacte und der Wiener Schlußacte würde Se. Maj. der König von Preußen in Seinem Namen keinen Wassenstillstand rechtlich schließen können. Auch ist selbstverständ- lich mit der Aufhebung des Bundes die von einer erloschenen Ge- walt ertheilte Vollmacht ebenfalls erloschen. Der Centralge- walt, welche doch allein zu einem Waffenstillstande Vollmacht ertheilen konnte, und auch wirklich die preußische Krone zu einem Waffenstillstand innerhalb gewisser Gränzen ermächtigt hat, wird nirgends in der Convention erwähnt. Hat vielleicht Dänemark die Centralgewalt nicht anerkennen wollen? und hat der preu- ßische Bevollmächtigte, gestützt auf eine erloschene Vollmacht des aufgehobenen deutschen Bundes, sich gleichwohl auf einen Waffen- stillstandsvertrag eingelassen? Wir mögen es nicht glauben, daß Deutschland und der von der hohen Nationalversammlung mit Zustimmung aller deutschen Fürsten geschaffenen Centralgewalt eine solche Demüthigung zugefügt seyn könnte, wenn wir uns gleich in anderer Weise verschiedene Ausdrücke der Convention nicht erklären können. Hohe Nationalversammlung! Wir ver- kennen nicht die Verwickelungen und Schwierigkeiten, welche eine Nichtgenehmigung der vorgedachten Waffenstillstandsbedingungen zur Folge haben kann. Allein dieselben greifen zu tief in die inneren Angelegenheiten des gesammten deutschen Vaterlandes und eines Theils desselben ein, als daß andere Rücksichten, als die auf die Ehre und Unabhängigkeit Deutschlands zu entscheiden vermöchten. Müßte das deutsche Volk, ein Volk von 45 Millio- nen, in solcher Weise, wie das in dem mehrgedachten Waffen- stillstandsvertrage geschehen ist, den Einflüssen fremder Mächte in seine inneren Angelegenheiten nachgeben, so wäre die Größe, Ehre und Unabhängigkeit Deutschlands ein eitles Gaukelspiel un- praktischer Schwärmer. Da nach dem Gesetz über die Centralge- walt der vorgedachte Vertrag mit einer fremden Macht ohne das Einverständniß der hohen Nationalversammlung ungültig ist, selbst wenn die Zustimmung der Centralgewalt wider Erwarten erfolgt seyn sollte: so dürfen wir der zuversichtlichen Hoffnung leben, daß eine hohe Nationalversammlung dem mehrgedachten Vertrage die Genehmigung versagen wird. Deutschland. Reichstag. == Frankfurt 12. September. Die Nationalversammlung hat einmal in der Fassung des §. 14. der Halbheit gehuldigt und

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 85. Mainz, 13. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal085_1848/2>, abgerufen am 25.11.2024.