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Mainzer Journal. Nr. 63. Mainz, 18. August 1848.

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[Beginn Spaltensatz] Gericht oder in einer Eingabe an das Justizministerium ein ge-
setzliches Verhalten versprechen und um Begnadigung bitten."
Ausgenommen sind jedoch diejenigen Theilnehmer, welche bei
einer derartigen hochverrätherischen Unternehmung 1 ) als An-
führer oder Anstifter, oder als Führer bewaffneter Schaaren
thätig waren, -- oder 2 ) als Beamte des Staats, der Kirche,
oder Schule, oder als Bürgermeister ihre besondern Pflichten
verletzten, oder überhaupt als öffentliche Diener ihre Stellung zur
Beförderung des hochverrätherischen Unternehmens mißbrauch-
ten, oder welche 3 ) durch unzweideutige Aufforderungen in Volks-
versammlungen, in öffentlich verbreiteten Aufrufen oder Druck-
schriften, oder durch Werbungen mittelst Herumreisens, oder durch
Täuschungen, Einschüchterungen und Drohungen Andere zur
Theilnahme verleiteten, oder zu verleiten suchten, -- oder 4 ) zu-
gleich an einem gemeinen Verbrechen, z. B. an einer Tödtung,
Verwundung, Plünderung, an einem Raub, an einer Erpressung
u. dgl. Theil nahmen, oder einen Fahneneid gebrochen haben, --
oder welche sonst 5 ) eine besonders gefährliche Thätigkeit durch
Herbeischaffung oder Vertheilung von Waffen oder Schießbedarf,
Sturmläuten, Signalgeben, Errichtung von Barricaden, Zer-
störung der Eisenbahn, oder Unterbrechung der Communication
auf solcher u. dgl. entwickelten; 6 ) mit Schußwaffen an einem
Gefechte Theil genommen haben, oder 7 ) mit einer auswärtigen
Macht oder einer auswärtigen Faction Verbindungen anknüpften
oder anzuknüpfen suchten.

Darmstadt 16. August. ( D. Z. ) Beziehungsweise auf den
Antrag des Abg. Glaubrech vom 8. August, die Reform der
Universität Gießen betreffend und mehrere Zeitungsartikel, die
sich mit dieser Angelegenheit beschäftigen, bringen wir zur öffent-
lichen Kunde, daß bereits am 5. d. M. vom Ministerium des
Jnnern der Universität aufgegeben worden ist, binnen kürzester
Frist ihre Ansichten über die in Folge der jetzigen Verhältnisse
nothwendigen und geeigneten Abänderungen vorzulegen und man
daher baldigen Resultaten entgegensehen kann.

Frankfurt 15. August. ( Schw. M. ) Die provisorische Reichs-
centralgewalt hat, wie man so eben vernimmt, um die früher
zwischen dem deutschen Bunde und den europäischen Großmächten
bestandenen diplomatischen Beziehungen wieder anzuknüpfen, fol-
gende gesandtschaftliche Ernennungen verfügt: Für London den
Frhrn. v. Andrian, Oesterreicher; für Paris den Geheimerath
v. Raumer von Berlin und für St. Petersburg den preußischen
Obersten v. Auerswald. Dieselben sind Abgeordnete zur
Reichsversammlung und werden in diesen Tagen die Reise nach
den Orten ihrer Bestimmung antreten.

f Frankfurt 17. August. Jn der heutigen Sitzung der Na-
tionalversammlung stattete Präsident Gagern einen kurzen Be-
richt über die Reise der Deputation nach Köln ab und bemerkte
darin unter Anderem: "Wenn Se. Maj. der König von Preußen
äußerten, daß Sie überzeugt seyen, wie auch die Nationalver-
sammlung nicht vergessen werde, daß es in Deutschland Fürsten
gebe, und daß Se. Majestät zu diesen gehöre, so haben spätere
Aeußerungen Sr. Majestät des Königs bewährt, daß Sie von
dieser Ueberzeugung durchdrungen seyen, daß Sie anerkennen,
was für die Wiederherstellung eines gesetzlichen Zustandes in
Deutschland und die Kraft der Gesetze durch den Geist der Na-
tionalversammlung bewirkt worden sey. Gewiß ist es der Wunsch
und die Absicht Sr. Majestät des Königs von Preußen, daß seine
Regierung Hand in Hand gehe mit der Nationalversammlung
und der Regierung des Reichsverwesers, zur Erreichung
des Zieles der Einheit unseres großen Vaterlan-
des.
Es ist dies auf die unverkennbarste Weise hervorgetreten
bei dem Festmahle im Gürzenich, wobei von Sr. Majestät dem
König von Preußen das Wohl des Erzherzog=Reichsverwesers,
sowie der anwesenden und abwesenden Mitglieder der deutschen
Nationalversammlung ausgebracht und die Hoffnung des Zusam-
menwirkens begründet worden ist."

Jtalien.

( Bas. Z. ) Ueber die Ursachen des Unglücks in Jtalien mag man
hin und her streiten, man mag sogar es dem "blinden Nationalhaß
der Deutschen" zuschreiben, wie die N. Z. Z., welche anzuneh-
men scheint, die Deutschen hätten den Ruf "Tod den Deutschen"
für eine Freundschaftsbezeugung ansehen sollen. Jtaliens Lage
war keine ungünstige, bei kräftigem, einigem Zusammenwirken
war der Widerstand gegen den in sich selbst gelähmten Feind nicht
unmöglich. Woher kommt es, daß dieses einige Zusammenwir-
ken nicht erfolgte? Man stritt sich in jenem Lande um politische
Fragen und verlor dadurch die nationale Einigung aus den Au-
gen, nicht einmal zu einem italienischen Congreß hat man es ge-
bracht. Jst wohl der Schluß voreilig, daß das Gefühl der Na-
tionalität nicht weit genug verbreitet, nicht tief genug gewurzelt
sey? Dafür spricht wohl auch die Angabe von dem freundlichen
[Spaltenumbruch] Empfange der Oesterreicher durch das lombardische Landvolk.
Jst es aber dem also, waren die Volksmassen noch so wenig für
nationale Gefühle empfänglich, dann war wohl die Revolution
von Mailand gerade in dem Augenblicke, wo die Wiener Ereig-
nisse eine constitutionelle Entwicklung in Jtalien möglich gemacht
hatten, ein unverzeihlicher Fehler. Für das constitutionelle
Oesterreich ist die Pacification Jtaliens eine schwierige Aufgabe,
denn die widerstrebenden Elemente werden jede öffentliche Freiheit
als Waffe gegen Oesterreich benutzen, bis sie bei Gelegenheit
einen neuen Versuch mit günstigerem Erfolge machen können.
Für Deutschland aber ist diese Wiedereroberung der Lombardei
kaum ein Gewinn, denn je mehr Oesterreich außerdeutsche Län-
der besitzt, desto weniger wird es in Deutschland aufgehen. Wir
möchten Jtalien die nationale Unabhängigkeit von Herzen gön-
nen, wenn es zeigte, daß es die Bedeutung derselben kennt und
dafür mit ganzer Kraft einsteht. Jst aber das nicht, ist das
Landvolk gleichgültig und "entziehen sich ( um Worte der N. Z. Z. zu
gebrauchen ) so viele Städter, die begeistert seyn wollen, dem Kriege,"
so ist Jtalien zur Unabhängigkeit noch nicht reif, so bleibt es un-
terthan, wenn nicht Oesterreich, so doch Frankreich oder England.

Rom. ( Bas. Z. ) Es ist ergötzlich zu lesen, welchen Ein-
druck die Wendung der Dinge in Oberitalien hier hervorgebracht
hat. Am 29. Juli vernahm man zuerst, daß eine große Schlacht
geliefert worden sey. Tags darauf wurden die abenteuerlichsten
Siegesnachrichten mit gewohnter italienischer Uebertreibung ver-
breitet. Nicht genug, daß man eine ungeheuere Zahl Oesterrei-
cher gefangen nehmen und Kanonen in Menge erbeutet werden
ließ, es hieß sogar, Radetzky sey getödtet worden und man bringe
seinen Kopf als Trophäe und Siegeszeichen. Ein rasender Ju-
bel bemächtigte sich der Bevölkerung ( d. h. der Clubbisten ) ; in
ungestümer Eile schlug sie die Kirchenthüren ein und läutete mit
allen Glocken, die vorhanden waren, selbst Todten= und Sturm-
glocken; Musketen wurden in den Straßen abgefeuert, und überall
ertönte der Ruf: "Lang lebe Karl Albert, einziger König von
Jtalien, der siegreiche!" Der Spektakel soll so gräßlich gewesen
seyn, daß mehrere schwangere Frauen aus Schrecken umkamen;
auch wurden durch das Losschießen der Gewehre manche Perso-
nen verwundet. Mit den Vivas auf Karl Albert mischte sich auch
der Ruf: "Tod den Cardinälen! Tod den Priestern!" Am 31.
drangen nach und nach die Nachrichten ein, daß die Jtaliener
nicht gesiegt hätten, daß Karl Albert geschlagen sey, und die pie-
montesische Armee sich nach Cremona zurückgezogen hätte. An die
Stelle des Jubels und der Ausgelassenheit trat jetzt Angst und
Befürchtung. Die Deputirtenkammer richtete eine Adresse an den
Papst, in welcher sie ihn beschwor, Jtalien im Namen Gottes zu
helfen; sie verlangte, daß Freiwillige unter die Waffen gerufen,
die Nationalgarde mobilisirt und eine Fremdenlegion in päpstli-
chem Solde errichtet werde. Der Papst versicherte zwar, daß ihm
die Unabhängigkeit Jtaliens theuer sey, antwortete aber auf die
gestellten Begehren meist ausweichend. Die Menge tobte fort-
während und beschimpfte die Deputirten, welche als Deputation
der Kammer beim Papste gewesen waren. Die Kammer versam-
melte sich mittlerweile wieder und decretirte von sich aus die krie-
gerischen Maßregeln, welche sie dem Papste vorgeschlagen hatte.
Mamiani, der mit dem Papst zerfallen war, gab seine Entlassung
ein, und der Papst berief den Prolegaten von Urbino und Pe-
saro, Grafen E. Fabri, nach Rom, um ein neues Ministerium
zu bilden. Jn einer Proclamation wurde diese Veränderung dem
Volke kund gethan; der Papst wiederholte übrigens die zur Zeit
der Ferrarischen Händel von seinem Staatssecretär in Wien ab-
gegebene Erklärung, daß es sein Wille sey, die Gränzen des
Kirchenstaates zu vertheidigen. Die Stadt befindet sich fortwäh-
rend in vollkommener Anarchie; eine provisorische Re-
gierung von drei Männern ist gebildet. Die Civica hat mit den
Helden von Vicenza und anderen Factionen gemeinschaftliche
Sache gemacht, die päpstliche Cocarde wurde abgerissen und mit
Füßen getreten. Alle Nacht hört man das Geschrei: "Tod den
Cardinälen! Alle Priester sind Jnfame, sie betrügen uns! Es lebe
die provisorische Regierung!" Mehrere Cardinäle, so wie der Prä-
sident der Deputirtenkammer Sereni haben sich bereits geflüchtet.

Livorno 1. August. ( N. C. ) Die fortwährenden pomphaften
Siegesberichte der piemontesischen Armee haben endlich aufge-
hört. Schon fing die zügellose Presse an, aus der " Spada d' Ita-
lia
" einen zweiten Cäsar und Napoleon zu machen; endlich sehen
die Jtaliener ein, daß seine taktischen und strategischen Kenntnisse
nicht weit her sind. Der Enthusiasmus war außerordentlich, als
am 27. die falsche Nachricht verbreitet wurde, die tapfere pie-
montesische Armee habe 4000 Oesterreicher niedergemetzelt, 6000
gefangen genommen und 40 Kanonen erobert. Welch eine Um-
wandlung auf allen Gesichtern, als am folgenden Tage die
Hiobspost anlangte, Karl Albert sey auf allen Punkten geworfen
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Gericht oder in einer Eingabe an das Justizministerium ein ge-
setzliches Verhalten versprechen und um Begnadigung bitten.“
Ausgenommen sind jedoch diejenigen Theilnehmer, welche bei
einer derartigen hochverrätherischen Unternehmung 1 ) als An-
führer oder Anstifter, oder als Führer bewaffneter Schaaren
thätig waren, — oder 2 ) als Beamte des Staats, der Kirche,
oder Schule, oder als Bürgermeister ihre besondern Pflichten
verletzten, oder überhaupt als öffentliche Diener ihre Stellung zur
Beförderung des hochverrätherischen Unternehmens mißbrauch-
ten, oder welche 3 ) durch unzweideutige Aufforderungen in Volks-
versammlungen, in öffentlich verbreiteten Aufrufen oder Druck-
schriften, oder durch Werbungen mittelst Herumreisens, oder durch
Täuschungen, Einschüchterungen und Drohungen Andere zur
Theilnahme verleiteten, oder zu verleiten suchten, — oder 4 ) zu-
gleich an einem gemeinen Verbrechen, z. B. an einer Tödtung,
Verwundung, Plünderung, an einem Raub, an einer Erpressung
u. dgl. Theil nahmen, oder einen Fahneneid gebrochen haben, —
oder welche sonst 5 ) eine besonders gefährliche Thätigkeit durch
Herbeischaffung oder Vertheilung von Waffen oder Schießbedarf,
Sturmläuten, Signalgeben, Errichtung von Barricaden, Zer-
störung der Eisenbahn, oder Unterbrechung der Communication
auf solcher u. dgl. entwickelten; 6 ) mit Schußwaffen an einem
Gefechte Theil genommen haben, oder 7 ) mit einer auswärtigen
Macht oder einer auswärtigen Faction Verbindungen anknüpften
oder anzuknüpfen suchten.

Darmstadt 16. August. ( D. Z. ) Beziehungsweise auf den
Antrag des Abg. Glaubrech vom 8. August, die Reform der
Universität Gießen betreffend und mehrere Zeitungsartikel, die
sich mit dieser Angelegenheit beschäftigen, bringen wir zur öffent-
lichen Kunde, daß bereits am 5. d. M. vom Ministerium des
Jnnern der Universität aufgegeben worden ist, binnen kürzester
Frist ihre Ansichten über die in Folge der jetzigen Verhältnisse
nothwendigen und geeigneten Abänderungen vorzulegen und man
daher baldigen Resultaten entgegensehen kann.

Frankfurt 15. August. ( Schw. M. ) Die provisorische Reichs-
centralgewalt hat, wie man so eben vernimmt, um die früher
zwischen dem deutschen Bunde und den europäischen Großmächten
bestandenen diplomatischen Beziehungen wieder anzuknüpfen, fol-
gende gesandtschaftliche Ernennungen verfügt: Für London den
Frhrn. v. Andrian, Oesterreicher; für Paris den Geheimerath
v. Raumer von Berlin und für St. Petersburg den preußischen
Obersten v. Auerswald. Dieselben sind Abgeordnete zur
Reichsversammlung und werden in diesen Tagen die Reise nach
den Orten ihrer Bestimmung antreten.

f Frankfurt 17. August. Jn der heutigen Sitzung der Na-
tionalversammlung stattete Präsident Gagern einen kurzen Be-
richt über die Reise der Deputation nach Köln ab und bemerkte
darin unter Anderem: „Wenn Se. Maj. der König von Preußen
äußerten, daß Sie überzeugt seyen, wie auch die Nationalver-
sammlung nicht vergessen werde, daß es in Deutschland Fürsten
gebe, und daß Se. Majestät zu diesen gehöre, so haben spätere
Aeußerungen Sr. Majestät des Königs bewährt, daß Sie von
dieser Ueberzeugung durchdrungen seyen, daß Sie anerkennen,
was für die Wiederherstellung eines gesetzlichen Zustandes in
Deutschland und die Kraft der Gesetze durch den Geist der Na-
tionalversammlung bewirkt worden sey. Gewiß ist es der Wunsch
und die Absicht Sr. Majestät des Königs von Preußen, daß seine
Regierung Hand in Hand gehe mit der Nationalversammlung
und der Regierung des Reichsverwesers, zur Erreichung
des Zieles der Einheit unseres großen Vaterlan-
des.
Es ist dies auf die unverkennbarste Weise hervorgetreten
bei dem Festmahle im Gürzenich, wobei von Sr. Majestät dem
König von Preußen das Wohl des Erzherzog=Reichsverwesers,
sowie der anwesenden und abwesenden Mitglieder der deutschen
Nationalversammlung ausgebracht und die Hoffnung des Zusam-
menwirkens begründet worden ist.“

Jtalien.

( Bas. Z. ) Ueber die Ursachen des Unglücks in Jtalien mag man
hin und her streiten, man mag sogar es dem „blinden Nationalhaß
der Deutschen“ zuschreiben, wie die N. Z. Z., welche anzuneh-
men scheint, die Deutschen hätten den Ruf „Tod den Deutschen“
für eine Freundschaftsbezeugung ansehen sollen. Jtaliens Lage
war keine ungünstige, bei kräftigem, einigem Zusammenwirken
war der Widerstand gegen den in sich selbst gelähmten Feind nicht
unmöglich. Woher kommt es, daß dieses einige Zusammenwir-
ken nicht erfolgte? Man stritt sich in jenem Lande um politische
Fragen und verlor dadurch die nationale Einigung aus den Au-
gen, nicht einmal zu einem italienischen Congreß hat man es ge-
bracht. Jst wohl der Schluß voreilig, daß das Gefühl der Na-
tionalität nicht weit genug verbreitet, nicht tief genug gewurzelt
sey? Dafür spricht wohl auch die Angabe von dem freundlichen
[Spaltenumbruch] Empfange der Oesterreicher durch das lombardische Landvolk.
Jst es aber dem also, waren die Volksmassen noch so wenig für
nationale Gefühle empfänglich, dann war wohl die Revolution
von Mailand gerade in dem Augenblicke, wo die Wiener Ereig-
nisse eine constitutionelle Entwicklung in Jtalien möglich gemacht
hatten, ein unverzeihlicher Fehler. Für das constitutionelle
Oesterreich ist die Pacification Jtaliens eine schwierige Aufgabe,
denn die widerstrebenden Elemente werden jede öffentliche Freiheit
als Waffe gegen Oesterreich benutzen, bis sie bei Gelegenheit
einen neuen Versuch mit günstigerem Erfolge machen können.
Für Deutschland aber ist diese Wiedereroberung der Lombardei
kaum ein Gewinn, denn je mehr Oesterreich außerdeutsche Län-
der besitzt, desto weniger wird es in Deutschland aufgehen. Wir
möchten Jtalien die nationale Unabhängigkeit von Herzen gön-
nen, wenn es zeigte, daß es die Bedeutung derselben kennt und
dafür mit ganzer Kraft einsteht. Jst aber das nicht, ist das
Landvolk gleichgültig und „entziehen sich ( um Worte der N. Z. Z. zu
gebrauchen ) so viele Städter, die begeistert seyn wollen, dem Kriege,“
so ist Jtalien zur Unabhängigkeit noch nicht reif, so bleibt es un-
terthan, wenn nicht Oesterreich, so doch Frankreich oder England.

Rom. ( Bas. Z. ) Es ist ergötzlich zu lesen, welchen Ein-
druck die Wendung der Dinge in Oberitalien hier hervorgebracht
hat. Am 29. Juli vernahm man zuerst, daß eine große Schlacht
geliefert worden sey. Tags darauf wurden die abenteuerlichsten
Siegesnachrichten mit gewohnter italienischer Uebertreibung ver-
breitet. Nicht genug, daß man eine ungeheuere Zahl Oesterrei-
cher gefangen nehmen und Kanonen in Menge erbeutet werden
ließ, es hieß sogar, Radetzky sey getödtet worden und man bringe
seinen Kopf als Trophäe und Siegeszeichen. Ein rasender Ju-
bel bemächtigte sich der Bevölkerung ( d. h. der Clubbisten ) ; in
ungestümer Eile schlug sie die Kirchenthüren ein und läutete mit
allen Glocken, die vorhanden waren, selbst Todten= und Sturm-
glocken; Musketen wurden in den Straßen abgefeuert, und überall
ertönte der Ruf: „Lang lebe Karl Albert, einziger König von
Jtalien, der siegreiche!“ Der Spektakel soll so gräßlich gewesen
seyn, daß mehrere schwangere Frauen aus Schrecken umkamen;
auch wurden durch das Losschießen der Gewehre manche Perso-
nen verwundet. Mit den Vivas auf Karl Albert mischte sich auch
der Ruf: „Tod den Cardinälen! Tod den Priestern!“ Am 31.
drangen nach und nach die Nachrichten ein, daß die Jtaliener
nicht gesiegt hätten, daß Karl Albert geschlagen sey, und die pie-
montesische Armee sich nach Cremona zurückgezogen hätte. An die
Stelle des Jubels und der Ausgelassenheit trat jetzt Angst und
Befürchtung. Die Deputirtenkammer richtete eine Adresse an den
Papst, in welcher sie ihn beschwor, Jtalien im Namen Gottes zu
helfen; sie verlangte, daß Freiwillige unter die Waffen gerufen,
die Nationalgarde mobilisirt und eine Fremdenlegion in päpstli-
chem Solde errichtet werde. Der Papst versicherte zwar, daß ihm
die Unabhängigkeit Jtaliens theuer sey, antwortete aber auf die
gestellten Begehren meist ausweichend. Die Menge tobte fort-
während und beschimpfte die Deputirten, welche als Deputation
der Kammer beim Papste gewesen waren. Die Kammer versam-
melte sich mittlerweile wieder und decretirte von sich aus die krie-
gerischen Maßregeln, welche sie dem Papste vorgeschlagen hatte.
Mamiani, der mit dem Papst zerfallen war, gab seine Entlassung
ein, und der Papst berief den Prolegaten von Urbino und Pe-
saro, Grafen E. Fabri, nach Rom, um ein neues Ministerium
zu bilden. Jn einer Proclamation wurde diese Veränderung dem
Volke kund gethan; der Papst wiederholte übrigens die zur Zeit
der Ferrarischen Händel von seinem Staatssecretär in Wien ab-
gegebene Erklärung, daß es sein Wille sey, die Gränzen des
Kirchenstaates zu vertheidigen. Die Stadt befindet sich fortwäh-
rend in vollkommener Anarchie; eine provisorische Re-
gierung von drei Männern ist gebildet. Die Civica hat mit den
Helden von Vicenza und anderen Factionen gemeinschaftliche
Sache gemacht, die päpstliche Cocarde wurde abgerissen und mit
Füßen getreten. Alle Nacht hört man das Geschrei: „Tod den
Cardinälen! Alle Priester sind Jnfame, sie betrügen uns! Es lebe
die provisorische Regierung!“ Mehrere Cardinäle, so wie der Prä-
sident der Deputirtenkammer Sereni haben sich bereits geflüchtet.

Livorno 1. August. ( N. C. ) Die fortwährenden pomphaften
Siegesberichte der piemontesischen Armee haben endlich aufge-
hört. Schon fing die zügellose Presse an, aus der „ Spada d' Ita-
lia
“ einen zweiten Cäsar und Napoleon zu machen; endlich sehen
die Jtaliener ein, daß seine taktischen und strategischen Kenntnisse
nicht weit her sind. Der Enthusiasmus war außerordentlich, als
am 27. die falsche Nachricht verbreitet wurde, die tapfere pie-
montesische Armee habe 4000 Oesterreicher niedergemetzelt, 6000
gefangen genommen und 40 Kanonen erobert. Welch eine Um-
wandlung auf allen Gesichtern, als am folgenden Tage die
Hiobspost anlangte, Karl Albert sey auf allen Punkten geworfen
[Ende Spaltensatz]

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[0003] Gericht oder in einer Eingabe an das Justizministerium ein ge- setzliches Verhalten versprechen und um Begnadigung bitten.“ Ausgenommen sind jedoch diejenigen Theilnehmer, welche bei einer derartigen hochverrätherischen Unternehmung 1 ) als An- führer oder Anstifter, oder als Führer bewaffneter Schaaren thätig waren, — oder 2 ) als Beamte des Staats, der Kirche, oder Schule, oder als Bürgermeister ihre besondern Pflichten verletzten, oder überhaupt als öffentliche Diener ihre Stellung zur Beförderung des hochverrätherischen Unternehmens mißbrauch- ten, oder welche 3 ) durch unzweideutige Aufforderungen in Volks- versammlungen, in öffentlich verbreiteten Aufrufen oder Druck- schriften, oder durch Werbungen mittelst Herumreisens, oder durch Täuschungen, Einschüchterungen und Drohungen Andere zur Theilnahme verleiteten, oder zu verleiten suchten, — oder 4 ) zu- gleich an einem gemeinen Verbrechen, z. B. an einer Tödtung, Verwundung, Plünderung, an einem Raub, an einer Erpressung u. dgl. Theil nahmen, oder einen Fahneneid gebrochen haben, — oder welche sonst 5 ) eine besonders gefährliche Thätigkeit durch Herbeischaffung oder Vertheilung von Waffen oder Schießbedarf, Sturmläuten, Signalgeben, Errichtung von Barricaden, Zer- störung der Eisenbahn, oder Unterbrechung der Communication auf solcher u. dgl. entwickelten; 6 ) mit Schußwaffen an einem Gefechte Theil genommen haben, oder 7 ) mit einer auswärtigen Macht oder einer auswärtigen Faction Verbindungen anknüpften oder anzuknüpfen suchten. Darmstadt 16. August. ( D. Z. ) Beziehungsweise auf den Antrag des Abg. Glaubrech vom 8. August, die Reform der Universität Gießen betreffend und mehrere Zeitungsartikel, die sich mit dieser Angelegenheit beschäftigen, bringen wir zur öffent- lichen Kunde, daß bereits am 5. d. M. vom Ministerium des Jnnern der Universität aufgegeben worden ist, binnen kürzester Frist ihre Ansichten über die in Folge der jetzigen Verhältnisse nothwendigen und geeigneten Abänderungen vorzulegen und man daher baldigen Resultaten entgegensehen kann. Frankfurt 15. August. ( Schw. M. ) Die provisorische Reichs- centralgewalt hat, wie man so eben vernimmt, um die früher zwischen dem deutschen Bunde und den europäischen Großmächten bestandenen diplomatischen Beziehungen wieder anzuknüpfen, fol- gende gesandtschaftliche Ernennungen verfügt: Für London den Frhrn. v. Andrian, Oesterreicher; für Paris den Geheimerath v. Raumer von Berlin und für St. Petersburg den preußischen Obersten v. Auerswald. Dieselben sind Abgeordnete zur Reichsversammlung und werden in diesen Tagen die Reise nach den Orten ihrer Bestimmung antreten. f Frankfurt 17. August. Jn der heutigen Sitzung der Na- tionalversammlung stattete Präsident Gagern einen kurzen Be- richt über die Reise der Deputation nach Köln ab und bemerkte darin unter Anderem: „Wenn Se. Maj. der König von Preußen äußerten, daß Sie überzeugt seyen, wie auch die Nationalver- sammlung nicht vergessen werde, daß es in Deutschland Fürsten gebe, und daß Se. Majestät zu diesen gehöre, so haben spätere Aeußerungen Sr. Majestät des Königs bewährt, daß Sie von dieser Ueberzeugung durchdrungen seyen, daß Sie anerkennen, was für die Wiederherstellung eines gesetzlichen Zustandes in Deutschland und die Kraft der Gesetze durch den Geist der Na- tionalversammlung bewirkt worden sey. Gewiß ist es der Wunsch und die Absicht Sr. Majestät des Königs von Preußen, daß seine Regierung Hand in Hand gehe mit der Nationalversammlung und der Regierung des Reichsverwesers, zur Erreichung des Zieles der Einheit unseres großen Vaterlan- des. Es ist dies auf die unverkennbarste Weise hervorgetreten bei dem Festmahle im Gürzenich, wobei von Sr. Majestät dem König von Preußen das Wohl des Erzherzog=Reichsverwesers, sowie der anwesenden und abwesenden Mitglieder der deutschen Nationalversammlung ausgebracht und die Hoffnung des Zusam- menwirkens begründet worden ist.“ Jtalien. ( Bas. Z. ) Ueber die Ursachen des Unglücks in Jtalien mag man hin und her streiten, man mag sogar es dem „blinden Nationalhaß der Deutschen“ zuschreiben, wie die N. Z. Z., welche anzuneh- men scheint, die Deutschen hätten den Ruf „Tod den Deutschen“ für eine Freundschaftsbezeugung ansehen sollen. Jtaliens Lage war keine ungünstige, bei kräftigem, einigem Zusammenwirken war der Widerstand gegen den in sich selbst gelähmten Feind nicht unmöglich. Woher kommt es, daß dieses einige Zusammenwir- ken nicht erfolgte? Man stritt sich in jenem Lande um politische Fragen und verlor dadurch die nationale Einigung aus den Au- gen, nicht einmal zu einem italienischen Congreß hat man es ge- bracht. Jst wohl der Schluß voreilig, daß das Gefühl der Na- tionalität nicht weit genug verbreitet, nicht tief genug gewurzelt sey? Dafür spricht wohl auch die Angabe von dem freundlichen Empfange der Oesterreicher durch das lombardische Landvolk. Jst es aber dem also, waren die Volksmassen noch so wenig für nationale Gefühle empfänglich, dann war wohl die Revolution von Mailand gerade in dem Augenblicke, wo die Wiener Ereig- nisse eine constitutionelle Entwicklung in Jtalien möglich gemacht hatten, ein unverzeihlicher Fehler. Für das constitutionelle Oesterreich ist die Pacification Jtaliens eine schwierige Aufgabe, denn die widerstrebenden Elemente werden jede öffentliche Freiheit als Waffe gegen Oesterreich benutzen, bis sie bei Gelegenheit einen neuen Versuch mit günstigerem Erfolge machen können. Für Deutschland aber ist diese Wiedereroberung der Lombardei kaum ein Gewinn, denn je mehr Oesterreich außerdeutsche Län- der besitzt, desto weniger wird es in Deutschland aufgehen. Wir möchten Jtalien die nationale Unabhängigkeit von Herzen gön- nen, wenn es zeigte, daß es die Bedeutung derselben kennt und dafür mit ganzer Kraft einsteht. Jst aber das nicht, ist das Landvolk gleichgültig und „entziehen sich ( um Worte der N. Z. Z. zu gebrauchen ) so viele Städter, die begeistert seyn wollen, dem Kriege,“ so ist Jtalien zur Unabhängigkeit noch nicht reif, so bleibt es un- terthan, wenn nicht Oesterreich, so doch Frankreich oder England. Rom. ( Bas. Z. ) Es ist ergötzlich zu lesen, welchen Ein- druck die Wendung der Dinge in Oberitalien hier hervorgebracht hat. Am 29. Juli vernahm man zuerst, daß eine große Schlacht geliefert worden sey. Tags darauf wurden die abenteuerlichsten Siegesnachrichten mit gewohnter italienischer Uebertreibung ver- breitet. Nicht genug, daß man eine ungeheuere Zahl Oesterrei- cher gefangen nehmen und Kanonen in Menge erbeutet werden ließ, es hieß sogar, Radetzky sey getödtet worden und man bringe seinen Kopf als Trophäe und Siegeszeichen. Ein rasender Ju- bel bemächtigte sich der Bevölkerung ( d. h. der Clubbisten ) ; in ungestümer Eile schlug sie die Kirchenthüren ein und läutete mit allen Glocken, die vorhanden waren, selbst Todten= und Sturm- glocken; Musketen wurden in den Straßen abgefeuert, und überall ertönte der Ruf: „Lang lebe Karl Albert, einziger König von Jtalien, der siegreiche!“ Der Spektakel soll so gräßlich gewesen seyn, daß mehrere schwangere Frauen aus Schrecken umkamen; auch wurden durch das Losschießen der Gewehre manche Perso- nen verwundet. Mit den Vivas auf Karl Albert mischte sich auch der Ruf: „Tod den Cardinälen! Tod den Priestern!“ Am 31. drangen nach und nach die Nachrichten ein, daß die Jtaliener nicht gesiegt hätten, daß Karl Albert geschlagen sey, und die pie- montesische Armee sich nach Cremona zurückgezogen hätte. An die Stelle des Jubels und der Ausgelassenheit trat jetzt Angst und Befürchtung. Die Deputirtenkammer richtete eine Adresse an den Papst, in welcher sie ihn beschwor, Jtalien im Namen Gottes zu helfen; sie verlangte, daß Freiwillige unter die Waffen gerufen, die Nationalgarde mobilisirt und eine Fremdenlegion in päpstli- chem Solde errichtet werde. Der Papst versicherte zwar, daß ihm die Unabhängigkeit Jtaliens theuer sey, antwortete aber auf die gestellten Begehren meist ausweichend. Die Menge tobte fort- während und beschimpfte die Deputirten, welche als Deputation der Kammer beim Papste gewesen waren. Die Kammer versam- melte sich mittlerweile wieder und decretirte von sich aus die krie- gerischen Maßregeln, welche sie dem Papste vorgeschlagen hatte. Mamiani, der mit dem Papst zerfallen war, gab seine Entlassung ein, und der Papst berief den Prolegaten von Urbino und Pe- saro, Grafen E. Fabri, nach Rom, um ein neues Ministerium zu bilden. Jn einer Proclamation wurde diese Veränderung dem Volke kund gethan; der Papst wiederholte übrigens die zur Zeit der Ferrarischen Händel von seinem Staatssecretär in Wien ab- gegebene Erklärung, daß es sein Wille sey, die Gränzen des Kirchenstaates zu vertheidigen. Die Stadt befindet sich fortwäh- rend in vollkommener Anarchie; eine provisorische Re- gierung von drei Männern ist gebildet. Die Civica hat mit den Helden von Vicenza und anderen Factionen gemeinschaftliche Sache gemacht, die päpstliche Cocarde wurde abgerissen und mit Füßen getreten. Alle Nacht hört man das Geschrei: „Tod den Cardinälen! Alle Priester sind Jnfame, sie betrügen uns! Es lebe die provisorische Regierung!“ Mehrere Cardinäle, so wie der Prä- sident der Deputirtenkammer Sereni haben sich bereits geflüchtet. Livorno 1. August. ( N. C. ) Die fortwährenden pomphaften Siegesberichte der piemontesischen Armee haben endlich aufge- hört. Schon fing die zügellose Presse an, aus der „ Spada d' Ita- lia “ einen zweiten Cäsar und Napoleon zu machen; endlich sehen die Jtaliener ein, daß seine taktischen und strategischen Kenntnisse nicht weit her sind. Der Enthusiasmus war außerordentlich, als am 27. die falsche Nachricht verbreitet wurde, die tapfere pie- montesische Armee habe 4000 Oesterreicher niedergemetzelt, 6000 gefangen genommen und 40 Kanonen erobert. Welch eine Um- wandlung auf allen Gesichtern, als am folgenden Tage die Hiobspost anlangte, Karl Albert sey auf allen Punkten geworfen

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 63. Mainz, 18. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal063_1848/3>, abgerufen am 24.11.2024.