Mainzer Journal. Nr. 49. Mainz, 3. August 1848.[Beginn Spaltensatz]
An eine Einstellung der Arbeiten überhaupt ist zur Zeit aus dem Hannover. Aus allen ansehnlichsten hannöverischen Städ- Darmstadt 31. Juli. ( D. Z. ) Der schon erwähnte Erlaß des Darmstadt 1. August. ( D. Ztg. ) Sicherem Vernehmen nach Oldenburg 28. Juli. ( W. Z. ) Ob wir die nächsten Local- Frankfurt 29. Juli. ( Karlsr. Z. ) Zu den erfreulichsten Er- Hamburg 27. Juli. ( Brem. Z. ) Auch bei uns sind die Schweiz. x x Aus dem Aargau 28. Juli. Wir vernehmen aus [Beginn Spaltensatz]
An eine Einstellung der Arbeiten überhaupt ist zur Zeit aus dem Hannover. Aus allen ansehnlichsten hannöverischen Städ- Darmstadt 31. Juli. ( D. Z. ) Der schon erwähnte Erlaß des Darmstadt 1. August. ( D. Ztg. ) Sicherem Vernehmen nach Oldenburg 28. Juli. ( W. Z. ) Ob wir die nächsten Local- Frankfurt 29. Juli. ( Karlsr. Z. ) Zu den erfreulichsten Er- Hamburg 27. Juli. ( Brem. Z. ) Auch bei uns sind die Schweiz. × × Aus dem Aargau 28. Juli. Wir vernehmen aus <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/> An eine Einstellung der Arbeiten überhaupt ist zur Zeit aus dem<lb/> Grunde schon gar nicht zu denken, weil es sich hier nicht um einen<lb/> noch unbenutzten Neubau, sondern um die katholische Pfarrkirche<lb/> unserer Stadt handelt, welche fortwährend im Gebrauche ist.<lb/> Sollte daher später wegen Unzureichenheit der Mittel ein Ver-<lb/> schieben der Arbeiten sich als dringend geltend machen, so müßte<lb/> doch wenigstens die Ausschmückung in einem Theile der herrlichen<lb/> Kathedrale, dem Chore, zum Abschluß gediehen seyn. Der Ge-<lb/> danke, daß die großartige Kunstschöpfung unvollendet seyn werde,<lb/> bleibt aber immer ein niederschlagender. Verufene Stimmen ha-<lb/> ben sich längst darüber geeinigt, daß ein gleiches Kunstwerk, wie<lb/> der vollendete Kaiserdom, diesseits der Alpen nicht zu finden<lb/> wäre. Und gerade in diesem Jahre hatte das Werk einen be-<lb/> deutsamen Aufschwung genommen. Die großen kirchenhistorischen<lb/> Fresken, welche Schraudolph mit seinen Schülern in den Seiten-<lb/> chören ausführt, gehören zu dem Gediegendsten, was unsere Zeit<lb/> in diesem Fache zu leisten vermochte. Nicht minder trefflich ist<lb/> das Ornament in den weiten Gewölben dieser Chöre und in der<lb/> Kuppel gelungen, und wir bedauern es tief, daß ein Mißver-<lb/> ständniß unsern <hi rendition="#g">Schwarzmann</hi> gerade jetzt stören mußte, wo<lb/> er mit Begeisterung sich der Vollendung dieser Theile hingegeben<lb/> hatte. Noch immer hoffen wir jedoch, daß vor dem Eintritt des<lb/> Winters auch in dieser Beziehung das Nöthige nachgeholt, und<lb/> mit verdoppelten Kräften im nächsten Frühjahre mit Gemälden<lb/> und Ornament vorangeschritten werde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Hannover. Aus allen ansehnlichsten hannöverischen Städ-<lb/> ten laufen Protesterklärungen ein, während keine einzige<lb/> Stimme im ganzen Lande sich für die Politik der Regierung<lb/> ausgesprochen hat. Jn der Hildesheimer Adresse heißt es: „Jn<lb/> diesem Schreiben des hannöverischen Ministeriums sind Grund-<lb/> sätze und Erklärungen gegeben, welche sogar der hannöverischen<lb/> zweiten Ständekammer ein Erstaunen abgezwungen haben. Was<lb/> den Jnhalt des fraglichen Schreibens gegen die Politik vom 7.<lb/> Juli anlangt, so wird von der älteren, neueren und neuesten Ge-<lb/> schichte des deutschen Volkes eben die in jenem Schreiben so hoch<lb/> gehaltene Selbstständigkeit der einzelnen deutschen Staaten, als<lb/> die wesentliche Quelle unserer vielhundertjährigen, bis in die<lb/> jüngsten Zeiten hineindauernden Zerrissenheiten und Leiden mit zu<lb/> viel Wahrheit angeklangt, als daß wir uns mit einer feierlichen<lb/> Protesterklärung gegen den Jnhalt des <choice><abbr>ec.</abbr></choice> Schreibens begnü-<lb/> gen, und nicht vielmehr auch an die hohe Nationalversamm-<lb/> lung die dringende Bitte richten sollten: doch die sogenannte<lb/> Selbstständigkeit der deutschen Staaten zum Heile der deutschen<lb/> Einheit wo möglich in noch höherem Grade zu beschränken, als<lb/> solches in vielen bisher bekannt gewordenen Verfassungsentwür-<lb/> fen vorgeschlagen worden ist. Einer genauern Würdigung des<lb/> übrigen Jnhalts glauben wir um so mehr überhoben zu seyn,<lb/> als selbst die gedroheten Eventualitäten unsere heißen Wünsche<lb/> für eine umfassende Thätigkeit der hohen Nationalversammlung<lb/> nicht zu beseitigen vermögen.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Darmstadt 31. Juli. ( D. Z. ) Der schon erwähnte Erlaß des<lb/> Reichsverwesers an die großh. hess. Staatsregierung lautet wie<lb/> folgt: „Der von der constituirenden Nationalversammlung zu<lb/> Frankfurt am Main nach dem Gesetze vom 28. Juni 1848 er-<lb/> wählte Reichsverweser, Erzherzog Johann von Oesterreich, hat<lb/> am 12. Juli 1848 die Leitung der provisorischen Centralgewalt<lb/> übernommen, sofort am 15. Juli 1848 das Reichsministerium<lb/> gebildet und zwar demnächst: 1 ) für die auswärtigen Angelegen-<lb/> heiten, 2 ) für das Jnnere, 3 ) für das Kriegswesen und 4 ) für<lb/> die Justiz. Die provisorische Centralgewalt beginnt daher mit<lb/> der Ausübung der in dem Gesetze vom 28. Juni 1848 vor-<lb/> gezeichneten Befugnisse und Verpflichtungen. Die provisorische<lb/> Centralgewalt kennt genau die Grenzen der ihr ertheilten<lb/> Rechte und Gewalten, sie wird sich nur inner derselben be-<lb/> wegen, sie wird insbesondere die vollziehende Gewalt nur<lb/> in Angelegenheiten üben, welche die allgemeine Sicherheit<lb/> und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates betreffen. Die<lb/> provisorische Centralgewalt erkennt es als ihre Aufgabe, dahin<lb/> zu wirken, daß die Einheit Deutschlands auf friedlichem Wege<lb/> erreicht, daß Deutschland nach Außen hin stark und unabhängig<lb/> werde. Sie rechnet, indem sie dieses Ziel anstrebt, auf die thätige,<lb/> vertrauensvolle Mitwirkung aller deutschen Regierungen, die<lb/> mit ihr in dem lebendigen Wunsche sich vereinigen, dem deut-<lb/> schen Volke die Segnungen der Freiheit, der Unabhängigkeit und<lb/> des Friedens zu verschaffen. Die provisorische Centralgewalt<lb/> wird sich in Beziehung auf die Vollziehungsmaßregeln so weit<lb/> thunlich mit den Bevollmächtigen der Landesregierungen ins<lb/> Einvernehmen setzen; sie wünscht, daß diese Bevollmächtigten bei<lb/> der provisorischen Centralgewalt so bald als thunlich ernannt<lb/> werden, um mit ihnen in Verbindung treten zu können. Die<lb/> provisorische Centralgewalt wünscht mit den Bedürfnissen der<lb/> deutschen Regierungen und der deutschen Volksstämme, soweit sie<lb/><cb n="2"/> den nach dem Gesetze vom 28. Juni 1848 bestimmten Wirkungs-<lb/> kreis berühren, auf das Umfassendste bekannt zu werden, und<lb/> sie zählt hierbei auf freimüthige, unumwundene Mittheilung, die<lb/> sie auch bei allen ihren Handlungen zu befolgen wissen wird.<lb/> Frankfurt a. M., den 15. Juli 1848. Der Reichsverweser<lb/> ( unterz. ) <hi rendition="#g">Erzherzog Johann.</hi> Der Reichsminister des Jn-<lb/> nern ( unterz. ) <hi rendition="#g">Schmerling.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Darmstadt 1. August. ( D. Ztg. ) Sicherem Vernehmen nach<lb/> ist die neue Verwaltungsorganisation von Sr. königl. Hob. dem<lb/> Großherzog genehmigt und soll vom 21. August an in's Leben<lb/> treten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Oldenburg 28. Juli. ( W. Z. ) Ob wir die nächsten Local-<lb/> blätter zu erwarten haben, steht noch im weiten Felde, da auch<lb/> die hiesigen Buchdruckergehülfen durch Beschlüsse, welche ohne<lb/> die Mitwirkung der Principale einseitig nur von einer Gehülfen-<lb/> versammlung in Mainz gefaßt sind, hinsichtlich der erhöhten<lb/> Lohnforderung sich für gebunden erachten. Wie wir hören, be-<lb/> finden sich die hiesigen Gehülfen durchaus in einer guten Lage<lb/> und haben nach ihrer eigenen Aussage keine Ursache, durch eine<lb/> Arbeitseinstellung ihre Principale, besonders aber das Publikum,<lb/> und gerade in einer Zeit in Verlegenheit zu setzen, wo die Presse<lb/> so unendlich viel wirken soll und muß. Sie nannten sich, wenn<lb/> ich nicht irre, zwar den intelligentesten Theil der arbeitenden<lb/> Klasse. Wir finden aber in einem solchen einseitigen Verfahren,<lb/> dem sogar aller Rechtsboden mangelt, wenig Jntelligenz, beson-<lb/> ders wenn sie sich auch noch ihrer Verpflichtung einer usance-<lb/> mäßigen Kündigung entziehen wollen, welche in den beiden hie-<lb/> sigen Offizinen bestehen soll. Haben doch selbst unsere Tagelöhner<lb/> in Butjadingen sich mit ihren Arbeitgebern auf rechtlichem Wege<lb/> vereinigt, und es sollte dieser Weg nicht auch von den intelligenter<lb/> seyn wollenden Buchdruckergehülfen eingeschlagen werden können?<lb/> Sie sind das nicht allein sich selbst, sie sind es, wie gesagt, dem<lb/> Publikum und ihren Principalen schuldig.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Frankfurt 29. Juli. ( Karlsr. Z. ) Zu den erfreulichsten Er-<lb/> scheinungen der letzten Tage gehört die völlige Mißachtung, in<lb/> welche die bisherigen Führer der äußersten Linken in Folge ihrer<lb/> antinationalen Sympathien selbst bei ihrer eigenen Partei gefallen<lb/> sind. Diese Partei hält ihre regelmäßigen Zusammenkünfte im<lb/> „Deutschen Hause.“ Vorgestern Abend kam das Verhalten der<lb/> Abgeordneten in Bezug auf die Posener Frage zur Sprache, und<lb/> Robert Blum, ergrimmt über die Rede, welche <hi rendition="#aq">Dr</hi>. Jordan von<lb/> Berlin ( es befinden sich nicht weniger als vier Abgeordnete dieses<lb/> Namens auf dem Reichstag ) zu Gunsten der Deutschposener ge-<lb/> halten, trug auf dessen Ausschluß aus dem Vereine an, mußte<lb/> aber das Leiden erleben, daß die Versammlung nicht nur nicht<lb/> darauf einging, sondern umgekehrt sich gegen Blum's Oberhoheit<lb/> auflehnte und ihn, den Antragsteller, selber ausschloß. Er hat<lb/> sich nun mit Ruge zusammengethan, der schon seit längerer Zeit<lb/> ein Klübbchen von einem halben Dutzend Kosmopoliten um sich<lb/> versammelt hat, und, wie man versichert, mit den hier befindli-<lb/> chen polnischen und französischen Agenten auf dem freundschaft-<lb/> lichsten Fuße lebt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Hamburg 27. Juli. ( Brem. Z. ) Auch bei uns sind die<lb/><hi rendition="#g">Buchdruckergehülfen</hi> Willens, nächsten Montag ihre Ar-<lb/> beit niederzulegen. Nur einer von den Prinzipalen, Hr. Thos.<lb/> Sowersby, ist auf die Mainzer Forderungen eingegangen und hat<lb/> sich dem Verein der Gehülfen angeschlossen. Von den letzteren<lb/> werden nun aber bloß diejenigen zum 1. August die Arbeit ein-<lb/> stellen, welche nicht bei den drei großen Blättern, den „ Nachrich-<lb/> ten,“ der „Börsenhalle“ und dem „Correspondenten“ beschäftigt<lb/> sind; denn die bei diesen Zeitungen beschäftigten Arbeiter sind<lb/> von den Besitzern bedroht worden, daß sie, falls sie fortzuarbeiten<lb/> sich weigerten, sogleich durch aus England verschriebene deutsche<lb/> Buchdrucker, deren man binnen wenigen Tagen erlangen könne,<lb/> ersetzt werden würden, und so haben sich diese ( circa 75 von 250<lb/> Gehülfen ) entschlossen, bei der Arbeit zu bleiben, dafür aber ihren<lb/> dieselbe aussetzenden Collegen während der Zeit der Weigerung<lb/> durch pecuniäre Unterstützung zu Hilfe zu kommen. Außer den<lb/> bei den Zeitungen beschäftigten haben noch vier Gehülfen sich von<lb/> der Arbeitseinstellung ausgeschlossen. Man erwartet hier keinen<lb/> lange andauernden Widerstand, namentlich da viele der Gehülfen<lb/> verheirathet sind und bereits in sehr vorgerücktem Alter stehen.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#g">Schweiz.</hi> </head><lb/> <p>× × Aus dem Aargau 28. Juli. Wir vernehmen aus<lb/> dem wohl unterrichteten „Zofinger Volksblatt“ eine neue Beschee-<lb/> rung für das aargauische Volk; dasselbe nämlich: Wie wir ver-<lb/> nehmen, stellt sich in den höhern und allerhöchsten Kreisen die<lb/> Nothwendigkeit der Einführung des directen Steuersystems her-<lb/> aus, weil die bisherigen Einnahmen zu der Bestreitung der<lb/> Staatsausgaben nicht mehr ausreichen.“ Diese Nachricht, die<lb/> wohl vorerst nur die Stimmung des Volkes erforschen soll, wird<lb/> nicht verfehlen, überall eine arge Mißstimmung hervorzurufen.<lb/><cb type="end"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [0003]
An eine Einstellung der Arbeiten überhaupt ist zur Zeit aus dem
Grunde schon gar nicht zu denken, weil es sich hier nicht um einen
noch unbenutzten Neubau, sondern um die katholische Pfarrkirche
unserer Stadt handelt, welche fortwährend im Gebrauche ist.
Sollte daher später wegen Unzureichenheit der Mittel ein Ver-
schieben der Arbeiten sich als dringend geltend machen, so müßte
doch wenigstens die Ausschmückung in einem Theile der herrlichen
Kathedrale, dem Chore, zum Abschluß gediehen seyn. Der Ge-
danke, daß die großartige Kunstschöpfung unvollendet seyn werde,
bleibt aber immer ein niederschlagender. Verufene Stimmen ha-
ben sich längst darüber geeinigt, daß ein gleiches Kunstwerk, wie
der vollendete Kaiserdom, diesseits der Alpen nicht zu finden
wäre. Und gerade in diesem Jahre hatte das Werk einen be-
deutsamen Aufschwung genommen. Die großen kirchenhistorischen
Fresken, welche Schraudolph mit seinen Schülern in den Seiten-
chören ausführt, gehören zu dem Gediegendsten, was unsere Zeit
in diesem Fache zu leisten vermochte. Nicht minder trefflich ist
das Ornament in den weiten Gewölben dieser Chöre und in der
Kuppel gelungen, und wir bedauern es tief, daß ein Mißver-
ständniß unsern Schwarzmann gerade jetzt stören mußte, wo
er mit Begeisterung sich der Vollendung dieser Theile hingegeben
hatte. Noch immer hoffen wir jedoch, daß vor dem Eintritt des
Winters auch in dieser Beziehung das Nöthige nachgeholt, und
mit verdoppelten Kräften im nächsten Frühjahre mit Gemälden
und Ornament vorangeschritten werde.
Hannover. Aus allen ansehnlichsten hannöverischen Städ-
ten laufen Protesterklärungen ein, während keine einzige
Stimme im ganzen Lande sich für die Politik der Regierung
ausgesprochen hat. Jn der Hildesheimer Adresse heißt es: „Jn
diesem Schreiben des hannöverischen Ministeriums sind Grund-
sätze und Erklärungen gegeben, welche sogar der hannöverischen
zweiten Ständekammer ein Erstaunen abgezwungen haben. Was
den Jnhalt des fraglichen Schreibens gegen die Politik vom 7.
Juli anlangt, so wird von der älteren, neueren und neuesten Ge-
schichte des deutschen Volkes eben die in jenem Schreiben so hoch
gehaltene Selbstständigkeit der einzelnen deutschen Staaten, als
die wesentliche Quelle unserer vielhundertjährigen, bis in die
jüngsten Zeiten hineindauernden Zerrissenheiten und Leiden mit zu
viel Wahrheit angeklangt, als daß wir uns mit einer feierlichen
Protesterklärung gegen den Jnhalt des Schreibens begnü-
gen, und nicht vielmehr auch an die hohe Nationalversamm-
lung die dringende Bitte richten sollten: doch die sogenannte
Selbstständigkeit der deutschen Staaten zum Heile der deutschen
Einheit wo möglich in noch höherem Grade zu beschränken, als
solches in vielen bisher bekannt gewordenen Verfassungsentwür-
fen vorgeschlagen worden ist. Einer genauern Würdigung des
übrigen Jnhalts glauben wir um so mehr überhoben zu seyn,
als selbst die gedroheten Eventualitäten unsere heißen Wünsche
für eine umfassende Thätigkeit der hohen Nationalversammlung
nicht zu beseitigen vermögen.“
Darmstadt 31. Juli. ( D. Z. ) Der schon erwähnte Erlaß des
Reichsverwesers an die großh. hess. Staatsregierung lautet wie
folgt: „Der von der constituirenden Nationalversammlung zu
Frankfurt am Main nach dem Gesetze vom 28. Juni 1848 er-
wählte Reichsverweser, Erzherzog Johann von Oesterreich, hat
am 12. Juli 1848 die Leitung der provisorischen Centralgewalt
übernommen, sofort am 15. Juli 1848 das Reichsministerium
gebildet und zwar demnächst: 1 ) für die auswärtigen Angelegen-
heiten, 2 ) für das Jnnere, 3 ) für das Kriegswesen und 4 ) für
die Justiz. Die provisorische Centralgewalt beginnt daher mit
der Ausübung der in dem Gesetze vom 28. Juni 1848 vor-
gezeichneten Befugnisse und Verpflichtungen. Die provisorische
Centralgewalt kennt genau die Grenzen der ihr ertheilten
Rechte und Gewalten, sie wird sich nur inner derselben be-
wegen, sie wird insbesondere die vollziehende Gewalt nur
in Angelegenheiten üben, welche die allgemeine Sicherheit
und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates betreffen. Die
provisorische Centralgewalt erkennt es als ihre Aufgabe, dahin
zu wirken, daß die Einheit Deutschlands auf friedlichem Wege
erreicht, daß Deutschland nach Außen hin stark und unabhängig
werde. Sie rechnet, indem sie dieses Ziel anstrebt, auf die thätige,
vertrauensvolle Mitwirkung aller deutschen Regierungen, die
mit ihr in dem lebendigen Wunsche sich vereinigen, dem deut-
schen Volke die Segnungen der Freiheit, der Unabhängigkeit und
des Friedens zu verschaffen. Die provisorische Centralgewalt
wird sich in Beziehung auf die Vollziehungsmaßregeln so weit
thunlich mit den Bevollmächtigen der Landesregierungen ins
Einvernehmen setzen; sie wünscht, daß diese Bevollmächtigten bei
der provisorischen Centralgewalt so bald als thunlich ernannt
werden, um mit ihnen in Verbindung treten zu können. Die
provisorische Centralgewalt wünscht mit den Bedürfnissen der
deutschen Regierungen und der deutschen Volksstämme, soweit sie
den nach dem Gesetze vom 28. Juni 1848 bestimmten Wirkungs-
kreis berühren, auf das Umfassendste bekannt zu werden, und
sie zählt hierbei auf freimüthige, unumwundene Mittheilung, die
sie auch bei allen ihren Handlungen zu befolgen wissen wird.
Frankfurt a. M., den 15. Juli 1848. Der Reichsverweser
( unterz. ) Erzherzog Johann. Der Reichsminister des Jn-
nern ( unterz. ) Schmerling.
Darmstadt 1. August. ( D. Ztg. ) Sicherem Vernehmen nach
ist die neue Verwaltungsorganisation von Sr. königl. Hob. dem
Großherzog genehmigt und soll vom 21. August an in's Leben
treten.
Oldenburg 28. Juli. ( W. Z. ) Ob wir die nächsten Local-
blätter zu erwarten haben, steht noch im weiten Felde, da auch
die hiesigen Buchdruckergehülfen durch Beschlüsse, welche ohne
die Mitwirkung der Principale einseitig nur von einer Gehülfen-
versammlung in Mainz gefaßt sind, hinsichtlich der erhöhten
Lohnforderung sich für gebunden erachten. Wie wir hören, be-
finden sich die hiesigen Gehülfen durchaus in einer guten Lage
und haben nach ihrer eigenen Aussage keine Ursache, durch eine
Arbeitseinstellung ihre Principale, besonders aber das Publikum,
und gerade in einer Zeit in Verlegenheit zu setzen, wo die Presse
so unendlich viel wirken soll und muß. Sie nannten sich, wenn
ich nicht irre, zwar den intelligentesten Theil der arbeitenden
Klasse. Wir finden aber in einem solchen einseitigen Verfahren,
dem sogar aller Rechtsboden mangelt, wenig Jntelligenz, beson-
ders wenn sie sich auch noch ihrer Verpflichtung einer usance-
mäßigen Kündigung entziehen wollen, welche in den beiden hie-
sigen Offizinen bestehen soll. Haben doch selbst unsere Tagelöhner
in Butjadingen sich mit ihren Arbeitgebern auf rechtlichem Wege
vereinigt, und es sollte dieser Weg nicht auch von den intelligenter
seyn wollenden Buchdruckergehülfen eingeschlagen werden können?
Sie sind das nicht allein sich selbst, sie sind es, wie gesagt, dem
Publikum und ihren Principalen schuldig.
Frankfurt 29. Juli. ( Karlsr. Z. ) Zu den erfreulichsten Er-
scheinungen der letzten Tage gehört die völlige Mißachtung, in
welche die bisherigen Führer der äußersten Linken in Folge ihrer
antinationalen Sympathien selbst bei ihrer eigenen Partei gefallen
sind. Diese Partei hält ihre regelmäßigen Zusammenkünfte im
„Deutschen Hause.“ Vorgestern Abend kam das Verhalten der
Abgeordneten in Bezug auf die Posener Frage zur Sprache, und
Robert Blum, ergrimmt über die Rede, welche Dr. Jordan von
Berlin ( es befinden sich nicht weniger als vier Abgeordnete dieses
Namens auf dem Reichstag ) zu Gunsten der Deutschposener ge-
halten, trug auf dessen Ausschluß aus dem Vereine an, mußte
aber das Leiden erleben, daß die Versammlung nicht nur nicht
darauf einging, sondern umgekehrt sich gegen Blum's Oberhoheit
auflehnte und ihn, den Antragsteller, selber ausschloß. Er hat
sich nun mit Ruge zusammengethan, der schon seit längerer Zeit
ein Klübbchen von einem halben Dutzend Kosmopoliten um sich
versammelt hat, und, wie man versichert, mit den hier befindli-
chen polnischen und französischen Agenten auf dem freundschaft-
lichsten Fuße lebt.
Hamburg 27. Juli. ( Brem. Z. ) Auch bei uns sind die
Buchdruckergehülfen Willens, nächsten Montag ihre Ar-
beit niederzulegen. Nur einer von den Prinzipalen, Hr. Thos.
Sowersby, ist auf die Mainzer Forderungen eingegangen und hat
sich dem Verein der Gehülfen angeschlossen. Von den letzteren
werden nun aber bloß diejenigen zum 1. August die Arbeit ein-
stellen, welche nicht bei den drei großen Blättern, den „ Nachrich-
ten,“ der „Börsenhalle“ und dem „Correspondenten“ beschäftigt
sind; denn die bei diesen Zeitungen beschäftigten Arbeiter sind
von den Besitzern bedroht worden, daß sie, falls sie fortzuarbeiten
sich weigerten, sogleich durch aus England verschriebene deutsche
Buchdrucker, deren man binnen wenigen Tagen erlangen könne,
ersetzt werden würden, und so haben sich diese ( circa 75 von 250
Gehülfen ) entschlossen, bei der Arbeit zu bleiben, dafür aber ihren
dieselbe aussetzenden Collegen während der Zeit der Weigerung
durch pecuniäre Unterstützung zu Hilfe zu kommen. Außer den
bei den Zeitungen beschäftigten haben noch vier Gehülfen sich von
der Arbeitseinstellung ausgeschlossen. Man erwartet hier keinen
lange andauernden Widerstand, namentlich da viele der Gehülfen
verheirathet sind und bereits in sehr vorgerücktem Alter stehen.
Schweiz.
× × Aus dem Aargau 28. Juli. Wir vernehmen aus
dem wohl unterrichteten „Zofinger Volksblatt“ eine neue Beschee-
rung für das aargauische Volk; dasselbe nämlich: Wie wir ver-
nehmen, stellt sich in den höhern und allerhöchsten Kreisen die
Nothwendigkeit der Einführung des directen Steuersystems her-
aus, weil die bisherigen Einnahmen zu der Bestreitung der
Staatsausgaben nicht mehr ausreichen.“ Diese Nachricht, die
wohl vorerst nur die Stimmung des Volkes erforschen soll, wird
nicht verfehlen, überall eine arge Mißstimmung hervorzurufen.
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