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Mainzer Journal. Nr. 34. Mainz, 19. Juli 1848.

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[Beginn Spaltensatz] alle ihr zu Gebote stehenden Mittel und namentlich durch einen
Aufruf an Schleswig=Holstein und Deutschland sich gegen den
Gewaltstreich der Diplomatie in dem Besitz ihrer legitimen Rechte
erhalten und nur der physischen Macht weichen möge. Apenrade
den 13. Juli 1848. Ehrerbietigst ( folgen die Unterschriften ) ."

Frankreich.

* * * Paris 16. Juli. Den Bericht über die gestrige Kam-
mersitzung kann ich kurz fassen, da er sich auf zwei Momente,
ein ärgerliches und ein erfreuliches zurückführen läßt. Gleich
beim Beginne der Sitzung betrat nämlich der alte de Lamennais
wuthschaumend und zum erstenmal in seinem Leben die Tribüne
und erklärte: die letzte Nummer seiner Zeitung " le peuple con-
stituant
" sey wegen eines -- beiläufig bemerkt höchst heftigen --
Artikels mit Beschlag belegt worden, diesen Artikel habe aber er
selbst geschrieben und wenn die Justiz dagegen einschreiten wolle,
so möge sie ihn, nicht aber den Strohmann, welcher das Blatt
unterzeichnet, den sogenannten Gerant, zur Rechenschaft ziehen,
die Nationalversammlung solle ihre Einwilligung dazu geben.
Die höchst überraschte Nationalversammlung erklärt jedoch ganz
einfach, daß diese Sache sie nichts angehe und für sie kein
Grund vorliege, dem gewöhnlichen Laufe der Justiz vorzugrei-
fen. Das erfreuliche Moment aber, welches ich oben angedeutet,
ist eine Petition der Maroniten, die sich einer sehr theilnehmenden
Aufnahme zu erfreuen hatte. Die Herren Bastide und Poujoulat
sprachen zu Gunsten "dieses Polens jenseits des Meeres" und die
Kammer beschloß die Bittschrift dem Minister der auswärtigen
Angelegenheiten und dem Präsidenten der vollziehenden Gewalt zu
überweisen. Nun zu etwas Anderem, was wichtiger ist als diese
Kammerverhandlung.

Wie Sie wissen besteht im Palais national ein Clubb, dem
die bedeutendsten Mitglieder der Nationalversammlung, lau-
ter Republikaner vom reinsten Vollblute, aber honette [unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]Leute an-
gehören. Alle diese Männer haben nun -- was glauben Sie
wohl? vielleicht gegen den Belagerungszustand protestirt? oder
über reactionäre Bestrebungen gejammert? -- Nichts von alle
Dem, sie haben vielmehr der Militärdictatur ein ziemlich unver-
hülltes Vertrauensvotum ausgesprochen und damit allerdings --
betrachten Sie unten die Namen -- sich selbst und ihrer früheren
Wirksamkeit ein Armuthszeugniß ausgestellt. Das merkwürdige
Actenstück lautet wie folgt:

"Die unterzeichneten Volksrepräsentanten erklären, daß die
Nationalversammlung und jedes ihrer Mitglieder, wenn sie das
vom Volke ihnen übertragene Mandat getreulich erfüllen wollen,
mit allen ihnen zu Gebot stehenden Mitteln die tief gestörte Ord-
nung wieder herstellen müssen. Sie sind deßhalb der Ansicht, daß
sie vor Allem die Regierung als das Werkzeug des Gesetzes
unter allen ihren Formen vertheidigen und stärken müßen.
Eine von allen guten Bürgern unterstützte Regierung ver-
bürgt uns aber die sittliche Ordnung, indem sie durch ihre
Kraft und ihre Weisheit den Gemüthern Sicherheit in der
Gegenwart und Vertrauen auf die Zukunft zurückgibt. Sie
verbürgt uns die materielle Ordnung, indem sie die Gesetze, welche
dieselbe beschützen, kräftig handhabt und von der National-
versammlung jene Gesetze verlangt, welche künftige etwa noch
nothwendig werden. Sie verbürgt uns die finanzielle Ordnung,
indem sie die Staatsausgaben scharf überwacht und die strengste
Sparsamkeit bei denselben eintreten läßt. Sie verbürgt uns die
administrative Ordnung, indem sie die Zahl der Veamten so viel
als möglich beschränkt und die im Dienste thätigen Beamten un-
aufhörlich überwacht. Sie verbürgt uns endlich sogar die sociale
Ordnung, indem sie Alles niederhält, was auch nur im Entfern-
testen die geheiligten Grundsätze, auf welchen die Societät be-
ruht, die Familie und das Eigenthum verletzen könnte, und in-
dem sie auf dem Wege des geordneten Fortschrittes allen recht-
mäßigen Bedürfnissen der Bürger vollständige und brüderliche
Befriedigung gewährt.

Die Verwüstung, welche im Augenblicke in der französischen
Societät zum Durchbruche gekommen und die Straßen von Paris
mit Blut bedeckt hat, ist das unvermeidliche Erbtheil einer Ver-
gangenheit, für welche die Republik nicht verantwortlich ist, die
sie aber zu heilen suchen wird. Das kräftigste Heilmittel aber ist,
wenn allen Gemüthern, allen Geistern, allen Jnteressen Ein-
tracht und Friede zurückgegeben wird. Der Kampf, unter welcher
Form er auch auftreten mag, muß vernichtet werden und an seine
Stelle muß die Eintracht treten, die alle Kräfte des Landes nach
einem gemeinschaftlichen Ziele hinlenken wird. Jn der National-
[Spaltenumbruch] versammlung sehen wir nichts als Republikaner und wir nehmen
alle mit Freuden in unsere Reihen auf, ohne Rücksicht darauf,
ob ihre Ueberzeugung von heute oder von gestern her datirt,
wenn sie nur eine aufrichtige ist. Jn der Societät sehen
wir nur Brüder und weisen all jenen gefährlichen und gott-
losen Zwiespalt, alle jene die Gesellschaft gefährdenden Un-
terscheidungen zurück, welche die Gesellen und Meister, das
Volk und das Bürgerthum in zwei einander feindliche Classen
trennen. Unsere einzigen Feinde, wir sprechen es laut aus,
sind die Feinde der Ordnung und Freiheit, mit welcher
Maske sie sich auch bedecken mögen, die Anarchisten, welche das
Vaterland zerfleischen, die Heger dynastischer Hoffnungen, welche
den Bürgerkrieg hervorrufen, und die Jntriguanten, welche
die freie Thätigkeit der Regierung hemmen. Wir glauben mit
einem Worte, daß es in die Hände der versöhnlichen und
kräftigen Republikaner gelegt ist, Frankreich jene würdige,
kräftige und gemäßigte republikanische Staatsform zu geben,
welche es will, und die allein auch heutzutage es retten
kann." Und von wem glauben Sie wohl ist dieses Acten-
stück unterzeichnet? Von Dupont de l'Eure, Arago, Garnier-
Pag es, Buchez, Pagnerre, Cormenin, Marrast, Bixio, Billault
u. s. w., lauter Leute der ehemaligen provisorischen Regierung,
die wohl auch jetzt zu der Ansicht gelangt sind, daß es leichter ist
das Staatsschiff auf den Sand zu führen, als es ungefährdet in
offenem Fahrwasser zu erhalten.

Aus dem neuesten Finanzberichte des Moniteur ergibt sich,
daß im ersten Halbjahre von 1848 die Einregistrirungsgebühren
18 Millionen, die Zolleinnahmen 28 Millionen, die Stempel-
gebühren 4 und eine halbe Million, die Erträgnisse der Salz-
steuer zwei und eine halbe Million weniger betragen als im
Jahre 1847!

Jn den Bureaux der Nationalversammlung geht es mit den
Berathungen über den neuen Verfassungsentwurf endlich rascher
vorwärts. Für directe Wahl des Präsidenten durch das Volk,
im Gegensatze zu der andern Ansicht, welche den Präsidenten
durch die Nationalversammlung ernannt haben will, sprechen
sich viele Stimmen, unter Anderen auch Thiers, Berryer und
Remusat aus.

Zum Präsidenten der Commission, welche das Gesetz über die
Clubbs prüfen soll, ist Dupin der ältere ernannt worden. Die
Clubbs können also schon einstweilen ihre Liquiation vorbereiten.

Die Presse ist im Allgemeinen wenig einverstanden mit dem
neuen Gesetzentwurfe über den Elementarunterricht, welcher die
Freiheit des Unterrichts ausschließt und das Monopol der Uni-
versität aufrecht erhält. Sie hofft, daß der neue Minister den
Entwurf des Herrn Carnot umarbeiten werde, bevor er ihn der
Nationalversammlung vorlegt.

Die Herren Proudhon, Peter Leroux und Cabet thuen in
ihren Blättern sehr ungehalten darüber, daß man das falsche
Gerücht ausgesprengt, sie wollten die Aufrührer -- zum Theil
doch Opfer ihrer unsinnigen Lehren -- an den Ort ihrer De-
portation begleiten. Welche Großmuth! Auch der Erzbischof
von Chalcedon und seine Missionäre haben protestirt, aber nur
deßwegen, weil man sie mit jenen Unglücklichen nicht in die
Verbannung ziehen und das Brod des Elends mit ihnen theilen
lassen will. Wir sehen da eben wieder den Unterschied zwischen
republicanisch=socialistischem Maulheldenthume und christlicher
Liebe an einer Thatsache!

Jn Lyon, wo man eine Wiederholung des Pariser Trauer-
spieles befürchtete, ist die Nationalgarde nun auch durch die Mi-
litärbehörde aufgelöst worden.

Börse vom 15. Juli. Die heutige Börse war ziemlich be-
lebt, und behaupteten sich die Renten fest, während die Eisen-
bahnactien eher etwas matter waren. 3% Frs. 48. 50. -- 5%
Frs. 77. 75. Schatzscheine 15% Verlust. Bankactien 1670.
Orleans 695. Rouen 490. Havre 225. Marseille 240. Nord-
bahn 370. Lyon, worin bedeuetnde Umsätze stattfanden, fielen von
337. 50. auf 325. und schlossen 326. 50. Strasburg 360. Stras-
burg=Basel 97. 50.



Nachschrift.

Wie wir eben vernehmen ist Wiesbaden von den
Oesterreichern und Preußen militärisch occupirt worden. Die
Bürgerwehr hat ihre Waffen abgeliefert.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] alle ihr zu Gebote stehenden Mittel und namentlich durch einen
Aufruf an Schleswig=Holstein und Deutschland sich gegen den
Gewaltstreich der Diplomatie in dem Besitz ihrer legitimen Rechte
erhalten und nur der physischen Macht weichen möge. Apenrade
den 13. Juli 1848. Ehrerbietigst ( folgen die Unterschriften ) .“

Frankreich.

* * * Paris 16. Juli. Den Bericht über die gestrige Kam-
mersitzung kann ich kurz fassen, da er sich auf zwei Momente,
ein ärgerliches und ein erfreuliches zurückführen läßt. Gleich
beim Beginne der Sitzung betrat nämlich der alte de Lamennais
wuthschaumend und zum erstenmal in seinem Leben die Tribüne
und erklärte: die letzte Nummer seiner Zeitung „ le peuple con-
stituant
“ sey wegen eines — beiläufig bemerkt höchst heftigen —
Artikels mit Beschlag belegt worden, diesen Artikel habe aber er
selbst geschrieben und wenn die Justiz dagegen einschreiten wolle,
so möge sie ihn, nicht aber den Strohmann, welcher das Blatt
unterzeichnet, den sogenannten Gerant, zur Rechenschaft ziehen,
die Nationalversammlung solle ihre Einwilligung dazu geben.
Die höchst überraschte Nationalversammlung erklärt jedoch ganz
einfach, daß diese Sache sie nichts angehe und für sie kein
Grund vorliege, dem gewöhnlichen Laufe der Justiz vorzugrei-
fen. Das erfreuliche Moment aber, welches ich oben angedeutet,
ist eine Petition der Maroniten, die sich einer sehr theilnehmenden
Aufnahme zu erfreuen hatte. Die Herren Bastide und Poujoulat
sprachen zu Gunsten „dieses Polens jenseits des Meeres“ und die
Kammer beschloß die Bittschrift dem Minister der auswärtigen
Angelegenheiten und dem Präsidenten der vollziehenden Gewalt zu
überweisen. Nun zu etwas Anderem, was wichtiger ist als diese
Kammerverhandlung.

Wie Sie wissen besteht im Palais national ein Clubb, dem
die bedeutendsten Mitglieder der Nationalversammlung, lau-
ter Republikaner vom reinsten Vollblute, aber honette [unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]Leute an-
gehören. Alle diese Männer haben nun — was glauben Sie
wohl? vielleicht gegen den Belagerungszustand protestirt? oder
über reactionäre Bestrebungen gejammert? — Nichts von alle
Dem, sie haben vielmehr der Militärdictatur ein ziemlich unver-
hülltes Vertrauensvotum ausgesprochen und damit allerdings —
betrachten Sie unten die Namen — sich selbst und ihrer früheren
Wirksamkeit ein Armuthszeugniß ausgestellt. Das merkwürdige
Actenstück lautet wie folgt:

„Die unterzeichneten Volksrepräsentanten erklären, daß die
Nationalversammlung und jedes ihrer Mitglieder, wenn sie das
vom Volke ihnen übertragene Mandat getreulich erfüllen wollen,
mit allen ihnen zu Gebot stehenden Mitteln die tief gestörte Ord-
nung wieder herstellen müssen. Sie sind deßhalb der Ansicht, daß
sie vor Allem die Regierung als das Werkzeug des Gesetzes
unter allen ihren Formen vertheidigen und stärken müßen.
Eine von allen guten Bürgern unterstützte Regierung ver-
bürgt uns aber die sittliche Ordnung, indem sie durch ihre
Kraft und ihre Weisheit den Gemüthern Sicherheit in der
Gegenwart und Vertrauen auf die Zukunft zurückgibt. Sie
verbürgt uns die materielle Ordnung, indem sie die Gesetze, welche
dieselbe beschützen, kräftig handhabt und von der National-
versammlung jene Gesetze verlangt, welche künftige etwa noch
nothwendig werden. Sie verbürgt uns die finanzielle Ordnung,
indem sie die Staatsausgaben scharf überwacht und die strengste
Sparsamkeit bei denselben eintreten läßt. Sie verbürgt uns die
administrative Ordnung, indem sie die Zahl der Veamten so viel
als möglich beschränkt und die im Dienste thätigen Beamten un-
aufhörlich überwacht. Sie verbürgt uns endlich sogar die sociale
Ordnung, indem sie Alles niederhält, was auch nur im Entfern-
testen die geheiligten Grundsätze, auf welchen die Societät be-
ruht, die Familie und das Eigenthum verletzen könnte, und in-
dem sie auf dem Wege des geordneten Fortschrittes allen recht-
mäßigen Bedürfnissen der Bürger vollständige und brüderliche
Befriedigung gewährt.

Die Verwüstung, welche im Augenblicke in der französischen
Societät zum Durchbruche gekommen und die Straßen von Paris
mit Blut bedeckt hat, ist das unvermeidliche Erbtheil einer Ver-
gangenheit, für welche die Republik nicht verantwortlich ist, die
sie aber zu heilen suchen wird. Das kräftigste Heilmittel aber ist,
wenn allen Gemüthern, allen Geistern, allen Jnteressen Ein-
tracht und Friede zurückgegeben wird. Der Kampf, unter welcher
Form er auch auftreten mag, muß vernichtet werden und an seine
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einem gemeinschaftlichen Ziele hinlenken wird. Jn der National-
[Spaltenumbruch] versammlung sehen wir nichts als Republikaner und wir nehmen
alle mit Freuden in unsere Reihen auf, ohne Rücksicht darauf,
ob ihre Ueberzeugung von heute oder von gestern her datirt,
wenn sie nur eine aufrichtige ist. Jn der Societät sehen
wir nur Brüder und weisen all jenen gefährlichen und gott-
losen Zwiespalt, alle jene die Gesellschaft gefährdenden Un-
terscheidungen zurück, welche die Gesellen und Meister, das
Volk und das Bürgerthum in zwei einander feindliche Classen
trennen. Unsere einzigen Feinde, wir sprechen es laut aus,
sind die Feinde der Ordnung und Freiheit, mit welcher
Maske sie sich auch bedecken mögen, die Anarchisten, welche das
Vaterland zerfleischen, die Heger dynastischer Hoffnungen, welche
den Bürgerkrieg hervorrufen, und die Jntriguanten, welche
die freie Thätigkeit der Regierung hemmen. Wir glauben mit
einem Worte, daß es in die Hände der versöhnlichen und
kräftigen Republikaner gelegt ist, Frankreich jene würdige,
kräftige und gemäßigte republikanische Staatsform zu geben,
welche es will, und die allein auch heutzutage es retten
kann.“ Und von wem glauben Sie wohl ist dieses Acten-
stück unterzeichnet? Von Dupont de l'Eure, Arago, Garnier-
Pag ès, Buchez, Pagnerre, Cormenin, Marrast, Bixio, Billault
u. s. w., lauter Leute der ehemaligen provisorischen Regierung,
die wohl auch jetzt zu der Ansicht gelangt sind, daß es leichter ist
das Staatsschiff auf den Sand zu führen, als es ungefährdet in
offenem Fahrwasser zu erhalten.

Aus dem neuesten Finanzberichte des Moniteur ergibt sich,
daß im ersten Halbjahre von 1848 die Einregistrirungsgebühren
18 Millionen, die Zolleinnahmen 28 Millionen, die Stempel-
gebühren 4 und eine halbe Million, die Erträgnisse der Salz-
steuer zwei und eine halbe Million weniger betragen als im
Jahre 1847!

Jn den Bureaux der Nationalversammlung geht es mit den
Berathungen über den neuen Verfassungsentwurf endlich rascher
vorwärts. Für directe Wahl des Präsidenten durch das Volk,
im Gegensatze zu der andern Ansicht, welche den Präsidenten
durch die Nationalversammlung ernannt haben will, sprechen
sich viele Stimmen, unter Anderen auch Thiers, Berryer und
Remusat aus.

Zum Präsidenten der Commission, welche das Gesetz über die
Clubbs prüfen soll, ist Dupin der ältere ernannt worden. Die
Clubbs können also schon einstweilen ihre Liquiation vorbereiten.

Die Presse ist im Allgemeinen wenig einverstanden mit dem
neuen Gesetzentwurfe über den Elementarunterricht, welcher die
Freiheit des Unterrichts ausschließt und das Monopol der Uni-
versität aufrecht erhält. Sie hofft, daß der neue Minister den
Entwurf des Herrn Carnot umarbeiten werde, bevor er ihn der
Nationalversammlung vorlegt.

Die Herren Proudhon, Peter Leroux und Cabet thuen in
ihren Blättern sehr ungehalten darüber, daß man das falsche
Gerücht ausgesprengt, sie wollten die Aufrührer — zum Theil
doch Opfer ihrer unsinnigen Lehren — an den Ort ihrer De-
portation begleiten. Welche Großmuth! Auch der Erzbischof
von Chalcedon und seine Missionäre haben protestirt, aber nur
deßwegen, weil man sie mit jenen Unglücklichen nicht in die
Verbannung ziehen und das Brod des Elends mit ihnen theilen
lassen will. Wir sehen da eben wieder den Unterschied zwischen
republicanisch=socialistischem Maulheldenthume und christlicher
Liebe an einer Thatsache!

Jn Lyon, wo man eine Wiederholung des Pariser Trauer-
spieles befürchtete, ist die Nationalgarde nun auch durch die Mi-
litärbehörde aufgelöst worden.

Börse vom 15. Juli. Die heutige Börse war ziemlich be-
lebt, und behaupteten sich die Renten fest, während die Eisen-
bahnactien eher etwas matter waren. 3% Frs. 48. 50. — 5%
Frs. 77. 75. Schatzscheine 15% Verlust. Bankactien 1670.
Orleans 695. Rouen 490. Havre 225. Marseille 240. Nord-
bahn 370. Lyon, worin bedeuetnde Umsätze stattfanden, fielen von
337. 50. auf 325. und schlossen 326. 50. Strasburg 360. Stras-
burg=Basel 97. 50.



Nachschrift.

☞ Wie wir eben vernehmen ist Wiesbaden von den
Oesterreichern und Preußen militärisch occupirt worden. Die
Bürgerwehr hat ihre Waffen abgeliefert.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] alle ihr zu Gebote stehenden Mittel und namentlich durch einen Aufruf an Schleswig=Holstein und Deutschland sich gegen den Gewaltstreich der Diplomatie in dem Besitz ihrer legitimen Rechte erhalten und nur der physischen Macht weichen möge. Apenrade den 13. Juli 1848. Ehrerbietigst ( folgen die Unterschriften ) .“ Frankreich. * * * Paris 16. Juli. Den Bericht über die gestrige Kam- mersitzung kann ich kurz fassen, da er sich auf zwei Momente, ein ärgerliches und ein erfreuliches zurückführen läßt. Gleich beim Beginne der Sitzung betrat nämlich der alte de Lamennais wuthschaumend und zum erstenmal in seinem Leben die Tribüne und erklärte: die letzte Nummer seiner Zeitung „ le peuple con- stituant “ sey wegen eines — beiläufig bemerkt höchst heftigen — Artikels mit Beschlag belegt worden, diesen Artikel habe aber er selbst geschrieben und wenn die Justiz dagegen einschreiten wolle, so möge sie ihn, nicht aber den Strohmann, welcher das Blatt unterzeichnet, den sogenannten Gerant, zur Rechenschaft ziehen, die Nationalversammlung solle ihre Einwilligung dazu geben. Die höchst überraschte Nationalversammlung erklärt jedoch ganz einfach, daß diese Sache sie nichts angehe und für sie kein Grund vorliege, dem gewöhnlichen Laufe der Justiz vorzugrei- fen. Das erfreuliche Moment aber, welches ich oben angedeutet, ist eine Petition der Maroniten, die sich einer sehr theilnehmenden Aufnahme zu erfreuen hatte. Die Herren Bastide und Poujoulat sprachen zu Gunsten „dieses Polens jenseits des Meeres“ und die Kammer beschloß die Bittschrift dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten und dem Präsidenten der vollziehenden Gewalt zu überweisen. Nun zu etwas Anderem, was wichtiger ist als diese Kammerverhandlung. Wie Sie wissen besteht im Palais national ein Clubb, dem die bedeutendsten Mitglieder der Nationalversammlung, lau- ter Republikaner vom reinsten Vollblute, aber honette _____Leute an- gehören. Alle diese Männer haben nun — was glauben Sie wohl? vielleicht gegen den Belagerungszustand protestirt? oder über reactionäre Bestrebungen gejammert? — Nichts von alle Dem, sie haben vielmehr der Militärdictatur ein ziemlich unver- hülltes Vertrauensvotum ausgesprochen und damit allerdings — betrachten Sie unten die Namen — sich selbst und ihrer früheren Wirksamkeit ein Armuthszeugniß ausgestellt. Das merkwürdige Actenstück lautet wie folgt: „Die unterzeichneten Volksrepräsentanten erklären, daß die Nationalversammlung und jedes ihrer Mitglieder, wenn sie das vom Volke ihnen übertragene Mandat getreulich erfüllen wollen, mit allen ihnen zu Gebot stehenden Mitteln die tief gestörte Ord- nung wieder herstellen müssen. Sie sind deßhalb der Ansicht, daß sie vor Allem die Regierung als das Werkzeug des Gesetzes unter allen ihren Formen vertheidigen und stärken müßen. Eine von allen guten Bürgern unterstützte Regierung ver- bürgt uns aber die sittliche Ordnung, indem sie durch ihre Kraft und ihre Weisheit den Gemüthern Sicherheit in der Gegenwart und Vertrauen auf die Zukunft zurückgibt. Sie verbürgt uns die materielle Ordnung, indem sie die Gesetze, welche dieselbe beschützen, kräftig handhabt und von der National- versammlung jene Gesetze verlangt, welche künftige etwa noch nothwendig werden. Sie verbürgt uns die finanzielle Ordnung, indem sie die Staatsausgaben scharf überwacht und die strengste Sparsamkeit bei denselben eintreten läßt. Sie verbürgt uns die administrative Ordnung, indem sie die Zahl der Veamten so viel als möglich beschränkt und die im Dienste thätigen Beamten un- aufhörlich überwacht. Sie verbürgt uns endlich sogar die sociale Ordnung, indem sie Alles niederhält, was auch nur im Entfern- testen die geheiligten Grundsätze, auf welchen die Societät be- ruht, die Familie und das Eigenthum verletzen könnte, und in- dem sie auf dem Wege des geordneten Fortschrittes allen recht- mäßigen Bedürfnissen der Bürger vollständige und brüderliche Befriedigung gewährt. Die Verwüstung, welche im Augenblicke in der französischen Societät zum Durchbruche gekommen und die Straßen von Paris mit Blut bedeckt hat, ist das unvermeidliche Erbtheil einer Ver- gangenheit, für welche die Republik nicht verantwortlich ist, die sie aber zu heilen suchen wird. Das kräftigste Heilmittel aber ist, wenn allen Gemüthern, allen Geistern, allen Jnteressen Ein- tracht und Friede zurückgegeben wird. Der Kampf, unter welcher Form er auch auftreten mag, muß vernichtet werden und an seine Stelle muß die Eintracht treten, die alle Kräfte des Landes nach einem gemeinschaftlichen Ziele hinlenken wird. Jn der National- versammlung sehen wir nichts als Republikaner und wir nehmen alle mit Freuden in unsere Reihen auf, ohne Rücksicht darauf, ob ihre Ueberzeugung von heute oder von gestern her datirt, wenn sie nur eine aufrichtige ist. Jn der Societät sehen wir nur Brüder und weisen all jenen gefährlichen und gott- losen Zwiespalt, alle jene die Gesellschaft gefährdenden Un- terscheidungen zurück, welche die Gesellen und Meister, das Volk und das Bürgerthum in zwei einander feindliche Classen trennen. Unsere einzigen Feinde, wir sprechen es laut aus, sind die Feinde der Ordnung und Freiheit, mit welcher Maske sie sich auch bedecken mögen, die Anarchisten, welche das Vaterland zerfleischen, die Heger dynastischer Hoffnungen, welche den Bürgerkrieg hervorrufen, und die Jntriguanten, welche die freie Thätigkeit der Regierung hemmen. Wir glauben mit einem Worte, daß es in die Hände der versöhnlichen und kräftigen Republikaner gelegt ist, Frankreich jene würdige, kräftige und gemäßigte republikanische Staatsform zu geben, welche es will, und die allein auch heutzutage es retten kann.“ Und von wem glauben Sie wohl ist dieses Acten- stück unterzeichnet? Von Dupont de l'Eure, Arago, Garnier- Pag ès, Buchez, Pagnerre, Cormenin, Marrast, Bixio, Billault u. s. w., lauter Leute der ehemaligen provisorischen Regierung, die wohl auch jetzt zu der Ansicht gelangt sind, daß es leichter ist das Staatsschiff auf den Sand zu führen, als es ungefährdet in offenem Fahrwasser zu erhalten. Aus dem neuesten Finanzberichte des Moniteur ergibt sich, daß im ersten Halbjahre von 1848 die Einregistrirungsgebühren 18 Millionen, die Zolleinnahmen 28 Millionen, die Stempel- gebühren 4 und eine halbe Million, die Erträgnisse der Salz- steuer zwei und eine halbe Million weniger betragen als im Jahre 1847! Jn den Bureaux der Nationalversammlung geht es mit den Berathungen über den neuen Verfassungsentwurf endlich rascher vorwärts. Für directe Wahl des Präsidenten durch das Volk, im Gegensatze zu der andern Ansicht, welche den Präsidenten durch die Nationalversammlung ernannt haben will, sprechen sich viele Stimmen, unter Anderen auch Thiers, Berryer und Remusat aus. Zum Präsidenten der Commission, welche das Gesetz über die Clubbs prüfen soll, ist Dupin der ältere ernannt worden. Die Clubbs können also schon einstweilen ihre Liquiation vorbereiten. Die Presse ist im Allgemeinen wenig einverstanden mit dem neuen Gesetzentwurfe über den Elementarunterricht, welcher die Freiheit des Unterrichts ausschließt und das Monopol der Uni- versität aufrecht erhält. Sie hofft, daß der neue Minister den Entwurf des Herrn Carnot umarbeiten werde, bevor er ihn der Nationalversammlung vorlegt. Die Herren Proudhon, Peter Leroux und Cabet thuen in ihren Blättern sehr ungehalten darüber, daß man das falsche Gerücht ausgesprengt, sie wollten die Aufrührer — zum Theil doch Opfer ihrer unsinnigen Lehren — an den Ort ihrer De- portation begleiten. Welche Großmuth! Auch der Erzbischof von Chalcedon und seine Missionäre haben protestirt, aber nur deßwegen, weil man sie mit jenen Unglücklichen nicht in die Verbannung ziehen und das Brod des Elends mit ihnen theilen lassen will. Wir sehen da eben wieder den Unterschied zwischen republicanisch=socialistischem Maulheldenthume und christlicher Liebe an einer Thatsache! Jn Lyon, wo man eine Wiederholung des Pariser Trauer- spieles befürchtete, ist die Nationalgarde nun auch durch die Mi- litärbehörde aufgelöst worden. Börse vom 15. Juli. Die heutige Börse war ziemlich be- lebt, und behaupteten sich die Renten fest, während die Eisen- bahnactien eher etwas matter waren. 3% Frs. 48. 50. — 5% Frs. 77. 75. Schatzscheine 15% Verlust. Bankactien 1670. Orleans 695. Rouen 490. Havre 225. Marseille 240. Nord- bahn 370. Lyon, worin bedeuetnde Umsätze stattfanden, fielen von 337. 50. auf 325. und schlossen 326. 50. Strasburg 360. Stras- burg=Basel 97. 50. Nachschrift. ☞ Wie wir eben vernehmen ist Wiesbaden von den Oesterreichern und Preußen militärisch occupirt worden. Die Bürgerwehr hat ihre Waffen abgeliefert. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 34. Mainz, 19. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal034_1848/4>, abgerufen am 24.11.2024.