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Mainzer Journal. Nr. 10. Mainz, 25. Juni 1848.

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[Beginn Spaltensatz] Gründe und kommt nicht dazu, sie zu entwickeln, obgleich sein,
wenn auch nicht langweiliger Vortrag ungebührlich lang wird.
Edel recensirt zuvörderst einige Kern= und Kraftsprüche der
Linken, zeigt die Haltlosigkeit des republikanischen und des ver-
mittelnden ( Schoder'schen ) Antrags und erklärt sich mit einigen
Modificationen ( Einheit, suspensives Veto, Bestätigung mit vor-
behaltener Discussion über die Persönlichkeit des Ernannten ) für
das Majoritätsgutachten. -- Morgen wird hoffentlich die Ver-
handlung zu Ende kommen und vielleicht schon die Abstimmung
erfolgen. Aller Wahrscheinlichkeit nach ernennen die Regierungen
den Erzherzog Johann zum Reichsstatthalter und die Na-
tionalversammlung bestätiget die Wahl; ein verantwortliches
Ministerium; geschäftlicher Verkehr einerseits mit der National-
versammlung, andererseits mit den Repräsentanten der einzelnen
Regierungen; Oberbefehl über die Bundestruppen und Marine;
Vollziehung der Beschlüsse nebst Veto So stürmisch auch
manchmal diese Verhandlungen gewesen, so haben sie doch den
Gegenstand allseitig beleuchtet und übereilte Beschlußnahme ver-
hütet.

Wien 18. Juni. Trotz der eingeleiteten Friedensverhand-
lungen werden die Truppensendungen nach Jtalien fortgesetzt.
Vorgestern ist das dritte Bataillon von Deutschmeister Jnfanterie
von Kronenburg dahin abgegangen, und das polnische 15. Jn-
fanterieregiment "Herzog von Nassau" ist aus Mähren hier ein-
getroffen. Es wird Montag und Dienstag mittelst der Eisenbahn
nach Jtalien abgehen. Auch von dem hier garnisonirenden Jn-
fanterieregiment Prinz Emil soll ein Bataillon sowie auch ein
Jägerbataillon abgesendet werden. ( A. Z. )

Aus Jnnbruck wird berichtet, daß eine Verständigung der
Magyaren mit dem Banus von Croatien in Aussicht stehe.

x Vom Haardtgebirge 22. Juni. Das "Mainzer Jour-
nal " hat schon mehrfach den Besuch besprochen, welchen viele
republikanische Mitglieder des Frankfurter Nationalparlaments
auf Pfingsten unserem Gebirge gemacht haben. Jn keinem dersel-
ben scheint mir aber der Eindruck treu wiedergegeben zu seyn,
welchen dieser bei der großen Mehrzahl der Pfälzer zurückgelassen
hat. Dieser war nämlich ein jenen Herren und ihrer Sache
durchaus ungünstiger. Daß von einzelnen Rednern das Da-
seyn eines persönlichen Gottes geläugnet und der Mensch
selbst zu Gott, die Regierungen aber, damit der Gegensatz nicht
fehle, gewissermaßen zu Teufeln gemacht wurden, dies steckte
unserm Pfälzer Volke schon ein genügendes Licht an. Man for-
derte ferner die Pfälzer zum Gebrauch der Bajonnette gegen eine
Knechtschaft auf, die wir wenigstens nicht spüren; auch dies
wollte sehr Vielen zum mindesten lächerlich erscheinen. Die Mit-
begleiterin der Herren, es heißt Robert Blums Schwägerin,
die in einem Aufputz trotz einer Theaterheldin einherzog, das
Redehalten mit dem dazu wohl organisirten Beifall= und Miß-
fallgeben und alle damit verbundenen Manövres ließen dem ruhi-
gen Beobachter die ganze Geschichte wie eine Komödie erscheinen,
deren Aufführung nur von Fastnacht auf Pfingsten verlegt war.
Daß aber in Neustadt gar auf kurze Zeit eine rothe Fahne
zum Vorschein kam, daß nach Abreißung des Pfälzer Wappens
Heckers Bildniß aufgestellt wurde: dies war zu toll, als daß es
nicht bald hätte beseitigt werden müssen, auch ohne alle Soldaten
und Polizei. Wir helfen uns selbst! Nachdem so bald an der
Tag getreten, wie die Dinge getrieben werden sollten, war der
Empfang der fliegenden Schaar auf ihrem Herumzuge am Ge-
birge in Dürkheim, der liberalen Stadt Dürkheim, schon ein
ganz frostiger. Ebenso würde es jedenfalls an vielen andern Or-
ten nicht an vollkommnen Gegendemonstrationen gefehlt haben,
wenn es den eilenden Herrn nur beliebt hätte etwas länger zu
verweilen. Kommen die Herren wieder zum "Besuch," so wird
es ohne Zweifel manchfach etwas anders gehen; besonders nach-
dem sie aufgefordert haben nicht blos die "Schwarzröcke," son-
dern auch die " Geldsäcke " auszuklopfen. Die Pfälzer lassen
sich aber nicht einmal die Schwarzröcke ausklopfen, geschweige denn
die Geldsäcke; dazu sind sie viel zu practisch und zu prompt.
Was jedoch allgemein bei der ganzen Sache gefiel, war die Be-
stätigung der alten Wahrheit, daß unsere Gegend schön und unser
Wein gut sey. Denn die erstere lobten die Sprecher aus den nor-
dischen Sandsteppen gar sehr, und was der letztere vermag, das
war zu allgemeiner Belustigung an gar Manchem der fremden
Herren zu schauen. Wein und Worte hielten sich in ihren Aus-
und Einströmungen so ziemlich das Gleichgewicht. Nach dem hier
Mitgetheilten ist die pomphafte Beschreibung der Jubelreise in
der "Neuen Speyerer Zeitung" zu beurtheilen; es war ohnehin
zu erwarten, daß sie auch hier ihre bekannte Unparteilichkeit nicht
verläugnen würde. Wenn die Herren noch einige solche "Tri-
[Spaltenumbruch] umphe" aufführen, dann möchte ihr Spiel bei neun Zehnteln
der Pfalz bis zum "Ausklopfen" ausgespielt seyn. Denn eine
solche Freiheit versteht die Mehrzahl der Pfälzer nicht, welche
mit Plündern, Knechten und dem Vertreiben einer Masse ihrer
Mitbürger beginnen soll.

== Aus Rheinhessen 22. Juni. Bei den Beförderungen im
juristischen Fache, welche das Ministerium du Thil in letzterer Zeit
noch vorgenommen, ließ sich ein einseitig confessioneller Einfluß
verspüren, was damals auch in öffentlichen Blättern besprochen,
und von Anhängern des Ministeriums selbst zugegeben, man
könnte fast sagen, absichtlich hervorgehoben worden war. Mit dem
Sturze des alten Regimes hätte man um so mehr erwarten sollen,
daß dergleichen Rücksichten ohne Bedeutung bleiben würden, als
ja jetzt Religionsfreiheit anerkannt ist; aber zu allgemeinem Er-
staunen wird erzählt, daß bei den letzten Besetzungen der Rich-
terstellen am Mainzer Kreisgerichte ähnliche Bedenken stattgefun-
den und die Wahl durch confessionelle Gründe geleitet worden
wäre. Wenn Religionsfreiheit anerkannt ist, so muß es Jedem
frei stehen, nach seiner Ueberzeugung zu leben, und es darf nicht
als ein Hinderniß gelten, wenn Jemand sich auch in seinem Leben
als Christ und Katholik benimmt und ausspricht. Der Staat
anerkennt jede Religion; darum darf auch die Religion keinen miß-
liebig machen. Wir hatten gehofft, mit dem alten Regime und sei-
nen Trägern wären auch die Vorurtheile verschwunden, aber dem
ist leider nicht so!

+ Rüdesheim 21. Juni. Unter dem heutigen sind aus den
Gemeinden des Amtes Rüdesheim mit zahlreichen Unterschriften
versehene Adressen wegen Sicherung der religiösen Freiheit an die
Nationalversammlung nach Frankfurt abgegangen. Kaum hat
man irgendwo anders mehr, als gerade in diesen Theilen des
Rheingaues den Druck der Unfreiheit und eines Alles bevormun-
denden Schreiberregiments verspürt, und das Volk, das stets
über den Druck seufzte und die Beeinträchtigung seiner Freiheit
schmerzlich empfand, hofft nun von Frankfurt -- mehr als von
Wiesbaden -- Abhülfe. Möge sie uns nur zu Theil werden, und
nicht ein kleinlicher Polizeibeamtengeist uns Das verkümmern,
was wir als eine der ersten Errungenschaften des März ansehen
-- unsere volle religiöse Freiheit.

x Vom Rhein 23. Juni. Es ist merkwürdig, wie schwer es
Manchen fällt, sich an alle Consequenzen der Freiheit zu gewöh-
nen, obgleich sie die Freiheit dem Grundsatze nach lieben und
vertheidigen. Weil die Einführung freier Gemeindeverwaltung
hie und da mit einiger Aufregung verknüpft ist, achten sie diese
Errungenschaft neuester Zeit wenigstens für bedenklich, weil die
Presse zu Hetzereien und Wühlereien mißbraucht wird, klagen sie
über die Preßfreiheit, weil man vielfach Obrigkeiten und Fürsten
maßlos geschmäht und in den Staub getreten, werden sie die Ver-
theidiger selbst unbegründeter Hoheitsansprüche; weil durch Frei-
heit des Unterrichtes im schlimmen Falle auch Schulen verdorben
werden können, wollen sie lieber den seitherigen Zustand beibe-
halten, und da mit der Erklärung der Unabhängigkeit der Kirche
ein Verlust an äußerem Einfluß, an Geld und Vermögen und
selbst an Seelenzahl für die Kirche da oder dort zu befürchten
steht, so dünkt ihnen diese Forderung und das Streben nach
vollkommener Kirchen= und Religionsfreiheit fast für sündhaft.
Möchten doch alle diese bedenken, daß da auf einzelne Jncon-
venienzen keine Rücksicht genommen werden kann, wo es sich um
die Durchführung eines großen Prinzipes handelt; und
daß da, wo eine neue Ordnung der Dinge sich gestaltet, einzelne
Störungen nicht ausbleiben können. Wahrlich die Freiheit haben
wir nicht zu fürchten, sondern die Herrschsucht und Leidenschaft,
die unter dem Namen der Freiheit sich verbirgt.

Jtalien.

Toscana. Bei den hier vorgehenden Deputirtenwahlen zeigt
sich dieselbe Erscheinung, welche auch in andern Ländern Euro-
pa 's beachtet ist. Trotz der ungeheuren politischen Aufregung
mußten in Florenz die auf den 15. angesetzten Wahlen auf den
16. ausgesetzt werden, weil die Wähler nicht zahlreich genug
zusammengekommen waren. Traurige Erscheinung der Neuzeit,
daß die Völker so oft politisches Bewußtseyn genug haben Revo-
lutionen zu machen, aber zu träge sind um durch Benutzung der
ihnen zustehenden politischen Rechte Revolutionen zu verhindern!

( A. Z. )

Sardinien. Hier, sowie in der Lombardei und in Toscana
werden in der letzten Zeit wieder Truppen und Freiwillige aus-
gehoben und ausgerüstet, um auf den Kriegsschauplatz zu eilen.
Bemerkbar macht sich dabei in Sardinien ein Mangel an Waffen,
Pferden u. s. w., in der Lombardei der gleiche Mangel und da-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Gründe und kommt nicht dazu, sie zu entwickeln, obgleich sein,
wenn auch nicht langweiliger Vortrag ungebührlich lang wird.
Edel recensirt zuvörderst einige Kern= und Kraftsprüche der
Linken, zeigt die Haltlosigkeit des republikanischen und des ver-
mittelnden ( Schoder'schen ) Antrags und erklärt sich mit einigen
Modificationen ( Einheit, suspensives Veto, Bestätigung mit vor-
behaltener Discussion über die Persönlichkeit des Ernannten ) für
das Majoritätsgutachten. — Morgen wird hoffentlich die Ver-
handlung zu Ende kommen und vielleicht schon die Abstimmung
erfolgen. Aller Wahrscheinlichkeit nach ernennen die Regierungen
den Erzherzog Johann zum Reichsstatthalter und die Na-
tionalversammlung bestätiget die Wahl; ein verantwortliches
Ministerium; geschäftlicher Verkehr einerseits mit der National-
versammlung, andererseits mit den Repräsentanten der einzelnen
Regierungen; Oberbefehl über die Bundestruppen und Marine;
Vollziehung der Beschlüsse nebst Veto So stürmisch auch
manchmal diese Verhandlungen gewesen, so haben sie doch den
Gegenstand allseitig beleuchtet und übereilte Beschlußnahme ver-
hütet.

Wien 18. Juni. Trotz der eingeleiteten Friedensverhand-
lungen werden die Truppensendungen nach Jtalien fortgesetzt.
Vorgestern ist das dritte Bataillon von Deutschmeister Jnfanterie
von Kronenburg dahin abgegangen, und das polnische 15. Jn-
fanterieregiment „Herzog von Nassau“ ist aus Mähren hier ein-
getroffen. Es wird Montag und Dienstag mittelst der Eisenbahn
nach Jtalien abgehen. Auch von dem hier garnisonirenden Jn-
fanterieregiment Prinz Emil soll ein Bataillon sowie auch ein
Jägerbataillon abgesendet werden. ( A. Z. )

Aus Jnnbruck wird berichtet, daß eine Verständigung der
Magyaren mit dem Banus von Croatien in Aussicht stehe.

× Vom Haardtgebirge 22. Juni. Das „Mainzer Jour-
nal “ hat schon mehrfach den Besuch besprochen, welchen viele
republikanische Mitglieder des Frankfurter Nationalparlaments
auf Pfingsten unserem Gebirge gemacht haben. Jn keinem dersel-
ben scheint mir aber der Eindruck treu wiedergegeben zu seyn,
welchen dieser bei der großen Mehrzahl der Pfälzer zurückgelassen
hat. Dieser war nämlich ein jenen Herren und ihrer Sache
durchaus ungünstiger. Daß von einzelnen Rednern das Da-
seyn eines persönlichen Gottes geläugnet und der Mensch
selbst zu Gott, die Regierungen aber, damit der Gegensatz nicht
fehle, gewissermaßen zu Teufeln gemacht wurden, dies steckte
unserm Pfälzer Volke schon ein genügendes Licht an. Man for-
derte ferner die Pfälzer zum Gebrauch der Bajonnette gegen eine
Knechtschaft auf, die wir wenigstens nicht spüren; auch dies
wollte sehr Vielen zum mindesten lächerlich erscheinen. Die Mit-
begleiterin der Herren, es heißt Robert Blums Schwägerin,
die in einem Aufputz trotz einer Theaterheldin einherzog, das
Redehalten mit dem dazu wohl organisirten Beifall= und Miß-
fallgeben und alle damit verbundenen Manövres ließen dem ruhi-
gen Beobachter die ganze Geschichte wie eine Komödie erscheinen,
deren Aufführung nur von Fastnacht auf Pfingsten verlegt war.
Daß aber in Neustadt gar auf kurze Zeit eine rothe Fahne
zum Vorschein kam, daß nach Abreißung des Pfälzer Wappens
Heckers Bildniß aufgestellt wurde: dies war zu toll, als daß es
nicht bald hätte beseitigt werden müssen, auch ohne alle Soldaten
und Polizei. Wir helfen uns selbst! Nachdem so bald an der
Tag getreten, wie die Dinge getrieben werden sollten, war der
Empfang der fliegenden Schaar auf ihrem Herumzuge am Ge-
birge in Dürkheim, der liberalen Stadt Dürkheim, schon ein
ganz frostiger. Ebenso würde es jedenfalls an vielen andern Or-
ten nicht an vollkommnen Gegendemonstrationen gefehlt haben,
wenn es den eilenden Herrn nur beliebt hätte etwas länger zu
verweilen. Kommen die Herren wieder zum „Besuch,“ so wird
es ohne Zweifel manchfach etwas anders gehen; besonders nach-
dem sie aufgefordert haben nicht blos die „Schwarzröcke,“ son-
dern auch die „ Geldsäcke “ auszuklopfen. Die Pfälzer lassen
sich aber nicht einmal die Schwarzröcke ausklopfen, geschweige denn
die Geldsäcke; dazu sind sie viel zu practisch und zu prompt.
Was jedoch allgemein bei der ganzen Sache gefiel, war die Be-
stätigung der alten Wahrheit, daß unsere Gegend schön und unser
Wein gut sey. Denn die erstere lobten die Sprecher aus den nor-
dischen Sandsteppen gar sehr, und was der letztere vermag, das
war zu allgemeiner Belustigung an gar Manchem der fremden
Herren zu schauen. Wein und Worte hielten sich in ihren Aus-
und Einströmungen so ziemlich das Gleichgewicht. Nach dem hier
Mitgetheilten ist die pomphafte Beschreibung der Jubelreise in
der „Neuen Speyerer Zeitung“ zu beurtheilen; es war ohnehin
zu erwarten, daß sie auch hier ihre bekannte Unparteilichkeit nicht
verläugnen würde. Wenn die Herren noch einige solche „Tri-
[Spaltenumbruch] umphe“ aufführen, dann möchte ihr Spiel bei neun Zehnteln
der Pfalz bis zum „Ausklopfen“ ausgespielt seyn. Denn eine
solche Freiheit versteht die Mehrzahl der Pfälzer nicht, welche
mit Plündern, Knechten und dem Vertreiben einer Masse ihrer
Mitbürger beginnen soll.

== Aus Rheinhessen 22. Juni. Bei den Beförderungen im
juristischen Fache, welche das Ministerium du Thil in letzterer Zeit
noch vorgenommen, ließ sich ein einseitig confessioneller Einfluß
verspüren, was damals auch in öffentlichen Blättern besprochen,
und von Anhängern des Ministeriums selbst zugegeben, man
könnte fast sagen, absichtlich hervorgehoben worden war. Mit dem
Sturze des alten Regimes hätte man um so mehr erwarten sollen,
daß dergleichen Rücksichten ohne Bedeutung bleiben würden, als
ja jetzt Religionsfreiheit anerkannt ist; aber zu allgemeinem Er-
staunen wird erzählt, daß bei den letzten Besetzungen der Rich-
terstellen am Mainzer Kreisgerichte ähnliche Bedenken stattgefun-
den und die Wahl durch confessionelle Gründe geleitet worden
wäre. Wenn Religionsfreiheit anerkannt ist, so muß es Jedem
frei stehen, nach seiner Ueberzeugung zu leben, und es darf nicht
als ein Hinderniß gelten, wenn Jemand sich auch in seinem Leben
als Christ und Katholik benimmt und ausspricht. Der Staat
anerkennt jede Religion; darum darf auch die Religion keinen miß-
liebig machen. Wir hatten gehofft, mit dem alten Regime und sei-
nen Trägern wären auch die Vorurtheile verschwunden, aber dem
ist leider nicht so!

† Rüdesheim 21. Juni. Unter dem heutigen sind aus den
Gemeinden des Amtes Rüdesheim mit zahlreichen Unterschriften
versehene Adressen wegen Sicherung der religiösen Freiheit an die
Nationalversammlung nach Frankfurt abgegangen. Kaum hat
man irgendwo anders mehr, als gerade in diesen Theilen des
Rheingaues den Druck der Unfreiheit und eines Alles bevormun-
denden Schreiberregiments verspürt, und das Volk, das stets
über den Druck seufzte und die Beeinträchtigung seiner Freiheit
schmerzlich empfand, hofft nun von Frankfurt — mehr als von
Wiesbaden — Abhülfe. Möge sie uns nur zu Theil werden, und
nicht ein kleinlicher Polizeibeamtengeist uns Das verkümmern,
was wir als eine der ersten Errungenschaften des März ansehen
— unsere volle religiöse Freiheit.

× Vom Rhein 23. Juni. Es ist merkwürdig, wie schwer es
Manchen fällt, sich an alle Consequenzen der Freiheit zu gewöh-
nen, obgleich sie die Freiheit dem Grundsatze nach lieben und
vertheidigen. Weil die Einführung freier Gemeindeverwaltung
hie und da mit einiger Aufregung verknüpft ist, achten sie diese
Errungenschaft neuester Zeit wenigstens für bedenklich, weil die
Presse zu Hetzereien und Wühlereien mißbraucht wird, klagen sie
über die Preßfreiheit, weil man vielfach Obrigkeiten und Fürsten
maßlos geschmäht und in den Staub getreten, werden sie die Ver-
theidiger selbst unbegründeter Hoheitsansprüche; weil durch Frei-
heit des Unterrichtes im schlimmen Falle auch Schulen verdorben
werden können, wollen sie lieber den seitherigen Zustand beibe-
halten, und da mit der Erklärung der Unabhängigkeit der Kirche
ein Verlust an äußerem Einfluß, an Geld und Vermögen und
selbst an Seelenzahl für die Kirche da oder dort zu befürchten
steht, so dünkt ihnen diese Forderung und das Streben nach
vollkommener Kirchen= und Religionsfreiheit fast für sündhaft.
Möchten doch alle diese bedenken, daß da auf einzelne Jncon-
venienzen keine Rücksicht genommen werden kann, wo es sich um
die Durchführung eines großen Prinzipes handelt; und
daß da, wo eine neue Ordnung der Dinge sich gestaltet, einzelne
Störungen nicht ausbleiben können. Wahrlich die Freiheit haben
wir nicht zu fürchten, sondern die Herrschsucht und Leidenschaft,
die unter dem Namen der Freiheit sich verbirgt.

Jtalien.

Toscana. Bei den hier vorgehenden Deputirtenwahlen zeigt
sich dieselbe Erscheinung, welche auch in andern Ländern Euro-
pa 's beachtet ist. Trotz der ungeheuren politischen Aufregung
mußten in Florenz die auf den 15. angesetzten Wahlen auf den
16. ausgesetzt werden, weil die Wähler nicht zahlreich genug
zusammengekommen waren. Traurige Erscheinung der Neuzeit,
daß die Völker so oft politisches Bewußtseyn genug haben Revo-
lutionen zu machen, aber zu träge sind um durch Benutzung der
ihnen zustehenden politischen Rechte Revolutionen zu verhindern!

( A. Z. )

Sardinien. Hier, sowie in der Lombardei und in Toscana
werden in der letzten Zeit wieder Truppen und Freiwillige aus-
gehoben und ausgerüstet, um auf den Kriegsschauplatz zu eilen.
Bemerkbar macht sich dabei in Sardinien ein Mangel an Waffen,
Pferden u. s. w., in der Lombardei der gleiche Mangel und da-
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[0003] Gründe und kommt nicht dazu, sie zu entwickeln, obgleich sein, wenn auch nicht langweiliger Vortrag ungebührlich lang wird. Edel recensirt zuvörderst einige Kern= und Kraftsprüche der Linken, zeigt die Haltlosigkeit des republikanischen und des ver- mittelnden ( Schoder'schen ) Antrags und erklärt sich mit einigen Modificationen ( Einheit, suspensives Veto, Bestätigung mit vor- behaltener Discussion über die Persönlichkeit des Ernannten ) für das Majoritätsgutachten. — Morgen wird hoffentlich die Ver- handlung zu Ende kommen und vielleicht schon die Abstimmung erfolgen. Aller Wahrscheinlichkeit nach ernennen die Regierungen den Erzherzog Johann zum Reichsstatthalter und die Na- tionalversammlung bestätiget die Wahl; ein verantwortliches Ministerium; geschäftlicher Verkehr einerseits mit der National- versammlung, andererseits mit den Repräsentanten der einzelnen Regierungen; Oberbefehl über die Bundestruppen und Marine; Vollziehung der Beschlüsse nebst Veto So stürmisch auch manchmal diese Verhandlungen gewesen, so haben sie doch den Gegenstand allseitig beleuchtet und übereilte Beschlußnahme ver- hütet. Wien 18. Juni. Trotz der eingeleiteten Friedensverhand- lungen werden die Truppensendungen nach Jtalien fortgesetzt. Vorgestern ist das dritte Bataillon von Deutschmeister Jnfanterie von Kronenburg dahin abgegangen, und das polnische 15. Jn- fanterieregiment „Herzog von Nassau“ ist aus Mähren hier ein- getroffen. Es wird Montag und Dienstag mittelst der Eisenbahn nach Jtalien abgehen. Auch von dem hier garnisonirenden Jn- fanterieregiment Prinz Emil soll ein Bataillon sowie auch ein Jägerbataillon abgesendet werden. ( A. Z. ) Aus Jnnbruck wird berichtet, daß eine Verständigung der Magyaren mit dem Banus von Croatien in Aussicht stehe. × Vom Haardtgebirge 22. Juni. Das „Mainzer Jour- nal “ hat schon mehrfach den Besuch besprochen, welchen viele republikanische Mitglieder des Frankfurter Nationalparlaments auf Pfingsten unserem Gebirge gemacht haben. Jn keinem dersel- ben scheint mir aber der Eindruck treu wiedergegeben zu seyn, welchen dieser bei der großen Mehrzahl der Pfälzer zurückgelassen hat. Dieser war nämlich ein jenen Herren und ihrer Sache durchaus ungünstiger. Daß von einzelnen Rednern das Da- seyn eines persönlichen Gottes geläugnet und der Mensch selbst zu Gott, die Regierungen aber, damit der Gegensatz nicht fehle, gewissermaßen zu Teufeln gemacht wurden, dies steckte unserm Pfälzer Volke schon ein genügendes Licht an. Man for- derte ferner die Pfälzer zum Gebrauch der Bajonnette gegen eine Knechtschaft auf, die wir wenigstens nicht spüren; auch dies wollte sehr Vielen zum mindesten lächerlich erscheinen. Die Mit- begleiterin der Herren, es heißt Robert Blums Schwägerin, die in einem Aufputz trotz einer Theaterheldin einherzog, das Redehalten mit dem dazu wohl organisirten Beifall= und Miß- fallgeben und alle damit verbundenen Manövres ließen dem ruhi- gen Beobachter die ganze Geschichte wie eine Komödie erscheinen, deren Aufführung nur von Fastnacht auf Pfingsten verlegt war. Daß aber in Neustadt gar auf kurze Zeit eine rothe Fahne zum Vorschein kam, daß nach Abreißung des Pfälzer Wappens Heckers Bildniß aufgestellt wurde: dies war zu toll, als daß es nicht bald hätte beseitigt werden müssen, auch ohne alle Soldaten und Polizei. Wir helfen uns selbst! Nachdem so bald an der Tag getreten, wie die Dinge getrieben werden sollten, war der Empfang der fliegenden Schaar auf ihrem Herumzuge am Ge- birge in Dürkheim, der liberalen Stadt Dürkheim, schon ein ganz frostiger. Ebenso würde es jedenfalls an vielen andern Or- ten nicht an vollkommnen Gegendemonstrationen gefehlt haben, wenn es den eilenden Herrn nur beliebt hätte etwas länger zu verweilen. Kommen die Herren wieder zum „Besuch,“ so wird es ohne Zweifel manchfach etwas anders gehen; besonders nach- dem sie aufgefordert haben nicht blos die „Schwarzröcke,“ son- dern auch die „ Geldsäcke “ auszuklopfen. Die Pfälzer lassen sich aber nicht einmal die Schwarzröcke ausklopfen, geschweige denn die Geldsäcke; dazu sind sie viel zu practisch und zu prompt. Was jedoch allgemein bei der ganzen Sache gefiel, war die Be- stätigung der alten Wahrheit, daß unsere Gegend schön und unser Wein gut sey. Denn die erstere lobten die Sprecher aus den nor- dischen Sandsteppen gar sehr, und was der letztere vermag, das war zu allgemeiner Belustigung an gar Manchem der fremden Herren zu schauen. Wein und Worte hielten sich in ihren Aus- und Einströmungen so ziemlich das Gleichgewicht. Nach dem hier Mitgetheilten ist die pomphafte Beschreibung der Jubelreise in der „Neuen Speyerer Zeitung“ zu beurtheilen; es war ohnehin zu erwarten, daß sie auch hier ihre bekannte Unparteilichkeit nicht verläugnen würde. Wenn die Herren noch einige solche „Tri- umphe“ aufführen, dann möchte ihr Spiel bei neun Zehnteln der Pfalz bis zum „Ausklopfen“ ausgespielt seyn. Denn eine solche Freiheit versteht die Mehrzahl der Pfälzer nicht, welche mit Plündern, Knechten und dem Vertreiben einer Masse ihrer Mitbürger beginnen soll. == Aus Rheinhessen 22. Juni. Bei den Beförderungen im juristischen Fache, welche das Ministerium du Thil in letzterer Zeit noch vorgenommen, ließ sich ein einseitig confessioneller Einfluß verspüren, was damals auch in öffentlichen Blättern besprochen, und von Anhängern des Ministeriums selbst zugegeben, man könnte fast sagen, absichtlich hervorgehoben worden war. Mit dem Sturze des alten Regimes hätte man um so mehr erwarten sollen, daß dergleichen Rücksichten ohne Bedeutung bleiben würden, als ja jetzt Religionsfreiheit anerkannt ist; aber zu allgemeinem Er- staunen wird erzählt, daß bei den letzten Besetzungen der Rich- terstellen am Mainzer Kreisgerichte ähnliche Bedenken stattgefun- den und die Wahl durch confessionelle Gründe geleitet worden wäre. Wenn Religionsfreiheit anerkannt ist, so muß es Jedem frei stehen, nach seiner Ueberzeugung zu leben, und es darf nicht als ein Hinderniß gelten, wenn Jemand sich auch in seinem Leben als Christ und Katholik benimmt und ausspricht. Der Staat anerkennt jede Religion; darum darf auch die Religion keinen miß- liebig machen. Wir hatten gehofft, mit dem alten Regime und sei- nen Trägern wären auch die Vorurtheile verschwunden, aber dem ist leider nicht so! † Rüdesheim 21. Juni. Unter dem heutigen sind aus den Gemeinden des Amtes Rüdesheim mit zahlreichen Unterschriften versehene Adressen wegen Sicherung der religiösen Freiheit an die Nationalversammlung nach Frankfurt abgegangen. Kaum hat man irgendwo anders mehr, als gerade in diesen Theilen des Rheingaues den Druck der Unfreiheit und eines Alles bevormun- denden Schreiberregiments verspürt, und das Volk, das stets über den Druck seufzte und die Beeinträchtigung seiner Freiheit schmerzlich empfand, hofft nun von Frankfurt — mehr als von Wiesbaden — Abhülfe. Möge sie uns nur zu Theil werden, und nicht ein kleinlicher Polizeibeamtengeist uns Das verkümmern, was wir als eine der ersten Errungenschaften des März ansehen — unsere volle religiöse Freiheit. × Vom Rhein 23. Juni. Es ist merkwürdig, wie schwer es Manchen fällt, sich an alle Consequenzen der Freiheit zu gewöh- nen, obgleich sie die Freiheit dem Grundsatze nach lieben und vertheidigen. Weil die Einführung freier Gemeindeverwaltung hie und da mit einiger Aufregung verknüpft ist, achten sie diese Errungenschaft neuester Zeit wenigstens für bedenklich, weil die Presse zu Hetzereien und Wühlereien mißbraucht wird, klagen sie über die Preßfreiheit, weil man vielfach Obrigkeiten und Fürsten maßlos geschmäht und in den Staub getreten, werden sie die Ver- theidiger selbst unbegründeter Hoheitsansprüche; weil durch Frei- heit des Unterrichtes im schlimmen Falle auch Schulen verdorben werden können, wollen sie lieber den seitherigen Zustand beibe- halten, und da mit der Erklärung der Unabhängigkeit der Kirche ein Verlust an äußerem Einfluß, an Geld und Vermögen und selbst an Seelenzahl für die Kirche da oder dort zu befürchten steht, so dünkt ihnen diese Forderung und das Streben nach vollkommener Kirchen= und Religionsfreiheit fast für sündhaft. Möchten doch alle diese bedenken, daß da auf einzelne Jncon- venienzen keine Rücksicht genommen werden kann, wo es sich um die Durchführung eines großen Prinzipes handelt; und daß da, wo eine neue Ordnung der Dinge sich gestaltet, einzelne Störungen nicht ausbleiben können. Wahrlich die Freiheit haben wir nicht zu fürchten, sondern die Herrschsucht und Leidenschaft, die unter dem Namen der Freiheit sich verbirgt. Jtalien. Toscana. Bei den hier vorgehenden Deputirtenwahlen zeigt sich dieselbe Erscheinung, welche auch in andern Ländern Euro- pa 's beachtet ist. Trotz der ungeheuren politischen Aufregung mußten in Florenz die auf den 15. angesetzten Wahlen auf den 16. ausgesetzt werden, weil die Wähler nicht zahlreich genug zusammengekommen waren. Traurige Erscheinung der Neuzeit, daß die Völker so oft politisches Bewußtseyn genug haben Revo- lutionen zu machen, aber zu träge sind um durch Benutzung der ihnen zustehenden politischen Rechte Revolutionen zu verhindern! ( A. Z. ) Sardinien. Hier, sowie in der Lombardei und in Toscana werden in der letzten Zeit wieder Truppen und Freiwillige aus- gehoben und ausgerüstet, um auf den Kriegsschauplatz zu eilen. Bemerkbar macht sich dabei in Sardinien ein Mangel an Waffen, Pferden u. s. w., in der Lombardei der gleiche Mangel und da-

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 10. Mainz, 25. Juni 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal010_1848/3>, abgerufen am 16.07.2024.