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Märkische Blätter. Nr. 32. Hattingen, 20. April 1850.

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[Beginn Spaltensatz] halt aus einem öffentlichen Magazin. Dies ist auch der
Communismus Cabets, bis auf die Gemeinschaft der
Frauen. -- Doch was geschah? Trotz der unleugbaren
Geschicklichkeit der Jesuiten, trotz der Gelehrigkeit der Jn-
dianer, der günstigen Lage des Landes und der Macht
der Religion auf die Gemüther; trotz der Unterstützung,
welche der Gesellschaft von Europa zugewendet wurde,
hielt sich dieser Staat nur mit Mühe und ging bald
ganz ein. ( Raynal, Hist. phil. des deux Indes. )

Betrachten wir nun das folgende Beispiel, das uns
näher liegt. Jn Aegypten ist der Paschah zwar nicht al-
leiniger Besitzer, indeß gehört ihm wenigstens der größte
Theil des Bodens; überdies hat er sich die Ausübung
fast aller Gewerbs= und Handelszweige als ein Mono-
pol vorbehalten: Aegypten hat also das Grundelement
des Kommunismus, und doch gibt es wenige Länder, in
denen das Volk unter größerem Elende und drückenderer
Sklaverei schmachtete.

Warum dies? Gehen wir aufrichtig zu Werke, so
werden wir bald die Antwort finden. ( Schluß f. )



Stolz und Armuth.
( Schluß. )

"Aber wirklich, Freeman, das ist kein Grund, warum
auch unsere Freundschaft aufhören sollte! Handelst Du
recht gegen mich? habe ich Dich je merken lassen, daß
ich Dich nicht für ebenbürtig hielte?"

"Nein, Gott segne Dich, Dalton, nein!" erwiederte
mit Jnnigkeit Freeman; "in Deiner Gesellschaft habe ich
nie einen Standesunterschied gefühlt."

"Und es gibt auch keinen, Freeman, jetzt komm und
steige ab!"

"Es darf nicht sein, Dalton; Du bist mein Freund
ich weiß es, und würdest Du wünschen, daß ich dem
Auge derjenigen begegnete, welche mich so von sich gewie-
sen hat? Laß mich forteilen, ich werde Dir später schreiben.
Erkläre, ich bitte Dich, mein Benehmen Deinem Vater,
obschon er es bald genug erfahren wird. Lebe wohl,
Dalton, ich werde Dich nie vergessen!"

"Nun denn, lebe wohl Freeman," rief der junge Edel-
mann aus und drückte ihm auf's Herzlichste die Hand,
-- "wir werden uns hoffentlich bald wieder sehen!"

"O gewiß, wir werden uns wiedersehen!" rief Free-
man, drückte dem Roß die Sporen ein, und die Gestalt
des jungen Mannes verschwand hinter den hohen Eichen-
alleen, welche zum Schlosse führten.

Der alte Freeman war erstaunt über die schnelle Rück-
kehr seines Sohnes, mehr aber noch über das seltsame
Wilde seines Wesens. Er sprach kaum von den Wood-
lands, oder wenn er es that, so geschah es mit einem
bittern Lachen, welches den alten Mann in Schrecken ver-
setzte. Vier Tage blieb Freeman in diesem Zustande, und
als endlich die Ueberreizung des Gemüthes den Körper
gänzlich erschüttert hatte, verfiel er in ein gefährliches
Fieber, von welchem er sich nur langsam erholte, das aber,
wie es sich deutlich zeigte, seine geistigen Kräfte geschwächt
hatte. Er war nicht gänzlich seines Verstandes beraubt,
denn zu Zeiten pflegte er noch zu studieren und mit sei-
nem alten Vater sich zu unterreden, den er dann bewe-
gen wollte, Orford zu verlassen."

"Was wird aus Dir werden, theurer William, wenn
ich gestorben bin?" pflegte der alte Mann bisweilen zu
sagen.

"Nicht die am längsten gelebt haben, sterben deßhalb
zuerst, Vater; ich hoffe, Du wirst noch viele Jahre
leben."

[Spaltenumbruch]

Der Bettler schüttelte sein Haupt und sein Sohn
machte keine weitere Bemerkung, sondern laß eifrig in
seinem Buche weiter. Seine Krankheit hatte jedoch, da-
ran ließ sich nicht zweifeln, seine Körperkräfte gänzlich
geschwächt und er bedurfte jetzt im höchsten Grade der
liebevollen Pflege seines alten Vaters. Es war rührend
anzusehen, wie zärtlich der alte Mann, welcher selbst
schon mit einem Fuß im Grabe stand, den Sohn von
einem frühzeitigen Tod zu erretten suchte. Keine Mutter
hätte mit größerer Sorgfalt ihr Kind pflegen können,
als der Vater seinen etwas zu gefühlvollen Sohn. Na-
türlich erschöpfte diese Krankheit sehr die Geldmittel des
Bettlers, und Freeman, als ob er sich erinnerte, daß der
Vater nicht mehr seinem gewöhnlichen Berufe obliege u.
daher auch nichts verdienen könnte, pflegte bisweilen aus
seinen Träumereien aufzuwachen, sich mit seinen Papie-
ren zu beschäftigen, einige Seiten zu schreiben, deren Jn-
halt meist sehr unzusammenhängend war, und wieder in
Schlaf zu versinken.

Der Sommer kam und an einem herrlichen Junitage
starb der junge Student, sein Vater mußte das letzte
Geld ausgeben, um ihn nach dem Kirchhof bringen zu
lassen, wo seine Mutter in Frieden ruhte. Mit Thränen
pflanzte der alte Mann ein zweites Kennzeichen an dem
Orte auf und erhob seine Blicke zum Himmel, als wolle
er Gott bitten, auch ihn zu sich zu nehmen; doch er lebte
noch manches Jahr den Verlust seines Sohnes zu be-
klagen.

Von der Familie Dalton haben wir wenig mehr zu
sagen. Jhr Schicksal war dem vieler vornehmen Leute
gleich und im Strudel des geselligen Lebens vergaßen
Alle bald des armen Freeman.



Eine Jugendliebe Washington's.

Jm Jahre 1756, zwanzig Jahre vor dem Beginn
des Befreiungskampfes der nordamerikanischen Kolonien
Englands, lebte in New=York ein gewisser Mr. Beverly
Robinson
in einem freundlichen hübschen Hause, das
von Jnnen und Außen den damaligen Begriffen und An-
sprüchen gemäß für ein Muster von Eleganz und Be-
haglichkeit galt. Heutzutage freilich würde das Häus-
chen in der größten und reichsten Stadt Amerika's kaum
einer bescheidenen Bürgerfamilie genügen, allein in jenen
Tagen waren die Menschen noch genügsamer in ihren
Bedürfnissen und Ansprüchen. Es stand noch vor sechs
oder acht Jahren beinahe in seiner ursprünglichen Gestalt
diesseit des Hudson, zwei oder drei Meilen von West-
point. Mr. Robinson führte ein behagliches Leben und
verschaffte sich alle Genüsse, welche damals in der Kolo-
nie bekannt waren, und noch manche andere, welche die
übrigen Kolonisten nicht kannten, z. B. eine kostbare mas-
siv silberne Theemaschine, die sich noch in der Familie fort-
erbt und lange Zeit die einzige in ganz Amerika gewesen
sein soll. Jn diesem so sehr bewunderten Hause waren
die Stockwerke sehr niedrig; in manchen Zimmern war
der Boden rings um das Kamin mit Backsteinen gepfla-
stert und an der Decke blickten die rohen Durchzugbal-
ken heraus; kurz Alles an ihm in Bau und Möbeln
war noch ausnehmend primitiv. Jn diesem Hause wurde
ein ganzer Stamm der erbittertsten und gefürchtetsten
Feinde der amerikanischen Unabhängigkeit geboren und
erzogen, und mancher Plan gegen die amerikanischen Pa-
trioten und ihre Sache ward in diesen Räumen gefaßt.
Zwei Generationen der Familie Robinson dienten wäh-
rend des Unabhängigkeitskrieges als Offiziere in der kö-
niglichen Armee Englands, und waren die eifrigsten An-
hänger dieser Partei.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] halt aus einem öffentlichen Magazin. Dies ist auch der
Communismus Cabets, bis auf die Gemeinschaft der
Frauen. — Doch was geschah? Trotz der unleugbaren
Geschicklichkeit der Jesuiten, trotz der Gelehrigkeit der Jn-
dianer, der günstigen Lage des Landes und der Macht
der Religion auf die Gemüther; trotz der Unterstützung,
welche der Gesellschaft von Europa zugewendet wurde,
hielt sich dieser Staat nur mit Mühe und ging bald
ganz ein. ( Raynal, Hist. phil. des deux Indes. )

Betrachten wir nun das folgende Beispiel, das uns
näher liegt. Jn Aegypten ist der Paschah zwar nicht al-
leiniger Besitzer, indeß gehört ihm wenigstens der größte
Theil des Bodens; überdies hat er sich die Ausübung
fast aller Gewerbs= und Handelszweige als ein Mono-
pol vorbehalten: Aegypten hat also das Grundelement
des Kommunismus, und doch gibt es wenige Länder, in
denen das Volk unter größerem Elende und drückenderer
Sklaverei schmachtete.

Warum dies? Gehen wir aufrichtig zu Werke, so
werden wir bald die Antwort finden. ( Schluß f. )



Stolz und Armuth.
( Schluß. )

„Aber wirklich, Freeman, das ist kein Grund, warum
auch unsere Freundschaft aufhören sollte! Handelst Du
recht gegen mich? habe ich Dich je merken lassen, daß
ich Dich nicht für ebenbürtig hielte?“

„Nein, Gott segne Dich, Dalton, nein!“ erwiederte
mit Jnnigkeit Freeman; „in Deiner Gesellschaft habe ich
nie einen Standesunterschied gefühlt.“

„Und es gibt auch keinen, Freeman, jetzt komm und
steige ab!“

„Es darf nicht sein, Dalton; Du bist mein Freund
ich weiß es, und würdest Du wünschen, daß ich dem
Auge derjenigen begegnete, welche mich so von sich gewie-
sen hat? Laß mich forteilen, ich werde Dir später schreiben.
Erkläre, ich bitte Dich, mein Benehmen Deinem Vater,
obschon er es bald genug erfahren wird. Lebe wohl,
Dalton, ich werde Dich nie vergessen!“

„Nun denn, lebe wohl Freeman,“ rief der junge Edel-
mann aus und drückte ihm auf's Herzlichste die Hand,
— „wir werden uns hoffentlich bald wieder sehen!“

„O gewiß, wir werden uns wiedersehen!“ rief Free-
man, drückte dem Roß die Sporen ein, und die Gestalt
des jungen Mannes verschwand hinter den hohen Eichen-
alleen, welche zum Schlosse führten.

Der alte Freeman war erstaunt über die schnelle Rück-
kehr seines Sohnes, mehr aber noch über das seltsame
Wilde seines Wesens. Er sprach kaum von den Wood-
lands, oder wenn er es that, so geschah es mit einem
bittern Lachen, welches den alten Mann in Schrecken ver-
setzte. Vier Tage blieb Freeman in diesem Zustande, und
als endlich die Ueberreizung des Gemüthes den Körper
gänzlich erschüttert hatte, verfiel er in ein gefährliches
Fieber, von welchem er sich nur langsam erholte, das aber,
wie es sich deutlich zeigte, seine geistigen Kräfte geschwächt
hatte. Er war nicht gänzlich seines Verstandes beraubt,
denn zu Zeiten pflegte er noch zu studieren und mit sei-
nem alten Vater sich zu unterreden, den er dann bewe-
gen wollte, Orford zu verlassen.“

„Was wird aus Dir werden, theurer William, wenn
ich gestorben bin?“ pflegte der alte Mann bisweilen zu
sagen.

„Nicht die am längsten gelebt haben, sterben deßhalb
zuerst, Vater; ich hoffe, Du wirst noch viele Jahre
leben.“

[Spaltenumbruch]

Der Bettler schüttelte sein Haupt und sein Sohn
machte keine weitere Bemerkung, sondern laß eifrig in
seinem Buche weiter. Seine Krankheit hatte jedoch, da-
ran ließ sich nicht zweifeln, seine Körperkräfte gänzlich
geschwächt und er bedurfte jetzt im höchsten Grade der
liebevollen Pflege seines alten Vaters. Es war rührend
anzusehen, wie zärtlich der alte Mann, welcher selbst
schon mit einem Fuß im Grabe stand, den Sohn von
einem frühzeitigen Tod zu erretten suchte. Keine Mutter
hätte mit größerer Sorgfalt ihr Kind pflegen können,
als der Vater seinen etwas zu gefühlvollen Sohn. Na-
türlich erschöpfte diese Krankheit sehr die Geldmittel des
Bettlers, und Freeman, als ob er sich erinnerte, daß der
Vater nicht mehr seinem gewöhnlichen Berufe obliege u.
daher auch nichts verdienen könnte, pflegte bisweilen aus
seinen Träumereien aufzuwachen, sich mit seinen Papie-
ren zu beschäftigen, einige Seiten zu schreiben, deren Jn-
halt meist sehr unzusammenhängend war, und wieder in
Schlaf zu versinken.

Der Sommer kam und an einem herrlichen Junitage
starb der junge Student, sein Vater mußte das letzte
Geld ausgeben, um ihn nach dem Kirchhof bringen zu
lassen, wo seine Mutter in Frieden ruhte. Mit Thränen
pflanzte der alte Mann ein zweites Kennzeichen an dem
Orte auf und erhob seine Blicke zum Himmel, als wolle
er Gott bitten, auch ihn zu sich zu nehmen; doch er lebte
noch manches Jahr den Verlust seines Sohnes zu be-
klagen.

Von der Familie Dalton haben wir wenig mehr zu
sagen. Jhr Schicksal war dem vieler vornehmen Leute
gleich und im Strudel des geselligen Lebens vergaßen
Alle bald des armen Freeman.



Eine Jugendliebe Washington's.

Jm Jahre 1756, zwanzig Jahre vor dem Beginn
des Befreiungskampfes der nordamerikanischen Kolonien
Englands, lebte in New=York ein gewisser Mr. Beverly
Robinson
in einem freundlichen hübschen Hause, das
von Jnnen und Außen den damaligen Begriffen und An-
sprüchen gemäß für ein Muster von Eleganz und Be-
haglichkeit galt. Heutzutage freilich würde das Häus-
chen in der größten und reichsten Stadt Amerika's kaum
einer bescheidenen Bürgerfamilie genügen, allein in jenen
Tagen waren die Menschen noch genügsamer in ihren
Bedürfnissen und Ansprüchen. Es stand noch vor sechs
oder acht Jahren beinahe in seiner ursprünglichen Gestalt
diesseit des Hudson, zwei oder drei Meilen von West-
point. Mr. Robinson führte ein behagliches Leben und
verschaffte sich alle Genüsse, welche damals in der Kolo-
nie bekannt waren, und noch manche andere, welche die
übrigen Kolonisten nicht kannten, z. B. eine kostbare mas-
siv silberne Theemaschine, die sich noch in der Familie fort-
erbt und lange Zeit die einzige in ganz Amerika gewesen
sein soll. Jn diesem so sehr bewunderten Hause waren
die Stockwerke sehr niedrig; in manchen Zimmern war
der Boden rings um das Kamin mit Backsteinen gepfla-
stert und an der Decke blickten die rohen Durchzugbal-
ken heraus; kurz Alles an ihm in Bau und Möbeln
war noch ausnehmend primitiv. Jn diesem Hause wurde
ein ganzer Stamm der erbittertsten und gefürchtetsten
Feinde der amerikanischen Unabhängigkeit geboren und
erzogen, und mancher Plan gegen die amerikanischen Pa-
trioten und ihre Sache ward in diesen Räumen gefaßt.
Zwei Generationen der Familie Robinson dienten wäh-
rend des Unabhängigkeitskrieges als Offiziere in der kö-
niglichen Armee Englands, und waren die eifrigsten An-
hänger dieser Partei.

[Ende Spaltensatz]
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Gehen wir aufrichtig zu Werke, so werden wir bald die Antwort finden. ( Schluß f. ) Stolz und Armuth. ( Schluß. ) „Aber wirklich, Freeman, das ist kein Grund, warum auch unsere Freundschaft aufhören sollte! Handelst Du recht gegen mich? habe ich Dich je merken lassen, daß ich Dich nicht für ebenbürtig hielte?“ „Nein, Gott segne Dich, Dalton, nein!“ erwiederte mit Jnnigkeit Freeman; „in Deiner Gesellschaft habe ich nie einen Standesunterschied gefühlt.“ „Und es gibt auch keinen, Freeman, jetzt komm und steige ab!“ „Es darf nicht sein, Dalton; Du bist mein Freund ich weiß es, und würdest Du wünschen, daß ich dem Auge derjenigen begegnete, welche mich so von sich gewie- sen hat? Laß mich forteilen, ich werde Dir später schreiben. Erkläre, ich bitte Dich, mein Benehmen Deinem Vater, obschon er es bald genug erfahren wird. 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Von der Familie Dalton haben wir wenig mehr zu sagen. Jhr Schicksal war dem vieler vornehmen Leute gleich und im Strudel des geselligen Lebens vergaßen Alle bald des armen Freeman. Eine Jugendliebe Washington's. Jm Jahre 1756, zwanzig Jahre vor dem Beginn des Befreiungskampfes der nordamerikanischen Kolonien Englands, lebte in New=York ein gewisser Mr. Beverly Robinson in einem freundlichen hübschen Hause, das von Jnnen und Außen den damaligen Begriffen und An- sprüchen gemäß für ein Muster von Eleganz und Be- haglichkeit galt. Heutzutage freilich würde das Häus- chen in der größten und reichsten Stadt Amerika's kaum einer bescheidenen Bürgerfamilie genügen, allein in jenen Tagen waren die Menschen noch genügsamer in ihren Bedürfnissen und Ansprüchen. Es stand noch vor sechs oder acht Jahren beinahe in seiner ursprünglichen Gestalt diesseit des Hudson, zwei oder drei Meilen von West- point. Mr. Robinson führte ein behagliches Leben und verschaffte sich alle Genüsse, welche damals in der Kolo- nie bekannt waren, und noch manche andere, welche die übrigen Kolonisten nicht kannten, z. B. eine kostbare mas- siv silberne Theemaschine, die sich noch in der Familie fort- erbt und lange Zeit die einzige in ganz Amerika gewesen sein soll. Jn diesem so sehr bewunderten Hause waren die Stockwerke sehr niedrig; in manchen Zimmern war der Boden rings um das Kamin mit Backsteinen gepfla- stert und an der Decke blickten die rohen Durchzugbal- ken heraus; kurz Alles an ihm in Bau und Möbeln war noch ausnehmend primitiv. Jn diesem Hause wurde ein ganzer Stamm der erbittertsten und gefürchtetsten Feinde der amerikanischen Unabhängigkeit geboren und erzogen, und mancher Plan gegen die amerikanischen Pa- trioten und ihre Sache ward in diesen Räumen gefaßt. Zwei Generationen der Familie Robinson dienten wäh- rend des Unabhängigkeitskrieges als Offiziere in der kö- niglichen Armee Englands, und waren die eifrigsten An- hänger dieser Partei.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz, Benjamin Fiechter: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 32. Hattingen, 20. April 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische032_1850/2>, abgerufen am 24.11.2024.