Mährisches Tagblatt. Nr. 71, Olmütz, 29.03.1886.[Spaltenumbruch]
dringend ans Herz legte. alle mögliche Vorsicht Fort ging es nun in die finstere Nacht Stadion und Helfert fuhren unmittelbar Locales und Provinzielles. Olmütz, 29. März. (Braner-Excursion nach Olmütz.) Mor- (Aus dem Stadtverordneten-Collegium.) Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des (Verlobung.) Herr Max Hirsch, Maschinen- (Vom Olmützer Gewerbevereine.) Wir (Ernennungen.) Der Wirthschaftsinspector (Vom deutschen Vereine.) Der hiesige (Die Hauptversammlung der Männer- Ortsgruppe "Olmütz und Amgebung" des deutschen Schulvereins) wurde gestern Vor- Hierauf erfolgt die Neuwahl des Ausschußes. Herr Th. Knaute ergriff hierauf das Wort "Die Ortsgruppe "Olmütz und Umgebung" [Spaltenumbruch] Im Bann des Schicksals. (67.) Sie hatte Alexis nie nach seinem Vermögen Namentlich die Pachtverhältnisse über die Güter Die Scham über seine Veruntreuungen hatte Die Glocke an der Vorsaalthür ertönte, zum Gleich darauf meldete das Mädchen den Ma- Agnes nickte zustimmend, und Herbert trat "Ich komme, um mich nach ihrem Besinden "Als ich Sie das letzte Mal in Rom sah, Auf die Wangen der jungen Witwe trat die "Es ist so ziemlich überwunden, Herr Wall- "Und Sie, -- haben Sie Ihre Studien in "Seit länger als zwei Monaten bin ich wie- Seine dunklen Augen ruthen mit innigem, lie- Die blonde Lockenfülle ergoß sich wie ein gol- "Und diese Sehnsucht nach der Heimath trat [Spaltenumbruch] Der Maler senkte die Augen. "Es war vielleicht nicht die Stätte, wo ich "Noch einmal wollte ich Sie sehen, noch ein- "Sie wiesen mich nicht von Ihrec Thür, Ag- "Und die Baronin von Rodovicz. Herr Wall- "Man hat Sie falsch berichtet, soweit ist es [Spaltenumbruch]
dringend ans Herz legte. alle mögliche Vorſicht Fort ging es nun in die finſtere Nacht Stadion und Helfert fuhren unmittelbar Locales und Provinzielles. Olmütz, 29. März. (Braner-Excurſion nach Olmütz.) Mor- (Aus dem Stadtverordneten-Collegium.) Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des (Verlobung.) Herr Max Hirſch, Maſchinen- (Vom Olmützer Gewerbevereine.) Wir (Ernennungen.) Der Wirthſchaftsinſpector (Vom deutſchen Vereine.) Der hieſige (Die Hauptverſammlung der Männer- Ortsgruppe „Olmütz und Amgebung“ des deutſchen Schulvereins) wurde geſtern Vor- Hierauf erfolgt die Neuwahl des Ausſchußes. Herr Th. Knaute ergriff hierauf das Wort „Die Ortsgruppe „Olmütz und Umgebung“ [Spaltenumbruch] Im Bann des Schickſals. (67.) Sie hatte Alexis nie nach ſeinem Vermögen Namentlich die Pachtverhältniſſe über die Güter Die Scham über ſeine Veruntreuungen hatte Die Glocke an der Vorſaalthür ertönte, zum Gleich darauf meldete das Mädchen den Ma- Agnes nickte zuſtimmend, und Herbert trat „Ich komme, um mich nach ihrem Beſinden „Als ich Sie das letzte Mal in Rom ſah, Auf die Wangen der jungen Witwe trat die „Es iſt ſo ziemlich überwunden, Herr Wall- „Und Sie, — haben Sie Ihre Studien in „Seit länger als zwei Monaten bin ich wie- Seine dunklen Augen ruthen mit innigem, lie- Die blonde Lockenfülle ergoß ſich wie ein gol- „Und dieſe Sehnſucht nach der Heimath trat [Spaltenumbruch] Der Maler ſenkte die Augen. „Es war vielleicht nicht die Stätte, wo ich „Noch einmal wollte ich Sie ſehen, noch ein- „Sie wieſen mich nicht von Ihrec Thür, Ag- „Und die Baronin von Rodovicz. Herr Wall- „Man hat Sie falſch berichtet, ſoweit iſt es <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="original4" prev="#original3" type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0005" n="[5]"/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="kremsier3" prev="#kremsier2" type="jArticle" n="2"> <p>dringend ans Herz legte. alle mögliche Vorſicht<lb/> und Schonung walten zu laſſen.</p><lb/> <p>Fort ging es nun in die finſtere Nacht<lb/> hinein, auf der Straße nach der mähriſchen<lb/> Hauptſtadt. Es wurden wenige Worte gewechſelt,<lb/> als Stadion und Helfert — es mochte halb 4<lb/> Uhr Morgens ſein — in Olmütz vor Bach’s<lb/> Wohnung ausſtiegen, den ſie im tiefen Schlafe<lb/> fanden. 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Die Verhältniſſe der Ortsgruppe<lb/> Olmütz ſeien nicht die günſtigſten, die Mitglieder-<lb/> anzahl und die Spenden ſeien zurückgegangen;<lb/> es müſſe daher getrachtet werden, der Ortsgruppe<lb/> neue Mitglieder zuzuführen und dieſelbe auch<lb/> anderweitig zu unterſtützen. Der Ausſchuß habe<lb/> beſchloſſen, um der Ortsgruppe einen Beitrag<lb/><cb/> zuzuweden, demnächſt ein Concert zu Gunſten des<lb/> Schulvereins zu veranſtalten. Die Ausführungen<lb/> des Herrn Vorſitzenden fanden lebhafteſten Beifall.<lb/> Hierauf las Herr Schriftführer, <hi rendition="#g">Theodor<lb/> Knaute</hi> den von ihm verfaßten Jahresbericht<lb/> vor, der von der Verſammlung beifälligſt auf-<lb/> genommen wurde. Der Jahresbericht, der ein<lb/> umfaſſendes und getreues Bild der Thätigkeit des<lb/> Schulvereins und der hieſigen Ortsgruppe bietet<lb/> und den wir ſeinem Wortlaute nach demnächſt ver-<lb/> öffentlichen werden, zerfällt in drei Abtheilungen<lb/> u. zw. <hi rendition="#aq">a)</hi> in den Bericht der Centralleitung, <hi rendition="#aq">b)</hi><lb/> in den Bericht über die Thätigkeit der Olmützer<lb/> Ortsgruppe und <hi rendition="#aq">c)</hi> in den Bericht über die Paulo-<lb/> witzer Volksſchule. Der von Herrn Zahlmeiſter<lb/> W. <hi rendition="#g">Lang</hi> erſtattete Caſſabericht wird zur Kennt-<lb/> niß genommen und dem Referenten für die Er-<lb/> ſtattung des Berichtes Beifall gezollt.</p><lb/> <p>Hierauf erfolgt die Neuwahl des Ausſchußes.<lb/> Die bisherigen Mitglieder desſelben, die Herren:<lb/> Robert Primaveſi (Obmann), Adolf Thannabaur<lb/> (Obmann-Stellvertreter), Th. Knaute (Schrift-<lb/> führer), Dr. Carl Schrötter (Schriftführer-Stell-<lb/> vertreter), W. Lang (Zahlmeiſter), und W. Sa-<lb/> liger (Zahlmeiſter-Stellvertreter) werden <hi rendition="#g">ein-<lb/> ſtimmig</hi> wieder gewählt.</p><lb/> <p>Herr Th. Knaute ergriff hierauf das Wort<lb/> und ſchilderte in längerer Rede die Angriffe, deren<lb/> Ziel die Central-Leitung des Schulvereines und<lb/> deren wackerer Obmann Dr. Weitlof in letzterer<lb/> Zeit geweſen waren; er empfahl der Verſamm-<lb/> lung die Annahme der nachfolgenden Reſolution:</p><lb/> <p>„Die Ortsgruppe „Olmütz und Umgebung“<lb/> des deutſchen Schulvereins iſt von tiefſtem Be-<lb/> dauern über die maßloſen und ungerechtfertigten<lb/> Angriffe, welche einzelne Ortsgruppen gegen den<lb/> Vorſtand des deutſchen Schulvereins, und insbe-<lb/> ſondere gegen Herrn Dr. Weitlof gerichtet haben<lb/> erfüllt; ſie weiſt die Bemühungen, eine con-<lb/> feſſionelle Spaltung in die Reihen des Schulvereins<lb/> zu bringen, als eine freiſinnigen Anſchauungen<lb/> zuwiderlaufende beklagenswerthe Verirrung zurück,<lb/> ſie erklärt, daß Vorſtand und Schiedsgericht nach<lb/> dem klaren Wortlaute der Satzungen vollſtändig<lb/> ordnungsmäßig gehandelt haben, ſie fordert die<lb/> Mitglieder des Schulvereins auf, ihre Sonder-<lb/> intereſſen nicht in einen Verein zu tragen, der<lb/> den Ausbau der freien deutſchen Schule, dem<lb/> Heile der deutſchen Jugend gewidmet iſt, ſie ſpricht<lb/> ſchließlich dem Geſammtvorſtande des deutſchen<lb/> Schulvereins (insbeſondere aber dem Herrn Dr.<lb/> Weitlof) für die raſtloſen und ſelbſtloſen Be-<lb/> mühungen im Dienſte des deutſchen Volksthums<lb/> den wärmſten Dank aus und bittet auf Grund</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Im Bann des Schickſals.</hi> </head><lb/> <byline>Roman von <hi rendition="#b">Moritz Lilie.</hi> </byline><lb/> <p> <hi rendition="#et">(67.)</hi> </p><lb/> <p>Sie hatte Alexis nie nach ſeinem Vermögen<lb/> gefragt, und bei der Kürze ihres Zuſammenlebens<lb/> auch keine Zeit gewonnen, einen genaueren Einblick<lb/> in deſſen finanzielle Lage zu thun.</p><lb/> <p>Namentlich die Pachtverhältniſſe über die Güter<lb/> ihres Mannes lernte ſie erſt aus den vorgefundenen<lb/> Contracten kennen, denn der Einzige, welcher hätte<lb/> genaue Auskunft geben können, der Onkel und Vor-<lb/> mund des Verſtorbenen, war verſchollen, Niemand<lb/> kannte ſeinen Aufenthalt, obwohl man annahm, daß<lb/> Paris der Ort ſei, wohin er ſich gewendet habe.</p><lb/> <p>Die Scham über ſeine Veruntreuungen hatte<lb/> ihn aus der Nähe ſeines von ihm betroffenen Nef-<lb/> fen verbannt; mit dem unrechtmäßig erworbenen<lb/> Gelde war er unter Bruch des Handgelöbniſſes dem<lb/> über ihn verhängten Hausarreſt entflohen, und alle<lb/> Nachforſchungen nach ihm blieben erfolglos, ſo daß<lb/> Agnes nicht einmal in der Lage war, ihm den Tod<lb/> ſeines nächſten Verwandten anzuzeigen.</p><lb/> <p>Die Glocke an der Vorſaalthür ertönte, zum<lb/> Zeichen, daß Jemand Einlaß begehrte.</p><lb/> <p>Gleich darauf meldete das Mädchen den Ma-<lb/> ler Wallburg.</p><lb/> <p>Agnes nickte zuſtimmend, und Herbert trat<lb/> ein, während die junge Frau die Schriftſtücke zu-<lb/> ſammenlegte und ihrem Vater reichte, der ſie ſorg-<lb/> fältig verſchloß.</p><lb/> <p>„Ich komme, um mich nach ihrem Beſinden<lb/> zu erkundigen, gnädige Frau,“ begann der Maler,<lb/> einige Schritte näher tretend.</p><lb/> <p>„Als ich Sie das letzte Mal in Rom ſah,<lb/> fürchtete ich ernſtlich für Ihre Geſundheit, da ich<lb/><cb/> bemerkte, wie ſehr Sie ſich in Folge des ſo plötz-<lb/> lich eingetretenen Unglücksfalles angegriffen fühlten.</p><lb/> <p>Auf die Wangen der jungen Witwe trat die<lb/> Röthe der Verlegenheit. Sollte ſie ſich von dem<lb/> Manne, der ihr einſt ſo nahe geſtanden hatte, mit<lb/> der förmlichen Titulatur: „Gnädige Frau“ anreden<lb/> laſſen, ſie die ehemalige Stickerin, die Tochter des<lb/> armen Penſionärs?</p><lb/> <p>„Es iſt ſo ziemlich überwunden, Herr Wall-<lb/> burg, ich danke für Ihre Theilnahme, wenn ich auch<lb/> den Entſchlafenen nie vergeſſen werde!“ verſetzte ſie,<lb/> indem ſie den Künſtler mit einer Handbewegung<lb/> zum Platznehmen einlud.</p><lb/> <p>„Und Sie, — haben Sie Ihre Studien in<lb/> Rom bereits vollendet?“</p><lb/> <p>„Seit länger als zwei Monaten bin ich wie-<lb/> der hier in meiner Vaterſtadt eingetroffen. Es war<lb/> mir nicht länger möglich, in der alten Trümmer-<lb/> ſtadt zu verweilen, wie mit unſichtbaren Banden<lb/> zog es mich zurück nach der Heimath und ich mußte<lb/> dieſem unwiderſtehlichen Zuge folgen, wollte ich nicht<lb/> meine ganze freudige Schaffenskraft lähmen, Pinſel<lb/> und Palette verſtauben laſſen.“</p><lb/> <p>Seine dunklen Augen ruthen mit innigem, lie-<lb/> bewarmen Ausdruck auf der jugendlichen Geſtalt, die<lb/> durch das knappe, ſchwarze Coſtüm auf das Vor-<lb/> theilhafteſte gehoben wurde.</p><lb/> <p>Die blonde Lockenfülle ergoß ſich wie ein gol-<lb/> dener Strom über Haupt und Nacken, und das<lb/> herrliche, tiefblaue Auge blickte ſo wahr und ohne<lb/> Falſch zu dem jungen Manne hinüber, daß er ſich<lb/> ſagen mußte: bei Gott, ſie iſt hinreißend ſchön! Wo<lb/> hatte er die Augen gehabt, als er um der Sänge-<lb/> rin willen dieſes wunderbar reizende Weſen auch<lb/> nur einen Augenblick lang vernachläſſigen konnte?</p><lb/> <p>„Und dieſe Sehnſucht nach der Heimath trat<lb/> erſt ein, nachdem Sie bereits über ein Jahr in<lb/> Rom gelebt hatten?“</p><lb/> <cb/> <p>Der Maler ſenkte die Augen.</p><lb/> <p>„Es war vielleicht nicht die Stätte, wo ich<lb/> meine Jugend verlebte, an ſich, welche das Verlan-<lb/> gen, zurückzukehren in mir weckte, nicht die Häuſer,<lb/> die Straßen, die Menſchen, nach denen ich mich<lb/> ſehnte, ſondern es war eine einzige plötzliche Er-<lb/> ſcheinung, die unerwartet überraſchend vor mein<lb/> Auge trat und eine Zeit des ſüßeſten, reinſten Glü-<lb/> ckes heraufzauberte aus dem Meere der Erinnerung.<lb/> Von dieſem Augenblicke an fand ich weder Ruhe<lb/> und Raſt; Rom mit allen ſeinen Kunſtſchätzen war<lb/> mir gleichgiltig, zuwider geworden, ich mußte zurück<lb/> aus den langweiligen Oliven- und Citronenhainen,<lb/> aus den ſtarren Ruinen, die in der Sonnengluth<lb/> brannten, zurück in mein liebes, rauhes Deutſch-<lb/> land, zu ſeinen Tannen- und Buchenwäldern, ſeinen<lb/> fleißigen, thatkräftigen Bewohnern, zu ihr, deren<lb/> Bild mich im Wachen und Träumen umſchwebte.“</p><lb/> <p>„Noch einmal wollte ich Sie ſehen, noch ein-<lb/> mal Ihre ſüße Stimme hören, und dann mich in<lb/> mein Atelier vergraben und in der Kunſt Erſatz<lb/> ſuchen für das entflohene Liebesglück.</p><lb/> <p>„Sie wieſen mich nicht von Ihrec Thür, Ag-<lb/> nes, Sie vergönnten mir noch einmal das Glück,<lb/> Sie ſehen und ſprechen zu dürfen. — haben Sie<lb/> Dank für Ihre Güte!“</p><lb/> <p>„Und die Baronin von Rodovicz. Herr Wall-<lb/> burg, was iſt aus ihr geworden? Man hat mir<lb/> geſagt, Sie ſeien mit Ihr verlobt!“</p><lb/> <p>„Man hat Sie falſch berichtet, ſoweit iſt es<lb/> zwiſchen uns nicht gekommen! Als Sie mir wenige<lb/> Wochen nach meiner Abreiſe nach Rom den letzten<lb/> Brief ſchrieben und mir in kaltem nüchternen Wor-<lb/> ten erklärten, aus unſerer Verbindung könne Nichts<lb/> werden, Ihre Kindespflicht gebiete Ihnen zurückzu-<lb/> treten, da mußte ich an der Menſchheit verzweifeln-<lb/> denn jetzt erſt fühlte ich, wie unendlich heiß ich Sie<lb/> geliebt hatte. <space dim="horizontal"/> <ref>(Fortſetzung folgt.)</ref> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[5]/0005]
dringend ans Herz legte. alle mögliche Vorſicht
und Schonung walten zu laſſen.
Fort ging es nun in die finſtere Nacht
hinein, auf der Straße nach der mähriſchen
Hauptſtadt. Es wurden wenige Worte gewechſelt,
als Stadion und Helfert — es mochte halb 4
Uhr Morgens ſein — in Olmütz vor Bach’s
Wohnung ausſtiegen, den ſie im tiefen Schlafe
fanden. Vom Diener mit der Kerze verſehen,
traten ſie an das Bett und Stadion ſetzte dem
Aufgewachten in kurzen Worten, aber durchaus
nicht im Tone jener Ueberzeugung, in welchem
er anderthalb Stunden früher zu dem Grafen
Huyn geſprochen hatte, das Ergebniß der gepflo-
genen Berathung auseinander und knüpfte daran
etwas unſicher die Meinung, daß man wol die
Angelegenheit in dieſe Fährte leiten könne. Bach,
halb ſchlaftrunken, machte große Augen, ergriff
Stadion’s Hand, wie um ihm den Puls zu
fühlen und ſagte: „Eure Durchlaucht werde am
beſten wiſſen, daß ſich jetzt nichts mehr ändern
läßt“, wünſchte den Beiden „Gute Nacht“ und
legte ſich auf die andere Seite, um weiter zu
ſchlafen.
Stadion und Helfert fuhren unmittelbar
danach in das Telegraphen-Bureau; die Depeſche
die ſie nach Kremſier richteten, enthielt drei in-
haltsſchwere Worte: „Es bleibt dabei.“
(„Preſſe“)
Locales und Provinzielles.
Olmütz, 29. März.
(Braner-Excurſion nach Olmütz.) Mor-
gen Früh 4 Uhr treffen mit der Nord-
bahn dreißig der bedeutendſten Brauereibeſitzer
aus Belgien, Nord-Frankreich und Holland, auf
einer Studienreiſe begriffen, von Wien in Olmütz
ein, und werden im Laufe des morgigen Tages
mehrere Malzfabriken und Brauereien beſichtigen.
Zu Ehren der Gäſte findet morgen Nachmittags
1 Uhr ein Diner im Clublocale des „Hotel Lauer“
ſtatt. Nach demſelben erfolgt die Abreiſe der Gäſte
nach Prag.
(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)
Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des
Stadtverordneten-Collegiums iſt folgende: Geſuch
der Theaterdirection um erhöhte Eintrittspreiſe
bei einem Gaſtſpiele. — Bericht der Rechnungs-
abtheilung über mehrere Zuflüſſe zum Penſions-
fond der ſtädt. Beamten. — Note der Sparkaſſa-
Direction über die beantragte Aenderung
der Sparcaſſa-Statuten. — Vorlage der Bau-
materialien-Rechnung für das Jahr 1885. —
Bericht der 1. Section über den Ankauf des
Hauſes Nr. 435 in Olmütz. (2. Leſung.) —
Bericht der erſten Section bezüglich der Eingabe
des Stadtparkgärtners um Erhöhung des Ar-
beiter-Pauſchalbetrages und Errichtung eines
neuen Glashauſes. — Bericht der 1. Section
über die Eingabe des Vereines „Mähriſcher
Zuckerfabriken“ bezüglich des Tauſches der, der Stadt
Olmütz gehörigen Parcellenantheile Nr. 958/3
und Nr. 957/4. — Bericht der 1. Section über
das mit 31. October 1886 erfolgende Erlöſchen
des Vertrages bezüglich des Jahrmarktsbuden.
(Verlobung.) Herr Max Hirſch, Maſchinen-
fabrikant in Schlan, ein Sohn des hieſigen
Hausbeſitzers, Herrn Martin Hirſch hat ſich mit
Fräulein Marie Etterich aus Trautenau verlobt.
(Vom Olmützer Gewerbevereine.) Wir
machen die Mitglieder des Olmützer Gewerbe-
vereines darauf aufmerkſam, daß die Vereins-
localitäten (Realſchule) heute von halb 7 bis
9 Uhr Abends für Mitglieder und Gäſte ge-
öffnet ſind.
(Ernennungen.) Der Wirthſchaftsinſpector
des Staatsgeſtüts in Radautz, Eduard Freiherr
Schwarz v. Meiler, wurde zum Landescultur-
Inſpector von Niederöſterreich, Mähren und Schle-
ſien mit dem Amtsſitze in Wien und der Civil-
Ingenieur Theodor Herzmansky zum Ingenieur
für den Staatsbaudtenſt in Schleſien ernannt.
(Vom deutſchen Vereine.) Der hieſige
deutſche Verein beabſichtigt unmittelbar nach Oſtern
eine Mitgliederverſammlung abzuhalten, in wel-
cher ſowol die allgemeine politiſche Lage, als auch
die ſpeciellen Verhältniſſe Mährens unter dem
gegenwärtigen Regime zur Beſprechung gelangen
ſollen. —
(Die Hauptverſammlung der Männer-
Ortsgruppe „Olmütz und Amgebung“ des
deutſchen Schulvereins) wurde geſtern Vor-
mittags 10½ Uhr im Caſinoſaale unter recht
zahlreicher Betheiligung der Mitglieder abgehalten.
Der Obmann der Ortsgruppe, Herr Robert
Primaveſi begrüßt die Anweſenden mit herz-
lichen Worten und richtete an dieſelben die Bitte
immer und ſtets des deutſchen Schulvereins ein-
gedenk zu ſein und denſelben kräftigſt zu unter-
ſtützen, damit derſelbe ſeiner Aufgabe gerecht wer-
den könne. Die Verhältniſſe der Ortsgruppe
Olmütz ſeien nicht die günſtigſten, die Mitglieder-
anzahl und die Spenden ſeien zurückgegangen;
es müſſe daher getrachtet werden, der Ortsgruppe
neue Mitglieder zuzuführen und dieſelbe auch
anderweitig zu unterſtützen. Der Ausſchuß habe
beſchloſſen, um der Ortsgruppe einen Beitrag
zuzuweden, demnächſt ein Concert zu Gunſten des
Schulvereins zu veranſtalten. Die Ausführungen
des Herrn Vorſitzenden fanden lebhafteſten Beifall.
Hierauf las Herr Schriftführer, Theodor
Knaute den von ihm verfaßten Jahresbericht
vor, der von der Verſammlung beifälligſt auf-
genommen wurde. Der Jahresbericht, der ein
umfaſſendes und getreues Bild der Thätigkeit des
Schulvereins und der hieſigen Ortsgruppe bietet
und den wir ſeinem Wortlaute nach demnächſt ver-
öffentlichen werden, zerfällt in drei Abtheilungen
u. zw. a) in den Bericht der Centralleitung, b)
in den Bericht über die Thätigkeit der Olmützer
Ortsgruppe und c) in den Bericht über die Paulo-
witzer Volksſchule. Der von Herrn Zahlmeiſter
W. Lang erſtattete Caſſabericht wird zur Kennt-
niß genommen und dem Referenten für die Er-
ſtattung des Berichtes Beifall gezollt.
Hierauf erfolgt die Neuwahl des Ausſchußes.
Die bisherigen Mitglieder desſelben, die Herren:
Robert Primaveſi (Obmann), Adolf Thannabaur
(Obmann-Stellvertreter), Th. Knaute (Schrift-
führer), Dr. Carl Schrötter (Schriftführer-Stell-
vertreter), W. Lang (Zahlmeiſter), und W. Sa-
liger (Zahlmeiſter-Stellvertreter) werden ein-
ſtimmig wieder gewählt.
Herr Th. Knaute ergriff hierauf das Wort
und ſchilderte in längerer Rede die Angriffe, deren
Ziel die Central-Leitung des Schulvereines und
deren wackerer Obmann Dr. Weitlof in letzterer
Zeit geweſen waren; er empfahl der Verſamm-
lung die Annahme der nachfolgenden Reſolution:
„Die Ortsgruppe „Olmütz und Umgebung“
des deutſchen Schulvereins iſt von tiefſtem Be-
dauern über die maßloſen und ungerechtfertigten
Angriffe, welche einzelne Ortsgruppen gegen den
Vorſtand des deutſchen Schulvereins, und insbe-
ſondere gegen Herrn Dr. Weitlof gerichtet haben
erfüllt; ſie weiſt die Bemühungen, eine con-
feſſionelle Spaltung in die Reihen des Schulvereins
zu bringen, als eine freiſinnigen Anſchauungen
zuwiderlaufende beklagenswerthe Verirrung zurück,
ſie erklärt, daß Vorſtand und Schiedsgericht nach
dem klaren Wortlaute der Satzungen vollſtändig
ordnungsmäßig gehandelt haben, ſie fordert die
Mitglieder des Schulvereins auf, ihre Sonder-
intereſſen nicht in einen Verein zu tragen, der
den Ausbau der freien deutſchen Schule, dem
Heile der deutſchen Jugend gewidmet iſt, ſie ſpricht
ſchließlich dem Geſammtvorſtande des deutſchen
Schulvereins (insbeſondere aber dem Herrn Dr.
Weitlof) für die raſtloſen und ſelbſtloſen Be-
mühungen im Dienſte des deutſchen Volksthums
den wärmſten Dank aus und bittet auf Grund
Im Bann des Schickſals.
Roman von Moritz Lilie.
(67.)
Sie hatte Alexis nie nach ſeinem Vermögen
gefragt, und bei der Kürze ihres Zuſammenlebens
auch keine Zeit gewonnen, einen genaueren Einblick
in deſſen finanzielle Lage zu thun.
Namentlich die Pachtverhältniſſe über die Güter
ihres Mannes lernte ſie erſt aus den vorgefundenen
Contracten kennen, denn der Einzige, welcher hätte
genaue Auskunft geben können, der Onkel und Vor-
mund des Verſtorbenen, war verſchollen, Niemand
kannte ſeinen Aufenthalt, obwohl man annahm, daß
Paris der Ort ſei, wohin er ſich gewendet habe.
Die Scham über ſeine Veruntreuungen hatte
ihn aus der Nähe ſeines von ihm betroffenen Nef-
fen verbannt; mit dem unrechtmäßig erworbenen
Gelde war er unter Bruch des Handgelöbniſſes dem
über ihn verhängten Hausarreſt entflohen, und alle
Nachforſchungen nach ihm blieben erfolglos, ſo daß
Agnes nicht einmal in der Lage war, ihm den Tod
ſeines nächſten Verwandten anzuzeigen.
Die Glocke an der Vorſaalthür ertönte, zum
Zeichen, daß Jemand Einlaß begehrte.
Gleich darauf meldete das Mädchen den Ma-
ler Wallburg.
Agnes nickte zuſtimmend, und Herbert trat
ein, während die junge Frau die Schriftſtücke zu-
ſammenlegte und ihrem Vater reichte, der ſie ſorg-
fältig verſchloß.
„Ich komme, um mich nach ihrem Beſinden
zu erkundigen, gnädige Frau,“ begann der Maler,
einige Schritte näher tretend.
„Als ich Sie das letzte Mal in Rom ſah,
fürchtete ich ernſtlich für Ihre Geſundheit, da ich
bemerkte, wie ſehr Sie ſich in Folge des ſo plötz-
lich eingetretenen Unglücksfalles angegriffen fühlten.
Auf die Wangen der jungen Witwe trat die
Röthe der Verlegenheit. Sollte ſie ſich von dem
Manne, der ihr einſt ſo nahe geſtanden hatte, mit
der förmlichen Titulatur: „Gnädige Frau“ anreden
laſſen, ſie die ehemalige Stickerin, die Tochter des
armen Penſionärs?
„Es iſt ſo ziemlich überwunden, Herr Wall-
burg, ich danke für Ihre Theilnahme, wenn ich auch
den Entſchlafenen nie vergeſſen werde!“ verſetzte ſie,
indem ſie den Künſtler mit einer Handbewegung
zum Platznehmen einlud.
„Und Sie, — haben Sie Ihre Studien in
Rom bereits vollendet?“
„Seit länger als zwei Monaten bin ich wie-
der hier in meiner Vaterſtadt eingetroffen. Es war
mir nicht länger möglich, in der alten Trümmer-
ſtadt zu verweilen, wie mit unſichtbaren Banden
zog es mich zurück nach der Heimath und ich mußte
dieſem unwiderſtehlichen Zuge folgen, wollte ich nicht
meine ganze freudige Schaffenskraft lähmen, Pinſel
und Palette verſtauben laſſen.“
Seine dunklen Augen ruthen mit innigem, lie-
bewarmen Ausdruck auf der jugendlichen Geſtalt, die
durch das knappe, ſchwarze Coſtüm auf das Vor-
theilhafteſte gehoben wurde.
Die blonde Lockenfülle ergoß ſich wie ein gol-
dener Strom über Haupt und Nacken, und das
herrliche, tiefblaue Auge blickte ſo wahr und ohne
Falſch zu dem jungen Manne hinüber, daß er ſich
ſagen mußte: bei Gott, ſie iſt hinreißend ſchön! Wo
hatte er die Augen gehabt, als er um der Sänge-
rin willen dieſes wunderbar reizende Weſen auch
nur einen Augenblick lang vernachläſſigen konnte?
„Und dieſe Sehnſucht nach der Heimath trat
erſt ein, nachdem Sie bereits über ein Jahr in
Rom gelebt hatten?“
Der Maler ſenkte die Augen.
„Es war vielleicht nicht die Stätte, wo ich
meine Jugend verlebte, an ſich, welche das Verlan-
gen, zurückzukehren in mir weckte, nicht die Häuſer,
die Straßen, die Menſchen, nach denen ich mich
ſehnte, ſondern es war eine einzige plötzliche Er-
ſcheinung, die unerwartet überraſchend vor mein
Auge trat und eine Zeit des ſüßeſten, reinſten Glü-
ckes heraufzauberte aus dem Meere der Erinnerung.
Von dieſem Augenblicke an fand ich weder Ruhe
und Raſt; Rom mit allen ſeinen Kunſtſchätzen war
mir gleichgiltig, zuwider geworden, ich mußte zurück
aus den langweiligen Oliven- und Citronenhainen,
aus den ſtarren Ruinen, die in der Sonnengluth
brannten, zurück in mein liebes, rauhes Deutſch-
land, zu ſeinen Tannen- und Buchenwäldern, ſeinen
fleißigen, thatkräftigen Bewohnern, zu ihr, deren
Bild mich im Wachen und Träumen umſchwebte.“
„Noch einmal wollte ich Sie ſehen, noch ein-
mal Ihre ſüße Stimme hören, und dann mich in
mein Atelier vergraben und in der Kunſt Erſatz
ſuchen für das entflohene Liebesglück.
„Sie wieſen mich nicht von Ihrec Thür, Ag-
nes, Sie vergönnten mir noch einmal das Glück,
Sie ſehen und ſprechen zu dürfen. — haben Sie
Dank für Ihre Güte!“
„Und die Baronin von Rodovicz. Herr Wall-
burg, was iſt aus ihr geworden? Man hat mir
geſagt, Sie ſeien mit Ihr verlobt!“
„Man hat Sie falſch berichtet, ſoweit iſt es
zwiſchen uns nicht gekommen! Als Sie mir wenige
Wochen nach meiner Abreiſe nach Rom den letzten
Brief ſchrieben und mir in kaltem nüchternen Wor-
ten erklärten, aus unſerer Verbindung könne Nichts
werden, Ihre Kindespflicht gebiete Ihnen zurückzu-
treten, da mußte ich an der Menſchheit verzweifeln-
denn jetzt erſt fühlte ich, wie unendlich heiß ich Sie
geliebt hatte. (Fortſetzung folgt.)
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