Mährisches Tagblatt. Nr. 15, Olmütz, 20.01.1890.[Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zustellung ins Haus monat- Auswärts durch die Post: Einzelne Nummern 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insertionsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- Manuscripte werden nicht zu Nr. 15. Olmütz, Montag, den 20. Jänner 1890. 11. Jahrgang [Spaltenumbruch] Das sechzigste Geburtsfest des Herrn Bürgermeisters Josef v. Engel. Olmütz, 20. Jänner. Der gestrige Tag, an welchem der Büger- Alle Kreise der Stadt wetteiferten Herrn Besonders glänzend gestaltete sich die Gra- Um die genannte Stunde versammelten sich [Spaltenumbruch] Von den erschienenen Corporationen wurde Herr Vicebürgermeister Wilhelm Nather Euer Hochwohlgeboren! Gestatten sie heute, am Gedenktage Ihrer Das löbliche Stadtverordneten-Collegium Möge Gott Ihrer hochgeachteten Familie Tiefbewegt nahm Herr Bürgermeister von Meine hochgeehrten Herren und lieben Freunde! Sie erweisen meinem Alter von 60 Jahren, [Spaltenumbruch] Feuilleton. Vom Brünner Theater. Erste Aufführung des vieractigen Schauspieles "Der Schatten". (Original-Feuilleton des "Mährischen Tagblattes".) Wir leben in einer Zeit, in welcher sich auf Allein bald nach der Vermählung muß er Das Stück hätte ein Schauspiel bleiben kön- [Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zuſtellung ins Haus monat- Auswärts durch die Poſt: Einzelne Nummern 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- Manuſcripte werden nicht zu Nr. 15. Olmütz, Montag, den 20. Jänner 1890. 11. Jahrgang [Spaltenumbruch] Das ſechzigſte Geburtsfeſt des Herrn Bürgermeiſters Joſef v. Engel. Olmütz, 20. Jänner. Der geſtrige Tag, an welchem der Büger- Alle Kreiſe der Stadt wetteiferten Herrn Beſonders glänzend geſtaltete ſich die Gra- Um die genannte Stunde verſammelten ſich [Spaltenumbruch] Von den erſchienenen Corporationen wurde Herr Vicebürgermeiſter Wilhelm Nather Euer Hochwohlgeboren! Geſtatten ſie heute, am Gedenktage Ihrer Das löbliche Stadtverordneten-Collegium Möge Gott Ihrer hochgeachteten Familie Tiefbewegt nahm Herr Bürgermeiſter von Meine hochgeehrten Herren und lieben Freunde! Sie erweiſen meinem Alter von 60 Jahren, [Spaltenumbruch] Feuilleton. Vom Brünner Theater. Erſte Aufführung des vieractigen Schauſpieles „Der Schatten“. (Original-Feuilleton des „Mähriſchen Tagblattes“.) Wir leben in einer Zeit, in welcher ſich auf Allein bald nach der Vermählung muß er Das Stück hätte ein Schauſpiel bleiben kön- <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">“Mähriſche Tagblatt”</hi><lb/> mit der illuſtr. alle 14 Tage<lb/> 1 Bogen ſtark erſcheinenden<lb/><hi rendition="#b">„Illuſtrirt. 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Brücken hat ſich damit abgefunden,<lb/> umſo mehr, als die Welt nichts davon wiſſen<lb/> konnte und Nehringen weit weg iſt.</p><lb/> <p>Allein bald nach der Vermählung muß er<lb/> mit Befremden ſehen, daß er mit dieſem ſo gut<lb/> gemeinten Schritte nichts beſſer gemacht hat.<lb/> Alles zieht ſich von ihm zurück, denn das Vor-<lb/> urtheil gegen die Operettenſängerin wirkt zu<lb/> mächtig. Ein Schatten tritt unheimlich zwiſchen<lb/> ihn und ſeine Gattin; Brücken gibt ſeine amt-<lb/> liche Stellung auf und will der Geſellſchaft den<lb/> Rücken wenden, allein nachgerade fehlt ihm die<lb/> rechte Energie, und als vollends der Verführer<lb/> Nehringen auf dem Plane erſcheint, wird die<lb/> Lage eine verzweifelte. Edith, die alles mit tief-<lb/> ſtem Schmerze kommen geſehen, vermag den<lb/> jungen Nehringen nicht zum Weichen zu bewe-<lb/> gen, ſie ſieht aber auch keinen anderen Ausweg,<lb/><cb/> um ihrem geliebten Gatten Stellung und Ruhe<lb/> zurückzubringen, als den Tod, den ſie auch frei-<lb/> willig in den Wellen findet.</p><lb/> <p>Das Stück hätte ein Schauſpiel bleiben kön-<lb/> nen, wenn der Dichter den Conflict auf die<lb/> Weiſe gelöſt hätte, daß Nehringen von Brückens<lb/> Hand beſeitigt wird, worauf dieſer ſelbſt mit<lb/> ſeiner Gattin einen fern gelegenen, neuen Auf-<lb/> enthalt nimmt. Allein dadurch wäre die conſe-<lb/> quente Zeichnung des vornehmen Characters der<lb/> Edith unmöglich geworden. Freilich wüßten wir<lb/> noch eine andere Löſung, die ganz modern, dabei<lb/> aber originell und vernünftig geweſen wäre. Da<lb/> die Vermählung Brückens mit einer Operetten-<lb/> ſängerin als Scandal befunden wird, als ein<lb/> größeres Uebel im Verhältniß zu den früheren<lb/> — gut, die Beiden laſſen ſich ſcheiden und lieben<lb/> ſich und leben wie früher. Doch wie geſagt, dem<lb/> Dichter handelte es ſich um ſeine Edith einzig<lb/> und allein; darum gerieth ihm auch ihr Gatte<lb/> ſo wenig gut in der geſammten Haltung. Edith<lb/> iſt ein Opfer geworden; deshalb, ſowie im Hin-<lb/> blick auf ihr tadelloſes Leben ſeit jener Zeit, iſt<lb/> das Maß der „Schuld“ für den tragiſchen Zweck<lb/> zu gering geworden. Wenn ſie dennoch, blos<lb/> durch die unglücklichen äußeren Umſtände, in den<lb/> Tod getrieben wird, ſo überwiegt bei dem Zu-<lb/> hörer das Gefühl das Mitleids und die noth-<lb/> wendige poetiſche Gerechtigkeit iſt verletzt, umſo-<lb/> mehr als Nehringen unangefochten bleibt, das<lb/> Laſter alſo triumphirt. 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Das
“Mähriſche Tagblatt”
mit der illuſtr. alle 14 Tage
1 Bogen ſtark erſcheinenden
„Illuſtrirt. Sonntagsbeil.“
erſcheint mit Ausnahme der
Sonn- und Feiertage täglich.
Ausgabe 2 Uhr Nachmittag
im Adminiſtrationslocale.
Niederring Nr. 41 neu
ober den Fleiſchbänken.
Abonnement für Olmütz:
Ganzjährig fl. 10.—
Halbjährig „ 5.
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Monatlich „ —.90
Zuſtellung ins Haus monat-
lich 10 Kreuzer,
Auswärts durch die Poſt:
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Einzelne Nummern 5 Kreuzer.
Mähriſches
Tagblatt.
Inſertionsgebühren
nach aufliegendem Tarif.
Außerhalb Olmütz überneh-
men Inſertions-Aufträge.
Heinrich Schalek, Annon-
cen-Exped. in Wien, I. Woll-
zeile Nr. 11, Haasenstein &
Vogler in Wien, Prag, Buda-
peſt, Berlin, Fraukfurt a. M.,
Hamburg, Baſel und Leipzig,
Alois Opellik, in Wien, Rud
Mosse in Wien, München u
Berlin, M. Dukes, Wien, I.
Schulerſtraße 8. G. L. Daube
und Co., Frankſurt a. M.
Adolf Steiner’s Annoncen-
bureau in Hamburg, ſowie
ſämmtl. conc. Inſertionsbu-
reaus des In- u. Auslandes-
Manuſcripte werden nicht zu
rückgeſtellt.
Nr. 15. Olmütz, Montag, den 20. Jänner 1890. 11. Jahrgang
Das ſechzigſte Geburtsfeſt des
Herrn Bürgermeiſters Joſef v.
Engel.
Olmütz, 20. Jänner.
Der geſtrige Tag, an welchem der Büger-
meiſter der Stadt Olmütz, Herr Joſef v. Engel
ſein ſechzigſtes Wiegenfeſt beging, brachte demſel-
ben eine außerordentlich große Anzahl von Ehrun-
gen, welche neuerdings den Beweis erbrachten,
welch’ großer Werthſchätzung und Hochachtung
ſich das allverehrte Oberhaupt unſerer Stadt er-
freut.
Alle Kreiſe der Stadt wetteiferten Herrn
Bürgermeiſter v. Engel ihre Sympathien zum
vollen Ausdruck zu bringen.
Beſonders glänzend geſtaltete ſich die Gra-
tulationscour, welche geſtern Vormittags 11 Uhr
im Bureau des Herrn Bürgermeiſters v. Engel
ſtattfand.
Um die genannte Stunde verſammelten ſich
im Gemeindeſaale die Herren Mitglieder des
Stadtverordneten-Collegiums mit Herrn Vicebür-
germeiſter Wilhelm Nather an der Spitze,
die ſtädt. Beamtenſchaft mit den Herren Stadt-
rath Franz Thometſchek und Rechnungsre-
ferenten Franz Sitta an der Spitze, ferner
Abordnungen aller hieſigen deutſchen Vereine und
mehrerer Corporationen um Herrn Bürgermei-
ſter v. Engel ihre Glückwünſche zu ſeinem ſech-
zigſten Geburtsfeſte darzubringen.
Von den erſchienenen Corporationen wurde
das Stadtverordneten-Collegium in
den mit exotiſchen Gewächſen hübſch geſchmückten
Amts-Bureau des Herrn Bürgermeiſters von
Engel zuerſt empfangen.
Herr Vicebürgermeiſter Wilhelm Nather
welcher an der Spitze der Herren Stadtverord-
neten ſtand, richtete an Herrn Bürgermeiſter von
Engel folgende formvollendete Anſprache:
Euer Hochwohlgeboren!
Geehrter Herr Bürgermeiſter!
Geſtatten ſie heute, am Gedenktage Ihrer
Geburt, welchen Sie bis nun im vertrauten
Kreiſe Ihrer lieben Familie zu feiern pflegten,
daß dieſem Feſte ſich diesmal ein weiterer
Kreis Ihrer Verehrer auſchließen darf, jener
des Stadtverordneten-Collegiums von Olmütz,
deſſen Mitglieder Ihr Geiſt, Ihre Liebenswür-
digkeit, gleichſam, zu einer Familie vereinigt
und zu dem Beſtreben entflammte Ihren ge-
meinnützigen Ideen, hochgeehrter Herr Bür-
germeiſter zu folgen und dieſelben nach Kräften
zu fördern und zu unterſtützen.
Das löbliche Stadtverordneten-Collegium
hat mich mit der hochehrenden Miſſion betraut.
Ihnen, geehrteſter Herr Bürgermeiſter, an Ihrem
für uns und die ganze Stadt ſo bedeutungs-
vollen 60. Geburtsfeſte eine Beglückwünſchungs-
Adreſſe zu überreichen, welche Ausdruck verleiht
unſeren tiefempfundenen Gefühlen der Ver-
ehrung, der Dankbarkeit und Anerkennung
Ihrer unvergänglichen Verdienſte um die Stadt
Olmütz und deren Wiederaufblühen.
Möge Gott Ihrer hochgeachteten Familie
noch lange Jahre erhalten den geliebten Vater
und Gatten, der Stadt Olmütz den hochbegabten
Bürgermeiſter, dem Stadtverordneten-Collegium
ſeinen bewährten vortrefflichen Leiter und Führer
auf der Bahn des Fortſchrittes.
Tiefbewegt nahm Herr Bürgermeiſter von
Engel die ihm überreichte Beglückwünſchungs-
Adreſſe entgegen und erwiderte die Anſprache des
Herrn Vicebürgermeiſters Nather mit folgen-
den Worten:
Meine hochgeehrten Herren und lieben Freunde!
Sie erweiſen meinem Alter von 60 Jahren,
welches ſoeben erſt eine Probe ſeiner Gebrech-
lichkeit und ſeines Anſpruchs auf Ihre Nach-
ſicht abgelegt hat, eine viel zu große Aufmerk-
ſamkeit, indem Sie demſelben eine ſo herzliche,
feierliche und hochehrende Kundgebung widmen.
Sie gehen ſchon aus dem Grunde viel zu weit,
weil von den 60 Jahren meines Lebens doch
nur die letzten 28 Jahre meiner Thätigkeit
als Gemeindevertreter angehörten, in welcher
ich öffentlich zu wirken berufen war und welche
Sie mir vielleicht zu einigem Dienſt und Ver-
dienſt anrechnen. Und unter einer beſonderen
Gunſt der Verhältniſſe ſtanden ſie allerdings,
dieſe 28 Jahre! Sie knüpften an die erſten
Regungen der wiedererwachten Gemeindeauto-
nomie, aus welcher im Gemeindeleben alles
Schöne und alles Erſprießliche herkommt; ſie
Feuilleton.
Vom Brünner Theater.
Erſte Aufführung des vieractigen Schauſpieles
„Der Schatten“.
Von Paul Lindau.
(Original-Feuilleton des „Mähriſchen Tagblattes“.)
Wir leben in einer Zeit, in welcher ſich auf
dramatiſchem Gebiete die abſonderlichſten Erſchei-
nungen zeigen; eine Unzahl von Schriftſtellern
iſt auf dieſem Felde fieberhaft thätig, ohne daß
ſie ſelbſt, noch das Publicum die erhoffte Befrie-
digung gewännen und die wenig erfreuliche Lage
des Theatergeſchäftes iſt eine ſtändige. Ein kenn-
zeichnendes Merkmal iſt auch die Verwiſchung
der natürlichen Grenzen zwiſchen den einzelnen
Gattungen des Drama’s. Unſere Luſtſpiele ſind
Schwänke, unſere Schwänke eigentlich Poſſen und
das, was man uns oft unter dieſer letzteren
Etikette bietet, ſehr häufig Unſinn. In entgegen-
geſetzter Richtung ſchweißen manche Dramatiker
in der Abſicht, ein Luſtſpiel zu ſchreiben, die
ernſteſten Scenen mit luſtigen zuſammen, ſo daß
eine neue Gattung entſteht, wie wir ſie bis jetzt
nur als Volksſtück gekannt haben, eine ſchwäch-
liche Nachahmung des franzöſiſchen Salonſtückes.
Das neue „Schauſpiel“ Lindau’s. „Der Schatten“,
iſt nur im Beginne ein ſolches, nimmt auf der
Höhe der Entwicklung den Character eines
Trauerſpieles an und endet auch als ſolches. Der
Regierungsrath Freiherr v. Brücken hat die in
jeder Beziehung vortreffliche Operettenſängerin
Edith Mühlberg kennen und lieben gelernt. Ihr
Haus iſt ſein Haus, zugleich ein Mittelpunct
für den ungezwungenen Verkehr näher und ferner
ſtehender Freunde. Solch ein Verhältniß iſt aber
der ſogenannten guten Geſellſchaft ſchon lange
ein Stein des Anſtoßes; und als der Miniſte-
rialdirector Waldhofen ſeinem Freunde Brücken
dies ſo recht auseinanderſetzt — freilich nur
mit der geheimen Nebenabſicht, ihn mit ſeiner
Nichte Ellen zu verheiraten — faßt Brücken den
raſchen Entſchluß, ſeine bisherige Freundin zu
ſeiner Frau zu machen und durch dieſe Aeußer-
lichkeit die beſtandene „Unregelmäßigkeit“ zu be-
ſeitigen. Edith hat darein gewilligt, nicht ohne
früher ihrem Freunde geſtanden zu haben, daß
ſie vor Jahren als unerfahrene Choriſtin das
Opfer des gewiſſenloſen Leopold Nehringen ge-
worden. Brücken hat ſich damit abgefunden,
umſo mehr, als die Welt nichts davon wiſſen
konnte und Nehringen weit weg iſt.
Allein bald nach der Vermählung muß er
mit Befremden ſehen, daß er mit dieſem ſo gut
gemeinten Schritte nichts beſſer gemacht hat.
Alles zieht ſich von ihm zurück, denn das Vor-
urtheil gegen die Operettenſängerin wirkt zu
mächtig. Ein Schatten tritt unheimlich zwiſchen
ihn und ſeine Gattin; Brücken gibt ſeine amt-
liche Stellung auf und will der Geſellſchaft den
Rücken wenden, allein nachgerade fehlt ihm die
rechte Energie, und als vollends der Verführer
Nehringen auf dem Plane erſcheint, wird die
Lage eine verzweifelte. Edith, die alles mit tief-
ſtem Schmerze kommen geſehen, vermag den
jungen Nehringen nicht zum Weichen zu bewe-
gen, ſie ſieht aber auch keinen anderen Ausweg,
um ihrem geliebten Gatten Stellung und Ruhe
zurückzubringen, als den Tod, den ſie auch frei-
willig in den Wellen findet.
Das Stück hätte ein Schauſpiel bleiben kön-
nen, wenn der Dichter den Conflict auf die
Weiſe gelöſt hätte, daß Nehringen von Brückens
Hand beſeitigt wird, worauf dieſer ſelbſt mit
ſeiner Gattin einen fern gelegenen, neuen Auf-
enthalt nimmt. Allein dadurch wäre die conſe-
quente Zeichnung des vornehmen Characters der
Edith unmöglich geworden. Freilich wüßten wir
noch eine andere Löſung, die ganz modern, dabei
aber originell und vernünftig geweſen wäre. Da
die Vermählung Brückens mit einer Operetten-
ſängerin als Scandal befunden wird, als ein
größeres Uebel im Verhältniß zu den früheren
— gut, die Beiden laſſen ſich ſcheiden und lieben
ſich und leben wie früher. Doch wie geſagt, dem
Dichter handelte es ſich um ſeine Edith einzig
und allein; darum gerieth ihm auch ihr Gatte
ſo wenig gut in der geſammten Haltung. Edith
iſt ein Opfer geworden; deshalb, ſowie im Hin-
blick auf ihr tadelloſes Leben ſeit jener Zeit, iſt
das Maß der „Schuld“ für den tragiſchen Zweck
zu gering geworden. Wenn ſie dennoch, blos
durch die unglücklichen äußeren Umſtände, in den
Tod getrieben wird, ſo überwiegt bei dem Zu-
hörer das Gefühl das Mitleids und die noth-
wendige poetiſche Gerechtigkeit iſt verletzt, umſo-
mehr als Nehringen unangefochten bleibt, das
Laſter alſo triumphirt. Thatſächlich empfinden
wir am Schluſſe nichts von jener gewiſſen Be-
friedigung, die wir haben müſſen, wenn der
Held nicht nur durch widrige Verhältniſſe, ſon-
dern auch durch eigene „Schuld“ untergeht, ſon-
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