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Mährisches Tagblatt. Nr. 118, Olmütz, 22.05.1896.

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bietender meisterhafter Weise vollführt Herr Klein
sowohl allein wie mit seinen Kindern auf dem
Hochrade die schwierigsten Touren. Ihm steht sein
Sohn Arthur wacker zur Seite, ein vortrefflicher
Radfahrkünstler, der, während er ohne Leitstange
das Rad nur mit den Füßen fortbewegend
fährt, eine Violinpiece ausführt. Ganz herzig ist
der dreijährige Fritz Klein, heute wohl
der kleinste Radfahrer der Welt. Stürmischer,
nicht endenwollender Beifall lohnte die Vorfüh-
rung dieser Sensationsnummer. Größtes Interesse
erregte die nächste Nummer, das äußerst kunstvoll
ausgeführte Luftpotpourri des "Trio Palo",
eine ganz eigenartige gymnastische Production.
Miß Michaelitta, eine treffliche Reiterin, zeigte
große Sicherheit. Ganz nett präsentirte sich, was
Tanzfertigkeit betrifft, das Corps de Ballet, an
dessen Spitze zwei hübsche und gewandte Solo-
tänzerinnen stehen. Vielen Beifalles erfreute sich
die Vorführung des russischen Schimmelhengstes
"Nonius". Herr Director Henry ritt das pracht-
volle Thier in allen Gangarten der hohen Schule
und zeigte sich auch als Schulreiter von der
besten Seite. Eine Nummer von heiterster Wir-
kung war die Production der Mufikclowns
"Gebrüder Castagna", die Triks vor-
führen, die in ihrer Art ganz neu sind. Ver-
gessen sei auch nicht Mr. Barkes, der mit
seinen dressirten Eseln und einem putzigen Hünd-
chen Proben ausgezeichneter Dressur vorführt und
auch in seiner Rolle als "dummer August" von
zwerchfellerschütternder Wirkung ist. Um das sehr ge-
lungene Arrangement der Vorstellung machte sich
der Secretär des Circus Henry, Herrn Anton
Pilch sehr verdient, der mit rastlosem Eifer
gearbeitet hatte. Das Buffet, das Herr Baum
in einem elegant ausgestatteten Raume etablirte,
war vom Publicum förmlich belagert und bot zu
billigsten Preisen Delicatessen und trefflichen Ger-
stensaft aus der Dolleiner Brauerei.

(Tod auf den Schienen.)

Auf der Strecke
der Staatsbahn zwischen Hochstein und Budigs-
dorf ereignete sich am 19. d. M. Nachmittags
ein schwerer Unglücksfall. Es hatten sich gegen
5 Uhr mehrere Landleute aus Tattenitz von der
Feldarbeit nach Hause begeben, den Bahndamm
als Fußweg benützt und die 44 Meter lange
Eisenbahnbrücke nächst Budigsdorf überschritten.
Als sie sich ungefähr in der Mitte der Brücke
befanden, vernahmen sie das Dampfsignal des
um 5 Uhr 4 Min. jene Stelle passirenden, von
Olmütz nach Böhm.-Trübau verkehrenden Per-
sonenzuges. Die Arbeiter begannen nun zu lau-
fen, um die Brücke zu übersetzen, ehe sie der
Zug erreicht. Es gelang auch allen bis auf die
13jährige Häuslerstochter Anna Scherz, welche
den andern nicht rasch genug folgen konnte, von
dem Zuge erfaßt, niedergerissen und etwa zehn
Schritte weit geschleppt wurde. Hiebei wurde das
Mädchen förmlich scalpirt, die Haare und die
Kopfhaut blieben an den Rädern der Maschine
hängen. Das Mädchen selbst wurde mit zahl-
reichen Wunden bedeckt von den übrigen Arbei-
tern als Leiche aufgefunden. Auf Anordnung des
Districtsarztes Ast wurde die Leiche bis zum
Erscheinen der Gerichtscommission in die Todten-
kammer nach Tattenitz gebracht.




Vom Tage.
(Clara Schumann.)

Eine Depesche aus
Frankfurt a. M. meldet das dort vorgestern
erfolgte Ableben von Clara Schumann. Am
13. September 1819 zu Leipzig als die Tochter
des Tonkünstlers Friedrich Wielk geboren, war
Clara Schülerin ihres Vaters und unternahm
bereits als halbwüchsiges Mädchen große Con-
certreisen. Den größten Einfluß auf die künst-
lerische Entwicklung Claras, die, wie man weiß,
auch eine der hervorragendsten Pianistinnen ihrer
Zeit geworden, nahm selbstverständlich ihr Gatte
Robert Schumann, mit dem sie sich 1837 ver-
lobte und drei Jahre später vermählte. Nach
dem 1854 erfolgten Tode ihres Gatten lebte
Clara Schumann mit ihren Kindern zunächst
einige Jahre in Berlin, siedelte 1863 nach
Wiesbaden über und nahm dann für einige Zeit
die Virtuosenthätigkeit wieder auf. In den Jah-
ren 1878 bis 1892 nahm die nun Verstorbene
die Stelle einer ersten Clavierlehrerin am Hoch'-
schen Conservatorium in Frankfurt ein, wo sie
eine höchst erfolgreiche Thätigkeit entwickelte.
Frau Schumann war auch producirende Künst-
[Spaltenumbruch] lerin und gab eine ziemliche große Anzahl von
Composttionen heraus, darunter viele Lieder, ein
Clavierconcert, ein Trio, ferner Violin-Romanzen,
Präludien, Fugen und Variationen. Auch revi-
dirte sie die Gesammtausgabe der Werke Schu-
mann's und beschäftigte sich mit der Redaction
von pädagogischen Clavierwerken. -- Wie des
Weiteren telegraphirt wird, sollen sich im Nach-
lasse der Dahingeschiedenen Tagebuch-Aufzeich-
nungen finden, die, durch vierzig Jahre geführt,
die musikalische Entwicklung der letzten Jahrzehnte
beleuchten.

(Gemaßregelte Studenten.)

Vor einiger
Zeit wurde gemeldet, daß die Wiener Polizei-
Behörde gegen jene elf Studenten, welche die
bekannte Protestnote gegen die Millenniums-Feier-
lichkeit unterfertigt haben, eine Untersuchung ein-
geleitet hat. Unter diesen Studenten befanden
sich ein Ausländer, der reichsdeutsche Unter-
than Osthaus, ferner vier ungarische Unter-
thanen croatischer und rumänischer Nationalität
und sechs Oesterreicher. Die Polizei-Behörde hat
nun auf Grund der Untersuchung den Ausländer
Osthaus aus den im Reichsrathe vertretenen König-
reichen und Ländern ausgewiesen und die vier
ungarischen Unterthanen mit der Ausweisung
bedroht, falls sie ihre agitatorische Thätigkeit
fortsetzen sollten. Die Polizei-Behörde ging bei
dieser Entscheidung von der Ansicht aus, daß
jene aufreizende Agitation gegen die Millenniums-
Feier selbst für einen österreichischen Staats-
bürger ungehörig, für einen Ausländer aber ent-
schieden unstatthaft sei. Der Studirende Osthaus
hat gegen den Beschluß der Polizei-Behörde bei
dem Ministerium des Innern den Recurs er-
griffen.

(Anläßlich des Exercirens erschossen.)

Aus Budapest wird unterm 20. d. Mts. geschrieben:
"Gestern Vormittags 10 Uhr ereignete sich am
Rakos, in der militärischen Schießstätte, anläßlich
des Scheibenschießens der Infanterie ein Unglück-
fall mit tödtlichem Ausgange. Während nämlich
die Infanterie in der Schießstätte ihre Schieß-
übungen absolvirte, exercirte die Artillerie auf
einem Theile des Rakos. Plötzlich griff ein
Artillerist nach seinem Kopfe und stürzte mit
einem lauten Schrei leblos zufammen. Die her-
beigeeilten Kameraden fanden den Unglücklichen
bereits todt. Eine Mannlicher-Kugel, die sich von
der Schießstätte auf das Exercirfeld verirrt hatte,
bohrte sich in den Halswirbel und tödtete den
starken Mann auf der Stelle. Sein Leichnam
wurde in den Sezirsaal des Garnisonsspitals
Nr. 22. überführt und die Militärbehörde hat
die Untersuchung sofort eingeleitet"

(Der Anfall in der Großen Oper in
Paris.)

Ein Telegramm aus Paris meldet über
die Ursache dieses von uns schon erwähnten Un-
falles: "Der große Luster ist an sieben Kabel
oder eisernen Ketten befestigt, die sieben Gegen-
gewichte von je 500 Kilo tragen. Die Kabel
entlang laufen die electrischen Beleuchtungsdrähte,
von welchen mehrere sich berührten, erhitzten,
ein Kabel rothglühend machten und dadurch zum
Reißen brachten. Eines der Gegengewichte stürzte
ab, durchschlug den Plafond und erschlug auf der
letzten Galerie Madame Chaumet. Die Beschädi-
gung des Gebäudes ist eine ganz unbedeutende
und beschränkt sich auf ein anderthalb Meter
breites Loch im Plafond. Die Polizei gab die
Bewilligung zur Aufführung der für gestern an-
gekündigten Galavorstellung der Oper "Hamlet".




Telegramme
des "Mährischen Tagblattes".
(Vom Correspondenz-Burean.)

Das Landgericht verwarf
unter Verurtheilung zu den Kosten die Revision
der Angeklagten Zetoche, Hillert und Tscheuner,
welche am 9. März wegen Diebstahls des Ar-
mee-Verordnungs-Blattes, das den kaiserlichen Er-
laß mittheilt, zu 6, 3 und 1 Monate Gefäng-
niß verurtheilt worden waren.

Die Krönungsfeierlichkeiten in
Moskau.

Das Wetter ist kühl,
der Himmel theilweise bewölkt. Die Ausschmückung
der Stadt ist vollendet. Die Einzugsstraße und
die zuführenden Quergassen sind mit einem noch
nie dagewesenen Aufwande geschmückt. Arrange-
[Spaltenumbruch] ments von Fahnen in russischen Farben, Na-
menszüge, Büsten, Bildnisse des Kaiserpaares
schmücken die Häuser. Ueber die Straßen sind
Laubkränze und kronentragende Wimpel-Guir-
landen gespannt. Auf den öffentlichen Plätzen
sind mächtige Flaggenmäste und mit Kronen und
dem Doppeladler geschmückte Obelisken aufgestellt.
An verschiedenen Stellen der Einzugsstraße sind
Pavillons für die den Kaiser begrüßenden Stände
errichtet. Gegenüber dem geschmackvoll decorirten
Palais des Generalgouverneurs ist der Pavillon
für den Adel aufgestellt. In den Straßen wogt
seit frühem Morgen eine zahllose Menschen-
menge. Man sieht vorwiegend russische National-
trachten. Zahlreiche Tribünen für Tausende von
Zuschauern bestimmt, sind errichtet. Es herrscht
musterhafte Ordnung.

Der vom Petrowski-
Palast sich bewegende Festzug traf in der Bannmeile
der Stadt ein. 71 Salutschüsse entboten den
Gruß der Stadt. Der General-Gouverneur
Großfürst Sergius empfing hier den Kaiser.

Glockengeläute in der
großen Maria Himmelfahrts-Cathedrale gab das
Zeichen, daß die zur Theilnahme an dem fest-
lichen Einzuge des Kaiserpaares bestimmten
Persönlichkeiten sich zu versammeln haben. Gleich-
zeitig rückten die zur Theilnahme an dem Fest-
zuge und zur Bildung des Spalieres in den
Straßen aufgebotenen Truppen an ihre Bestim-
mungsorte. Eine ungeheuere, Kopf an Kopf
gedrängte Menschenmenge sammelte sich in
freudiger Erregung hinter dem Truppenspaliere
an. Drei Schüsse, abgegeben von der vor dem
Petrowskypalais aufgestellten reitenden Batterie,
bildeten das Zeichen zum Beginn des Zuges.
Daß dessen Spitze das Weichbild der Stadt
erreicht habe, wurde der harrenden Menge durch
71 Salutschüsse bekannt. Bei der alten Triumph-
pforte überreichten die Stadtverordneten mit dem
Stadtoberhaupte an der Spitze, die verschiedenen
Innungen, die Mitglieder des Gouvernements-
landschaftsamtes und die Vertreter des Börsen-
comites dem Kaiserpaare Salz und Brot. Die
gleiche Begrüßungsart wiederholte sich am Twer'-
schen Platze seitens des vom Adelsmarschall ge-
führten Adels des Gouvernements Moskau. Bei dem
Woßkressenski-Thore nahm der Kaiser die Huldigung
der Gouvernementsbehörden entgegen, und stieg
hierauf vom Pferde, um mit beiden Kaiserinnen,
welche den Wagen verlassen hatten, in der
Twer'schen Capelle bei dem wunderthätigen Hei-
ligenbild der Mutter Gottes Gebete zu verrich-
ten. Der Zug bewegte sich hierauf, nachdem der
Kaiser das Pferd bestiegen und die Kaiserinnen
in dem Wagen Platz genommen hatten, nach
dem Kreml. Die allenthalben angesammelte
Menge brach, als sie der Majestäten ansichtig
wurde, in brausende Hurrahrufe aus 85 Kanonen-
schüsse verkündigten der Menge, daß die Majestä-
ten die Uskensky-Cathedrale betreten hatten. Nach
Verrichtung der Gebete in derselben begab sich
Kaiser Nicolaus und die Kaiserinnen nach dem
Kremlpalais. 101 Kanonenschüsse sowie das Ge-
läute sämmtlicher Glocken signalisirten den Mo-
ment der Vollendung des Einzuges. Die Maje-
stäten verblieben einige Stunden im Kremlpalais
und begaben sich hierauf nach dem Alexander-
palais.

Der Aufstand auf Cuba.

Eine Depesche des
"Impercial" aus Havannah meldet, daß es dem
Gros der Insurgentenbande des Maximo Gomez
gelungen sei, den Fluß Hanabana zu überschreiten
und den Marsch nach Westen fortzusetzen, um
seine Vereinigung mit den Kräften Maceo's
anzubahnen.




Neueste Nachrichten.


Professor Sueß über die Lage.

Der politische Verein "Donauclub" in
Wien hatte für gestern Abends in die Saalloca-
litäten des "Hotel Stephanie" eine Plenarver-
sammlung einberufen, in welcher Reichsrathsab-
geordneter Professor Eduard Sueß seinen
Austritt aus dem Club der Verei-
nigten deutschen Linken
motivirte. Außer
den Vereinsmitgliedern hatten sich auch einige
hundert Wähler, sowie die Abg. Wrabetz und

[Spaltenumbruch]

bietender meiſterhafter Weiſe vollführt Herr Klein
ſowohl allein wie mit ſeinen Kindern auf dem
Hochrade die ſchwierigſten Touren. Ihm ſteht ſein
Sohn Arthur wacker zur Seite, ein vortrefflicher
Radfahrkünſtler, der, während er ohne Leitſtange
das Rad nur mit den Füßen fortbewegend
fährt, eine Violinpiece ausführt. Ganz herzig iſt
der dreijährige Fritz Klein, heute wohl
der kleinſte Radfahrer der Welt. Stürmiſcher,
nicht endenwollender Beifall lohnte die Vorfüh-
rung dieſer Senſationsnummer. Größtes Intereſſe
erregte die nächſte Nummer, das äußerſt kunſtvoll
ausgeführte Luftpotpourri des „Trio Palo“,
eine ganz eigenartige gymnaſtiſche Production.
Miß Michaelitta, eine treffliche Reiterin, zeigte
große Sicherheit. Ganz nett präſentirte ſich, was
Tanzfertigkeit betrifft, das Corps de Ballet, an
deſſen Spitze zwei hübſche und gewandte Solo-
tänzerinnen ſtehen. Vielen Beifalles erfreute ſich
die Vorführung des ruſſiſchen Schimmelhengſtes
„Nonius“. Herr Director Henry ritt das pracht-
volle Thier in allen Gangarten der hohen Schule
und zeigte ſich auch als Schulreiter von der
beſten Seite. Eine Nummer von heiterſter Wir-
kung war die Production der Mufikclowns
„Gebrüder Caſtagna“, die Triks vor-
führen, die in ihrer Art ganz neu ſind. Ver-
geſſen ſei auch nicht Mr. Barkes, der mit
ſeinen dreſſirten Eſeln und einem putzigen Hünd-
chen Proben ausgezeichneter Dreſſur vorführt und
auch in ſeiner Rolle als „dummer Auguſt“ von
zwerchfellerſchütternder Wirkung iſt. Um das ſehr ge-
lungene Arrangement der Vorſtellung machte ſich
der Secretär des Circus Henry, Herrn Anton
Pilch ſehr verdient, der mit raſtloſem Eifer
gearbeitet hatte. Das Buffet, das Herr Baum
in einem elegant ausgeſtatteten Raume etablirte,
war vom Publicum förmlich belagert und bot zu
billigſten Preiſen Delicateſſen und trefflichen Ger-
ſtenſaft aus der Dolleiner Brauerei.

(Tod auf den Schienen.)

Auf der Strecke
der Staatsbahn zwiſchen Hochſtein und Budigs-
dorf ereignete ſich am 19. d. M. Nachmittags
ein ſchwerer Unglücksfall. Es hatten ſich gegen
5 Uhr mehrere Landleute aus Tattenitz von der
Feldarbeit nach Hauſe begeben, den Bahndamm
als Fußweg benützt und die 44 Meter lange
Eiſenbahnbrücke nächſt Budigsdorf überſchritten.
Als ſie ſich ungefähr in der Mitte der Brücke
befanden, vernahmen ſie das Dampfſignal des
um 5 Uhr 4 Min. jene Stelle paſſirenden, von
Olmütz nach Böhm.-Trübau verkehrenden Per-
ſonenzuges. Die Arbeiter begannen nun zu lau-
fen, um die Brücke zu überſetzen, ehe ſie der
Zug erreicht. Es gelang auch allen bis auf die
13jährige Häuslerstochter Anna Scherz, welche
den andern nicht raſch genug folgen konnte, von
dem Zuge erfaßt, niedergeriſſen und etwa zehn
Schritte weit geſchleppt wurde. Hiebei wurde das
Mädchen förmlich ſcalpirt, die Haare und die
Kopfhaut blieben an den Rädern der Maſchine
hängen. Das Mädchen ſelbſt wurde mit zahl-
reichen Wunden bedeckt von den übrigen Arbei-
tern als Leiche aufgefunden. Auf Anordnung des
Diſtrictsarztes Aſt wurde die Leiche bis zum
Erſcheinen der Gerichtscommiſſion in die Todten-
kammer nach Tattenitz gebracht.




Vom Tage.
(Clara Schumann.)

Eine Depeſche aus
Frankfurt a. M. meldet das dort vorgeſtern
erfolgte Ableben von Clara Schumann. Am
13. September 1819 zu Leipzig als die Tochter
des Tonkünſtlers Friedrich Wielk geboren, war
Clara Schülerin ihres Vaters und unternahm
bereits als halbwüchſiges Mädchen große Con-
certreiſen. Den größten Einfluß auf die künſt-
leriſche Entwicklung Claras, die, wie man weiß,
auch eine der hervorragendſten Pianiſtinnen ihrer
Zeit geworden, nahm ſelbſtverſtändlich ihr Gatte
Robert Schumann, mit dem ſie ſich 1837 ver-
lobte und drei Jahre ſpäter vermählte. Nach
dem 1854 erfolgten Tode ihres Gatten lebte
Clara Schumann mit ihren Kindern zunächſt
einige Jahre in Berlin, ſiedelte 1863 nach
Wiesbaden über und nahm dann für einige Zeit
die Virtuoſenthätigkeit wieder auf. In den Jah-
ren 1878 bis 1892 nahm die nun Verſtorbene
die Stelle einer erſten Clavierlehrerin am Hoch’-
ſchen Conſervatorium in Frankfurt ein, wo ſie
eine höchſt erfolgreiche Thätigkeit entwickelte.
Frau Schumann war auch producirende Künſt-
[Spaltenumbruch] lerin und gab eine ziemliche große Anzahl von
Compoſttionen heraus, darunter viele Lieder, ein
Clavierconcert, ein Trio, ferner Violin-Romanzen,
Präludien, Fugen und Variationen. Auch revi-
dirte ſie die Geſammtausgabe der Werke Schu-
mann’s und beſchäftigte ſich mit der Redaction
von pädagogiſchen Clavierwerken. — Wie des
Weiteren telegraphirt wird, ſollen ſich im Nach-
laſſe der Dahingeſchiedenen Tagebuch-Aufzeich-
nungen finden, die, durch vierzig Jahre geführt,
die muſikaliſche Entwicklung der letzten Jahrzehnte
beleuchten.

(Gemaßregelte Studenten.)

Vor einiger
Zeit wurde gemeldet, daß die Wiener Polizei-
Behörde gegen jene elf Studenten, welche die
bekannte Proteſtnote gegen die Millenniums-Feier-
lichkeit unterfertigt haben, eine Unterſuchung ein-
geleitet hat. Unter dieſen Studenten befanden
ſich ein Ausländer, der reichsdeutſche Unter-
than Oſthaus, ferner vier ungariſche Unter-
thanen croatiſcher und rumäniſcher Nationalität
und ſechs Oeſterreicher. Die Polizei-Behörde hat
nun auf Grund der Unterſuchung den Ausländer
Oſthaus aus den im Reichsrathe vertretenen König-
reichen und Ländern ausgewieſen und die vier
ungariſchen Unterthanen mit der Ausweiſung
bedroht, falls ſie ihre agitatoriſche Thätigkeit
fortſetzen ſollten. Die Polizei-Behörde ging bei
dieſer Entſcheidung von der Anſicht aus, daß
jene aufreizende Agitation gegen die Millenniums-
Feier ſelbſt für einen öſterreichiſchen Staats-
bürger ungehörig, für einen Ausländer aber ent-
ſchieden unſtatthaft ſei. Der Studirende Oſthaus
hat gegen den Beſchluß der Polizei-Behörde bei
dem Miniſterium des Innern den Recurs er-
griffen.

(Anläßlich des Exercirens erſchoſſen.)

Aus Budapeſt wird unterm 20. d. Mts. geſchrieben:
„Geſtern Vormittags 10 Uhr ereignete ſich am
Rákos, in der militäriſchen Schießſtätte, anläßlich
des Scheibenſchießens der Infanterie ein Unglück-
fall mit tödtlichem Ausgange. Während nämlich
die Infanterie in der Schießſtätte ihre Schieß-
übungen abſolvirte, exercirte die Artillerie auf
einem Theile des Rákos. Plötzlich griff ein
Artilleriſt nach ſeinem Kopfe und ſtürzte mit
einem lauten Schrei leblos zufammen. Die her-
beigeeilten Kameraden fanden den Unglücklichen
bereits todt. Eine Mannlicher-Kugel, die ſich von
der Schießſtätte auf das Exercirfeld verirrt hatte,
bohrte ſich in den Halswirbel und tödtete den
ſtarken Mann auf der Stelle. Sein Leichnam
wurde in den Sezirſaal des Garniſonsſpitals
Nr. 22. überführt und die Militärbehörde hat
die Unterſuchung ſofort eingeleitet“

(Der Anfall in der Großen Oper in
Paris.)

Ein Telegramm aus Paris meldet über
die Urſache dieſes von uns ſchon erwähnten Un-
falles: „Der große Luſter iſt an ſieben Kabel
oder eiſernen Ketten befeſtigt, die ſieben Gegen-
gewichte von je 500 Kilo tragen. Die Kabel
entlang laufen die electriſchen Beleuchtungsdrähte,
von welchen mehrere ſich berührten, erhitzten,
ein Kabel rothglühend machten und dadurch zum
Reißen brachten. Eines der Gegengewichte ſtürzte
ab, durchſchlug den Plafond und erſchlug auf der
letzten Galerie Madame Chaumet. Die Beſchädi-
gung des Gebäudes iſt eine ganz unbedeutende
und beſchränkt ſich auf ein anderthalb Meter
breites Loch im Plafond. Die Polizei gab die
Bewilligung zur Aufführung der für geſtern an-
gekündigten Galavorſtellung der Oper „Hamlet“.




Telegramme
des „Mähriſchen Tagblattes“.
(Vom Correſpondenz-Burean.)

Das Landgericht verwarf
unter Verurtheilung zu den Koſten die Reviſion
der Angeklagten Zetoche, Hillert und Tſcheuner,
welche am 9. März wegen Diebſtahls des Ar-
mee-Verordnungs-Blattes, das den kaiſerlichen Er-
laß mittheilt, zu 6, 3 und 1 Monate Gefäng-
niß verurtheilt worden waren.

Die Krönungsfeierlichkeiten in
Moskau.

Das Wetter iſt kühl,
der Himmel theilweiſe bewölkt. Die Ausſchmückung
der Stadt iſt vollendet. Die Einzugsſtraße und
die zuführenden Quergaſſen ſind mit einem noch
nie dageweſenen Aufwande geſchmückt. Arrange-
[Spaltenumbruch] ments von Fahnen in ruſſiſchen Farben, Na-
menszüge, Büſten, Bildniſſe des Kaiſerpaares
ſchmücken die Häuſer. Ueber die Straßen ſind
Laubkränze und kronentragende Wimpel-Guir-
landen geſpannt. Auf den öffentlichen Plätzen
ſind mächtige Flaggenmäſte und mit Kronen und
dem Doppeladler geſchmückte Obelisken aufgeſtellt.
An verſchiedenen Stellen der Einzugsſtraße ſind
Pavillons für die den Kaiſer begrüßenden Stände
errichtet. Gegenüber dem geſchmackvoll decorirten
Palais des Generalgouverneurs iſt der Pavillon
für den Adel aufgeſtellt. In den Straßen wogt
ſeit frühem Morgen eine zahlloſe Menſchen-
menge. Man ſieht vorwiegend ruſſiſche National-
trachten. Zahlreiche Tribünen für Tauſende von
Zuſchauern beſtimmt, ſind errichtet. Es herrſcht
muſterhafte Ordnung.

Der vom Petrowski-
Palaſt ſich bewegende Feſtzug traf in der Bannmeile
der Stadt ein. 71 Salutſchüſſe entboten den
Gruß der Stadt. Der General-Gouverneur
Großfürſt Sergius empfing hier den Kaiſer.

Glockengeläute in der
großen Maria Himmelfahrts-Cathedrale gab das
Zeichen, daß die zur Theilnahme an dem feſt-
lichen Einzuge des Kaiſerpaares beſtimmten
Perſönlichkeiten ſich zu verſammeln haben. Gleich-
zeitig rückten die zur Theilnahme an dem Feſt-
zuge und zur Bildung des Spalieres in den
Straßen aufgebotenen Truppen an ihre Beſtim-
mungsorte. Eine ungeheuere, Kopf an Kopf
gedrängte Menſchenmenge ſammelte ſich in
freudiger Erregung hinter dem Truppenſpaliere
an. Drei Schüſſe, abgegeben von der vor dem
Petrowskypalais aufgeſtellten reitenden Batterie,
bildeten das Zeichen zum Beginn des Zuges.
Daß deſſen Spitze das Weichbild der Stadt
erreicht habe, wurde der harrenden Menge durch
71 Salutſchüſſe bekannt. Bei der alten Triumph-
pforte überreichten die Stadtverordneten mit dem
Stadtoberhaupte an der Spitze, die verſchiedenen
Innungen, die Mitglieder des Gouvernements-
landſchaftsamtes und die Vertreter des Börſen-
comités dem Kaiſerpaare Salz und Brot. Die
gleiche Begrüßungsart wiederholte ſich am Twer’-
ſchen Platze ſeitens des vom Adelsmarſchall ge-
führten Adels des Gouvernements Moskau. Bei dem
Woßkreſſenski-Thore nahm der Kaiſer die Huldigung
der Gouvernementsbehörden entgegen, und ſtieg
hierauf vom Pferde, um mit beiden Kaiſerinnen,
welche den Wagen verlaſſen hatten, in der
Twer’ſchen Capelle bei dem wunderthätigen Hei-
ligenbild der Mutter Gottes Gebete zu verrich-
ten. Der Zug bewegte ſich hierauf, nachdem der
Kaiſer das Pferd beſtiegen und die Kaiſerinnen
in dem Wagen Platz genommen hatten, nach
dem Kreml. Die allenthalben angeſammelte
Menge brach, als ſie der Majeſtäten anſichtig
wurde, in brauſende Hurrahrufe aus 85 Kanonen-
ſchüſſe verkündigten der Menge, daß die Majeſtä-
ten die Uskenſky-Cathedrale betreten hatten. Nach
Verrichtung der Gebete in derſelben begab ſich
Kaiſer Nicolaus und die Kaiſerinnen nach dem
Kremlpalais. 101 Kanonenſchüſſe ſowie das Ge-
läute ſämmtlicher Glocken ſignaliſirten den Mo-
ment der Vollendung des Einzuges. Die Maje-
ſtäten verblieben einige Stunden im Kremlpalais
und begaben ſich hierauf nach dem Alexander-
palais.

Der Aufſtand auf Cuba.

Eine Depeſche des
„Impercial“ aus Havannah meldet, daß es dem
Gros der Inſurgentenbande des Maximo Gomez
gelungen ſei, den Fluß Hanabana zu überſchreiten
und den Marſch nach Weſten fortzuſetzen, um
ſeine Vereinigung mit den Kräften Maceo’s
anzubahnen.




Neueſte Nachrichten.


Profeſſor Sueß über die Lage.

Der politiſche Verein „Donauclub“ in
Wien hatte für geſtern Abends in die Saalloca-
litäten des „Hotel Stephanie“ eine Plenarver-
ſammlung einberufen, in welcher Reichsrathsab-
geordneter Profeſſor Eduard Sueß ſeinen
Austritt aus dem Club der Verei-
nigten deutſchen Linken
motivirte. Außer
den Vereinsmitgliedern hatten ſich auch einige
hundert Wähler, ſowie die Abg. Wrabetz und

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[[6]/0006] bietender meiſterhafter Weiſe vollführt Herr Klein ſowohl allein wie mit ſeinen Kindern auf dem Hochrade die ſchwierigſten Touren. Ihm ſteht ſein Sohn Arthur wacker zur Seite, ein vortrefflicher Radfahrkünſtler, der, während er ohne Leitſtange das Rad nur mit den Füßen fortbewegend fährt, eine Violinpiece ausführt. Ganz herzig iſt der dreijährige Fritz Klein, heute wohl der kleinſte Radfahrer der Welt. Stürmiſcher, nicht endenwollender Beifall lohnte die Vorfüh- rung dieſer Senſationsnummer. Größtes Intereſſe erregte die nächſte Nummer, das äußerſt kunſtvoll ausgeführte Luftpotpourri des „Trio Palo“, eine ganz eigenartige gymnaſtiſche Production. Miß Michaelitta, eine treffliche Reiterin, zeigte große Sicherheit. Ganz nett präſentirte ſich, was Tanzfertigkeit betrifft, das Corps de Ballet, an deſſen Spitze zwei hübſche und gewandte Solo- tänzerinnen ſtehen. Vielen Beifalles erfreute ſich die Vorführung des ruſſiſchen Schimmelhengſtes „Nonius“. Herr Director Henry ritt das pracht- volle Thier in allen Gangarten der hohen Schule und zeigte ſich auch als Schulreiter von der beſten Seite. Eine Nummer von heiterſter Wir- kung war die Production der Mufikclowns „Gebrüder Caſtagna“, die Triks vor- führen, die in ihrer Art ganz neu ſind. Ver- geſſen ſei auch nicht Mr. Barkes, der mit ſeinen dreſſirten Eſeln und einem putzigen Hünd- chen Proben ausgezeichneter Dreſſur vorführt und auch in ſeiner Rolle als „dummer Auguſt“ von zwerchfellerſchütternder Wirkung iſt. Um das ſehr ge- lungene Arrangement der Vorſtellung machte ſich der Secretär des Circus Henry, Herrn Anton Pilch ſehr verdient, der mit raſtloſem Eifer gearbeitet hatte. Das Buffet, das Herr Baum in einem elegant ausgeſtatteten Raume etablirte, war vom Publicum förmlich belagert und bot zu billigſten Preiſen Delicateſſen und trefflichen Ger- ſtenſaft aus der Dolleiner Brauerei. (Tod auf den Schienen.) Auf der Strecke der Staatsbahn zwiſchen Hochſtein und Budigs- dorf ereignete ſich am 19. d. M. Nachmittags ein ſchwerer Unglücksfall. Es hatten ſich gegen 5 Uhr mehrere Landleute aus Tattenitz von der Feldarbeit nach Hauſe begeben, den Bahndamm als Fußweg benützt und die 44 Meter lange Eiſenbahnbrücke nächſt Budigsdorf überſchritten. Als ſie ſich ungefähr in der Mitte der Brücke befanden, vernahmen ſie das Dampfſignal des um 5 Uhr 4 Min. jene Stelle paſſirenden, von Olmütz nach Böhm.-Trübau verkehrenden Per- ſonenzuges. Die Arbeiter begannen nun zu lau- fen, um die Brücke zu überſetzen, ehe ſie der Zug erreicht. Es gelang auch allen bis auf die 13jährige Häuslerstochter Anna Scherz, welche den andern nicht raſch genug folgen konnte, von dem Zuge erfaßt, niedergeriſſen und etwa zehn Schritte weit geſchleppt wurde. Hiebei wurde das Mädchen förmlich ſcalpirt, die Haare und die Kopfhaut blieben an den Rädern der Maſchine hängen. Das Mädchen ſelbſt wurde mit zahl- reichen Wunden bedeckt von den übrigen Arbei- tern als Leiche aufgefunden. Auf Anordnung des Diſtrictsarztes Aſt wurde die Leiche bis zum Erſcheinen der Gerichtscommiſſion in die Todten- kammer nach Tattenitz gebracht. Vom Tage. (Clara Schumann.) Eine Depeſche aus Frankfurt a. M. meldet das dort vorgeſtern erfolgte Ableben von Clara Schumann. Am 13. September 1819 zu Leipzig als die Tochter des Tonkünſtlers Friedrich Wielk geboren, war Clara Schülerin ihres Vaters und unternahm bereits als halbwüchſiges Mädchen große Con- certreiſen. Den größten Einfluß auf die künſt- leriſche Entwicklung Claras, die, wie man weiß, auch eine der hervorragendſten Pianiſtinnen ihrer Zeit geworden, nahm ſelbſtverſtändlich ihr Gatte Robert Schumann, mit dem ſie ſich 1837 ver- lobte und drei Jahre ſpäter vermählte. Nach dem 1854 erfolgten Tode ihres Gatten lebte Clara Schumann mit ihren Kindern zunächſt einige Jahre in Berlin, ſiedelte 1863 nach Wiesbaden über und nahm dann für einige Zeit die Virtuoſenthätigkeit wieder auf. In den Jah- ren 1878 bis 1892 nahm die nun Verſtorbene die Stelle einer erſten Clavierlehrerin am Hoch’- ſchen Conſervatorium in Frankfurt ein, wo ſie eine höchſt erfolgreiche Thätigkeit entwickelte. Frau Schumann war auch producirende Künſt- lerin und gab eine ziemliche große Anzahl von Compoſttionen heraus, darunter viele Lieder, ein Clavierconcert, ein Trio, ferner Violin-Romanzen, Präludien, Fugen und Variationen. Auch revi- dirte ſie die Geſammtausgabe der Werke Schu- mann’s und beſchäftigte ſich mit der Redaction von pädagogiſchen Clavierwerken. — Wie des Weiteren telegraphirt wird, ſollen ſich im Nach- laſſe der Dahingeſchiedenen Tagebuch-Aufzeich- nungen finden, die, durch vierzig Jahre geführt, die muſikaliſche Entwicklung der letzten Jahrzehnte beleuchten. (Gemaßregelte Studenten.) Vor einiger Zeit wurde gemeldet, daß die Wiener Polizei- Behörde gegen jene elf Studenten, welche die bekannte Proteſtnote gegen die Millenniums-Feier- lichkeit unterfertigt haben, eine Unterſuchung ein- geleitet hat. Unter dieſen Studenten befanden ſich ein Ausländer, der reichsdeutſche Unter- than Oſthaus, ferner vier ungariſche Unter- thanen croatiſcher und rumäniſcher Nationalität und ſechs Oeſterreicher. Die Polizei-Behörde hat nun auf Grund der Unterſuchung den Ausländer Oſthaus aus den im Reichsrathe vertretenen König- reichen und Ländern ausgewieſen und die vier ungariſchen Unterthanen mit der Ausweiſung bedroht, falls ſie ihre agitatoriſche Thätigkeit fortſetzen ſollten. Die Polizei-Behörde ging bei dieſer Entſcheidung von der Anſicht aus, daß jene aufreizende Agitation gegen die Millenniums- Feier ſelbſt für einen öſterreichiſchen Staats- bürger ungehörig, für einen Ausländer aber ent- ſchieden unſtatthaft ſei. Der Studirende Oſthaus hat gegen den Beſchluß der Polizei-Behörde bei dem Miniſterium des Innern den Recurs er- griffen. (Anläßlich des Exercirens erſchoſſen.) Aus Budapeſt wird unterm 20. d. Mts. geſchrieben: „Geſtern Vormittags 10 Uhr ereignete ſich am Rákos, in der militäriſchen Schießſtätte, anläßlich des Scheibenſchießens der Infanterie ein Unglück- fall mit tödtlichem Ausgange. Während nämlich die Infanterie in der Schießſtätte ihre Schieß- übungen abſolvirte, exercirte die Artillerie auf einem Theile des Rákos. Plötzlich griff ein Artilleriſt nach ſeinem Kopfe und ſtürzte mit einem lauten Schrei leblos zufammen. Die her- beigeeilten Kameraden fanden den Unglücklichen bereits todt. Eine Mannlicher-Kugel, die ſich von der Schießſtätte auf das Exercirfeld verirrt hatte, bohrte ſich in den Halswirbel und tödtete den ſtarken Mann auf der Stelle. Sein Leichnam wurde in den Sezirſaal des Garniſonsſpitals Nr. 22. überführt und die Militärbehörde hat die Unterſuchung ſofort eingeleitet“ (Der Anfall in der Großen Oper in Paris.) Ein Telegramm aus Paris meldet über die Urſache dieſes von uns ſchon erwähnten Un- falles: „Der große Luſter iſt an ſieben Kabel oder eiſernen Ketten befeſtigt, die ſieben Gegen- gewichte von je 500 Kilo tragen. Die Kabel entlang laufen die electriſchen Beleuchtungsdrähte, von welchen mehrere ſich berührten, erhitzten, ein Kabel rothglühend machten und dadurch zum Reißen brachten. Eines der Gegengewichte ſtürzte ab, durchſchlug den Plafond und erſchlug auf der letzten Galerie Madame Chaumet. Die Beſchädi- gung des Gebäudes iſt eine ganz unbedeutende und beſchränkt ſich auf ein anderthalb Meter breites Loch im Plafond. Die Polizei gab die Bewilligung zur Aufführung der für geſtern an- gekündigten Galavorſtellung der Oper „Hamlet“. Telegramme des „Mähriſchen Tagblattes“. (Vom Correſpondenz-Burean.) Berlin, 21. Mai. Das Landgericht verwarf unter Verurtheilung zu den Koſten die Reviſion der Angeklagten Zetoche, Hillert und Tſcheuner, welche am 9. März wegen Diebſtahls des Ar- mee-Verordnungs-Blattes, das den kaiſerlichen Er- laß mittheilt, zu 6, 3 und 1 Monate Gefäng- niß verurtheilt worden waren. Die Krönungsfeierlichkeiten in Moskau. Moskan, 21. Mai. Das Wetter iſt kühl, der Himmel theilweiſe bewölkt. Die Ausſchmückung der Stadt iſt vollendet. Die Einzugsſtraße und die zuführenden Quergaſſen ſind mit einem noch nie dageweſenen Aufwande geſchmückt. Arrange- ments von Fahnen in ruſſiſchen Farben, Na- menszüge, Büſten, Bildniſſe des Kaiſerpaares ſchmücken die Häuſer. Ueber die Straßen ſind Laubkränze und kronentragende Wimpel-Guir- landen geſpannt. Auf den öffentlichen Plätzen ſind mächtige Flaggenmäſte und mit Kronen und dem Doppeladler geſchmückte Obelisken aufgeſtellt. An verſchiedenen Stellen der Einzugsſtraße ſind Pavillons für die den Kaiſer begrüßenden Stände errichtet. Gegenüber dem geſchmackvoll decorirten Palais des Generalgouverneurs iſt der Pavillon für den Adel aufgeſtellt. In den Straßen wogt ſeit frühem Morgen eine zahlloſe Menſchen- menge. Man ſieht vorwiegend ruſſiſche National- trachten. Zahlreiche Tribünen für Tauſende von Zuſchauern beſtimmt, ſind errichtet. Es herrſcht muſterhafte Ordnung. Moskau, 21. Mai. Der vom Petrowski- Palaſt ſich bewegende Feſtzug traf in der Bannmeile der Stadt ein. 71 Salutſchüſſe entboten den Gruß der Stadt. Der General-Gouverneur Großfürſt Sergius empfing hier den Kaiſer. Moskau, 21. Mai. Glockengeläute in der großen Maria Himmelfahrts-Cathedrale gab das Zeichen, daß die zur Theilnahme an dem feſt- lichen Einzuge des Kaiſerpaares beſtimmten Perſönlichkeiten ſich zu verſammeln haben. Gleich- zeitig rückten die zur Theilnahme an dem Feſt- zuge und zur Bildung des Spalieres in den Straßen aufgebotenen Truppen an ihre Beſtim- mungsorte. Eine ungeheuere, Kopf an Kopf gedrängte Menſchenmenge ſammelte ſich in freudiger Erregung hinter dem Truppenſpaliere an. Drei Schüſſe, abgegeben von der vor dem Petrowskypalais aufgeſtellten reitenden Batterie, bildeten das Zeichen zum Beginn des Zuges. Daß deſſen Spitze das Weichbild der Stadt erreicht habe, wurde der harrenden Menge durch 71 Salutſchüſſe bekannt. Bei der alten Triumph- pforte überreichten die Stadtverordneten mit dem Stadtoberhaupte an der Spitze, die verſchiedenen Innungen, die Mitglieder des Gouvernements- landſchaftsamtes und die Vertreter des Börſen- comités dem Kaiſerpaare Salz und Brot. Die gleiche Begrüßungsart wiederholte ſich am Twer’- ſchen Platze ſeitens des vom Adelsmarſchall ge- führten Adels des Gouvernements Moskau. Bei dem Woßkreſſenski-Thore nahm der Kaiſer die Huldigung der Gouvernementsbehörden entgegen, und ſtieg hierauf vom Pferde, um mit beiden Kaiſerinnen, welche den Wagen verlaſſen hatten, in der Twer’ſchen Capelle bei dem wunderthätigen Hei- ligenbild der Mutter Gottes Gebete zu verrich- ten. Der Zug bewegte ſich hierauf, nachdem der Kaiſer das Pferd beſtiegen und die Kaiſerinnen in dem Wagen Platz genommen hatten, nach dem Kreml. Die allenthalben angeſammelte Menge brach, als ſie der Majeſtäten anſichtig wurde, in brauſende Hurrahrufe aus 85 Kanonen- ſchüſſe verkündigten der Menge, daß die Majeſtä- ten die Uskenſky-Cathedrale betreten hatten. Nach Verrichtung der Gebete in derſelben begab ſich Kaiſer Nicolaus und die Kaiſerinnen nach dem Kremlpalais. 101 Kanonenſchüſſe ſowie das Ge- läute ſämmtlicher Glocken ſignaliſirten den Mo- ment der Vollendung des Einzuges. Die Maje- ſtäten verblieben einige Stunden im Kremlpalais und begaben ſich hierauf nach dem Alexander- palais. Der Aufſtand auf Cuba. Madrid, 21. Mai. Eine Depeſche des „Impercial“ aus Havannah meldet, daß es dem Gros der Inſurgentenbande des Maximo Gomez gelungen ſei, den Fluß Hanabana zu überſchreiten und den Marſch nach Weſten fortzuſetzen, um ſeine Vereinigung mit den Kräften Maceo’s anzubahnen. Neueſte Nachrichten. Olmütz, 22. Mai. Profeſſor Sueß über die Lage. Der politiſche Verein „Donauclub“ in Wien hatte für geſtern Abends in die Saalloca- litäten des „Hotel Stephanie“ eine Plenarver- ſammlung einberufen, in welcher Reichsrathsab- geordneter Profeſſor Eduard Sueß ſeinen Austritt aus dem Club der Verei- nigten deutſchen Linken motivirte. Außer den Vereinsmitgliedern hatten ſich auch einige hundert Wähler, ſowie die Abg. Wrabetz und

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 118, Olmütz, 22.05.1896, S. [6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches118_1896/6>, abgerufen am 21.11.2024.