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Mährisches Tagblatt. Nr. 118, Olmütz, 22.05.1896.

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Zeche zahlen könnte. Ich fürchte, daß dieser
Feldzug gegen Galizien die Kosten nicht decken
wird. Es wäre das ein Feldzug der Italiener
um Tigre. Aus Galizien wandern jährlich
15.000 Bauern nach Amerika aus: sie würden ihre
Scholle gewiß nicht verlassen, wenn der Ertrag der
Landwirthschaft ein so guter wäre. Zahlungsfähige
Pächter gehören in Galizien zu den Ausnahmen. Es
wurde auch von den Cavalieren in Galizien gespro-
chen. Die Hypothekarschulden dieser Cavaliere sind in
den letzten Decennien um 55 Millionen angewachsen.
Man sagt, sie sollen ihre Plätze Kräftigeren
überlassen; mit dem Uebergange des mittleren
Grundbesitzes in die Hand des Großcapitals
werde aber eine große socialpolitische Gefahr
heraufbeschworen, deren Folgen unabsehbar sind.
(Beifall bei den Polen.)

Abg. Svozil erklärt, am Niedergange der
Landwirthschaft in Mähren sei die deutschliberale
Partei schuld. Redner werde aus politischen
Gründen dieser Regierung nichts bewilligen, denn
einer Regierung, welche es noch zuläßt, daß in
Mähren die übergroße Mehrheit des Volkes von
einer kleinen Minorität beherrscht und bedrückt
werde, könne er nie einen Kreuzer bewilligen,
umsoweniger, als die Regierung dann die bewil-
ligten Mittel gegen die Tschechen anwenden würde.

Es spricht noch der Abg. Baron Hackel-
berg,
worauf die Verhandlung abgebrochen wird.

Abg. Dr. Vasaty stellt einen Dringlich-
keitsantrag, betreffend die vorhandenen Cassen-
bestände und ihre Verwendung, welchen er in
längerer Rede begründet. Hierauf ergreift Finanz-
minister Dr. v. Bilinski das Wort.




Locales und Provinzielles.


(Frauergottesdienst für weil. Sr. kais.
Hoheit, Erzherzog Carl Ludwig.)

Heute Voe-
mittags 9 Uhr fand in der Metropolitankirche zu
"St. Wenzel" anläßlich des Ablebens Sr. kais.
Hoheit, des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig
ein feierlicher Trauergottesdienst statt. Dem Gottes-
dienste, welchen der hochw. Domprälat und Archi-
diacon Dr. Anton Klug im Beisein des hochw.
getreuen Metropolitancapitels celebrirte, wohnten
Se. Excellenz der Herr Truppen-Division FML.
Ritter v. Grivicic mit den dienstfreien Offi-
ciere der Garnison, Herr Kreisgerichtspräsident
Dr. Rodr, Herr Statthaltereirath Freiherr von
Pillerstorff, Herr Vicebürgermeister Carl
Brandhuber mit mehreren Herren Gemeinde-
räthen, Herr Oberfinanzrath Sporner, Herr
[Spaltenumbruch] Staatsanwalt Roeder, die Herren Directoren
der hiesigen Mittelschulen, eine Officiers-Abord-
nung des k. k. priv. Bürger- und Schützencorps
sowie zahlreiche Andächtige bei. Mit einem Gebete
des hochw. Herrn Domprälaten vor dem im
Kirchenschiffe aufgestellten, mit der Erzherzogs-
krone geschmückten Katafalke wurde die Trauer-
feierlichkeit um 3/410 Uhr Vormittags beendet.

(Trauergottesdienst im israel. Bethanse.)

Aus Anlaß des Hinscheidens Sr. kaiserl. Hoheit
des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig findet
morgen Samstag, den 23. Mail. J., um
11 Uhr Vormittags, im hiesigen israel. Bethhause
ein feierlicher Trauergottes dienst statt.

(Beileidskundgebung der Handels- und
Gewerbekammer in Olmütz.)

Die Olmützer
Kammer richtete an das Statthalterei-Präsidium
in Brünn nachstehendes Telegramm: "Tief er-
schüttert von dem unersetzlichen, schmerzlichen Ver-
luste, welchen Se. Majestät unser allergnädigster
Kaiser und Herr, das Allerhöchste Kaiserhaus und
die an dessen Geschicken stets loyalen und leb-
haften Antheil nehmenden Völker Oesterreichs
durch den Tod weiland Sr. k. u. k. Hoheit des
durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Carl Lud-
wig
erlitten haben, bittet die ergebenst unter-
zeichnete Kammer, deren ehrerbietigsten, unter-
thänigsten Ausdruck warm empfundenen Beileides
an die Stufen des Allerhöchsten Thrones leiten
zu wollen. Oesterreichs Industrie, Handel und
Gewerbe werden dem hohen Verewigten immerdar
das dankbarste Andenken ehrfurchtsvoll bewahren
und in der Wirthschaftsgeschichte Oesterreichs
bleibt der Name des huldreichen kaiserlichen Prin-
zen, höchstwelcher in Wahrheit ein mächtiger För-
derer industriellen gewerblichen Schaffens war,
mit unvergänglichem Glanze umgeben."

(Evangelischer Gottesdienst.)

Am 24. d.,
als am Pfingstsonntage, findet in der hie-
sigen evangelischen Kirche um 10 Uhr
Vormittags ein feierlicher Gottesdienst
statt. Die für diesen Tag in Aussicht genommene
Jahresversammlung des hiesigen Ortsver-
eines
der evangelischen Gustav-Adolf-Stiftung
wird erst am Dienstag, den 26. Mai, 8 Uhr
Abends
im deutschen Casino abge-
halten werden.

(Personales.)

Der Obmann der hiesigen
Männerortsgruppe des Deutschen Schulvereines,
Herr Landtagsabgeordneter Robert Primaves'i
wird in Vertretung dieser Gruppe an den Ver-
handlungen der am Pfingstmontag in Brünn
stattfindenden Hauptversammlung des Schulver-
eines theilnehmen.


[Spaltenumbruch]
(Festausschuß des Nordmährerbundes-
festes.)

In den Festausschuß des Nordmährer-
bundesfestes ist, u. zw. in das Finanzcomite
der städt. Cassier Herr Franz Xaver Parsch
eingetreten.

(Aus dem Staatseisenbahnrathe.)

In
der vorgestern abgehaltenen Sitzung des Staats-
eisenbahnrathes stellte das Herrenhausmitglied,
Handelskammer-Präsident Julius Ritter v. Gom-
perz,
folgende Anträge: 1. Die Regierung
wird ersucht, Einfluß auf die priv. österr.-ungar.
Staatseisenbahn-Gesellschaft zu nehmen, damit
im Anschlusse an den in Böhm.-Trübau
um 6 Uhr Abends aus Prag eintreffenden Schnell-
zug Nr. 4 und an den in Böhm.-Trübau
um 6 Uhr 42 Minuten Abends aus Wien ein-
treffenden Schnellzug Nr. 3 in der Richtung
gegen Olmütz ein Anschluß geschaffen werde.
2. Das k. k. Eisenbahn-Ministerium wird ersucht,
auf der im Betriebe des Staates stehenden
Mährischen Westbahn in der Richtung
gegen Proßnitz einen Anschluß an den von
Proßnitz um 6 Uhr 46 Minuten Früh in der
Richtung nach Nezamislitz--Brünn abgehenden
Personenzug Nr. 1020 der Kaiser Ferdinands-
Nordbahn zu schaffen. 3. Die k. k. Regierung
wird ersucht, den endlichen Ausbau des Flügels
Kornitz--Gr.-Oppatowitz der Mährischen
Westbahn an die Staatseisenbahnlinie Brünn-
Zwittau veranlassen zu wollen. 4. Die k. k.
Regierung wird weiters ersucht, Einfluß auf die
Verbesserung der Zugsverbindung Brünn-
Budapest
und umgekehrt, namentlich auf
die Erstellung einer das ganze Jahr hindurch
bestehenden Eilzugsverbindung mit möglichst
kurzer Wartezeit in Gänserndorf, beziehungsweise
Marchegg zu nehmen. Diese Anträge wurden
vom Staatseisenbahnrathe nach vorhergehender
Befürwortung durch den Antragsteller als dring-
lich anerkannt und der Regierung zur eingehendsten
Berücksichtigung überwiesen. Aus dem Verlaufe
der Sitzung verdient weiters besondere Hervor-
hebung die Erklärung des Verkehrsdirectors Hof-
rathes Gerstel bezüglich der dritten Wagen-
classe bei Schnellzügen der Staats-
bahnen.
Die Staatsbahnverwaltung plant die
Auflassung der dritten Wagenclasse bei Schnell-
zügen und hat diese Maßregel zum Theile auch
schon durchgeführt. Mehrere Mitglieder des
Staatseisenbahnrathes erklärten sich gegen diese
Neuerung, worauf Verkehrsdirector Gerstel darauf
hinwies, daß ein großer Theil der Staatsbahnen
Gebirgsbahnen sind, bei welchen andere Bedin-
gungen für den Betrieb vorherrschen, als bei




[Spaltenumbruch]

nicht, zu reden. Weiß ich denn, ob das liebe
Geschöpf mich überhaupt leiden mag? Ob sie
nicht schon längst ein anderes Bild im Herzen
trägt?

Da ist ein Doctor Neiding in Gießen, mit
dem sie immerfort geneckt wird. Wenn der
Kunde vielleicht wirklich ein bevorzugter Bewer-
ber wäre?"

Berlin, nach Pfingsten.

Ihr Götter, wie ist mir zu Muth! So
muß dem Helden zu Muth sein, der eine Schlacht
gewonnen hat! -- Vor mir auf dem Schreibtisch
steht Mareiles Bild, und an sie selbst habe ich
eben einen langen, für meine Gefühle aber noch
viel zu kurzen Brief geschrieben.

Und wie ist das alles so schnell gekommen?
Nun, meine ganze Seligkeit habe ich nur
Mareiles unbezahlbarer Offenherzigkeit zu danken.

Als wir selbander gestern Früh aus Mar-
burg abdampften, kam sie mir schon merkwürdig
ernst und blaß vor; und je mehr wir uns
Gießen näherten, um so blasser und einsilbiger
wurde sie.

"Aha!" dachte ich bitter, "die Aufregung,
den heimlich Geliebten wiederzusehen macht das!"
Und unwillkürlich wurde auch ich reservirter.

Als dann der Zug in Gießen in die Halle
fährt, guckt Mareile durch die Scheiben verstoh-
len auf den Perron hinaus, fährt plötzlich zurück
und sinkt in die entgegengesetzte Ecke des Coupes
auf den Sitz nieder.

"Ich steig' nit aus! Nein, ganz gewiß nit!
Da steht ja richtig der fade Doctor Neiding mit
'n Blumenstrauß! So en zudringlicher Mensch!
Nein, nein, ich steig' nit aus, ich will e'malnit!"

"Aber Fräulein Mareile," wollte ich sie
beruhigen, "Ihre Tante wird Sie erwarten."
Da fährt sie auf wie ein kleiner Kampfhahn.


[Spaltenumbruch]

"So isch's recht, Herr Doctor! Sie haben's
auch gar sehr nöthig, mich zum aussteige zwinge'
zu wolln! Wenn Sie nit bis Frankfurt mit mir
fahren wolle, da könnte Sie sich ja wo anders
hinsetze'. Freilich hab' ich nit g'wußt, daß Ihne
meine G'sellschaft so schnell z'viel werde könnt.'"

"Aber -- Mareile, um Gotteswillen! Ich
bin ja glückselig, wenn Sie nichts von dem Doctor
da draußen wissen wollen! Und ich würde mit
Ihnen bis an's Ende der Welt fahren ..."

"Isch das auch wahr?" sagt sie und sieht
mich ganz grad und treuherzig an ... Und ich,
ohne eine Secunde zu zögern schmettere die Thür,
die ein wenig geöffnet war, vollends zu, sage dem
Schaffner, die Dame fahre mit bis Frankfurt,
er solle ein Billet besorgen und lehne mich dann
breit aus dem Fenster, bis der Zug sich
wieder in Bewegung setzt.

Draußen stand der Doctor mit dem Blumen-
sträußchen in der glacebedeckten Hand und schaute
dem Zug mit einem so urdummen Gesicht nach,
daß ich laut auflachen mußt.

Mareile war aufgestanden und lugte hinter
der Gardine nach dem verspotteten Freier.

"Macht' er nit grad' e G'sicht wie e Pfingst-
öchsele?" sagte sie. Und so schelmisch lachten ihre
rothen Lippen dabei, daß ich mich umwandte
und sie jählings in die Arme schloß.

"Mareile, Mareile," -- sie wehrte sich gar
nicht -- "willst Du denn meine kleine Baum-
königin sein mein Lebenlang?"

Sie antwortete nichts, aber sie reichte mir
nur die feuchten, frischen Mädchenlippen zum küssen
dar. Und auch mit dieser Antwort war ich zu-
frieden. -- --

"Aber was machen wir nun in Frankfurt?"
fragte ich nach fünf Minuten, die ich mit bes-
serem als mit Sprechen ausgefüllt hatte.


[Spaltenumbruch]

"In Frankfurt haben wir auch eine Tante!"
sagte Mareile stolz; "bei der werde ich ein paar
Stunden bleiben und dann gleich wieder nach
Marburg heimfahren."

"Hör', süßer Schatz, werde ich denn aber
auch Helmers recht sein, als Dein Bräutigam?"
Sie sah mich ganz mitleidig an.

"Ja -- weißt denn Du nit, daß wir zwei
Beide ganz mit Fleiß z'sammengebracht worden
sind? Ich hab's meiner Schwester gleich am
ersten Tag gesagt, daß ich der ihren Kriegsplan
durchschau'."

"Und bist doch mit mir gefahren, heute Früh?"

"Jesses, was sollt' ich denn sonst mache?
Aber eine Angst hab' ich gehabt, Du könntest mir
entwischen!"

"Also deshalb warst Du heut Früh so
blaß und still?"

"Wird wohl so sein. Ich hab' Dich ja gleich
gern gemocht, wie Du mir bist in Kassel so auf
die Füß' getrete und dabei geflucht haft. Und
daß ich Dir auch nit übel gefallen hab', das hab'
ich gleich g'merkt."

"So, Du Blitzmädel? -- Aber dann hast
Du vielleicht gar keinen so großen Schreck be-
kommen, als Du Deinen Vielliebchen-Irrthum
entdecktest?" Sie sah mich mit erstaunten
Augen an.

"Du bischt aber Einer! Erst recht hab ich
mich erschreckt!" --

"Nun, Du kleines, erschrockenes Mareile,
da ist's nur gut, daß Du jetzt wirklich mein
Viel--liebchen geworden bist, nicht wahr?"

Sie nickte glücklich. Und weiter fuhren wir
in den lachenden Frühling hinaus, dem Süden zu.




[Spaltenumbruch]

Zeche zahlen könnte. Ich fürchte, daß dieſer
Feldzug gegen Galizien die Koſten nicht decken
wird. Es wäre das ein Feldzug der Italiener
um Tigré. Aus Galizien wandern jährlich
15.000 Bauern nach Amerika aus: ſie würden ihre
Scholle gewiß nicht verlaſſen, wenn der Ertrag der
Landwirthſchaft ein ſo guter wäre. Zahlungsfähige
Pächter gehören in Galizien zu den Ausnahmen. Es
wurde auch von den Cavalieren in Galizien geſpro-
chen. Die Hypothekarſchulden dieſer Cavaliere ſind in
den letzten Decennien um 55 Millionen angewachſen.
Man ſagt, ſie ſollen ihre Plätze Kräftigeren
überlaſſen; mit dem Uebergange des mittleren
Grundbeſitzes in die Hand des Großcapitals
werde aber eine große ſocialpolitiſche Gefahr
heraufbeſchworen, deren Folgen unabſehbar ſind.
(Beifall bei den Polen.)

Abg. Svozil erklärt, am Niedergange der
Landwirthſchaft in Mähren ſei die deutſchliberale
Partei ſchuld. Redner werde aus politiſchen
Gründen dieſer Regierung nichts bewilligen, denn
einer Regierung, welche es noch zuläßt, daß in
Mähren die übergroße Mehrheit des Volkes von
einer kleinen Minorität beherrſcht und bedrückt
werde, könne er nie einen Kreuzer bewilligen,
umſoweniger, als die Regierung dann die bewil-
ligten Mittel gegen die Tſchechen anwenden würde.

Es ſpricht noch der Abg. Baron Hackel-
berg,
worauf die Verhandlung abgebrochen wird.

Abg. Dr. Vašaty ſtellt einen Dringlich-
keitsantrag, betreffend die vorhandenen Caſſen-
beſtände und ihre Verwendung, welchen er in
längerer Rede begründet. Hierauf ergreift Finanz-
miniſter Dr. v. Bilinski das Wort.




Locales und Provinzielles.


(Frauergottesdienſt für weil. Sr. kaiſ.
Hoheit, Erzherzog Carl Ludwig.)

Heute Voe-
mittags 9 Uhr fand in der Metropolitankirche zu
„St. Wenzel“ anläßlich des Ablebens Sr. kaiſ.
Hoheit, des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig
ein feierlicher Trauergottesdienſt ſtatt. Dem Gottes-
dienſte, welchen der hochw. Domprälat und Archi-
diacon Dr. Anton Klug im Beiſein des hochw.
getreuen Metropolitancapitels celebrirte, wohnten
Se. Excellenz der Herr Truppen-Diviſion FML.
Ritter v. Grivičić mit den dienſtfreien Offi-
ciere der Garniſon, Herr Kreisgerichtspräſident
Dr. Rodr, Herr Statthaltereirath Freiherr von
Pillerstorff, Herr Vicebürgermeiſter Carl
Brandhuber mit mehreren Herren Gemeinde-
räthen, Herr Oberfinanzrath Sporner, Herr
[Spaltenumbruch] Staatsanwalt Roeder, die Herren Directoren
der hieſigen Mittelſchulen, eine Officiers-Abord-
nung des k. k. priv. Bürger- und Schützencorps
ſowie zahlreiche Andächtige bei. Mit einem Gebete
des hochw. Herrn Domprälaten vor dem im
Kirchenſchiffe aufgeſtellten, mit der Erzherzogs-
krone geſchmückten Katafalke wurde die Trauer-
feierlichkeit um ¾10 Uhr Vormittags beendet.

(Trauergottesdienſt im iſrael. Bethanſe.)

Aus Anlaß des Hinſcheidens Sr. kaiſerl. Hoheit
des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig findet
morgen Samſtag, den 23. Mail. J., um
11 Uhr Vormittags, im hieſigen iſrael. Bethhauſe
ein feierlicher Trauergottes dienſt ſtatt.

(Beileidskundgebung der Handels- und
Gewerbekammer in Olmütz.)

Die Olmützer
Kammer richtete an das Statthalterei-Präſidium
in Brünn nachſtehendes Telegramm: „Tief er-
ſchüttert von dem unerſetzlichen, ſchmerzlichen Ver-
luſte, welchen Se. Majeſtät unſer allergnädigſter
Kaiſer und Herr, das Allerhöchſte Kaiſerhaus und
die an deſſen Geſchicken ſtets loyalen und leb-
haften Antheil nehmenden Völker Oeſterreichs
durch den Tod weiland Sr. k. u. k. Hoheit des
durchlauchtigſten Herrn Erzherzogs Carl Lud-
wig
erlitten haben, bittet die ergebenſt unter-
zeichnete Kammer, deren ehrerbietigſten, unter-
thänigſten Ausdruck warm empfundenen Beileides
an die Stufen des Allerhöchſten Thrones leiten
zu wollen. Oeſterreichs Induſtrie, Handel und
Gewerbe werden dem hohen Verewigten immerdar
das dankbarſte Andenken ehrfurchtsvoll bewahren
und in der Wirthſchaftsgeſchichte Oeſterreichs
bleibt der Name des huldreichen kaiſerlichen Prin-
zen, höchſtwelcher in Wahrheit ein mächtiger För-
derer induſtriellen gewerblichen Schaffens war,
mit unvergänglichem Glanze umgeben.“

(Evangeliſcher Gottesdienſt.)

Am 24. d.,
als am Pfingſtſonntage, findet in der hie-
ſigen evangeliſchen Kirche um 10 Uhr
Vormittags ein feierlicher Gottesdienſt
ſtatt. Die für dieſen Tag in Ausſicht genommene
Jahresverſammlung des hieſigen Ortsver-
eines
der evangeliſchen Guſtav-Adolf-Stiftung
wird erſt am Dienſtag, den 26. Mai, 8 Uhr
Abends
im deutſchen Caſino abge-
halten werden.

(Perſonales.)

Der Obmann der hieſigen
Männerortsgruppe des Deutſchen Schulvereines,
Herr Landtagsabgeordneter Robert Primaveſ’i
wird in Vertretung dieſer Gruppe an den Ver-
handlungen der am Pfingſtmontag in Brünn
ſtattfindenden Hauptverſammlung des Schulver-
eines theilnehmen.


[Spaltenumbruch]
(Feſtausſchuß des Nordmährerbundes-
feſtes.)

In den Feſtausſchuß des Nordmährer-
bundesfeſtes iſt, u. zw. in das Finanzcomité
der ſtädt. Caſſier Herr Franz Xaver Parſch
eingetreten.

(Aus dem Staatseiſenbahnrathe.)

In
der vorgeſtern abgehaltenen Sitzung des Staats-
eiſenbahnrathes ſtellte das Herrenhausmitglied,
Handelskammer-Präſident Julius Ritter v. Gom-
perz,
folgende Anträge: 1. Die Regierung
wird erſucht, Einfluß auf die priv. öſterr.-ungar.
Staatseiſenbahn-Geſellſchaft zu nehmen, damit
im Anſchluſſe an den in Böhm.-Trübau
um 6 Uhr Abends aus Prag eintreffenden Schnell-
zug Nr. 4 und an den in Böhm.-Trübau
um 6 Uhr 42 Minuten Abends aus Wien ein-
treffenden Schnellzug Nr. 3 in der Richtung
gegen Olmütz ein Anſchluß geſchaffen werde.
2. Das k. k. Eiſenbahn-Miniſterium wird erſucht,
auf der im Betriebe des Staates ſtehenden
Mähriſchen Weſtbahn in der Richtung
gegen Proßnitz einen Anſchluß an den von
Proßnitz um 6 Uhr 46 Minuten Früh in der
Richtung nach Nezamislitz—Brünn abgehenden
Perſonenzug Nr. 1020 der Kaiſer Ferdinands-
Nordbahn zu ſchaffen. 3. Die k. k. Regierung
wird erſucht, den endlichen Ausbau des Flügels
Kornitz—Gr.-Oppatowitz der Mähriſchen
Weſtbahn an die Staatseiſenbahnlinie Brünn-
Zwittau veranlaſſen zu wollen. 4. Die k. k.
Regierung wird weiters erſucht, Einfluß auf die
Verbeſſerung der Zugsverbindung Brünn-
Budapeſt
und umgekehrt, namentlich auf
die Erſtellung einer das ganze Jahr hindurch
beſtehenden Eilzugsverbindung mit möglichſt
kurzer Wartezeit in Gänſerndorf, beziehungsweiſe
Marchegg zu nehmen. Dieſe Anträge wurden
vom Staatseiſenbahnrathe nach vorhergehender
Befürwortung durch den Antragſteller als dring-
lich anerkannt und der Regierung zur eingehendſten
Berückſichtigung überwieſen. Aus dem Verlaufe
der Sitzung verdient weiters beſondere Hervor-
hebung die Erklärung des Verkehrsdirectors Hof-
rathes Gerſtel bezüglich der dritten Wagen-
claſſe bei Schnellzügen der Staats-
bahnen.
Die Staatsbahnverwaltung plant die
Auflaſſung der dritten Wagenclaſſe bei Schnell-
zügen und hat dieſe Maßregel zum Theile auch
ſchon durchgeführt. Mehrere Mitglieder des
Staatseiſenbahnrathes erklärten ſich gegen dieſe
Neuerung, worauf Verkehrsdirector Gerſtel darauf
hinwies, daß ein großer Theil der Staatsbahnen
Gebirgsbahnen ſind, bei welchen andere Bedin-
gungen für den Betrieb vorherrſchen, als bei




[Spaltenumbruch]

nicht, zu reden. Weiß ich denn, ob das liebe
Geſchöpf mich überhaupt leiden mag? Ob ſie
nicht ſchon längſt ein anderes Bild im Herzen
trägt?

Da iſt ein Doctor Neiding in Gießen, mit
dem ſie immerfort geneckt wird. Wenn der
Kunde vielleicht wirklich ein bevorzugter Bewer-
ber wäre?“

Berlin, nach Pfingſten.

Ihr Götter, wie iſt mir zu Muth! So
muß dem Helden zu Muth ſein, der eine Schlacht
gewonnen hat! — Vor mir auf dem Schreibtiſch
ſteht Mareiles Bild, und an ſie ſelbſt habe ich
eben einen langen, für meine Gefühle aber noch
viel zu kurzen Brief geſchrieben.

Und wie iſt das alles ſo ſchnell gekommen?
Nun, meine ganze Seligkeit habe ich nur
Mareiles unbezahlbarer Offenherzigkeit zu danken.

Als wir ſelbander geſtern Früh aus Mar-
burg abdampften, kam ſie mir ſchon merkwürdig
ernſt und blaß vor; und je mehr wir uns
Gießen näherten, um ſo blaſſer und einſilbiger
wurde ſie.

„Aha!“ dachte ich bitter, „die Aufregung,
den heimlich Geliebten wiederzuſehen macht das!“
Und unwillkürlich wurde auch ich reſervirter.

Als dann der Zug in Gießen in die Halle
fährt, guckt Mareile durch die Scheiben verſtoh-
len auf den Perron hinaus, fährt plötzlich zurück
und ſinkt in die entgegengeſetzte Ecke des Coupes
auf den Sitz nieder.

„Ich ſteig’ nit aus! Nein, ganz gewiß nit!
Da ſteht ja richtig der fade Doctor Neiding mit
’n Blumenſtrauß! So en zudringlicher Menſch!
Nein, nein, ich ſteig’ nit aus, ich will e’malnit!“

„Aber Fräulein Mareile,“ wollte ich ſie
beruhigen, „Ihre Tante wird Sie erwarten.“
Da fährt ſie auf wie ein kleiner Kampfhahn.


[Spaltenumbruch]

„So iſch’s recht, Herr Doctor! Sie haben’s
auch gar ſehr nöthig, mich zum ausſteige zwinge’
zu wolln! Wenn Sie nit bis Frankfurt mit mir
fahren wolle, da könnte Sie ſich ja wo anders
hinſetze’. Freilich hab’ ich nit g’wußt, daß Ihne
meine G’ſellſchaft ſo ſchnell z’viel werde könnt.’“

„Aber — Mareile, um Gotteswillen! Ich
bin ja glückſelig, wenn Sie nichts von dem Doctor
da draußen wiſſen wollen! Und ich würde mit
Ihnen bis an’s Ende der Welt fahren ...“

„Iſch das auch wahr?“ ſagt ſie und ſieht
mich ganz grad und treuherzig an ... Und ich,
ohne eine Secunde zu zögern ſchmettere die Thür,
die ein wenig geöffnet war, vollends zu, ſage dem
Schaffner, die Dame fahre mit bis Frankfurt,
er ſolle ein Billet beſorgen und lehne mich dann
breit aus dem Fenſter, bis der Zug ſich
wieder in Bewegung ſetzt.

Draußen ſtand der Doctor mit dem Blumen-
ſträußchen in der glacébedeckten Hand und ſchaute
dem Zug mit einem ſo urdummen Geſicht nach,
daß ich laut auflachen mußt.

Mareile war aufgeſtanden und lugte hinter
der Gardine nach dem verſpotteten Freier.

„Macht’ er nit grad’ e G’ſicht wie e Pfingſt-
öchſele?“ ſagte ſie. Und ſo ſchelmiſch lachten ihre
rothen Lippen dabei, daß ich mich umwandte
und ſie jählings in die Arme ſchloß.

„Mareile, Mareile,“ — ſie wehrte ſich gar
nicht — „willſt Du denn meine kleine Baum-
königin ſein mein Lebenlang?“

Sie antwortete nichts, aber ſie reichte mir
nur die feuchten, friſchen Mädchenlippen zum küſſen
dar. Und auch mit dieſer Antwort war ich zu-
frieden. — —

„Aber was machen wir nun in Frankfurt?“
fragte ich nach fünf Minuten, die ich mit beſ-
ſerem als mit Sprechen ausgefüllt hatte.


[Spaltenumbruch]

„In Frankfurt haben wir auch eine Tante!“
ſagte Mareile ſtolz; „bei der werde ich ein paar
Stunden bleiben und dann gleich wieder nach
Marburg heimfahren.“

„Hör’, ſüßer Schatz, werde ich denn aber
auch Helmers recht ſein, als Dein Bräutigam?“
Sie ſah mich ganz mitleidig an.

„Ja — weißt denn Du nit, daß wir zwei
Beide ganz mit Fleiß z’ſammengebracht worden
ſind? Ich hab’s meiner Schweſter gleich am
erſten Tag geſagt, daß ich der ihren Kriegsplan
durchſchau’.“

„Und biſt doch mit mir gefahren, heute Früh?“

„Jeſſes, was ſollt’ ich denn ſonſt mache?
Aber eine Angſt hab’ ich gehabt, Du könnteſt mir
entwiſchen!“

„Alſo deshalb warſt Du heut Früh ſo
blaß und ſtill?“

„Wird wohl ſo ſein. Ich hab’ Dich ja gleich
gern gemocht, wie Du mir biſt in Kaſſel ſo auf
die Füß’ getrete und dabei geflucht haft. Und
daß ich Dir auch nit übel gefallen hab’, das hab’
ich gleich g’merkt.“

„So, Du Blitzmädel? — Aber dann haſt
Du vielleicht gar keinen ſo großen Schreck be-
kommen, als Du Deinen Vielliebchen-Irrthum
entdeckteſt?“ Sie ſah mich mit erſtaunten
Augen an.

„Du biſcht aber Einer! Erſt recht hab ich
mich erſchreckt!“ —

„Nun, Du kleines, erſchrockenes Mareile,
da iſt’s nur gut, daß Du jetzt wirklich mein
Viel—liebchen geworden biſt, nicht wahr?“

Sie nickte glücklich. Und weiter fuhren wir
in den lachenden Frühling hinaus, dem Süden zu.




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[[4]/0004] Zeche zahlen könnte. Ich fürchte, daß dieſer Feldzug gegen Galizien die Koſten nicht decken wird. Es wäre das ein Feldzug der Italiener um Tigré. Aus Galizien wandern jährlich 15.000 Bauern nach Amerika aus: ſie würden ihre Scholle gewiß nicht verlaſſen, wenn der Ertrag der Landwirthſchaft ein ſo guter wäre. Zahlungsfähige Pächter gehören in Galizien zu den Ausnahmen. Es wurde auch von den Cavalieren in Galizien geſpro- chen. Die Hypothekarſchulden dieſer Cavaliere ſind in den letzten Decennien um 55 Millionen angewachſen. Man ſagt, ſie ſollen ihre Plätze Kräftigeren überlaſſen; mit dem Uebergange des mittleren Grundbeſitzes in die Hand des Großcapitals werde aber eine große ſocialpolitiſche Gefahr heraufbeſchworen, deren Folgen unabſehbar ſind. (Beifall bei den Polen.) Abg. Svozil erklärt, am Niedergange der Landwirthſchaft in Mähren ſei die deutſchliberale Partei ſchuld. Redner werde aus politiſchen Gründen dieſer Regierung nichts bewilligen, denn einer Regierung, welche es noch zuläßt, daß in Mähren die übergroße Mehrheit des Volkes von einer kleinen Minorität beherrſcht und bedrückt werde, könne er nie einen Kreuzer bewilligen, umſoweniger, als die Regierung dann die bewil- ligten Mittel gegen die Tſchechen anwenden würde. Es ſpricht noch der Abg. Baron Hackel- berg, worauf die Verhandlung abgebrochen wird. Abg. Dr. Vašaty ſtellt einen Dringlich- keitsantrag, betreffend die vorhandenen Caſſen- beſtände und ihre Verwendung, welchen er in längerer Rede begründet. Hierauf ergreift Finanz- miniſter Dr. v. Bilinski das Wort. Locales und Provinzielles. Olmütz, 22. Mai. (Frauergottesdienſt für weil. Sr. kaiſ. Hoheit, Erzherzog Carl Ludwig.) Heute Voe- mittags 9 Uhr fand in der Metropolitankirche zu „St. Wenzel“ anläßlich des Ablebens Sr. kaiſ. Hoheit, des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig ein feierlicher Trauergottesdienſt ſtatt. Dem Gottes- dienſte, welchen der hochw. Domprälat und Archi- diacon Dr. Anton Klug im Beiſein des hochw. getreuen Metropolitancapitels celebrirte, wohnten Se. Excellenz der Herr Truppen-Diviſion FML. Ritter v. Grivičić mit den dienſtfreien Offi- ciere der Garniſon, Herr Kreisgerichtspräſident Dr. Rodr, Herr Statthaltereirath Freiherr von Pillerstorff, Herr Vicebürgermeiſter Carl Brandhuber mit mehreren Herren Gemeinde- räthen, Herr Oberfinanzrath Sporner, Herr Staatsanwalt Roeder, die Herren Directoren der hieſigen Mittelſchulen, eine Officiers-Abord- nung des k. k. priv. Bürger- und Schützencorps ſowie zahlreiche Andächtige bei. Mit einem Gebete des hochw. Herrn Domprälaten vor dem im Kirchenſchiffe aufgeſtellten, mit der Erzherzogs- krone geſchmückten Katafalke wurde die Trauer- feierlichkeit um ¾10 Uhr Vormittags beendet. (Trauergottesdienſt im iſrael. Bethanſe.) Aus Anlaß des Hinſcheidens Sr. kaiſerl. Hoheit des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig findet morgen Samſtag, den 23. Mail. J., um 11 Uhr Vormittags, im hieſigen iſrael. Bethhauſe ein feierlicher Trauergottes dienſt ſtatt. (Beileidskundgebung der Handels- und Gewerbekammer in Olmütz.) Die Olmützer Kammer richtete an das Statthalterei-Präſidium in Brünn nachſtehendes Telegramm: „Tief er- ſchüttert von dem unerſetzlichen, ſchmerzlichen Ver- luſte, welchen Se. Majeſtät unſer allergnädigſter Kaiſer und Herr, das Allerhöchſte Kaiſerhaus und die an deſſen Geſchicken ſtets loyalen und leb- haften Antheil nehmenden Völker Oeſterreichs durch den Tod weiland Sr. k. u. k. Hoheit des durchlauchtigſten Herrn Erzherzogs Carl Lud- wig erlitten haben, bittet die ergebenſt unter- zeichnete Kammer, deren ehrerbietigſten, unter- thänigſten Ausdruck warm empfundenen Beileides an die Stufen des Allerhöchſten Thrones leiten zu wollen. Oeſterreichs Induſtrie, Handel und Gewerbe werden dem hohen Verewigten immerdar das dankbarſte Andenken ehrfurchtsvoll bewahren und in der Wirthſchaftsgeſchichte Oeſterreichs bleibt der Name des huldreichen kaiſerlichen Prin- zen, höchſtwelcher in Wahrheit ein mächtiger För- derer induſtriellen gewerblichen Schaffens war, mit unvergänglichem Glanze umgeben.“ (Evangeliſcher Gottesdienſt.) Am 24. d., als am Pfingſtſonntage, findet in der hie- ſigen evangeliſchen Kirche um 10 Uhr Vormittags ein feierlicher Gottesdienſt ſtatt. Die für dieſen Tag in Ausſicht genommene Jahresverſammlung des hieſigen Ortsver- eines der evangeliſchen Guſtav-Adolf-Stiftung wird erſt am Dienſtag, den 26. Mai, 8 Uhr Abends im deutſchen Caſino abge- halten werden. (Perſonales.) Der Obmann der hieſigen Männerortsgruppe des Deutſchen Schulvereines, Herr Landtagsabgeordneter Robert Primaveſ’i wird in Vertretung dieſer Gruppe an den Ver- handlungen der am Pfingſtmontag in Brünn ſtattfindenden Hauptverſammlung des Schulver- eines theilnehmen. (Feſtausſchuß des Nordmährerbundes- feſtes.) In den Feſtausſchuß des Nordmährer- bundesfeſtes iſt, u. zw. in das Finanzcomité der ſtädt. Caſſier Herr Franz Xaver Parſch eingetreten. (Aus dem Staatseiſenbahnrathe.) In der vorgeſtern abgehaltenen Sitzung des Staats- eiſenbahnrathes ſtellte das Herrenhausmitglied, Handelskammer-Präſident Julius Ritter v. Gom- perz, folgende Anträge: 1. Die Regierung wird erſucht, Einfluß auf die priv. öſterr.-ungar. Staatseiſenbahn-Geſellſchaft zu nehmen, damit im Anſchluſſe an den in Böhm.-Trübau um 6 Uhr Abends aus Prag eintreffenden Schnell- zug Nr. 4 und an den in Böhm.-Trübau um 6 Uhr 42 Minuten Abends aus Wien ein- treffenden Schnellzug Nr. 3 in der Richtung gegen Olmütz ein Anſchluß geſchaffen werde. 2. Das k. k. Eiſenbahn-Miniſterium wird erſucht, auf der im Betriebe des Staates ſtehenden Mähriſchen Weſtbahn in der Richtung gegen Proßnitz einen Anſchluß an den von Proßnitz um 6 Uhr 46 Minuten Früh in der Richtung nach Nezamislitz—Brünn abgehenden Perſonenzug Nr. 1020 der Kaiſer Ferdinands- Nordbahn zu ſchaffen. 3. Die k. k. Regierung wird erſucht, den endlichen Ausbau des Flügels Kornitz—Gr.-Oppatowitz der Mähriſchen Weſtbahn an die Staatseiſenbahnlinie Brünn- Zwittau veranlaſſen zu wollen. 4. Die k. k. Regierung wird weiters erſucht, Einfluß auf die Verbeſſerung der Zugsverbindung Brünn- Budapeſt und umgekehrt, namentlich auf die Erſtellung einer das ganze Jahr hindurch beſtehenden Eilzugsverbindung mit möglichſt kurzer Wartezeit in Gänſerndorf, beziehungsweiſe Marchegg zu nehmen. Dieſe Anträge wurden vom Staatseiſenbahnrathe nach vorhergehender Befürwortung durch den Antragſteller als dring- lich anerkannt und der Regierung zur eingehendſten Berückſichtigung überwieſen. Aus dem Verlaufe der Sitzung verdient weiters beſondere Hervor- hebung die Erklärung des Verkehrsdirectors Hof- rathes Gerſtel bezüglich der dritten Wagen- claſſe bei Schnellzügen der Staats- bahnen. Die Staatsbahnverwaltung plant die Auflaſſung der dritten Wagenclaſſe bei Schnell- zügen und hat dieſe Maßregel zum Theile auch ſchon durchgeführt. Mehrere Mitglieder des Staatseiſenbahnrathes erklärten ſich gegen dieſe Neuerung, worauf Verkehrsdirector Gerſtel darauf hinwies, daß ein großer Theil der Staatsbahnen Gebirgsbahnen ſind, bei welchen andere Bedin- gungen für den Betrieb vorherrſchen, als bei nicht, zu reden. Weiß ich denn, ob das liebe Geſchöpf mich überhaupt leiden mag? Ob ſie nicht ſchon längſt ein anderes Bild im Herzen trägt? Da iſt ein Doctor Neiding in Gießen, mit dem ſie immerfort geneckt wird. Wenn der Kunde vielleicht wirklich ein bevorzugter Bewer- ber wäre?“ Berlin, nach Pfingſten. Ihr Götter, wie iſt mir zu Muth! So muß dem Helden zu Muth ſein, der eine Schlacht gewonnen hat! — Vor mir auf dem Schreibtiſch ſteht Mareiles Bild, und an ſie ſelbſt habe ich eben einen langen, für meine Gefühle aber noch viel zu kurzen Brief geſchrieben. Und wie iſt das alles ſo ſchnell gekommen? Nun, meine ganze Seligkeit habe ich nur Mareiles unbezahlbarer Offenherzigkeit zu danken. Als wir ſelbander geſtern Früh aus Mar- burg abdampften, kam ſie mir ſchon merkwürdig ernſt und blaß vor; und je mehr wir uns Gießen näherten, um ſo blaſſer und einſilbiger wurde ſie. „Aha!“ dachte ich bitter, „die Aufregung, den heimlich Geliebten wiederzuſehen macht das!“ Und unwillkürlich wurde auch ich reſervirter. Als dann der Zug in Gießen in die Halle fährt, guckt Mareile durch die Scheiben verſtoh- len auf den Perron hinaus, fährt plötzlich zurück und ſinkt in die entgegengeſetzte Ecke des Coupes auf den Sitz nieder. „Ich ſteig’ nit aus! Nein, ganz gewiß nit! Da ſteht ja richtig der fade Doctor Neiding mit ’n Blumenſtrauß! So en zudringlicher Menſch! Nein, nein, ich ſteig’ nit aus, ich will e’malnit!“ „Aber Fräulein Mareile,“ wollte ich ſie beruhigen, „Ihre Tante wird Sie erwarten.“ Da fährt ſie auf wie ein kleiner Kampfhahn. „So iſch’s recht, Herr Doctor! Sie haben’s auch gar ſehr nöthig, mich zum ausſteige zwinge’ zu wolln! Wenn Sie nit bis Frankfurt mit mir fahren wolle, da könnte Sie ſich ja wo anders hinſetze’. Freilich hab’ ich nit g’wußt, daß Ihne meine G’ſellſchaft ſo ſchnell z’viel werde könnt.’“ „Aber — Mareile, um Gotteswillen! Ich bin ja glückſelig, wenn Sie nichts von dem Doctor da draußen wiſſen wollen! Und ich würde mit Ihnen bis an’s Ende der Welt fahren ...“ „Iſch das auch wahr?“ ſagt ſie und ſieht mich ganz grad und treuherzig an ... Und ich, ohne eine Secunde zu zögern ſchmettere die Thür, die ein wenig geöffnet war, vollends zu, ſage dem Schaffner, die Dame fahre mit bis Frankfurt, er ſolle ein Billet beſorgen und lehne mich dann breit aus dem Fenſter, bis der Zug ſich wieder in Bewegung ſetzt. Draußen ſtand der Doctor mit dem Blumen- ſträußchen in der glacébedeckten Hand und ſchaute dem Zug mit einem ſo urdummen Geſicht nach, daß ich laut auflachen mußt. Mareile war aufgeſtanden und lugte hinter der Gardine nach dem verſpotteten Freier. „Macht’ er nit grad’ e G’ſicht wie e Pfingſt- öchſele?“ ſagte ſie. Und ſo ſchelmiſch lachten ihre rothen Lippen dabei, daß ich mich umwandte und ſie jählings in die Arme ſchloß. „Mareile, Mareile,“ — ſie wehrte ſich gar nicht — „willſt Du denn meine kleine Baum- königin ſein mein Lebenlang?“ Sie antwortete nichts, aber ſie reichte mir nur die feuchten, friſchen Mädchenlippen zum küſſen dar. Und auch mit dieſer Antwort war ich zu- frieden. — — „Aber was machen wir nun in Frankfurt?“ fragte ich nach fünf Minuten, die ich mit beſ- ſerem als mit Sprechen ausgefüllt hatte. „In Frankfurt haben wir auch eine Tante!“ ſagte Mareile ſtolz; „bei der werde ich ein paar Stunden bleiben und dann gleich wieder nach Marburg heimfahren.“ „Hör’, ſüßer Schatz, werde ich denn aber auch Helmers recht ſein, als Dein Bräutigam?“ Sie ſah mich ganz mitleidig an. „Ja — weißt denn Du nit, daß wir zwei Beide ganz mit Fleiß z’ſammengebracht worden ſind? Ich hab’s meiner Schweſter gleich am erſten Tag geſagt, daß ich der ihren Kriegsplan durchſchau’.“ „Und biſt doch mit mir gefahren, heute Früh?“ „Jeſſes, was ſollt’ ich denn ſonſt mache? Aber eine Angſt hab’ ich gehabt, Du könnteſt mir entwiſchen!“ „Alſo deshalb warſt Du heut Früh ſo blaß und ſtill?“ „Wird wohl ſo ſein. Ich hab’ Dich ja gleich gern gemocht, wie Du mir biſt in Kaſſel ſo auf die Füß’ getrete und dabei geflucht haft. Und daß ich Dir auch nit übel gefallen hab’, das hab’ ich gleich g’merkt.“ „So, Du Blitzmädel? — Aber dann haſt Du vielleicht gar keinen ſo großen Schreck be- kommen, als Du Deinen Vielliebchen-Irrthum entdeckteſt?“ Sie ſah mich mit erſtaunten Augen an. „Du biſcht aber Einer! Erſt recht hab ich mich erſchreckt!“ — „Nun, Du kleines, erſchrockenes Mareile, da iſt’s nur gut, daß Du jetzt wirklich mein Viel—liebchen geworden biſt, nicht wahr?“ Sie nickte glücklich. Und weiter fuhren wir in den lachenden Frühling hinaus, dem Süden zu.

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 118, Olmütz, 22.05.1896, S. [4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches118_1896/4>, abgerufen am 27.11.2024.