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Das Heller-Blatt. Nr. 25. Breslau, 21. Juni 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Kitzel kaum unterdrücken, als der Pascha sich so gröb-
lich geirrt hatte, während die herumstehenden Diener
ihre Blicke gewaltsam auf die Fußspitzen hefteten, um
einem gleichen Reize zum Lachen nicht nachzugeben und
sich vor den Peitschenhieben, die ohne Zweifel darauf
erfolgt wären, zu hüten. Jnzwischen hat der Jman
der Moschee, dessen stechende Blicke seine Sucht nach
guten Sachen verriethen, aus dem Kasten eine mit
Silber beschlagene Büchse hervorgezogen, und beim
Oeffnen eine teigartige Masse darin entdeckt, deren
Duft unwiderstehlich war. Somit steckte er die Spitze
des Zeigefingers hinein, schabte so viel er konnte, los
und schnappte es mit dem geöffneten Munde auf. Bald
aber kam die Reue nach, denn als wenn sich die Brech-
ruhr bei ihm zeigte, begann er zu sprudeln und zu
speien. "Was habt Jhr denn?" sagte einer und
grinste ihn an. "Bah! schaut doch!" rief der Pascha,
der froh war, einen Leidensgefährten zu sehen; "schaut
doch! der Jman wird krank." Die Natur der Sub-
stanz, die dieser verschluckt hatte, zeigte sich auch bald
durch den weißen Schaum, der auf seine Lippen trat.
Da gab man andern Vorstellungen Raum; man ver-
muthete einen Anfall von Tollwuth, glaubte, einen
Wahnsinnigen vor sich zu haben - und in Kurzem stand
der Mensch ganz allein da, denn Jedermann wich vor
ihm scheu zurück, wie vor einem, den man nicht berüh-
ren darf. Der Mufti hatte eine starke Dosis Savon
de Naples
verschlungen.

Als er sich in etwas erholt, trat man wieder nä-
her und setzte die Visitation der Geräthschaften fort.
Jedes Stück wogen die Türken in der Hand, als könne
man sie nach dem Gewicht taxiren. Vor Allem zog
eine kleine elfenbeinerne Büchse ihre Aufmerksamkeit
auf sich. Diese war so niedlich gearbeitet, daß jeder
von ihnen sie haben wollte, und sich alle wie Kinder
gebehrdeten, die sich um ein Spielzeug zanken. End-
lich wurde sie dem Mufti überlassen. Dieser Mann ge-
fiel sich immer darin, über Andere zu lachen, bald aber
kam die Reihe an die Anderen, ihn selbst ebenfalls aus-
zulachen. Er wandte die Büchse hin und her, endlich
schraubte er sie auf, und eine schmale Röhre mit einem
Bündel Hölzchen entdeckend kam er auf die Vermu-
thung, er habe ein fränkisches Schreibzeug vor sich,
das Flüssige in der Röhre sei die Dinte und die Hölz-
chen die Federn. Er versuchte ein Hölzchen in die Röhre
zu stecken, er zog es heraus, und ein plötzlicher Feuer-
strahl fuhr ihm entgegen. Wer könnte den Schreck des
Türken schildern! Er warf das Ganze von sich, als hätte
er ein Spiel des leibhaftigen Teufels in ihm entdeckt.
"Hilf, Allah!" schrie er laut, die Augen starrten ihm
aus dem Kopfe, der Mund stand geöffnet, seine Hände
klammerten sich an dem Polster an, sein ganzer Körper
lag hintenüber. "Es giebt nur einen Gott, Allah be-
schütze mich!" rief er wiederholt und blickte unverwandt
auf den Teufelsspuck, der am Boden lag. Die Um-
[Spaltenumbruch] herstehenden waren anfangs nicht weniger erschrocken;
sie standen furchtsam im Kreise um das gefahrdrohende
Wunderding und erwarteten mit neugieriger Spannung
den Erfolg. Als sich aber keine weitere Explosion zeigte,
wurde die feierliche Stille, indem sich die Blicke von
der Büchse ab zu dem Mufti wandten, durch ein un-
terdrücktes Lachen unterbrochen, das sich immer lauter
und schallender erhob. Pascha Suleyman, der schon
mehr mit Franken im Verkehr gestanden hatte, war
endlich kühn genug, das doch immer noch gefährlich
scheinende Ding mit großer Vorsicht aufzuheben; allein
von allen Seiten beschwor man ihn im Namen des
Propheten, es hinzulegen, und er befahl hierauf dem
Armenier Bogos, die ganze Maschine sammt Hölzern
und Allem nach dem Fluße zu tragen und sie bei Gefahr
seines Kopfes zu versenken. Würde der Teufels=Spuck
ihm noch einmal vor Augen kommen, so thue er hier-
mit beim Koran und allen Jmans das Gelübde, jeden
Armenier wie alle Christen in Kars zu tödten.



Der Kuckuk.

Der Kuckuk, den wir hier abgebildet sehen, ist ein
Zugvogel, der Ende April oder Anfang Mai hier an-
kommt, und Deutschland schon Ende September wieder
verläßt.

Seine Nahrung besteht fast ausschließlich in Rau-
pen, deren er eine Menge vertilgt und daher auch sehr
nützlich ist. Er hat ein sehr scharfes Auge und holt
sich, indem er zwischen den Aesten durchfliegt, die Rau-
pen rechts und links von den Zweigen und Stämmen.
Sein großer Magen wird immer voll von Raupen ge-
funden, und da er gar keinen Unterschied macht, auch
die rauchesten Bärenraupen in Menge verschluckt, so
hängt sich das stachliche Haar derselben zuweilen ganz
dick an die innere Magenhaut fest und wird von der
Bewegung des Mageus ordentlich geglättet, woraus
die Fabel entstanden ist, der Kuckuk habe einen von Jn-
nen mit Haaren bewachsenen Magen. Nur im Noth-
fall, wenn z. E. bei seiner Ankunft noch nicht Raupen
genug da sind, nimmt er auch allenfalls mit andern
Jnsekten, als Käfern, Schmetterlingen vorlieb.
Jm Herbst fressen die Jungen auf dem Durchzuge auch
Beeren und werden davon sehr fett, zuweilen werden
sie sogar mit den Drosseln in den Dohnen gefangen.
Jhr Fleisch ist sehr schmackhaft und zart.

Seinen Standort nimmt der Kuckuk am liebsten
in lichten Waldungen, welchen Aecker und Wiesen ein-
schließen, oder in Gebüschen neben Gärten ein. Jeder-
zeit ist ein Pärchen beisammen, das ein gewisses Re-
vier bewohnt, und kein zweites Pärchen neben sich dul-
det, und eben so wenig das Reyier eines andern Pär-
chens besuchen darf. Dasselbe Pärchen kehrt in dasselbe
Revier zurück, so lange es lebt. Stirbt eines von den
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Kitzel kaum unterdrücken, als der Pascha sich so gröb-
lich geirrt hatte, während die herumstehenden Diener
ihre Blicke gewaltsam auf die Fußspitzen hefteten, um
einem gleichen Reize zum Lachen nicht nachzugeben und
sich vor den Peitschenhieben, die ohne Zweifel darauf
erfolgt wären, zu hüten. Jnzwischen hat der Jman
der Moschee, dessen stechende Blicke seine Sucht nach
guten Sachen verriethen, aus dem Kasten eine mit
Silber beschlagene Büchse hervorgezogen, und beim
Oeffnen eine teigartige Masse darin entdeckt, deren
Duft unwiderstehlich war. Somit steckte er die Spitze
des Zeigefingers hinein, schabte so viel er konnte, los
und schnappte es mit dem geöffneten Munde auf. Bald
aber kam die Reue nach, denn als wenn sich die Brech-
ruhr bei ihm zeigte, begann er zu sprudeln und zu
speien. „Was habt Jhr denn?“ sagte einer und
grinste ihn an. „Bah! schaut doch!“ rief der Pascha,
der froh war, einen Leidensgefährten zu sehen; „schaut
doch! der Jman wird krank.“ Die Natur der Sub-
stanz, die dieser verschluckt hatte, zeigte sich auch bald
durch den weißen Schaum, der auf seine Lippen trat.
Da gab man andern Vorstellungen Raum; man ver-
muthete einen Anfall von Tollwuth, glaubte, einen
Wahnsinnigen vor sich zu haben – und in Kurzem stand
der Mensch ganz allein da, denn Jedermann wich vor
ihm scheu zurück, wie vor einem, den man nicht berüh-
ren darf. Der Mufti hatte eine starke Dosis Savon
de Naples
verschlungen.

Als er sich in etwas erholt, trat man wieder nä-
her und setzte die Visitation der Geräthschaften fort.
Jedes Stück wogen die Türken in der Hand, als könne
man sie nach dem Gewicht taxiren. Vor Allem zog
eine kleine elfenbeinerne Büchse ihre Aufmerksamkeit
auf sich. Diese war so niedlich gearbeitet, daß jeder
von ihnen sie haben wollte, und sich alle wie Kinder
gebehrdeten, die sich um ein Spielzeug zanken. End-
lich wurde sie dem Mufti überlassen. Dieser Mann ge-
fiel sich immer darin, über Andere zu lachen, bald aber
kam die Reihe an die Anderen, ihn selbst ebenfalls aus-
zulachen. Er wandte die Büchse hin und her, endlich
schraubte er sie auf, und eine schmale Röhre mit einem
Bündel Hölzchen entdeckend kam er auf die Vermu-
thung, er habe ein fränkisches Schreibzeug vor sich,
das Flüssige in der Röhre sei die Dinte und die Hölz-
chen die Federn. Er versuchte ein Hölzchen in die Röhre
zu stecken, er zog es heraus, und ein plötzlicher Feuer-
strahl fuhr ihm entgegen. Wer könnte den Schreck des
Türken schildern! Er warf das Ganze von sich, als hätte
er ein Spiel des leibhaftigen Teufels in ihm entdeckt.
„Hilf, Allah!“ schrie er laut, die Augen starrten ihm
aus dem Kopfe, der Mund stand geöffnet, seine Hände
klammerten sich an dem Polster an, sein ganzer Körper
lag hintenüber. „Es giebt nur einen Gott, Allah be-
schütze mich!“ rief er wiederholt und blickte unverwandt
auf den Teufelsspuck, der am Boden lag. Die Um-
[Spaltenumbruch] herstehenden waren anfangs nicht weniger erschrocken;
sie standen furchtsam im Kreise um das gefahrdrohende
Wunderding und erwarteten mit neugieriger Spannung
den Erfolg. Als sich aber keine weitere Explosion zeigte,
wurde die feierliche Stille, indem sich die Blicke von
der Büchse ab zu dem Mufti wandten, durch ein un-
terdrücktes Lachen unterbrochen, das sich immer lauter
und schallender erhob. Pascha Suleyman, der schon
mehr mit Franken im Verkehr gestanden hatte, war
endlich kühn genug, das doch immer noch gefährlich
scheinende Ding mit großer Vorsicht aufzuheben; allein
von allen Seiten beschwor man ihn im Namen des
Propheten, es hinzulegen, und er befahl hierauf dem
Armenier Bogos, die ganze Maschine sammt Hölzern
und Allem nach dem Fluße zu tragen und sie bei Gefahr
seines Kopfes zu versenken. Würde der Teufels=Spuck
ihm noch einmal vor Augen kommen, so thue er hier-
mit beim Koran und allen Jmans das Gelübde, jeden
Armenier wie alle Christen in Kars zu tödten.



Der Kuckuk.

Der Kuckuk, den wir hier abgebildet sehen, ist ein
Zugvogel, der Ende April oder Anfang Mai hier an-
kommt, und Deutschland schon Ende September wieder
verläßt.

Seine Nahrung besteht fast ausschließlich in Rau-
pen, deren er eine Menge vertilgt und daher auch sehr
nützlich ist. Er hat ein sehr scharfes Auge und holt
sich, indem er zwischen den Aesten durchfliegt, die Rau-
pen rechts und links von den Zweigen und Stämmen.
Sein großer Magen wird immer voll von Raupen ge-
funden, und da er gar keinen Unterschied macht, auch
die rauchesten Bärenraupen in Menge verschluckt, so
hängt sich das stachliche Haar derselben zuweilen ganz
dick an die innere Magenhaut fest und wird von der
Bewegung des Mageus ordentlich geglättet, woraus
die Fabel entstanden ist, der Kuckuk habe einen von Jn-
nen mit Haaren bewachsenen Magen. Nur im Noth-
fall, wenn z. E. bei seiner Ankunft noch nicht Raupen
genug da sind, nimmt er auch allenfalls mit andern
Jnsekten, als Käfern, Schmetterlingen vorlieb.
Jm Herbst fressen die Jungen auf dem Durchzuge auch
Beeren und werden davon sehr fett, zuweilen werden
sie sogar mit den Drosseln in den Dohnen gefangen.
Jhr Fleisch ist sehr schmackhaft und zart.

Seinen Standort nimmt der Kuckuk am liebsten
in lichten Waldungen, welchen Aecker und Wiesen ein-
schließen, oder in Gebüschen neben Gärten ein. Jeder-
zeit ist ein Pärchen beisammen, das ein gewisses Re-
vier bewohnt, und kein zweites Pärchen neben sich dul-
det, und eben so wenig das Reyier eines andern Pär-
chens besuchen darf. Dasselbe Pärchen kehrt in dasselbe
Revier zurück, so lange es lebt. Stirbt eines von den
[Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 25. Breslau, 21. Juni 1834, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller25_1834/7>, abgerufen am 24.11.2024.