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Das Heller-Blatt. Nr. 17. Breslau, 26. April 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] eine doppelte, aber stetige Bewegung: während er näm-
lich senkrecht auf die Umdrehungsaxe gerichtet ist, nä-
hert sich sein Ende jener Axe bald mehr bald weniger,
und zugleich bewegt sich dasselbe Ende parallel mit der
Umdrehungsaxre fort. Es bleibt daher an dem fertigen
Gegenstande keine Spur eines einzelnen Eindrucks, son-
dern seine Oberfläche ist fertig krumm.

Dieses Verfahren ist bei allen Metallen anwend-
bar, die überhaupt des Treibens fähig sind, und der
Klempnermeister Marold in München hat es in dieser
Kunstfertigkeit so weit gebracht, daß ihm die größere
oder geringere Härte des Metalls kein Hinderniß mehr
ist. Es mag hier noch bemerkt werden: 1 ) daß das be-
schriebene Verfahren besonders für einige Gürtlerarbei-
ten wichtig ist, die nach dem Treiben vergoldet werden
sollen, indem man nun zuerst das bloße Blech vergol-
den und dieses treiben kann; 2 ) daß das Argentanblech
ganz vorzüglich dazu geeignet ist, um hier Anwendung
zu finden; 3 ) daß es möglich ist, das beschriebene
Treiben auf der Drehbank mit besonders eingerichteten
Guillochirmaschinen zu dem doppelten Zweck zu verbin-
den, entweder auf der Oberfläche Verzierungen anzu-
bringen, oder selbst nicht runde Gegenstände zu treiben.



Freundschaftsbündnisse.

So wild und roh uns nach den frühern diesfallsi-
gen Beschreibungen die Völkerschaften Albaniens, Bos-
niens, Kroatiens erscheinen, so muß man ihnen doch
zugestehen, daß sie in manchen ihrer Sitten und Ge-
bräuche die gesittetsten Nationen Europa's beschämen.
Dahin gehören die sogenannten " Freundschaftsbünd-
nisse " der Morlacken. Keine Nation in der Welt kann
etwas ähnliches Rühmliches von sich sagen. - Die
Morlacken haben aus der Freundschaftsschließung einen
religiösen Akt gemacht. Das Freundschaftsband wird
als ein heiliges Band am Fuße des Altars geknüpft.
Jn Gegenwart sämmtlicher Einwohner des Orts
und der nähern Umgegend wird auf die feierlichste Weise
ein besonderer Segen über beide Freunde und Freun-
dinnen ausgesprochen. Ein englischer Reisender, wel-
cher sich längere Zeit bei den Morlacken aufhielt, war
bei der Verbindung zweier Mädchen gegenwärtig, die
sich in der Kirche von Perusich zu Posestre oder
Freundinnen einweiheten, und erwähnt darüber,
daß man, nachdem sie das heilige Bündniß geschlossen
hatten, die Freude aus ihren Augen habe glänzen sehen;
ein Beweis, welcher Delicatesse von Empfindungen
Menschen, die wir ungebildet zu nennen pflegen, fähig
sind, oder ein Problem, ob nicht vielleicht die soge-
nannte Bildung der Gesellschaft eher ihr Verderbniß
genannt zu werden verdient. - Die morlackischen
Freunde, die sich auf diese Weise verbinden, heißen
Halbbrüder, die Freundinnen Halbschwestern. - Aber
[Spaltenumbruch] so fest die Freundschaften dieses Volkes sind, eben so
unversöhnlich sind ihre Feindschaften, und sogar ihre
Sprache hat das Sprüchwort: "Wer sich nicht rächt,
ist nicht gerecht!"



Fortschritte der Landwirthschaft in
Sibirien, namentlich in Jrkutsk
.

Die Pferde= und Rindviehzucht fängt jetzt an da-
selbst vervollkommnet zu werden - sagt die St. Pe-
tersburger Zeitung. Die Bienenzucht, die sich schon
längst an der irkutskischen Linie ausgebreitet hatte,
wird in den Gouvernements Tomsk und Jemseisk im-
mer allgemeiner. Eine Menge von Fruchtbäumen und
Gartenpflanzen wird ungeachtet der bedeutenden Trans-
portkosten nach Jrkutsk und Kiachta gebracht und be-
reits sieht man dort Aepfelbäume im Freien Früchte
tragen; auch die gefüllte Rose und die Johannisbeere
dauern den Winter über im Freien aus. Jn den Ge-
müsegärten gedeihen Zuckererbsen und Bohnen, die
man vor 12 Jahren noch wie Blumen in Töpfen zog;
in vielen Bauergärten findet man Melonen und Spar-
gel; Meerrettig und alle Arten Kohl wachsen fast über-
all. Der Getreidebau ist blühend Mehrere Bauern
und Gutsbesitzer besitzen gegen 230 Dessentinen mit ver-
schiedenen Kornarten und der ehemals wenig frucht-
reiche Kreis von Nertschinsk wetteifert jetzt hinsichtlich
seiner Getreide= und Kartoffel=Erndten mit den von
Worchne=Udinsk, der für die Kornkammer des Gouver-
nements gilt. Es sind Pflug=, Dresch= und Säema-
schinen aus London verschrieben und Wasser= und
Windmühlen erbaut worden. Am 22. August v. J.
traf sogar eine Heerde von 22 sächsischen Merinoschaa-
fen am Ufer des Baueal ein, die durch die Kreise
Worchne=Udinsk und Nertschinsk nach der Festung
Aktschu gehen.



Die Gefräßigkeit des Hechts.

Die Hechte sind nicht nur despotisch in den Bächen,
wo sie alle andern Fische, Frösche u. s. w. aufreiben,
sondern verschlingen auch, wenn sie hungrig sind, Ei-
ner den Andern. Pennant erzählt einen Fall, wo ein
Hecht zu Tode gewürgt wurde, als er versuchte, einen
seiner Brüder zu verschlingen. Vor einigen Jahren er-
griff in Lord Gowers Kanal ein alter Hecht den Kopf
eines Schwanes und rang so sehr mit ihm, daß Beide,
der Fisch und der majestätische Vogel, sich tödteten.
Zwei andere Hechte waren Zeuge des Kampfes. Es ist
merkwürdig, daß dieser Fisch nicht nur lange am Leben
bleibt, nachdem man ihm aus dem Wasser gethan, son-
dern auch seine Kräfte behält, so daß er nach Allem,
was ihm lange Zeit, nachdem er eingefangen ist, dar-
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] eine doppelte, aber stetige Bewegung: während er näm-
lich senkrecht auf die Umdrehungsaxe gerichtet ist, nä-
hert sich sein Ende jener Axe bald mehr bald weniger,
und zugleich bewegt sich dasselbe Ende parallel mit der
Umdrehungsaxre fort. Es bleibt daher an dem fertigen
Gegenstande keine Spur eines einzelnen Eindrucks, son-
dern seine Oberfläche ist fertig krumm.

Dieses Verfahren ist bei allen Metallen anwend-
bar, die überhaupt des Treibens fähig sind, und der
Klempnermeister Marold in München hat es in dieser
Kunstfertigkeit so weit gebracht, daß ihm die größere
oder geringere Härte des Metalls kein Hinderniß mehr
ist. Es mag hier noch bemerkt werden: 1 ) daß das be-
schriebene Verfahren besonders für einige Gürtlerarbei-
ten wichtig ist, die nach dem Treiben vergoldet werden
sollen, indem man nun zuerst das bloße Blech vergol-
den und dieses treiben kann; 2 ) daß das Argentanblech
ganz vorzüglich dazu geeignet ist, um hier Anwendung
zu finden; 3 ) daß es möglich ist, das beschriebene
Treiben auf der Drehbank mit besonders eingerichteten
Guillochirmaschinen zu dem doppelten Zweck zu verbin-
den, entweder auf der Oberfläche Verzierungen anzu-
bringen, oder selbst nicht runde Gegenstände zu treiben.



Freundschaftsbündnisse.

So wild und roh uns nach den frühern diesfallsi-
gen Beschreibungen die Völkerschaften Albaniens, Bos-
niens, Kroatiens erscheinen, so muß man ihnen doch
zugestehen, daß sie in manchen ihrer Sitten und Ge-
bräuche die gesittetsten Nationen Europa's beschämen.
Dahin gehören die sogenannten „ Freundschaftsbünd-
nisse “ der Morlacken. Keine Nation in der Welt kann
etwas ähnliches Rühmliches von sich sagen. – Die
Morlacken haben aus der Freundschaftsschließung einen
religiösen Akt gemacht. Das Freundschaftsband wird
als ein heiliges Band am Fuße des Altars geknüpft.
Jn Gegenwart sämmtlicher Einwohner des Orts
und der nähern Umgegend wird auf die feierlichste Weise
ein besonderer Segen über beide Freunde und Freun-
dinnen ausgesprochen. Ein englischer Reisender, wel-
cher sich längere Zeit bei den Morlacken aufhielt, war
bei der Verbindung zweier Mädchen gegenwärtig, die
sich in der Kirche von Perusich zu Posestre oder
Freundinnen einweiheten, und erwähnt darüber,
daß man, nachdem sie das heilige Bündniß geschlossen
hatten, die Freude aus ihren Augen habe glänzen sehen;
ein Beweis, welcher Delicatesse von Empfindungen
Menschen, die wir ungebildet zu nennen pflegen, fähig
sind, oder ein Problem, ob nicht vielleicht die soge-
nannte Bildung der Gesellschaft eher ihr Verderbniß
genannt zu werden verdient. – Die morlackischen
Freunde, die sich auf diese Weise verbinden, heißen
Halbbrüder, die Freundinnen Halbschwestern. – Aber
[Spaltenumbruch] so fest die Freundschaften dieses Volkes sind, eben so
unversöhnlich sind ihre Feindschaften, und sogar ihre
Sprache hat das Sprüchwort: „Wer sich nicht rächt,
ist nicht gerecht!“



Fortschritte der Landwirthschaft in
Sibirien, namentlich in Jrkutsk
.

Die Pferde= und Rindviehzucht fängt jetzt an da-
selbst vervollkommnet zu werden – sagt die St. Pe-
tersburger Zeitung. Die Bienenzucht, die sich schon
längst an der irkutskischen Linie ausgebreitet hatte,
wird in den Gouvernements Tomsk und Jemseisk im-
mer allgemeiner. Eine Menge von Fruchtbäumen und
Gartenpflanzen wird ungeachtet der bedeutenden Trans-
portkosten nach Jrkutsk und Kiachta gebracht und be-
reits sieht man dort Aepfelbäume im Freien Früchte
tragen; auch die gefüllte Rose und die Johannisbeere
dauern den Winter über im Freien aus. Jn den Ge-
müsegärten gedeihen Zuckererbsen und Bohnen, die
man vor 12 Jahren noch wie Blumen in Töpfen zog;
in vielen Bauergärten findet man Melonen und Spar-
gel; Meerrettig und alle Arten Kohl wachsen fast über-
all. Der Getreidebau ist blühend Mehrere Bauern
und Gutsbesitzer besitzen gegen 230 Dessentinen mit ver-
schiedenen Kornarten und der ehemals wenig frucht-
reiche Kreis von Nertschinsk wetteifert jetzt hinsichtlich
seiner Getreide= und Kartoffel=Erndten mit den von
Worchne=Udinsk, der für die Kornkammer des Gouver-
nements gilt. Es sind Pflug=, Dresch= und Säema-
schinen aus London verschrieben und Wasser= und
Windmühlen erbaut worden. Am 22. August v. J.
traf sogar eine Heerde von 22 sächsischen Merinoschaa-
fen am Ufer des Baueal ein, die durch die Kreise
Worchne=Udinsk und Nertschinsk nach der Festung
Aktschu gehen.



Die Gefräßigkeit des Hechts.

Die Hechte sind nicht nur despotisch in den Bächen,
wo sie alle andern Fische, Frösche u. s. w. aufreiben,
sondern verschlingen auch, wenn sie hungrig sind, Ei-
ner den Andern. Pennant erzählt einen Fall, wo ein
Hecht zu Tode gewürgt wurde, als er versuchte, einen
seiner Brüder zu verschlingen. Vor einigen Jahren er-
griff in Lord Gowers Kanal ein alter Hecht den Kopf
eines Schwanes und rang so sehr mit ihm, daß Beide,
der Fisch und der majestätische Vogel, sich tödteten.
Zwei andere Hechte waren Zeuge des Kampfes. Es ist
merkwürdig, daß dieser Fisch nicht nur lange am Leben
bleibt, nachdem man ihm aus dem Wasser gethan, son-
dern auch seine Kräfte behält, so daß er nach Allem,
was ihm lange Zeit, nachdem er eingefangen ist, dar-
[Ende Spaltensatz]

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Es mag hier noch bemerkt werden: 1 ) daß das be- schriebene Verfahren besonders für einige Gürtlerarbei- ten wichtig ist, die nach dem Treiben vergoldet werden sollen, indem man nun zuerst das bloße Blech vergol- den und dieses treiben kann; 2 ) daß das Argentanblech ganz vorzüglich dazu geeignet ist, um hier Anwendung zu finden; 3 ) daß es möglich ist, das beschriebene Treiben auf der Drehbank mit besonders eingerichteten Guillochirmaschinen zu dem doppelten Zweck zu verbin- den, entweder auf der Oberfläche Verzierungen anzu- bringen, oder selbst nicht runde Gegenstände zu treiben. Freundschaftsbündnisse. So wild und roh uns nach den frühern diesfallsi- gen Beschreibungen die Völkerschaften Albaniens, Bos- niens, Kroatiens erscheinen, so muß man ihnen doch zugestehen, daß sie in manchen ihrer Sitten und Ge- bräuche die gesittetsten Nationen Europa's beschämen. Dahin gehören die sogenannten „ Freundschaftsbünd- nisse “ der Morlacken. 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Die Pferde= und Rindviehzucht fängt jetzt an da- selbst vervollkommnet zu werden – sagt die St. Pe- tersburger Zeitung. Die Bienenzucht, die sich schon längst an der irkutskischen Linie ausgebreitet hatte, wird in den Gouvernements Tomsk und Jemseisk im- mer allgemeiner. Eine Menge von Fruchtbäumen und Gartenpflanzen wird ungeachtet der bedeutenden Trans- portkosten nach Jrkutsk und Kiachta gebracht und be- reits sieht man dort Aepfelbäume im Freien Früchte tragen; auch die gefüllte Rose und die Johannisbeere dauern den Winter über im Freien aus. Jn den Ge- müsegärten gedeihen Zuckererbsen und Bohnen, die man vor 12 Jahren noch wie Blumen in Töpfen zog; in vielen Bauergärten findet man Melonen und Spar- gel; Meerrettig und alle Arten Kohl wachsen fast über- all. Der Getreidebau ist blühend Mehrere Bauern und Gutsbesitzer besitzen gegen 230 Dessentinen mit ver- schiedenen Kornarten und der ehemals wenig frucht- reiche Kreis von Nertschinsk wetteifert jetzt hinsichtlich seiner Getreide= und Kartoffel=Erndten mit den von Worchne=Udinsk, der für die Kornkammer des Gouver- nements gilt. Es sind Pflug=, Dresch= und Säema- schinen aus London verschrieben und Wasser= und Windmühlen erbaut worden. Am 22. August v. J. traf sogar eine Heerde von 22 sächsischen Merinoschaa- fen am Ufer des Baueal ein, die durch die Kreise Worchne=Udinsk und Nertschinsk nach der Festung Aktschu gehen. Die Gefräßigkeit des Hechts. Die Hechte sind nicht nur despotisch in den Bächen, wo sie alle andern Fische, Frösche u. s. w. aufreiben, sondern verschlingen auch, wenn sie hungrig sind, Ei- ner den Andern. Pennant erzählt einen Fall, wo ein Hecht zu Tode gewürgt wurde, als er versuchte, einen seiner Brüder zu verschlingen. 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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 17. Breslau, 26. April 1834, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller17_1834/3>, abgerufen am 24.11.2024.