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Das Heller-Blatt. Nr. 15. Breslau, 12. April 1834.

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[Beginn Spaltensatz] 5000 Maurer rechts und 5000 links arbeiteten. Die
Kosten wurden von allen Ständen des Volks beigetrie-
ben und lasteten schwer auf ihnen. Wände und Ge-
wölbe wurden zwar nur aus Backsteinen aufgeführt,
aber die Pracht und Mannigfaltigkeit des Marmors,
Granits und Porphyrs überstieg alle Grenzen. Phry-
gischer weißer Marmor mit rosenfarbenen Streifen,
grüner aus Lakonien, blauer aus Lybien, schwarzer
weißgeränderter celtischer und bosphorischer weißer mit
schwarzen Rändern, und Granit aus allen Enden des
großen Reichs wurde dazu verwendet. Die 8 Porphyr-
Säulen, welche Kaiser Aurelian aus dem Sonnentem-
pel zu Baalbek nach Rom geführt, dann 8 grüne Mar-
morsäulen vom Dianentempel zu Ephesus und viele an-
dere aus Athen und Troas gebrachte Säulen ragten als
Schmuck besonders hervor. Nach der Legende halfen
Engel den Prachtbau fördern. Sie zeigten dem Kaiser
im Traume den Bauplan, und schafften aus unterirdi-
schen Gewölben 80 Centner Gold. Der Kaiser selbst
that Alles, den Bau zu fördern, durch Geschenke und
tägliche Besuche, und ließ sich nicht abschrecken, daß,
als die Mauer erst zwei Ellen über den Grund heraus
war, er schon 452 Centner Goldes ausgegeben hatte.
Der Mörtel wurde mit Gerstenwasser angemacht, und
die Steine der Grundfesten durch eine leimartige eben-
falls mit Gerstenwasser angemachte Masse verkittet.
Die Pfeiler wurden von Außen und Jnnen mit eisernen
Schließen verbunden, und von einer mit Kalk und Oel
und einem von Stucco von vielfarbigem Marmor über-
zogen. Die Ziegel zu dem Gewölbe der Kuppel, deren
ungemeine Leichtigkeit und Kühnheit alles in Erstaunen
setzte, wurden zu Rhodus von besonderm leichten Thon
verfertigt, so leicht, daß zwölf derselben erst einen ge-
wöhnlichen Bauziegel aufwogen. Diesen kreideweißen
binsenartigen Ziegeln wurde durch ein Modell die Jn-
schrift aufgeprägt:

"Gott hat sie gegründet, und sie wird nicht erschüt-
tert werden. Gott wird ihr beistehen im Morgenroth!"

Als nun der Bau der Kuppel begann, wurden je
12 und 12 Ziegeln gelegt, und nach jeder Lage wurden
Reliquien eingemauert. Der Tisch des Altars sollte
noch kostbarer als Gold sein, und deshalb wurde solcher
aus allen Gattungen kostbarer Materien, aus Gold und
Silber mit zerstoßenen Perlen und Edelsteinen zusam-
mengeschmolzen und die Vertiefung desselben noch be-
sonders mit den kostbarsten Edelsteinen ausgelegt.
Ueber demselben erhob sich thurmartig das Tabernakel,
worauf eine goldene Kuppel, 18 Centner schwer, ruhte,
mit goldnen Lilien umgeben, zwischen denen ein goldnes
Kreuz, 75 Pfund schwer, mit kostbaren Steinen ver-
ziert, aufgerichtet war. Die Sitze der Priester und des
Patriarchen Thron, welche den Altar von hinten umga-
ben, waren von vergoldetem Silber. Der Altar war
durch eine hölzerne Wand, wodurch drei mit Schleiern
verdeckte Thüren in's Allerheiligste führten, mit vergol-
[Spaltenumbruch] deten Heiligenbildern und zwölf goldnen Säulen ge-
schmückt. Der Lesepult oder die Kanzel war von
einem goldnen Himmelsdache bedeckt, an welchem ein
goldnes 100 Pfund schweres und mit Karfunkel und
Zahlperlen bedecktes Kreuz herabhing. Ein anderes
wunderthätiges Kreuz, welches genau das aus Jerusa-
lem gebrachte Größenmaaß des Heilandes hatte, stand
im Fond der Sakristei. Die für die 12 großen Feste
des Jahres bestimmten heiligen Gefäße waren sämmt-
lich aus dem reinsten Golde, und der mit Perlen und
Edelsteinen durchwirkten Kelchtücher waren allein
42,000. Dazu 24 große Evangelienbücher, deren jedes
mit seinen Goldbeschlägen 2 Centner wog, und 6000
traubenförmige Leuchter für den Hochaltar. Die Thü-
ren waren theils von Elfenbein, theils von Bernstein
und Cedernholz, und die des Hauptthors silbern und
vergoldet, ja drei sogar von innen mit Brettern aus
der Arche Noah's ausgetäfelt. Die Einfassung des hei-
ligen Brunnens in der Kirche war die des berühmten
samaritanischen Brunnens, und die 4 Trompeten, wel-
che über demselben von Engeln geblasen wurden, waren
dieselben, vor deren Schall die Mauern Jericho's um-
gestürzt waren. Der Boden war mit vielfarbigem
Marmor gepflastert. Der Vorhof umschloß in der
Mitte ein Wasserbecken von Jaspis, und die Priester
hatten ihren Waschort innerhalb der Kirche, wo 12 Mu-
scheln das Regenwasser auffingen und 12 Löwen, 12 Pan-
ther und 12 Dammhirsche dasselbe wieder spieen.

Als nun Alles fertig war, am Christabend des
Jahres 538, fuhr der Kaiser nach der Kirche, ließ
1000 Ochsen, 1000 Schaafe, 600 Hirsche, 1000
Schweine, 10,000 Hühner und Hähne schlachten und
30,000 Metzen Korn und 3 Centner Gold an die Ar-
men vertheilen, und weihete die Kathedrale der heiligen
Sophia.

Fortan blieb die Sophienkirche unter den Kaisern
die Hauptkirche des Reichs. Endlich mit dem Falle
des letzten Paläologen, der noch am Morgen seines
Heldentodes vor Sonnenaufgang seine letzte Andacht
verrichtete, zog, die Stadt erstürmend, Mahomed II.
mit seinen Türken vom Romanus=Thore hierher. Er
ritt in den von Priestern, Gott geweiheten Jungfrauen
und Volk vollgefüllten Tempel - mühsam trennte sein
Schlachtroß das dichte Gedränge der geflüchteten Jam-
mernden - und rief das Glaubensbekenntniß des Ko-
rans aus:

"Es ist kein Gott als Gott und Mahomed ist sein
Prophet!" Darauf gab er die Jungfrauen und alles
Volk den rohen Kriegern Preis, und der wüthende
Haufe hielt eine blutige Mette der Rache und Lust im
Hause des Herrn.

Seitdem ward die Kirche die Hauptmoschee der
Türken, welche im Jnnern viele Veränderungen vor-
nahmen und das Aeußere des Tempels durch Anbauten
verunzierten.

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Das Heller=Blatt.
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Kosten wurden von allen Ständen des Volks beigetrie-
ben und lasteten schwer auf ihnen. Wände und Ge-
wölbe wurden zwar nur aus Backsteinen aufgeführt,
aber die Pracht und Mannigfaltigkeit des Marmors,
Granits und Porphyrs überstieg alle Grenzen. Phry-
gischer weißer Marmor mit rosenfarbenen Streifen,
grüner aus Lakonien, blauer aus Lybien, schwarzer
weißgeränderter celtischer und bosphorischer weißer mit
schwarzen Rändern, und Granit aus allen Enden des
großen Reichs wurde dazu verwendet. Die 8 Porphyr-
Säulen, welche Kaiser Aurelian aus dem Sonnentem-
pel zu Baalbek nach Rom geführt, dann 8 grüne Mar-
morsäulen vom Dianentempel zu Ephesus und viele an-
dere aus Athen und Troas gebrachte Säulen ragten als
Schmuck besonders hervor. Nach der Legende halfen
Engel den Prachtbau fördern. Sie zeigten dem Kaiser
im Traume den Bauplan, und schafften aus unterirdi-
schen Gewölben 80 Centner Gold. Der Kaiser selbst
that Alles, den Bau zu fördern, durch Geschenke und
tägliche Besuche, und ließ sich nicht abschrecken, daß,
als die Mauer erst zwei Ellen über den Grund heraus
war, er schon 452 Centner Goldes ausgegeben hatte.
Der Mörtel wurde mit Gerstenwasser angemacht, und
die Steine der Grundfesten durch eine leimartige eben-
falls mit Gerstenwasser angemachte Masse verkittet.
Die Pfeiler wurden von Außen und Jnnen mit eisernen
Schließen verbunden, und von einer mit Kalk und Oel
und einem von Stucco von vielfarbigem Marmor über-
zogen. Die Ziegel zu dem Gewölbe der Kuppel, deren
ungemeine Leichtigkeit und Kühnheit alles in Erstaunen
setzte, wurden zu Rhodus von besonderm leichten Thon
verfertigt, so leicht, daß zwölf derselben erst einen ge-
wöhnlichen Bauziegel aufwogen. Diesen kreideweißen
binsenartigen Ziegeln wurde durch ein Modell die Jn-
schrift aufgeprägt:

„Gott hat sie gegründet, und sie wird nicht erschüt-
tert werden. Gott wird ihr beistehen im Morgenroth!“

Als nun der Bau der Kuppel begann, wurden je
12 und 12 Ziegeln gelegt, und nach jeder Lage wurden
Reliquien eingemauert. Der Tisch des Altars sollte
noch kostbarer als Gold sein, und deshalb wurde solcher
aus allen Gattungen kostbarer Materien, aus Gold und
Silber mit zerstoßenen Perlen und Edelsteinen zusam-
mengeschmolzen und die Vertiefung desselben noch be-
sonders mit den kostbarsten Edelsteinen ausgelegt.
Ueber demselben erhob sich thurmartig das Tabernakel,
worauf eine goldene Kuppel, 18 Centner schwer, ruhte,
mit goldnen Lilien umgeben, zwischen denen ein goldnes
Kreuz, 75 Pfund schwer, mit kostbaren Steinen ver-
ziert, aufgerichtet war. Die Sitze der Priester und des
Patriarchen Thron, welche den Altar von hinten umga-
ben, waren von vergoldetem Silber. Der Altar war
durch eine hölzerne Wand, wodurch drei mit Schleiern
verdeckte Thüren in's Allerheiligste führten, mit vergol-
[Spaltenumbruch] deten Heiligenbildern und zwölf goldnen Säulen ge-
schmückt. Der Lesepult oder die Kanzel war von
einem goldnen Himmelsdache bedeckt, an welchem ein
goldnes 100 Pfund schweres und mit Karfunkel und
Zahlperlen bedecktes Kreuz herabhing. Ein anderes
wunderthätiges Kreuz, welches genau das aus Jerusa-
lem gebrachte Größenmaaß des Heilandes hatte, stand
im Fond der Sakristei. Die für die 12 großen Feste
des Jahres bestimmten heiligen Gefäße waren sämmt-
lich aus dem reinsten Golde, und der mit Perlen und
Edelsteinen durchwirkten Kelchtücher waren allein
42,000. Dazu 24 große Evangelienbücher, deren jedes
mit seinen Goldbeschlägen 2 Centner wog, und 6000
traubenförmige Leuchter für den Hochaltar. Die Thü-
ren waren theils von Elfenbein, theils von Bernstein
und Cedernholz, und die des Hauptthors silbern und
vergoldet, ja drei sogar von innen mit Brettern aus
der Arche Noah's ausgetäfelt. Die Einfassung des hei-
ligen Brunnens in der Kirche war die des berühmten
samaritanischen Brunnens, und die 4 Trompeten, wel-
che über demselben von Engeln geblasen wurden, waren
dieselben, vor deren Schall die Mauern Jericho's um-
gestürzt waren. Der Boden war mit vielfarbigem
Marmor gepflastert. Der Vorhof umschloß in der
Mitte ein Wasserbecken von Jaspis, und die Priester
hatten ihren Waschort innerhalb der Kirche, wo 12 Mu-
scheln das Regenwasser auffingen und 12 Löwen, 12 Pan-
ther und 12 Dammhirsche dasselbe wieder spieen.

Als nun Alles fertig war, am Christabend des
Jahres 538, fuhr der Kaiser nach der Kirche, ließ
1000 Ochsen, 1000 Schaafe, 600 Hirsche, 1000
Schweine, 10,000 Hühner und Hähne schlachten und
30,000 Metzen Korn und 3 Centner Gold an die Ar-
men vertheilen, und weihete die Kathedrale der heiligen
Sophia.

Fortan blieb die Sophienkirche unter den Kaisern
die Hauptkirche des Reichs. Endlich mit dem Falle
des letzten Paläologen, der noch am Morgen seines
Heldentodes vor Sonnenaufgang seine letzte Andacht
verrichtete, zog, die Stadt erstürmend, Mahomed II.
mit seinen Türken vom Romanus=Thore hierher. Er
ritt in den von Priestern, Gott geweiheten Jungfrauen
und Volk vollgefüllten Tempel – mühsam trennte sein
Schlachtroß das dichte Gedränge der geflüchteten Jam-
mernden – und rief das Glaubensbekenntniß des Ko-
rans aus:

„Es ist kein Gott als Gott und Mahomed ist sein
Prophet!“ Darauf gab er die Jungfrauen und alles
Volk den rohen Kriegern Preis, und der wüthende
Haufe hielt eine blutige Mette der Rache und Lust im
Hause des Herrn.

Seitdem ward die Kirche die Hauptmoschee der
Türken, welche im Jnnern viele Veränderungen vor-
nahmen und das Aeußere des Tempels durch Anbauten
verunzierten.

[Ende Spaltensatz]
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Der Lesepult oder die Kanzel war von einem goldnen Himmelsdache bedeckt, an welchem ein goldnes 100 Pfund schweres und mit Karfunkel und Zahlperlen bedecktes Kreuz herabhing. Ein anderes wunderthätiges Kreuz, welches genau das aus Jerusa- lem gebrachte Größenmaaß des Heilandes hatte, stand im Fond der Sakristei. Die für die 12 großen Feste des Jahres bestimmten heiligen Gefäße waren sämmt- lich aus dem reinsten Golde, und der mit Perlen und Edelsteinen durchwirkten Kelchtücher waren allein 42,000. Dazu 24 große Evangelienbücher, deren jedes mit seinen Goldbeschlägen 2 Centner wog, und 6000 traubenförmige Leuchter für den Hochaltar. Die Thü- ren waren theils von Elfenbein, theils von Bernstein und Cedernholz, und die des Hauptthors silbern und vergoldet, ja drei sogar von innen mit Brettern aus der Arche Noah's ausgetäfelt. Die Einfassung des hei- ligen Brunnens in der Kirche war die des berühmten samaritanischen Brunnens, und die 4 Trompeten, wel- che über demselben von Engeln geblasen wurden, waren dieselben, vor deren Schall die Mauern Jericho's um- gestürzt waren. Der Boden war mit vielfarbigem Marmor gepflastert. Der Vorhof umschloß in der Mitte ein Wasserbecken von Jaspis, und die Priester hatten ihren Waschort innerhalb der Kirche, wo 12 Mu- scheln das Regenwasser auffingen und 12 Löwen, 12 Pan- ther und 12 Dammhirsche dasselbe wieder spieen. Als nun Alles fertig war, am Christabend des Jahres 538, fuhr der Kaiser nach der Kirche, ließ 1000 Ochsen, 1000 Schaafe, 600 Hirsche, 1000 Schweine, 10,000 Hühner und Hähne schlachten und 30,000 Metzen Korn und 3 Centner Gold an die Ar- men vertheilen, und weihete die Kathedrale der heiligen Sophia. Fortan blieb die Sophienkirche unter den Kaisern die Hauptkirche des Reichs. Endlich mit dem Falle des letzten Paläologen, der noch am Morgen seines Heldentodes vor Sonnenaufgang seine letzte Andacht verrichtete, zog, die Stadt erstürmend, Mahomed II. mit seinen Türken vom Romanus=Thore hierher. Er ritt in den von Priestern, Gott geweiheten Jungfrauen und Volk vollgefüllten Tempel – mühsam trennte sein Schlachtroß das dichte Gedränge der geflüchteten Jam- mernden – und rief das Glaubensbekenntniß des Ko- rans aus: „Es ist kein Gott als Gott und Mahomed ist sein Prophet!“ Darauf gab er die Jungfrauen und alles Volk den rohen Kriegern Preis, und der wüthende Haufe hielt eine blutige Mette der Rache und Lust im Hause des Herrn. Seitdem ward die Kirche die Hauptmoschee der Türken, welche im Jnnern viele Veränderungen vor- nahmen und das Aeußere des Tempels durch Anbauten verunzierten.

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 15. Breslau, 12. April 1834, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller15_1834/2>, abgerufen am 25.11.2024.