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Europa. Wochenschrift für Kultur und Politik. Jahrgang 1, Heft 8. Berlin-Charlottenburg, 9. März 1905.

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Dr. Filip Sylvan: Die schwedische manuelle Behandlung.
weit entwickelt, daß man von einer wissenschaftlich ausgebildeten manuellen
Therapie sprechen kann. Allerdings sind es noch außerordentlich wenige, welche
die Ausübung dieser Therapie beherrschen und den vollen Wert derselben ein-
sehen. Es wird auch so bleiben, bis dieses Fach der medizinischen Literatur
mehr bereichert wird. Denn bis jetzt ist sehr wenig Wertvolles über die manuelle
Therapie geschrieben; von der Literatur über Massage gehört der größte Teil
zu derjenigen, deren Durchlesen nur Zeitverschwendung ist.

Genau so wie die Chirurgie eine Spezialität ist, deren Ausübung ein
besonderes Studium verlangt, ebenso ist für die manuelle Behandlung ein
Spezialstudium notwendig. Nachdem das medizinische Studium auf der Uni-
versität beendet ist, ist mindestens ein Jahr notwendig, um die manuelle
Therapie so zu erlernen, daß man sie einigermaßen beherrscht. Hieraus ist
leicht zu verstehen, welcher Unterschied besteht zwischen der manuellen Therapie
und der Massage.

Jede neue Therapie hat große Schwierigkeiten gehabt, ehe sie von der
Mehrzahl der Ärzte anerkannt wurde. So verhielt es sich z. B. mit der Hydro-
therapie. Die manuelle Therapie wird noch größere Schwierigkeiten haben,
um allgemein anerkannt zu werden. Die älteren Ärzte werden kaum die
Geschmeidigkeit haben, um sie zu erlernen. Sie kann deshalb vorläufig nur
von jüngeren erlernt und ausgeübt werden, und was von jüngeren Personen
ausgeht, wird immer weniger beachtet. Erst wenn diese Jüngeren das nötige
Alter und Ansehen erreicht haben, wird die manuelle Therapie mehr beachtet
und verbreitet werden.

Mittels der manuellen Behandlung kann man bestimmte Wirkungen auf
zirkumskripte Partien des menschlichen Körpers ausüben, die früher nicht zu
erreichen waren, so z. B. einen sehr beschleunigten Lymphstrom und zugleich
Verengerung der feineren Blutgefäße und damit auch vermindertes Ausschwitzen
von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in die umliegenden Gewebe, was alles
die Resorption besonders fördert. Hierdurch ist es z. B. möglich, bei einer
Quetschung, Verstauchung oder einer entzündlichen Schwellung in wenigen
Tagen eine so vollständige Resorption zustande zu bringen, wie sie mit
Massage überhaupt nicht möglich ist, auch wenn sie Wochen und Monate fort-
gesetzt wird.

Die Massage, wie sie von Masseuren ausgeübt wird, bewirkt immer eine
Erweiterung der feineren Blutgefäße, und da bei der Entzündung die Blut-
gefäße schon erweitert sind, kann eine Massage nur die Entzündung verschlimmern.
Die manuelle Behandlung dagegen erfüllt die Bedingungen, welche notwendig
sind, um eine Entzündung zu heilen, nämlich zugleich Verengerung der feineren
Blutgefäße und einen beschleunigten Lymphstrom. Und kein anderes Mittel
hat diese Wirkungen. Beinahe das einzige, womit man bis jetzt Entzündungen
behandelte, war Kälte ( Eisblase ) ; aber dadurch werden nur die Blutgefäße
verengert, dagegen wird der Lymphstrom garnicht beschleunigt. Trotzdem die
manuelle Therapie so große und bedeutungsvolle Vorteile hinsichtlich der Heilung
bietet gegenüber der früher und immer noch am meisten angewandten Therapie,
wird sie noch sehr wenig angewandt und zwar weil gerade die manuelle Be-
handlung von Entzündungen die größten Ansprüche an die Geschicklichkeit des
Arztes stellt.

Ebenso wie bei Entzündungen die Einwirkungen auf Blut= und Lymph-
strom eine so große Rolle spielen, verhält es sich bei vielen anderen Krank-
heiten, so z. B. chronischen Katarrhen. Bei diesen wird Blut= und Lymphstrom
immer verlangsamt und deshalb bilden sich leicht Schwellungen in den be-
treffenden Schleimhäuten. Zur Beseitigung derselben ist es nicht nur nötig,
den Blut= und Lymphstrom zu beschleunigen, sondern auch den Nervenreiz zu
regulieren, durch den die Sekretabsonderung der Schleimhaut reguliert wird.

Dr. Filip Sylvan: Die schwedische manuelle Behandlung.
weit entwickelt, daß man von einer wissenschaftlich ausgebildeten manuellen
Therapie sprechen kann. Allerdings sind es noch außerordentlich wenige, welche
die Ausübung dieser Therapie beherrschen und den vollen Wert derselben ein-
sehen. Es wird auch so bleiben, bis dieses Fach der medizinischen Literatur
mehr bereichert wird. Denn bis jetzt ist sehr wenig Wertvolles über die manuelle
Therapie geschrieben; von der Literatur über Massage gehört der größte Teil
zu derjenigen, deren Durchlesen nur Zeitverschwendung ist.

Genau so wie die Chirurgie eine Spezialität ist, deren Ausübung ein
besonderes Studium verlangt, ebenso ist für die manuelle Behandlung ein
Spezialstudium notwendig. Nachdem das medizinische Studium auf der Uni-
versität beendet ist, ist mindestens ein Jahr notwendig, um die manuelle
Therapie so zu erlernen, daß man sie einigermaßen beherrscht. Hieraus ist
leicht zu verstehen, welcher Unterschied besteht zwischen der manuellen Therapie
und der Massage.

Jede neue Therapie hat große Schwierigkeiten gehabt, ehe sie von der
Mehrzahl der Ärzte anerkannt wurde. So verhielt es sich z. B. mit der Hydro-
therapie. Die manuelle Therapie wird noch größere Schwierigkeiten haben,
um allgemein anerkannt zu werden. Die älteren Ärzte werden kaum die
Geschmeidigkeit haben, um sie zu erlernen. Sie kann deshalb vorläufig nur
von jüngeren erlernt und ausgeübt werden, und was von jüngeren Personen
ausgeht, wird immer weniger beachtet. Erst wenn diese Jüngeren das nötige
Alter und Ansehen erreicht haben, wird die manuelle Therapie mehr beachtet
und verbreitet werden.

Mittels der manuellen Behandlung kann man bestimmte Wirkungen auf
zirkumskripte Partien des menschlichen Körpers ausüben, die früher nicht zu
erreichen waren, so z. B. einen sehr beschleunigten Lymphstrom und zugleich
Verengerung der feineren Blutgefäße und damit auch vermindertes Ausschwitzen
von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in die umliegenden Gewebe, was alles
die Resorption besonders fördert. Hierdurch ist es z. B. möglich, bei einer
Quetschung, Verstauchung oder einer entzündlichen Schwellung in wenigen
Tagen eine so vollständige Resorption zustande zu bringen, wie sie mit
Massage überhaupt nicht möglich ist, auch wenn sie Wochen und Monate fort-
gesetzt wird.

Die Massage, wie sie von Masseuren ausgeübt wird, bewirkt immer eine
Erweiterung der feineren Blutgefäße, und da bei der Entzündung die Blut-
gefäße schon erweitert sind, kann eine Massage nur die Entzündung verschlimmern.
Die manuelle Behandlung dagegen erfüllt die Bedingungen, welche notwendig
sind, um eine Entzündung zu heilen, nämlich zugleich Verengerung der feineren
Blutgefäße und einen beschleunigten Lymphstrom. Und kein anderes Mittel
hat diese Wirkungen. Beinahe das einzige, womit man bis jetzt Entzündungen
behandelte, war Kälte ( Eisblase ) ; aber dadurch werden nur die Blutgefäße
verengert, dagegen wird der Lymphstrom garnicht beschleunigt. Trotzdem die
manuelle Therapie so große und bedeutungsvolle Vorteile hinsichtlich der Heilung
bietet gegenüber der früher und immer noch am meisten angewandten Therapie,
wird sie noch sehr wenig angewandt und zwar weil gerade die manuelle Be-
handlung von Entzündungen die größten Ansprüche an die Geschicklichkeit des
Arztes stellt.

Ebenso wie bei Entzündungen die Einwirkungen auf Blut= und Lymph-
strom eine so große Rolle spielen, verhält es sich bei vielen anderen Krank-
heiten, so z. B. chronischen Katarrhen. Bei diesen wird Blut= und Lymphstrom
immer verlangsamt und deshalb bilden sich leicht Schwellungen in den be-
treffenden Schleimhäuten. Zur Beseitigung derselben ist es nicht nur nötig,
den Blut= und Lymphstrom zu beschleunigen, sondern auch den Nervenreiz zu
regulieren, durch den die Sekretabsonderung der Schleimhaut reguliert wird.

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[372/0036] Dr. Filip Sylvan: Die schwedische manuelle Behandlung. weit entwickelt, daß man von einer wissenschaftlich ausgebildeten manuellen Therapie sprechen kann. Allerdings sind es noch außerordentlich wenige, welche die Ausübung dieser Therapie beherrschen und den vollen Wert derselben ein- sehen. Es wird auch so bleiben, bis dieses Fach der medizinischen Literatur mehr bereichert wird. Denn bis jetzt ist sehr wenig Wertvolles über die manuelle Therapie geschrieben; von der Literatur über Massage gehört der größte Teil zu derjenigen, deren Durchlesen nur Zeitverschwendung ist. Genau so wie die Chirurgie eine Spezialität ist, deren Ausübung ein besonderes Studium verlangt, ebenso ist für die manuelle Behandlung ein Spezialstudium notwendig. Nachdem das medizinische Studium auf der Uni- versität beendet ist, ist mindestens ein Jahr notwendig, um die manuelle Therapie so zu erlernen, daß man sie einigermaßen beherrscht. Hieraus ist leicht zu verstehen, welcher Unterschied besteht zwischen der manuellen Therapie und der Massage. Jede neue Therapie hat große Schwierigkeiten gehabt, ehe sie von der Mehrzahl der Ärzte anerkannt wurde. So verhielt es sich z. B. mit der Hydro- therapie. Die manuelle Therapie wird noch größere Schwierigkeiten haben, um allgemein anerkannt zu werden. Die älteren Ärzte werden kaum die Geschmeidigkeit haben, um sie zu erlernen. Sie kann deshalb vorläufig nur von jüngeren erlernt und ausgeübt werden, und was von jüngeren Personen ausgeht, wird immer weniger beachtet. Erst wenn diese Jüngeren das nötige Alter und Ansehen erreicht haben, wird die manuelle Therapie mehr beachtet und verbreitet werden. Mittels der manuellen Behandlung kann man bestimmte Wirkungen auf zirkumskripte Partien des menschlichen Körpers ausüben, die früher nicht zu erreichen waren, so z. B. einen sehr beschleunigten Lymphstrom und zugleich Verengerung der feineren Blutgefäße und damit auch vermindertes Ausschwitzen von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in die umliegenden Gewebe, was alles die Resorption besonders fördert. Hierdurch ist es z. B. möglich, bei einer Quetschung, Verstauchung oder einer entzündlichen Schwellung in wenigen Tagen eine so vollständige Resorption zustande zu bringen, wie sie mit Massage überhaupt nicht möglich ist, auch wenn sie Wochen und Monate fort- gesetzt wird. Die Massage, wie sie von Masseuren ausgeübt wird, bewirkt immer eine Erweiterung der feineren Blutgefäße, und da bei der Entzündung die Blut- gefäße schon erweitert sind, kann eine Massage nur die Entzündung verschlimmern. Die manuelle Behandlung dagegen erfüllt die Bedingungen, welche notwendig sind, um eine Entzündung zu heilen, nämlich zugleich Verengerung der feineren Blutgefäße und einen beschleunigten Lymphstrom. Und kein anderes Mittel hat diese Wirkungen. Beinahe das einzige, womit man bis jetzt Entzündungen behandelte, war Kälte ( Eisblase ) ; aber dadurch werden nur die Blutgefäße verengert, dagegen wird der Lymphstrom garnicht beschleunigt. Trotzdem die manuelle Therapie so große und bedeutungsvolle Vorteile hinsichtlich der Heilung bietet gegenüber der früher und immer noch am meisten angewandten Therapie, wird sie noch sehr wenig angewandt und zwar weil gerade die manuelle Be- handlung von Entzündungen die größten Ansprüche an die Geschicklichkeit des Arztes stellt. Ebenso wie bei Entzündungen die Einwirkungen auf Blut= und Lymph- strom eine so große Rolle spielen, verhält es sich bei vielen anderen Krank- heiten, so z. B. chronischen Katarrhen. Bei diesen wird Blut= und Lymphstrom immer verlangsamt und deshalb bilden sich leicht Schwellungen in den be- treffenden Schleimhäuten. Zur Beseitigung derselben ist es nicht nur nötig, den Blut= und Lymphstrom zu beschleunigen, sondern auch den Nervenreiz zu regulieren, durch den die Sekretabsonderung der Schleimhaut reguliert wird.

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Zitationshilfe: Europa. Wochenschrift für Kultur und Politik. Jahrgang 1, Heft 8. Berlin-Charlottenburg, 9. März 1905, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_europa0108_1905/36>, abgerufen am 27.11.2024.