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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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mit einer vornehmen Dame mit Nahmen Victoria gesprochen,
welcher er die Ehe zugesagt, und einen schrifftlichen Contract
darüber aufgerichtet hätte.
Er setzte auch hinzu: Daß es einem Edel-
mann nicht anstünde, wenn er sich zu Brüssel verheyrathen wol-
te, da er schon anderwerts gebunden wär.
Womit er dem bestürtz-
ten Liebhaber die Eheverschreibung überreichte, sich mit seiner Tochter von
ihm begab, und ihn in der grösten Verwirrung von der Welt stehen ließ.
Er wuste nicht, wo dergleichen Handschrifft hergekommen, ob ihn sein Ge-
wissen gleich überzeugte, daß es die Wahrheit, und die Unterschrifft seine
Hand sey. Victoria kam endlich in ihrer Wittwen-Kleidung zu der Elvi-
ra, und überbrachte ihr den Brief des Don Diego, welche ihr sogleich er-
zehlte, daß Joseph von neuem eines grossen Fehlers beschuldigt wäre, dessen
ihn eine vornehme Dame mit Vorzeigung eines Eheversprechens überwie-
sen hätte. Victoria sparte nicht, diese That noch verhaster vorzustellen,
wie sie denn an sich auch genug zu tadeln war, und dachte dabey auf nichts,
als den falschen Joseph noch mehr zu überführen. Hierzu ereignete sich ei-
ne vortreffliche Gelegenheit, da die Elvira von unterschiedlichen guten Freun-
dinnen ersucht wurde, einer Comoedie, so bey ihren Verwandten vorgestel-
let werden solte, zuzusehen. Sie schmeichelte der Elvira, daß sie jetzo das
Vergnügen haben könte, Don Diego zu sprachen, da die Comoedie erst
um Mitternacht ihren Anfang nahme, und sie also zu guter Zeit ausfahren,
und sich mit ihm unterreden könte. Elvira welche Don Diego wahrhaff-
tig liebte, und welche bloß aus Gefälligkeit vor ihren Vater Joseph von
Reinstadt heyrathen wollen, machte bey den Worten der Victoria nicht die
geringste Schwürigkeit. Sie setzten sich sobald es dunckel worden in eine
Carosse, und fuhren nach dem von der Victoria bestimmten Hause zu. El-
vira schrieb so gleich ein Billet an ihren Don Diego, und Victoria hinge-
gen eins unter dem Nahmen der Elvira an Joseph, worinnen enthalten war,
daß es an niemand als an ihm läge, daß ihre Heyrath nicht vollzogen würde,
daß sie bereit dazu sey, und daß sie seiner alhier erwarte. Wobey sie ihm
das Hauß so eigen beschrieb, daß ers unmöglich versehlen konte. Victoria
verfertigte endlich auch den dritten, welchen ihr alter Barthel zu dem Don
Pedro, dem Vater der Elvira tragen muste, worinnen sie ihm in der Qua-
lität der Hofmeisterin von seiner Tochter Nachricht gab, daß die Elvira
statt in die Comoedie zu gehen, sich in dieses Hauß verfüget, und Josephen
von Reinstadt schrifftlich ersucht hätte, die Ehe mit ihr zu vollziehen. Sie,
Victoria, habe ihrer Schuldigkeit gemäß zu seyn erachtet, ihm davon Be-
richt zu erstatten, weil sie wüste, daß er nimmermehr dergleichen Heyrath
zuge-
mit einer vornehmen Dame mit Nahmen Victoria geſprochen,
welcher er die Ehe zugeſagt, und einen ſchrifftlichen Contract
daruͤber aufgerichtet haͤtte.
Er ſetzte auch hinzu: Daß es einem Edel-
mann nicht anſtuͤnde, wenn er ſich zu Bruͤſſel verheyrathen wol-
te, da er ſchon anderwerts gebunden waͤr.
Womit er dem beſtuͤrtz-
ten Liebhaber die Eheverſchreibung uͤberreichte, ſich mit ſeiner Tochter von
ihm begab, und ihn in der groͤſten Verwirrung von der Welt ſtehen ließ.
Er wuſte nicht, wo dergleichen Handſchrifft hergekommen, ob ihn ſein Ge-
wiſſen gleich uͤberzeugte, daß es die Wahrheit, und die Unterſchrifft ſeine
Hand ſey. Victoria kam endlich in ihrer Wittwen-Kleidung zu der Elvi-
ra, und uͤberbrachte ihr den Brief des Don Diego, welche ihr ſogleich er-
zehlte, daß Joſeph von neuem eines groſſen Fehlers beſchuldigt waͤre, deſſen
ihn eine vornehme Dame mit Vorzeigung eines Eheverſprechens uͤberwie-
ſen haͤtte. Victoria ſparte nicht, dieſe That noch verhaſter vorzuſtellen,
wie ſie denn an ſich auch genug zu tadeln war, und dachte dabey auf nichts,
als den falſchen Joſeph noch mehr zu uͤberfuͤhren. Hierzu ereignete ſich ei-
ne vortreffliche Gelegenheit, da die Elvira von unterſchiedlichen guten Freun-
dinnen erſucht wurde, einer Comoedie, ſo bey ihren Verwandten vorgeſtel-
let werden ſolte, zuzuſehen. Sie ſchmeichelte der Elvira, daß ſie jetzo das
Vergnuͤgen haben koͤnte, Don Diego zu ſprachen, da die Comoedie erſt
um Mitternacht ihren Anfang nahme, und ſie alſo zu guter Zeit ausfahren,
und ſich mit ihm unterreden koͤnte. Elvira welche Don Diego wahrhaff-
tig liebte, und welche bloß aus Gefaͤlligkeit vor ihren Vater Joſeph von
Reinſtadt heyrathen wollen, machte bey den Worten der Victoria nicht die
geringſte Schwuͤrigkeit. Sie ſetzten ſich ſobald es dunckel worden in eine
Caroſſe, und fuhren nach dem von der Victoria beſtimmten Hauſe zu. El-
vira ſchrieb ſo gleich ein Billet an ihren Don Diego, und Victoria hinge-
gen eins unter dem Nahmen der Elvira an Joſeph, worinnen enthalten war,
daß es an niemand als an ihm laͤge, daß ihre Heyrath nicht vollzogen wuͤrde,
daß ſie bereit dazu ſey, und daß ſie ſeiner alhier erwarte. Wobey ſie ihm
das Hauß ſo eigen beſchrieb, daß ers unmoͤglich verſehlen konte. Victoria
verfertigte endlich auch den dritten, welchen ihr alter Barthel zu dem Don
Pedro, dem Vater der Elvira tragen muſte, worinnen ſie ihm in der Qua-
litaͤt der Hofmeiſterin von ſeiner Tochter Nachricht gab, daß die Elvira
ſtatt in die Comoedie zu gehen, ſich in dieſes Hauß verfuͤget, und Joſephen
von Reinſtadt ſchrifftlich erſucht haͤtte, die Ehe mit ihr zu vollziehen. Sie,
Victoria, habe ihrer Schuldigkeit gemaͤß zu ſeyn erachtet, ihm davon Be-
richt zu erſtatten, weil ſie wuͤſte, daß er nimmermehr dergleichen Heyrath
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[79/0089] mit einer vornehmen Dame mit Nahmen Victoria geſprochen, welcher er die Ehe zugeſagt, und einen ſchrifftlichen Contract daruͤber aufgerichtet haͤtte. Er ſetzte auch hinzu: Daß es einem Edel- mann nicht anſtuͤnde, wenn er ſich zu Bruͤſſel verheyrathen wol- te, da er ſchon anderwerts gebunden waͤr. Womit er dem beſtuͤrtz- ten Liebhaber die Eheverſchreibung uͤberreichte, ſich mit ſeiner Tochter von ihm begab, und ihn in der groͤſten Verwirrung von der Welt ſtehen ließ. Er wuſte nicht, wo dergleichen Handſchrifft hergekommen, ob ihn ſein Ge- wiſſen gleich uͤberzeugte, daß es die Wahrheit, und die Unterſchrifft ſeine Hand ſey. Victoria kam endlich in ihrer Wittwen-Kleidung zu der Elvi- ra, und uͤberbrachte ihr den Brief des Don Diego, welche ihr ſogleich er- zehlte, daß Joſeph von neuem eines groſſen Fehlers beſchuldigt waͤre, deſſen ihn eine vornehme Dame mit Vorzeigung eines Eheverſprechens uͤberwie- ſen haͤtte. Victoria ſparte nicht, dieſe That noch verhaſter vorzuſtellen, wie ſie denn an ſich auch genug zu tadeln war, und dachte dabey auf nichts, als den falſchen Joſeph noch mehr zu uͤberfuͤhren. Hierzu ereignete ſich ei- ne vortreffliche Gelegenheit, da die Elvira von unterſchiedlichen guten Freun- dinnen erſucht wurde, einer Comoedie, ſo bey ihren Verwandten vorgeſtel- let werden ſolte, zuzuſehen. Sie ſchmeichelte der Elvira, daß ſie jetzo das Vergnuͤgen haben koͤnte, Don Diego zu ſprachen, da die Comoedie erſt um Mitternacht ihren Anfang nahme, und ſie alſo zu guter Zeit ausfahren, und ſich mit ihm unterreden koͤnte. Elvira welche Don Diego wahrhaff- tig liebte, und welche bloß aus Gefaͤlligkeit vor ihren Vater Joſeph von Reinſtadt heyrathen wollen, machte bey den Worten der Victoria nicht die geringſte Schwuͤrigkeit. Sie ſetzten ſich ſobald es dunckel worden in eine Caroſſe, und fuhren nach dem von der Victoria beſtimmten Hauſe zu. El- vira ſchrieb ſo gleich ein Billet an ihren Don Diego, und Victoria hinge- gen eins unter dem Nahmen der Elvira an Joſeph, worinnen enthalten war, daß es an niemand als an ihm laͤge, daß ihre Heyrath nicht vollzogen wuͤrde, daß ſie bereit dazu ſey, und daß ſie ſeiner alhier erwarte. Wobey ſie ihm das Hauß ſo eigen beſchrieb, daß ers unmoͤglich verſehlen konte. Victoria verfertigte endlich auch den dritten, welchen ihr alter Barthel zu dem Don Pedro, dem Vater der Elvira tragen muſte, worinnen ſie ihm in der Qua- litaͤt der Hofmeiſterin von ſeiner Tochter Nachricht gab, daß die Elvira ſtatt in die Comoedie zu gehen, ſich in dieſes Hauß verfuͤget, und Joſephen von Reinſtadt ſchrifftlich erſucht haͤtte, die Ehe mit ihr zu vollziehen. Sie, Victoria, habe ihrer Schuldigkeit gemaͤß zu ſeyn erachtet, ihm davon Be- richt zu erſtatten, weil ſie wuͤſte, daß er nimmermehr dergleichen Heyrath zuge-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/89>, abgerufen am 25.11.2024.