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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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rigkeit bey ihr so sehr, daß sie das Paquet aufmachte, und in dem unterge-
schobenen Brief diese Zeilen antraf:

Eure Abwesenheit, und die Nachricht, welche ich empfangen, daß man
euch zu Brüssel verheyrathen wollen, werden euch bald eine Person
entziehen, die euch mehr als das Leben liebet, wenn ihr nicht bald kom-
men werdet, um dasjenige zu erfüllen, was euch weiter zu verschieben
unmöglich fält, ohne dabey eine offenbahre Kaltsinnigkeit, oder Untreu
gegen mich an Tag zu legen. Wenn das, so man von euch spricht,
wahr ist, und wenn ihr euch wenig um die Erfüllung des Versprechens
bekümmert, so ihr mir und meinen Kindern gethan, so werdet ihr in
Gefahr eures Lebens seyn, welches euch meine Verwandten so bald
rauben werden, als ich mich genöthiget sehe, sie darum zu bitten, weil
sie es euch bloß auf meine Bitte noch gönnen.
Lucretia.
Elvira zweifelte nun im geringsten nicht mehr an der Wahrheit von dem,
was die Victoria gesagt hatte, und zeigte den Brief Don Pedro, welcher
sich nicht genugsam über die Verwegenheit des Josephs verwundern konte.
Nach dessen Abtritt kam der vermeynte Bräutigam, seine Briefe selbst von
seiner Geliebten abzuholen, welche ihm deutlich sagte, daß sie das Paquet
eröfnet hätte, weil sie gemeynet, daß ein so galanter Mensch, wie er wäre,
ohnfehlbar noch eine Nebenliebste haben würde, worinnen sie sich auch nicht
betrogen befänd, mit welchen Worten sie ihm das Paquet, und den Brief
der Lucretia gab, sich aber alsobald von ihm entfernte. Joseph schien als
wenn ihn der Blitz gerühret hätte, und wuste nicht was er dazu sagen solte.
Er redete die gegenwärtig gebliebene Victoria an, ohne auf ihr Gesicht acht
zu haben, daß er nicht wüste, waß vor ein boßhafftiger Mitbuhler ihm die-
sen Streich spielte, da er bey Verlust seines Kopfs versichern könte, daß er
von diesem allem nichts wüste. Victoria antwortete: Daß er zwar wohl
unschuldig seyn, aber die Vermählung gewiß nicht eher zu Stande bringen
könte, biß er Don Pedro eines andern überwiesen hätte. Das ist eben was
ich will, sagte der bestürtzte Joseph, und ich bitte euch, mir offenhertzig zu
sagen, ob ihr bey der Elvira wohl angeschrieben steht. Jch hoffe es, ver-
setzte Victoria, und schmeichele mir damit. Nun so thut mir doch einen
Gefallen, antwortete er, welchen ich zu Versöhnung meiner Liebsten von
euch verlange. Jch verspreche euch eine solche Belohnung als in meinem
Kräfften steht, zu dessen Beweiß ich euch alsobald ein Blanquet geben will,
damit ihr selbsten den Aufsatz davon machen könnet. Victoria, welche die-
ses
rigkeit bey ihr ſo ſehr, daß ſie das Paquet aufmachte, und in dem unterge-
ſchobenen Brief dieſe Zeilen antraf:

Eure Abweſenheit, und die Nachricht, welche ich empfangen, daß man
euch zu Bruͤſſel verheyrathen wollen, werden euch bald eine Perſon
entziehen, die euch mehr als das Leben liebet, wenn ihr nicht bald kom-
men werdet, um dasjenige zu erfuͤllen, was euch weiter zu verſchieben
unmoͤglich faͤlt, ohne dabey eine offenbahre Kaltſinnigkeit, oder Untreu
gegen mich an Tag zu legen. Wenn das, ſo man von euch ſpricht,
wahr iſt, und wenn ihr euch wenig um die Erfuͤllung des Verſprechens
bekuͤmmert, ſo ihr mir und meinen Kindern gethan, ſo werdet ihr in
Gefahr eures Lebens ſeyn, welches euch meine Verwandten ſo bald
rauben werden, als ich mich genoͤthiget ſehe, ſie darum zu bitten, weil
ſie es euch bloß auf meine Bitte noch goͤnnen.
Lucretia.
Elvira zweifelte nun im geringſten nicht mehr an der Wahrheit von dem,
was die Victoria geſagt hatte, und zeigte den Brief Don Pedro, welcher
ſich nicht genugſam uͤber die Verwegenheit des Joſephs verwundern konte.
Nach deſſen Abtritt kam der vermeynte Braͤutigam, ſeine Briefe ſelbſt von
ſeiner Geliebten abzuholen, welche ihm deutlich ſagte, daß ſie das Paquet
eroͤfnet haͤtte, weil ſie gemeynet, daß ein ſo galanter Menſch, wie er waͤre,
ohnfehlbar noch eine Nebenliebſte haben wuͤrde, worinnen ſie ſich auch nicht
betrogen befaͤnd, mit welchen Worten ſie ihm das Paquet, und den Brief
der Lucretia gab, ſich aber alſobald von ihm entfernte. Joſeph ſchien als
wenn ihn der Blitz geruͤhret haͤtte, und wuſte nicht was er dazu ſagen ſolte.
Er redete die gegenwaͤrtig gebliebene Victoria an, ohne auf ihr Geſicht acht
zu haben, daß er nicht wuͤſte, waß vor ein boßhafftiger Mitbuhler ihm die-
ſen Streich ſpielte, da er bey Verluſt ſeines Kopfs verſichern koͤnte, daß er
von dieſem allem nichts wuͤſte. Victoria antwortete: Daß er zwar wohl
unſchuldig ſeyn, aber die Vermaͤhlung gewiß nicht eher zu Stande bringen
koͤnte, biß er Don Pedro eines andern uͤberwieſen haͤtte. Das iſt eben was
ich will, ſagte der beſtuͤrtzte Joſeph, und ich bitte euch, mir offenhertzig zu
ſagen, ob ihr bey der Elvira wohl angeſchrieben ſteht. Jch hoffe es, ver-
ſetzte Victoria, und ſchmeichele mir damit. Nun ſo thut mir doch einen
Gefallen, antwortete er, welchen ich zu Verſoͤhnung meiner Liebſten von
euch verlange. Jch verſpreche euch eine ſolche Belohnung als in meinem
Kraͤfften ſteht, zu deſſen Beweiß ich euch alſobald ein Blanquet geben will,
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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/86>, abgerufen am 22.11.2024.