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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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vermögende Personen umsonst unterhalten werden. Die schönen Häuser
sind hier so gemein, daß euch, Mylord, die Beschreibung davon verdrüß-
lich fallen würde. Eine jede Stadt, so eine Stimme zu geben befugt ist,
unterhält hier ein prächtiges Hauß, welches die Ost-Jndische Gesellschafft
dergleichen thut. Die ansehnlichsten Palläste aber sind längst dem Canal,
Princegrafft in Buitenhof, bey dem Plain, Vivier, und in dem Voor-
hout. Das Hauß, worinnen einige Printzen und verwittwete Printzeßin-
nen von Oranien gewohnet, ist eines der prächtigsten. Es liegt in der
Strasse, so Noorteinde heist, und ist durch unterschiedene Veränderungen,
auf Befehl Jhro Maj. des Königs von Preussen, welche es aus der Orani-
schen Erbschafft besitzen, auf das kostbarste vermehret, und der Eintritt in
die unvergleichlichen Gärten einem jeden erlaubet worden. Jedoch die vor-
treffliche Gegend, die gesunde Lufft, und die prächtigen Gebäude ma-
chen nicht allein Haag angenehm und Volckreich, sondern ohne die Ge-
sandten,
deren Würde ihnen diesen Ort zum Aufenthalt bestimmet, sind
noch so viel Standes-Personen, Deputirte aus den Provintzen, Civil-
und Militair-Bedienten, reiche und ohne Handlung lebende Leute,
mit einem Wort, so vielerley Menschen da, welche durch ihren grossen
Staat und Aufführung machen, daß es nothwendig schöne hier aussehen
muß. Daher mangelt es auch an Ergötzlichkeiten nicht. Fast täglich ist
Opera oder Comödie in frantzösischer und flämmischer Sprache, und im
Winter siehet man die schönsten Schlitten von der Welt bey Voorhout und
Vivier herum fahren. Die Märckte oder Kermis sind nicht weniger zu
den vergnügenden Dingen zu rechnen.
Bingley.
Vielleicht hat das Kermis mit dem Teutschen Kirmse, wie die da-
sigen Bauern sprechen, eine Gemeinschafft, und kan wohl gar eins von den
andern herkommen.

Hornbeck.
Jhr schertzet, Mylord, und ich bin versichert, daß ihr den Unter-
scheid besser wisset, als ihr euch stellet. Der Jahrmarckt, so in Haag zu-
seyn pflegt, ist in May, und dauert acht Tage, binnen welcher Zeit das
Frauenzimmer in Masquen erscheinet, und Körbgen mit allerhand Klei-
nigkeiten
trägt, welche es denjenigen mit welchen es bekand ist, austheilt,
und davor, doch alles masquirt, wider Geschencke von gleichem Werth erhält.
Bin-
vermoͤgende Perſonen umſonſt unterhalten werden. Die ſchoͤnen Haͤuſer
ſind hier ſo gemein, daß euch, Mylord, die Beſchreibung davon verdruͤß-
lich fallen wuͤrde. Eine jede Stadt, ſo eine Stimme zu geben befugt iſt,
unterhaͤlt hier ein praͤchtiges Hauß, welches die Oſt-Jndiſche Geſellſchafft
dergleichen thut. Die anſehnlichſten Pallaͤſte aber ſind laͤngſt dem Canal,
Princegrafft in Buitenhof, bey dem Plain, Vivier, und in dem Voor-
hout. Das Hauß, worinnen einige Printzen und verwittwete Printzeßin-
nen von Oranien gewohnet, iſt eines der praͤchtigſten. Es liegt in der
Straſſe, ſo Noorteinde heiſt, und iſt durch unterſchiedene Veraͤnderungen,
auf Befehl Jhro Maj. des Koͤnigs von Preuſſen, welche es aus der Orani-
ſchen Erbſchafft beſitzen, auf das koſtbarſte vermehret, und der Eintritt in
die unvergleichlichen Gaͤrten einem jeden erlaubet worden. Jedoch die vor-
treffliche Gegend, die geſunde Lufft, und die praͤchtigen Gebaͤude ma-
chen nicht allein Haag angenehm und Volckreich, ſondern ohne die Ge-
ſandten,
deren Wuͤrde ihnen dieſen Ort zum Aufenthalt beſtimmet, ſind
noch ſo viel Standes-Perſonen, Deputirte aus den Provintzen, Civil-
und Militair-Bedienten, reiche und ohne Handlung lebende Leute,
mit einem Wort, ſo vielerley Menſchen da, welche durch ihren groſſen
Staat und Auffuͤhrung machen, daß es nothwendig ſchoͤne hier ausſehen
muß. Daher mangelt es auch an Ergoͤtzlichkeiten nicht. Faſt taͤglich iſt
Opera oder Comoͤdie in frantzoͤſiſcher und flaͤmmiſcher Sprache, und im
Winter ſiehet man die ſchoͤnſten Schlitten von der Welt bey Voorhout und
Vivier herum fahren. Die Maͤrckte oder Kermis ſind nicht weniger zu
den vergnuͤgenden Dingen zu rechnen.
Bingley.
Vielleicht hat das Kermis mit dem Teutſchen Kirmſe, wie die da-
ſigen Bauern ſprechen, eine Gemeinſchafft, und kan wohl gar eins von den
andern herkommen.

Hornbeck.
Jhr ſchertzet, Mylord, und ich bin verſichert, daß ihr den Unter-
ſcheid beſſer wiſſet, als ihr euch ſtellet. Der Jahrmarckt, ſo in Haag zu-
ſeyn pflegt, iſt in May, und dauert acht Tage, binnen welcher Zeit das
Frauenzimmer in Maſquen erſcheinet, und Koͤrbgen mit allerhand Klei-
nigkeiten
traͤgt, welche es denjenigen mit welchen es bekand iſt, austheilt,
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[47/0057] vermoͤgende Perſonen umſonſt unterhalten werden. Die ſchoͤnen Haͤuſer ſind hier ſo gemein, daß euch, Mylord, die Beſchreibung davon verdruͤß- lich fallen wuͤrde. Eine jede Stadt, ſo eine Stimme zu geben befugt iſt, unterhaͤlt hier ein praͤchtiges Hauß, welches die Oſt-Jndiſche Geſellſchafft dergleichen thut. Die anſehnlichſten Pallaͤſte aber ſind laͤngſt dem Canal, Princegrafft in Buitenhof, bey dem Plain, Vivier, und in dem Voor- hout. Das Hauß, worinnen einige Printzen und verwittwete Printzeßin- nen von Oranien gewohnet, iſt eines der praͤchtigſten. Es liegt in der Straſſe, ſo Noorteinde heiſt, und iſt durch unterſchiedene Veraͤnderungen, auf Befehl Jhro Maj. des Koͤnigs von Preuſſen, welche es aus der Orani- ſchen Erbſchafft beſitzen, auf das koſtbarſte vermehret, und der Eintritt in die unvergleichlichen Gaͤrten einem jeden erlaubet worden. Jedoch die vor- treffliche Gegend, die geſunde Lufft, und die praͤchtigen Gebaͤude ma- chen nicht allein Haag angenehm und Volckreich, ſondern ohne die Ge- ſandten, deren Wuͤrde ihnen dieſen Ort zum Aufenthalt beſtimmet, ſind noch ſo viel Standes-Perſonen, Deputirte aus den Provintzen, Civil- und Militair-Bedienten, reiche und ohne Handlung lebende Leute, mit einem Wort, ſo vielerley Menſchen da, welche durch ihren groſſen Staat und Auffuͤhrung machen, daß es nothwendig ſchoͤne hier ausſehen muß. Daher mangelt es auch an Ergoͤtzlichkeiten nicht. Faſt taͤglich iſt Opera oder Comoͤdie in frantzoͤſiſcher und flaͤmmiſcher Sprache, und im Winter ſiehet man die ſchoͤnſten Schlitten von der Welt bey Voorhout und Vivier herum fahren. Die Maͤrckte oder Kermis ſind nicht weniger zu den vergnuͤgenden Dingen zu rechnen. Bingley. Vielleicht hat das Kermis mit dem Teutſchen Kirmſe, wie die da- ſigen Bauern ſprechen, eine Gemeinſchafft, und kan wohl gar eins von den andern herkommen. Hornbeck. Jhr ſchertzet, Mylord, und ich bin verſichert, daß ihr den Unter- ſcheid beſſer wiſſet, als ihr euch ſtellet. Der Jahrmarckt, ſo in Haag zu- ſeyn pflegt, iſt in May, und dauert acht Tage, binnen welcher Zeit das Frauenzimmer in Maſquen erſcheinet, und Koͤrbgen mit allerhand Klei- nigkeiten traͤgt, welche es denjenigen mit welchen es bekand iſt, austheilt, und davor, doch alles masquirt, wider Geſchencke von gleichem Werth erhaͤlt. Bin-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/57>, abgerufen am 24.11.2024.